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Bibliothek des Augustiner-Chorherrenstiftes

Adresse. Chorherrenstift, 8250 Vorau
Telefon. (03337) 23 51

Unterhaltsträger. Chorherrenstift Vorau
Funktion. Stiftsbibliothek.
Sammelgebiete. Theologie, Geschichte, Vorauiensia.
Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Benützung nach Vereinbarung. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für Benützer. Eingeschränkte Kopiermöglichkeit.
Hinweise für anreisende Benützer. Südbahn bis Station Rohrbach-Vorau, Postbus ab Bahnhof bis Vorau/Stift. - A 2 (ab Wien) bis Abfahrt Friedberg/Pinggau bzw. A 2 (ab Graz) bis Abfahrt Hartberg oder Pinkafeld, B 54 bis Rohrbach a. d. Lafnitz, L 405 bis Vorau; vom Mürztal kommend A 2 bis Knoten Seebenstein, S 6 bis Mürzzuschlag, B 72 bis Krieglach über das Alpl nach Ratten, L 408 über Wenigzell bis Vorau.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 1163 stiftete Markgraf Otakar III. von Steier - aus Freude und Dankbarkeit über die Geburt seines Sohnes - seine Besitzungen dem Salzburger Erzbischof zur Gründung eines Klosters. Vorau ist heute das einzige noch bestehende Chorherrenstift in der Steiermark, alle anderen fielen dem josephinischen Klostersturm zum Opfer.

1.2 Die Anfänge der Stiftsbibliothek lassen sich bis zur Gründung des Klosters zurückverfolgen. Aus dem Stift Seckau und dem Domstift Salzburg kamen die ersten Hss., die durch zahlreiche Schenkungen vermehrt wurden, wie aus Eigentums- und Erwerbsvermerken hervorgeht. Die vielversprechende Entwicklung des jungen Klosters wurde durch den großen Stiftsbrand im Jahr 1237 unterbrochen. Damals kam Propst Bernhard II. bei der Rettung der Hss., Urkunden und Wertgegenstände in den Flammen ums Leben.

1.3 Auch eine stattliche Anzahl von Inkunabeln gelangte durch Schenkungen an das Stift. U. a. spendete der notarius iuratus des Archidiakons von Gratwein, Johannes Schenkenhaym von St. Radegund bei Graz, der Bibliothek die Catena aurea (Augsburg: Günther Zainer o. J.) des Thomas von Aquin; im Begleitschreiben, welches auf den Vorstehblättern noch erhalten ist, gibt er als Beweggrund für diese Schenkung seine große Zuneigung zu Propst Leonhard und die Förderung der Liebe zu den Wissenschaften unter den Chorherren an, die Bibliothek des Stiftes bezeichnet er als libraria pretiosa. Augustiner-Chorherrenstift

1.4 Eine große Bestandserweiterung erfuhr die Bibliothek im 17. Jh und zu Beginn des 18. Jhs. Besonders viele und kostbare Werke erwarb Propst Philipp Leisl (reg. 1691-1717), die meisten davon tragen seine eigenhändige Erwerbsnotiz. In seine Zeit fällt auch die großzügige Stiftung von 1000 Gulden zum Ankauf von Büchern für die Stiftsbibliothek durch den Pfarrer von Hengsberg, Dr. Rupert Prenner (1634-1715).

1.5 Der enorme Bestandszuwachs führte bald zu Raumproblemen. Diesen wurde abgeholfen, als es mit dem Neubau des Prälaturtraktes (1680 bis 1730) auch zur Errichtung eines für die Barockzeit üblichen großen Bibliothekssaales kam. Der im Nordtrakt des Prälaturtraktes befindliche 27 Meter lange und zwei Stockwerke hohe Saal zählt wohl zu den schönsten Österreichs. Die drei großen Darstellungen an der Decke symbolisieren jene drei Wissenszweige, die in der Stiftsbibliothek am besten vertreten sind: Philosophie (die Königin von Saba besucht den weisen König Salomo; 1 Kg 10, 1-10), Theologie (der Diakon Philippus erklärt dem Kämmerer der Königin von Äthiopien den Propheten Jesaja; Apg 8, 26-40) und Jurisprudenz (König Salomo fällt das Urteil im Streite zweier Mütter um ein Kind; 1 Kg 3, 16-28).

