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Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek - Zweigbibliothek am Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik - Ernst-Haeckel-Haus

Adresse. Berggasse 7, 07745 Jena [Karte]
Telefon. (03641) 94 95 00
Telefax. (03641) 94 95 02
Bibliothekssigel. <J 47>

Unterhaltsträger. Freistaat Thüringen
Funktion. . Zweigbibliothek im universitären Bibliothekssystem ThULB, Spezialbibliothek.
Sammelgebiete. Literatur von und über Ernst Haeckel, Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 7.30-13 Uhr. - Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät. Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung empfehlenswert. - Fußwegnähe vom Markt (ca. 8 Minuten), vom Paradiesbahnhof bzw. Westbahnhof (ca. 3 Minuten). A 4 (E 40), Ausfahrt Jena-Lobeda oder -Göschwitz.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik (IGMNT) verdankt seine Entstehung dem Zoologen, Naturforscher, Philosophen, Arzt und Künstler, dem Darwinisten Ernst Haeckel (1834-1919), der 58 Jahre in Jena lebte und als Verfechter der Entwicklungstheorie internationale Resonanz fand. Haeckels Nachlaß wird in seinem ehemaligen Wohnhaus (Villa Medusa), in dem sich das Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik der Friedrich-Schiller-Universität Jena befindet, aufbewahrt. Ihm ist noch das von Haeckel 1918 gegründete Memorial-Museum angeschlossen, das nach seinem Tod am 31. Oktober 1920 eröffnet wurde.

1.2 Haeckels Arbeitszimmer mit Teilen seiner Handbibliothek ist im Originalzustand erhalten. Der größere Teil seiner Privatbibliothek befindet sich in den Bibliotheksräumen und in den Arbeitsräumen der Institutsmitarbeiter. Seine private Sammlung zoologischer Fachbücher (etwa 600 Bde) hatte Haeckel bereits 1884 anläßlich der Einweihung des Neubaus des Zoologischen Instituts der dortigen Institutsbibliothek (vgl. Eintrag Jena, Zweigbibliothek Zoologie) mit der Maßgabe als Geschenk übergeben, sie als selbständige Abteilung der Universitätsbibliothek zu bewahren und auszuweisen und die Werke nicht als Dubletten zu bewerten. 60 Titel botanischer Literatur hatte Haeckel im Juni 1912 der Bibliothek des Herbarium Haussknecht in Jena (vgl. Eintrag dort) zusammen mit 4367 Nummern seines Herbariums übergeben.

1.3 Stiftung und Museum sind mit einem Forschungsinstitut verbunden. Unter seinem ersten Direktor, dem Zoologen Heinrich Schmidt-Jena (1874-1935), war es zugleich auch ein Institut für allgemeine Entwicklungslehre. Unter dessen Nachfolger Victor Julius Franz (1883-1950), Professor für Phylogenetische Zoologie, Vererbungslehre und Geschichte der Zoologie, wandelte es sich seit 1935 zu einer Anstalt für Geschichte der Zoologie, insbesondere der Entwicklungslehre, indem die biologiegeschichtliche Forschung über die Haeckel-Traditionspflege hinaus erweitert wurde. Die systematische Erschließung des Archivmaterials und die Neuordnung und Katalogisierung der Bibliothek wurden in Angriff genommen, aber durch die Kriegsereignisse unterbrochen. Erst ab 1953 wurden diese Arbeiten wieder fortgesetzt.

