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Gymnasium Ernestinum - Zentralbibliothek im Schulzentrum

Adresse. Paul-Erdniß-Straße 1, 31737 Rinteln [Karte]
Telefon. (05751) 4 24 78
Telefax. (05751) 3145
Bibliothekssigel. <727>

Unterhaltsträger. Landkreis Schaumburg
Funktion. Spezialabteilung der Zentralbibliothek, bestehend aus Restbeständen der Universitätsbibliothek zu Rinteln und des Gymnasiums Ernestinum.
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung. Leihverkehr: über die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Gedruckte Informationen. Informationsblatt.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung unbedingt erforderlich. Busverbindung ab Bahnhof (Linie " Stadtbus") bis Haltestelle Schulzentrum. - A 2, Ausfahrt Bad Eilsen. Parkplätze vor dem Haus.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Geschichte der heute im Gymnasium Ernestinum befindlichen Bibliothek begann im Jahre 1610. Damals gründete Fürst Ernst von Schaumburg (1569-1622) die Academia Ernestina in Stadthagen, erhob sie 1621 zur Volluniversität und verlegte sie nach Rinteln an der Weser. Die Statuten der neugegründeten Hochschule enthielten eine Dienstordnung für die Bibliothek, eingeleitet mit der Mahnung, aus den " Büchermassen" des Jahrhunderts nur das Wertvollste für die Anschaffung auszusuchen. Fürst Ernst starb 1622 vor der Realisierung seiner ehrgeizigen Pläne, so daß die Universitätsbibliothek in den nächsten 20 Jahren nur auf dem Papier bestand. Die Rintelner Professoren griffen auf ihre eigenen Bestände zurück.

1.2 Erst 1642 trat eine Änderung ein. Im letzten Jahrzehnt des Dreißigjährigen Krieges wurde mit der Anlage einer Universitätsbibliothek begonnen. Nach Prof. Johann Nicolaus Funck, seit 1730 Bibliothekar der Ernestina, legte der damalige Rektor 1644 mit einem Geschenk von 24 Bdn den Grundstock der Sammlung. Es folgten seine Kollegen aus der Juristenfakultät mit Buch- und Geldspenden. Professoren anderer Fakultäten, der Universitätsbuchdrucker Peter Lucius und außeruniversitäre Förderer schlossen sich an. Ergänzt wurde die Sammlung durch die Veröffentlichungen der Rintelner Professoren, Dissertationen der Studenten (" Was jeder Professor oder Studiosus edieret, davon giebt er ein Exemplar zu der Bibliothec ...") als auch durch Büchertausch mit anderen Hochschulen.

1.3 1809 wurde auf Geheiß des Bruders von Napoleon, Jérñme (König von Westphalen), die Universität aufgelöst. Der Bestand der Bibliothek (ca. 8000 Werke) sollte auf die Universitäten Göttingen, Halle und Marburg aufgeteilt werden. Die damalige Sammlung bestand überwiegend aus Lehrbüchern theologischen, historischen, juristischen und naturwissenschaftlichen Inhalts. Ihr besonderer Wert lag in den zahlreichen Sammelbänden, die teilweise bis zu 30 Einzelschriften enthielten. Die meisten dieser Werke stammten aus Rintelner Druckereien. Die Aufteilung der Universitätsbibliothek wurde jedoch durch Proteste der Bürger von Rinteln und hauptsächlich durch die Veränderung der politischen Situation verzögert, so daß zuerst nur Göttingen die gewünschten Bücher sowie einige mathematische und physikalische Instrumente erhielt.

1.4 1817 wurde in Rinteln anstelle der aufgelösten Universität eine Höhere Schule, das jetzige Gymnasium Ernestinum, gegründet. Damals versuchte der Rintelner Schulrat, der weiteren Zerstückelung der Büchersammlung entgegenzuwirken. Diesen Bemühungen war aber nur ein Teilerfolg beschieden. Ca. 1500 Werke in 2200 Bdn wechselten schließlich nach Marburg. Dem Gymnasium zu Rinteln verblieben hauptsächlich Werke aus dem Bereich der Philosophie und zahlreiche Schulschriften. 1857 erwarb die Marburger Bibliothek den größten Teil der Hassiaca-Sammlung. Am 22. Mai 1905 traf die letzte Sendung Bücher aus Rinteln in Marburg ein; darunter 4000 Druckschriften, 41 Hss., eine Sammlung von Pergamentfragmenten und eine handschriftliche arabische Gebetsrolle.

