FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
Home
HomeRegionen:Stadtregister:Abkürzungen
Volltextsuche:

trunkiert

BenutzerprofilLogin

Impressum
   Home > Deutschland > Hessen H - Z > Michelstadt
   Hessen A - G

Nicolaus-Matz-Bibliothek

Adresse. Stadtarchiv; Marktplatz, 6120 Michelstadt [Karte]
Telefon. (06061) 7 41 41

Unterhaltsträger. Evangelische Kirchengemeinde Michelstadt
Funktion. Kirchenbibliothek.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: Theologie, Geschichte, Altphilologie, Philosophie, Rhetorik, Recht. - 2. Besondere Sammelgebiete: Kontroverstheologie der Reformation und Gegenreformation, Regionalliteratur, humanistische Klassikerausgaben. Der Altbestand wird nur gelegentlich vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Absprache. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiermöglichkeit.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erforderlich. Fußwegnähe vom Bahnhof. A 5, Ausfahrt Bensheim; B 47. A 3, Ausfahrt Aschaffenburg; B 469, B 47.

1. BESTANDSBESCHICHTE

1.1 Die Bibliothek wurde als kommunale Einrichtung für jeden Michelstädter Bürger, " der da gelehrt ist", von Nicolaus Matz (um 1443-1513), einem gebürtigen Michelstädter, der an der Universität Freiburg lehrte und dort 1475 Rektor wurde, 1499 gestiftet. Die Stiftungsurkunde nennt 117 gebundene Bücher. Bei 31 der 159 Inkunabeln wird Matzische Provenienz angenommen. Die übrigen Bücher der Stiftung sind nicht mehr erhalten. Ein Katalog von 1736 verzeichnet vermutlich den Bestand der Stiftung.

1.2 Entsprechend dem frommen Stiftungszweck der " Verkündigung durch die Predigt" findet sich neben sonstiger theologischer Literatur besonders spätmittelalterliche Predigtliteratur der Dominikaner als Grundstock der Bibliothek. Diese wurde in den folgenden Jhn durch umfangreiche Schenkungen vornehmlich 1663 (594 Drucke) und 1789 (1195 Drucke) aus dem gräflich-erbachischen Hause sowohl quantitativ als auch qualitativ in mehreren Fachrichtungen bedeutend vergrößert.

1.3 Der Bestand wurde im Kirchturm der späteren evangelischen Kirche aufgestellt und 1893, recht zufällig und innerhalb bestimmter Aufstellungsgruppen meist nach Zugang, von Oberpfarrer Wagner katalogisiert. Bis Anfang der achtziger Jahre unseres Jhs blieb die Bibliothek an diesem Ort, wo es zugig war und die Bücher feucht wurden. Inzwischen sind die Bücher im Stadtarchiv untergebracht. Die Aufstellung des mit ca. 5000 Bdn überschaubaren Bestandes ist z. Z. noch an die frühere Systematik im Kirchturm angelehnt; die Inkunabeln stehen gesondert.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Für die Bestandsbeschreibung wurde der 1893 handgeschriebene Katalog ausgewertet, die vereinzelten Neuzugänge seitdem fallen nicht ins Gewicht. Diese Auflistung war nur dann systematisch, wenn der Zugang es so wollte, da sie gemäß der früheren Aufstellung erfolgte (vgl. 1.3). Der Katalog wurde nach bibliographischen Einheiten durchgezählt und jede einzelne einer hilfsweise neugebildeten Sachgruppe zugeteilt.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Alle 2830 Titel des Wagnerschen Katalogs gehören zum historischen Bestand. Dies entspricht den 2166 Nummern des Katalogs. Es gibt 159 Inkunabeln, 29 Drucke o. J., 1736 Titel des 16. Jhs (davon zwei Drittel aus seiner ersten Hälfte, welche eindeutig den Schwerpunkt der Sammlung bilden), 246 Titel des 17. Jhs, 573 des 18. Jhs sowie 89 des 19. Jhs. Dabei wurden des öfteren fehlende Jahresangaben durch Schätzung des Jhs ergänzt.

