FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
Home
HomeRegionen:Stadtregister:Abkürzungen
Volltextsuche:

trunkiert

BenutzerprofilLogin

Impressum
     Home > Deutschland > Sachsen-Anhalt > Lutherstadt Wittenberg

Evangelisches Predigerseminar - Kirchenbibliothek der Evangelischen Gemeinde Heringen

Adresse. Collegienstraße 54, 06886 Lutherstadt Wittenberg [Karte]
Telefon. (03491) 40 21 96
Telefax. (03491) 40 41 03

Unterhaltsträger. Evangelische Kirchengemeinde Heringen. Kirchplatz 11, 99765 Heringen an der Helme
Funktion. . Depositum im Evangelischen Predigerseminar Wittenberg. Historische Kirchenbibliothek.
Sammelgebiete. Abgeschlossener historischer Bestand.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 15.30-16.30, für auswärtige Besucher und Benutzer des Leseraums 8-18 Uhr. - Leihverkehr: DLV und kirchlicher Leihverkehr über das Predigerseminar.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät, Mikrofilm-Lesegerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche Anmeldung erforderlich. Fußwegnähe vom Bahnhof (ca. 10 Minuten). A 9 (E 51), Ausfahrt Coswig, B 187. Parkmöglichkeit vorhanden.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Heringen an der Helme, in der Goldenen Aue, stieg 1330 vom Dorf zu einer Stadt der Grafschaft Honstein auf, in der sich zuerst eine Burg, später ein Renaissanceschloß befand. An der Michaelskirche versahen seit der Reformationszeit jeweils drei Geistliche den Dienst, ein Pfarrer, ein Archidiakon und ein Diakon, von denen nicht wenige den Grad des Magisters erworben hatten und literarisch interessiert waren. Ratsherr und Bürgermeister Heinrich Offeney (Offenius) sorgte vor seinem Tode im Jahr 1577 durch ein Legat für die Gründung einer Kirchenbibliothek, aus dessen Fonds bis in das 18. Jh hinein Anschaffungen belegt sind.

1.2 Besondere Verdienste um die Vermehrung der Bibliothek im 18. Jh erwarb sich Pfarrer Magister August Wilhelm Reinhardt (Reinhart, 1696-1770; im Amt von 1731 bis 1770). Seine Anschaffungen für die Bibliothek umfaßten vorwiegend theologisches Schrifttum. Vermutlich wurden der Bibliothek auch nach seinem Tode noch zahlreiche Bücher aus seinem Familienbesitz gestiftet, darunter auch solche aus dem Vorbesitz von Konrad Kindervater (Paedopater), Pastor in Goslar und später in Nordhausen, die dieser zwischen 1577 und 1612 angeschafft hatte. Der letzte große Zuwachs gelangte durch den Büchernachlaß von Archidiakon und Magister Christoph Ludwig Obbarius (im Amt von 1740 bis 1761) in die Bibliothek.

1.3 Damit endete das aktive Interesse an der Bibliothek. Im 19. Jh erhielt sie noch einen oberflächlichen Standortkatalog, wurde aber nicht mehr vermehrt. Um 1980 wurde die Bibliothek dem Katechetischen Oberseminar in Naumburg als Depositum übergeben. Dort entstanden zwei neue, detaillierte Kataloge ( s. u. 3), die vor allem das umfangreiche Kleinschrifttum zugänglich machen. Derzeit befindet sich die Bibliothek als Sondersammlung (Depositum) in der Bibliothek des Evangelischen Predigerseminars in Wittenberg.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Gesamtbestand beträgt 2254 Titel mit einem hohen Anteil an Kleinschrifttum. Es handelt sich ausschließlich um historischen Bestand. Vorhanden sind 3 lateinische Inkunabeln. Aus dem 16. Jh stammen 321 Titel (162 in Deutsch, 154 in Latein, 2 in Hebräisch und 3 in Griechisch), aus dem 17. Jh 1085 (635 in Latein, 446 in Deutsch, 3 in Griechisch und einer in Hebräisch) sowie aus dem 18. Jh 840 (493 in Latein, 345 in Deutsch sowie je einer in Englisch und Französisch) sowie aus dem 19. Jh 5 Titel in Deutsch.

