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Diözesanbibliothek

Adresse. Bischofsplatz 4,
Postfach 872, 8011 Graz
Telefon. (0316) 80 41-213
Telefax. (0316) 80 41-303

Unterhaltsträger. Diözese Graz-Seckau
Funktionen. Historische Bibliothek; Verwaltungsbibliothek der Diözese (Evidenzbibliothek).
Sammelgebiete. Kirchengeschichte, Kirchenrecht, Theologie (allgemein), Diözesangeschichte, Pfarr- und Ordensgeschichte, steirische Landesgeschichte.
Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Die Bibliothek wird vom Diözesanarchiv mitverwaltet und ist während der Öffnungszeiten des Archivs benützbar: Montag bis Freitag 8-12 Uhr, Mittwoch 13-16 Uhr, Donnerstag 13-19 Uhr. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für Benützer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benützer. Ab Hauptbahnhof Straßenbahnlinien 3 und 6 bis Station Hauptplatz, Fußwegnähe (über Herrengasse, Stempfergasse bis Bischofsplatz).

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das Bistum Seckau (seit 1963 Graz-Seckau) wurde 1218 vom Salzburger Erzbischof Eberhard II. gegründet. Offizielle Bischofsresidenz war bis 1786 das ehemalige Chorherrenstift Seckau in der Obersteiermark (heute ein Benediktinerkloster). Daneben besaßen die Seckauer Bischöfe seit dem 13. Jh auch Wohnsitze in Graz und in Seggau bei Leibnitz. Es ist wenig wahrscheinlich, daß während des Mittelalters in Seckau neben der bestehenden Stiftsbibliothek eine eigene Bistumsbibliothek existiert hat. Im Gegenteil, oft überließen die Bischöfe ihren persönlichen Bücherbesitz der Stiftsbibliothek, so z. B. Bischof Ulrich IV. von Albeck (reg. 1417-1431). Bereits im ausgehenden Mittelalter kam es jedoch zunehmend zu Interessenskollisionen zwischen Stift und Bischof und damit auch zu Rechtsstreitigkeiten. Deshalb verlegten die Bischöfe ihren Hauptwohn- und Verwaltungssitz kontinuierlich in das Schloß Seggau und den Bischofshof in Graz.

1.2 Bischof Mathias Scheit von Westerstätten (reg. 1482-1502 bzw. 1512) ließ die mittelalterliche Burg Seggau zu einem bischöflichen Residenzschloß umbauen. In seine Amtszeit fallen auch die Anfänge einer selbständigen Bistumsbibliothek. Die ältesten der in der Bibliothek heute noch erhaltenen Hss. und Inkunabeln stammen aus seinem Bücherbesitz, der ursprünglich 50 bis 100 Bde umfaßt haben dürfte. Nach seinem Tod fiel ein Teil der Sammlung wieder an das Stift Seckau, kam nach dessen Aufhebung nach Wien und schließlich in die Grazer Universitätsbibliothek.

1.3 Erstmals urkundlich erwähnt wird die Bistumsbibliothek im Seckauer Bistumsinventar vom 12. Februar 1585, wonach sich damals im Schloß Seggau eine Bibliotheca Seccoviensis mit 488, z. T. mehrbändigen Werken befunden hat, die Bischof Martin Brenner (reg. 1585-1615) bei seinem Amtsantritt in den Bistumsbesitz übernahm. Im Sinne der Gegenreformation förderte er die Ausbildung des Klerus und verfaßte selbst einige Traktate. Nach eigenen Angaben verwendete er 5400 Gulden für den Ankauf von zeitgenössischen Druckwerken und für repräsentative Einbände, die alle sein Wappen als Supralibros tragen. Laut Bibliothekskatalog aus dem Jahre 1616 bestand die Bistumsbibliothek damals aus 691 Werken in 1100 Bdn, rund zwei Drittel stammen aus der Zeit nach 1585, fallen also in die Regierungszeit Brenners, der der Bibliothek bis heute ihren Namen gibt (Brenner-Bibliothek).

