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Bibliothek der Evangelischen St. Nikolaikirche

Adresse. Weißlandstr. 21, 88316 Isny [Karte]
Telefon. (07562) 2314

Unterhaltsträger. Evangelische Kirchen- und Hospitalverwaltung Isny
Funktion. Spätmittelalterliche Prädikantenbiblio- thek.
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung mit dem Evangelischen Pfarramt I, Adresse wie oben. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erforderlich. Busverbindung ab Bahnhof Leutkirch oder Kempten. A 7, Ausfahrt Kempten; B 12.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Der Konstanzer Domherr Johann Guldin stiftete im Jahre 1462 in seiner Heimatstadt Isny an St. Nikolai eine Prädikatur " zur underwisung des wegs zu der ewigen sälikeit". Eines der Hauptmittel zur Beförderung der notwendigen Kirchenreform im Spätmittelalter war die private Stiftung von Predigerstellen. Durch solche Prädikaturen vermochte man qualifiziertere Prediger auf die Kanzeln zu bringen, die den inkompetenten Pfarrklerus durch Konkurrenzdruck zur Reform zwingen konnten. Zwei Vorbedingungen wurden für die biblizistische Glaubensvermittlung immer dringender: akademische Bildung und persönliche Glaubwürdigkeit; oder, wie der Stifter sagte: " das sine wort und werk ainander glich syen". Für seine Vorbereitung und Weiterbildung sollte dem Prediger eine geeignete Bibliothek zur Verfügung stehen.

1.2 Guldin erhöhte 1465 das Stiftungskapital für den Bau einer gesonderten Kapelle, eines Hauses für den Prediger und den Aufbau einer Bücherei, was dem Konstanzer Bischof aber zu weit ging, so daß er 1470 das Predigerhaus wieder verkaufen ließ: es sei zu teuer und zu abgelegen. Die Empfehlung des Bischofs, ein geeigneteres Haus zu erwerben und dazu ein Gewölbe für die Aufnahme der Bücher bereitzustellen, " so an das predigtamt gewidempt s[e]ind", wurde indi- rekt befolgt, indem man an die Kirche einen entsprechenden Raum anbaute und damit die Prädikatur endgültig an die St. Nikolaikirche band. Nach der Mitte des 15. Jhs wurde die Kirche umgebaut. Man errichtete anstelle der romanischen Apsis des Mittelschiffs von 1288 ein gotisches Chor und über der nördlich angebauten neuen Sakristei originellerweise einen etwa 5 mal 5 Meter großen Raum, der von Anfang an als " Gewölb für die Liberey" bestimmt war. Dieser erstmals 1482 urkundlich erwähnte Büchereiraum, der vom Chor aus durch eine in die Mauer gebrochene scle, steile Treppe erreichbar ist, wurde mit Fresken der Zeit programmatisch ausgemalt: Die vier Deckenfelder enthalten je ein Medaillon mit den Evangelisten zusammen mit je einem der lateinischen Kirchenlehrer, die Fensternischen Darstellungen von Jesus und Maria. Die über drei Meter hohen Wandregale stammen aus dem späten 16. Jh. Der Raum gehört in seiner heutigen Erscheinungsform und Ausstattung zu den ältesten erhaltenen Bibliotheksräumen überhaupt. Als ein besonderer Glücksumstand muß gelten, daß die Prädikantenbibliothek nie einer Plünderung, Zerstreuung durch Säkularisation oder einem Feuer, wie dem für die Stadt Isny verheerenden Brand von 1631, zum Opfer fiel. Sie ist für die Kontinuität von der mittelalterlichen Reformbewegung über die Reformation bis in das 17. Jh exemplarisch und in ihrer besonderen Überlieferungsform wohl einmalig.