1.4 Die bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges von einem Kuratorium verwaltete Anstalt wurde nach 1945 von der Friedrich-Schiller-Universität Jena übernommen. Die Leitung des Instituts für Geschichte der Zoologie, insbesondere der Entwicklungslehre, übernahm von 1946 bis 1947 der Ordinarius für Zoologie Wilhelm Jürgen Harms (1885-1956), 1947 bis 1959 hatte sie Georg Schneider (1909-1970), Professor für Theoretische Biologie, inne. Dessen Nachfolger Georg Uscnn (1913-1986) baute das Institut schrittweise zu einem Zentrum für Wissenschaftsgeschichte aus und setzte 1965 die Einrichtung eines Lehrstuhls für Geschichte der Naturwissenschaften durch. 1968 wurde das Lehr- und Forschungsgebiet " Geschichte der Medizin" eingegliedert. Zugleich wurde die 1909 von dem Jenaer Augenarzt und Professor für Geschichte der Medizin Theodor Meyer-Steineg (1873-1936) begründete medizinhistorische Sammlung übernommen und das Institut in " Institut für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften Ernst-Haeckel-Haus" umbenannt. Als neue Lehr- und Forschungsgebiete kamen 1984 die Chemie-Geschichte, 1985 die Physik-Geschichte, 1986 die Geschichte der Technikwissenschaften und 1987 die Mathematik-Geschichte hinzu. Seit 1990 trägt die Einrichtung die Bezeichnung " Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik Ernst Haeckel-Haus".

1.5 Die Bibliothek ist eine spezielle Lehr- und Forschungssammlung zur Frühgeschichte des Darwinismus von 1859 bis zum Tode Haeckels, zur Geschichte der Biologie und ihrer Grenzgebiete sowie zur Medizingeschichte. Forschungsliteratur zur Aufgabenstellung des Instituts wird laufend erworben. Im Haeckel-Archiv des Instituts werden etwa 30.000 Briefe ( u. a. von Darwin und Huxley) und ca. 2000 Briefe von Haeckel aufbewahrt, außerdem fast alle Manuskripte, Kollegnachschriften, Tagebücher, Notizbücher sowie über 800 Aquarelle, Ölgemälde, Zeichnungen und Skizzenbücher Haeckels.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Gesamtbestand der Bibliothek beträgt über 20.000 Titel mit über 30.000 Bdn (einschließlich der etwa 3000 Sonderdrucke), davon gehören 5959 anhand des Kataloges ausgezählte Titel zum historischen Bestand (30 Prozent): 16. Jh 10 Titel, 17. Jh 11, 18. Jh 421 (7,1 Prozent des historischen Bestandes), 19. Jh 5517 (92,5 Prozent). Den Kernbestand bildet Haeckels Privatbibliothek (etwa 5000 Bde).

2.2 Der überwiegende Teil des Bestandes (4902 Titel, 82,3 Prozent) ist deutschsprachig. In Englisch liegen 412 Titel (6,9 Prozent) vor, in Französisch 258 (4,3 Prozent), in Lateinisch 176 (3 Prozent) und in weiteren Sprachen 211 (3,5 Prozent). Die fremdsprachigen Titel gehen ausschließlich auf Haeckel zurück, der die einschlägige internationale Spezialliteratur selbst besaß. Eine beachtliche Anzahl sind Dedikationsexemplare.

Systematische Übersicht

Privatbibliothek Haeckels

2.3 Zur ständigen Benutzung stand Haeckel in seinem Arbeitszimmer eine Handbibliothek von 717 Titeln (831 Bdn, 14 Prozent) zur Verfügung, neben seinen eigenen Arbeiten vor allem Reisebeschreibungen, Reiseführer (darunter zahlreiche Baedeker), Karten und Atlanten sowie Grammatiken und Wörterbücher, Schriften zum Darwinismus, Texte u. a. von Alexander von Humboldt, Goethe und Herder sowie Zeitschriften zum Monismus, darunter die Blätter des 1906 von Haeckel gegründeten Deutschen Monistenbundes.

2.4 Die Anfänge von Haeckels Privatbibliothek reichen weit in seine Kindheit zurück. Vorhanden sind Reineke der Fuchs. Für die gebildete Jugend bearbeitet (Leipzig 1842) mit kolorierten Kupfern nach Zeichnungen von Ludwig Richter sowie die Erstausgabe von Matthias Jakob Schleidens Die Pflanze und ihr Leben (Leipzig 1848), die Haeckel als prägend für seine Entwicklung bezeichnete. Die meisten seiner Bücher sind in dem handschriftlichen Verzeichnis aufgeführt, das Haeckel gegen Ende seiner Studienzeit anlegte. Unter den insgesamt 161 Nummern (281 Bdn) findet sich unter Titel 27 z. B. Friedrich von Tschudi, Das Thierleben der Alpenwelt (Leipzig 1854). An weiteren Grundlagenwerken besaß Haeckel Wilhelm Ludwig Petermann, Das Pflanzenreich (Leipzig 1847), Heinrich Berghaus, Physikalischer Atlas (Gotha 1852) sowie Johannes Scherr, Allgemeine Geschichte der Literatur (Stuttgart 1880-1881).

