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Bibliothek des Evangelischen Stifts

Adresse. Klosterberg 2, 72070 Tübingen [Karte]
Telefon. (07071) 561-191
Bibliothekssigel. <Tü 69>

Unterhaltsträger. Evangelische Landeskirche in Württemberg
Funktion. Theologische Spezialbibliothek.
Sammelgebiete. 1. Allgemeines Sammelgebiet: Theologie. - 2. Besondere Sammelgebiete: Württembergische Kirchengeschichte, Zinzendorfiana, Dissertationen (16. bis 18. Jh).

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek (historischer Bestand). Benutzung nach Vereinbarung. Die Bibliothek ist Teil des Bibliotheksverbundes der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung empfehlenswert. Fußwegnähe vom Bahnhof (ca. 10 Minuten). A 8, Kreuz Stuttgart-Degerloch; B 27. A 81, Ausfahrt Herrenberg; B 28. Keine Parkmöglichkeit.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Nach der Wiedereinnahme seines Herzogtums und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einführung der Reformation gründete Herzog Ulrich von Württemberg (reg. 1503-1519 und 1534-1550) im Jahr 1536 das herzogliche " Stipendium" (Stift) in Tübingen. Es sollte aus kirchlichen Mitteln zukünftigen Pfarrern oder Lehrern das Studium der Theologie an der Landesuniversität in Tübingen ermöglichen. Unter Herzog Christoph (reg. 1550-1568) wurde die Ordnung des Stipendiums zusammen mit weiteren Ordnungen des Rechts-, Schul- und Kirchenwesens in der Großen Kirchenordnung (1559) veröffentlicht.

1.2 Ab 1547 fanden die Stipendiaten im ehemaligen Augustinerkloster in Tübingen Wohnung, Verpflegung und die ihnen zugedachte wissenschaftliche Studienbegleitung. Die Zahl der Stipendiaten, zunächst auf 70 festgelegt, wurde bald auf 100 und im Jahre 1565 auf 150 erhöht. Während eines etwa fünfjährigen Stiftsaufenthaltes war von allen Stipendiaten das Grundstudium an der Artistenfakultät (mit Magisterprüfung) und anschließend das Studium der Theologie in einem genau geregelten Studiengang zu absolvieren.

1.3 Eine erstmals für 1543 nachweisbare Bücheranschaffung galt der schon von Herzog Ulrich geforderten musikalischen Bildung der Stipendiaten. Anfang und Grundstock der theologischen Bibliothek bildeten 3 Fässer mit Büchern, die von Herzog Christoph am 28. September 1557 dem Stipendium übersandt wurden mit der Bestimmung, daß die Bücher " ordentlich registriert und von unseren Stipendiaten zu Nutz und Förderung ihrer Studien gebraucht werden".

1.4 Christoph Weismann ( s. u. 4.2) hat deutlich gemacht, daß es sich dabei wahrscheinlich um die Bibliothek des 1555 verstorbenen, aus Krain in Slowenien stammenden Humanisten Michael Tiffern handelte, der 1527 zum Lehrer und Erzieher des späteren Herzogs Christoph von Württemberg berufen wurde und bis 1550 dessen Begleiter und Berater war. Wenn Herzog Christoph zu den gebildetsten Fürsten seiner Zeit gehörte, dann war das wohl vor allem ein Verdienst von Tiffern, der nun auch als der eigentliche Gründer der Stiftsbibliothek gelten darf. Weismann nimmt an, daß der größte Teil der Privatbibliothek Tifferns (s. u. 4.1; 311 von den im wiederaufgefundenen Katalog verzeichneten 359 Bdn) nach Tübingen kam und den Grundstock der Stiftsbibliothek bildete - mit Schwerpunkten bei den Klassikern der Antike, den Kirchenvätern und der Literatur der Reformatoren. Die folgende Darstellung der Geschichte der Stiftsbibliothek faßt die Arbeiten von Martin Brecht und Martin Leube ( s. u. 4.2) zusammen.

1.5 Nach der Gründung der Bibliothek erfolgte eine schnelle weitere Aufstockung. 1560 wurde ein Teil der Bibliothek des Balthasar Käuffelin gekauft (1535-1559 Professor der Theologie in Tübingen). 1563 konnte die Bibliothek des verstorbenen Graezisten und Melanchthonschülers Matthias Garbitius Illyricus (1537-1559 Professor der Sprachen und der Moral in Tübingen) erworben werden. Diese empfahl sich wegen ihrer für das Grundstudium der Stipendiaten wichtigen Schwerpunkte im Bereich der Artes und der Philosophie. 1564 kamen Bücher aus dem Klosterbesitz von Güterstein und aus dem früheren Stift Urach dazu. Ab 1560 läßt sich auch ein Etat für regelmäßige Bücheranschaffungen nachweisen. Der älteste erhaltene Katalog der Bibliothek trägt die Jahreszahl 1605. Er verzeichnet unterteilt nach Formaten die damals vorhandenen Bücher: ca. 210 Kurztitel in Folio, 240 in Quart, 140 in Oktav, ferner Musikalien und Musikinstrumente.

