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Bibliothek im Staatlichen Gymnasium Dr. Konrad Duden

Adresse. Hofer Straße 10, 07907 Schleiz; [Karte]
Postfach 119, 07903 Schleiz
Telefon. (03663) 42 22 89

Unterhaltsträger. Freistaat Thüringen
Funktion. Schulbibliothek.
Sammelgebiete. Deutsche Sprache und Literatur, Geschichte und Naturwissenschaften.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek für die älteren Bestände. - Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 9-15 Uhr, Freitag 9-12.45 Uhr. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Bahnverbindung über Plauen; Busverbindung von Jena, Gera und Plauen, vom Busbahnhof Schleiz Fußwegnähe (ca. 15 Minuten) Richtung Post. A 9 (E 51), Ausfahrt Dittersdorf oder Schleiz. Parkmöglichkeiten in der Nähe.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Anfänge des Gymnasiums Rutheneum gehen bis ins 14. Jh zurück. Die vom Deutschen Orden als Pfarrschule gestiftete lateinische Schule zu Schleiz entwickelte sich bald zur Stadtschule. 1362 wird ein Ulchez von Drachinstorf als Schulmeister genannt, der auch Schreiber des Vogtes war. In der Schleizer Schulordnung vom 17. Dezember 1492 (Abschnitt 80 der Stadt-Statuten) sind diejenigen Schulbücher aufgeführt, die ein Schüler unbedingt zu kaufen hatte, nämlich einen geschriebenen Donat (Sprachlehre), ABC-Tafeln, Paternoster (Vaterunser), Benedicite (Segenspruch) und Gratias (Dankgebet).

1.2 Die Schulbibliothek ging allmählich aus Schenkungen einzelner Bücher und aus Nachlaßexemplaren hervor. Ihre Entwicklung wurde dadurch beeinträchtigt, daß das Gebäude wiederholt abbrannte (1517, 1637, 1689 und 1837). Heinrich IX. Reuß (1616-1666; in der Teilung von 1647 erhielt er die Herrschaft Schleiz) erhob 1656 durch Stiftung von 1000 Gulden die Lateinschule zum Gymnasium, das sich anfangs eines guten Rufes erfreute. An der Erweiterung der Schule hatte der neue Superintendent, Mag. Johann Gabriel Hartung d. Ä. (1614-1692), wesentlichen Anteil, auch förderte er die Schulbibliothek, die vermutlich schon unter dem Rektor Wilhelm Klaubert (von 1616 bis 1626 im Amt) eingerichtet worden war. Hartung schenkte dem Gymnasium aus seiner Privatbibliothek eine beträchtliche Anzahl Bücher. Sein Sohn und Amtsnachfolger, Mag. Johann Gabriel Hartung d. J. (1641-1701), vermachte zwar dem Gymnasium ein Legat, doch gab er die wertvolle Familienbibliothek an die Stadtkirche (s. Eintrag dort). Das war eine weitsichtige Entscheidung, denn auch später wurden in gewissen Abständen Bücher, die für Unterrichtszwecke nicht mehr benötigt wurden, vom Gymnasium an die Kirchenbibliothek abgegeben.

1.3 Rektor Matthias Naundorf (von 1704 bis 1729 im Amt) bedachte die Bibliothek ebenfalls. Abgehende Schüler vermehrten sie durch Geschenke, auch wurden Strafgelder der Schüler zum Bücherkauf verwendet. Der Konrektor Johann Christian Schlotter (1686-1766) besorgte z. B. 1728 Erasmus' Adagia (Basel 1574) aus diesem Fonds. Obwohl sich Ende des 18. Jhs der Lehrplan gründlich änderte, blieben bis zur Mitte des 19. Jhs die griechischen und lateinischen Klassiker noch im Unterrichtsprogramm. 1787 wurde mit Billigung des Landesherrn, Fürst Heinrich XLII. (1752-1818; reg. seit 1784), unter dem neuen Rektor Johann Friedrich Walz (1741-1823) eine Schulreform eingeleitet. Der neue Lehrplan für 1789 sah u. a. die regelmäßige Lektüre der Bayreuther politischen Zeitung und der Deutschen Zeitung vor. Von den Schulautoren, deren Werke sich in der Schulbibliothek befanden, wurden im Griechischen Xenophon, Homer, Aelian, Herodot, Thukydides, Hesiod, und im Lateinischen Cicero, Livius, Tacitus, Horaz, Vergil und Caesar gelesen.

1.4 Fürst Heinrich LXII. Reuß j. L. (1785-1854; reg. seit 1818) setzte die unter seinem Vater begonnene Schulreform fort, in deren Verlauf die Trennung in Bürger- und Gelehrtenschule erfolgte. In diesem Zusammenhang könnten Schriften aus der älteren Schulbibliothek an die Kirchenbibliothek abgegeben worden sein. Damit den Lehrern das nötige Rüstzeug nicht fehlte, bestimmte Heinrich LXII. eine ansehnliche, jährlich zu gewährende Summe für die allmähliche Vergrößerung der Bücherei. Seit 1823 überwies er auch Dubletten aus der Schloßbibliothek dorthin und begründete damit die neuere Gymnasialbibliothek. In den dreißiger Jahren des 19. Jhs bestand eine öffentliche " Lesebibliothek für die Gelehrtenschule".