2.5 Haeckels eigene Schriften sind vollständig, sowohl in Originalausgaben als auch in zu seinen Lebzeiten erschienenen Neuauflagen, vorhanden (266 Titel, 4,5 Prozent, 19. Jh). Die nahezu vollständige Sammlung an Sekundärliteratur zu Haeckel umfaßt für das 19. Jh ebenfalls bereits 230 Titel. Hinzu kommen zwei Festschriften zu Haeckels 70. und 80. Geburtstag, die Festschrift zum siebzigsten Geburtstage Ernst Haeckels (Jena 1904) und die Festschrift Was wir Ernst Haeckel verdanken. Ein Buch der Verehrung und Dankbarkeit (Leipzig 1914), mit einem Originaleintrag von Haeckel. Dem Jubilar wurde darüber hinaus ein besonders gebundenes Vorzugsexemplar durch Wilhelm Ostwald und Carl Rieß in Jena überreicht.

2.6 Die Bibliothek besitzt einen umfangreichen Bestand an Reiseliteratur, die Haeckel im Zuge seiner mehr als 90 Reisen, u. a. ans Mittelmeer, auf die Kanarischen Inseln, nach Nordafrika, an das Rote Meer und in die Tropen, erwarb. Den Schwerpunkt des Bestandes bilden Reisebeschreibungen zu Italien, darunter z. B. K. F. Robert Schneider, Italien in geographischen Lebensbildern mit Städteansichten (Glogau 1863), Ernst Förster, Handbuch für Reisende in Italien (München 1857), Eduard von Lossow, Handbuch zur Reise nach und in Italien (Berlin 1857) sowie August Ludwig von Rochau, Italienisches Wanderbuch 1850-1851 (Leipzig 1852).

2.7 Vorhanden sind 2 Titel von Ida von Düringsfeld, Aus Dalmatien (Prag 1857) und Hochzeitsbuch (Leipzig 1871), sowie von Fritz Wernick Olympia (Leipzig 1877) mit einer handschriftlichen Widmung an Haeckel. Ferner liegen vor von Alexander von Warsberg, Odysseeische Landschaften ( Wien 1878-1879) und Ein Sommer im Orient ( Wien 1869), von dem Landshuter Historiker Jakob Philipp Fallermayer Fragmente aus dem Orient (Stuttgart und Tübingen 1845) sowie Paul Gaffarels L'Algérie (Paris 1883) in einem ornamentverzierten Einband. Erwähnung unter den großformatigen bebilderten Reisewerken verdienen vor allem Wilhelm Gail, Erinnerungen aus Spanien (München [1837]), Theodor Simon, Spanien (Berlin [1880], mit Illustrationen von Alexander Wagner) sowie Julius Schnorr von Carolsfeld, Landschaftsbilder aus Italien (Berlin 1878).

2.8 Der Naturgeschichte sind 329 Titel (5,5 Prozent) zuzuordnen. Vorhanden sind z. B. Jan Swammerdam, Bibel der Natur, worinnen die Insekten in gewissen Classen vertheilt, sorgfältig beschrieben, zergliedert, in saubern Kupferstichen vorgestellt (Leipzig 1752), Johann Christian Polykarp Erxleben, Anfangsgründe der Naturlehre (Göttingen 1791) sowie 3 Titel von Carl von Linné: Gattungen der Pflanzen und ihre natürlichen Merkmale (Gotha 1775), Species plantarum (Berlin 1797-1805) sowie Systema naturae. Regnum animale (Leipzig 1894). Zahlreiche Kupferstiche und eine allgemeine Himmelskarte enthält Johann Elert Bodes Anleitung zur Kenntniß des gestirnten Himmels (Berlin 1806). Bei Ernst Burdachs Anthropologie für das gebildete Publicum (Stuttgart 1847) handelt es sich um die zweite neugestaltete Auflage des Werkes seines Vaters Carl Friedrich Burdach, Der Mensch nach den verschiedenen Seiten seiner Natur (Stuttgart 1836-1837).