1.6 Während des Dreißigjährigen Krieges, in dem die Fortführung des Stipendiums mehrmals gefährdet war, hat die Stiftsbibliothek im Unterschied zu anderen fürstlichen Büchereien in Tübingen keine Verluste durch Gewalt erlitten. Eine größere Bestandsvermehrung erfolgte durch den Erwerb der Bibliothek des Streittheologen Theodor Thumm (1618-1630 Professor in Tübingen). Sie enthielt eine große Zahl von Disputationen und polemischen Schriften. 1654 bekam das Stift die theologische Bibliothek des 1616 verstorbenen Stuttgarter Kammerpräsidenten Jakob Guth. Fast die Hälfte seiner Bibliothek bestand aus Predigten, Postillen, Katechismus- und Erbauungsliteratur.

1.7 Dem Katalog der Stiftsbibliothek aus dem Jahr 1758 mit 558 Folio-Nummern, 307 Quart-Nummern und 419 Oktav-Nummern ist auch ein Katalog der Guthschen Bibliothek aus dem gleichen Jahr angebunden. Er verzeichnet zusätzlich 158 Folio-Nummern, 175 Quart-Nummern und 149 Oktav-Nummern. Noch heute fällt dieser Bestand durch die ansprechenden roten Einbände auf. Diese Kataloge entstanden im Rahmen der 1757 beginnenden Bibliotheksreform, durch die erstmals auch ein Student als Subbibliothekar angestellt wurde. Er war für den schon 1726 von den Stipendiaten beantragten und jetzt gewährten Zutritt zur Bibliothek und für die ordnungsgemäße Verwaltung der Buchbestände und Entleihungen verantwortlich.

1.8 Zwei wichtige Förderer, die sich in ihrem jeweiligen Einflußbereich für den Ausbau der Stiftsbibliothek einsetzten, waren Christian Friedrich Schnurrer (ab 1772 Orientalist und Professor für Hebräisch in Tübingen, 1777-1806 zugleich Ephorus des Stifts, 1806-1817 Kanzler der Universität) und Ludwig Timotheus Spittler (1777-1779 Repetent im Stift, danach Professor für Geschichte in Göttingen und ab 1797 Geheimer Rat in Stuttgart). In Schnurrers Amtszeit, während der auch Hegel, Hölderlin und Schelling Stipendiaten waren, fiel der Umbau des Stifts und die Herrichtung der einstigen Kapelle zum Bibliotheksraum (1794). Durch Schnurrers Vermittlung stiftete Freiherr Christian Heinrich von Palm aus Kirchheim 1801 einen beträchtlichen Bibliotheksfonds in Höhe von 3000 fl. zur Anschaffung von Büchern für die Bereiche Altphilologie, Philosophie, Mathematik und Physik. Daß Schnurrers eigene Privatbibliothek später nur noch zu einem kleineren Teil für das Stift erworben wurde, war durch das zögerliche Eingreifen der dann für solche Erwerbungen Verantwortlichen bedingt.

1.9 Spittler schließlich war die Bereitstellung finanzieller Mittel für außerordentliche Bücheranschaffungen zu verdanken. Er trug dazu bei, daß 1806 die umfangreichste Vermehrung der Stiftsbibliothek stattfand: der Kauf eines beträchtlichen Teils (über 2000 Bde) der Bibliothek von Gottlob Christian Storr (1777-1797 Professor der Theologie und Begründer der älteren Tübinger Schule, 1797-1805 Oberhofprediger in Stuttgart).

