FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Latvijas Akademiska biblioteka

Akademische Bibliothek Lettlands


Adresse. Rupniecibas iela 10, 1235 Riga
Telefon. 7 10 62 25
Telefax. 7 10 62 02
e-mail. [acadlib@mii.lu.lv]
Bibliothekssigel. <2>

Unterhaltsträger. Latvijas Republikas Izglitibas un zinatnes ministrija [Bildungs- und Wissenschaftsministerium der Republik Lettland]
Funktionen. Wissenschaftliche Universalbibliothek, Informationszentrum für die gesamte Republik, Förderung von Forschungen auf dem Gebiet der Bibliographie und Buchkunde sowie zur Informationstechnologie.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: Sämtliche Wissenschaftsgebiete. - 2. Besondere Sammelgebiete: Lettica, Baltica (Literatur zu den ehemaligen baltischen Provinzen Livland, Kurland, Estland).

Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek mit Präsenzbestand. Die Bestände der Bibliothek sind in zwei Gebäuden untergebracht (Lielvardes iela 24 und Rupniecibas iela 10), wo Lesesäle mit entsprechendem bibliographischem Apparat eingerichtet sind. Kataloge und Karteien stehen zur Verfügung. Freihandaufstellung von Zeitschriften und Nachschlagewerken. - Öffnungszeiten: Lesesäle, Kataloge und Auskunft: Montag und Donnerstag 12-20 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Freitag 9-18 Uhr, Samstag 10-17 Uhr. - Leihverkehr: nationaler und internat. Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Fotokopien und Mikrofilme von Büchern oder einzelnen Schriften auf Bestellung, Datenbankrecherche.
Gedruckte Informationen. Akademische Bibliothek Lettlands: Anno 1524. Riga 1994.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche Anmeldung empfehlenswert. - Vom Flughafen Busverbindung (Linie 22) bis Stadtzentrum; Straßenbahnverbindung vom Stadtzentrum (Linien 5, 7, 9) bis Haltestelle Ausekla iela, von dort Fußwegnähe (ca. 3 Minuten).

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Bibliotheca Rigensis, heute Akademische Bibliothek Lettlands, ist eine der ältesten Öffentlichen Bibliotheken in Nordosteuropa. Sie ist Anfang des 16. Jhs im Zuge der Reformation als Stadtbibliothek entstanden. Im März 1524 übernahm der Rigaer Stadtrat fünf Bücher eines aufgelösten Franziskanerklosters, die die Grundlage der Bibliothek bildeten. Diese Bücher (vier von ihnen sind noch erhalten) wurden dem ersten Verwalter der Bibliothek zur Aufbewahrung übergeben. Dies war Nicolaus Ramm (

†1532), Literat und Pastor der ersten evangelischen lettischen Gemeinde in Riga. Der von ihm ausgestellte Empfangsschein ist die älteste noch vorhandene Urkunde aus der Entstehungszeit der Bibliothek.

1.2 Zu den ersten fünf Büchern kamen bald andere aus aufgelösten Klöstern und Kirchen hinzu. Ihre weitere Entwicklung verdankt die Bibliothek den damals üblichen Bücherspenden, die im 16. Jh fast die einzige Quelle für das Wachstum des Buchbestandes waren. Die erste bekannte Schenkung aus dem Jahre 1545 stammte von dem Literaten Hinrick Stulbers (†1545). Im 16. Jh war die Bibliothek noch klein. Erst gegen Ende des Jahrhunderts stellte man die ersten Bücherverzeichnisse zusammen. Vom 17. Jh an wurden Zeit und Ordnung der Bücherausgabe in der Bibliothek durch eine Benutzungsordnung geregelt.

1.3 Mehr als 300 Jahre lang (von 1553 bis 1891) war die Rigaer Stadtbibliothek [Rigas pilsetas biblioteka] im Kreuzgang der Domkirche in den Räumen des gegenwärtigen Dommuseums untergebracht. Nicht weit von der Bibliothek befand sich auch die erste, im Jahre 1588 gegründete Druckerei der Stadt Riga (s. u. 2.8). So bildete die Rigaer Altstadt in der frühen Neuzeit ein reges Zentrum des Buchwesens.

1.4 Nach den Eintragungen in den Büchern, die auch deren Provenienz belegen, hat der Umfang des Bibliotheksbestandes in der ersten Phase seines Bestehens nur einige hundert Bände betragen. Anfänglich waren in der Bibliothek hauptsächlich Bücher geistlichen Inhalts vorhanden. Im 17. Jh wurde die Sammlung auch durch weltliche und antike Literatur ergänzt. Vom 17. Jh an erhielt die Bibliothek regelmäßig von Lehrern der Rigaer Domschule [Rigas Domskola] und des Akademischen Gymnasiums [Akademiska gimnazija; gegr. 1631] Dissertationen sowie die von den Rigaer Buchdruckern herausgebrachten Schriften. Sie erhielt auch Bücher von ausländischen Kaufleuten, die nach Riga kamen.

