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Bibliothek der Dreifaltigkeitskirche

Adresse. Bismarckstr. 7; [Karte]
Postanschrift: Evangelisch-Lutherisches Pfarramt, Ludwigstr. 31, 87600 Kaufbeuren [Karte]
Telefon. (08341) 2450

Unterhaltsträger. Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Dreifaltigkeitskirche Kaufbeuren
Funktion. Kirchenbibliothek; für wissenschaftliche Zwecke nach Voranmeldung auch Außenstehenden zugänglich.
Sammelgebiete. Theologie, Philosophie, Geschichte. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät im Pfarramt.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erforderlich. Fußwegnähe vom Bahnhof (10 Minuten). A 7, Ausfahrt Leubas. Keine Parkplätze bei der Bibliothek; Parkhäuser in der Innenstadt.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Anfänge der Bibliothek, deren Bestände vom Ende des 15. Jhs bis 1810 reichen, gehen auf Stiftungen Kaufbeurer Familien und Prediger zurück. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die kontinuierliche Bestandsentwicklung unterbrochen, da im Vollzug des Restitutionsediktes 1629 u. a. auch die Kirchenbibliothek den Jesuiten überlassen werden mußte. Als 1632 die evangelischen Bürger wieder in die Stadt zurückkehren durften, mußte die Bibliothek von den Jesuiten wieder herausgegeben werden. Leider war vieles vom Büttel vernichtet worden, so daß nur noch 122 Folianten, 188 Quart- und 358 Oktavbände übrig waren. Zumindest in einem Fall wurde die Evangelische Gemeinde auch entschädigt, wie der Besitzeintrag " Societas Jesu Fiesae" (Füssen) in einem Band besagt. Es kann sich hier nicht um eine " Rückerstattung" handeln, sondern um einen Neuzugang, da die Jesuiten erst 1627 von Füssen nach Kaufbeuren gekommen waren.

1.2 Die z. T. umfangreichen Besitzeinträge weisen auf zahlreiche Kaufbeurer als Vorbesitzer hin, darunter die Theologen Leonhard Kurtz († 1561), Victorin Strigel († 1569), Georgius Anwander († 1622), Johannes Brummer († 1628), Johann Melchior Bair († 1677), Matthias Beck († 1683), Johann Georg Merz († 1735) und G. Lissmann. Ferner ließen sich als Ärzte feststellen Johann Georg Brengger (Exlibris von 1626), Bonrauß, Ambrosius Jung (1471-1548, bedeutender Arzt in Augsburg, mit Exlibris) sowie J. J. Vollmar (Senator und Chirurg, Schwiegervater des Chirurgen J. L. Opitz in Kempten). Auch von den Patrizierfamilien Honold, Heinzelmann und von Hörmann stammen eine Reihe von Büchern.

1.3 Im 19. Jh nahm sich Stadtpfarrer Johann Friedrich Königsheim (1800-1863), im 20. Jh Pfarrer Maximilian Weigel (1869-1947) der unzureichend aufbewahrten Bücher an. Nachdem sich die Bibliothek zuerst in der Sakristei befunden hatte, wurde ihr 1963 ein gesonderter Raum im Nebenhaus der Kirche zugewiesen. Erst im Jahre 1983, als die Kirchengemeinde ein Gemeindehaus bauen konnte, erhielten Kirchenarchiv und Bibliothek einen zweckmäßigen Raum.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Bücher sind der Größe nach geordnet und gliedern sich in drei Abteilungen: Oktavianten, Quartanten und Folianten. Zumeist sind sie in Schweinsleder gebunden, verziert und mit Buchschließen versehen. Die Flugschriften der Reformationszeit sind großenteils in Sammelbänden zusammengefaßt. Auf dem Vorsatzpapier einiger Bücher findet sich das Kaufbeurer Wasserzeichen.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Der Gesamtbestand bis zum Jahr 1900 beträgt 754 Titel. Davon sind 19 Inkunabeln. Aus dem 16. Jh stammen 347 Titel, aus dem 17. Jh 161, aus dem 18. Jh 177 und aus dem 19. Jh 50. Die Inkunabeln liegen bis auf drei deutschsprachige in Latein vor. Die Bestände des 16. Jhs setzen sich zusammen aus 225 lateinischen, 104 deutschen, 8 griechischen, 3 mehrsprachigen, einem hebräischen und 6 crobatischen (slowenischen) Titeln. Bei den crobatischen Titeln handelt es sich um Primus-Truber-Drucke. Aus dem 17. Jh stammen 75 lateinische Titel, 85 deutsche und ein mehrsprachiger; aus dem 18. Jh 41 lateinische, 134 deutsche und 2 hebräische; aus dem 19. Jh ein lateinischer, 48 deutsche und ein hebräischer Titel.

Systematische Übersicht

2.3 Neben zahlreichen theologischen Werken stehen Klassiker der lateinischen Dichtkunst, philosophische, naturwissenschaftliche, historische und juristische Abhandlungen. Unter den Inkunabeln findet sich die Schedelsche Weltchronik (Nürnberg: Anton Koberger 1493) mit 1809 Holzschnitten von Michael Wolgemut und Wolfgang Pleyenwurff. Unter den Theologica des 16. Jhs sind zahlreiche Titel von Luther, Melanchthon, Schwenckfeld und Brentz erwähnenswert. Bei den Bibeldrucken des 16. Jhs sticht die " Hörmannbibel" (Frankfurt a. M. 1581) hervor, genannt nach dem Kaufbeurer Chronisten Wolfgang Ludwig Hörmann von und zu Gutenberg (1713-1796). Ihr erster Besitzer, David Schramm, ein aus Nördlingen gebürtiger Theologe, klebte auf die Innenseiten der Deckel Manuskriptfragmente von Luther, Melanchthon, Flacius Illyricus, Johannes Sturmius und Polycarp Leyser. Aus dem 17. Jh sind Schriften gegen den Pietismus zu nennen, so von Johann Winkler.