1.10 Viele neuere Ausgaben antiker Klassiker in der Stiftsbibliothek stammen aus der Bibliothek des 1807 verstorbenen Philologen Friedrich Ferdinand Drück (1773 Stipendiat, 1779 Professor in Stuttgart). Ins gleiche Jahr fiel auch eine Stiftung von Hofrat Jeremias D. Reuß (Professor der Philosophie und Universitäts-Bibliothekar in Göttingen). Werke der Kontroverstheologie kamen aus Klosterbibliotheken, die im Zuge der Säkularisierung aufgelöst worden waren. Einen altphilologischen Zuwachs brachte 1820 eine Bücherschenkung von Prof. Jäger. In Erinnerung an seine eigene Stipendiatenzeit vermachte Heinrich E. G. Paulus (1761-1851; 1779 Stipendiat, 1789 Professor für orientalische Sprachen in Jena, 1811 Professor für Philosophie und Theologie in Heidelberg) einen beträchtlichen Teil seiner Bibliothek dem Stift. Von ihm stammen viele Orientalia (Reiseberichte, Bibelübersetzungen, Bibelkommentare, Judaica). Dieser Nachlaß schuf die Notwendigkeit, den Bibliotheksbestand neu zu ordnen und im Katalog 440 Nummern (ohne Erwähnung der beträchtlichen Zahl von Dissertationen) nachzutragen.

1.11 An Bücherschenkungen sind noch zu erwähnen: von Prof. Johann Friedrich Tafel u. a. eine große Swedenborg-Ausgabe; 1877 vom Verlag J. Perthes (Gotha) aus Anlaß des Universitätsjubiläums 52 Werke; 1904 von Dr. Abegg 50 Werke. Eine Kapitalstiftung in Höhe von 10.000 Mark zur Anschaffung von philosophischer Literatur kam von dem 1904 verstorbenen Philosophen Christoph Sigwart. Auch eine Bücherspende mit etwa 180 (meist philosophischen) Werken stammt aus seinem Besitz. Der Verlag J. F. Steinkopf vermittelte Bücherstiftungen der britischen Bibelgesellschaft, ebenso eine pietistische Gesangbuchsammlung und Missionsliteratur. Den wertvollsten Zuwachs brachte die Übernahme der Büchersammlung des Tübinger Herrnhuter-Kreises, mit der das Stift eine der bedeutendsten Bibliotheken von Herrnhutiana und Zinzendorfiana erhielt (145 Bde).

1.12 Der Vermehrung stehen auch Abgänge gegenüber. Herzog Carl Eugen (reg. 1740-1793) forderte 1790 die Übergabe aller 101 in der Stiftsbibliothek vorhandenen Wiegendrucke an die von ihm gegründete Öffentliche Bibliothek in Stuttgart. Er ließ dafür die doppelte Zahl an Dubletten von Stuttgart nach Tübingen überweisen. Ähnliche Tauschgeschäfte, bei denen Einmaliges und Wertvolles eingetauscht wurde gegen Stuttgarter Dubletten, erfolgten noch öfter, zuletzt 1928. Andererseits wurden dem Tübinger Stift zwischen 1823 und 1870 Dubletten aus Stuttgart großzügig ohne Gegenleistung überlassen. Einschneidender für die Stiftsbibliothek waren Veräußerungen von alten Büchern aus Platzmangel oder wegen ihres schlechten Zustandes. Erstmals wurden 1833 etwa 300 Bücher ausgeschieden. Es ist anzunehmen, daß davon z. T. der älteste Bestand der Bibliothek betroffen war.

1.13 Mit der Vergrößerung und Umwandlung Württembergs in ein Königreich (1806) wurde aus dem Herzoglichen Stipendium das Königlich-Theologische Seminar. Als staatliche Bildungseinrichtung war es der Königlichen Oberstudiendirektion unterstellt. Seit 1793 existiert ein Alphabetischer Katalog. 1836 wurde der Umfang der Bibliothek mit über 13.000 Bdn angegeben. Ab 1840 ist ein geregelter Ankauf der für das Theologische Seminar wichtigen Neuerscheinungen nachweisbar. 1850 wurden neue Bandkataloge angefertigt.

1.14 Eine grundlegende Neuordnung der Bibliothek erfolgte in Verbindung mit dem Umbau des Stifts in den Jahren 1913 bis 1916. Martin Leube, der spätere Verfasser der Geschichte des Stifts ( s. u. 4.2), war damals als Stiftsrepetent mit der Bibliotheksreform betraut. Sonderbestände wurden dem allgemeinen Bestand am Ende der alten Formatabteilungen zugeordnet. Das betraf vor allem die " Predigtsammlung" (im wesentlichen die praktisch-theologischen Bestände der Guthschen Bibliothek im Quart- und Oktavformat), die " Dissertationssammlung" (in 310 Sammelbänden) sowie eine beträchtliche Anzahl weiterer akademischer Kleinschriften (Dissertationen, Disputationen, Reden und Programme aus der Zeit zwischen 1560 und 1830), die nach Verfassernamen alphabetisch geordnet wurden und heute in 629 Kassetten am Schluß der Oktavabteilung stehen.

