FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Bibliothek des Evangelisch-Theologischen Seminars

Adresse. Klosterhof 12-17, 75433 Maulbronn [Karte]
Telefon. (07043) 2053
Telefax. (07043) 5702
Bibliothekssigel. <Mau 1>

Unterhaltsträger. Evangelische Landeskirche in Württemberg
Funktion. Schulbibliothek (Archivbestand).
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Eingeschränkte Benutzung nur nach Vereinbarung mit der Zentralen Kirchlichen Bibliotheksstelle bei der Bibliothek des Evangelischen Oberkirchenrats Stuttgart. Tel. (0711) 2149-254.
'Hinweise für anreisende Benutzer.
'Benutzung nur in den Räumen des Evangelischen Oberkirchenrats Stuttgart, Gänsheidestr. 4. - Straßenbahnverbindung (Linie 15) ab Hauptbahnhof bis Haltestelle Bubenbad. Parkmöglichkeiten vorhanden.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das ehemalige Zisterzienserkloster Maulbronn ist bekannt als die am vollständigsten erhaltene Klosteranlage des Mittelalters nördlich der Alpen. Was über die Buchproduktion des Klosters und die Bibliotheksbestände bis zum Anbruch der Reformation noch zu ermitteln ist, hat Wolfgang Irtenkauf in einem Beitrag zum Klosterjubiläum (1178-1978) beschrieben (s. u. 4.2). Er beendete seine Skizze mit der Feststellung, daß sie mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt. Es ist ungeklärt, warum sich kaum Relikte aus der einstigen sicher nicht unbedeutenden Klosterbibliothek nachweisen lassen, auch nicht in der nach der Reformation fortgeführten Klosterschule. Überdies läßt sich nicht mit Gewißheit sagen, wo der zwischen 1518 und 1521 gebaute Bibliothekssaal zu lokalisieren ist. Die heutige Bibliothek scheint früher als Schatzkammer oder Archiv gedient zu haben.

1.2 Im Kloster Maulbronn wurde die von Herzog Ulrich für die Reformation aller württembergischen Klöster im Jahr 1535 erlassene Klosterordnung zuerst eingeführt: Novizen durften nicht mehr aufgenommen werden. Ein theologisch gebildeter Prediger und Lesemeister mußte für Gottesdienst und Leben im Sinn evangelischer Lehre verantwortlich sein. Die jüngeren Mönche und sonstige Interessierte sollten nach Möglichkeit " in bonis literis und anderen freien Künsten" unterrichtet werden.

1.3 Nach dem Augsburger Religionsfrieden (1555) richtete Herzog Christoph von Württemberg (reg. 1550-1568) durch seine Klosterordnung von 1556 in Maulbronn und in weiteren 12 Männerklöstern des Landes evangelische Klosterschulen ein. Allerdings verringerte sich die Zahl dieser Schulen später von ursprünglich 13 auf 5 (im Jahr 1599), dann auf 4 (1662) und schließlich auf 2 (seit 1977).

1.4 Es ist als sicher anzunehmen, daß der Lehrbetrieb der Klosterschule eine brauchbare Bibliothek voraussetzte, die auch beim " Maulbronner Gespräch" (s. u. 2.5) und für die Erarbeitung der " Maulbronner Formel" (1576) die Möglichkeit bot zu einer sachgemäßen, theologisch und historisch begründeten Diskussion über die strittigen Fragen der Christologie (Ubiquitätslehre) und des Abendmahls. Wie alle anderen Einrichtungen der Klosterschule mußte die Bibliothek aus Mitteln der Klosterverwaltung unterhalten werden. Die Geschichte der Bestände der Bibliothek der Maulbronner Klosterschule ist im einzelnen noch nicht erforscht.

1.5 1789 wurde bei einer Visitation von den Professoren geklagt, " daß in der Bibliothek fast kein brauchbares Buch sich befinde". Das älteste Verzeichnis stammt aus dem Jahr 1790 und enthält für das Folioformat 120 Einträge, für das Quartformat 26 und für das Oktavformat 23. Ein zweites Verzeichnis aus dem Jahre 1813 setzt eine andere Anordnung voraus und verzeichnet entsprechend 76, 29 und 105 Titel.