2.9 Zur Botanik liegt vor The botanic garden, a poem in two parts (London 1799) von Erasmus Darwin. Erwähnung verdienen auch Pieter Harting, Die vorweltlichen Schöpfungen, verglichen mit den gegenwärtigen (Leipzig 1859) mit einem Vorwort von Matthias Jakob Schleiden sowie zwei weitere Werke Schleidens: Die Botanik als inductive Wissenschaft (Leipzig 1849) und Das Meer (Berlin 1874).

2.10 Die Gruppe Darwin und Darwinismus enthält 310 Titel (5,2 Prozent) aus dem 19. Jh, darunter neben den Gesammelte(n) Werke(n) (Stuttgart 1875-1881) auch ein mit Haeckels Namenszug versehenes Exemplar der deutschen Erstausgabe von Darwins Über die Entstehung der Arten im Thier- und Pflanzen-Reich durch natürliche Züchtung, oder Erhaltung der vervollkommneten Rassen im Kampfe um's Daseyn (Stuttgart 1860) in einer Übersetzung von Heinrich Georg Bronn (1800-1862). Darwin übersandte Haeckel auch Erstausgaben und Neuauflagen seiner Werke mit persönlichen Widmungen, so The descent of man, and selection in relation to sex (London 1871 und 1874), The effects of cross and self fertilisation in the vegetable kingdom (London 1876), The expression of the emotions in man and animals (London 1872) und The variation of animals and plants under domestication (London 1868 und 1875).

2.11 Zu den frühen deutschen Arbeiten über Darwins Theorie zählen Friedrich Rolles Charles Darwins Lehre von der Entstehung der Arten im Pflanzen- und Thierreich in ihrer Anwendung auf die Schöpfungsgeschichte (Frankfurt 1863) und Der Mensch, seine Abstammung und Gesittung im Lichte der Darwin'schen Lehre (Frankfurt 1866) sowie Gustav Jaegers Die Darwin'sche Theorie und ihre Stellung zu Moral und Religion (Stuttgart [um 1869]). Zu Darwins Theorien Stellung nehmen auch Autoren wie Ludwig Büchner in Sechs Vorlesungen über die Darwin'sche Theorie von der Verwandlung der Arten und die erste Entstehung der Organismenwelt (Leipzig 1868) oder Die Stellung des Menschen in der Natur in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft (Leipzig 1869). Von Wilhelm Bölsche (1861-1939), Verfasser von Darwin- und Haeckel-Biographien sowie zahlreichen populärwissenschaftlichen Schriften, von dem insgesamt 43 Titel vorliegen, finden sich u. a. die Entwicklungsgeschichte der Natur (Leipzig 1894-1896), Vom Bazillus zum Affenmenschen (Leipzig 1900) und Das Liebesleben in der Natur. Eine Entwicklungsgeschichte der Liebe (Florenz und Leipzig 1898-1900).

2.12 Die geschlossene Sammlung von Sonderdrucken (938 Nummern, 15,7 Prozent; zur Systematischen Zoologie vgl. Eintrag Jena, Zweigbibliothek Zoologie), die Haeckel zugeeignet wurden und z. T. aus heute kaum noch zugänglichen Zeitschriften stammen, überliefert ein nahezu vollständiges Bild der Auseinandersetzungen um den Darwinismus und die von Darwin entwickelte Evolutionstheorie.