1.4 Bereits 1613 hatte Brenner an den Grazer Bischofshof ein eigenes Archiv- und Bibliotheksgebäude anbauen lassen, wohin bis 1616 der gesamte Bestand übertragen worden sein dürfte. Sein Nachfolger, Jakob Eberlein (reg. 1615-1633), setzte die Ausstattung der Bistumsbibliothek mit der wichtigsten theologischen und philosophischen Literatur fort. Auch er ließ die Bände mit seinem Wappen versehen. Nach seinem Tod brach diese bibliophile Tradition ab, erst unter den Bischöfen Rudolf Josef Graf von Thun (reg. 1687-1702) und Jakob Graf von Liechtenstein (reg. 1728-1738) sind Supralibros wieder nachweisbar. Andere Seckauer Bischöfe des 17. und 18. Jhs hinterließen nur geringe Spuren, was die Erweiterung der Büchersammlung betrifft.

1.5 Im Laufe des 17. Jhs wurde vermutlich der Großteil der Bistumsbibliothek wieder nach Seggau gebracht, wie ein Bistumsinventar des Jahres 1678 belegt. Der genaue Zeitpunkt ist nicht feststellbar. Der alte Katalog von 1616 dürfte weiterhin in Gebrauch gewesen sein, da er zahlreiche Additiones verschiedener Hände aufweist und erst in einem Inventar von 1712 von einem neuen Katalog die Rede ist. 1728 wird der Schätzwert der Bücher mit 5500 Gulden angegeben. Ein aus vier Teilheften bestehender Katalog des Jahres 1825 beziffert den Bestand mit 1486 Werken. Der anläßlich einer Revision 1848 angelegte Ergänzungskatalog verzeichnet zusätzlich 403 Titel.

Die Ordinariatsbibliothek

1.6 Im Zuge der josephinischen Bistumsregulierungen wurde der Grazer Bischofshof 1786 offizieller Bischofssitz der Seckauer Bischöfe. Die Bistumsbibliothek verblieb weiterhin in Seggau. Daneben entstand in Graz in den Räumen der Ordinariatskanzlei - nunmehr Verwaltungszentrum - eine eigene Bibliothek, welche die für den alltäglichen Amtsgebrauch benötigten Nachschlagewerke, Lexika, Gesetzesbücher, Schematismen sowie kirchengeschichtliche und theologische Werke enthielt. Wie ein undatiertes Bücherverzeichnis (etwa Mitte 19. Jh) beweist, wurden fallweise jene Bücher, die nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten tsprachen, dem Archiv übergeben. Wie umfangreich die Ordinariatsbibliothek war, läßt sich mangels überlieferter Quellen nicht mehr sagen. Zahlreiche Besitzvermerke belegen allerdings, daß die Bücherzuwächse nicht nur aus dem Amtsbetrieb, sondern auch durch Schenkungen bzw. Übereignungen infolge der josephinischen Klosteraufhebungen zustande kamen. So findet sich auch eine Reihe von Druckwerken aus dem Besitz des um 1820 aufgehobenen Augustiner-Eremiten-Klosters St. Johann bei Herberstein in dieser Bibliothek.

Die Diözesanbibliothek

1.7 Vereinzelte Archivalien dokumentieren, daß kleinere Buchbestände der Bistumsbibliothek auf Schloß Seggau im ausgehenden 19. Jh wieder nach Graz gebracht wurden. Für eine vollständige Rückführung fehlte jedoch zunächst ein geeigneter Raum. Der ursprünglich als Hauskapelle konzipierte heutige Szyszkowitz-Saal im neu errichteten Südtrakt (1902-1904) bot die Möglichkeit einer Zusammenlegung der Bistums- und der Ordinariatsbibliothek. Mit der Neukatalogisierung wurde begonnen. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges enthielt der Zettelkatalog allerdings erst 2400 Titel. 1944 mußte die Bibliothek aus dem durch Bombentreffer schwer beschädigten Gebäude evakuiert werden, erlitt aber keine Verluste. Erst 1951/1952 wurden die Katalogisierungsarbeiten fortgesetzt.

