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Bibliothek der Großherzoglich Badischen Heil- und Pflegeanstalt bei Konstanz

Adresse. Psychiatrisches Landeskrankenhaus Reichenau, Feuersteinstraße 55, 78479 Reichenau
Telefon. (07531) 7011

Unterhaltsträger. Land Baden-Württemberg
Funktion. Für Wissenschaftler zugängliche Spezialbibliothek für Psychiatrie und Medizin im 19. Jh.
Sammelgebiete. Psychiatrie und angrenzende Disziplinen; Allgemeinmedizin des 19. Jhs.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbenutzung nach Voranmeldung bei der ärztlichen Leitung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät. Hinweise für anreisende Besucher. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erforderlich. Fußwegnähe von der Bahnstation Reichenau. Busverbindung ab Bahnhof Konstanz (Li nie 6). A 81 bis Radolfzell, B 33; Abzweigung Insel Reichenau und in Wollmatingen. Anmeldung an der Pforte im Verwaltungsgebäude.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das heutige Psychiatrische Landeskrankenhaus Reichenau wurde im Oktober 1913 als Großherzoglich Badische Heil- und Pflegeanstalt bei Konstanz eröffnet. Der bald ausbrechende Erste Weltkrieg verhinderte den Aufbau einer wissenschaftlichen Bibliothek, was von dem bei Kriegsende eingestellten, wissenschaftlich ambitionierten Oberarzt Dr. Hans Roemer dem späteren Psychiatrie-Referenten für Baden und bedeutenden Psychiatrie-Reformer der zwanziger Jahre lebhaft beklagt wurde. Er rief 1920 eine " Wissenschaftliche Stiftung" zum Ausbau der " bescheidenen Bücherei" ins Leben und kämpfte mit großer Energie um die Übergabe der Bibliothek der 1921 aufgelösten ältesten Badischen Anstalt in Pforzheim an die Konstanzer Anstalt. Die 1842 gegründete badische Musteranstalt Illenau erhielt zwar " zur Komplettierung" ihrer ohnehin schon reichen Bestände den Vorzug, Konstanz bekam aber die in der Illenau schon vorhandenen Werke. In der Folgezeit bauten die Direktoren die Bibliothek entsprechend ihren Interessenschwerpunkten weiter aus in der Zeit nach 1933 war dies besonders die " Erbbiologie". Es ist unklar, ob die Bibliothek bei der Schließung der Anstalt im März 1941 in Konstanz verblieb oder zusammen mit den Patienten nach Emmendingen verlegt wurde. In die dortige Heil- und Pflege-Anstalt waren schon vorher große Teile der Bibliothek der im Oktober 1940 aufgelösten Illenau und der ebenfalls 1940 liquidierten Pflegeanstalt Rastatt verbracht worden.

1.2 Bei der Wiedereröffnung der Heil- und Pflegeanstalt Reichenau im Jahre 1950 stellte Dr. Dr. Helmut Siedow, damals noch Oberarzt in Emmendingen, aus den dort lagernden Massen von Büchern nach Komplettierung der Emmendinger Bibliothek eine Büchersendung zusammen, die zum Transport nach Reichenau mehrere Lastwagen beanspruchte. Zur Aufstellung der wertvollen Buchbestände fehlte in den Jahren des Wiederaufbaus der völlig verwahrlosten Anstalt sowohl die Zeit als auch ein passender Raum. Erst 1978 Prof. Siedow war inzwischen Direktor der Anstalt geworden konnte ein geeigneter Raum im Dachgeschoß des Verwaltungsgebäudes ausgebaut und die Bibliothek mit Hilfe einer ABM-Kraft unter fachlicher Beratung der Universitäts-Bibliothek Konstanz aufgestellt und katalogisiert werden. Am 5. Juli 1979 fand die feierliche Eröffnung statt.

1.3 Aufgrund der vielfältigen Herkunft ihrer Bücher stellt die " Alte Bibliothek", wie sie im Hause abkürzend genannt wird, ein Denkmal der badischen Psychiatrie-Geschichte dar. Bis auf Wiesloch sind alle je vorhandenen oder noch existierenden badischen Anstalten als Herkunftsort vertreten: Die Irrenanstalt (später Heil- und Pflegeanstalt) Pforzheim (1804-1921), die Irrenanstalt Heidelberg (1826-1842), die Heil- und Pflegeanstalt Illenau (1842-1940), die Heil- und Pflegeanstalt Emmendingen (gegründet 1889) und die Pflegeanstalt Rastatt (1934-1940). Die Ursprungs-Bibliothek und der weitere Weg vieler Bücher läßt sich an den eingeprägten Stempeln erkennen.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Bibliothek enthält 3358 Bde aus der Zeit vor 1941, davon 2048 aus der Zeit vor 1900, davon wiederum 30 aus dem 18. Jh. Der historische Bestand entstammt den Illenauer und Pforzheimer Bibliotheken und ist überwiegend deutschsprachig. Entsprechend der großen Bedeutung, welche die englische und französische Psychiatrie in den Anfangszeiten dieser Wissenschaft hatte, finden sich unter den psychiatrischen Büchern und Zeitschriften nicht wenige englische und französische. Vereinzelt sind auch italienische und spanische Titel zu finden.

2.2 Der Bestand gliedert sich in 7 Abteilungen. Zur Psychiatrie (inklusive Neurologie, Psychologie und Randgebiete) sind 978 Bde (491 vor 1900) vorhanden, darunter die verschiedenen Auflagen von Kraepelins Lehrbuch der Psychiatrie; weiterhin 679 Bde (327 vor 1900) psychiatrische Zeitschriften, darunter 8 Bde von Nasses Zeitschrift für psychische Ärzte (1818-1822) und 5 Bde der nachfolgenden Zeitschrift für die Anthropologie (1823-1826), 35 Bde von Maudsleys Journal of Mental Science (1844-1901), 35 Bde der Zeitschrift für Hypnotismus (ab 1893). Fast komplett vorhanden sind die Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und Nervenkrankheiten (1869) und das Zentralblatt. Eine Besonderheit sind 23 Ausgaben des Illenauer Wochenblattes, der ab 1867 erscheinenden wohl ersten Anstaltszeitschrift für Patienten, Angehörige und Bedienstete.

2.3 Fast ebenso umfangreich ist der Bestand an medizinischer Literatur mit 1106 Bdn (708 vor 1900), darunter Reils Fieberlehre (1811-1815), das Theoretisch-Praktische Handbuch der Chirurgie von J. Rust (1830-1836, 13 von 17 Bdn), Nothnagels Specielle Pathologie und Therapie (1899) und Volkmanns Sammlung klinischer Vorträge (1890 ff). Von den medizinischen Zeitschriften (286 Bde) entfallen 159 Bde auf die Cannstatt-Virchow-Waldeyer'schen Jahresberichte (1845-1919).

2.4 Darüber hinaus sind Werke über Anstaltsbau und Anstalten (60 Bde), über Baden (Bücher und Zeitschriften, 252 Bde) sowie Varia (47 Bde) gesammelt worden.

3. KATALOGE

Alphabetischer Katalog

[nach Autoren und Sachtiteln, jeweils für die 7 Abteilungen separat]

Standortkatalog

[jeweils für die 7 Abteilungen separat]

Systematischer Katalog der psychiatrischen Bücher

[nach den Teilgebieten der Psychiatrie geordnet]

Die Bestände sind weder im Zentralkatalog Baden-Württemberg noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

Stand: Juli 1990

Heinz Faulstich


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.