2.13 Die Literatur zur Biologie und Evolutionsbiologie umfaßt 414 Titel (7 Prozent). Aus Haeckels Besitz stammen u. a. Francis Maitland Balfours Works (London 1885) und Handbuch der vergleichenden Embryologie (Jena 1880-1881). Ergänzt wird die Bestandsgruppe durch Abraham Trembleys Abhandlungen zur Geschichte einer Polypenart des süßen Wassers mit hörnerförmigen Armen ... (Quedlinburg 1775), Peter Simon Pallas' Spicilegia zoologica (Berlin 1767-1772), Eberhard August Wilhelm Zimmermanns Geographische Geschichte des Menschen und der allgemein verbreiteten vierfüßigen Thiere (Leipzig 1778-1783), Buffons OEuvres complètes (Brüssel 1828-1830), Jonathan Carl Zenkers Naturgeschichte schädlicher Thiere (Leipzig 1836), Dominique-François Aragos Unterhaltungen aus dem Gebiete der Naturkunde (Stuttgart 1837-1844) sowie Brehms Illustriertes Thierleben, eine allgemeine Kunde des Thierreichs (Hildburghausen 1864-1869 u. ö.).

2.14 Der Philosophie gehören 247 Titel an (4,2 Prozent). Aus Haeckels Besitz stammen Christian Gottfried Nees von Esenbeck, Naturphilosophie (Glogau 1841), Louis Büchner, Kraft und Stoff, Empirisch-naturphilosophische Studien (Frankfurt a. M. 1855), Hermann Lotze, Mikrokosmos, Ideen zur Naturgeschichte und Geschichte der Menschheit (Leipzig 1856-1864), Alexander Wießner, Das Atom oder das Kraftelement der Richtung, als letzter Wirklichkeitsfactor (Leipzig 1875), Der ewige, allgegenwärtige und allvollkommene Stoff, der einzige mögliche Urgrund alles Seyns und Daseyns ... (Leipzig 1895-1897) von Paul August Kesselmeyer sowie Friedrich Albert Lange, Geschichte des Materialismus und die Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart (Leipzig 1876 u. ö.). Später hinzugefügt wurden Leonhard Eulers Briefe an eine deutsche Prinzessin über verschiedene Gegenstände aus der Physik und Philosophie (Leipzig 1780-1784).

2.15 Zur Psychologie sind 198 Titel (3,3 Prozent) im Bestand, darunter Ernst von Feuchtersleben, Lehrbuch der ärztlichen Seelenkunde ( Wien 1845), Gustav Theodor Fechner, Ueber die Seelenfrage ... (Leipzig 1861), Hippolyte Taine, Der Verstand (Bonn 1880), William Preyer, Die Seele des Kindes (Leipzig 1882), Paul Carus, The soul of man (Chicago 1891) und das damalige Standardwerk der experimentellen Psychologie von Wilhelm Wundt, Grundzüge der physiologischen Psychologie (Leipzig 1874). Haeckels Interesse galt auch der " Tierseele". Ein Sammelband enthält einige kleinere in Leipzig gedruckte Arbeiten, deren Themen " in einer Gesellschaft guter Freunde" unter der Leitung von Prof. Johann Heinrich Winkler diskutiert worden waren, u. a. die Philosophische Untersuchung der Frage, Ob die Seelen einiger Thiere einen gewißen Grad der Vernunft haben (1742).

2.16 Der Gruppe Religion (169 Titel, 2,8 Prozent) gehört als frühestes Werk die Kurze und einfeltige Außlegung der Epistolen und Evangelien (Augsburg 1545) an. Aus Haeckels Familienbesitz stammt ein in grünem Samt gebundenes Neues Hirschbergisches Gesangbuch (Hirschberg 1779). Von David Friedrich Strauß (1808-1874), dessen Schriften Haeckel als Grundlage seiner Diskussion um Wissenschaft und Christentum dienten, liegen u. a. vor die Gesammelten Schriften (Bonn 1876-1877), Der alte und der neue Glaube. Ein Bekenntnis (Leipzig 1872) und Das Leben Jesu (Bonn 1904).

2.17 Unter den Nachschlagewerken (162 Titel, 2,7 Prozent) sind vor allem zu nennen A. G. Luiscius, Het algemeen historisch, geographisch en genealogisch woordenboek (Delft 1724-1737), Brockhaus' Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände (Leipzig 1833-1837) und das von August Hirsch herausgegebene Biographische Lexikon der hervorragenden Aerzte aller Zeiten und Völker ( Wien und Leipzig 1884-1888).