2.3 Mit ca. 1500 bibliographischen Einheiten ist über die Hälfte des Bestandes lateinisch verfaßt. Lateinisch sind mit 152 Titeln fast alle Inkunabeln, 7 Drucke o. J., 1254 Drucke des 16. Jhs, 55 des 17. Jhs, 33 des 18. Jhs (davon ein Drittel Systematische Theologie) und 3 aus dem 19. Jh. 1225 Titel sind deutsch, davon nur 3 Inkunabeln, 18 o. J., 418 aus dem 16. Jh, 185 aus dem 17. Jh, 517 aus dem 18. Jh (davon über ein Fünftel katechetische und Erbauungsliteratur) und 84 aus dem 19. Jh. Nur 39 Titel sind französisch, davon 17 aus dem 16. Jh und 16 aus dem 18. Jh. 60 Titel sind in anderen Sprachen (47 hiervon aus dem 16. Jh), die meisten griechisch, italienisch, wenige hebräisch und anderssprachig, mehrere polyglott. Von diesen 60 Titeln sind 13 Bibeln und je 16 Werke zur Philologie und Geschichte (mit Länderkunde). Es liegt nur ein englischer Titel vor, aber ca. 50 Übersetzungen aus dem Englischen, darunter viele von Richard Baxter und einige Titel zur anglikanischen Kirche.

Systematische Übersicht

2.4 Außer 30 kompletten Bibelausgaben in verschiedenen Sprachen gibt es 17 Ausgaben des Neuen Testaments, ein Dutzend Psalter und ca. 20 Konkordanzen, Synopsen, Gesamtkommentare. Sprachlich verteilen sich die 102 Titel auf 49 lateinische (davon 36 aus dem 16. Jh und 5 Inkunabeln), 13 andersprachige und 40 deutsche (20 aus dem 18. Jh, 6 aus dem 17. Jh, 10 aus dem 16. Jh und eine Inkunabel: Anton Sorg, Augsburg 1477; nur zweiter Teil). Weiterhin gibt es einen bei Aldus erschienenen griechischen Psalter (um 1500) und 60 venezianische Drucke.

2.5 Zur Exegetik (mit fließenden Grenzen zur letzten Gruppe) wurden Bibelausgaben mit laut Titel überwiegendem Kommentarteil gerechnet, insgesamt 233 Titel. 128 lateinischen Titeln (u. a. 8 Inkunabeln und 114 Titel aus dem 16. Jh) stehen 99 deutsche Titel (30 aus dem 16. Jh, 17 aus dem 17. Jh, 41 aus dem 18. Jh und 11 aus dem 19. Jh) gegenüber. Bei der Exegetik überwiegt die protestantische Literatur des 16. Jhs eindeutig. Hier spiegelt sich die Kontroverse der Konfessionen wider. Außer Calvin, Bullinger, Luther, Melanchthon, Johannes Oecolampadius und Erasmus sind hier auch Johannes Brenz, Wolfgang Musculus Dusanus, Tileman Heshusius, David Chytraeus, Georg Maior, Philipp Jacob Spener und viele andere vertreten. Zu fast allen Büchern der Bibel gibt es Kommentare. Thematisch überwiegen beim Alten Testament der Psalter und die Propheten, beim Neuen Testament die Kommentare zu Paulus (besonders zu dessen Briefen an die Römer), zur Apostelgeschichte und zu Matthäus. Als Beispiele aus dem 15. Jh seien die Psalterkommentare des Johannes de Turre Cremata genannt.

2.6 Die Systematische und Kontroverstheologie ist mit 669 Titeln die größte Gruppe. Die beiden Gebiete wurden zusammengezogen. Neben 27 lateinischen Inkunabeln gibt es 213 lateinische Werke des 16. Jhs und 231 deutsche, im 17. Jh 12 lateinische und 60 deutsche, im 18. Jh 11 lateinische und 90 deutsche, 12 deutsche aus dem 19. Jh, wenige französische aus dem 18. Jh. Das Übergewicht des 16. Jhs wird am hervorragenden Schwerpunkt der Bibliothek deutlich: den theologischen Auseinandersetzungen der Reformationszeit. Besonders der Abendmahlstreit ist zu erwähnen.