1.15 Schließlich wurde zusammen mit der Neuanlage von Katalogen (darunter erstmalig auch ein Katalog in Zettelform) der Gesamtbestand der Bibliothek aufgeteilt in eine " neue" Abteilung (" Neue Bibliothek") mit den aktuellen und häufiger gebrauchten Büchern und eine " alte" Abteilung, in der etwa drei Viertel des damaligen Gesamtbestandes verblieben. Als " Alte Bibliothek" besteht letztere bis heute in dem damals festgelegten Umfang. Leube schätzte den Gesamtbestand der Stiftsbibliothek im Jahr 1915 auf rund 25.000 Bde.

1.16 1928 ging das Evangelische Stift in die Leitung und Verantwortung des Evangelischen Oberkirchenrats über. Die Stiftsbibliothek ist seit dieser Zeit Eigentum der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Die Stiftsordnung von 1974 bestätigt die dem Stift seit seiner Gründung zugedachte Funktion als Studien- und Wohnheim für Theologiestudenten, in dem eigene Lehrveranstaltungen zur Ergänzung und Vertiefung der Lehrangebote der Evangelisch-theologischen Fakultät dienen sollen. Die Verwaltung der wissenschaftlichen Bibliothek obliegt weiterhin dem Ephorus. Die Zentrale Kirchliche Bibliotheksstelle bei der Bibliothek des Evangelischen Oberkirchenrats in Stuttgart nimmt eine Mitverantwortung für die Stiftsbibliothek wahr (Bibliotheksordnung der Landeskirche von 1989).

1.17 Gegenwärtig besitzt die Stiftsbibliothek einen modernen Katalog, der auch die Predigten, Dissertationen und übrigen Kleinschriften verzeichnet. Ein neuer Systematischer Katalog wurde 1981/82 nach dem Prinzip der Dezimalklassifikation angefertigt. Als Vorlage diente die Systematik der Kirchlichen Hochschule Berlin. Der neue Systematische Katalog erschließt bis jetzt die Fachgebiete Theologie, Kirchenrecht, Ökumenik, Religionswissenschaft, Philosophie, Kunst, Psychologie und die Musikabteilung (mit den vorhandenen Notenbeständen für Instrumental- und Vokalmusik sowie der musikwissenschaftlichen Literatur).

1.18 Die Besonderheit der Bibliothek besteht in der seit ihrer Gründung im Jahr 1557 bis heute gleichgebliebenen Bestimmung: " den Stipendiaten zu Nutz und Förderung ihrer Studien". So war und ist sie eine theologische Fachbibliothek. Zusätzlich werden bestimmte Bereiche der Philosophie, der Religionswissenschaft und der württembergischen Landes- und Geistesgeschichte berücksichtigt. Historische Bestände sind auch zur allgemeinen Geschichte, zur Altphilologie und Wissenschaftsgeschichte sowie in geringerem Umfang zu den Naturwissenschaften vorhanden. Nach dem Umbau des Stifts (1990-1992) verfügt die Bibliothek über neue und angemessene Räumlichkeiten.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Stiftsbibliothek hat einen Gesamtbestand von ca. 133.000 Einheiten. Der historische Bestand umfaßt insgesamt 32.310 Titel. Davon entfallen 10.740 auf das 19. Jh. Der Schwerpunkt liegt mit 13.290 Titeln im 18. Jh, 5730 entfallen auf das 17. Jh, 2510 auf das 16. Jh, und 40 Titel sind der Inkunabelzeit zuzuordnen. Titel ohne Erscheinungsjahr wurden dem als wahrscheinlich anzunehmenden Jahrhundert zugerechnet. Grundlage der Zählung bei der " Alten Bibliothek" war der Standortkatalog. Die Erhebung der historischen Bestände in der " Neuen Bibliothek", zu der auch die Bücher im Lesesaal und die Zeitschriften gerechnet werden, erfolgte weithin am Standort. Darin ist eine gewisse Unsicherheit begründet. Eine Einbeziehung der Notenabteilung in die Erhebungen unterblieb.

2.2 Sprachlich überwiegt Latein mit 17.400 Titeln (53,9 Prozent) vor Deutsch mit 13.680 Titeln (42,3 Prozent). Auf Französisch entfallen 435 Titel (1,3 Prozent); Englisch ist mit 185 Titeln (0,6 Prozent) vertreten; auf die übrigen Sprachen, überwiegend Griechisch und Hebräisch, entfallen 610 Titel (1,9 Prozent).