2.18 Biographische Werke und Übersichtsdarstellungen zur Geschichte der Naturwissenschaften umfassen 363 Titel (6,1 Prozent). Diese Bestandsgruppe wurde erst später, entsprechend der veränderten Aufgabenstellung des Instituts, ausgebaut. Sie enthält u. a. Titel von Gottlieb Stolle, Kurtze Anleitung Zur Historie Der Gelahr[t]heit (Halle 1718), Joseph Priestley, Geschichte und gegenwärtiger Zustand der Elektricität, nebst eigenthümlichen Versuchen (Berlin und Stralsund 1772) sowie die von Lorenz Oken und Dietrich Georg Kieser herausgegebenen Beiträge zur Vergleichenden Zoologie, Anatomie und Physiologie (Bamberg und Würzburg 1806-1807). Von Dominique-François Arago liegen Sämmtliche Werke (Leipzig 1854-1860) vor mit einer Einleitung von Alexander von Humboldt. Von den über 1000 Hochschulschriften zur Medizin- und Biologiegeschichte stammen 68 Titel (1,1 Prozent, 18. Jh 35, 19. Jh 33) aus der Zeit vor 1900. Literatur zur Chemie-, Physik- und Mathematik-Geschichte wird erst seit etwa 1980 erworben.

Medizingeschichtliche Sammlung

2.19 Von der Literatur zur Medizingeschichte (Med I und II, 1348 Titel, 22,1 Prozent) gehört nur ein relativ kleiner Anteil zum ursprünglichen Haeckel-Bestand. Der weitaus größere Teil des Bestandes an medizinischer Gebrauchsliteratur, Grundlagenwerken, Lehrbüchern, Zeitschriften und Tagesschrifttum zu aktuellen medizinischen Fragen des 18. und 19. Jhs sowie Dissertationen stammt aus dem Besitz der 1823 gegründeten Naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz (Med I: ca. 1500 Bde), die aus der 1811 gegründeten Ornithologischen Gesellschaft hervorgegangen war. Ihre Bibliothek spiegelt deutlich die fach- und populärwissenschaftliche medizinische Publikationstätigkeit des späten 18. und frühen 19. Jhs, insbesondere der Jenaer Universität, wider.

2.20 Erwähnung unter den Nachschlagewerken verdienen neben dem Encyclopädischen Wörterbuch der medicinischen Wissenschaften (Berlin 1828-1844) und der Encyklopädie der gesammten Medicin (1841-1843) vor allem Georg Baglius' Opera omnia medico-practica (Lyon 1710) und Gerard van Swietens Commentaria in Hermanni Boerhaave Aphorismos de cognoscendis et curandis morbis (Würzburg 1787-1790). Im Bereich der allgemeinen Heilkunde sind darüber hinaus zu nennen Johann Friedrich Niemann, Friedrich Ludwig Kreysig und August Gottlieb Richter sowie unter den Reihenpublikationen das Magazin für die gesammte Heilkunde (Bd 1-42, 1816-1834).

2.21 Die Veröffentlichungen von Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836; Medizinprofessor in Jena ab 1793 und Leibarzt des Preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. in Berlin ab 1798) nehmen einen breiten Raum ein. Vorhanden sind z. B. die Makrobiotik oder die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern (Berlin 1805), die Ideen über Pathogenie und Einfluß der Lebenskraft auf Entstehung und Form der Krankheiten als Einleitung zu pathologischen Vorlesungen (Jena 1795), das System der practischen Heilkunde (Bd 1, Jena 1818), Guter Rath an Mütter über die wichtigsten Punkte der physischen Erziehung der Kinder in den ersten Jahren (Berlin 1803) und die Praktische Uebersicht der vorzüglichsten Heilquellen Teutschlands (Berlin 1815). Die Schrift von Friedrich Buchholz Ueber den Schlaf und die verschiedenen Zustände desselben (Berlin 1821) versah Hufeland mit einem Vorwort.