1.3 Die Entwicklung der Prädikantenbibliothek besonders in ihrer Blütezeit vom Ende des 15. bis gegen Mitte des 17. Jhs ist geprägt durch zahlreiche Stiftungen aus Privatbesitz, wodurch sie zu einem wirkungsvollen Instrument reformatorischer Predigt wurde. Das Wort, es sei kaum ein Buch gegen Geld gekauft und nie ein aufgenommenes Buch ausgeschieden worden, dürfte der Wirklichkeit wohl nahe kommen. Unter den Stiftern fanden sich ebenso Geistliche (Prediger und Pfarrgeistliche) wie Laien (Bürgermeister, Ratsherren, Handelsherren) alles Bürger der Stadt Isny. Die früheste nachweisbare Stiftung ist die des " vicarius perpetuus" Conrad Brenberg (beurkundet am 29. April 1482), der seine Privatbibliothek, bestehend aus 29 Bdn, davon 16 Hss., der Bibliothek vermachte. Einen Hinweis, daß der Buchdruck noch in den Anfängen war, geben weitere frühe Schenkungen aus dem Übergang vom 15. zum 16. Jh: Johann Balloff stiftete 9 Manuskripte, Johann Amann 2, Johann Nußkern 7; Jodokus Loner brachte sein von ihm selbst abgeschriebenes Vokabularium ein. Den vorzüglichen Wert, dem man Hss. vor den Drucken zuschrieb, zeigen die deutlichen Spuren von Kettengliedern, womit man sie sicherte. So hat 1518 Pfarrer Dr. Johann Lantmann urkundlich 5 Inkunabeln und 2 Hss. eingebracht. Da ein gewisser Johann Lantmann aus der Diözese Konstanz 1489 als Rektor der Universität Paris genannt wird, vermutet man, daß durch denselben die auffallend hohe Anzahl von 37 Pariser Inkunabeln in die Isnyer Bibliothek gekommen ist.

1.4 Die wichtigsten Donatoren des 16. Jhs waren Mitglieder der Familie Buffler: Peter Buffler hatte dem bekannten Hebraisten Paul Fagius während seiner Isnyer Zeit 1537 bis 1542 eine Druckerei eingerichtet. Mehrere hebräische Werke des Fagius aus dieser Druckerei sind in die Prädikantenbibliothek gelangt. Zu diesem kleinen aber wertvollen Bestand sind noch etliche hebräische Werke hinzuzuzählen. Weitere Bände tragen den Besitz- oder Stiftungsvermerk der Bufflers, so die deutsche Luther-Ausgabe (Jena 1563-1568). Auch die lateinische Jenaer Luther-Ausgabe (1579-1583) und das berühmte Straßburger Gesangbuch (1541) sind durch die Bufflers gestiftet worden. Die wohl umfangreichste, aber späte Stiftung kam 1655 vom Bürgermeister und Kirchenpfleger Georg Baldenhofer. Sie umfaßt unter den 108 Titeln neben 3 Inkunabeln 65 Reformationsdrucke. Danach kamen deutlich weniger Bücher durch Legate in die Bibliothek. Nennenswert ist aus dem 18. Jh noch eine ansehnliche Sammlung von Werken der Herrnhuter Brüdergemeine, welche wahrscheinlich aus dem Nachlaß des Johann Michael Bregenzer nach 1758 in die Bibliothek kamen. Unter der pietistischen Literatur stechen besonders 30 Schriften des Grafen Zinzendorf hervor. Auch wenn noch bis ins 19. Jh vereinzelte Neuzugänge feststellbar sind, so dürfte diese Bibliothek damals bereits musealen Wert gehabt haben.