1.5 Der älteste Vermerk über die Zugehörigkeit zur Stadtbibliothek lautet: Liber Bibliothecae Ecclesiae Rigensis 1551. In der zweiten Hälfte des 16. Jhs und in der ersten Hälfte des 17. Jhs kamen in den Besitz der Bibliothek u. a. Bücher aus den ehemaligen persönlichen Bibliotheken der evangelischen Prediger Wenzeslaus Lemchen (†1571) und Laurentius Lemchen (1552-1611), Georg Neuner (†1587), Gregorius Plinius († 1596) und Johann von Dahlen (†1611), ferner die Bücher des humanistischen Dichters Daniel Hermann (1543-1601) und des polnischen Landsknechtsführers Georg Farensbach sowie des Stadtphysicus Johannes Bavarus (1575-1636). Aus den Sammlungen von Hermann und Bavarus stammten Drucke von Manutius in Venedig, Froben und Oporinus in Basel, Plantin in Antwerpen, Etienne in Paris und eine Reihe anderer.

1.6 Die alten Kataloge und ein großer Teil des historischen Buchbestandes sind während des Zweiten Weltkriegs verlorengegangen. Über die ältere Geschichte der Rigaer Stadtbibliothek berichten die noch erhaltene Chronik der Bibliothek (1659-1849) und das Handbuch der Bibliothek (1702-1842). In beiden Werken werden verschiedene zeitgenössische Ereignisse erwähnt. Auch Schenkungen und für den Ankauf von Büchern gestiftete Geldbeträge sind verzeichnet. So schenkte im Jahre 1664 der Bürgermeister Hermann Samson d. J. der Bibliothek die Büchersammlung seines Vaters, des Oberpastors und Superintendenten Hermann Samson d. Ä. (1579-1643).

1.7 In der ersten Hälfte des 18. Jhs nahm die Bibliothek Verbindungen zu Rußlands Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg auf. Die Büchersendungen aus St. Petersburg, die bis zum Ersten Weltkrieg eintrafen, brachten der Bibliothek die neueste wissenschaftliche Literatur. Nach wie vor erhielt die Bibliothek wertvolle Spenden, z. B. 1787 die Sammlung des Arztes Nicolaus Himsel (1729-1764), die ungefähr 3400 Bücher umfaßte, insbesondere medizinischen, mathematischen und historischen Inhalts. Auch der größte Verlag des Baltikums im 18. Jh, Johann Friedrich Hartknoch, Vater und Sohn (1762-1799), förderte den Zuwachs der Rigaer Stadtbibliothek. Im Jahre 1732 besaß die Bibliothek 5000, am Ende des Jahrhunderts etwa 12.000 Bde.

1.8 Im 18. Jh wurde allmählich der Systematische Katalog erarbeitet. Der von 1762 bis 1796 als Bibliothekar tätige Johann Gottfried Ageluth (1734-1805) ordnete die landeskundliche Literatur über Lettland und Estland in einen Sonderfonds Livonica ein und die Literatur über Rußland in einen Rossica-Fonds. Sein Gehilfe in der Bibliothek war von 1765 bis 1769 Johann Gottfried Herder, der auch Prediger in Riga und Lehrer an der Rigaer Domschule war. Herder war für die philosophischen, philologischen und juristischen Bücher verantwortlich. In Riga erschienen bei J. F. Hartknoch Herders erste bedeutende Werke, wie Fragmente über die neuere deutsche Literatur (1767) und Kritische Wälder (1769).

1.9 Um die Mitte des 19. Jhs betrug der Buchbestand der Bibliothek ungefähr 30.000 Bde, im Jahre 1900 mehr als 100.000. Seit dem Jahre 1802 erhielt die Bibliothek die Dissertationen der Universität Tartu [Dorpat]. Auch Buchdrucker in Riga und Jelgava [Mitau] schenkten der Bibliothek Exemplare aus ihrer Produktion. Wertvolle Livonica waren unter den 500 Büchern, die als Geschenk aus der Hausbibliothek des Rechtsgelehrten Johann Christoph Schwarz (1722-1804) kamen. Gekauft wurden im Jahre 1823 die persönliche Bibliothek und die wertvolle Manuskriptsammlung des Rigaer Pädagogen und Historikers Johann Christoph Brotze (1742-1823). Ferner wurden im 19. Jh die ehemaligen Bibliotheken des Historikers Carl Eduard Napiersky (1793-1864, 5000 Bde) und des Arztes Karl Wilpert (1778-1839, 6000 Bde) erworben.

