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Kartensammlung und Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek

Adresse. Josefsplatz 1, 1015 Wien [Karte]
Telefon. (0222) 53 410-297
Telefax. (0222) 53 410-319

Unterhaltsträger. Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung
Funktion Spezialsammlung der Österreichischen Nationalbibliothek für kartographische Objekte und geographisch-topographische Ansichten einschließlich der dazugehörenden Fachliteratur.
Sammelgebiete. Geographie, Kartographie, Geowissenschaften, Völkerkunde, Entdeckungsgeschichte.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek mit Lesesaal. - Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch, Freitag 9-15.45 Uhr. Globenmuseum: Montag bis Mittwoch, Freitag 11-12 Uhr, Donnerstag 14-15 Uhr. Vom 1. bis 21. September ist die Sammlung geschlossen. - Leihverkehr: ÖLV, internat. Leihverkehr (für Bücher) über die Fernleihe-Stelle der ÖNB, Heldenplatz.
Technische Einrichtungen für Benutzer. Kopiergerät (nur für Objekte nach 1850 mittels schriftlicher Kopieraufträge), Mikroformen-Lesegerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Für umfangreichere Recherchen schriftliche Anmeldung dringend empfohlen, um mehrtägige Bestellfristen zu vermeiden. - Verkehrsverbindungen s. Druckschriftensammlung der ÖNB.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Einrichtung einer der Generaldirektion unmittelbar unterstellten Abteilung Kartensammlung innerhalb der Hofbibliothek wurde 1899 beschlossen. Wegen kurz darauf einsetzender Umbauarbeiten fand ihre Eröffnung jedoch erst zu Beginn des Jahres 1906 statt. In der Spezialsammlung sollten die überaus umfangreichen und wertvollen geographiebezogenen Bestände des Hauses zusammengeführt und sachgemäß erschlossen werden. Die Landkarten und Pläne stammten überwiegend aus der Kupferstichsammlung der Hofbibliothek. Mit der Büchersammlung Prinz Eugens von Savoyen (1663-1736) waren nicht nur zahlreiche Geographica, sondern auch der berühmte Atlas Blaeu-Van der Hem an die Hofbibliothek gekommen. Von den zahlreichen weiteren privaten Kartensammlungen, die in diesen Bestand im Laufe der Jahrhunderte eingegangen sind, sei die 1769 an die Hofbibliothek gelangte Kollektion des Philipp von Stosch (1691-1757), eines Verwandten des Staatskanzlers Kaunitz, hervorgehoben. Diese gleichsam als Keimzelle der kartographischen Bestände der Hofbibliothek zu betrachtende Sammlung bestand aus 324 Bdn mit mehr als 28.000 Stichen und 2550 Handzeichnungen, die Agenten in verschiedenen europäischen Städten im Auftrag von Stosch aufgekauft hatten. Die Provenienz der Blätter ist heute nur mehr für einen kleinen Teil dieses Bestandes bekannt, bedauerlicherweise wurden die Bände im 19. Jh in Einzelabbildungen zerlegt. Wien 1b Österreichische Nationalbibliothek: Kartensammlung und Globenmuseum

1.2 Um den Besuchern der Kartensammlung auch eine geographische Fachbibliothek zur Verfügung stellen zu können, wurden zahlreiche, z. T. schon seit Jahrhunderten im Haus befindliche und vorwiegend im Prunksaal aufgestellte Atlanten, einschlägige Monographien und Zeitschriften in den neuen Lesesaal transferiert. Die Auswahl erfolgte willkürlich, es wurden vorrangig Reiseberichte, geographische Zeitschriften und alte Atlanten übernommen. Entscheidende Bestandsvermehrungen erfolgten in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg, als der Kartensammlung zunächst die kartographischen Objekte und bald darauf die Veduten aus der verstaatlichten habsburgischen Fideikommiß-Bibliothek und der Graphischen Sammlung Albertina zugewiesen wurden. Die an der Abteilung schon seit ihrer Gründung geführte Sammlung geographisch-topographischer Ansichten nahm nach und nach ebenfalls einschlägige Bestände aus den beiden genannten Kollektionen auf. Der Plan, auch die gesamten Kartenbestände des ehemaligen Militärgeographischen Institutes der Kartensammlung der Nationalbibliothek einzuverleiben und so eine österreichische Zentralstelle für kartographische Objekte zu schaffen, ließ sich nur z. T. realisieren, da das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen viele der neueren Karten für aktuelle Vermessungsarbeiten benötigte. Der Zweite Weltkrieg brachte für die Kartensammlung keine Bestandsverluste. Einige der bis in die Gegenwart nachwirkenden Sammlungslücken sind jedoch darauf zurückzuführen, daß in diesen Jahren aus den damaligen Feindesländern keine einschlägigen Objekte erworben werden konnten.