1.6 Nach Fertigstellung der Bücherschränke durch die Vorauer Tischler Johann Georg Steiner und Ferdinand Fuchs 1767 wurden die Bücher nach verschiedenen Gruppen - Ascetae, Canonistae, Iuris consulti, Theologi Speculativi usw. - und Formaten angeordnet. Um die Jahrhundertwende wurde die Bibliothek von den Bibliothekaren Raimund Pötz (1886-1894), Theodorich Lampel (1894-1904) und Patriz Gruber (1904-1908) neu aufgestellt. Unterbringungsorte waren neben dem großen Bibliothekssaal die Neue Bibliothek (das spätere Archiv) und das Turmzimmer (jetzige Kanzlei). Unter dem Bibliothekar Karl Wilfinger (1911-1913) wurde 1912 ein Handschriftenzimmer eingerichtet, in welches man auch die Inkunabeln transferierte. In die frei gewordenen Schränke im ersten Stock des großen Bibliothekssaals wurden andere Bücher eingestellt. 1912 schied man Werke aus (Nummern N 1-309) und numerierte sie z. T. als Volksbibliothek neu. Bei den mehrfachen Umreihungen der Bände unterblieb jedoch die Richtigstellung in den Katalogen, was zu Schwierigkeiten bei der Benützung führte.

1.7 1925 umfaßte die Bibliothek rund 25.000 Bde. In der nationalsozialistischen Ära wurde der Bestand stark dezimiert, als zwischen 1940 und 1945 - das Stift war aufgehoben - ein im Stift amtierendes Parteimitglied systematisch ca. 6000 Bde, vornehmlich Styriaca, entwendete. Der Verbleib dieser Werke ist bis zum heutigen Tag nicht bekannt.

1.8 Nach dem Bibliothekar Pius Fank, der diese Tätigkeit lange Zeit ausübte, trat eine grundsätzliche Änderung in der Betreuung der Sammlungen des Stiftes ein. Hatten bisher Chorherren aus Neigung als Bibliothekare und Archivare gewirkt, so entschloß sich der seit 1970 amtierende Propst Rupert Kroisleitner angesichts des großen Wertes und des Umfanges der Sammlungen zur Bestellung eines wissenschaftlich ausgebildeten Bibliothekars. Seit 1. Oktober 1974 betreut erstmals ein Laie hauptamtlich die Stiftsbibliothek.

Ferdinand Hutz

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Bibliothek umfaßt rund 40.000 Bde, darunter 213 Inkunabeln, 103 Frühdrucke (1501 bis 1520) und 578 zwischen 1521 und 1600 erschienene Druckwerke. Weitere 1850 Titel stammen aus dem 17. Jh, 3400 aus dem 18. Jh sowie 4950 aus dem 19. Jh. 200 Titel weisen kein Erscheinungsjahr auf, sind jedoch meist dem 19. Jh zuzurechnen. Darüber hinaus beinhaltet die sogenannte Turmbibliothek (insgesamt ca. 15.000 Bde) noch rund 1000 vor 1900 erschienene Titel - vornehmlich aus dem 19. Jh, einige wenige Drucke sind älteren Datums. Dieser Bestand ist noch nicht zur Gänze in einem eigenen, z.T. systematischen Katalog, der jedoch später nach Numerus currens weitergeführt wurde (Standortkatalog), verzeichnet und blieb bei der Zählung nach Fachgebieten unberücksichtigt. Die Werke sind zumeist deutschsprachig. Die etwa 5000 Bde umfassende Konventsbibliothek besteht ausschließlich aus Werken des 20. Jhs. Von den fast 1000 Musikdrucken ist die genaue Zahl der vor 1900 edierten nicht festzustellen (s. u. 2.15).

2.2 Die Inkunabeln und Frühdrucke ausgenommen, beläuft sich der Anteil der deutschsprachigen Werke auf 57 Prozent (6250 Titel), 39 Prozent sind in Latein verfaßt (4300 Titel), die restlichen 4 Prozent (450 Titel) entfallen auf Französisch, Italienisch, slawische und andere Sprachen. Von den 578 zwischen 1521 und 1600 erschienenen Titeln liegen 118 in deutscher, 14 in italienischer sowie 3 in griechischer Sprache vor. Die Zahlen wurden aus dem Standortkatalog bzw. den Katalogen für Inkunabeln und Frühdrucke sowie der Drucke des 16. Jhs ermittelt und - mit Ausnahme jener der Inkunabeln und der Drucke des 16. Jhs - gerundet. Alle Daten beziehen sich auf den ausgezählten Teilbestand von rund 11.000 Titeln des 16. bis 19. Jhs, die vornehmlich im großen Bibliothekssaal Aufstellung finden.

