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Bibliotheken in Kroatien

Aspekte der nationalen Kultur

Westliche wie auch östliche Zivilisationen, das Christentum wie auch der Islam hinterließen Spuren in der kroatischen Kultur. Da jedoch im wesentlichen westliche Zivilisationsformen die Geschichte dieses Landes prägen, gehört es zweifellos in den europäischen Kulturkreis und versteht folglich die gegenwärtigen Transformations- und Umstrukturierungsprozesse als ,,Rückkehr nach Europa``.

Die Bezeichnung ,,Kroaten`` ist erstmals in altgriechischen Schriften an der Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert belegt. Später trugen einige slawische Stämme diesen Namen, die um Kraków [Krakau] und im Nordosten Tschechiens lebten. Zur Zeit der Awarenniederlage vor Konstantinopel drangen die Kroaten vom Oberlauf der Weichsel nach Dalmatien vor, besiegten dort die Awaren mit Hilfe bereits angesiedelter slawischer Stämme und befreiten das heutige Dalmatien. Von hier aus siedelten sie entlang der Küste und nordwärts im Binnenland. Bereits im 7. Jahrhundert waren die Kroaten im gesamten heutigen kroatischen Gebiet ansässig. Sie vereinten sich mit den vor ihnen angesiedelten slawischen Stämmen und der alteingesessenen romanischen Bevölkerung Dalmatiens.

Die Christianisierung Kroatiens dauerte vom 7. bis zum 9. Jahrhundert. Bis zum 11. Jahrhundert gelang es den Kroaten, sich den Einflüssen der Franken und Byzantiner zu entziehen und ein hohes Maß an regionaler Autonomie in bezug auf diese beiden Reiche zu bewahren, aber auch im Hinblick auf die Autorität des Papstes, die sich mit der Zeit immer stärker durchsetzte. Im späten Mittelalter mußten die Kroaten die Oberhoheit des Ungarischen Königreiches anerkennen. Die Herrschaft über das ,,engere Kroatien`` blieb jedoch dem kroatischen Adel vorbehalten. Wachsende Autonomie und die verwaltungsmäßige Dezentralisierung Slawoniens, einiger dalmatischer Städte (Zadar [ital. Zara], Split [ital. Spalato], Dubrovnik [ital. Ragusa]) und des Zagreber Siedlungsbereiches Gradec bestimmten im 13. Jahrhundert das politische Bild Kroatiens. Im 15. Jahrhundert konnte Venedig seine Herrschaft in Dalmatien ausdehnen und festigen, und im 16. Jahrhundert bemächtigten sich die Osmanen Slawoniens sowie eines größeren Teils des ,,engeren Kroatien``. In der Hoffnung auf Unterstützung gegen die Türken wandten sich die Kroaten der Habsburger Monarchie zu. Mit diesem Schritt begannen in der kroatischen Geschichte mehrere Jahrhunderte, in denen das kroatisch-ungarische Parlament bzw. das kroatische Parlament (Sabor) unter der Oberhoheit der Habsburger Krone regierte. Die Epoche dauerte bis zum Zerfall der Monarchie im Jahre 1918.

In der habsburgischen Epoche wurden nach der Auflösung der kurzlebigen kroatisch-ungarischen Union 1848 in der gesamten Monarchie Zentralismus und Absolutismus eingeführt, alle zuvor eingeräumten Rechte abgeschafft und Kroatien der ungarischen Krone unterstellt. Der kroatisch-ungarische Ausgleich von 1868 regelte das Verhältnis zwischen Kroatien und Ungarn schließlich neu, indem Kroatien ein hohes Maß an Autonomie zugestanden wurde. Diesen besonderen Status behielt es bis zum Ende des Ersten Weltkriegs bzw. bis zur Auflösung der Österreichisch-Ungarischen Monarchie.

In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts begannen sich in Kroatien die Konturen einer Nationalbewegung abzuzeichnen, die unter der Bezeichnung Nationale Erneuerungsbewegung bzw. Illyrismus in die Geschichte einging. Die Verfechter dieser Bewegung, vorrangig Literaten, waren beseelt vom Gedankengut der nationalen Identität und Einigung. In diesem gesellschaftlichen Klima wurde 1842 der kroatische Kulturverein Matica hrvatska ins Leben gerufen. Er wurde zum Forum derjenigen Intellektuellen, die die kulturelle und politische Vereinigung aller kroatischen Gebiete anstrebten. Als Zeichen kroatischer Identität war die gemeinsame Sprache das wesentliche Bindeelement der illyrischen Bewegung, durch welches die regionale Zersplitterung der kroatischen Gebiete überbrückt werden sollte. Kroatiens reiche literarische Tradition, die sich weit in die Vergangenheit zurückverfolgen läßt, legitimierte durchaus solche Bestrebungen. Erste schriftliche Dokumente der kroatischen Sprache datieren aus dem 12. Jahrhundert. Das älteste größere kroatische Sprachdenkmal stammt aus Baška: es handelt sich um die sogenannte ,,Bašcanska ploca`` [Tafel von Baška], eine in glagolitischer Schrift gemeißelte Steintafel. Die glagolitische Schrift - ,,eckige`` Glagoliza - ist eine autochthone kroatische Schrift, derer sich die kroatische Priesterschaft bediente. In der Renaissance erlebte die Literatur in kroatischer Sprache eine Blütezeit. Marko Marulic (1450-1525), der als hervorragender Latinist zahlreiche Werke der europäischen lateinischen Literatur in Anthologien herausbrachte, verfaßte außerdem das erste in kroatischen Versen gedichtete Epos Judita und das Molitva suprotiva Turkam [Gebet gegen die Türken].