2.7 Einen Hinweis auf die konfessionelle Gewichtung ergibt ein Vergleich der Druckorte: Aus Wittenberg kommen 180 Drucke, aus Magdeburg 78, aus Zürich 78, aus Köln 114, aus Genf 23; demgegenüber stammen 328 aus Basel und 231 aus Straßburg (alle nach 1500). Die meisten Drucke entstanden in Frankfurt (448) und Leipzig (340). Aus Paris sind 72 Bücher, aus Halle 125. Aus dem 15. Jh finden sich 6 Titel von Thomas von Aquin und dessen Schrift über die Logik von 1494, wie auch die Summa theologica, Teile 1 und 2,2 (Köln: Zell, um 1473 und Mainz: Schöffer, 1467). Als Beispiel der Gegenreformation sei Henricus Henriquez S.J. genannt: Summae Theologiae Moralis Libri 15 (Mainz 1613). Die Lutheraner sind in Michelstadt natürlich am stärksten vertreten; hier seien z. B. die Sämmtlichen Schriften Luthers (Halle 1739-1751) genannt.

2.8 Die Historische Theologie (240 Titel) vereinigt Allgemeine Religionsgeschichte, Kirchengeschichte, Kirchenrecht und die Patristik in Quellen und Kommentaren. Unter den 10 lateinischen Inkunabeln befinden sich Petrus Comestors Historia scholastica (Straßburg, 1473), Briefe von Hieronymus und das Opus quaestionum von Augustinus. Aus dem 16. Jh (mit 102 lateinischen und 39 deutschen Drucken) stammen die gesammelten Werke des Johannes Chrysostomus (1525), Ambrosius (1527), Athanasius (1532), Augustinus (1543) u. a. Vor allem Augustinus liegt auch in späteren deutschen und französischen Ausgaben vor. Die allgemeinen und politischen Werke der Reformatoren sind hier ebenfalls mitgezählt. Außerdem gibt es zahlreiche Kirchenordnungen und Darstellungen des Glaubensstreits in einzelnen Städten und Ländern Westeuropas, Darstellungen von und zu verschiedenen Sekten (vor allem des 18. Jhs) sowie Missionsgeschichten, z. B. Der königl.-dänischen Missionarien aus Ost-Indien eingesandte ausführliche Berichte von Gotthilf A. Francken (1715-1735) und Johann L. Niekamp (1740). Zu den Heiligenviten gehört u. a. die Postinkunabel Historie van Sent Ursulen und den eelff dusent Junfferen (Köln, um 1510).

2.9 Zur Katechetik und Erbauung finden sich außer Katechismen und christlicher Pädagogik erbauliche Literatur und Sprüchesammlungen sowie einige moraltheologische Abhandlungen, auch asketische und mystische Schriften. Die 236 Drucke verteilen sich auf 191 deutsche (18 des 16. Jhs, 28 des 17. Jhs und 131 des 18. Jhs) und 38 lateinische, davon 33 aus dem 16. Jh. Imitatio-Christi-Ausgaben gibt es u. a. in Französisch und Niederländisch. Sterbe-Klugheiten und deutsche Trost- und Krankenbücher liegen vor allem aus dem 18. Jh vor, außerdem christliche Ermahnungen und aus dem 16. Jh viele lateinische Sprüchesammlungen. Der Pietismus ist wie auch in den anderen theologischen Sachgruppen mit zahlreichen Werken von Philipp Jacob Spener, August Hermann Francke u. a. stark vertreten, die Herrnhuter Brüdergemeine mit Nikolaus Ludwig von Zinzendorf und Johann Ph. Fresenius. Als ein Beispiel mit Regionalbezug sei genannt: Catechismus oder christlicher Underricht wie der in Kirchen und Schulen der Churfürstlichen Pfaltz getrieben wirdt (Heidelberg 1563).