Systematische Übersicht

2.3 Von der einstmaligen systematischen Aufstellung der Werke nach Fachgebieten ist kaum mehr etwas übriggeblieben. Nur einzelne Bestandskomplexe der theologischen Disziplinen stehen noch beisammen. Die Sammlung beinhaltet 450 Biblica, darunter auch Ausgaben der Lutherbibel (Biblia: das ist: die gantze Heilige Schrifft, Deudsch, Auffs new zugericht, Wittenberg: Hans Lufft 1541, und eine illustrierte Ausgabe, Das Newe Testament, Wittenberg: Hans Lufft 1542). Die Patristik ist mit 90 Titeln vertreten.

2.4 Zur Dogmatik und Kontroverstheologie finden sich 360 Titel, den sehr kleinen Bestand an Protestantica eingeschlossen. Neben Werken Thomas von Aquins und Cajetans (Thomas de Vios Summula Cajetani, Lyon 1551) sowie gegenreformatorischer Autoren (Johannes Eck, Martin Eisengrein, Johannes Nas, Robert Bellarmin) stehen Martin Luthers Deütsch Theologia (Vom grund Gutter und Falscher Werck. Von bereytung zu einem seligen und Frölichen todt, o. O. 1523), seine Tischreden Oder Colloquia (Eisleben 1566) und sein Parvus Catechismus pro pueris in Schola (Nürnberg 1546), Cyriacus Spangenbergs Cythara Lutheri (Erfurt 1569) und Philipp Melanchthons Elementa puerilia nach Ulrich Zwingli (Augsburg 1524).

2.5 Die Apologetik ist mit 280, die Moraltheologie mit 500 Titeln vertreten. Eine große Gruppe bilden die 1800 Ascetica, neben den zahlreichen Schriften verbreiteter Autoren auch Johannes Lodovicus Vives' Von vnderweysung ayner Christlichen Frauwen (Augsburg 1544), Kaspar Ulenbergs In septem psalmos poenitentiales simplex et dilucida paraphrasis, ex scriptis orthodoxum Patrum (Köln 1591), David Gregor Corners Magnum promptuarium catholicae devotionis (Wien 1645) und eine Sammlung Geistreiche Gesänge und Lieder auf Alle Sonntags-Evangelien und Episteln (Schweidnitz: Johann Christian Müller 1725).

2.6 Unter den 950 Homiletica, vornehmlich des 18. und 19. Jhs, befinden sich Joannis Tauleri des seligen lerers Predig fast fruchtbar zu eim recht christlichen leben (Basel 1522), Jakob Feuchts Kleinste oder Kinder-Postill (Köln 1582) und Abraham a Sancta Claras Augustini feuriges Hertz tragt Ein hertzliches Mitleyden mit den armen im Feeg-Feuer leydenden Seelen (Salzburg 1693). 250 Titel widmen sich der Katechetik, 350 der Pastoraltheologie. Weiters sind 340 Liturgica und 280 kirchenrechtliche Publikationen vorhanden. Zu den Juridica zählen 480 Titel, z. B. Sebastian Brants Der Richterlich Clagspiegel (Straßburg 1553) mit dem beigebundenen Leyenspiegel (Straßburg 1560) und ein Notariatbuch des 16. Jhs (Frankfurt 1535).

2.7 750 Titel liegen zur Kirchengeschichte vor, angefangen von Johannes Petrus Maffeis Historiarum Indicarum libri XVI (Florenz 1588) über Jean Mabillons Standardwerk Annales Ordinis S. Benedicti (Lucca 1739-1745) bis zu Ignaz Döllingers Die Papst-Fabeln des Mittelalters (München 1863). Die Literatur zur Hagiographie umfaßt 290 Titel. Die insgesamt 1430 Werke zur Profanhistorie verteilen sich auf folgende Untergruppen: Deutsche bzw. Österreichische Geschichte (370; darunter an die 100 Styriaca), Europäische Geschichte (250), Universalhistorie (90), kleinere Teilbereiche (Alte Geschichte, Kultur- und Sozialgeschichte, Geschichte der nicht-europäischen Länder, allgemeine Werke; insgesamt 230), historische Hilfswissenschaften (Staatskunde, Militaria, Numismatik, Heraldik; 110), 220 topographische bzw. geographische Werke (darunter allerdings kaum Atlanten) und 160 Reisebeschreibungen.