Helmut Schmid

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die weniger durch den Umfang als durch die Qualität ihrer Bestände wertvolle Bibliothek umfaßt etwa 2650 Titel. Sie ist in der spätmittelalterlichen Reformbewegung entstanden und hatte ihren Höhepunkt in der Reformationszeit. Dementsprechend liegt ein Schwerpunkt in der Flugschriftenliteratur der frühen Reformation. Diese Tradition reformatorischer Glaubensverkündigung setzte sie fort, doch schon um die Jahrhundertwende vom 16. zum 17. Jh begann die Bibliothek zu stagnieren, und nach dem Dreißigjährigen Krieg erhielt sie nur noch sporadisch neue Literatur. Das Schwergewicht liegt mit 65 Prozent aller Titel auf der Theologie des 16. Jhs. Dabei ist der Reformhumanismus, der nur bedingt angemessen unter die Philologica gestellt wurde, hinzuzurechnen. Für das historische Profil müssen auch die 158 Inkunabeln (fast 8 Prozent der Theologie) und die 80 Hss. des 15. Jhs wegen ihres meist reformerischen Inhalts berücksichtigt werden. Im 17. Jh sind, vor allem in der ersten Hälfte, 400 theologische Titel (also ein knappes Viertel) in die Bibliothek eingegangen, im 18. Jh noch 166 (8 Prozent) und im 19. Jh nur knapp ein Prozent. Verstärkt wird der Charakter der Bibliothek dadurch, daß die nachweisbaren Stiftungen vor allem aus " alten" Werken der Inkunabelzeit und der frühen Reformation bestanden. So stiftete Johann Chr. Zobel noch 1642 3 Inkunabeln; im großen Legat Baldenhofers von 1653 werden neben den 65 z. T. seltenen Reformationsdrucken 3 Inkunabeln hervorgehoben.

2.2 Für die gelehrte Intention der Stifter spricht, daß die Werke zu über zwei Dritteln lateinisch sind. Die Bibliothek sollte den Predigern die gelehrten Handreichungen bieten, welche sie für ihre deutschen Predigten benötigten. Der hohe Anteil von biblischen und patristischen Originaltexten und von griechischen und hebräischen Werken betont dies. Die Werke vor 1500 sind alle lateinisch, die des 16. Jhs zu über drei Vierteln und die des 17. Jhs zu 40 Prozent. Selbst bei Autoren des 16. Jhs, deren Schriften weitgehend auch volkssprachlich zugänglich waren, ist der deutschsprachige Anteil niedriger als zu erwarten. Von 81 Lutherschriften ist eine Hälfte in Latein, die andere in Deutsch vorhanden, bei Melanchthon ist das Verhältnis 38 zu 1, bei Bucer 5 zu 1 und bei Erasmus von Rotterdam 34 zu 4. Deutsch dominiert erst ab der Mitte des 17. Jhs bei absolut stark sinkenden Zahlen. Im 18. Jh wird die lateinische Sprache verdrängt. Andere Sprachen Italienisch oder Französisch spielen nur in speziellen Bereichen eine Rolle. Systematische Übersicht

2.3 Der heute gültige alphabetische Bandkatolog von Immanuel Kammerer (s. u. 3.1) verzeichnet auch jeweils den systematischen Standort. Die insgesamt etwa 2650 Werke sind nach folgenden Sachgruppen unterschiedlichen Umfangs aufgestellt: Theologie (1670 Titel), Recht (70), Medizin (372), Geschichte (258), Philologie (236) und Geographie (26). Auch wenn die Aufstellung im einzelnen besonders in den Bereichen Philologie, Geschichte und Theologie fließend erscheint, sind die Schwerpunkte eindeutig: die Theologie umfaßt 62 Prozent aller Titel, die Medizin 14 Prozent, etwa 8 Prozent sind Hebraica. Die Schwerpunkte werden noch markanter, wenn man sie chronologisch aufschlüsselt. Von der theologischen Literatur sind etwa 1000 Schriften im 16. Jh als reformatorische Werke gesammelt worden. Bei der medizinischen Literatur stammen fast alle Ausgaben aus dem 16. Jh, abgesehen von 13 Inkunabeln und 11 Titeln aus dem 17. bis 19. Jh. Im Vergleich zu anderen Bibliotheken ähnlicher Zielsetzung ist unter den philologischen Werken mit insgesamt 236 Titeln des 15. und 16. Jhs der Anteil humanistischer Werke (Klassiker-Ausgaben, Grammatiken der Bibelsprachen und Rhetorik) eher gering. Das schließt nicht aus, daß bestimmte humanistische Klassiker wie Erasmus und spezielle Sammelgebiete, z. B. Hebraistik, deutlich vertreten sind. Weniger stark repräsentiert sind Juridica (25 Inkunabeln und 35 Ausgaben des 16. Jhs), Geschichte (mit Schwerpunkt im 16. und 17. Jh) und Geographie (29 Drucke des 17. und 18. Jhs).