2.2 Sprachlich dominiert bis in das 18. Jh mit 1287 Titeln Latein. 958 Titel sind in Deutsch. Dazu kommen 7 Titel in den Bibelsprachen Griechisch (4) und Hebräisch (3) sowie je ein Titel in Englisch und Französisch. Systematische Übersicht

2.3 Da kein zuverlässiger Systematischer Katalog vorhanden ist, folgt die Beschreibung einer Gliederung nach modernen Gesichtspunkten.

2.4 Der mit 17 Titeln vergleichsweise große Bestand an bibliotheksgeschichtlichen Arbeiten, u. a. zur Druck- und Buchgeschichte sowie zur Katalogisierung, ist für eine Bibliothek dieser Ausrichtung eher selten. Vorhanden sind auch 4 Auktionskataloge von Johann Christoph Gottsched (1700-1766), Polycarp Leyser (1552-1610), Johann Lorenz von Mosheim (1694-1755) und Georg Pritius (1662-1732).

2.5 Mit besonderem Interesse wurde das Kleinschrifttum von Schulen und Universitäten gesammelt. 94 Titel davon betreffen Einladungen und Gelegenheitsreden, u. a. aus Altdorf, Altenburg, Erfurt, Gera, Gießen, Halle, Helmstedt, Jena, Leipzig, Nordhausen, Rostock, Wittenberg sowie Erfurt. 415 Titel sind Dissertationen des 17. und 18. Jhs aus den Bereichen Theologie (357 Titel), Philosophie (17), Philologie (4), Jura (21), Medizin (12) und Mathematik (einer). Dabei sind folgende Universitäten und Gymnasien vertreten: Altdorf, Danzig, Dresden, Erfurt, Gießen, Göttingen, Halle, Hamburg, Heidelberg, Helmstedt, Jena, Kiel, Königsberg, Leipzig, Rinteln, Rostock, Straßburg, Tübingen und Wittenberg. Die mitteldeutschen Akademien haben dabei deutlich das Übergewicht. Abgerundet wird der Bestand durch 23 Zeitschriften des 18. Jhs (22) und 19. Jhs (eine), vorwiegend theologischen Inhalts ( z. B. Allgemeine Kirchenzeitung, 1829-1830). Vorhanden sind auch 3 Zeitschriften aus dem Bereich Schulerziehung (Altes und Neues von Schulsachen, 1752-1755; Der deutsche Schulfreund, 1799-1816 und Almanach für Schullehrer, 1799-1800).

2.6 Umfangreich ist erwartungsgemäß der theologische Bestand. Zur Bibelauslegung und zur sprachlichen Erschließung der Bibel liegen 194 Titel vor. Die 16 Titel zur Bibelauslegung im allgemeinen verteilen sich auf 4 in hebräischer, 7 in lateinischer und 5 in deutscher Sprache. Zur unmittelbaren Bibelauslegung liegen 163 Titel vor. Eine weitere Gruppe dient der sprachlichen Erschließung, wobei 15 Titel dem Hebräischen und 10 dem Griechischen gewidmet sind. Die 104 bibelwissenschaftlichen Arbeiten umfassen allgemeine Nachschlagewerke sowie Titel zu Einzelfragen.

2.7 Im Bereich Kirchengeschichte sind die Quellenausgaben von 14 Kirchenvätern zu nennen, ebenso verschiedene Gesamt- und Einzelausgaben der Reformatoren (32 Titel). Von Luther liegen sowohl die Wittenberger und die Jenaer als auch aus dem 18. Jh die Hallische Ausgabe vor. Neben Luther vertreten sind Melanchthon, Johannes Brenz, Georg Fürst von Anhalt und Georg Major. Polemische Flugschriften sind mit 5 Titeln vorhanden. Unter den weiteren 102 geschichtlichen Titeln sind auch Biographien.