1.3 Seit ihrer Gründung ist die Kartensammlung verpflichtet, auch moderne Karten in ihre Sammeltätigkeit einzubeziehen. Alle österreichischen Erzeugnisse sind ihr aufgrund des Mediengesetzes als Bibliotheksstücke unentgeltlich abzuliefern, ausländische Karten müssen in der Regel angekauft werden. Man ist bestrebt, in erster Linie die amtlichen Kartenwerke von allen Staaten der Erde zu erhalten: von europäischen Ländern in den Maßstäben 1:50.000 und 1:200.000, von den außereuropäischen im Maßstab 1:200.000 oder kleiner. Die Erwerbung der Fachliteratur zu den Bereichen Geographie, Entdeckungsgeschichte und Ethnologie (mit besonderer Beachtung der historischen Dimension dieser Fächer) sowie ihre bibliothekarische Erschließung erfolgen aufgrund von Vorschlägen der von der Kartensammlung nominierten Fachreferenten durch die Druckschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Die Buchbestände sind wegen Platzmangels nach dem Numerus-currens-Prinzip, getrennt nach Formaten, aufgestellt, Periodika bilden eine eigene Abteilung. Die Handbibliothek im Lesesaal ist in systematischen Großgruppen angeordnet.

1.4 1956 erfolgte die Gründung des einzigen Globenmuseums der Welt. Das der Kartensammlung angeschlossene Institut beherbergt gegenwärtig rund 200 Globen, wozu auch 100 Exponate aus der Zeit vor 1850 zählen, und ist nach dem National Maritime Museum in Greenwich die zweitgrößte Sammlung der Welt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Kartensammlung verfügt über eine Fachbibliothek mit 56.557 Bdn (sie sind durch Signaturenzusatz K bzw. Kart.- S. gekennzeichnet), 243.861 Landkarten (s. u. 2.15), 283.525 geographisch-topographische Ansichten und 199 Erd-, Himmels-, Mond- und Planetengloben sowie Armillarsphären und Lunarien des angeschlossenen Globenmuseums. Da die Bücher erst zu Beginn des 20. Jhs der Kartensammlung zugewiesen wurden, beziehen sich die folgenden Erläuterungen nicht nur auf die hier verwahrte Fachliteratur, sondern auf alle bis 1900 erschienenen Druckschriften zum Themenbereich Geographie und Völkerkunde im Besitz der Nationalbibliothek, insgesamt ca. 18.500 Titel.

2.2 Diese sind weder durch Kataloge noch durch ihre Aufstellung chronologisch und systematisch strukturiert. Bei den vor 1850 gedruckten Werken ist zudem eine strikte Trennung zwischen den Disziplinen Geographie, Geschichte, Volkskunde und Ethnologie besonders problematisch. Alexander von Humboldts Werk ist das herausragendste Beispiel dieser diverse Wissenschaftszweige integrierenden Gesamtschau auf einzelne Themen. Die Angaben zur fachlichen Unterteilung des Bestandes konnten großteils nur unter Einbeziehung des Alten Schlagwortkataloges (dieser führt die geographischen Schriften unter zahllosen Toponymen an) ermittelt werden, sie sind ausdrücklich nur als Näherungswerte zu verstehen.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.3 Ca. 18.500 Titel verteilen sich auf 925 Titel (802 Bücher und 123 Atlanten) des 16. Jhs, 1480 Titel (1325 Bücher und 155 Atlanten) des 17. Jhs, 2220 Titel (1877 Bücher und 334 Atlanten) des 18. Jhs und 13.875 Titel (12.778 Bücher und 1097 Atlanten) des 19. Jhs. Der Großteil dieser Werke stammt aus dem Bestand der Druckschriftensammlung, nur 2320 Titel sind in der Kartensammlung aufbewahrt (122 des 16. Jhs, 192 des 17. Jhs, 272 des 18. und 1734 des 19. Jhs). Die Zahlen wurden durch Hochrechnung der Auszählergebnisse aus repräsentativen Abschnitten des Alten Nominalkataloges gewonnen, ein Unschärfefaktor aufgrund der nicht immer eindeutigen Zuordbarkeit zum Fach Geographie ist nicht auszuschließen.