2.4 Eine Besonderheit von stadthistorischem Wert ist eine Dissertationensammlung von Kaufbeurer Bürgersöhnen aus dem 18. Jh. Vor allem Wolfgang Ludwig Hörmann sammelte diese Drucke und versah sie mit Randbemerkungen. Von Interesse sind die Arbeiten von Christian Heider über die Rechtsgeschichte der Kaufbeurer Territorien (Jena 1750), von Tobias Hörmann über die Kaufbeurer Stadtprivilegien (Erlangen 1763) und von Hieronymus Merz über das Leben des aus Kaufbeuren gebürtigen Theologen und bedeutendsten Melanchthonschülers Victorin Strigel (1524-1569; Tübingen 1732). Weitere Werke liegen von den gebürtigen Kaufbeurern Victorin Strigel und Christian Jakob Wagenseil vor. Von Wagenseil finden sich nicht nur das Gemeinnützige Wochenblatt ( s. u. 2.7), sondern auch eine Geschichte der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges in Kaufbeuren. Auch die philosophiegeschichtlichen Werke des in Kaufbeuren tätigen Predigers und Rektors der evangelischen Lateinschule Johann Jakob Brucker (1696-1770) sind vorhanden, beispielsweise Kurtze Fragen aus der philosophischen Historie ... (Ulm 1731) und Historia critica philosophiae a mundi incunabulis ad nostram usque aetatem deducta (Leipzig 1742).

2.5 Überdies liegen Kleinschriften vor wie Theaterprogramme zu den Schauspielen von Christian Jakob Wagenseil, aufgeführt in der Agentengesellschaft (Kaufbeuren 1789). Unter den Erbauungs- und Andachtsschriften sind Titel wie Gedanken und Erinnerungen an Gottes Wohltaten (1796) des Kaufbeurers Daniel Schropp d. Ä., außerdem Untersuchungen des Stadtarztes Georg Friedrich Gutermann, Vater von Sophie von LaRoche, sowie " Urgichte" (Hinrichtungsprozesse) aus Kaufbeuren und Buchloe. Beachtung als familiengeschichtliche Quelle verdienen zahlreiche gedruckte Leichenpredigten sowie das Münzbuch von Adam Berg (München 1597) mit einer Abbildung der Kaufbeurer Münzen. Hinzu kommen zahlreiche Gravamina der Reichsstadt Kaufbeuren auf den Reichstagen des 17. und 18. Jhs.

2.6 Meist von Kaufbeurer Familien gestiftet sind Gesangbücher (6 aus dem 18. Jh, 46 aus dem 19. Jh). Darunter finden sich mehrere Kaufbeurer Ausgaben, u. a. Geistreiches Gesangbuch, welches zum Gebrauch der evangelischen Gemeinde ... Kaufbeuren, in bessere Ordnung gebracht ... worden (Memmingen 1766) und Auswahl geistlicher Gesänge, hrsg. von Christian Jakob Wagenseil (Kaufbeuren 1782).

2.7 Die Zeitungensammlung umfaßt u. a. das Gemeinnützige Wochenblatt, hrsg. von Christian Jakob Wagenseil (1780-1784), das Kaufbeurer Wochenblatt (1838-1863), das Kaufbeurer Anzeigenblatt (1863-1907) und das Regierungsblatt für das Königreich Bayern (1804-1873).

3. KATALOGE

Ein vollständiges Titelverzeichnis ist nicht vorhanden. Viele Drucke befinden sich in Sammelbänden, deren Titel sowohl nach Sachgebieten als auch nach Jahrhunderten zusammengefaßt sind.

Autorenkartei

[nach hauseigenen Regeln; unvollständig]

Findbuch

[mschr., nach Nummern geordnet]

Katalog über den Grundbestand der Bibliothek aus dem 18. Jh von Johann Jakob Brucker [hschr.]

Die Bestände sind weder im Bayerischen Zentralkatalog noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Alt, Karl: Reformation und Gegenreformation in der freien Reichsstadt Kaufbeuren. München 1932 [zur Bibliothek S. 116 und 123]

Pfundner, Thomas: Ein Gang durch die Bibliothek im evangelischen Kirchenarchiv. In: Kaufbeurer Geschichtsblätter 10 (1986) Nr. 9, S. 372-375

Weigel, Maximilian: Die Bibliothek und das Archiv der protestantischen Pfarrkirche in Kaufbeuren. In: Unterhaltungsblatt zum Kaufbeurer Anzeigenblatt vom 16./17. Juni 1911, S. 539-540, 543

Ausstellungskataloge:

Evang.-Luth. Kirchengemeinde Kaufbeuren (Hrsg.): Evangelisches Kaufbeuren. Bearb. von Walter Götzger. Kaufbeuren 1973

Evang.-Luth. Kirchengemeinde Kaufbeuren (Hrsg.): Gelehrte Kaufbeurer. Bearb. von Katharina Pfundner. Kaufbeuren 1988

Stand: Juli 1996

Katharina Pfundner


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.