2.4 Dem Bestimmungszweck als Handbibliothek dienten besonders die 1000 theologischen Werke des 16. Jhs. Zwei Schwerpunkte sind hervorzuheben: Werke der frühen Reformationszeit und der lutherischen Orthodoxiebildung seit der Mitte des Jahrhunderts. Diese Einteilung wird durch die Kataloge von Otto Leuze (s. u. 3.1) nahegelegt, in denen, einschließlich der Inkunabeln, 615 Titel vor 1530 verzeichnet sind.

2.5 Bei den Reformations-Drucken dominieren die großen Autoren: Luther mit 69 Titeln, Zwingli mit 21, Erasmus mit 19, Melanchthon mit 18, Oekolampad mit 15, Bugenhagen mit 11. Darauf folgen Franz Lampert mit 9 Titeln, Andreas Karlstadt mit 7, Urbanus Rhegius mit 5, Hutten mit 5 und Caspar Schatzgeyer mit 4. Darunter befinden sich seltene und frühe Ausgaben. Andererseits sind verbreitete Autoren der Zeit kaum vertreten wie die katholischen Gegner der Reformation. Aus der Bauernkriegspublizistik ist nur die Erstausgabe An die Versammlung gemeiner Bauernschaft (1525) vorhanden. Etliche Flugschriften finden sich hier, z. B. Benedikt Gretzingers Beschirmbüchlein, 2 Flugschriften Ludwig Hätzers von 1523, eine Ausgabe des ersten Märtyrers der Reformation Heinrich von Zütphen (Augsburg: Steiner 1526), Hartmut von Cronbergs Vermahnung an alle Stände (Augsburg: Steiner 1523) und zwei Flugschriften des Augsburger Täufers Johannes Landtspergers, die Nießung des Sakramentes (1524) und An alle Regiment der Obrigkeiten deutscher Nation (1526). Auch die Basler Ausgabe des Defensor pacis (1522) von Marsilius von Padua (mit Hans Holbeins Holzschnitt) und Dietrich Talbergers Christlicher Unterricht (Augsburg: Steiner 1524) kamen in die Bibliothek (die erste durch Curio). Doch sind praktisch alle selteneren Drucke aus der frühen Reformation erst später durch Sammler wie Georg Baldenhofer (1655) in die Bibliothek gelangt.

2.6 Nach Zwinglis (1529) und, noch deutlicher, nach Luthers Tod (1546) verlieren die Werke der süddeutsch-schweizerischen Reformation (Straßburg, Zürich, Basel) gegenüber den mitteldeutschen und schwäbischen Universitäten (Wittenberg, Leipzig, Jena, Tübingen) an Bedeutung. Zwinglis Nachfolger Heinrich Bullinger ist noch mit 10 Werken, Jean Calvin nur mit 2 vertreten (einer lateinischen und einer deutschen Ausgabe seiner Institutio christianae religionis). Dagegen dominieren die Vertreter der lutherischen Orthodoxie Martin Chemnitz (8 Titel), David Chyträus (9), Christoph Fischer (8), Aegidius Hunnius (6), Georg Maior (16) und Johann Wigand (11). Tübingen als Studienort etlicher Prediger ist ebenfalls überdurchschnittlich oft als Druckort vertreten, selbst mit weniger berühmten Autoren wie Jakob Andreae (20) und Jakob Heerbrand (10). Einige regionale Schwerpunkte in diesem Bereich werden bei Gesangbüchern, Katechismen, Kirchenordnungen und Leichenpredigten deutlich - etwa die Leichenpredigt des Isnyer Predigers Johannes Porcelius für Jobst Feurstain vom 17. Juni 1580 (ohne Orts- und Jahresangabe) oder ein Isnyer Katechismus von 1657 (gedruckt in Ulm).