2.8 Aus dem Bestandskomplex der historischen Werke seien Georg Lauterbecks Regentenbuch (Leipzig 1559), Macchiavellis Historie (Piacenza 1587) sowie Georg Brauns und Franz Hogenbergs Civitates orbis terrarum (Köln 1588) genannt. Dazu kommen Werke von Martin Zeiller bzw. Matthäus Merian; ferner Militaria, darunter einige Titel Leonhard Fronspergers (z. B. Vonn Geschütz vnnd Fewrwerck, Frankfurt 1557). Aber auch Robert von Spalarts Versuch über das Kostüm der vorzüglichsten Völker des Alterthums, des Mittelalters und der neueren Zeit (Wien 1796-1811) und kulturgeschichtliche Curiosa, wie Jean Bodins De magorum daemonomania libri IV (Basel 1581) und die Onomatologia curiosa et artificiosa et magica oder ganz natürliches Zauber-Lexicon (Nürnberg 1764), fehlen nicht.

2.9 Unter den 210 Titeln zur Philosophie (inklusive einiger Werke zur Psychologie) sind Aristoteles' Organum sive Logica (Basel 1563) und eine frühe Edition von Franz Suarez' Metaphysicae disputationes (Mainz 1614) hervorzuheben sowie einige religionsgeschichtliche bzw. -philosophische Werke, z. B. Franciscus Patricius' Zoroaster et eius CCCXX oracula chaldaica (Ferrara 1591), De ritibus Sinensium erga Confucium philosophum (Augsburg 1701) und Paul Christian Kirchners Jüdisches Ceremoniel (Frankfurt 1720). 120 Titel beziehen sich auf pädagogische Fragen, darunter ein österreichisches Rarum, Peter Muchitschs Paedagogia Oder Schulfuehrung der Wuerttenbergischen Theologen (Graz: Widmanstetter 1589), Werke zur Adelserziehung (z. B. Varillas' La pratique de l'éducation des princes, Paris 1684), Johann Amos Comenius' Janua linguarum (Amsterdam: Janssonius 1662) und Johann Heinrich Pestalozzis Sämmtliche Schriften in einer frühen Ausgabe (Stuttgart 1819-1820).

2.10 360 Titel entfallen auf Literaturwissenschaft und Belletristik, 620 gehören zur Sprachwissenschaft oder sind Wörterbücher. Zur Altphilologie zählen 240 Editionen. Besonders hervorzuheben sind zwei Ausgaben von Boccaccios Il Decamerone (Venedig 1582; Eine Schöne Hystoriebuch von den fürnämlichsten Weybern so von Adams zeyten an geweszt, Augsburg 1541) und eine deutsche Übersetzung von Francesco Petrarcas De remediis utriusque fortunae, der Trostspiegel in Glueck und Unglueck (Frankfurt 1584). Die Anzahl der Zeitschriften und Lexika beträgt rund 150 Titel (zu den Zeitschriften gehören z. B. Der Arzt. Eine medizinische Wochenschrift, Hamburg 1760; Caecilia. Eine Zeitschrift für die musikalische Welt, Mainz 1824-1846; Heimgarten. Eine Monatsschrift hrsg. von Peter Rosegger, Graz 1877-1891). Ebensoviele Werke sind zur Kunst und Musik vorhanden, z. B. Johann Ulrich Krauß' Tapisseries du roy (Augsburg 1687) und ein Rarissimum zur Musiktheorie, Musica Nicolai Listenij (Wittenberg 1537). Athanasius Kirchers Musurgia universalis (Rom 1650) ist ebenfalls zu finden.