1.6 Nach der Umwandlung des Bibliothekssaals in einen Lehrsaal wurde 1865 eine durchgehende neue Numerierung der Bücher in einem Bandkatalog mit systematischer Anordnung vorgenommen. Im Antrag zu dieser Neuordnung wird Bezug genommen auf die gestörte " wissenschaftliche Ordnung der Seminarbibliothek, wie sie vor etwa 20 Jahren getroffen worden war". Ein Katalog von 1845, dem wahrscheinlich erstmals eine systematische Ordnung zugrunde lag, liegt nicht vor. Der Bücherbestand wird 1865 mit " annähernd 2600 Bdn" angegeben. Dagegen findet sich bei E. Mushacke, Deutscher Universitäts- und Schulkalender (1871) die Angabe " ca 4000 Bde" (S. 299).

1.7 Der Bandkatalog von 1865 wurde fortgeschrieben und mindestens bis 1928 auf dem laufenden gehalten. Anlaß für eine größere Zahl von Streichungen unmittelbar nach der Neuanlage des Katalogs war, wie eine Zusammenstellung aus dem Jahr 1915 vermerkt, ein " Bücherverkauf 1866". Er wurde mit Erlaubnis der zuständigen königlichen Behörde vorgenommen und betraf ca. 210 Werke (mindestens 370 Bde), davon 10 ohne Angabe eines Erscheinungsjahres, 20 aus dem 15. Jh, 7 aus dem 16. Jh, 37 aus dem 17. Jh, 126 aus dem 18. Jh und 10 aus dem 19. Jh. Was mit diesen Büchern geschah, ist nicht bekannt. Es handelte sich dabei vor allem um zum ältesten Bestand gehörende Werke. Vielleicht waren sie wegen ihres großen Formats, ihres Zustandes oder ihres Alters bei der neuen Raumnutzung im Weg.

1.8 Weitere Streichungen tragen den Vermerk: " abgegeben an die Landesbibliothek 1928" oder " abgegeben an das Stift 1928". Bei der Trennung von Staats- und Kirchenvermögen wurde damals - auf Antrag des Landesamtes für Denkmalpflege von den in das Eigentum der Kirche übergehenden Seminaren Maulbronn und Blaubeuren eine Auflistung aller vorhandenen alten Buchbestände gefordert. Das Maulbronner Verzeichnis der ältesten Werke enthielt 157 Einträge, davon 93 in Folio. Von der Württembergischen Landesbibliothek wurden 132 Bde Druckschriften übernommen und vom Evangelischen Stift in Tübingen 9. Einzelne ältere Werke blieben in Maulbronn, weil es sich um Geschenke handelte oder weil sie im Unterricht als historische Anschauungsmittel dienen sollten.

1.9 Weitere Fehlbestände, die in den Katalogen von 1865 und 1915 nicht gestrichen sind, sich aber aus einem zahlenmäßigen Vergleich mit dem ab 1950 neu geordneten Bestand ergeben, betreffen u. a. überholte Fachliteratur. Wieweit diese Abgänge eine Folge der Kriegs- und Nachkriegsgeschehnisse sind (von 1941 bis 1945 war das Seminar aufgelöst und an seiner Stelle eine nationalsozialistische Heimschule im Kloster), ist nicht geklärt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Bei einem Gesamtbestand von etwa 14.000 Bdn beträgt der historische Bestand 1170 Titel. Davon sind 3 Titel Inkunabeln, 12 stammen aus dem 16. Jh, 34 aus dem 17. Jh, 100 aus dem 18. Jh und 1021 (87 Prozent) aus dem 19. Jh. Der historische Bestand teilt sich auf in 760 deutsche Titel (65 Prozent), 200 lateinische (17 Prozent), 40 englische und französische und 170 Titel in anderen Sprachen (14,5 Prozent, vor allem griechisch). Die Auszählung der zum historischen Bestand gehörenden Titel erfolgte am Standortkatalog, der neu bearbeitet wird.

2.2 Zur Gruppe Allgemeine Nachschlagewerke gehören 5 Titel, darunter Iselins Neu vermehrtes historisch und geographisches allgemeines Lexicon (Basel 1728-1729).

2.3 Die Gruppe Theologie zählt 234 Titel (je 3 aus dem 15. und 16. Jh, 16 aus dem 17. Jh, 25 aus dem 18. Jh und 187 aus dem 19. Jh). Sie verteilen sich auf die Bibelwissenschaft mit 100 Titeln, auf die Kirchen- und Dogmengeschichte mit 120 und auf die Systematische und Praktische Theologie mit 14. Zum ältesten Bestand gehören Thomas a Kempis, Imitatio Christi (Basel 1494), eine lateinisch glossierte Bibel (Basel 1498), der Messkanon der Tübinger Universität (1499), Erasmus' Opus epistolarum (1529) und 2 Werke von Valentin Vannius (s. a. 2.5).