Im 19. Jahrhundert begannen Bestrebungen zur Herausbildung einer nationalen Literatursprache aus den drei kroatischen Mundarten, dem Štokavischen, dem Cakavischen und dem Kajkavischen. Der štokavische Dialekt war bei den Kroaten sowie bei den Serben am stärksten verbreitet, so daß der Illyrismus von Anfang an südslawisch geprägt war. Man war der Überzeugung, daß die Südslawen eine einheitliche Sprache hätten und deshalb ein einheitliches Volk seien. Die serbischen Literaten stimmten dem nicht zu und sahen darin den Versuch, das serbische Volk zu assimilieren. Den Illyrismus betrachteten sie als Produkt der kroatischen katholischen Gesellschaft. Sie favorisierten daher das Programm des serbischen Sprachforschers Vuk Karadzic, der alle Sprecher des štokavischen Dialekts, unabhängig von ihrer Konfession, zu den Serben zählte. Auf den Grundlagen dieses Programms wurde später, im zweiten Jugoslawischen Staat, das Serbokroatische als Einheitssprache durchgesetzt.

Betrachtet man die Stellung der deutschen Sprache in Kroatien, vorrangig in Zagreb [Agram], so wird deutlich, daß die Kenntnis der deutschen Sprache zum elementaren Bildungsgut der intellektuellen Kreise gehörte. In der Zeit von 1775 bis 1800 trat die deutsche Sprache allmählich an die Stelle der lateinischen und avancierte zum wesentlichen überregionalen Verständigungsmittel. Diese Entwicklung begünstigte das von Kaiser Joseph II. 1774 erlassene Dekret, das Deutsch zur Amtssprache erhob und an Mittel- und den meisten Hochschulen anstelle von Latein zur Unterrichtssprache machte. Das Erzbistum Zagreb fügte sich dieser Sprachpolitik und ließ Predigten überwiegend in deutscher und kroatischer Sprache drucken. Bei jeglicher kulturellen Aktivität war die deutsche Sprache tonangebend, so daß man in Zagreb zu dieser Zeit regelrecht von einer deutschsprachigen Kultur sprechen kann.

Einen wichtigen Beitrag zur Verwurzelung der deutschen Sprache im kulturellen Leben Kroatiens leistete das Buchwesen. Im Jahre 1767 erschien in der Druckerei Antun Janderas das erste teilweise deutschsprachige Werk, und zwar Matija Antun Reljkovics Novaslavonska i njemacka gramatika [Neue slawonische und deutsche Grammatik]. In deutscher Sprache folgten ein Prüfungstext, ein Lehrbuch und zwei Grammatiken. Erwähnenswert erscheint, daß damals im Rahmen der Germanisierung verlangt wurde, Drucker sollten in ihrem Typenvorrat neben lateinischen Buchstaben für den Druck deutscher Bücher auch solche besitzen, die nur in der deutschen Sprache vorkommen. Von der Blüte der deutschsprachigen Kultur zeugen weitere vierzig deutschsprachige Titel, die zu dieser Zeit veröffentlicht wurden. Bei 37 dieser Titel handelte es sich um Monographien, 3 gehörten zu den Periodika (ein Kalender und zwei Zeitungen). Darunter waren neben überwiegend religiös-erbaulichem Schrifttum auch Werke aus den Bereichen Landwirtschaft, Medizin, Bildung, Unterhaltung und Politik sowie Grammatiken.

Die Entwicklung des Druckereiwesens in Zagreb legt anschaulich Zeugnis von der deutschsprachigen Kulturentwicklung ab. Der Wiener Drucker und Buchhändler Johann Thomas Trattner besaß bereits 1773 eine Filiale in Varazdin [Warasdin], wo er ausschließlich deutschsprachige Kalender druckte. Der Druckerei in Varazdin folgten zwei weitere in Zagreb. Trattners Faktor Franjo Hörner begann 1789 mit der Veröffentlichung der ältesten deutschen Zeitung Kroatiens mit dem Titel Kroatischer Korrespondent. Unter den anderen Druckereien mit deutschsprachiger Produktion ist die Bischöfliche Druckerei in Zagreb hervorzuheben, die Bischof Maksimilijan Vrhovac leitete. Er erhielt das Privileg, neben der Druckerei eine Buchhandlung zu eröffnen. Nach einiger Zeit übereignete er diese Antun Novak, und schon 1796 erschien der erste umfangreichere Katalog der Buchhandlung, der neben lateinischen, kroatischen und griechischen Werken vor allem deutsche Titel aufwies.

Obwohl nach 1848 das Nationalbewußtsein der Kroaten und die Besinnung auf die gemeinsame nationale Identität auflebten, boten die Umstände keinen fruchtbaren Nährboden für ihre Weiterentwicklung. Da sich die Hälfte allen Grundbesitzes in deutschen und ungarischen Händen befand und die Gesetzgebung, das Militär, die Polizei und das Schulwesen unter der Aufsicht des höheren Beamtentums aus Österreich und Ungarn standen, wurden Sprache und Kultur zum eigentlichen Schauplatz im Kampf um die Verwirklichung der nationalen Existenz und Selbsterhaltung.