2.11 Die Naturwissenschaften sind mit 640 Drucken vertreten: 100 zur Mathematik, 130 zur Physik (inklusive kleiner Teilbestände zur Chemie und Astronomie), 270 zur Botanik, Zoologie und Mineralogie (Naturgeschichte) und 140 zur Medizin. Zu erwähnen sind mehrere Werke Athanasius Kirchers, Ars magna lucis et umbrae (Amsterdam: Janssonius 1671), Mundus subterraneus (Amsterdam: Janssonius 1678), De Venenis liber physico-medicus (o. O. 1739), Scrutinium physico-medicum cartagiosae luis quae dicitur pestis (Graz: Widmanstetter 1740). Auch Schriften des Paracelsus fehlen nicht (Modus pharmacandi, Köln 1562; De causa et origine morborum, Köln 1565; Medici libelli, Köln 1567). Zu den Kostbarkeiten zählt ferner das handkolorierte Kreuterbuch des Adam Lonicerus (Frankfurt a. Main 1587). 110 Titel sind Oeconomica (Handel und Gewerbe, Architektur), z. B. Der Feldbaw, oder das Buch von der Feldarbeyt (Straßburg 1551) von Ludwig Rabus, Georg Vieschers (Vischers) Blumengarten (Nürnberg 1648) sowie zwei Wiener Drucke, die Fewr Ordnung der stat Wienn und die Müllner vnd Peckhen Ordnung (beide 1534).

Sondersammlungen

2.12 Inkunabeln und Frühdrucke. Die Bibliothek besitzt 213 Inkunabeln, die bis auf 7 deutschsprachige und zwei lateinisch-deutsche in lateinischer Sprache vorliegen. Sie stammen aus Offizinen in Nürnberg (20), Straßburg (19), Augsburg (18), Venedig (16) und Basel (14). Weitere 13 Druckorte sind in jeweils bis zu 4 Werken nachgewiesen. Eine große Anzahl von Inkunabeln (ca. 100) trägt keinen Erscheinungsvermerk. Den größten Anteil an der Sammlung haben die 66 Homiletica, gefolgt von 26 Werken zur Patristik und 18 Biblica. 16 Inkunabeln sind Ascetica, ebensoviele entfallen auf Literatur- und Sprachwissenschaft inklusive der Altphilologie, 15 auf das Kirchenrecht, 13 auf Moral- und Pastoraltheologie, 10 auf Kirchengeschichte und Hagiographie. 11 gehören zur Dogmatik, 9 zur Liturgik. Die übrigen 13 verteilen sich auf die Fachgebiete Philosophie, Jus, Geschichte, Geographie, Ökonomie, Medizin und Naturwissenschaften. Die geringe Zahl an Inkunabeln zu den Profanwissenschaften läßt sich aus den Verkäufen in der Zwischenkriegszeit (1926) erklären. Nur sofern sie Adligate theologischer Werke darstellten wurden sie nicht veräußert. Erhalten blieben z. B. Jakob Pflaums Kalender von 1477 bis 1522 (Ulm: Johann Zainer 1476), der Hortus sanitatis sive Herbarius (Augsburg: Anton Sorg 1485; ein Kräuterbuch mit mehr als 100 farbigen Holzschnitten), Petrus de Crescentiis' Opus ruralium (Straßburg 1486) und das Landrechtbuch volgo Schwabenspiegel (Augsburg: Günther Zainer o. J.).

2.13 Darüber hinaus sind auch verbreitete Werke, wie das Speculum historiale des Vinzenz von Beauvais (1483), die lateinische und deutsche Ausgabe von Hartmann Schedels Liber Chronicarum (1493) - alle aus der Offizin des Nürnbergers Anton Koberger - sowie die Historia scholastica von Petrus Comestor (Straßburg 1485) vertreten. Von den Inkunabeln theologischen Inhalts seien das älteste Druckwerk der Bibliothek, die Summae Theologicae des Thomas von Aquin (Straßburg: Johannes Mentelin 1467 oder 1469) hervorgehoben, ferner die dritte deutsche Bibelausgabe (Biblia germanica, Augsburg: Jodocus Pflanzmann o. J.), das Rituale Salisburgense (Pergamentdruck, Nürnberg: Georg Stuchs 1496) und, als deutschsprachiges aszetisches Werk, der Seelentrost (Augsburg: Anton Sorg 1483).