1.5 Beim Stadtbrand vom 3. Juli 1837 wurden die halbe Stadt, das Schulgebäude und die daran anschließende Stadtkirche zerstört. Über 1000 Bde der Gymnasialbibliothek sollen verbrannt oder verlorengegangen sein. Das betraf vor allem die in den letzten 20 Jahren erworbenen Werke. 1842 bestand die Bibliothek aus 2500 Nummern, von denen viele drei, vier oder noch mehr Schriften in sich vereinigten. Das Verzeichnis von 1822 führte noch Werke auf, die später (1878) fehlten; der 1842 abgefaßte, 1855 revidierte Katalog erwähnte Werke, die bei dem Brand " meist nur defekt" gerettet wurden. Beide Verzeichnisse sind heute nicht auffindbar.

1.6 Unter dem Direktorat des Philologen Konrad Duden (1829-1911; Rektor von 1869-1876) nahm die Gymnasialbibliothek einen Aufschwung. Ab 1871 bekam sie die Anstellungs- und Beförderungsgelder aus den oberen Landesteilen zugewiesen, die bis dahin der Geraer Gymnasialbibliothek zugeflossen waren. 1875 bestand die Lehrerbibliothek aus ca. 1300 Werken, die Schülerbibliothek enthielt 200 Bde (Petzholdt, Adressbuch, 1875, S. 367). Gymnasiallehrer Hermann Schults (1850-1885) stellte für das Schulprogramm 1878 den Gesamtbestand der Handschriften und älteren Drucke (bis 1600 erschienene Bücher) der Gymnasialbibliothek zusammen. 1888 erhielt die Bibliothek, die bis dahin eng gedrängt in den Wandschränken der Aula aufbewahrt worden war, zusammen mit den naturwissenschaftlichen Sammlungen eine eigene Bleibe.

1.7 Den Bestand der " neueren Schulbibliothek" veröffentlichte Oberlehrer Walther Theodor Böhme (1858-1909) im Katalog der Schulbibliothek des Fürstlichen Gymnasiums zu Schleiz (1893), der im Anschluß an die (ältere) Schulbibliothek in der St. Georgen-Kirche hauptsächlich Werke aus dem 18. und aus dem 19. Jh enthielt. Die von Schults bereits 1878 beschriebene und übernommene Gruppe " C. Ältere (bis 1600 erschienene) Druckwerke" umfaßte Griechische (17 Titel) und Lateinische (32) Schriftsteller, Neulateiner (30), Sammelbände (41, darin enthalten etwa 14 Inkunabeln) sowie Vermischtes (9 Titel). Das seltener vertretene 17. Jh war auf die übrigen Sachgruppen verteilt. 1895 war die Bibliothek auf 4070 Bde angewachsen, hinzu kamen ca. 10.000 Schulprogramme, 6 Inkunabelbände und handschriftliche Fragmente einer alten deutschen Psalmenübersetzung (Schwenke, Adreßbuch, 1893; Nr. 1350). Lehrer- und Schüler-Bibliothek wurden laufend ergänzt. Mit Genegung des Fürstlichen Ministeriums wurde 1906 die Kirchenrat-Körner-Stiftung errichtet, die zumeist theologische Bücher enthielt. Teile der Gymnasialbibliothek, der oben erwähnten Gruppe C und jüngere Bestände sowie Bände aus der Kirchenrat-Körner-Stiftung gelangten Anfang der fünfziger Jahre des 20. Jhs in die Kirchenbibliothek von St. Georg (s. Eintrag dort). Über den Verbleib der dort nicht nachgewiesenen Bücher und Zeitschriften war nichts Konkretes zu ermitteln.

1.8 Die Traditionslinie des Gymnasiums aufnehmend, feierte die Erweiterte Oberschule Schleiz 1956 dessen 300jährigen Gründungstag, ab 1982 bestand sie als Polytechnische Oberschule. 1990 wurde das Staatliche Gymnasium Schleiz gebildet, das seit 1991 den Namen des Orthographen Konrad Duden trägt. Die Schulbibliothek wurde über diesen ganzen Zeitraum hinweg laufend aktualisiert, doch haben sich aus der (Schüler-)Bibliothek des ehemaligen Fürstlichen Gymnasiums nur noch Restbestände erhalten. Als Provenienzen begegnen auch die Seminarbibliothek Schleiz und die Lehrerbücherei der Bürgerschule Schleiz. 1991 kamen Bücher aus der aufgelösten Kreislehrerbibliothek hinzu. Die Schulbibliothek ist feingegliedert in Sachgruppen freihand aufgestellt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Bibliothek zählt ca. 10.000 Bde, davon gehören 509 Bde (5,1 Prozent) zum historischen Bestand. Aus dem 18. Jh stammen 38 Bde (7,5 Prozent) und aus dem 19. Jh 471 (92,5 Prozent). 477 Bde (93,7 Prozent) sind deutschsprachig, 29 (5,7 Prozent) in Latein und 3 in Französisch.