1.10 Im Jahre 1879 wurde die Bibliotheksordnung für die Stadtbibliothek zu Riga publiziert. Der langjährige Bibliothekar Georg Bergholz (Amtszeit 1861-1886) reorganisierte das Katalogsystem und gründete eine Lettica-Abteilung. Nachdem die Rigaer Stadtverwaltung in russische Hände übergegangen war, wurde der Stadtbibliothek das alte Rathaus zugewiesen, und die Arbeit in den neuen Räumen begann im Jahre 1891. Der Lesesaal im Rokokostil war der ehemalige Sitzungssaal des Magistrats.

1.11 In den Jahren 1920 bis 1940, zur Zeit der unabhängigen Republik Lettland, wurde bei der Bestandsergänzung das humanistische Profil der Bibliothek beibehalten. Seit dem Jahre 1920 erhielt die Bibliothek ein Pflichtexemplar aller in Lettland gedruckten Werke. Als Stellvertreter des Direktors Nikolai Busch und Leiter der Lettica-Abteilung arbeitete von 1920 bis 1938 Janis Misinš (1862-1945), Gründer der ersten lettischen wissenschaftlichen Bibliothek (s. u. 1.12). Am 1. Januar 1932 umfaßte die Stadtbibliothek 136.022 Bde, von denen 19.863 auf die Abteilung Lettische Sprache entfielen. Im Jahre 1940 besaß die Bibliothek 203.934 Bde, darunter 31.064 Lettica, 19.478 Bde Baltica und 14.731 Bde Rossica. Umfangreich waren die Abteilungen Historie (16.967 Bde), Theologie (15.046), Jurisprudenz (12.350) sowie Medizin und Naturwissenschaften (25.996).

1.12 Während des Zweiten Weltkriegs, im Sommer 1941, brannte die Rigaer Stadtbibliothek ab. Von den mehr als 400.000 Einheiten (einschließlich Manuskripten, Periodika und Livonica minor) blieben nur 46.000, die in den Safes untergebracht waren, erhalten, hauptsächlich frühe Rara und Handschriften. Im Herbst 1944 wurden der Stadtbibliothek Räume in dem Gebäude des ehemaligen ersten Rigaer Theaters (erbaut 1782) zugewiesen. 1945 erfolgte ihre Umbenennung in Historische Stadtbibliothek. Im folgenden Jahr wurde sie der Akademie der Wissenschaften übergeben und seither als Fundamentalbibliothek der Akademie der Wissenschaften [Zinatnu akademijas fundamentala biblioteka] bezeichnet. Im Jahre 1954 wurde der Fundamentalbibliothek die Janis-Misinš-Bibliothek angeschlossen - eine der vollständigsten lettischen Sammlungen und das Lebenswerk des bedeutenden lettischen Bücherkenners und Bibliographen Janis Misinš. Diese Sammlung hatte Misinš bereits 1925 vertraglich der Stadt Riga übereignet (ca. 28.00 Inventareinheiten). Im Jahre 1992 wurde die Fundamentalbibliothek,

 den neuen Funktionen der Akademie
der Wissenschaften und der Hochschulbildung entsprechend, wieder umbenannt und heißt jetzt Akademische Bibliothek Lettlands (ABL).

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Bibliothek umfaßt mehr als 3 Millionen bibliographische Einheiten: Druckschriften und Handschriften, Mikrofilme, Mikrofiches und Compact Discs (CD-ROM). Die Bestände der Bibliothek werden jährlich um 90.000 bis 100.000 Einheiten auf allen Wissenschaftsgebieten ergänzt, in großem Umfang durch die mehr als 700 ausländischen Tauschpartner. Ca. 30 Prozent des Bestandes sind in lettischer Sprache, 70 Prozent in Fremdsprachen. Von den Rara (ca. 34.000 Bde) sind etwa 75 Prozent deutschsprachig.

2.2 Da der Buchbestand nicht nach Jahrhunderten ausgezählt ist, beruhen die Angaben auf Hochrechnungen der Rara-Abteilung. Unter ihren ca. 34.000 Bdn sind 210 Inkunabeln; ca. 800 Bde gehören dem 16. Jh an (meist lateinische und deutschsprachige Drucke). Auch unter den ca. 2000 Bdn des 17. Jhs überwiegen die lateinischen und deutschsprachigen Werke. Auf das 18. Jh entfallen ca. 3000 überwiegend in Deutschland und Riga publizierte Bände. Etwa 28.000 Bde stammen aus dem 19. und 20. Jh (überwiegend lettisch und deutsch).