Systematische Übersicht

2.3 Die Bestände der Stiftsbibliothek sind seit 1915 aufgeteilt in eine " Alte Bibliothek" und eine " Neue Bibliothek". Die " Alte Bibliothek" ist in sich abgeschlossen und enthält im wesentlichen den historischen Bestand, während die " Neue Bibliothek" alle Zugänge seit 1915 enthält und darüber hinaus aus den älteren Beständen die Bücher, die für den aktuellen Gebrauch gedacht sind.

2.4 Die " Alte Bibliothek" ist nach Buchformaten und innerhalb der drei Formatgruppen jeweils systematisch und nach Numerus currens aufgestellt. Für die Bestandsbeschreibung wurde die vorgegebene systematische Zuordnung zu Fachgruppen und Untergruppen beibehalten, auch wenn sie sachlich dem vermischten Inhalt vieler Sammelbände nicht entspricht.

2.5 Die " Neue Bibliothek" wurde 1915 unter Aufgabe der Formatunterscheidung nach einer an die alte Systematik angelehnten, modifizierten Systematik aufgestellt. Bis zu Nr. 7827 ist dies noch erkennbar. Später wurde nach einer Lücke ab Nr. 10.000 die Systematik aufgegeben und nur noch nach Zugang aufgestellt. Alte Bibliothek

2.6 Vorreformatorische Literatur findet sich in insgesamt 293 Titeln vor 1900 (333 Bde; 219 Folio und 38 Quart). Nach einzelnen Sachgruppen aufgeteilt ergibt sich folgendes Bild: griechische und lateinische Kirchenväter sind 184 (16. Jh 53 Titel, 17. Jh 76, 18. Jh 43) und Schriften des Mittelalters 109 Titel (15. Jh 17, 16. Jh 48, 17. Jh 26, 18. Jh 13) vorhanden. Bei den sehr gut vertretenen Kirchenvätern ist besonders die Maxima bibliotheca veterum patrum (Lyon 1677) auffallend.

2.7 An neuerer Allgemeiner theologischer Literatur (seit der Reformation) sind 952 Titel vorhanden (873 Bde; 110 Folio und 110 Quart). Die Gruppe setzt sich zusammen aus Bibliographien, Enzyklopädien und Zeitschriften mit 110 Titeln (692 Bde) sowie 171 Titeln (16. Jh 32, 17. Jh 67, 18. Jh 46) an Werkausgaben und Teilsammlungen einzelner Autoren, geordnet nach Konfessionen und Gruppen. In Sammelbänden sind weitere 671 Titel (16. Jh 69, 17. Jh 295, 18. Jh 292) vorhanden, darunter größtenteils Disputationen, die nach Autoren zusammengebunden sind. Häufig vertretene Autoren sind Georg Callixt (108 Titel in 8 Bdn) und Christoph Matthäus Pfaff (237 Titel in 7 Bdn).

2.8 Außerdem sind 209 (z. T. kommentierte) Bibeldrucke vorhanden (in 195 Bdn; 16. Jh 33, 17. Jh 39). Besonders erwähnenswert sind das Neue Testament (griechisch und lateinisch) von Erasmus (1516), eine griechische Bibel von Manutius (1518) und ein Psalterium in quatuor linguis (Köln 1518); ferner ein Nachdruck von Luthers " Septembertestament" (Augsburg: Schönsperger 1524), eine viersprachige Biblia sacra (Antwerpen 1569-1572), ein zwölfsprachiges Novum Testamentum (Nürnberg 1599-1600) und die Biblia illustrata (Frankfurt 1672-1676). Bemerkenswert sind ferner die " Berleburger Bibel" (1726-1739), eine Luther-Bibel mit silberbeschlagenem Prachteinband (Nürnberg 1720) und die Kupfer-Bibel (Augsburg und Ulm 1731-1735) von Scheuchzer.

2.9 Mit 2781 Titeln (in 2873 Bdn; 220 Folio und 453 Quart) ist die Exegetische Theologie (16. Jh 180, 17. Jh 379, 18. Jh 1200) am stärksten vertreten. Der Bestand verteilt sich auf Einleitung in die Bibel (761 Titel), biblische Theologie, Zeitgeschichte und Archäologie (533 Titel), Kommentare zur Bibel (1487 Titel; 16. Jh 151, 17. Jh 223, 18. Jh 585). Als Besonderheit ist Reuchlins Schrift De rudimentis hebraicis (Pforzheim 1506) hervorzuheben.

