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Dombibliothek

Adresse. Dompropstei, Großer Domhof 10, 4950 Minden [Karte]
Telefon. (0571) 2 30 74

Unterhaltsträger. Domgemeinde Minden
Funktion. Kirchenbibliothek.
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiermöglichkeit in der Dompropstei.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung in der Dompropstei erforderlich. - Fußwegnähe vom Bahnhof (ca. 15 Minuten). A 2, Ausfahrt Bad Eilsen oder Bad Oeynhausen. Parkhäuser und Parkplätze in der Nähe.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Anfänge einer Dombibliothek (häufig auch Domarchiv genannt) sind mit der Gründung des Bistums Minden bzw. einer Missionsstation Minden um das Jahr 800 gegeben. Den Grundstock bildeten die wichtigsten liturgischen Bücher, Bibeln oder Bibelteile, im weiteren Verlauf der Domgeschichte auch andere, zumeist theologische Werke. Die Provenienz dieser Bücher läßt sich nicht sicher bestimmen. Außer Fulda und dem süddeutschen Raum kommen aber auch westfränkische Kirchen und Klöster in Betracht. Dieser Bücherimport dürfte im 9. und auch noch im 10. Jh angedauert haben, da die im Zuge der Missionierung gegründeten Pfarr- und Stiftskirchen mit Büchern ausgestattet werden mußten, vor allem aber der Dom selbst. Aus dem 9. Jh stammt das Plenar (Evangelistar), das im Domschatz ausgestellt ist.

1.2 Im 11. Jh entstand ein Skriptorium an der Mindener Domkirche, das nicht nur liturgischen, sondern auch unterrichtlichen Zwecken diente. Durch diese Einrichtung konnte der Buchbestand ständig und schneller vermehrt werden. Ein Schulbuchverzeichnis der Mindener Dombibliothek aus der Mitte des 11. Jhs belegt 34 Werke in 56 Titeln (Bdn). Der Brand von 1062 vernichtete die Stadt Minden und auch den Dom, aber die Dombibliothek wohl nicht oder nicht vollständig. Die Hss. aus der Zeit des Bischofs Sigebert (1122-1136) blieben erhalten. Ob die 34 Unterrichtswerke beim Dombrand oder später verlorengingen, läßt sich nicht bestimmen. Über weitere Einbußen der Bibliothek im Mittelalter liegen keine zeitgenössischen Mitteilungen vor. Wie lange das Mindener Skriptorium bestand und somit auch das Instrument einer " Eigenversorgung" durch Neuzugänge, ist unbekannt. Im Spätmittelalter dürfte es keine Rolle gespielt haben.

1.3 Die Reformation in Minden beeinträchtigte nicht den Bestand der Dombibliothek. Vielmehr fanden zahlreiche Werke, die die Auseinandersetzungen dieser Zeit dokumentieren, Eingang in den Bücherbestand. Auch Inkunabeln und wertvolle Drucke des 16. Jhs gelangten durch Kauf, Vermächtnis, Schenkung oder Ablage in die Bibliothek. Es ist nicht auszumachen, ob der Bestand planmäßig erweitert wurde. Doch scheint das Domkapitel jährlich eine Summe für die Bibliothek zur Verfügung gestellt zu haben.

1.4 Im Jahre 1636 oder 1637 wurden die Bibliotheken aus drei Mindener Klöstern (St. Martini, Barfüßer, Franziskaner) der Dombibliothek einverleibt. Hinzu kamen (nach Bünemann, s. u. 4) Bücher aus dem Besitz zweier Domherren, insgesamt etwa 1300 Bde. Bünemann schätzte den damaligen Bestand, für den er keinen Katalog finden konnte, auf mehrere 1000 Bde. Im Jahre 1719 jedoch waren von der Bibliothek insgesamt höchstens noch 100 Bde vorhanden. Erstaunlicherweise jedoch vermochte Bünemann viele Deperdita, 25 Hss. und zahlreiche gedruckte Bücher, darunter einen " Liber Antiquus Germanicus", aufzuzählen. Dazu gehören auch zahlreiche Bibelausgaben in verschiedenen Sprachen, darunter zwei Ausgaben des syrischen Neuen Testaments (Wien 1555) und andere Werke, die heute z. T. auf Bibliotheken in Hannover und Ostwestfalen (Herford, Bielefeld und Vlotho) verstreut sind. Außerdem finden sich bei ihm Angaben (aus dem Jahre 1636) über die Aufstellung der damaligen Dombibliothek, die geographischer Natur gewesen sein muß: Sie gliederte sich in die Repertorien Italien, Spanien, Frankreich und Amerika usw. Das Schicksal des 1637 inkorporierten Bestandes ist unklar. Die Sigeberthandschriften wurden 1683 nach Berlin gebracht. Angesichts der offenkundigen Verwahrlosung der Dombibliothek im 17. Jh stellte diese Maßnahme eine rechtzeitige Sicherung vor Verlust oder Beschädigung dar.