Systematische Übersicht

2.3 Die Sammlung der Rara enthält 210 Inkunabeln. Das älteste, zugleich das früheste in Lettland erhaltene Inkunabelfragment ist ein Pergamentblatt aus dem Catholicon von Johannes Balbus (Mainz 1460). 133 Inkunabeln wurden in Deutschland publiziert, 31 in der Schweiz, 28 in Italien, 9 in Holland, 5 in Belgien und 4 in Frankreich. Druckorte sind Antwerpen, Augsburg, Basel, Brescia, Brüssel, Cremona, Deventer, Ferrara, Florenz, Hagenau, Hamburg, Köln, Leiden, Leipzig, Louvain, Lübeck, Lyon, Mailand, Mainz, Nürnberg, Rom, Rostock, Speyer, Straßburg, Stuttgart, Ulm, Utrecht und Venedig.

  Als Druckorte erscheinen am
häufigsten Straßburg (46 Titel) und Basel (27). Unter den Buchdruckern steht mit 20 Titeln Anton Koberger an erster Stelle. 204 Titel liegen in lateinischer, 5 in deutscher und einer in italienischer Sprache vor. Unikate sind das Missale Viburgense (Lübeck 1500) und das Plenarium (Venedig 1496).

2.4 Inhaltlich gliedern sich die Inkunabeln in 156 Titel theologischen oder theologisch-philosophischen Inhalts, 15 Titel mit Werken antiker Autoren, 10 Titel zu Geschichte und Geographie, 12 zur Jurisprudenz, 8 zur Philosophie, 4 zur Medizin und 3 zu Botanik und Zoologie. Es liegen auch ein Buch über das Schachspiel sowie ein Kalender vor.

2.5 Unter den Drucken aus der ersten Hälfte des 16. Jhs ist die Sammlung von Erstausgaben der Luther-Schriften aus Wittenberg besonders wertvoll. Einige sind direkt an die Anhänger der Reformation in Riga gerichtet, z. B. Der hundertundsiebenzwanzigste Psalm, außgelegt an die Christen zu Riga yn Liffland (Wittenberg 1524). Im Bestand sind auch Werke von Melanchthon und dem Rigaer Reformator Andreas Knopken sowie die in Livland verbreiteten Schriften von Ulrich von Hutten. Neben verschiedenen Bibelausgaben liegen einige liturgische Bücher vor (Breviarium Rigensis, Amsterdam 1513; Agenda, Krakau 1549). Werke der antiken Autoren, der europäischen Humanisten und der Künstler der Renaissance (z. B. Albrecht Dürer) kommen hinzu. Titel wie Galens Opera (Basel 1536), der Codex Justinianus (Lyon 1506) und Ptolemäus' Geographia universalis (Basel 1542) vervollständigen den Bestand.

2.6 Die zweite Hälfte des 16. Jhs repräsentieren umfangreiche theologische Werke wie Biblia vulgata (Antwerpen 1584), Corpus Doctrinae (Wolfenbüttel 1565) und Apostol [Apostel; Vilnius 1591-1595]. Die Produktion der Offizinen von Christopher Plantin (Antwerpen) und Aldus Manutius (Venedig) ist reichhaltig vertreten. Außerdem liegen zahlreiche historische Chroniken, kartographische Ausgaben und Reisebeschreibungen vor, so u. a. Balthasar Rüssow, Nye Lyfflendische Chronica (Rostock 1578), Abraham Ortelius, Theatrum oder Schauplatz des Erdbodens (Antwerpen 1573), Sebastian Münster, Cosmographey (Basel 1598), die Wahrhafte und Eigentliche Beschreibung des Königreichs Congo in Africa (Frankfurt a. M. 1597) und La Historia di Italia (Venedig 1592). Auch naturwissenschaftliche Arbeiten wie Hippokrates' Opera (Venedig 1588) sind vertreten.

2.7 Eine Besonderheit stellen die für Riga oder Lettland gedruckten Bücher aus Rostock, Lübeck und anderen deutschen Städten sowie aus Königsberg dar. In Königsberg gab z. B. der Rigaer Arzt Zacharias Stopius 1565 einen speziell für Riga zusammengestellten Kalender in Auftrag. Aus dieser Zeit finden sich auch die ersten evangelischen Kirchenordnungen und Gesangbücher für Riga. Georg Osterberger druckte in Königsberg das älteste bisher gefundene Handbuch für evangelische Gemeinden in lettischer Sprache (1586-1587). In Leipzig erschien 1595 das von dem Rigaer Humanisten Basilius Plinius verfaßte Loblied auf Riga, Encomium Rigae.