2.22 Zur Geburtshilfe oder " Hebammenkunst" liegen Werke vor von Johann Ehrenfried Thebesius, Johann Christian Gottfried Jörg, Joseph Jakob Plenk, Ludwig Friedrich von Froriep, Carl Gustav Carus und Dietrich Wilhelm Heinrich Busch. Erwähnt seien außerdem Johann Gottlob Bernstein, Praktisches Handbuch für Wundärzte und Geburtshelfer (Leipzig 1790-1792, mit einem gedruckten Widmungsblatt an Großherzog Carl August), Johann Christian Stark, Neues Archiv für die Geburtshülfe, Frauenzimmer- und Kinderkrankheiten ... (1798-1802) und Joseph von Mohrenheims Abhandlung über die Entbindungskunst (Leipzig 1803, mit großformatigen Kupfertafeln).

2.23 Im Bereich Anatomie sind vor allem zu nennen Bartholomeus Eustachius' Tabulae anatomic[ae] in einer Neuausgabe von Bernhard Siegfried Albinus, Explicat[io] tabularum anatomicarum B. Eustachii (Leiden 1744), Christian Ehrenfried Eschenbachs Anatomische Beschreibung des Menschlichen Körpers, mit Figuren (Rostock 1750) und Johann Christoph Andreas Mayers Beschreibung des ganzen Menschlichen Körpers, mit den wichtigsten neueren Anatomischen Entdeckungen bereichert (Berlin 1783-1794). Weitere Titel liegen vor von Carl Ernst Bock, Friedrich Hildebrandt, Johann Christian Rosenmüller, Adolph Wilhelm Otto und Ludwig Joseph von Bierkowski, (Anatomisch-chirurgische Abhandlungen, Berlin 1827). Zur Physiologie finden sich u. a. Albrecht von Haller, Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers (Berlin 1759-1776) sowie Ernst Ludwig Lebenheim, Versuch einer Physiologie des Schlafes (Leipzig 1824-1829). Zum Galvanismus liegt vor Karl Gottlob Kühn, Geschichte der medizinischen und physikalischen Elektricität ... (Leipzig 1783-1785).

2.24 Das umfangreiche Schrifttum zur Chirurgie enthält u. a. Werke von Christian Ludwig Mursinna, Ernst Blasius, Matthias Mayer, Johann Leberecht Schmucker, Ernst Horn, Ernst Leopold Grossheim, Christoph Bonifatius Zang und Karl Friedrich Canstatt. Hinzu kommen Arbeiten von Benjamin Bell (Lehrbegriff der Wundarzneykunst, Leipzig 1784-1798, mit Kupfern) und Joachim Friedrich Henkel (Anweisung zum verbesserten chirurgischen Verbande, Berlin und Stralsund 1779; auch Wien 1809, mit zahlreichen Kupfern), die vom " Ober-Kollegio Medico zu Berlin" herausgegebene Kurze Anleitung für die Wundärzte auf dem platten Lande ... (Berlin 1785) sowie G. Dupuytrens Klinisch-chirurgische Vorträge im Hôtel-Dieu zu Paris (Leipzig 1832-1834).

2.25 Allgemeine therapeutische Ratschläge gibt der an die Volksmedizin anknüpfende Neu-vermehrt- und vollkommene Land- und Leib-Medicus armer Leute (Merseburg 1691), während August Gottlieb Richters Arbeit über Die specielle Therapie ( Wien, später Berlin 1817-1829) den zu jener Zeit neuesten Forschungsstand widerspiegelt. Die Literatur zu verschiedenen Heilquellen widmet sich schwerpunktmäßig den Bädern Teplitz und Warmbrunn. Im Bestand zur Pharmazie ist vor allem hinzuweisen auf Sigismund Friedrich Hermbstädts Grundriß der theoretischen und experimentellen Pharmacie (Leipzig und Basel 1806-1810) und auf seine deutsche Ausgabe von Matthieu-Joseph-Bonaventura Orfilas Allgemeine Toxicologie oder Giftkunde (Berlin 1818-1819), ferner auf Karl Friedrich Burdachs System der Arzneymittellehre (Leipzig 1807-1819) sowie Carl August Wilhelm Berends Vorlesungen über praktische Arzneiwissenschaft (Berlin 1827-1829).