Die Schreib- und Lesekundigkeit war in Kroatien im 19. Jahrhundert relativ gering. Der Anteil der Analphabeten belief sich 1870 auf 84 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Schulpflicht in der Krajina - dem vom Wiener Hofkriegsrat verwalteten Militärgrenzgebiet - unterlag militärischem Zwang und beruhte auf Grundsätzen der österreichischen Schulordnung. Die Unterrichtssprache in dieser Region war naturgemäß Deutsch. Im Gegensatz dazu stand das Schulwesen in Kroatien und Slawonien bis 1848 unter der Hoheit des ungarischen Statthaltereirats und wurde vom Provinzialschuldirektor in Zagreb beaufsichtigt. Eine Folge der Existenz verschiedener Schulautoritäten mit unterschiedlicher Bildungspolitik war, daß die kroatische Sprache sich nicht im ganzen Gebiet durchsetzen konnte. Aus diesem Grunde gebührt dem Banus Ivan Mazuranic (Amtszeit ab 1873) besondere Anerkennung, der das Kroatische zur alleinigen Unterrichtssprache machte und das Schulwesen reformierte. Außerdem wurde 1874 das Gesetz zur Verstaatlichung von Privatschulen verabschiedet, die moderne Universität in Zagreb gegründet und die Universitätsbibliothek errichtet. Es existierte eine Vielfalt von Bildungseinrichtungen. Bis 1874 erwarben sich die Rechtswissenschaftliche Akademie in Zagreb sowie katholische und orthodoxe theologische Institute universitären Rang, daneben wirkten aber auch Gymnasien, Volks- und Fachschulen. Die erste Lehrerschule hatte bereits 1849 ihre Tätigkeit in Zagreb aufgenommen. Zunächst wurde dort der Unterricht in deutscher Sprache abgehalten, doch schon 1861 vermochte sich die kroatische Sprache gegenüber der deutschen zu behaupten.

In den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts gab es außer der Universität in Zagreb eine Vielzahl fachlicher, wissenschaftlicher und literarischer Vereine und Gesellschaften, die starken Einfluß auf den Buchdruck und das Pressewesen des Landes hatten. Zu dieser Zeit erschienen in Kroatien 18 Zeitschriften und Zeitungen, 9 davon politischen Inhalts. 12 von diesen 18 Titeln wurden auf Kroatisch gedruckt, 4 auf Deutsch und 2 auf Italienisch. Drei kroatischsprachige Zeitungen politischen Inhalts erschienen in Zagreb und eine in Varazdin. Die deutschsprachigen Zeitungen erschienen in Zagreb, Osijek [Esseg], Zemun [Semlin] und Vukovar, die italienischsprachigen in Rijeka [ital. Fiume]. Acht didaktische Zeitschriften waren kroatischsprachig, eine Zeitschrift dieses inhaltlichen Schwerpunkts war in italienischer Sprache. Von den insgesamt 18 Periodika wurden 11 in Zagreb gedruckt.

Die damalige Jugoslawische Akademie der Wissenschaften und Künste (gegründet 1866) hatte 32 ständige Mitglieder, 16 Ehrenmitglieder und weitere korrespondierende Mitglieder. Außer ihren regelmäßigen Publikationen veröffentlichte die Akademie ältere kroatische Literatur, sichtete Quellenmaterial für ein umfangreiches Wörterbuch und für eine Sammlung juristischer Denkmäler. Der kroatische Kulturverein Matica hrvatska hatte zu dieser Zeit 230 Mitglieder und publizierte literarische Werke und belehrende Literatur. Eine lange Tradition weist auch die 1873 gegründete Kroatisch-slawonische Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft [Hrvatsko-slavonsko gospodarsko društvo] auf, die 1873 mehrere Tochtergesellschaften mit über 7000 Mitgliedern besaß und die einflußreiche Zeitschrift Gospodarski list [Wirtschaftsblatt] herausgab. Bereits 1841 wurde in Zagreb das Landesnationalmuseum einschließlich einer Bibliothek gegründet.

Trotz der wirtschaftlichen Unterentwicklung und der immensen Abgaben, die Kroatien an die Monarchie zu entrichten hatte, ist es der kroatischen Regierung nach dem kroatisch-ungarischen Ausgleich gelungen, die partielle Autonomie zu nutzen, um der kulturellen Enwicklung ihres Landes positive Impulse zu geben. Die zahlreichen in dieser Zeit gegründeten Bildungs- und Kultureinrichtungen verströmten den Geist eines ausgeprägten Kulturbewußtseins, das den Anschluß Kroatiens an europäische kulturelle Entwicklungen ermöglichte.

Der Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und die Gründung eines neuen einheitlichen Staates unter dem Namen Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (1918-1941) waren der Beginn eines geschichtlichen Abschnitts voller politischer Spannungen und Antagonismen. Während des Zweiten Weltkriegs wurde 1942 schließlich der unabhängige Staat Kroatien proklamiert. Demokratisch gesinnte Verfechter der Eigenstaatlichkeit Kroatiens sahen sich jedoch schon bald enttäuscht mit der Tatsache konfrontiert, daß - bedingt durch den historischen Zeitpunkt - die extrem nationalistische Ustaša an die Spitze des lang ersehnten selbständigen Staates gelangte und dieser sich zu einem Terrorstaat entwickelte. Sehr bald organisierte der antifaschistische Teil der Bevölkerung einen Widerstandskampf gegen das Regime.