2.4 Die Gruppe " Antike und Griechisch" stellt mit 279 Titeln den größten Anteil. In das 16. Jh gehören 2 Ausgaben von Herodot und Stobaeus, in das 18. Jh 12 weitere Ausgaben griechischer Autoren. Den Rest bilden Textausgaben und Darstellungen aus dem 19. Jh. In der Gruppe Latein stammen von 191 Titeln 3 aus dem 16. Jh, 4 aus dem 17. Jh, 28 aus dem 18. Jh. Zu den Fächern Deutsch (mit Literaturwissenschaft), Französisch und Englisch sind 193 Titel vorhanden, überwiegend aus dem 19. Jh.

2.5 Auch bei Geschichte gehören alle 83 Titel in das 19. Jh. Nur unter den Württembergica, die als Sondergruppe geführt werden, finden sich 4 Titel aus dem 16. Jh, 6 aus dem 17. Jh, 22 aus dem 18. Jh und 59 aus dem 19. Jh. Die ältesten Titel dieser Gruppe sind Maulbronniana: der württembergische Bericht über das Maulbronner Gespräch (Frankfurt 1565); die deutsche und lateinische Fassung des Protokolls der Pfälzer (Heidelberg 1565 und 1566); überdies 2 Titel von Valentin Vannius (1557), dem Maulbronner Mönch, der dort Abt wurde und Gastgeber beim Maulbronner Gespräch war; und schließlich Acta oecumenici concilii super controversia de coena Domini (Tübingen 1581) von Jakob Schropp (1547-1549 katholischer Mönch und 1578-1594 Abt in Maulbronn).

2.6 Aus den restlichen Gruppen (Philosophie, Geographie, Mathematik und Naturwissenschaften) sind 86 Titel dem historischen Bestand zuzurechnen, davon je 8 aus dem 17. und 18. Jh. Erwähnenswert sind 2 lateinische Werke zur Tier- und Vogelkunde von Ulisse Aldrovandi (1610 ff. und 1645). Die ältesten philosophischen Werke sind 5 Titel von Descartes (Amsterdam 1677 und 1678).

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Katalog

[Zettelkatalog nach RAK-WB]

Systematischer Katalog

[Zettelkatalog nach hauseigener Systematik]

Schlagwortkatalog

[Zettelkatalog nach RSWK, im Aufbau]

Die Bestände sind im Zentralkatalog Baden-Württemberg und im landeskirchlichen Zentralkatalog nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Systematischer Katalog

[Zettelkatalog, um 1950 begonnen]

Systematischer Katalog [2 Bde; 1. Bd ohne Datum, vermutlich 1865 begonnen, neu instandgesetzt Herbst 1915; 2. Bd (Fortführung von Bd 1), begonnen Herbst 1915]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Im Seminararchiv Maulbronn befinden sich in Faszikel Nr. 117: Catalogus Librorum Bibliothecae publicae Monasterii Maulbronnensis. 1790

Bücherverzeichnis (datiert 1813).

Weitere Archivalien zur Seminarbibliothek befinden sich im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart (Bestand A 32) und im Archiv der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart (Altregistratur Nr. 5465).

4.2 Darstellungen

Lenze, Otto: Umschau aus Bibliotheken: Stuttgart Landesbibliothek. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen 46 (1929) S. 521-524

Lang, Gustav: Geschichte der württembergischen Klosterschulen von ihrer Stiftung bis zur ihrer endgültigen Verwandlung in Evangelisch-theologische Seminare. Stuttgart 1938

Seminarephorat Maulbronn (Hrsg.): Kloster Maulbronn 1178-1978. Maulbronn 1978 [mit Aufsatzteil, Bildteil und Katalog zur Ausstellung anläßlich der 800-Jahr-Feier der Kirchweihe Maulbronns]

Irtenkauf, Wolfgang: Zur Geschichte der Bibliothek. In: Kloster Maulbronn 1178-1978. Maulbronn 1978, S. 89-93

Stand: Februar 1993

Gottfried Rau


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.