Systematische Übersicht

2.2 Sprache, Literatur und Kunst zählen 325 Bde (63,9 Prozent; 18. Jh 29, 19. Jh 296), darunter Friedrich Gottlieb Klopstock, Der Messias (Bd 1, Halle 1751), Christian Fürchtegott Gellert, Sämmtliche Schriften (Leipzig 1774-1775) und dessen Gedichte (Hamburg 1785-1795), Dichtergrüße (Leipzig 1860), neuere deutsche Lyrik ausgewählt von Elise Polko, und Dantes Göttliche Comödie (Leipzig 1865), übersetzt von Philaletes [d. i. Johann von Sachsen, der spätere sächsische König]. Vorhanden ist auch Carpi (Dresden 1882), ein Fürstensitz der Renaissance, hrsg. von Hans Semper, Friedrich Otto Schulze und Wilhelm Barth.

2.3 Zur allgemeinen Geschichte, Kultur- und Schulgeschichte sind 81 Bde (15,9 Prozent; 18. Jh 3, 19. Jh 78) überliefert, darunter ein Sammelband mit Schleizer Schulprogrammen (1784-1875) und Heinrich Gottlieb Gölls Geschichtliche Notizen über die Schule zu Schleiz von ihrer Gründung bis auf die gegenwärtige Zeit (Schleiz 1857). Vorhanden sind Michael Ignaz Schmidts Geschichte der Deutschen (Ulm 1778-1779), Ernst Ramdohrs Wallenstein (Leipzig 1877) aus der Reihe Geschichtsbilder für Jugend und Volk, Die Welt in Bildern (Orbis pictus) (Berlin und Straßburg 1881), hrsg. von Christlieb Gotthold Hottinger, und Max Roderich, Johann Gutenberg, seine Zeit und seine Erfindung (Dresden und Leipzig [1876]).

2.4 Unter den Werken griechischer und lateinischer klassischer Autoren (55 Bde, 10,7 Prozent; 18. Jh 3, 19. Jh 52) finden sich in der Übersetzung von Johann Heinrich Voß Homers Ilias (Altona 1793) und Vergils Ländliche Gedichte ( Wien und Prag 1800) sowie dessen Aeneis ( Wien und Prag 1800).

2.5 Mathematik und Naturwissenschaften zählen 48 Bde (18. Jh 3, 19. Jh 45), darunter Anfangs-Gründe Oder Species der Rechen-Kunst mit Unbenahmten gantzen Zahlen ( o. O. 1741) und Christian Peschecks Arithmetischer HauptSchlüssel [zu den] Italiänisch[en] Rechen-Stunden (Zittau und Leipzig 1741) und sein Arithmetischer HauptSchlüssel [zu den] allen dreyen Haupt-Ständen nöthigen Rechen-Stunden (Zittau und Leipzig 1742) sowie Alexander von Humboldts Ansichten der Natur (Stuttgart 1874).

3. KATALOGE

3.1 Moderner Katalog

Verzeichnis des Gesamtbestandes

[in Listenform, Sachgruppen der Aufstellungssystematik; nach hauseigenen Regeln]

3.2 Historische Kataloge

Gedruckte Kataloge:

Schults, Hermann: Die Handschriften und älteren Drucke der Gymnasialbibliothek. Schleiz 1878 [Bestandsverzeichnis, 5 Sachgruppen, nach hauseigenen Regeln; enthalten im Katalog von 1893 als Gruppe " C. Ältere (bis 1600 erschienene) Druckwerke"]

Böhme, Walther: Katalog der Schulbibliothek [Lehrerbibliothek] des Fürstlichen Gymnasiums zu Schleiz. Schleiz 1893 [Bestandsverzeichnis, 15 Hauptgruppen, nach hauseigenen Regeln; enthält unter " C. Ältere (bis 1600 erschienene Druckwerke)" das Bestandsverzeichnis von 1878]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Alberti, Heinrich: Kurze Geschichte der Schleizer Schulanstalten, seit dem Brande am 3. Jul. 1837.

Verzeichniß der Unterstützungen, welche seit dem Brande unsern Schulen zu Theil geworden sind. Schleiz 1838

Böhme, Walther: Geschichte des Fürstlichen Gymnasiums " Rutheneum" zu Schleiz. Festschrift zur Feier des 250jährigen Bestehens der Anstalt. Schleiz 1906

Stand: September 1996

Felicitas Marwinski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.