Mitte des Jahres 1944 wurde der Grundstein des heutigen Kroatien gelegt, durch Anerkennung des kroatischen Staates als gleichberechtigter Gliedstaat des föderativen Jugoslawien. Dieses sogenannte zweite Jugoslawien (1945-1991) war ein streng zentralistisch organisierter Staat, dessen erklärtes Ziel war, den Jugoslawismus als übernationale Ideologie aufzubauen. Das Jahr 1990 markierte einen Wendepunkt in der Geschichte Kroatiens, das seine Selbständigkeit proklamierte und internationale Anerkennung erlangte. Die Einführung parlamentarischer demokratischer Strukturen und die Verabschiedung einer neuen Verfassung stellten die Weichen für die Integration Kroatiens ins vereinte Europa. Einer solchen friedlichen Entwicklung widersetzten sich jedoch serbische Extremisten, indem sie im Sommer 1990 die sogenannte Serbische Autonome Provinz Krajina ausriefen, die Norddalmatien, den Osten Likas und die Gebiete Banija und Kordun einschloß. Dieser Aufstand kulminierte in einer offenen Aggression gegen Kroatien (1991 und 1992), in der Zadar, Karlovac [Karlstadt], Osijek, Vinkovci sowie zahlreiche andere Städte und Dörfer brutalen Angriffen und Vernichtungen ausgesetzt waren. Der völligen Zerstörung fiel die Stadt Vukovar anheim. Sogar die ,,Perle der Adria``, Dubrovnik, und die Hauptstadt Zagreb blieben von den Zerstörungen nicht verschont.

Das Bibliothekswesen Kroatiens

Das kroatische Bibliothekswesen blickt auf eine lange Geschichte und reiche Tradition zurück. Angesichts der gegenwärtigen Globalisierungsprozesse sowie ständiger informations- und kommunikationstechnischer Innovationen steht der Einbindung einer reichen gedruckten Überlieferung in das internationale Informationsnetz und der Eingliederung Kroatiens ins Vereinte Europa auch auf diesem Gebiet nichts mehr im Wege. Dabei ist der bibliothekarische Bereich weder von dem archivalischen noch von dem musealen zu trennen, da auch diese Zeugnis ablegen von Kroatiens Anteil an europäischen Entwicklungen in Kultur, Wissenschaft und Bildung.

Bereits im 8. Jahrhundert wurde in der Kathedrale von Split neben dem Skriptorium eine Bibliothek eingerichtet, aus welcher mehrere Handschriften erhalten sind, darunter auch ein griechisch-lateinisches, vermutlich im 8. Jahrhundert entstandenes Evangeliar. Im 9. Jahrhundert entwickelten sich die Benediktinerklöster zu Zentren des kulturellen Lebens. Die Mönche bauten durch Abschrift, Schenkungen und Kauf repräsentative Bibliotheksbestände auf. Im Jahre 1042 widmete Banus Stjepan dem Kloster des Hl. Krševan (Chrysogonus) in Zadar eine Schenkung von 18 Kodizes, und im 13. Jahrhundert besaß das Kloster bereits 60 Kodizes. Eine Urkunde aus dem Jahre 1080 belegt, daß Petar Crni (Petrus Zerni) aus Split an das Kloster des Hl. Petrus in Selo bei Split eine Bücherspende entrichtete. Eine weitere Urkunde des 11. Jahrhunderts enthält ein Verzeichnis von Käufen des Klosters des Hl. Benedictus in Split für seine Bibliothek. Das Kloster auf der Insel Ilovik bei Lošinj besaß im Jahre 1071 eine relativ kleine Sammlung von 10 Kodizes. Diese insgesamt eher bescheidenen Sammlungen weisen auf die rückläufige Entwicklung der Benediktinerklöster und deren Verdrängung durch andere Ordensniederlassungen hin. Sie entstanden im 13. Jahrhundert vielfach in ganz Kroatien und wurden ihrerseits zu Trägern der Buchkultur. In Klostergründungen aus dieser Zeit kann man heute noch auf Kernbestände der einst repräsentativen Bibliotheken stoßen. Zu erwähnen sind insbesondere die Franziskanerklöster in Zagreb, Varazdin, Zadar, Šibenik, Dubrovnik und Visovac, die Dominikanerklöster in Split und Dubrovnik und das Paulinerkloster in Remete.

Die erhaltenen Bücherinventare des Kapitels von Zagreb geben Auskunft über die Bibliotheken der kroatischen Bistümer. Von ihrer Gründung an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts wuchs die Bibliothek des Kapitels auf ca. 230 Kodizes an, bei denen es sich um religiöse Literatur und liturgische Texte handelte, sowie um theologische Schriften, Werke zum Kanonischem Recht und zur Medizin sowie gelegentlich zu Philosophie, Astrologie und Naturkunde. Die Angaben zu Bibliotheken anderer Bistümer sind dürftiger und entstammen - außer denen des Kapitels von Split - jüngeren Epochen. Über die Zusammensetzung und die Einrichtung der meisten mittelalterlichen Bibliotheken ist nicht viel bekannt. In den Inventarbüchern des Kapitels in Zagreb waren die Kodizes in Gruppen gegliedert. Das Aufstellungsprinzip entsprach wahrscheinlich der Ordnung der Inventareinträge. Die Büchersammlungen des Zagreber Kapitels und des Klosters Mala braca [Kloster der Minderen Brüder] in Dubrovnik wurden jeweils in der Sakristei aufbwahrt, während die geringeren Buchbestände in anderen kirchlichen Institutionen keiner eigenen Räumlichkeiten bedurften.

Die mittelalterlichen Büchersammlungen und Bibliotheken in Kroatien umfaßten im wesentlichen lateinische liturgische Texte. Ungeachtet dessen kam es alsbald im kirchlichen und im öffentlichen Leben zur Verbreitung der glagolitischen Schrift und der Volkssprache (in Norddalmatien, dem kroatischen Küstenland und Istrien). Neben institutionellen Bibliotheken entstanden nun auch private Sammlungen. Zu den frühen Bibliophilen des Landes gehörte Ivan de Sconula aus Zadar, der dem Bruder Bartholomeus aus Napoli [Neapel] mehrere Prozeßbücher übereignete, die später wahrscheinlich in das Kloster des Hl. Krševan in Zadar gelangten. Der zweite bedeutende Buchliebhaber des Mittelalters war Kardinal Ivan Stay (1390-1443) aus Dubrovnik, auch bekannt als Joannes de Ragusio, der seine umfangreiche Sammlung von Kodizes dem Dominikanerkloster in Basel vermachte.

