FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Bibliothek des Bismarck-Gymnasiums

Adresse. Bismarckstr. 8, 76133 Karlsruhe [Karte]
Telefon. (0721) 133-3490

Unterhaltsträger. Stadt Karlsruhe
Funktion. Gymnasialbibliothek.
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Nach Vereinbarung.

Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erbeten. Straßenbahnverbindung (Linie 3 oder 6) ab Hauptbahnhof zum Europaplatz. Tiefgaragen in der Nähe.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die über vierhundertjährige Geschichte des Gymnasiums zerfällt in zwei große Abschnitte: die Durlacher Zeit von 1586 bis 1724 und die Karlsruher Zeit von 1724 bis heute. Als die Schule 1724 nach Karlsruhe verlegt wurde, waren bereits zwei Sammlungen von Buchbeständen in Durlach zugrunde gegangen die erste, die ursprünglich Kirche und Schule gemeinsam gehörte und lange Zeit in der Durlacher Stadtkirche über der Sakristei aufgestellt war, durch Plünderungen im Dreißigjährigen Krieg, die zweite, die durch markgräfliche Zuwendungen und das Eintrittsgeld der neuen Schüler finanziert wurde und durch Dubletten aus der Hofbibliothek und private Schenkungen anwuchs, im Orléansschen Krieg 1689, als Durlach von französischen Truppen zerstört wurde. Wie sich aus einem Schreiben von Direktor Johann Ludwig Boye (1685-1724) aus dem Jahr 1720 entnehmen läßt, mußte das Gymnasium danach lange ohne Bibliothek auskommen.

1.2 Dieser Zustand änderte sich erst 1754, als Markgraf Carl Friedrich der Bibliothek einen jährlichen Zuschuß von 30 Gulden für Neuanschaffungen zukommen ließ und sie auch durch Dubletten aus der Hofbibliothek vermehrte. Eine weitere Einnahmequelle bildeten die Aufnahmegebühren beim Eintritt ins Gymnasium und in die obersten Jahreskurse. Im Jahr 1765 betrug der Aufwand für Bücherkäufe 64 Gulden, seit 1839 300 Gulden, seit 1854 400 Gulden. Die Bibliothek zählte im Jahr 1815 ca. 1500 Bde, darunter unverhältnismäßig viele theologische Werke. In der Folgezeit wuchs sie durch wertvolle Vermächtnisse nicht unwesentlich an: Geheimrat Christoph Emanuel Hauber (1789-1827) hinterließ ihr mehr als 940 Titel, Direktor Dr. Ernst Kärcher († 1855) 593 Titel (1135 Bde oder Hefte). Um 1860 belief sich der Buchbestand auf über 4350 Titel, im Jahr 1871 auf ca. 5850. Eine lange Zeit ungelöste Frage war die Unterbringung der Bücher, über deren jahrzehntelanges " klägliches Umherirren" Vierordt (s. 4.2) Klage führt. Erst 1896 wurde die Raumnot durch einen Bibliotheksneubau behoben, der 1944 teilweise zerstört und im Jahr 1946 wiederaufgebaut wurde und noch heute benutzt wird.

1.3 Mit Recht wird die Zeit um die Jahrhundertwende sie gehört noch zur Ära des Direktors Gustav Wendt (1827-1913) - als " die aetas aurea unserer Bücherei" bezeichnet. Bei den Anschaffungen beschränkte man sich keineswegs nur auf solche Werke, die man für den täglichen Schulbetrieb benötigte. Auf manchen Gebieten, wie z. B. dem der Klassischen Philologie, erreichte die Bibliothek ein erstaunliches Niveau. Der Katalog der Bibliothek des Großherzoglichen Gymnasiums in Karlsruhe vom Jahre 1903 umfaßt ca. 8500 Titel (mindestens 10.000 Bde), dazu kommen in einem Nachtrag zum Katalog vom Jahre 1912 ca. 900 Titel. Der Bestand setzte sich zusammen aus den Abteilungen Theologie (1261 Titel), Philosophie (382), Pädagogik und Schulwesen (340), Mathematik und Naturwissenschaften (532), Geographie und Länderkunde (508), Geschichte (1425), Altertumskunde und Sprachwissenschaft (619), Griechische Sprache (952), Lateinische Sprache (1333), Deutsche Sprache (1007), Neuere ausländische Sprachen (644), Vermischte Schriften, Enzyklopädien, Lexika und Zeitschriften (382).