1.5 Der im Gymnasium Ernestinum verbliebene Restbestand der alten Universitätsbibliothek wurde im Laufe der Jahre durch den Zugang neuer Bücher ergänzt und erweitert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Altbestand aus der Gymnasialbibliothek ausgesondert und separat aufbewahrt. Erst 1986 wurde er gesichtet, inventarisiert und z. T. katalogisiert.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Zahl der Titel wurde anhand des Systematischen Katalogs ermittelt ( s. u. 3.1). Nicht berücksichtigt werden konnten aufgrund der Katalogisierung nach RAK die beigefügten bzw. enthaltenen Werke in den Sammelbänden, die aus mehr als drei Werken bestehen. Da erst ein Teil der Werke katalogisiert ist, erfolgt die Beschreibung getrennt für den bereits erschlossenen und den noch unkatalogisierten Bestand. Auch die Zahl der Titel vom Ende des 19. Jhs mußte geschätzt werden (Hochrechnung), da diese Werke noch nicht vollständig erfaßt sind. Katalogisierter Bestand

2.2 Bei einem Gesamtumfang von ca. 45.000 Bdn zählt der bereits vollständig bearbeitete historische Bestand insgesamt 1671 Titel in 2075 Bdn. Er gliedert sich in eine Inkunabel, 27 Titel des 16. Jhs, 88 Titel des 17. Jhs, 152 Titel des 18. Jhs und 1403 Titel des 19. Jhs. Sprachlich verteilt sich dieser Bestand auf 1533 deutsche, 99 lateinische, 34 französische und 5 Titel in sonstigen Sprachen.

2.3 Der Anteil des Deutschen und Lateinischen hängt von den Sachgruppen ab. Die Titel aus dem 15. bis 17. Jh mit religiösem, historischem bzw. naturwissenschaftlichem Inhalt sind überwiegend in lateinischer Sprache verfaßt. Vereinzelt finden sich auch Werke in Altgriechisch (Klassiker-Ausgaben), Hebräisch (Lehrbücher, z. B. von de Lagarde), Arabisch (Koran-Ausgaben) und Niederdeutsch (Luthers Bibel).

2.4 Der Altbestand, seit 1986 systematisch geordnet, ist nach einem System aufgestellt, das die klassische Aufteilung für Spezialbibliotheken wie auch die Eigenart der Rintelner Sammlung berücksichtigt.

2.5 Mit insgesamt 1098 Titeln liegt der Schwerpunkt in den Bereichen Literatur und Sprache. Davon entfallen auf die Allgemeine Literaturwissenschaft 138 Titel (vorwiegend literaturgeschichtliche Darstellungen) und auf die Sprachwissenschaft 162 Titel (vor allem Wörterbücher). Genannt seien Pierre Bayles Dictionaire [sic] historique et critique (Rotterdam 1702), Johann Nicolaus Funck, De origine et pueritia latinae linguae libri duo (Marburg 1735) und Elias Caspar Reichard, Versuch einer Historie der deutschen Sprachkunst (Hamburg 1747). Textausgaben deutschsprachiger Literatur machen 563 Titel aus, die vor allem aus der Epoche der Aufklärung, des Idealismus sowie des Realismus stammen, die einschlägigen Autoren umfassen und teilweise in Erstausgaben vorliegen. Hinzu kommen 235 Werke an fremdsprachiger Literatur, fast ausschließlich französische Literatur des 18. Jhs, ebenfalls häufig in Erstausgaben. Genannt seien umfangreiche Werkausgaben von Corneille, Voltaire, Diderot sowie Beaumarchais' Le Barbier de Séville (Paris 1776). Hinzu kommen Werke für den Schulgebrauch, z. B. Jauffrets Les Voyages de Rolando ... Lesebuch für angehende Liebhaber der französischen Sprache (Coburg und Leipzig 1803) oder Hundeikers und Plates Französisches Lesebuch (Bremen 1835).