2.10 Liturgik und Musik ist mit 90 Titeln die kleinste Gruppe. Vorhanden sind 40 deutsche Titel des 18. Jhs, 8 deutsche des 17. Jhs, 15 lateinische des 16. Jhs und 16 lateinische Inkunabeln, darunter 2 Missalia Moguntina von 1482 und 1486. Die größte Untergruppe bilden deutsche Gesangbücher des 18. Jhs. Daneben gibt es wenige Titel weltlicher Musik. Musikalien sind z. B. Johann H. Rolle, Lazarus oder die Feyer der Auferstehung (1779), mehrere " Stimmbücher", Freud- und Trauerlieder (1717) und Wolfgang Ch. Dessler, Seel-erfrischende und von den Dornen des schmertzhafften Leidens Jesu eingesammelte Blut- und Liebes-Rosen (1695).

2.11 Die Predigtlehre und Predigtsammlungen (Homiletik) bildeten gemäß dem Stiftungszweck der Bibliothek von Anfang an einen Schwerpunkt, der aber später etwas vernachlässigt wurde; allerdings ist die Abgrenzung zu den anderen theologischen Gruppen und zur verwandten Rhetorik (s. u. 2.13) nicht immer eindeutig. Von den 143 homiletischen Schriften stammen 39 lateinische aus dem 16. Jh, z. B. Thomas Linacrus Britannus, De emendata structura Latini sermonis Libri VI in den Ausgaben Magdeburg 1543, Basel 1543, Leipzig 1573 sowie 1577 und 1580. Ansonsten handelt es sich meist um Predigten und Predigtsammlungen der Reformatoren, z. B. über das Neue Testament. Von den 23 homiletischen Inkunabeln sind besonders wichtig die dominikanischen Prediger Jacobus de Voragine († 1298), Martin von Troppau († 1278), Peregrinus von Oppeln († 1335) und Petrus de Palude († 1344). Deutsche Titel gibt es hier aus allen Jahrhunderten, darunter viele Leichenpredigten.

2.12 Von den 168 philosophischen Titeln sind 120 lateinisch, davon 94 aus dem 16. Jh und 14 Inkunabeln. Während die schon erwähnten scholastischen Werke z. B. des Thomas von Aquin - der Systematischen Theologie zugerechnet wurden, finden sich bei der Philosophie Boethius' De consolatione philosophiae von 1473 (Koberger), Aristoteles-Kommentare und logische Abhandlungen, dabei auch Werke von Albertus Magnus und Marsilio Ficino. Von diesen und anderen Renaissance-Philosophen (z. B. Pico della Mirandola) gibt es außerdem Schriften des 16. Jhs; des weiteren sind Tugendlehren, Logica (Dialektik) und Schriften zur aristotelischen Philosophie vorhanden, u. a. die Nikomachische Ethik. Ethikbücher sind von der antiken Philosophie (Seneca und vor allem Cicero) über Patristik und Scholastik (s. o. 2.7-2.8) bis zu zeitgenössischen Werken mit mehreren Dutzend Titeln vertreten. Einige der am häufigsten vertretenen Autoren der Bibliothek sind Erasmus und Melanchthon. Die 36 deutschsprachigen Philosophica des 18. Jhs sind, abgesehen von Werken Christian Wolffs, meist Schriften weniger bedeutender Autoren, sehr oft Übersetzungen lateinischer Klassiker; es finden sich aber auch Schriften von Descartes (Traktat von den Leidenschaften der Seele, 1723) u. a. Von Pascal gibt es Sämmtliche Schriften über Philosophie und Christentum (1841). Erwähnt seien noch zwei weitere französische Philosophen: Jean Pierre de Crousaz, La Logique ou Système de réflexions (Amsterdam 1720) und - gegen Aristoteles gerichtet Petrus Ramus' Dialecticae institutiones (1575).

2.13 Zur Rhetorik zählt ein Teil der Dialektik, soweit diese nicht als Logik unter die Philosophie subsumiert ist. Die Rhetorik ist als weltliche Ergänzung der Homiletik stark gesammelt worden und ist mit den benachbarten Sachgruppen Philosophie und Philologie ein zweiter Schwerpunkt neben der Theologie. Von den 119 Drucken zur Rhetorik sind nur 5 deutsch, 114 sind lateinisch, davon 111 aus dem 16. Jh. Dabei handelt es sich zum großen Teil um humanistische Ausgaben klassischer Rhetorik. Am besten vertreten ist Cicero, oft mit mehreren Ausgaben desselben Werkes, dazu Kommentare. Aber auch Demosthenes, Isokrates, Quintilian und viele andere liegen vor (die Grammatiker s. u. 2.14), Isocrates in 2 griechisch-lateinischen Ausgaben von 1567 und 1571. Melanchthon, Erasmus und Johannes Sturm sind nach Cicero (35 Titel mit Kommentaren) die häufigsten Namen. Eine weitere Inkunabel ist die Declamatio Philippi Beroaldi an orator sit philosopho et medico anteponendus (H 2961).