2.7 Den bemerkenswertesten Sonderbestand stellen die meist aus dem 16. Jh stammenden annähernd 120 Titel von hebräischen oder aus dem Hebräischen übersetzten Schriften mit immerhin fast 8 Prozent aller Titel dieses Jahrhunderts dar. Davon sind gut die Hälfte Kommentare, Übersetzungen und Auslegungen von hebräisch überlieferten Bibeltexten (wie der Psalmen, Propheten, des Pentateuch etc). Bei dieser Zählung wurden nur Titel von ausgewiesenen Hebräisten (wie Konrad Pellikan, Wolfgang Capito, Johannes Oekolampad, Franz Lambert, Wolfgang Musculus u. a.) berücksichtigt. Sie wurden zur Predigt und Schrifterklärung herangezogen und verdeutlichen so den reformatorischen Anspruch der Isnyer Prädikatur.

2.8 Grammatiken, Lexika, hebräische Textsammlungen etc. machen einen erheblichen Teil dieser Sammlung aus. Im Mittelpunkt stehen Paul Fagius, Sebastian Münster und Elias Levita. Fagius war zusammen mit Sebastian Münster Schüler des Elias Levita (1472-1549) und hat die Jahre 1537 bis 1542 als Pfarrer in Isny verbracht. Fagius wurde als Nachfolger von Johann Zwick nach Konstanz, dann in die Nachfolge des verstorbenen Capito 1546 nach Straßburg berufen. Isny wurde durch Fagius zu einem Zentrum der hebräischen Studien. Der Patrizier Peter Buffler richtete ihm eine Druckerei ein, in der er 1541/42 mindestens 6 hebräische Werke herausgab, zuerst Arbeiten seines Lehrers Elias Levita. Dieser soll sich zeitweise in Isny aufgehalten haben. So gab Fagius das Lexicon chaldaica und die lateinische Version der Opuscula hebraica seines Lehrers heraus. Daneben edierte er alte hebräische Gebete und Sentenzen. Als eigene Beiträge veröffentlichte er seine hebräische Grammatik und seinen Genesis-Kommentar. Den Kommentar des David Kimchi zu den ersten 10 Psalmen gab er noch 1542 in Isny heraus; der chaldäische Targum des Onkelo zum Pentateuch kam 1546 von ihm annotiert in Straßburg zum Druck. Über die Buffler-Erben gingen diese Werke in die Predigerbibliothek ein.

2.9 Auch 16 hebräische Titel des Sebastian Münster, zwischen 1520 und 1543 bei Froben und Petri in Basel erschienen, sind vorhanden. Sie umfassen neben Werken seines Lehrers Elias Levita Kommentare zur Biblia hebraica und ihre lateinische Neuübersetzung (Froben 1520, 1524 und 1534/35) seine eigenen Arbeiten zur hebräischen und chaldäischen Grammatik. Darunter ist auch sein bekanntes Dictionarium trilingue von 1543.

2.10 Das Interesse an der Bibliothek blieb auch nach der Isnyer Zeit des Fagius im ganzen 16. Jh erhalten. Dies zeigt sich an Moses Kimchis Grammatica hebraica (Hagenau: Anshelm 1519 ) und Reuchlins Rudimenta Hebraica (Basel: Froben 1522). Nach Fagius' Weggang 1542 wurden weiterhin angeschafft: Anton Reuchlins Hebräische Grammatik (Basel: Petri 1554), Michael Neanders Sanctae linguae Hebraeae erotemata (Basel: Oporin 1556), Mordechai Nathans Concordantiarum Hebraicum capita (Basel: Petri 1557), Johann Habermann-Avenarius' Ebraeae grammaticae duo libelli (Wittenberg: Crato 1562), Bonaventura C. Bertramus' Comparatio Grammaticae Hebraicae et aramaeicae (1574) sowie Thomas Blebels Grammaticae Hebraeae linguae institutiones (Wittenberg: Crato 1587).