2.8 Die Bibliothek besitzt die reichste Sammlung (ca. 80 der insgesamt 180 Titel) des ersten Rigaer Buchdruckers und Buchverlegers Nicolaus Mollyn (1588-1625). Es handelt sich größtenteils um Bücher in lateinischer und deutscher Sprache, nur wenige sind in lettischer, schwedischer oder finnischer Sprache. Mollyn verlegte nicht nur geistliche Werke, sondern auch Schulbücher, Werke antiker Schriftsteller und Rigaer Humanisten, Ratsverordnungen, Bücher historischen und juristischen Inhalts, Städtepanoramen, Kalender und Gelegenheitsgedichte. Zu den ältesten in Riga gedruckten Büchern gehören Anselmus Botius' Carmen gratulatorium (1588), Libellus ethicus (1589), Vormünder Ordnung (1591), Orationes tres (1597), Hermann Samsons Cometen Predigt (1619) und Von Eroberung der Hauptstatt Riga in Lieffland (1622).

2.9 Die Grundlage des historischen Bestandes aus dem 17. Jh bildet die Produktion des Rigaer Buchdruckers Mollyn und seiner Nachfolger Gerhard Schröder, Heinrich Bessemesser, Johann Georg Wilcken und Georg Matthias Nöller, meist in deutscher, lateinischer und lettischer Sprache. Es handelt sich um Dissertationen verschiedenen Inhalts des 1631 gegründeten Akademischen Gymnasiums. Hinzu kommen Lehrbücher, wissenschaftliche Abhandlungen und Schriften zur Geschichte Rigas und des Baltikums, wie Johann Narsius, Riga devicta (Riga 1625), Leges Gymnasium Rigensis (Riga 1680), Placat wegen Reinigung der Gassen (Riga 1691), Friedrich Wedemeyer, Rigisches Rechenbuch (Riga 1671), Johann Amos Comenius, Orbis sensualium pictus (Riga 1682) und Salomo Gubertus, Stratagema oeconomicum oder Ackerstudent (Riga 1649). Die erste in Riga gedruckte Zeitung, Rigische Novellen (1686), ist ebenfalls vorhanden. Außerdem finden sich zahlreiche amtliche Erlasse des Königs von Schweden, Schriften zum schwedischen Land- und Stadtrecht, Gesang- und Gebetbücher, Evangelien und Episteln, Katechismen, Kirchengesetze, Predigten und theologische Gelegenheitsschriften.

2.10 Zu den lettischen Drucken des 17. Jhs - einer in ihrer Art einmaligen Sammlung - zählen das von Georg Manzel verfertigte Wörterbuch der lettischen Sprache, Lettus. Das ist Wortbuch (Riga 1638), sowie die zugehörige Beilage Phraseologia Lettica (1638), eine Sammlung lettischer Redensarten. Auch das von Manzel verfaßte Handbuch Lettisch Vademecum (Riga 1643) und sein umfangreiches Predigtbuch Lettische Postill (Riga 1654) sind im Bestand. Hinzu kommen die erste lettische Poetik von Johann Wischmann, Der undeutsche Opitz (Riga 1697), und die erste lettische Bibelausgabe (Riga 1689-1694). Aus dem 17. Jh stammen darüber hinaus zahlreiche außerhalb Rigas gedruckte Bücher, so z. B. die erste größere Grammatik der lettischen Sprache, Heinrich Adolphis Erster Versuch einer kurtzverfasseten Anleitung zur Lettischen Sprache (Mitau 1685), ferner Christian Kelch, Liefländische Historia (Reval 1695), Adam Olearius, Vermehrte moscowitische Reisebeschreibung (Schleswig 1663), Shakespeare, Comedies ...Histories (London 1632), Johann Remmelin, Kleiner Weltspiegel (Ulm 1661), der Titel Russia seu Moscovia (Leiden 1630) sowie verschiedene Elzevier-Ausgaben.

2.11 Das 18. Jh ist hauptsächlich mit deutschen und lettischen Büchern vertreten, die in Riga und Mitau gedruckt wurden. Die Buchproduktion der ersten Jahrhunderthälfte, der Zeit nach dem Nordischen Krieg, war gering. Es finden sich aus dieser Zeit jedoch einige interessante Titel, so u. a. ein Vocabularium (Riga 1704), ein Wörterbüchlein (Riga 1705), Liefländische Landesordnungen (Riga 1707), Caspar Elvers' Liber memorialis letticus (Riga 1748) und ein Rigasches Gesangbuch (Riga 1750).