2.10 2546 Titel (in 1604 Bdn; 72 Folio und 336 Quart) zur Systematischen Theologie (16. Jh 424, 17. Jh 777, 18. Jh 907) verteilen sich auf 540 Titel zur Grundlegung, Apologetik und Symbolik; auf 1305 Titel zur Dogmatik, Polemik und Irenik sowie auf 163 Titel zur theologischen Ethik. In Quart-Bänden finden sich 538 zusammengebundene, größtenteils polemische Schriften (16. Jh 135, 17. Jh 402 Titel).

2.11 Zur Historischen Theologie liegen 1213 Titel (1669 Bde; 136 Folio und 306 Quart) vor, die sich verteilen auf 113 Titel des 16. Jhs, 216 des 17. und 453 des 18. Jhs. Dabei ist das allgemeine Schrifttum mit 293 Titeln vertreten, die Geschichte einzelner Bewegungen und Gruppen mit 315, die Geschichte der Kirche (Ausbreitung, Verfassung, Biographien) mit 502 und die Dogmengeschichte mit 103 Titeln. Einige besonders erwähnenswerte Titel sind das Decretum Gratiani (Lyon 1509), die Quatuor concilia generalia (Paris 1524), die Annales ecclesiastici (Köln 1624-1733), die Annales Minorum (Rom 1731-1736) und die Acta historico-ecclesiastica (und Fortführungen, Weimar 1736-1790).

2.12 Insgesamt 259 Titel (in 283 Bdn) entfallen auf die Praktische Theologie (16. Jh 42, 17. Jh 39, 18. Jh 90) mit den Untergruppen Homiletik (37 Titel, darunter Fresenius' Pastoralsammlungen, Frankfurt und Leipzig 1748-1760, und das Journal für Prediger, Halle 1770-1797); Predigtsammlungen (62 Titel); Erbauungsliteratur (115 Titel) und vermischtes Schrifttum in Sammelbänden (45 Titel).

2.13 Bei der nicht-theologischen Literatur sind Antike und Mittelalter (Quellen) mit insgesamt 1588 Titeln (16. Jh 206, 17. Jh 132, 18. Jh 332) am stärksten vertreten. Die Zählung für die einzelnen Sachgruppen ergab 152 Titel zur Orientalischen Literatur, 882 zu Griechischen Schriftstellern und 513 zu den Römischen Klassikern. Auffallend ist der große Anteil von Klassikerausgaben. Die Schriftsteller des Mittelalters sind durch 41 Titel repräsentiert.

2.14 Unter den die Neuzeit betreffenden Beständen bildet die Philosophie mit 1094 Titeln (16. Jh 43, 17. Jh 87, 18. Jh 331) eine umfangreiche Gruppe. Neben allgemeinen Schriften (305 Titel) liegen 602 Titel zur Spekulativen Philosophie (Psychologie, Anthropologie, Logik, Metaphysik) und 187 Titel zur Praktischen Philosophie vor.

2.15 Im Bereich der Naturwissenschaften sind Mathematik und Physik mit 166 Titeln in 225 Bdn vertreten, davon 10 des 16. Jhs, 8 des 17. Jhs und 31 des 18. Jhs (z. B. Observations sur la physique, Paris 1784-1803). Die Naturkunde betreffen 256 Titel (davon 13 des 16. Jhs, 23 des 17. und 89 des 18. Jhs), darunter die Naturgeschichte von Buffon (Paris 1749-1789 und Berlin 1771-1829) und die Natursysteme von Linné (Nürnberg 1773-1787).

2.16 Zur Geschichte liegen 1162 Titel (16. Jh 111, 17. Jh 195, 18. Jh 381) in 2142 Bdn vor. Sie verteilen sich auf die Sachgruppen Geschichte allgemein (295 Titel), Alte Geschichte (345 Titel) und Mittlere und Neuere Geschichte (522 Titel, nach Ländern). Auffallend sind zahlreiche, auch fremdsprachige Werke zur Geschichte europäischer Länder, ferner vielbändige Werke, wie der Mercure hollandais (Amsterdam 1675-1686), Montfaucons L'antiquité (Paris 1719-1724), Köhlers numismatische Zeitschrift Historische Münzbelustigung (Nürnberg 1729-1749), Allgemeine Welthistorie (aus dem Englischen, Halle 1744-1815), Allgemeine Staatengeschichte (Hamburg und Gotha 1829 ff.) und Historisches Taschenbuch (Leipzig 1830-1892). Erwähnenswert sind unter den Württembergica u. a. die Annales Suevici (Frankfurt 1595-1596) von Crusius und der Thesaurus rerum Suevicarum (Lindau 1756-1760) von Wegelin.