Der Aufschwung literarischer Tätigkeit im 15. und 16. Jahrhundert regte zur Gründung neuer Bibliotheken an. Die Privatbibliotheken dieser Epoche gelangten häufig in Klöster (z. B. die von Marko Marulic, Matija Vlacic, Bischof Juraj Kruzic u. a.). Ihre relativ große Zahl ist Beleg für den Wunsch, Bücher zu sammeln und aufzubewahren, sowie für den hohen Stellenwert, den das Buch damals allgemein, aber auch als Träger der kroatischen Kultur im besonderen genoß. Besonders lebhaft war das Interesse am Buch im Zeitalter des Humanismus in Dubrovnik und anderen Küstenstädten Kroatiens.

Im 17. Jahrhundert gründeten die Jesuiten Kollegien und Gymnasien in Zagreb, Rijeka, Varazdin, Pozega und Dubrovnik. Nach dem Vorbild bereits bestehender Bibliotheken älterer Orden - insbesondere Dominikaner, Franziskaner und Pauliner - bauten sie im Rahmen ihrer Bildungseinrichtungen repräsentative Büchersammlungen auf. Aus dem im Jahre 1607 gegründeten Jesuitengymnasium in Zagreb wurde später eine Akademie und schließlich die moderne Universität.

Während die Bibliotheken einiger kirchlicher Institutionen und Orden immer reichhaltiger und kostbarer wurden, erlitten andere große Schäden. So verlor jene des Franziskanerklosters in Dubrovnik 1667 durch ein Erdbeben ca. 7500 Bände, erlangte jedoch dank größerer Buchspenden ihren alten Glanz zurück. Eine dieser umfangreichen Schenkungen machte Sebastian Haden (Dolci, 1698-1777). Schwer beschädigt wurde auch die Bibliothek des Franziskanerklosters auf Trsat bei Rijeka durch einen Brand. Der Papst verordnete 1773 die Aufhebung des Jesuitenordens; 1786 ließ Kaiser Joseph II. die Paulinerklöster auflösen. Die beschlagnahmten Ordensvermögen wurden verstaatlicht, und die Buchbestände dieser Klöster wurden zerstreut. Teile davon verblieben in Kroatien; die kostbarsten Exemplare, Rara und wertvollsten Handschriften wurden nach Pest (Budapest) gebracht. Quantitativ waren diese Bibliotheken nicht überaus bedeutend. Laut eines nach der Beschlagnahmung erstellten Inventars zählte beispielsweise die Bibliothek des Jesuitenkollegiums in Zagreb ca. 3000 Bände, die Bibliothek des Kollegiums in Pozega 1200, die des Kollegiums in Varazdin 1000. Das Seminar in Split verfügte hingegen über eine relativ umfangreiche Bibliothek, während für die Kapitelbibliotheken aus dieser Zeit wenig übermittelt ist. Die Entwicklung der Kapitelbibliothek in Zagreb kam vermutlich im 16. und 17. Jahrhundert zum Stillstand.

Einige angesehene Persönlichkeiten und Würdenträger schufen sich im 17. Jahrhundert vorbildhafte Privatbibliotheken. Von Bedeutung ist vor allem die Bibliothek des Banus von Kroatien, Graf Nikola Zrinski (1620-1664), die als typische Adelsbibliothek der damaligen Zeit gelten kann und in ihrer Zusammensetzung die Interessen und den Zeitgeist des 17. Jahrhunderts widerspiegelt. Nachdem Zrinskis Erben die Bibliothek zunächst nach Wien gebracht hatten und sie später noch mehrmals den Besitzer und den Standort gewechselt hatte, konnte sie schließlich 1892 für die Universitätsbibliothek Zagreb erworben werden.

Zu den Neuerungen im damaligen Bibliothekswesen gehört die Tatsache, daß für umfangreichere Bestände gesonderte Räumlichkeiten eingerichtet wurden. Da der Aufklärungszeit überdies der Gedanke immanent ist, daß eine Bibliothek der Allgemeinheit dienen soll, konnten nun Bücher auch zunehmend außer Haus entliehen werden. Damals kam der Akademiebibliothek (zuvor Jesuitenakademie) in Zagreb größere Bedeutung zu. Im Jahre 1818 wurde sie in eine öffentliche Bibliothek umgewandelt, und 1850 erwarb sie sich den Rang einer nationalen Bibliothek. Sie vermochte allerdings nicht, über ihren schulischen Rahmen hinaus den Anforderungen und Erwartungen des von der nationalen Idee beflügelten kroatischen Bürgertums, den sogenannten Illyriern, gerecht zu werden.