1.4 Auch nach dem Ersten Weltkrieg wuchs trotz der schlechten Finanzlage die Bibliothek dank bedeutender Nachlässe noch an (Prof. Hugo Geilsdörfer, † ca. 1925; Exzellenz Albert Bürklin, 1844-1924). Ihre Bestände wurden im Zweiten Weltkrieg in den Keller des Hauptgebäudes ausgelagert und leicht versengt gerettet. Wesentlichen Anteil an der Erhaltung des Bestandes hatte der damalige Verwalter der Bibliothek Prof. Franz Alexander Stolz (1885-1945). Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Aufteilung der historisch gewachsenen Gymnasialbibliothek in mehrere Teilbestände. Einzelne Werke scheinen bald nach 1945 verkauft worden zu sein, um mit dem Erlös dem drückenden Mangel an moderner Literatur für den Schulbedarf abzuhelfen. Weiterhin wurden in den Jahren 1953 und 1958 insgesamt mehr als 1000 Titel (16. bis 18. Jh) an die Badische Landesbibliothek Karlsruhe abgegeben, deren Bestände im Zweiten Weltkrieg verbrannt sind. Anfang der sechziger Jahre erhielt die Landeskirchliche Bibliothek Karlsruhe ca. 282 Titel der Abteilung Theologie (im allgemeinen 16. bis 18. Jh), darunter die von Ulrich Weber (s. u. 4.2) beschriebene Inkunabel Hieronymi presbyteri epistolae (Nürnberg 1495) und Melanchthons Examen eorum, qui audiuntur ante ritum publ. ordinationis (Leipzig 1561). In den Jahren nach 1970 wurde gemäß einer Vereinbarung zwischen dem Bismarck-Gymnasium und der Badischen Landesbibliothek vom 11. September 1970 ein Großteil des Vorkriegsbestandes der Gymnasialbibliothek (ca. 7000 Titel aus dem 16. bis 19. Jh, ca. 1000 Titel aus dem 20. Jh) in die Badische Landesbibliothek überführt und dort unter der Signatur " Gym" in den Systematischen Katalog eingearbeitet.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Nach der Überführung des größten Teils ihrer älteren Bestände in die Badische Landesbibliothek besitzt die Bibliothek des Bismarck-Gymnasiums heute nur noch wenige zu Demonstrationszwecken aufbewahrte Bücher des 16. und 17. Jhs. Etwas zahlreicher (ca. 50 Titel) sind Ausgaben des 18. Jhs vertreten. Das Gros der beim Gymnasium verbliebenen Bücher entstammt dem 19. Jh, ein kleinerer Teil (ca. 10 bis 20 Prozent) dem Anfang des 20. Jhs. Es handelt sich um ca. 6770 Bde, die nach Sachgebieten aufgestellt und alphabetisch geordnet sind.

2.2 Ein knappes Drittel des Bestandes (ca. 2000 Bde) ist fremdsprachig, die meisten Werke in Griechisch (ca. 800) und Latein (ca. 700), der Rest in Französisch (ca. 250) und Englisch (ca. 250). Von wenigen italienischen und spanischen Werken abgesehen sind die übrigen Bücher deutschsprachig.

Systematische Übersicht

2.3 Unter den Titeln aus dem 16. und 17. Jh befinden sich Ausgaben von und Kommentare zu griechischen und römischen Autoren, z. B. Platonis omnia opera cum commentariis Procli in Timaeum et Politica (Basel 1534), aber auch das Novum Testamentum von Erasmus (Basel 1541) und Descartes' Meditationes de prima philosophia (Amsterdam 1650).

2.4 Die Titel aus dem 18. und 19. Jh sind überwiegend philologisch-historischer Art; Mathematik und Naturwissenschaften fehlen völlig. Am stärksten vertreten ist die Klassische Philologie mit Textausgaben, so Polybios, ed. J. Schweighäuser (Leipzig 1789 ff.), die Medicorum Graecorum opera (Leipzig 1821 ff.), die Rhetores Graeci (Stuttgart 1832 ff.), Ciceros Opera omnia, ed. J. C. Orell (Zürich 1826-1838), die Grammatici Latini, ed. H. Keil (Leipzig 1855 ff.) neben Huttens Opera (Berlin 1821-1835). Auch Kommentare und Übersetzungen (besonders aus dem Verlag Metzler) sowie Sekundärliteratur zu antiken Autoren sind stark vertreten: Griechisch ca. 1600 Bde, Latein ca. 1125 Bde. Hinzu kommen Lehrbücher und Grammatiken der griechischen und lateinischen Sprache (ca. 480 Bde) sowie Lexika (ca. 20 Bde).