2.14 Bei den Frühdrucken ergibt sich ein ähnliches inhaltliches Spektrum wie bei den Inkunabeln. Von 103 Titeln sind 36 der Homiletik zuzurechnen, 15 zählen zu den Biblica, 10 zur Aszetik, 9 zur Liturgik. Hinzu kommen 8 Titel zur Literatur- und Sprachwissenschaft sowie zur Altphilologie. Je 4 Werke sind zur Dogmatik, Patristik, Philosophie und Musik vorhanden, wobei letztere den Rarissima zuzurechnen sind (Simon de Quercus Opusculum musices, Wien: Johannes Winterburger 1509; Joannes Cochlaeus' Tetrachordum Musices, Nürnberg: Friedrich Peypus 1516; Franchinus Gafurius' Musicae rudimenta, Augsburg: Miller 1516, und Andreas Ornitoparchus' Musicae activae micrologus, Leipzig: Valentinus Schumann 1517). Die restlichen 9 Frühdrucke betreffen die Bereiche Moral- und Pastoraltheologie, Profan- und Kirchenrecht, Kirchengeschichte, Medizin und Ökonomie. Neben den bereits erwähnten musikwissenschaftlichen Werken sind ein Beichtspiegel (Landshut: Johannes Weyssenburger 1516) und Hieronymus Brunswigs Liber de arte destillandi (Straßburg 1509) zu nennen.

2.15 Musikarchiv. Neben den etwa 3500 Musikhandschriften besitzt die Bibliothek rund 1000 Musikdrucke, vor allem Messen und Kirchenmusiken (z. B. zahlreiche Lotterdrucke aus Augsburg von Dreyer, Gleissner, Pausch, Lasser), eine Auswahl von Musikbearbeitungen, z. B. von Opernliteratur (Luigi Ricci, Giuseppe Raimondi, Heinrich Proch, Fernando Paer), sowie Stücke für Gitarre und Flöte (Kammermusik von Diabelli, Michael Giuliani). Unter den Werken finden sich weiters solche von Mozart, Haydn, Schubert und Beethoven, aber auch weniger bedeutender Komponisten geistlicher Chormusik. Die Edition des von Karl Mitterschiffthaler verfaßten Kataloges ist für das Jahr 1997 geplant (in der von der Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Reihe Tabulae musicae).

Christoph Steiner

3.KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge

Alphabetischer Autorenkatalog

Standortkatalog

Stichwortkatalog

[alle in Zettelform; nach hauseigenen Regeln]

Notendrucke sind z. T. im Répertoire international des sources musicales (RISM) nachgewiesen.

3.2 Moderne Sonderkataloge

Hutz, Ferdinand: Katalog der Drucke von 1520 bis 1550 im Chorherrenstift Vorau. In: Gutenberg-Jahrbuch 52 (1977) S. 113-126

ders.: Katalog der Drucke des 16. Jahrhunderts im Chorherrenstift Vorau. II. Teil: 1551-1570. In: Gutenberg-Jahrbuch 53 (1978) S. 127-144

ders.: Katalog der Drucke des 16. Jahrhunderts im Chorherrenstift Vorau. III. Teil: 1571-1580. In: Gutenberg-Jahrbuch 54 (1979) S. 184-192

ders.: Katalog der Drucke des 16. Jahrhunderts im Chorherrenstift Vorau. IV. Teil: 1581-1590. In: Gutenberg-Jahrbuch 55 (1980) S. 127-141

ders.: Katalog der Drucke des 16. Jahrhunderts im Chorherrenstift Vorau. V. Teil: 1591-1600. In: Gutenberg-Jahrbuch

 57 (1982) S. 263-269

ders.: Katalog der Drucke des 16. Jahrhunderts im Chorherrenstift Vorau. VI. Teil: Nachtrag und Register. In: Gutenberg-Jahrbuch 58 (1983) S. 215-222

Inkunabelkatalog

[s. u. 3.4, Lampel-Handexemplar mit hschr. Aktualisierungen]

3.3 Historische allgemeine Kataloge

Catalogus Bibliothecae Vorav

[Autorenkatalog, angelegt im 18. Jh, Stiftsarchiv, Hs. 176; verzeichnet die Drucke ab 1600]

Standortkatalog für den großen Bibliothekssaal

[Bandkatalog für Drucke ab 1600, Ordnung nach Numerus currens; hschr., 1951 angelegt von Clemens Holzheu CRV; verwahrt im Stiftsarchiv]