Die Illyrier wollten Bibliotheken in den Dienst ihrer nationalen Ziele stellen. Deshalb gründeten sie eigene Bibliotheken, die - gemäß ihrer patriotischen Gesinnung - kroatischen und slawischen Charakter hatten. Hervorzuheben sind vor allem die umfangreichen Privatbibliotheken des Anführers der illyrischen Bewegung Ljudevit Gaj (1809-1872) und des Politikers und Schriftstellers Ivan Kukuljevic Sakcinski (1816-1889) sowie die etwas kleineren Bibliotheken von Vjekoslav Babukic (1812-1875) und Ignjak Aloizije Brlic (1795-1855). Die in Varazdin, Zagreb, Karlovac und später in ganz Kroatien entstandenen Illyrischen Lesehallen oder Volkslesehallen entwickelten sich zu Begegnungsorten dieser jungen Patrioten und zu Brennpunkten der ,,nationalen Idee``. Obwohl es sich bei den Lesehallen um Vereine handelte, fungierten sie als Bibliotheken. Im Rahmen der Zagreber Lesehalle etablierten die Illyrier 1841 das Nationalmuseum und schlossen diesem den Buchbestand der Lesehalle an. Diese Institution machte sich im Sinne der patriotischen Grundsätze die Förderung nationaler Kultur zur Aufgabe.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als das Bibliothekswesen aufblühte, entstanden Institutionen, die von fundamentaler Bedeutung für die wissenschaftliche und kulturelle Entwicklung des Landes sein sollten, darunter die Jugoslawische Akademie der Wissenschaften und Künste (1866) und die Königliche Universität in Zagreb (1874) sowie zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften und Fachvereine. Es wurde auch darüber nachgedacht, die entsprechenden Bibliotheken in Zagreb zu einer wissenschaftlichen Großbibliothek zu vereinen. Dieser Plan wurde jedoch nicht realisiert. Führend unter den Neugründungen dieser Zeit war die Bibliothek der Jugoslawischen Akademie der Wissenschaften und Künste, zumal die bisherige Bibliothek der Rechtsakademie (zuvor Jesuitenakademie) erst nach nach ihrer Einbindung in die 1874 gegründete Universität einen Aufschwung erleben sollte.

Die Funktion der Hauptbibliothek für Dalmatien übernahm die Gymnasialbibliothek in Zadar, in der 1859 eine regionalkundliche Abteilung bzw. eine Buch- und Handschriftensammlung mit Literatur zu Dalmatien angelegt wurde. Diese sogenannte Dalmatica entwickelte sich mit der Zeit zur vollständigsten Sammlung ihrer Art, vor allem nach dem 1862 erlassenen österreichischen Pressegesetz, welches der Gymnasialbibliothek in Zadar das Pflichtexemplarrecht zuerkannte. Dieselbe Funktion nahm für Istrien zunächst die Studienbibliothek in Gorica [Görz] wahr. Später mußten auch der Öffentlichen Bibliothek in Triest Pflichtexemplare aus dem damals noch österreichischen Küstenland abgeliefert werden. Den politischen und kulturellen Zielen der Italiener in den westlichen Teilen Istriens sollte die italienische Provinzialbibliothek Rechnung tragen, die 1861 in Porec gegründet wurde. 1892 öffnete die Stadtbibliothek in Rijeka ihre Pforten. Zu den Fachbibliotheken, die im 19. Jahrhundert ihre Tätigkeit aufnahmen, gehörten die Bibliothek des Archäologischen Museums in Split (gegründet 1821), die Bibliotheken des Archäologischen Museums in Zagreb (1864), der Kroatischen Ärztegesellschaft, der Kroatischen naturwissenschaftlichen Vereinigung und der Handels- und Gewerbekammer in Zagreb (1852).

Das kroatische Schulbibliothekswesen wies im 19. Jahrhundert eine Reihe von Besonderheiten auf. Da in Kroatien keine eigenen allgemeinen Verordnungen über Mittelschulen erlassen wurden, galten die 1849 verabschiedeten österreichischen Gesetze für Gymnasien und Realschulen. Dalmatien und Istrien unterlagen als italienische Hoheitsgebiete diesen Gesetzen nicht. Die Gründung von Gymnasialbibliotheken war ursprünglich nur in Orten ohne Universitätsbibliothek oder Lyzeumsbibliothek zugelassen, doch bereits 1849 wurde die Gründung von Schul- und Lehrerbibliotheken in jedem Gymnasium und jeder Realschule empfohlen. Eine 1871 erlassene Verordnung über die Gründung und Verwaltung von Lehrer- und Schülerbibliotheken ist bemerkenswert, weil sie die Ausleihe erlaubte. Da die Schulbibliotheken im ausgehenden 19. Jahrhundert schon ziemlich umfangreich und wertvoll waren, verfügte das Wiener Unterrichtsministerium im Jahre 1896, daß in den Jahresberichten der Schulen auch die Bibliotheken darzustellen waren. Diesem Umstand verdanken wir die heute erhaltenen gymnasialen Bibliothekskataloge, unter denen wegen der Kostbarkeit der nachgewiesenen Bücher und Handschriften der Katalog der Gymnasialbibliothek aus Zadar hervorsticht.

Am Ende des 19. Jahrhunderts wurden Forderungen nach der Gründung von Volksbibliotheken (Öffentlichen Bibliotheken) immer lauter, da diese der allgemeinen Volksbildung den Weg bereiten sollten. Die Grundbestände der in der Folgezeit gegründeten Volksbibliotheken basierten vornehmlich auf Schenkungen. In Zagreb wurde auf Initiative von Emilije (Emil) Laszowski (1868-1949) im Jahre 1907 eine Stadtbibliothek mit einem 7000 Bände zählenden Grundbestand gegründet. Die Bücher der 1903 in Split gegründeten Volkslesehalle wurden als Bestandskern für die dortige Öffentliche Stadtbibliothek herangezogen, die 1912 der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wurde und 1919 das Pflichtexemplarrecht erhielt. Eine Privatbibliothek von Rang war in dieser Zeit die des Juristen Baltazar Bogišic in Cavtat, die 1955 der Jugoslawischen Akademie der Wissenschaften und Künste überantwortet wurde. Sie umfaßte ca. 20.000 Bände aus sämtlichen Wissensgebieten, eine kostbare, 66 Exemplare zählende Inkunabelsammlung und Handschriften aus der Vergangenheit Dubrovniks, eine graphische Sammlung und die Korrespondenz von Bogišic. Unter den erwähnenswerten Privatbibliotheken dieser Zeit war auch die des Historikers Ferdo Šišic, deren 15.000 Bände die Stadt Zagreb 1945 erwarb.