2.4 Rund die Hälfte des Bestandes (9650 Titel, 52 Prozent) liegt in Deutsch vor. Das Französische ist mit 15 Prozent (2775 Titel), das Englische und das Lateinische sind mit je 12 Prozent (je 2220 Titel) vertreten. Auf das Italienische entfallen 4 Prozent (740 Titel), auf Werke in anderen Sprachen 6 Prozent (1110 Titel). Der Entwicklung der geographischen Wissenschaft entsprechend wird für die geographischen Werke und Atlanten des 16. und 17. Jhs die eindeutige Vorherrschaft des Lateinischen deutlich. In der Literatur des 18. Jhs dominiert bereits die deutsche Sprache, knapp gefolgt vom Französischen, das im Bestand des 19. Jhs vom Englischen verdrängt wird. Die relativ hohe Anzahl von Werken in sonstigen Sprachen ist auf die im 19. Jh zunehmenden Publikationen in Ungarisch und den slawischen Sprachen zurückzuführen.

Systematische Übersicht

2.5 Die 18.500 Titel zum Themenbereich Geographie setzen sich zusammen aus Werken zur allgemeinen Geographie und Klimatologie, zur geographischen Statistik, aus Atlanten (s. u. 2.14 ff.), Studien zur Kartographie, zur Geographie der europäischen und außereuropäischen Länder, aus Reiseliteratur (Reiseberichte, Reiseführer, Entdeckungs- und Forschungsliteratur allgemein und einzelner Länder) sowie volks- und völkerkundlichen Schriften, soweit sie nicht der Anthropologie zugeordnet wurden.

2.6 Aus der Bestandsgruppe zur allgemeinen Geographie (ca. 500 Titel) sind die Kosmographien, kurzgefaßte Einführungen in die mathematische bzw. astronomische Geographie, hervorzuheben. Unter den ca. 20 Drucken des 16. Jhs befinden sich 4 Ausgaben von Martin Waldseemüllers und Matthias Ringmanns Cosmographiae Introductio (St. Dié 1507, Straßburg 1509), 2 Exemplare von Johann Stobniczas Introductio Ptholomei Cosmographiam (Krakau 1512, eine mit den beiden äußerst seltenen Hemisphärenkarten) sowie mehrere Ausgaben von Petrus Apians Cosmographicus liber (Landshut 1524) und Rainer Gemma Frisius' Cosmographia Petri Apiani (Löwen 1529 ff.). Sebastian Münsters Cosmographei ist ebenfalls in mehreren Ausgaben (erschienen zwischen 1544 und 1638) vorhanden, einschließlich einer in italienischer und einer in tschechischer Sprache. Unter den geographischen Publikationen der Humanisten befinden sich bedeutende Editionen antiker Schriften, darunter Strabos von Amaseia Geographia (griechische Ausgabe o. O. 1587, lateinische Ausgabe Basel 1571) und diverse griechische und lateinische Ausgaben von De situ orbis (u. a. Venedig 1502, 1510, 1516), Pomponius Melas Geographia (Wien 1512, herausgegeben von Ermolao Barbaro; eine weitere Wiener Ausgabe 1520), Gaius Iulis Solinus' Enarrationes (Wien 1520, herausgegeben von Johannes Camers, Johannes Vellini und Ermolao Barbaro) mit der ältesten im heutigen Österreich gedruckten Weltkarte sowie Cosmographia von Pomponius Mela (Nürnberg 1512, herausgegeben von Johannes Cochlaeus).