2.11 Die über 370 medizinischen Werke stammen fast alle aus dem 16. Jh (11 nach 1600). Durch wen diese Sammlung mit z. T. seltenen Titeln in die Bibliothek gekommen ist, ist ungeklärt. Als Käufer, Eigentümer und Spender taucht der Arzt Felix Manlich (1578-1603) siebenmal auf. Er scheint einige Werke von Vitus Eisenmann (4 Nachweise) erworben zu haben. Die Häufung von Werken z. T. weniger bekannter Autoren ist auffällig. Die Klassiker (Galen mit 26 Ausgaben, Hieronymus Cardanus mit 7 Lyoner und Basler Drucken und Montanus mit 10) sind in etlichen Ausgaben vorhanden. Auch speziellere deutsche Mediziner (Thomas Erastus mit 9 Titeln) sowie italienische Ärzte (Anton Musa Brassavola, 14) und französische (6 Lyoner Ausgaben von Symphorianus Champerius) finden sich. Der Vergleich mit anderen medizinischen Bibliotheken macht die Besonderheit der Sammlung deutlich. Zwei Drittel der medizinischen Drucke sind in Wolfenbüttel nicht nachweisbar. Neben Werken deutscher Humanisten (Brunfels, Paracelsus, Eobanus Hessus) sind viele italienische und französische Mediziner und Drucker vertreten. So liegen 5 Ausgaben des Italieners Gabriele Falloppio in venezianischen und Paduaner Ausgaben (1561-1566) vor. Von dem Pariser Mediziner Jean Fornel sind 4 venezianische und eine Frankfurter Ausgabe (1550-1585) vorhanden. Der hohe Anteil italienischer und französischer Ausgaben hat wohl seinen Grund in den Handelsbeziehungen Isnyer Bürger besonders über die Große Ravensburger Handelsgesellschaft. Eher regionale Einflüsse spiegeln sich in den 8 Ausgaben des Tübinger Medizinprofessors und Ansbach-brandenburgischen Leibarztes Leonhard Fuchs (1501-1566) wider, der auch 3 Galen-Werke herausgegeben hat.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Kammerer, Immanuel: Verzeichnis der in der Bibliothek der Evang. Nikolauskirche in Isny vorhandenen Drucke. 1939 [alphabetischer Bandkatalog, hschr.; 2 Bde und Registerband]

Leuze, Otto: Die Wiegendrucke der Bibliothek der Evangelischen Nikolauskirche in Isny. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte 23 (1916) S. 236-292 [170 Nummern]

ders.: Isnyer Altdrucke. Verzeichnis der in der Bibliothek der Evangelischen Nikolauskirche in Isny vorhandenen Drucke aus der Zeit von 1501-1517. In: Blätter für württembergische Kirchengeschichte, N. F. 25 (1921) S. 128-173 [104 Nummern]

ders.: Isnyer Reformationsdrucke. Verzeichnis der in der Evangelischen Nikolauskirche in Isny vorhandenen Drucke aus den Jahren 1518 bis 1529. Isny 1924 [340 Nummern]

Die Bestände sind nicht im Zentralkatalog Baden-Württemberg nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

(im Kirchenpflegarchiv: Registratur des ersten evangelischen Stadtpfarramtes):

Catalogus librorum bibliothecae res publicae Ysnensis [von 1596]

Systematischer Katalog des Abel Renz

[von 1652, mit Autorenregister]

Katalog des Hieronymus Fehr [von 1722, mit Ergänzungen durch Anton Raimund Vincenz 1856]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Specht, Johann Heinrich: Isnisches Denkmal. Lindau 1750

Bossert, Gustav: Kirchenarchive und Kirchenbibliotheken in Württemberg. In: Schwäbischer Merkur 1896, S. 321-322

Kammerer, Immanuel; Kopp, Georg: Die Nikolaikirche in Isny und ihre Bibliothek. Isny (Selbstverlag) 1949 [auch erschienen in Schwäbische Heimat 4 (1953) S. 126-128]

Kammerer, Immanuel: Isny im Allgäu. Kempten 1956

Kammerer, Immanuel; Weible, Ulrich: Praedikantenbibliothek der Evangelischen Nikolaikirche Isny im Allgäu. München 1976 (Kleine Kunstführer Nr. 1045)

Stand: September 1992

Heinz Holeczek


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.