2.26 Die Literatur zu einzelnen Krankheiten beginnt mit dem seinerzeit berühmten Werk von Johann Christian Reil Über die Erkenntniss und Cur der Fieber (Halle 1799-1802 und Wien 1815). Das vergleichsweise umfangreiche Schrifttum zur Augenheilkunde enthält u. a. Pierre Brisseau d. J., Von dem Grauen Stahr und dem Glaucoma oder Grünen Stahr (Berlin 1743), George Adams, Anweisung zur Erhaltung des Gesichts und zur Kenntniß der Natur des Sehens (Gotha 1794) und Johann Christian Jüngken, Lehre von den Augenkrankheiten, ein Handbuch zum Gebrauch bei Vorlesungen (Berlin 1832). Hinzu kommen Reihenpublikationen wie das von Carl Ferdinand von Graefe und Philipp Franz von Walther herausgegebene Journal der Chirurgie und Augenheilkunde (Bd 1-7, 1820-1825) und die von Friedrich August von Ammon begründete Zeitschrift für Ophthalmologie (Bd 1-5, 1831-1837).

2.27 Zu den Nervenkrankheiten finden sich Titel wie Johann Friedrich Zückert, Von den Leidenschaften (Berlin 1768), Friedrich August Carus, Psychologie (Leipzig 1808), Heinrich Bruno Schindler, Die idiopathische, chronische Schlafsucht (Hirschberg 1829, mit handschriftlichen Ergänzungen) und Karl von Reichenbach, Der sensitive Mensch und sein Verhalten zum Tode (Stuttgart und Tübingen 1854-1855). Erwähnt sei außerdem Nils Rosén von Rosensteins Anweisung zur Kenntniß und Kur der Kinderkrankheiten (Göttingen 1798).

2.28 Abgerundet wird die Gruppe Med I durch einen kleinen Bestand zu Hexen-, Aberglauben und Geisterkunde, darunter neben dem 1510 entstandenen, gegen den Hexenglauben gerichteten Werk von Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim, De occulta philosophia libri III (Lyon 1550), die erste vollständige deutsche Übersetzung seiner Magischen Werke (Stuttgart 1855-1856) und Johann Heinrich Jungs II. Theorie der Geisterkunde ... (Nürnberg 1808). Die Bestandsgruppe Med I beschließen Schriften zum deutschen, preußischen und österreichischen Medizinalwesen, wie Johann Peter Franks System einer vollständigen medicinischen Policey ( Wien 1786-1790) und Johann Friedrich Niemanns Handbuch der Staats-Arzneiwissenschaft und Staatsärztlichen Veterinärkunde (Leipzig 1813).

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alter Alphabetischer Katalog

[in Zettelform, nach hauseigenen Regeln; Berichtszeit bis 1975]

Neuer Alphabetischer Katalog

[in Zettelform, nach RAK; Berichtszeit ab 1976]

Stich- und Schlagwortkatalog [in Zettelform]

Die Bestände werden in den OPAC ThULB eingearbeitet.

3.2 Historischer Katalog

Bibliothek-Verzeichnis

[bis 1858; von Ernst Haeckel; hschr.; enthält 161 Titeleinträge]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Haeckel, Walter: Das Ernst-Haeckel-Museum in Jena. Pritzwalk 1919 Uscnn, Georg: Geschichte der Zoologie und der Zoologischen Anstalten in Jena 1779-1919. Jena 1959 [S. 220-234]

Uscnn, Georg; Krauße, Erika: Das Ernst-Haeckel-Haus (Sammlung, Museum, Institut). In: Reichtümer und Raritäten. [Bd 1]. Jena 1974, S. 124-127 (Jenaer Reden und Schriften)

Krauße, Erika: Ernst Haeckel. Leipzig 1984 (Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner 70)

Krauße, Erika: Das Arbeitszimmer Ernst Haeckels in der Villa Medusa. In: Reichtümer und Raritäten. [Bd 3]. Jena 1990, S. 145-152 (Jenaer Reden und Schriften)

Krauße, Erika; Nöthlich, Rosemarie: Ernst-Haeckel-Haus der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Braunschweig 1990 (Museum)

Penzlin, Heinz (Hrsg.): Geschichte der Zoologie in Jena nach Haeckel (1909-1974). Jena und Stuttgart 1994

Stand: Juli 1995

Erika Krauße

Felicitas Marwinski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.