2.7 Neben etwa 200 Bibliographien und Nachschlagewerken sind ca. 200 Titel zur Geologie und Geomorphologie vorhanden, 100 zur Klimatologie, 400 zur Anthropogeographie sowie 300 zur Pflanzen- und Tiergeographie. Erwähnenswert sind die Lehrbücher der physischen Geographie des 17. Jhs, wie Bernhard Varenius' Geographia Generalis (Leiden 1650) und Philipp Cluvers Introductio in universam geographiam tam veterum quam novorum (1629). Im Bestand des 18. Jhs bilden die unter dem Einfluß der Aufklärung entstandenen erdkundlichen Studien in französischer Sprache einen Schwerpunkt, wie Joseph-Nicolas Delisles Mémoire pour servir à l'histoire et au progrès de l'astronomie, de la géographie (St. Petersburg 1738) und Nicolas Lenglet du Fresnoys Géographie abrégée par demandes et par réponses (1774). Von den zahlreichen Publikationen herausragender Wissenschaftler des 19. Jhs zu den grundlegenden Fragen der Disziplin seien z. B. 38 Titel Karl Ritters genannt, des Begründers der allgemeinen vergleichenden Erdkunde (Europa, 1804-1807, und Die Erdkunde im Verhältnis zur Natur und Geschichte des Menschen, 1817-1818) sowie 40 Titel Friedrich Ratzels, vorwiegend zur Anthropogeographie (Vorgeschichte des europäischen Menschen, 1874).

2.8 Auf die Geschichte der Geographie, Kartographie, Volks- und Völkerkunde entfallen ca. 500 Titel. Die Kartographiegeschichte betreffen 15 allgemeine und zahlreiche Einzeluntersuchungen, darunter Standardwerke, wie Eberhard David Haubers Versuch einer umständlichen Historie der Land-Charten (Ulm 1724) und Johann G. Kohls Die beiden ältesten General-Karten von Amerika (1860). Hinzu kommen 12 sogenannte Faksimile-Atlanten, z. B. Manuel Francisco Vicomte de Santarems Atlas composé de mappemondes (1842-1853) und die für einschlägige Forschungen grundlegenden Werke Adolf Erik Nordenskiölds, Facsimile-Atlas to the Early History of Cartography (1889) und Periplus. An Essay on the Early History of Charts and Sailing Directions (1897).

2.9 Die Sammlung der Berichte von Reisen, Forschungsreisen, Entdeckungsfahrten und Weltumsegelungen sowie Reiseführer umfaßt mehr als 7000 Titel. Für Österreich, dessen politische Interessen überwiegend auf den zentral- und südosteuropäischen Raum gerichtet waren, fällt die Quantität und Ausgewogenheit der Bestände auf. Besonders gut vertreten sind Berichte von Forschungsreisen in die afrikanischen Länder und Amerika sowie Reiseführer diverser Regionen. Zu den hervorragendsten Beispielen zählen 5 Exemplare von Amerigo Vespuccis Mundus Novus (um 1503, z. T. in Rom erschienen, einige Drucke weisen keinen Erscheinungsort auf, möglicherweise sind sie in Venedig gedruckt) und die anonyme Copia einer Newen Zeytung auß Presillg Landt (Augsburg, um 1508). In Erstausgaben liegen die Journale über die zwischen 1772 und 1779 durchgeführten Seereisen (die zweite und dritte) des James Cook vor, Voyage towards the South Pole and round the World, performed in the Years 1772-1775 (1777) und A Voyage to the Pacific Ocean, performed in the Years 1777-1779 (1784-1785). Von Alexander von Humboldts Werken ist vor allem die Pariser Ausgabe der Voyages aux régions équinoxiales du Nouveau continent (1807-1834, 20 Bde in Folio, 10 Bde in Quartformat) zu erwähnen.

2.10 Von etwa 50 vielbändigen Reiseberichtsammlungen sind u. a. die Ausgaben von Allessandro Zorzis und Francanzano da Montalboddos Paesi nuovamente retrovati bemerkenswert (in lateinischer Sprache, Itinerarium Portugalensium, Mailand 1508, sowie in Deutsch, Newe unbekanthe landte Und ein newe weldte, Nürnberg 1508, übersetzt vom Nürnberger Arzt Jobst Ruchamer). Auch die Navigationi et Viaggi (Venedig 1563-1574) des Giovanni Battista Ramusio sind vorhanden, neben den von Richard Haklyt und Samuel Purchas zusammengestellten Berichten über Voyages, Navigations, Traffiques and Discoveries of the English Nation (London 1598-1600) und Hakluytus posthumus or Purchas his pilgrimes (London 1625-1626). Die wohl umfangreichste Sammlung stellen Theodor de Brys Collectiones peregrinationum in Indiam orientalem et occidentalem dar (25 Bde mit zahlreichen Kupferstichen, Frankfurt a. Main 1590-1634). Von den im 19. Jh erschienenen wissenschaftlichen Neuausgaben vieler Reisejournale liegen u. a. mehr als 300 Bde der Works issued by the Hakluyt-Society vor (1846 ff., nahezu vollständig).