2.12 Sehr produktiv war in der zweiten Hälfte des 18. Jhs der größte Verlag im Baltikum, Johann Friedrich Hartknoch, Vater und Sohn. Die Bibliothek besitzt den größten Teil der 580 Titel der Verlagsproduktion. Etwa 20 Prozent dieser Titel tfallen auf Geschichte, ca. 20 Prozent auf Belletristik und Literaturkritik und ca. 10 Prozent auf Philosophie. Vorhanden sind die Erstausgaben der Werke Kants, z. B. Critik der praktischen Vernunft (Riga 1788), sowie die Erstausgaben der Werke Herders. Ferner stammen aus der Hartknochschen Produktion August Wilhelm Hupel, Topographische Nachrichten von Lief- und Ehstland (Riga 1774-1782), Heinrich Johann von Jannau, Geschichte der Sklaverey in Lief- und Ehstland (Riga 1786) und Johann Bernhard Fischer, Livländisches Landwirtschaftsbuch (Riga 1782).

2.13 Von dem Mitauer Verleger Johann Friedrich Steffenhagen liegen zahlreiche, ab 1769 publizierte Schriften in lettischer und deutscher Sprache vor: Erzählungen, Märchen, Fibeln, Sinngedichte, Schulbücher und Nachschlagewerke (z. B. Lettisches Lexicon von Gotthard Friedrich Stender, Mitau 1789). Auch aus diesem Zeitraum sind Werke vorhanden, die für Riga, Livland und Kurland außerhalb Lettlands gedruckt wurden, so u. a. Lotavica Grammatica (Vilnius 1737), Gotthard Friedrich Stender, Lettische Grammatik (Braunschweig 1761), Garlieb Merkel, Die Letten (Leipzig 1796) und, ebenfalls von ihm, Die Vorzeit Livlands (Berlin 1798-1799). Hinzu kommen Bücher verschiedenen Inhalts mit unterschiedlichen Druckorten, wie Naujas Testamentas (Königsberg 1761), Biblia (Nürnberg 1708), Lettres Moscovites (Paris 1736), Carl von Linnés Hortus Upsaliensis (Stockholm 1748) und La constitution française (Paris 1791).

2.14 Das 18. Jh ist ebenfalls reich vertreten mit Kalendern und Periodika in verschiedenen Sprachen, z. B. Rigasche Anzeigen (ab 1761) und Der deutsche Merkur (ab 1773), sowie mit zahlreichen Nachschlagewerken (z. B. die Encyclopédie, Paris 1751-1780). Eine Besonderheit stellen bibliophile Privatdrucke dar, u. a. eine Sammlung des Vaterunsers in 152 Sprachen, von Gustav Bergmann 1789 in Rujiena [Rujen (Livland)] gedruckt.

2.15 Wertvolle und seltene Bücher sind auch unter den Drucken des 19. Jhs zu finden. Die ersten lettischen Volksliedersammlungen (1807, 1808), die ersten lettischen Zeitungen (1822) und die Erstausgaben der Werke der Jungletten, der Begründer der lettischen Nationalliteratur, sind hier zu nennen. Werkausgaben der ersten Klassiker der lettischen Literatur - Rudolfs Blaumanis, Aspazija, Rainis (i. e. Janis Pliekšans), Janis Poruks u. a. - vervollständigen die Sammlung.

2.16 Die Bestände sind reich an Baltica, d. h. Literatur über Lettland, Estland und Litauen. Vorhanden sind Werke in verschiedenen Sprachen aus allen Wissensgebieten: Theologie, Philosophie und Ethik, Pädagogik und Didaktik, Rechtswissenschaft, Geschichte mit ihren Hilfswissenschaften, Geographie, Medizin und Naturwissenschaften sowie Philologie. Hinzu kommen die Schöne Literatur, Zeitungen, Zeitschriften, Kalender, Werke zu Politik, Statistik und Verwaltung, Nachschlagewerke und Gelegenheitsschriften verschiedenen Inhalts. Es finden sich auch die gängigen Erstausgaben der Klassiker der europäischen Literatur und Philosophie (Goethe, Schiller, Fichte, Hegel u. a.).