Die Universitätsbibliothek in Zagreb zählte nach dem Ersten Weltkrieg zu den Hauptbibliotheken im neuen Staatswesen und erhielt das Pflichtexemplarrecht für das gesamte Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. Sie gewann zunehmend an Bedeutung durch die Umwandlung von Hochschulen zu Fakultäten und durch die Gründung von Fakultätsbibliotheken. In der Entwicklung der Volks- und Mittelschulen herrschte im Zeitraum von 1918 bis 1941 Stillstand. Zu den Bibliotheksgründungen der Nachkriegszeit gehörten die Stadtbibliotheken in Šibenik (1922), Varazdin (1922), Šušak (1930) sowie in Dubrovnik, das 1936 nach mehreren fehlgeschlagenen Initiativen endlich eine Stadtbibliothek erhielt. Die Stadtbibliothek in Zagreb, verwaltet von der Kulturgesellschaft Brüder des Kroatischen Drachen [Braca Hrvatskoga Zmaja], wurde nach dem Krieg vernachlässigt und erhielt nur unzureichende finanzielle Mittel. Das in Zagreb so entstandene Bibliotheksvakuum wurde von der Arbeiterkammer gefüllt, die 1926 die erste Arbeiterbibliothek gründete. Im italienisch besetzten Istrien setzten die italienischen Behörden ihre nationalistischen Tendenzen um, indem sie drei schon bestehende Bibliotheken im Jahre 1930 zur Landesbibliothek Istriens (der späteren Wissenschaftlichen bzw. Universitätsbibliothek) in Pula [ital. Pola] zusammenlegten.

Während des Zweiten Weltkriegs erlahmte die Tätigkeit der Bibliotheken. Die Universitätsbibliothek Zagreb wurde um die nationale Funktion erweitert und erklärte ihre administrative Unabhängigkeit von der Universität. Sie blieb, im Unterschied zu anderen kroatischen Bibliotheken, von Kriegszerstörungen verschont. Die Gymnasialbibliothek in Zadar hingegen erlitt 1943 große Schäden, während aus der dortigen städtischen Bibliothek (heute Wissenschaftliche Bibliothek) die kostbarsten Handschriften und Rara nach Italien überführt wurden.

Die Nachkriegszeit kennzeichnen große Umbrüche im kroatischen Bibliothekswesen. Viele heutige Bibliotheken gehen in ihrem Ursprung auf das Kriegsende zurück. Die Zahl der wissenschaftlichen, Fach- und Spezialbibliotheken stieg in der Nachkriegsepoche rasch an. Bedeutend war auch noch die Zahl der Klosterbibliotheken, allerdings blieben deren wertvolle Bestände zumeist unerschlossen. Volks- und Schulbibliotheken entwickelten sich sowohl qualitativ als auch quantitativ; ihr Bestand vervierfachte sich. Obgleich das Volksbibliothekswesen einen solchen Aufschwung verzeichnete, konnte es mit den gleichzeitig gestiegenen Anforderungen kaum mehr Schritt halten, weshalb Bibliotheken mit geringeren Beständen größeren einverleibt wurden. Die Aufgaben der zentralen Hauptbibliothek erfüllte weiterhin die Universitätsbibliothek in Zagreb. Seit 1946 waren die kroatischen Druckereien verpflichtet, jeweils fünf Pflichtexemplare an die Universitätsbibliothek abzuliefern, 1954 wurde deren Zahl noch erhöht. Die Pflichtexemplare wurden dann von der Universitätsbibliothek an andere Bibliotheken (die Stadtbibliothek in Split und die Wissenschaftlichen Bibliotheken in Rijeka, Pula und Zadar) weitergeleitet. Die Bibliothek der Jugoslawischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Zagreb erfuhr eine vollständige Reorganisation. Das Netzwerk der Wissenschaftlichen Bibliotheken wurde durch den Anschluß von Istrien (mit der Wissenschaftlichen Bibliothek in Pula), Rijeka und Zadar an den jugoslawischen Staat erweitert. Im Jahre 1950 erhielt auch Dubrovnik eine Wissenschaftliche Bibliothek, während die dortige Stadtbibliothek zur Volksbibliothek wurde.

Eine neue Phase in der Entwicklung kroatischer Öffentlicher (Volks-) Bibliotheken setzte 1980 ein, als diese zu Knotenpunkten des lokalen Bibliotheksnetzes wurden. Von diesen Tendenzen ausgehend, wurden 1990 wichtige Förderungs- und Enwicklungsprogramme entworfen, die besonders die regionalkundlichen Sammlungen berücksichtigten. Nachdem Kroatien 1990 seine Souveränität erklärt hatte, wurde die Förderung des öffentlichen Bibliothekswesens zu einem wichtigen Punkt im kulturpolitischen Plan der neuen Republik. Die Trägerschaft solcher Bibliotheken liegt seitdem bei den Einheiten der lokalen Selbstverwaltung (Gemeinde und Stadt), während die Mittel für Zentralaufgaben und bestimmte Förderungsprogramme (z. B. Bucherwerb, Informatisierung und seit 1992 Erneuerung der im Krieg zerstörten Bibliotheken) aus dem Staatshaushalt zugewiesen werden. Bibliotheken nationaler Minderheiten werden gemäß dem Gesetz über ethnische Gemeinden und Minderheiten ebenfalls unterhalten.