3.4 Historische Sonderkataloge

Catalogus alphabeticus et chronologicus Incunabulorum Bibl: Vorav [hschr. Bandkatalog aus dem 18. Jh; verwahrt im Stiftsarchiv]

Lampel, Theodorich: Die Incunabeln und Frühdrucke bis zum Jahre 1520 der Bibliothek des Chorherrenstiftes Vorau. Wien 1901 [Der Katalog ist nicht mehr aktuell; ein Handexemplar der Bibliothek dokumentiert jedoch aufgrund hschr. Einträge den aktuellen Bestand.]

4. QUELLEN UND DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Im Stiftsarchiv Vorau findet sich in mehreren Schubern eine umfangreiche Sammlung von Quellen zur Geschichte der Bibliothek im 19. und 20. Jh: Unterlagen für Bücherbestellungen, Bücherzuwachs und Buchbinderarbeiten, zahlreiche Anfragen an die Stiftsbibliothek, ein vom Bibliothekar Felix Kramberger angelegtes Dublettenverzeichnis (19. Jh), eine Geschäftsordnung für die Bibliothek des Stiftes Vorau (1895), ein Kleiner Bibliotheksführer von Dr. Patriz Gruber (1907), Akten zur Geschichte der Bibliothek in der NS-Zeit und über den Verkauf von Einblatt-Drucken (1925/1926) sowie von Inkunabeln und Frühdrucken (1925/1927).

4.2 Darstellungen

Fank, Pius: Das Chorherrenstift Vorau und sein Wirken in Vergangenheit und Gegenwart. Graz 1925 [zur Bibliothek S. 151-158]

Fank, Pius: Das Chorherrenstift Vorau. Vorau 1959 [zur Bibliothek S. 183-185]

Fank, Pius: Stift Vorau. Werden und Wirken. Vorau 1968 [zur Bibliothek S. 12-13]

Reiss, Ferdinand: Die Volksbücherei des Stiftes Vorau. In: Vorauer Heimatblätter (1980) Heft 2, S. 10-12

Reiss, Ferdinand: 100 Jahre Bücherei Stift Vorau. In: Vorauer Heimatblätter (1989) Heft 11, S. 13

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Burr, Viktor: Der Arzt Joannes Wittichius und Ellwangen. Eine Miszelle. In: Ellwanger Jahrbuch 24 (1971/1972) S. 176-178

Cernik, Berthold Otto: Die Schriftsteller der noch bestehenden Augustiner-Chorherrenstifte Österreichs von 1600 bis auf den heutigen Tag. Wien 1905 [verzeichnet sowohl die gedruckten Werke als auch die Manuskripte von Vorauer Chorherren auf S. 315-333]

Hutz, Ferdinand: Die Sehenswürdigkeiten und Sammlungen des Stiftes Vorau. o. J. [1984] (Österreichs Museen stellen sich vor. Hrsg. vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, Folge 18)

Hutz, Ferdinand: Ein bisher unbekanntes Druckwerk eines Burgenländers in der Stiftsbibliothek Vorau. In: Burgenländische Heimatblätter 46 (1984) S. 135-138

Hutz, Ferdinand: Ein in der Stiftsbibliothek Vorau neu aufgefundenes Votivbild von Maria Rain von 1688. In: Carinthia 182 (1992) S. 383-387 [zu Joseph Jellenggos und Constantin Hörzogs Justitia rea ad tribunal vocata, Graz: Widmanstetter 1688]

Lampel, Theodorich: Von der Bibliothek des Chorherrenstiftes Vorau. In: Mitteilungen des österreichischen Vereins für Bibliothekswesen 5 (1901) S. 44-46

[betrifft Georg Tannstetter, dessen Exlibris sich in zwei Frühdruck-Bänden der Stiftsbibliothek findet]

Lesky, Grete: Barocke Embleme in Vorau und anderen Stiften Österreichs. Vorau 1963

Pferschy, Gerhard: Wissenschaftspflege im Stift Vorau. In: Ferdinand Hutz (Hrsg.): Und neues Leben blüht. Festschrift Rupert Kroisleitner. Vorau 1980, S. 78-86

Stand: Februar 1995

Ferdinand Hutz

Christoph Steiner


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.