2.14 Zur Philologie finden sich Werke zur Literatur und Sprache sowie Wörterbücher. Auch hier machen die lateinischen Drucke des 16. Jhs den größten Teil der 231 Schriften aus (179). Dazu kommen 11 lateinische Inkunabeln sowie 7 deutsche und 15 anderssprachige Bücher des 16. Jhs, meist griechisch oder mehrsprachig, einige hebräisch. Es handelt sich meist um sprachbezogene Werke wie Grammatiken, ein- und mehrsprachige Wörterbücher, Handbücher und Lehrbücher. Neben zahlreichen Einzelwerken stehen Gesamtausgaben, u. a. von Horaz, Priscian, Terenz und Vergil (z. T. mehrfach). Komödien- und Tragödiensammlungen gibt es sowohl von den klassischen Autoren (Sophokles, Plautus, Terenz) als auch z. B. von Hans Sachs in einer dreibändigen Ausgabe von 1577. Auch die Poesie ist in einem breiten Zeitspektrum vertreten: von Pindar und Ovid bis zu Zinzendorfs Gedichten von 1735 und Miltons Verlorenem Paradies in der Bodmerschen Übersetzung (1742). Darüber hinaus gibt es einige Metriken, z. B. Jacob Micyll, De re metrio. Auch Johann Reuchlin ist vorhanden, z. B. mit den Briefen erleuchteter Männer (1519), aber auch Werke über die Auseinandersetzung mit ihm, wie etwa der libellus accusatorius des Jakob von Hochstraten (1520). Die philologische Arbeit Melanchthons ist ebenso dokumentiert wie das Werk Erasmus' und der italienische Humanismus, z. B. mit Laurentius Valla. Mehrere Bücher behandeln die hebräische Sprache.

2.15 Bei Geschichte und Länderkunde findet sich die Mehrzahl der ortsbezogenen Literatur. Es finden sich Werke über Skandinavien, Dänemark, Ungarn, England, die Franche-Comté, das Wallis, China usw., den Streit der Stadt Emden gegen Landsherr Enno von 1602 und einiges über Hessen. Von 272 historischen Titeln sind 140 lateinisch und 102 deutsch, 14 französisch und 16 in anderen Sprachen (die Hälfte italienisch), vorzugsweise aus dem 16. Jh. Es liegen die humanistischen Ausgaben klassischer Überlieferung vor (ca. 45 Titel griechischer und römischer Historiker, z. T. in Übersetzungen). Eine weitere große Gruppe bilden die Länderkunden des Zeitalters der " Entdeckungen, die von Moscovitern und Orientalen handeln, von Preußen und Tartaren" (sic) sowie von Columbus und seinen Entdeckungen. Sowohl das Römische Reich als auch der Orient spielen in der vorhandenen Literatur eine große Rolle. Außer Ägypten, Arabien usw. wird vor allem die Türkei in bezug auf Religion und Geschichte oft beschrieben, z. B. in Melanchthons Historia Saracenorum sive Turcarum origine, moribus ... (1537). So spiegelt sich die Bedrohung durch das Osmanische Reich deutlich im Literaturaufkommen der Bibliothek wider. Auch die deutschen Bücher behandeln diese Themen (18 aus dem 16. Jh, 24 aus dem 17. Jh, 37 aus dem 18. Jh und 17 aus dem 19. Jh). Es sind zahlreiche Weltchroniken vorhanden, u. a. die Hartmann Schedels, deutsch und lateinisch. Weiterhin gibt es die Regesten der Regenten und Zeitbezogenes, wie Reichstagsordnungen, Kriegs- und Belagerungsberichte sowie Friedensberichte. Konfessionelle Streitschriften wurden hier mitgezählt, wenn sie Regionalbezug aufweisen (die sonstige Kirchengeschichte steht bei der Historischen Theologie). Zu erwähnen seien noch die Leichenpredigten auf Fürsten sowie erdkundliche Beschreibungen wie Bellezze della Citta di Florenza (sic) von 1591, eine Art Reiseführer.