1.8 Zu weiteren Verlagerungen der Bücher innerhalb des Hauses kam es 1957 und 1989. Im Herbst 1994 fand die gesamte Bibliothek eine neue Bleibe in jüngst adaptierten, klimatisierten Depots des Diözesanarchivs. Gleichzeitig wurde mit einer völlig neuen Aufstellung und Katalogisierung begonnen. Zuwächse an historischen Werken erfuhr die Bibliothek in den letzten Jahrzehnten vor allem aus Pfarrbibliotheken. Bedingt durch den Priestermangel können viele Pfarren nicht besetzt werden. Den Pfarren wird in diesen Fällen angeboten, die historischen Büchersammlungen und Archive dem Diözesanarchiv in Treuhandverwahrung zu übergeben.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Von insgesamt rund 12.000 Titeln in 20.000 Bdn stammen 6274 Bde (4133 Titel) aus der Zeit vor 1900: 8 Inkunabelbände, 386 Bde aus dem 16. Jh, 741 aus dem 17. Jh, 1474 aus dem 18. Jh und 3665 aus dem 19. Jh. 2181 Titel sind in lateinischer Sprache verfaßt, 1959 in Deutsch, 41 in Französisch und 8 in Griechisch. 36 Titel entfallen auf andere Sprachen. Die Zahlen wurden anhand des Kataloges erhoben.

2.2 Die Systematik konnte lediglich aus dem Schlagwortkatalog erhoben werden. Unschärfen ergeben sich aus der Tatsache, daß Schlagworte, die weniger als sechsmal verzeichnet sind, nicht berücksichtigt wurden. So umfaßt der Bestand 316 Biblica, darunter die Concordantiae bibliorum et antiques et novos codices diligenter collectae opera Theologorum Coloniensium (Köln 1629), 116 Werke zur Patristik (Heribert Rosweydus' De Vita et Verbis Seniorum, Antwerpen 1615), 224 zur Dogmatik (z. B. Stanislaus Hosius' Confessio catholicae fidei christiana, Wien 1560) - darunter 34 kontroverstheologische Schriften (Andreas Leodius Fabricius' Harmonia Confessionis Augustanae Doctrinae evang. Concensum declarans, Köln 1585) -, 47 zur Apologetik und 66 zum Protestantismus. Zur Moraltheologie sind 110, zur Aszetik 182 Titel vorhanden. Die Praktische Theologie ist mit 105 Werken zur Pastoral, 133 zur Katechetik, 278 zur Homiletik und 187 Liturgica vertreten. Der Bestand an kirchengeschichtlicher Literatur ist mit 528 Titeln (z. B. Claude Fleurys Historia Ecclesiastica in 88 Bdn, 1768-1798) am umfangreichsten, darunter 61 Werke zur Konziliengeschichte, 67 zur Papstgeschichte und 141 zur Ordensgeschichte. Dazu kommen 195 biographische Darstellungen, inklusive der Hagiographie. Neben dem Kirchenrecht (198 Titel) sind noch kleinere thematische Gruppen, wie Briefliteratur (19) und Judaica (13), anzuführen.

2.3 An nicht-theologischer Literatur steht die Profanhistorie mit allen Untergruppen an erster Stelle (insgesamt 253 Titel), darunter 30 Werke zur Weltgeschichte, 37 zur österreichischen, 36 zur europäischen und 25 zur deutschen Geschichte, 21 Titel zur Geographie sowie 23 Militaria. Literatur- und Sprachwissenschaft sind mit 114 Werken repräsentiert (40 Titel zur Altphilologie und 37 Wörterbücher). Zur Rechtswissenschaft finden sich 89 Werke, weiters 28 zur Pädagogik und 34 Lexika. 67 Titel befassen sich mit den Naturwissenschaften, u. a. mit Astronomie (19, z. B. Claudius Ptolemäus' Magna Constructio seu Tractatio caelestium Motuum, Basel 1538), Mathematik (11) und Medizin (17, z. B. Basilius Beslers Hortus Eystettensis, Eichstätt 1602).