2.11 Unter 35 geographischen Zeitschriften finden sich die bedeutendsten des deutschsprachigen Raums, z. B. die von Franz von Zach herausgegebenen Allgemeinen geographischen Ephemeriden und ihre Fortsetzung, die Monatliche Korrespondenz zur Beförderung der Erd- und Himmelskunde (Gotha 1800-1813) und Petermanns Geographische Mitteilungen (ursprünglich Mitteilungen aus Justus Perthes' Geographischer Anstalt, Gotha 1855 ff.). Hinzu kommen einige vollständig vorhandene österreichische Blätter (Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft, Wien 1857) und fremdsprachige Fachperiodika, wie Bulletin de la Société de Géographie (Paris 1824 ff.) und Journal of the Royal Geographical Society (London 1830 ff.).

2.12 Den größten Anteil am geographischen Bestand haben jedoch Studien zur Länderkunde der österreichischen Monarchie und ihrer Regionen (ca. 2100 Titel), der Nachbarländer der Monarchie (1800 Titel), der sonstigen europäischen Länder (1300 Titel) und der außereuropäischen Länder (700 Titel). Das Sammelgut ist - einer Universalbibliothek mit Pflichtexemplarrecht entsprechend - in thematischer Hinsicht vielschichtig, insbesondere für den Bereich der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie. Wissenschaftliche Abhandlungen tstanden erst im Laufe des 19. Jhs und wurden vorwiegend in Periodika veröffentlicht. Im historischen Bestand der Bibliothek herrschen daher die umfassenden Länderbeschreibungen vor, die geographische, historische sowie volks- bzw. völkerkundliche Inhalte integrieren. Repräsentatives Beispiel dafür ist das auf Anregung und unter Mitwirkung des Kronprinzen Rudolf tstandene sogenannte Kronprinzenwerk, Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild (24 Bde, Wien 1886-1902, mit 4529 Illustrationen). Hinzu kommen etwa 350 Titel zu allgemeinen Aspekten der Ethnologie und 200 zur Völkerkunde diverser Regionen, insbesondere zu Afrika, sowie 200 volkskundliche Schriften, die sich vorwiegend auf den mitteleuropäischen Raum beziehen.

2.13 Relativ umfangreich ist der Bestand an Atlanten (1700). Dazu zählen 49 der insgesamt 53 bekannten Ausgaben der Geographia des Claudius Ptolemäus, auch die 1478 bis 1507 entstandenen Römischen Ausgaben und die berühmte, von Martin Waldseemüller bearbeitete und erweiterte Straßburger Ausgabe (1513). Abraham Ortelius' Theatrum Orbis Terrarum (Antwerpen 1573 ff.) und Cornelis de Jodes Speculum Orbis Terrae (2. Aufl., Antwerpen 1593) können als Beispiele für Renaissance-Atlanten genannt werden. Die erstmals als Atlas bezeichnete Kartensammlung des Gerard Mercator ist nicht nur in der Erstausgabe (Duisburg 1595), sondern auch in den im 17. Jh in Amsterdam von den Verlegern Jodocus, Henricus Hondius und Joannes Janssonius publizierten und z. T. beträchtlich erweiterten Auflagen vorhanden. Der sogenannte Atlas Blaeu-Van der Hem (um 1650) gilt als schönste Kartensammlung der Welt. Er wurde 1730 von Prinz Eugen nach Wien gebracht und gelangte mit der Bibliotheca Eugeniana an die Hofbibliothek. Der barocke Sammelatlas niederländischer Provenienz in 50 Bdn besteht aus mehr als 2100 Tafeln (Kupferstichen, Aquarellen, Handzeichnungen) an Karten und Plänen, Ansichten und Genreabbildungen.