Sondersammlungen

2.17 Die Rara-Abteilung umfaßt neben den 34.000 Drucken (s. o. 2.3 ff.) ca. 14.000 Hss., die nicht nur für die Geschichte der lettischen nationalen Kultur, sondern auch für die europäische Kultur von Bedeutung sind. Die Handschriftensammlung erstreckt sich über einen Zeitraum von 700 Jahren. Die ältesten Titel datieren vom Ende des 13. und dem Anfang des 14. Jhs: Gleichnisse von Salomo (Parabolae Salomonis) und ein großer Psalmenband (Psalterium Davidis). Aus dem 14. Jh stammt das illuminierte Missale Rigense, früher Eigentum der Rigaer Domkirche. Ein schönes Gebetbuch (Stundenbuch) in lateinischer und französischer Sprache stammt aus dem 15. Jh. Viele der alten Handschriften und Chroniken berichten von der Geschichte des Baltikums, besonders Rigas. Hierzu zählen die Sammlungen von Johann Christoph Brotze, Garlieb Merkel, Jacob Michael Reinhold Lenz, Arend Buchholtz u. a. Sie werden ergänzt durch einzelne Manuskripte und Autographe bedeutender Staatsmänner, Schriftsteller, Wissenschaftler und Kulturschaffender, so u. a. von Napoleon, Peter dem Großen, Luther, Goethe, Schiller, Herder, Hans Christian Andersen, Franz Liszt und Louis Pasteur. Umfangreich ist außerdem die Handschriften- und Briefsammlung lettischer Schriftsteller.

2.18 An weiteren Sonderbeständen sind zu nennen die Bibliothek Janis Misinš (s. o. 1.12) mit einem auf ca. 900.000 Bücher und andere Drucksachen in lettischer Sprache angewachsenen Bestand; die ehemalige persönliche Bibliothek des Bibliographen und Literaten Karlis Egle (2000 Bde) sowie ca. 1000 Bde aus der ehemaligen Bibliothek der Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde der Ostseeprovinzen Rußlands (1834-1939), deren Bestände allerdings nur teilweise erhalten sind.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Die alten Kataloge sind beim Brand 1941 verlorengegangen. Der Buchbestand wurde nach dem Kriege neu geordnet und katalogisiert.

Moderne allgemeine Kataloge:

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform; Ordnung nach Sprachen]

Systematischer Katalog [in Zettelform]

Seit August 1993 EDV-Katalogisierung mit LIBER.

Kataloge der Rara-Abteilung:

(1) Fremdsprachige Literatur

(2) Lateinische Bücher

(3) Lettische Bücher

(4) Systematischer Katalog

(5) Inkunabeln

(6) Illustrierte Paläotype

(7) Dissertationes

(8) Disputationes

(9) Ältere in Riga gedruckte Bücher (1588-1657)

(10) Vermischte Schriften der Sammlung J. Chr. Brotze

(11) Curlandica

(12) Kalender

(13) Periodika

(14) Bücher mit Exlibris

(15) Bücher mit Marginalien

(16) Bücher mit besonderen Einbänden

(17) Bücher aus Privatsammlungen

[alle Kataloge in Zettelform; wenn nicht anders vermerkt in alphabetischer Ordnung]

3.2 Gedruckte Kataloge

Katalog der juristischen Abteilung der Rigaschen Stadtbibliothek. Riga 1874-1882

Bibliotheca Rigensis: Sectio medica. Riga 1891 [Vorwort von E. von Bochmann und F. Voss].

Jekabsone, Ruta Astra: Incunabula Bibliothecae Rigensis. Katalogs. Riga 1993

Das personale Gelegenheitsschrifttum im Bestand der Bibliothek wird im Rahmen eines von der Volkswagen-Stiftung geförderten Projekts verzeichnet und in Kürze auf Mikrofiche zugänglich gemacht.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Johann Christoph Brotze. Proben von Schriftzügen livländischer Urkunden und Handschriften [ABL, Sammlung J. Chr. Brotze]

Album - Chronik der Bibliothek (1659-1849) [ABL, Ms. 961]

Handbuch der Stadt Bibliotheque (1702-1842) [ABL, Ms. 376]

Schiefelbein, Peter: Kurtze historische Nachricht von der Stadt Riga Bibliotheque Ursprung Verfolg und Anwachs, auch in welchem Stande dieselbe sich Anno 1735 den 18. Februarii befunden [ABL, Ms. 559]

4.2 Darstellungen

Willisch, Johann Friedrich: Die bisshero unbekannt und verborgen gewesene Bibliotheque der ...Stadt Riga. Riga 1743

Berens, Johann Christoph: Bonhomien, geschrieben bei der Eröffnung der neuerbauten Rigischen Stadtbibliothek. Mitau 1792

Sonntag, Carl Gottlob: Beiträge zur Geschichte und Kenntniss der Rigischen Stadtbibliothek. Riga 1792