1.5 Im 18. Jh gelangte eine größere Anzahl von Büchern und Hss. nach Hannover. Als das Kloster St. Mauritius und das Stift St. Johannis im Jahre 1810 aufgelöst wurden, erhielt die Dombibliothek einige Zugänge aus St. Mauritius. Über eine Bibliothek von St. Johannis liegen keine Quellen vor. Seit dem 19. Jh umfaßte die Dombibliothek Reste der alten Bestände und diente zugleich als Ablage von Büchern und Zeitschriften verschiedener Fachgebiete. Im Zweiten Weltkrieg wurden mehrere Bücher durch Bombeneinwirkung beschädigt, besonders das erwähnte Plenar (s. o. 1.1). Der Bestand wurde nach 1945 auf vier verschiedene Formate verteilt und zu einem beachtlichen Teil neu gebunden oder restauriert. Werke über den Dom und zur Mindener Landes- und Bistumsgeschichte sind die vorläufig letzten Zugänge. Die Bibliothek dokumentiert eine wenn auch ungleichmäßige und mit sehr unterschiedlichen Zeugen 1000jährige Tradition.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Da der Bestand weder chronologisch noch systematisch aufgestellt ist und eine Katalogisierung insbesondere des älteren Bestandes vor 1811 (Aufhebung des Domkapitels) erst in Vorbereitung ist, lassen sich nur Schätzwerte angeben. Die Bibliothek umfaßt 636 Titel, davon ca. 400 vor 1900 erschienene. Neben einigen Hss. besitzt sie 10 Inkunabeln, darunter einige aus St. Mauritius, und 30 Titel des 16. Jhs. Den Hauptanteil des Bestandes stellen Werke des 18. bis 20. Jhs. Bis zum Jahre 1811 liegen schätzungsweise 300 Titel vor. Eine Anordnung nach Sprachen ergibt für die älteren Werke ein Übergewicht der lateinischen, für die neueren der deutschen Sprache. Nur wenige Werke sind griechische oder französische Drucke.

2.2 Der Bestand umfaßt etwa je 60 Titel liturgische Bücher, Bibeln mit Bibelwerken und Exegese sowie Systematische Theologie einschließlich Kontroverstheologie, Kirchenrecht, Moraltheologie und Predigtliteratur. Besondere Bedeutung kommt den liturgischen Büchern des vormaligen Bistums Minden (Brevier, Meßbuch, Agende) zu. Darunter finden sich das Missale Mindense (Nürnberg 1513), das Breviarium Ecclesiae Mindensis (Mainz 1516) sowie die Agenda Ecclesiae Mindensis (Leipzig 1522). Unter den exegetischen Werken sind die Annotationes ad Novum Testamentum von Erasmus (Basel 1522) nennenswert. Anhand der Provenienzvermerke lassen sich verschiedene Vorbesitzer erkennen: Zu den Restbeständen der Dombibliothek, d. h. der Bibliothek des Domes und seines Kapitels, gehören ein Martyrologium (Venedig 1697), das beim Chorgebet benutzt wurde, und die lateinische Kapitelsbibel (Paris 1525). Werke aus dem Besitz der Domherren in der ersten Hälfte des 17. Jhs, z. B. des Dompfarrers Philip Sechtler, sind hinzuzuzählen, ebenso die Reste der Klosterbibliothek St. Mauritius.

2.3 Werke über das ehemalige Bistum Minden, seine Institutionen, seine Kirchen und deren Bau- bzw. Kunstgeschichte bilden eine gesonderte Gruppe. Nennenswert sind Ludwig August Theodor Hölscher, Beschreibung des vormaligen Bistums Minden (Münster 1877) und Wilhelm Schroeder, Chronik des Bistums und der Stadt Minden (Minden 1886), außerdem die Literatur zum Wiederaufbau des Mindener Doms nach 1945. Zu dieser Gruppe gehören wissenschaftliche Quellenmaterialien wie populäre Darstellungen. Nach Katalogisierung wird diese Abteilung einen Handapparat darstellen, der dem vormaligen Bistum und seiner Verflechtung in die westfälisch-niedersächsische Landesgeschichte gewidmet ist. Die sonstige Literatur, Sonderdrucke, Kataloge und einzelne Zeitschriften, sind meist dem 20. Jh zuzurechnen.

3. KATALOGE

Handschriftlicher Katalog

[von Barbara Korn nach 1945 angelegt; Ordnung nach Formaten, enthält Kurztitel mit Stichwortangaben ohne Angabe des Erscheinungsjahres]

S. a. 5, Schroeder

Eine systematische Erfassung des Bestandes vor 1811 befindet sich in Vorbereitung.

Die Bestände sind nicht im Zentralkatalog Nordrhein-Westfalen nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Bünemann, Johann Ludolph: De Bibliothecis Mindensibus. Minden 1719 [enthält Katalog mit 21 Hss., Mitteilungen über Neuzugänge aus dem Jahre 1637, sowie über den Verlust der Altbestände im Jahre 1636]

Ludorff, Albert: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Minden. Münster 1902, S. 57, 62

Schroeder, Johann Karl von: Mindener Buchgewerbe. Minden 1966, S. 5-8 (Sonderveröffentlichung des Mindener Geschichts- und Museumsvereins)

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Asshoff, Horst: Die Mindener Dombibliothek und die liturgischen Bücher des vormaligen Bistums Minden. In: Hans Nordsiek (Hrsg.): Zwischen Dom und Rathaus. Beiträge zur Kunst- und Kulturgeschichte der Stadt Minden. Minden 1977, S. 85-105

Schroeder, Johann Karl von: Das Mindener Domschatzinventar von 1683, Münster 1980, S. 10-16, 18-28, 35, 48-56 (Sachgüter und Denkmäler zur Westfälischen Geschichte, 1) [enthält " Bücherverzeichnis" in der sogenannten Summarischen Designation mit weiterführenden Angaben]

Stand: November 1991

Horst Asshoff


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.