2.8 Der Systematischen Theologie sind die Bekenntnisschriften (15 Titel) zuzurechnen, darunter eine Ausgabe der Confessio bohemica aus dem Jahre 1619. Dogmatischen Grundsatzfragen gelten 166 Titel, der polemischen Auseinandersetzung 282. Thematisiert werden der Calvinismus in Anhalt, der Einfluß des Islam in Osteuropa, die Kontroverse um den Übergang des brandenburgischen Kurfürsten zur Reformierten Kirche, die Herrnhuter und der Kampf um den Pietismus. Vorhanden ist u. a. Gottfried Arnolds Kirchen- und Ketzerhistorie (Frankfurt a. M. 1699-1700). Der Ethik widmen sich 30 Titel.

2.9 Der Bestand zur Praktischen Theologie (21 Titel) enthält vorwiegend Werke zur Pastoraltheologie und Beichtanleitungen. Zur Liturgik und Hymnologie liegen 11 Titel vor, darunter 2 Agenden, 5 theoretische Schriften zur Liturgik und 3 zur Hymnologie sowie ein Gesangbuch. Im Bereich Polemik verdient u. a. die Schriftensammlung zum Nordhäuser Gesangbuchstreit Erwähnung. Einen vergleichsweise großen Raum nimmt mit 155 Titeln die Predigtliteratur ein, schwerpunktmäßig aus dem 17. Jh, z. T. aber auch schon aus dem 16. Jh. Sie wird ergänzt durch 88 Leichenpredigten, von denen sich eine Reihe auf Nordhausen beziehen und in einem Konvolut zusammengefaßt sind. Die Erbauungsliteratur umfaßt 69 Titel. Zur Homiletik liegen 13 Schriften vor, zur Rhetorik 6. Insgesamt nur 11 Titel widmen sich der Katechetik (5 Titel zu den Quellen und 5 theoretische Schriften). Das Kirchenrecht behandeln 18 Titel.

2.10 Zur antiken lateinischen Literatur finden sich 7 Titel. Überwiegend in neulateinischer und griechischer Sprache abgefaßt sind die Gelegenheitsgedichte aus dem 15. bis 18. Jh (81 Titel). Zur Philologie liegen insgesamt 38 Titel vor, darunter auch einige deutsche Texte. Erwähnung verdienen die Theatereinladungen des 17. Jhs aus Erfurt und Quedlinburg. Die Philosophie im engeren Sinne ist mit 57 Titeln vertreten. Dazu gehören auch 6 frühe Drucke von Jakob Böhme. Der philosophischen Ethik sind 11 Titel, der Pädagogik 3 Titel zuzurechnen.

2.11 Der Bestand zur Geschichte umfaßt 126 Titel. Darin sind 55 Flugschriften enthalten, u. a. das Ende des 16. Jhs, den Dreißigjährigen Krieg und die Zeit um 1740 berührend. Hinzuweisen ist auch auf 9 biographische Werke, so Johann Gerhard Meuschen, Vitae summorum dignitate et eruditione virorum (Coburg 1735-1736), Justus Christoph Motscnn, Erfordia literata (Erfurt 1729-1732) und Giovanni Vittorio Rossi, Pinacotheca (Leipzig 1692). Als weitere kleinere Bestände sind anzuführen: 16 juristische Titel und 3 Musikalien mit Werken von Georg Eberhard Schöner (1659) und Johann Rudolf Ahlen (ca. 1660). Die 19 naturwissenschaftlichen Schriften wurden ohne Schwerpunktbildung gesammelt. Eine Ausnahme im Gesamtcorpus der Bibliothek bildet ein Werk über die Baukunst.

3. KATALOGE

Alphabetischer Katalog [in Zettelform; nach PI]

Standortkatalog [in Zettelform; nach PI]

Die Bestände sind im Kirchlichen Zentralkatalog Berlin (Mikroficheausgabe 1997) nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Hiller, Hermann: Geschichte der Stadt Heringen an der Helme. [Selbstverlag] 1927

Stand: August 1998

Konrad von Rabenau


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.