2.6 Die Landeskunde umfaßt 248 Werke, wobei der Schwerpunkt bei Hessen und der Grafschaft Schaumburg bzw. Schaumburg-Lippe liegt. Als Beispiele seien genannt Cyriak Spangenberg, Chronicon Schawenburgense (Stadthagen 1614) und Johann Conrad Paulus, Geschichte des Moellenbecker Klosters (Rinteln 1784). Hinzu kommen jeweils 24 Titel zur Geschichte und zur Kultur sowie 3 Werke sozialwissenschaftlichen Inhalts. Alle weiteren Gruppen umfassen unter 100 Titel: Allgemeine Nachschlagewerke (10 Titel), Philosophie (42, u. a. eine griechisch-lateinische Ausgabe der Nikomachischen Ethik), Religion und Theologie (47), Pädagogik (51), Natur- und Angewandte Wissenschaften (64, darunter Linnés Fauna Suecica, Stockholm 1761), Dissertationen (15, vor allem medizinische Dissertationen der Universität Marburg aus dem 19. Jh), Varia (25), Rara (9) sowie eine vollständige Sammlung der Schulschriften des Gymnasium Ernestinum von 1840 bis 1930. Unkatalogisierter Bestand

2.7 Der unkatalogisierte, grob systematisch geordnete Bestand von ca. 4000 Bdn vor allem des 19. Jhs umfaßt zu jeweils ca. 30 Prozent Werke der Theologie und Religion, der Klassischen Philologie (vor allem griechische und lateinische Textausgaben) sowie zur Geschichte. Den Rest stellen pädagogische Werke.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform; seit 1986 nach RAK geführt]

Systematischer Katalog

[in Zettelform; ausgearbeitet in der Zusammenarbeit mit der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen]

Die Bestände sind im Niedersächsischen Zentralkatalog, nicht aber in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Henichius, Johannes; Molanus, Gerard W.: Inventarium Bibliothecae Rinthelensis

[aufgestellt 1666]

Vagedes, Heinrich: Catalogus librorum qui in bibliotheca Academica Rinthelii asservantur. Rinteln 1692

Catalogus librorum Joh. Kahleri quorum pars publicae Rintel. bibliothecae inserta pars anno 1730 pluslicitantibus tradita.

Katalog der Bibliothek des Königlichen Gymnasiums zu Rinteln. I: Sprachen; II: Wissenschaften. 1883

[hschr.; Systematischer Katalog]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Zugangsverzeichnis 1880 bis 1941 [hschr.] Dazu s. auch Renate Decke-Cornill: Repertorium bibliotheksgeschichtlicher Quellen. Wiesbaden 1992, S. 109

4.2 Darstellungen

Brauns, Eduard: 375 Jahre Landesbibliothek in Kassel. Enge Verbindung mit der Bibliothek der alten Ernestina in Rinteln. In: Schaumburger Heimatblätter. Beilage zur Schaumburger Zeitung (Sonderdruck). Rinteln 1956, S. 36-38

Funck, Johann Nicolaus: Oratio de bibliothecae in Academia Rinteliensi origine et incrementis ... In: ders.: Selectae orationes academicae coniunctium nunc primum editae. Rinteln 1748, S. 199-229

Funck, Johann Nicolaus: Publica illustris Ernestinae Rinteliensium Academiae Bibliotheca. Rinteln 1733

Heutger, Nikolaus: Bücherschätze der Ernestina. In: Schaumburger Zeitung Nr. 233 vom 7. Oktober 1950

Publicae in Ernestina Rintelensium academia bibliothecae accessio eius dirigente praefecto Johann Nicolao Funccio Marburgensi. Rinteln 1751 Rinteliensis Academiae Bibliotheca. In: Jugler, Johann Friedrich: Bibliotheca litterae selecta. Tom. 1. Rinteln 1754, S. 562-564

Rintelner Universitätsbücherei: In: Hessenland 18 (1904) S. 88

Rohde, Fritz: Umschau aus Bibliotheken. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen 47 (1930) S. 152-154

Schecker, Heinz: Verlag Bösendahl. Ein Nachklang der Rinteler Universitätszeit. In: Schaumburger Heimatblätter. Beilage zur Schaumburger Zeitung (Sonderdruck). Rinteln 1939

Schormann, Gerhard: Academia Ernestina. Marburg 1982, S. 140-150 Zedler, Gottfried: Geschichte der Universitätsbibliothek zu Marburg. Marburg 1896, S. 79-88

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Suchier, Hugo Ferdinand: Bericht über einige ältere Drucke der Gymnasial-Bibliothek. Rinteln 1878

Stand: Oktober 1997

Eva-Maria Hartmann

Margret Laue


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.