Bergmann, Liborius: Kurze Nachrichten von Rigaschen Buchdruckern überhaupt und von den Stadtbuchdruckern insbesondere. Riga 1795

Bibliotheksverordnung für die Stadtbibliothek zu Riga. Riga 1879

Bericht über den Haushalt und die Verwaltung der Stadt Riga. Riga 1880-1888

Buchholtz, Arend: Geschichte der Buchdruckerkunst in Riga 1588-1888. Riga 1890 [behandelt Drucke, die den Kern der Rara-Abteilung der Bibliothek bilden]

Arbusow, Leonid: Die Einführung der Reformation in Liv-, Est- und Kurland. Leipzig 1921 [behandelt u. a. Bibliotheksgründungen der Reformationszeit, darunter auch Vorgängerinstitutionen der Akademischen Bibliothek]

Egle, Karlis: Rigas pilsetas Misinš biblioteka 1885-1935 [Rigas städtische Misinš-Bibliothek 1885-1935]. Riga 1935

Busch, Nicolaus: Die Geschichte der Rigaer Stadtbibliothek und deren Bücher. Riga 1937

Lacis, Marija: Atskats bibliotekas vesture (1524-1944) [Rückblick auf die Geschichte der Bibliothek 1524-1944]. In: Fundamentalas bibliotekas raksti [Schriften der Fundamentalbibliothek]. Riga 1960, S. 7-36

Rancans, Francis: Janis Misinš un vina biblioteka [Janis Misinš und seine Bibliothek]. Riga 1963

Gramatas un gramatnieki. Misina bibliotekas 100. gadadienai 1885-1985 [Bücher und Bücherfreunde. 100 Jahre Misinš-Bibliothek 1885-1985]. Riga 1985 [Sammelband mehrerer Autoren]

Sander, Ojar: Tur, kur sastopas gadsimti [Da, wo sich Jahrhunderte treffen]. In: Jauna Gaita [Der neue Weg] 192 (Toronto 1993) S. 43-45

Kocere, Venta: Latvijas akademiska biblioteka [Die Akademische Bibliothek Lettlands]. Riga 1994 [deutsche Fassung übersetzt von Meta Taube]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Biblioteke 450. K. jubileju Fundamental'noj biblioteki Akademii Nauk Latvijskoj SSR 1524-1974 [450 Jahre einer Bibliothek. Zum Jubiläum der Fundamentalen Bibliothek der Akademie der Wissenschaften der Lettischen SSR 1524-1974]. Riga 1974 [Sammelband mit Schriften zur Fundamentalbibliothek. Text russisch, mit lettischen, deutschen und englischen Zusammenfassungen]

Fundamentalas bibliotekas raksti. Sej. 1 [Schriften der Fundamentalbibliothek. Bd 1]. Riga 1960

Gramatas un to kratuves [Bücher und Büchereien]. Hrsg. von der Fundamentalbibliothek. Riga 1966 [Sammelband]

Labrence, Livija: Jelgavas gramata [Das Buch in Mitau]. Riga 1984

Labrence, Livija: Latviešu abece [Das lettische ABC-Buch]. Riga 1988

Latviešu periodika. Bibliografisk raditajs. Latvian periodicals. Bibliographic index. Sej. 1-4 (1768-1945). Hrsg. von der Fundamentalbibliothek. Riga 1977-1989

Sander, Ojar: Die alten Bücher in Riga (13.-18. Jh). Kleiner Führer durch die Jubiläumsausstellung. Riga 1988 [in lettischer, russischer und deutscher Sprache]

Sander, Ojar: Tipografs Mollins un vina laiks. Pirmas Riga iespiestas gramatas 1588-1625 [Der Typograph Mollyn und seine Zeit. Die ersten in Riga gedruckten Bücher 1588-1625]. Riga 1988 [mit deutscher Zusammenfassung]

Sander, Ojar: Die Kultur Altrigas in ihrer Wechselwirkung mit den deutschen Hansestädten, 15. Jh.-17. Jh. In: Hansestädte Lettlands und ihre Beziehungen zu Haltern und Westfalen. Haltern 1992, S. 64-66

Sander, Ojar: Bibliotheca Rigensis und ihre Bücher 15. bis 18. Jahrhundert. In: Nordost-Archiv N. F. 4 (1995) Heft 1, S. 203-211

Taimina, Aija: Hartknohi - lielakais Baltijas gramatu apgads 18. gs. [Hartknoch - der größte Verlag des Baltikums im 18. Jh]. Riga 1988 [Ausstellungsprospekt]

Stand: Dezember 1995

Ojar Sander


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.