2.4 Die Bibliothek besitzt etwa 350 Zeitschriften und Periodika, von denen etwa ein Drittel vor 1900 erschien bzw. in das 18. und 19. Jh zurückreicht, z. B. der Katholische Wahrheitsfreund (1849-1930) und Bullorum Magnum Romanum (1752-1855).

2.5 Inkunabeln. Von den 8 Inkunabeln, die sich im Besitz der Bibliothek befinden, stammen die beiden ältesten aus dem Jahr 1473: Aegidius Romanus Columnas De regimine principum (Augsburg: Günther Zainer) und Augustinus' de Ancona Summa de potestate ecclesiastica (Augsburg: Johannes Schüssler). Weiters sind Johannes Mesues Opus de medicina (Venedig: Dionysius de Bertochis de Bononia 1484) und das umfangreiche Werk des Alexander Tartagnus de Imola (z. B. De verborum obligationibus, Venedig: Bernardinus de Tridino 1490) zu erwähnen.

3.KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Hauptkatalog

[Inventarverzeichnis in 2 Bdn, hschr., 1951 begonnen und bis 1994 weitergeführt]

Autorenkatalog

Schlagwortkatalog

[beide in Zettelform, nach hauseigenen Regeln, begonnen 1902 und seither fortgesetzt]

3.2 Historische Kataloge

Catalogus Librorum Bibliothecae Seccoviensis anno Domini MDCXIIII

[167 S., datiert 1613, Katalog von Martin Brenner]

Catalogus Librorum Bibliothecae anno MDCXVI

[nach Fachgruppen und Buchgröße geordnet, 2. Katalog von Martin Brenner, fertiggestellt unter Jakob Eberlein, 100 Bl.]

Alphabetisches Bücherverzeichnis der Bistumsbibliothek Seggau

[Autorenkatalog, Umschlagbogen fehlt, daher ohne Titel, 4 Hefte, 96 Bl., datiert 1825]

Catalog eines Theiles der Bücher der Seggauer Bibliothek

[alphabetischer Autorenkatalog, 48 Bl., undatiert, wahrscheinlich 1825]

Verzeichnis über die bereits im Bücher-Kataloge des Jahres 1825 enthaltenen, bei der Bistumsherrschaft Seggau vorgefundenen Bücher

[alphabetischer Autorenkatalog, 24 Bl., datiert mit 4. November 1848]

Verzeichnis der zum Bisthum Seckau gehörigen, in Seggau vorhandenen Bücher - nach dem Inventarialverzeichnisse vom Jahre 1848: I. Verzeichnis der im Kataloge v. J. 1825 thaltenen Bücher; II. Verzeichnis der im Jahre 1848 überdies aufgenommenen Bücher

[alphabetischer Autorenkatalog, 72 Bl., nach 1848]

[Alle historischen Kataloge befinden sich unter der Bezeichnung Bischofsakten im Diözesanarchiv Graz.]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Roth, Benno: Die mittelalterlichen Bibliotheken der Seckauer Bischöfe. Seckau 1960 (Seckauer geschichtliche Studien, 15)

Roth, Benno: Seckau. Der Dom im Gebirge. Kunsttopographie vom 12. bis zum 20. Jahrhundert. Graz, Wien, Köln 1983 [zur Bibliothek S. 368-373]

Schuster, Leopold: Fürstbischof Martin Brenner. Ein Charakterbild aus der steirischen Reformations-Geschichte. Graz, Leipzig 1898 [zur Bibliothek S. 757-765]

Stava, Julius von: Die alten Exlibris der Bischöfe von Seckau in der Steiermark. In: Österreichisches Jahrbuch für Exlibris und Gebrauchsgraphik 41 (1956) S. 5-10

Wonisch, Othmar: Baugeschichte des Bischofhofes in Graz. Graz 1953

Graff, Theodor: Bibliographia Widmanstadiana. Die Druckwerke der Grazer Offizin Widmanstetter 1586-1805. Graz 1993

Keller, Juliane: Grazer Frühdrucke 1559-1619. Katalog der steirischen Bestände. Graz 1970 (Arbeiten aus der Steiermärkischen Landesbibliothek am Joanneum, 12)

Stand: Oktober 1994

Alois Ruhri


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.