2.16 Die 129 Titel zum Recht verteilen sich auf 94 lateinische und 35 deutsche (68 bzw. 25 aus dem 16. Jh), dazu 17 lateinische Inkunabeln und 5 Titel aus dem 17. Jh. Eine Untergruppe stellen die Gesetzbücher dar. Der Codex Justinianus ist in mehreren Ausgaben vorhanden (die Pandekten in einer Ausgabe von 1567). Eine Ausgabe des Sachsenspiegel stammt von 1517. Es liegen nur wenige Entscheidungssammlungen vor, z. B. Matthäus Wesenbecke, Exempla iurisprudentiae (1585). Außerdem gibt es ca. 20 verschiedene Gerichts-, Prozeß- und Polizeiordnungen, z. B. eine Gerichtsordnung der Grafschaft Nassau von 1535 oder die Carolina Karls V. Sebastian Brant ist u. a. mit den Layenspiegel- Vorreden vertreten. Loci communes Sammlungen gibt es auch zum Recht, außerdem Loci communes sacri et profani sententiarum ex authoribus Graecis von Johannes Stobaeus (hrsg. von Conrad Gesner). Das Kirchenrecht ist ansonsten bei der historischen Theologie mitgezählt, außer wenn es sich auf Ortsgeschichte bezieht, wie z. B. die nach der Reformation üblichen lokalen konfessionellen Streitigkeiten. Ein weiteres Gebiet ist die Rechtsrhetorik. Darunter findet sich z. B. die Dialectica legalis von Christoph Hegendorph (1545).

2.17 Bei der Gruppe Allgemeines und Sonstiges handelt es sich um eine Mischung aus allgemeinen Werken, wie Bibliothekskataloge oder Lexika und Literatur aus zahlenmäßig gering vertretenen Gebieten wie den Naturwissenschaften. Von 143 sind 129 lateinische Drucke aus dem 16. Jh. Von den 200 Titeln der ganzen Gruppe sind ein Viertel deutsch, davon 21 aus dem 16. Jh und 20 aus dem 18. Jh. Neben ca. 20 medizinischen Werken, z. B. der Disputatio de medendi ... indicationibus des Sebastian Blossius (1583), gibt es auch einige Titel zur Jagd, u. a.: Wie und wo ein Gestüt aus edlen Kriegsrossen ... (1578), sowie Titel zum Gartenbau. Auch der Bergbau wird behandelt, z. B. in Agricolas De re metallica (Basel 1556), ebenso andere Handwerke, wie die Architektur und Kunst. Es finden sich vereinzelt Werke zu Astronomie, Astrologie, ein Dutzend spezifisch pädagogische Titel, Bibliothekskataloge, diverse Ephemera und Curiosa, z. B. eine Schrift über Vampire von 1733. Hervorzuheben sind die Opera Alberti Dureri (deutsch, 1604).

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Katalog

Sachkatalog

Standortkatalog

Inkunabelkatalog [erstellt von Kurt H. Staub 1984]

Die Bestände sind nicht im Hessischen Zentralkatalog nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Historischer Katalog von 1622/24

[nach Sachgebieten; Bandkatalog]

Katalog von 1893

[hschr., erstellt von Oberpfarrer Wagner (s. o. 1.3)]

Autorenkatalog von 1947

[hschr., erstellt von Alexander Röder; Zettelkatalog]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Klassert, Adam: Mitteilungen über die Michelstädter Kirchenbibliothek. Beerfelden 1905; Michelstadt 1984

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Staub, Kurt H.; Staub, Christa: Die Inkunabeln der Nicolaus-Matz-Bibliothek (Kirchenbibliothek) in Michelstadt. Michelstadt 1984

Stand: Juni 1991

Uwe Quell


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.