Das Jahr 1991 markierte den Anfang eines brutalen Aggressionskrieges gegen Kroatien, der auf die systematische Vernichtung jedes Belegs und jeder Artikulation kroatischer kultureller Identität zielte. Die Maßnahmen zur Verlagerung der Bestände aus den Bibliotheksgebäuden an sichere Standorte, die im Einklang mit den internationalen Vorschriften zum Denkmalschutz unternommen wurden, haben die Zerstörungen durch serbische Truppen nicht ganz verhindern können. Deren Ziel war es, ohne Rücksicht auf internationale Konventionen, die von der nationalen Identität zeugenden Kulturgüter Kroatiens zu zerstören, so daß auch Bibliotheken zur Zielscheibe wurden. Obwohl die Bestände ganz oder zum Teil gerettet werden konnten, erlitten ca. 200 Bibliotheksgebäude große Schäden. Betroffen waren vor allem die Wissenschaftlichen Bibliotheken in Dubrovnik, Zadar und Split, zahlreiche Klosterbibliotheken (Cernik, Visovac, Dubrovnik, Dakovo, Ilok, Knin, Karin, Kostajnica, Našice, Osijek, Slavonski Brod, Vukovar, Borovo Naselje), Stadtbibliotheken (Bjelovar, Drniš, Karlovac, Nuštar, Osijek, Sisak, Vukovar, Zadar) sowie zahlreiche Schul- und Spezialbliotheken.

Die Entwicklung der Öffentlichen Bibliotheken und der Schulbibliotheken Kroatiens wird seit 1990 von zwei Faktoren bestimmt. Zum einen vom Krieg, der jeglichen Kontakt mit den Bibliotheken in besetzten Gebieten unterbunden hat, während in den freien Teilen Kroatiens ca. 30 Öffentliche, Schul- und Klosterbibliotheken völliger Zerstörung anheimfielen (in der Stadtbibliothek Vinkovci z. B. verbrannten alle 80.000 Bände). Zum anderen stellt die territoriale und administrative Gliederung Kroatiens in 21 Gespanschaften und 500 Selbstverwaltungseinheiten die Weichen für die weitere Entwicklung des Bibliothekswesens. Laut Bibliotheksgesetz sollte nämlich jede dieser Einheiten über eine eigene Bibliothek verfügen. Angaben des Jahres 1996 zufolge verfügt Kroatien über insgesamt 264 Öffentliche bzw. Volksbibliotheken. Darunter sind 24 selbständige, der Rest ist gegenwärtig Volkshochschulen, Bildungs- und Kulturzentren angeschlossen, allerdings ist ihre Verselbständigung im neuen Bibliotheksgesetz vorgesehen.

Kriegsfolgekosten, Umstrukturierungsprozesse und die Verringerung des Bruttosozialproduktes belasten erheblich die wirtschaftliche Lage Kroatiens. Unter diesen Umständen schien das Ziel, in den Bibliotheken einen Bestand von durchschnittlich zwei Büchern pro Einwohner zu erreichen, zum Scheitern verurteilt. Dem versuchte man zu begegnen, indem aus dem Staatshaushalt Sonderzuwendungen für den Bucherwerb bereitgestellt wurden. Der gewünschte Effekt blieb jedoch aus, da die Benutzerzahlen und Ausleihquoten anstiegen und folglich die Bücheranzahl pro Einwohner niedrig blieb. Besondere Erwähnung verdient die Tatsache, daß die Benutzerzahlen schon während des Krieges rapide stiegen: so verzeichneten Bibliotheken in unmittelbarer Frontnähe die höchsten Nutzerquoten. In kleineren Ortschaften spielen Fahrbibliotheken (Bibliobus) eine wichtige Rolle. Der systematische Ausbau von regionalkundlichen Sammlungen gewinnt in letzter Zeit zunehmend an Bedeutung. Zudem wurden in jüngster Zeit acht Zentralbibliotheken für nationale Minderheiten gegründet.

Die kroatischen Bibliotheken organisieren und betreuen heute zahlreiche Veranstaltungen (Versammlungen, Ausstellungen, Vorträge). Wohl kaum zu übertreffen ist hierbei der Programmumfang der jährlich stattfindenden Veranstaltung ,,Mjesec hrvatske knjige`` [Monat des kroatischen Buches], in deren Rahmen hunderte von Einzelveranstaltungen organisiert werden.

Zu den größten jemals in Kroatien im Kulturbereich getätigten Investitionen gehört zweifellos die Errichtung des Neubaus für die National- und Universitätsbibliothek, der seine Pforten 1995 für die Benutzer mit einem Festakt öffnete. Jetzt steht dieser kulturellen und wissenschaftlichen Schlüsselinstitution noch die vollständige Instandsetzung und ihre Bestätigung als Mittelpunkt des kroatischen Bibliothekssystems bevor. Die Einführung von Informations- und Kommunikationstechnologien und neuen Medien weist nicht mehr die Dynamik oder die Euphorie der ,,Stunde Null`` auf, als der Computer Einzug in die Bibliotheken hielt, doch zeichnen sich in letzter Zeit wieder Fortschritte ab. Das im Bibliotheksgesetz verankerte Netz von Zentralbibliotheken, die die Hauptstützen des Bibliothekssystems sind, befindet sich gegenwärtig noch im Aufbau. Knotenpunkt des Systems ist naturgemäß die National- und Universitätsbibliothek. Dieses System und der Trend zu elektronischen Publikationen und neuen Medien werden auch das kroatische Bibliothekswesen in die moderne Welt der Bibliotheken führen.

Dubravka Skender

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Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.