2.14 Die Bibliothek besitzt zahlreiche, zumeist undatierte Beispiele französischer Atlaskartographie des 17. und 18. Jhs, etwa die Cartes générales (Paris, um 1686) des Nicolas Sanson, den Atlas Nouveau (Amsterdam, um 1696) von Alexis Hubert Jaillot, den Atlas Universel (Paris, um 1800) von Gilles Robert und Didier Robert de Vaugondy sowie den Atlas Complet (Paris, um 1780) von Jean Baptiste Bourguignon d'Anville. Auch die Atlanten der großen süddeutschen Verlagshäuser Homann (Homännische Erben) und Seutter sind gut vertreten. Im Bestand des 19. Jhs ist auf die britischen und deutschen kartographischen Werke besonders hinzuweisen, z. B. auf Aaron Arrowsmiths A New General Atlas (Edinburgh, London 1817) und Adolf Stielers Atlas über alle Teile der Welt (Gotha, um 1837). Die in den letzten Jahrzehnten des 18. Jhs hervorgetretene österreichische Atlasproduktion ist nahezu vollständig dokumentiert. Hervorgehoben seien Franz Johann Joseph von Reillys Schauplatz der fünf Theile der Welt (Wien 1789-1806), Franz Anton Schrämbls Allgemeiner Grosser Atlas (Wien 1800) und Franz Frieds Atlas der neuesten Geographie (Wien, um 1825).

Sondersammlungen

Cartographica

2.15 Die internationale Bedeutung der Kartensammlung gründet auch auf ihren Cartographica, 243.861 Landkarten und Plänen (Einzelblätter, Karten-Serien und einige Reliefs). In Ermangelung fundierter Unterlagen über den historischen Bestand wird - einem 1841 angelegten und bis 1914 ergänzten Kartenkatalog sowie anderen Teilverzeichnissen folgend - angenommen, daß etwa 26.500 Objekte (ca. 66.250 Kartenblätter) aus der Zeit bis 1900 stammen: etwa 10.000 aus dem alten Bestand der Hofbibliothek, 5500 aus der Fideikommiß-Bibliothek, 10.500 aus der Albertina und 500 aus dem Militärgeographischen Institut. Eine chronologische Gliederung ergibt etwa 1000 Karten des 16. Jhs, 4500 des 17. Jhs, 8000 des 18. und 13.000 des 19. Jhs.

2.16 Die vor dem Ersten Weltkrieg geschaffenen Objekte sind nahezu geschlossen vorhanden und dadurch von besonderem Wert. Aufgrund seiner Vollständigkeit dokumentiert der Bestand die Entwicklung der kartographischen Erschließung der ehemaligen Donaumonarchie und Mitteleuropas nahezu lückenlos. Auf die Territorien der österreichisch-ungarischen Monarchie entfallen etwa 65 Prozent, auf deren Nachbarstaaten ca. 10 Prozent der Karten. Auch die anderen europäischen sowie überseeische Regionen sind sehr gut vertreten. Schwerpunkte des kartographischen Bestandes liegen hier vor allem auf Regionen in der Interessenssphäre der Habsburger, z. B. bei Italien und den Balkanländern (u. a. Samuel von Schmettaus Nova et accurata Siciliae descriptio universalis mit 4 Kupferstichblättern, 1720-1721; Joseph von Schedas Generalkarte der Balkan-Halbinsel, um 1870).

2.17 Privaten Kartensammlungen, wie jenen des Philipp von Stosch (s. o. 1.1 ) und des Erzherzogs Albert von Sachsen-Teschen aus dem Albertina-Bestand, entstammen überdies zahlreiche Objekte, die vordergründig keinerlei Österreich-Bezug erkennen lassen. Bemerkenswerte Beispiele dafür sind Robert Dudleys Seeatlas Dell' Arcano del mare (Florenz 1646), der einzige Atlasband der Sammlung Stosch, der im 19. Jh nicht in Einzelkarten zerlegt wurde, und ein Exemplar der Military Map showing the marches of the United States Forces under the command of Maj. Gen. W. T. Sherman (St. Louis 1865, mit eigenhändiger Widmung des Generals der Sezessionskriege an Herzog Albrecht). Von den zahllosen Zimelien seien einige gedruckte Unikate angeführt: Peter Beekels Darstellungen von Diethmarschen, Bescribung vom landt Ditmers (Antwerpen 1559), die älteste Karte von Vorder- und Niederösterreich, Ducatus Iuraemontis Comita(tus) Suntgoviae Landgraviatus Edelsassiae - Marcha Boiorum Marcha Orientalis quae et Austria (um 1540/1550), Wolfgang Lazius' Niederösterreich-Karte Arch(iducatus) Austriae infra Anisum (Wien, um 1560), eine Darstellung der Oberlausitz von Bartholomäus Scultetus (o. O. 1593) und die aus 12 Blättern bestehende Wandkarte der Niederlande, Nova et emendata totius Belgi, sive inferioris Germaniae (Antwerpen 1605) des Joan Baptist Vrients. Zu den Rarissima zählt auch ein Konvolut von Holzschnitt-Karten, angefertigt von in China wirkenden Jesuiten, z. B. die Weltkarte des Matteo Ricci (Peking 1602) in einer nach 1648 entstandenen Überarbeitung, die Sternkarte des Adam Schall von Bell (1628) und die erste Landesaufnahme Chinas (um 1720).