2.17 Die Literärgeschichte (Geschichte der Gelehrsamkeit und Bücherkunde) ist mit 358 Titeln (16. Jh 11, 17. Jh 34, 18. Jh 170) relativ stark vertreten. Darunter befinden sich Assemanns Bibliotheca orientalis (Rom 1719-1728), die Allgemeine deutsche Bibliothek (1766 ff.), die Geschichte der Künste und Wissenschaften (1796-1809), Gelehrte Anzeigen u. ä., auch fremdsprachige Titel (insgesamt 239 Bde, zwischen 1733 und 1808).

2.18 Zur Philologie gehören 518 Titel (16. Jh 24, 17. Jh 51, 18. Jh 102). Unter den insgesamt 876 Bdn sind auch zahlreiche Orientalia (besonders zum Syrischen und Arabischen), ferner die Jahrbücher für Philologie und Pädagogik bzw. das Archiv für Philologie und Pädagogik (Leipzig 1826-1885). Auf die Ästhetik (Dichtkunst, Rhetorik, Schöne Künste) entfallen 159 Titel (davon 16. Jh 11, 17. Jh 19 und 18. Jh 53), darunter z. B. Sulzers Allgemeine Theorie der schönen Künste (1778-1798). Die übrigen Wissenschaftsbereiche betreffen 134 Titel (16. Jh 15, 17. Jh 16 und 18. Jh 23).

2.19 Insgesamt 1909 Titel (16. Jh 169, 17. Jh 270, 18. Jh 1202) zählt die Gruppe der Vermischten Schriften, zu der Enzyklopädien, Atlanten, Reihen, Zeitschriften, Teilsammlungen einzelner Autoren und Sammelbände gehören. Der Zeitschriftenbestand umfaßt 306 Bde; Dissertationen liegen in 43 Bdn mit 1297 Einzeltiteln vor (mehr als die Hälfte aus Tübingen). Besonderheiten sind Gregor Reischs Margarita philosophica nova (Straßburg 1515) und Reuchlins De arte cabalistica (Hagenau 1517). Neue Bibliothek

2.20 Der separat aufgestellte Bestand enthält 3230 historische Titel zur Theologie. Der Schwerpunkt liegt bei der Praktischen Theologie mit insgesamt 1140 Titeln, von denen auf Homiletik (inklusive Predigten und Erbauungsbücher) 530 entfallen, auf Religionspädagogik und Katechetik 120 und auf Gesangbücher 90. Darüber hinaus sind zur Theologie allgemein 300 Titel vorhanden, zur Bibelwissenschaft 590, zur Kirchen-, Theologie- und Dogmengeschichte 740, zur Religionswissenschaft 100, zur Konfessionskunde 110, zur Systematischen Theologie 210 und zur Theologischen Ethik 40.

2.21 Von den nicht-theologischen Fächern zählt die Geschichte der Philosophie 430 Titel, die Systematische Philosophie 170 Titel, die Allgemeine Geschichte 950 Titel (darunter 260 Herrnhutiana und Zinzendorfiana und 350 Württembergica), die Literaturgeschichte und Philologie 130 Titel. Auf die übrigen Wissenschaften entfallen 20 Titel, auf Allgemeine Sammelwerke 60. Die Quartabteilung umfaßt 280 Titel, die Zeitschriftenabteilung 58 Titel (228 Bde), die Abteilung Musikwissenschaft 190 und die Schöngeistige Literatur (Sonderbestand im Lesesaal) 40. Sonderbestände

2.22 Die Quart- und Oktavbestände der Guthschen Bibliothek ( s. o. 1.6) enthalten eine bedeutende Predigtsammlung (größtenteils aus der Zeit zwischen 1580 und 1608) und erbaulich-praktische Literatur. Es handelt sich um insgesamt 982 Titel (16. Jh 751, 17. Jh 231) in 156 Quart- und 133 Oktavbänden.

2.23 Die Dissertationssammlung besteht aus 5756 Titeln (16. Jh 12, 17. Jh 1883, 18. Jh 3860) in 165 Sammelbänden (Quart) und 145 kartonierten Bänden (Oktav). Es handelt sich um eine bedeutsame Sammlung von theologischen und philosophischen (vereinzelt auch juristischen und medizinischen) Dissertationen und Disputationen aus allen evangelischen Universitäten, erwartungsgemäß überwiegend aus Tübingen.

2.24 Dasselbe gilt für die in 629 Kassetten (alphabetisch nach Autoren) gesammelten weiteren 4422 Titel, zu denen neben Dissertationen und Disputationen auch Reden, Programme und andere akademische (Klein-)Schriften gehören (16. Jh 124, 17. Jh 813, 18. Jh 3118, 19. Jh 367).