2.5 In geringer Zahl liegen Primärtexte, Übersetzungen und Sekundärliteratur in modernen Fremdsprachen vor: Französisch ca. 400 Bde, dazu Übungsbücher, Grammatiken, Lexika (ca. 135); Englisch ca. 330 Bde, dazu Übungsbücher, Grammatiken, Lexika (ca. 80 Bde); Italienisch ca. 40 Bde; Spanisch ca. 30 Bde und Russisch ca. 20 Bde.

2.6 Umfangreicher sind die Bestände zur Deutschen Literatur (z. B. Goethes Werke in der Sophienausgabe; Herders Werke in der Ausgabe von Suphan; Johann Peter Hebels Allemannische Gedichte (Karlsruhe 1803). Lesebücher, Jahrbücher und sonstige Sekundärliteratur kommen hinzu (ca. 960 Bde); ferner Wörterbücher (darunter Grimms Deutsches Wörterbuch, 1854 ff.), Literaturgeschichten etc. (ca. 235 Bde).

2.7 Die Geschichte ist mit 925 Bdn vertreten, darunter Quellentexte und vor allem Sekundärliteratur, so Franz Joseph Mones Quellensammlung der badischen Landesgeschichte (Karlsruhe 1848 ff.) und Louis Adolphe Thiers' Histoire de la révolution franccaise (Paris 1834). Die Gruppen Kunstgeschichte und Archäologie umfassen ca. 90 Bde.

2.8 Die Abteilung Philosophie und Pädagogik enthält in ca. 225 Bdn Werkausgaben von Autoren wie Fichte, Hegel, Herbart und Kant sowie Lexika. Kants Critik der reinen Vernunft ist in der Ausgabe Riga 1790 vorhanden. Von der einst besonders umfangreichen Abteilung Theologie sind nur ca. 140 Bde (Bibelausgaben, Lexika u. a.) bei der Schule verblieben.

3. KATALOGE

Bissinger, Carl: Katalog der Bibliothek des Großherzoglichen Lyceums zu Karlsruhe. Karlsruhe 1858

Bissinger, Carl: Nachtrag zum Katalog der Bibliothek des Großh. Lyceums zu Karlsruhe. Karlsruhe 1871

Müller, Heinrich von: Katalog der Bibliothek des Großherzoglichen Gymnasiums in Karlsruhe. Karlsruhe 1903

Müller, Heinrich von: Nachtrag zum Katalog der Lehrerbibliothek des Großherzoglichen Gymnasiums in Karlsruhe. Karlsruhe 1912

Die Bestände sind weder im Zentralkatalog Baden-Württemberg noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Alphabetischer Zettelkatalog (der in den siebziger Jahren an die Badische Landesbibliothek abgegebenen Titel) [nach PI, noch nicht vollständig]

Systematischer Zettelkatalog (der in den siebziger Jahren an die Badische Landesbibliothek abgegebenen Titel) [nach hauseigenen Regeln, noch nicht vollständig]

4.2 Darstellungen

Sachs, Johann Christian: Beyträge zur Geschichte des Hochfürstlichen Gymnasii zu Carlsruhe. In: Abhandlungen bey der Jubelfeyer der Carlsruher Fürstenschule wegen ihrer vor zweyhundert Jahren 1586 zu Durlach geschehenen Stiftung. Durlach 1787

Vierordt, Karl Friedrich: Geschichte der im Jahre 1724 aus Durlach nach Karlsruhe verpflanzten Mittelschule. Beilage zu dem Programme des Karlsruher Lyceums. Karlsruhe 1858/59

Bissinger, Carl: Vorwort. In: Katalog der Bibliothek des Großherzoglichen Lyceums zu Karlsruhe. Karlsruhe 1858, S. III-VI

Bissinger, Carl: Vorwort. In: Nachtrag zum Katalog der Bibliothek des Großherzoglichen Lyceums zu Karlsruhe. Karlsruhe 1871, S. III

Weber, Ulrich: Von Menschen und Büchern. Aus der Geschichte der Gymnasiumsbibliothek. In: 375 Jahre Gymnasium illustre 1586-1961. Festschrift des Bismarck-Gymnasiums Karlsruhe. Karlsruhe 1961, S. 103-123

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Kaminske, Volker; Staffhorst, Ulrich: Die Geographia Generalis des Bernhard Varenius. Ein disziplingeschichtlicher Erklärungsansatz in der Geographie auf der Grundlage eines ehemals verwendeten Schulbuchs im Gymnasium illustre/Karlsruhe. In: Jahresbericht 1986/87 des Bismarck-Gymnasiums Karlsruhe. Karlsruhe 1987, S. 93-100 [Das bibliographisch bemerkenswerte Exemplar befindet sich inzwischen in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe.]

Stand: März 1992

Ulrich Staffhorst


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.