2.18 An Geographisch-topographischen Ansichten (Vues, Veduten) verwahrt die Kartensammlung etwa 284.000, fast durchwegs ungebundene Blätter. Ca. 10.500 Objekte entstanden vor 1900. Sie stammen aus den seit dem 18. Jh in der Hofbibliothek angesammelten Beständen, die wertvollsten kamen aus den Sammlungen Prinz Eugens. In der Zwischenkriegszeit wurden sie durch ca. 8500 Ansichten aus der Fideikommiß-Bibliothek und ca. 14.000 Blätter aus der Graphischen Sammlung Albertina ergänzt.

2.19 Von den 200 Globen des Globenmuseums wurden 100 vor 1850 angefertigt, darunter Rainer Gemma Frisius' Erdglobus (um 1535), Gerard Mercators Erd- und Himmelsglobus (Löwen 1541, 1551), die Globen von Willem Janszon und Joan Blaeu sowie deren Nachfolger (verschiedene zwischen 1599 und 1708 entstandene Ausgaben), Vincenzo Coronelli (1688-1693) und Josef Jüttner (1822-1851).

3.KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge

Nominalkatalog

[in Zettelform nach PI für den in der Kartensammlung aufgestellten Buchbestand, die gedruckten geographischen Werke anderer Sammlungen sind nur in Ausnahmefällen angeführt; in den Druckschriftenkatalogen der Österreichischen Nationalbibliothek ist der von der Kartensammlung verwaltete Bestand mit den Signaturenzusätzen K bzw. Kart. S., Geogr. S. bzw. G. S. gekennzeichnet]

Schlagwortkatalog Kartensammlung

[Zettelkatalog, in der Sammlung geführt, unterscheidet sich von den Schlagwortkatalogen der Druckschriftensammlung durch die Verwendung von Toponymen als vorrangigen Ordnungswörtern]

EDV-Katalog

[Anschluß an österreichischen Bibliotheksverbund und die EDV- Katalogisierung der Karten sind in Vorbereitung]

3.2 Moderne Sonderkataloge

Karten-Katalog

[Zettelkatalog, nach modifizierter altösterreichischer Beschreibvorschrift, Hauptordnungswort ist das auf der Karte genannte Geographicum bzw. die dargestellte Region, die Einarbeitung des Albertina-Bestandes ist im Gange; von den Lesern nicht unmittelbar benützbar]

Veduten-EDV-Katalog

[für neuerworbene Ansichten, geführt seit 1991]

Veduten-Katalog

[mschr. Zettelkatalog für die Bestände aus der Hofbibliothek]

Katalog der Vues der Albertina

[mschr. Zettelkatalog zu den Veduten-Beständen aus der Albertina, unvollständig]

3.3 Historische Kataloge

Kartenkatalog der Hofbibliothek

[hschr. Bandkatalog, 1841 angelegt von Friedrich Bartsch, bis zum Ersten Weltkrieg ergänzt, nach lateinischen Toponymen geordnet]

Kartenkatalog der Hofbibliothek

[Zettelkatalog, erstellt nach dem hschr. Bandkatalog, ordnet Bestand nach lateinischen Toponymen]

Becker, Moritz Alois von: Die Sammlungen der vereinten Familien- und Privatbibliothek Sr. M. des Kaisers. Wien 1873-1882

[gedruckter Bandkatalog, Bd 3/2 zu den Veduten, Bd 3/1 zu den Karten aus der Fideikommiß-Bibliothek, ergänzt durch eine Standortkonkordanz in 3 Bdn]

Katalog zur Kartensammlung Alberts von Sachsen-Teschen

[17 Bde, hschr., geordnet nach Staaten und Erdteilen, angelegt zu Beginn des 19. Jhs, ergänzt bis gegen 1900]

4. QUELLEN UND DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Archivalien zur Geschichte der Kartensammlung befinden sich im Hausarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek.