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Systematischer Katalog für die Fachgebiete Theologie, Religionswissenschaft, Philosophie, Psychologie, Kunst [in Zettelform]

Alphabetischer Gesamtkatalog

[in Zettelform nach RAK-WB]

Standortkatalog [in Zettelform]

Biographischer Katalog [in Zettelform]

Sachkatalog der Musikabteilung

[in Zettelform]

Verzeichnis der Inkunabeln [Ms.]

Verzeichnis der Handschriften [Ms.]

Die Bestände sind im Zentralkatalog Baden-Württemberg sowie im Tübinger Gesamtkatalog und im Tübinger Zeitschriftenverzeichnis nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Catalogus Bibliothecae Stipendii. 1605 (Libell)

Catalogus ... confectus a M. H. A. Georgii. 1758

[gebunden ohne Einbanddecke; angebunden sind: Catalogus Bibliothecae Guthianae ... 1758; Catalogus Suppletorius ... 1758-1768; Continuatio 1768-1790]

Catalogus Suppletorius. 1763 (Libell)

Diese ältesten Kataloge befinden sich im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart (Bestand A 31, Bund 139).

Catalogus der Stiftsbibliothec vor die Jägerstube 1766 [Folioband]

Verzeichnis der Bücher der Bibliothek des theologischen Seminars

[Standortkatalog, Folioband o. J., vermutlich 1792]

Alphabetischer Katalog

[2 Foliobände o. J., vermutlich 1793]

Gesamtkatalog der Storr'schen Bibliothek

[Folioband o. J., vermutlich 1806]

Alphabetischer Katalog

[14 Foliobände um 1850]

Sachkatalog [5 Foliobände um 1850]

Verzeichnis der Quart-Abteilung der Alten Bibliothek. 1916 [Folioband]

Sachkatalog für die Neue Abteilung

[3 Foliobände, 1915 angelegt von M. Leube]

Zuwachskataloge: 1792-1840; 1840-1884; 1905-1914

Geschenkkatalog. 1879-1916

Auszug aus dem Katalog der Seminarbibliothek

[Folioband o. J.]

Vervielfältigter Katalog der wichtigsten Bücher

[3 Exemplare o. J.]

Hauptkatalog Musikbibliothek

[Folioband o. J.]

Bei allen historischen Katalogen handelt es sich um hschr. Verzeichnisse.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Stiftsarchiv Tübingen: Bibliotheksakten, Kasten VI, Fach 1-4 Landeskirchliches Archiv Stuttgart: Bestand A 31, Bund 138 f.

Hauptstaatsarchiv Stuttgart: Bestand A 274, Bü 29 (Hier findet sich als Beilage zum Inventarverzeichnis des Nachlasses von M. Tiffern vom 11. April 1555 ein Katalog der Privatbibliothek von Tiffern: Catalogus librorum ... M. Tifferni.)

Dazu s. auch Renate Decke-Cornill, Repertorium bibliotheksgeschichtlicher Quellen. Wiesbaden 1992, S. 123

4.2 Darstellungen

Leube, Martin: Geschichte des Tübinger Stifts. I. Teil: 16. und 17. Jahrhundert. Stuttgart 1921; II. Teil: 18. Jahrhundert (1690-1770). Stuttgart 1930; III. Teil: 1770 bis zur Gegenwart. Stuttgart 1936 [erweiterte Aufl. 1954]

Brecht, Martin: Die Entwicklung der Alten Bibliothek des Tübinger Stifts in ihrem theologie- und geistesgeschichtlichen Zusammenhang. Eine Untersuchung zur württembergischen Theologie. Diss. Tübingen 1961 [gekürzte Fassung in: Blätter für württembergische Kirchengeschichte 63 (1963) S. 3-103]

Hahn, Joachim; Mayer, Hans: Das Evangelische Stift in Tübingen. Geschichte und Gegenwart Zwischen Weltgeist und Frömmigkeit. Stuttgart 1985

Schöllkopf, Wolfgang: Schwäbischer Olymp und württembergische Pfarrerscede. 450 Jahre Evangelisches Stift Tübingen 1536-1986. Katalog zur Ausstellung [in der Kapelle des Evangelischen Stifts vom 31. Mai bis 30. Juni 1986]. Tübingen 1986

Weismann, Christoph: Der Humanist Michael Tiffern (1488/89-1555), Mentor Herzog Christophs und Mäzen des Tübinger Stifts. In: Friedrich Hertel (Hrsg.): In Wahrheit und Freiheit. 450 Jahre Evangelisches Stift in Tübingen. Stuttgart 1986, S. 47-80

Stand: Mai 1993

Gottfried Rau


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.