4.2 Darstellungen

Stummvoll, Josef; Fiedler, Rudolf (Hrsg.): Geschichte der Österreichischen Nationalbibliothek. 2 Bde. Wien 1968-1973

[zur Kartensammlung S. 19, 65, 68-70, 77, 126-128, 138, 145, 171, 177, 221-222, 238-241, 263, 267, 270, 273]

Trenkler, Ernst: Die Kartensammlung. In: Josef Stummvoll (Hrsg.): Die Österreichische Nationalbibliothek. Festschrift für Josef Bick. Wien 1948, S. 139-148

Wawrik, Franz: Das Abbild der Welt. Die Kartensammlung. In: Otto Mazal (Hrsg.): Ein Weltgebäude der Gedanken. Die Österreichische Nationalbibliothek. Graz 1987, S. 203-232

ders.: Kartensammlung und Globenmuseum. In: Friedrich Langer (Hrsg.): Die Österreichische Nationalbibliothek. Wien 1985 (Österreichs Museen stellen sich vor, 21) S. 26-34

ders.: The remodeled Globe Museum of the Austrian National Library. In: Der Globusfreund 35-37 (1987) S. 241-247

ders.: Zur Vorgeschichte und Entstehung der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 47/48 (1993) S. 141-161

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Ausserer, Karl: Der Atlas Blaeu der Wiener National-Bibliothek. In: Hans Mzik (Hrsg.): Beiträge zur historischen Geographie, Kulturgeographie, Ethnographie und Kartographie, vornehmlich des Orients. Leipzig, Wien 1929, S. 1-40

Dörflinger, Johannes; Wagner, Robert; Wawrik, Franz: Descriptio Austriae. Österreich und seine Nachbarn im Kartenbild von der Spätantike bis ins 19. Jahrhundert. Wien 1977

Dörflinger, Johannes: Die österreichische Kartographie im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der Privatkartographie zwischen 1780 und 1820. Wien 1984

Kinauer, Rudolf: Der Atlas des Freiherrn Philipp von Stosch der Österreichischen Nationalbibliothek. (Diss. Wien 1950)

Kinauer, Rudolf: Neue Karten zum Atlas des Freiherrn Philipp von Stosch. In: Josef Mayerhöfer; Walter Ritzer (Hrsg.): Festschrift Josef Stummvoll. Dem Generaldirektor der Österreichischen Nationalbibliothek zum 65. Geburtstag. Wien 1970 (Museion N. F., 2. Reihe, 4.1) S. 177-190

Wagner, Robert: Die überseeischen Gebiete im Atlas Blaeu-Van der Hem der Österreichischen Nationalbibliothek. 3 Bde. (Diss. Wien 1976)

Wawrik, Franz: Alte Landkarten der Sudetenländer an der Österreichischen Nationalbibliothek und im Kriegsarchiv in Wien. In: Informationsbrief für sudetendeutsche Heimatarchive und Heimatmuseen 15 (1978) S. 9-36

ders.: Kartographische Werke an der Österreichischen Nationalbibliothek aus dem Besitz Johannes Schöners. In: Internationales Jahrbuch der Kartographie 21 (1981) S. 195-202

ders.: Berühmte Atlanten. Kartographische Kunst aus fünf Jahrhunderten. Dortmund 1982 (Die bibliophilen Taschenbücher, 299)

ders.: Alte Manuskriptkarten an der Österreichischen Nationalbibliothek. In: Wolfgang Scharfe; Hans Vollet; Erwin Herrmann (Hrsg.): Kartographiehistorisches Colloquium Bayreuth '82. Vorträge und Berichte. Berlin 1983, S. 31-39

ders.: Die Bestände der Bibliotheca Eugeniana in der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. In: Otto Mazal (Hrsg.): Bibliotheca Eugeniana. Die Sammlungen des Prinzen Eugen von Savoyen. Katalog zur Ausstellung im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek. Wien 1986, S. 91-107

Wawrik, Franz; Fischer, Helga; Zeilinger, Elisabeth: Kartographische Kostbarkeiten. Ausstellung der Kartensammlung der Österreichischen Nationabibliothek. Wien 1986

Wawrik, Franz: 500 Jahre Atlanten. Katalog zur Ausstellung im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek. Wien 1986

Wawrik, Franz; Zeilinger, Elisabeth (Hrsg.): Austria Picta. Österreich auf alten Karten und Ansichten. Katalog zur Ausstellung der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Graz 1989

Stand: Dezember 1992

Franz Wawrik

Helga Hühnel

Elisabeth Zeilinger


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.