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Gyöngyösi Ferences Muemlékkönyvtár

Franziskaner Kunstdenkmalbibliothek Gyöngyös


Adresse. Barátok tere 2, H-3200 Gyöngyös
Telefon. (037) 311-361

Unterhaltsträger. Kapisztrán Szent Jánosról nevezett Ferences Rendtartomány Fonökség [Franziskaner Provinzialschaft des Hl. Joannes Capistrano]
Funktion. Historische Klosterbibliothek.
Sammelgebiete. Handschriften, Bücher und Nachschlagewerke kirchlichen und theologischen Inhalts vom 15. bis 20. Jh. - Der Bestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung für Forschungszwecke mit Genehmigung. Eine Besichtigung des Gebäudes mit Führung ist möglich. - Öffnungszeiten: Dienstag und Freitag 14-16 Uhr, Samstag 9-12 Uhr. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Gedruckte Informationen. A Gyöngyösi Muemlékkönyvtár [Die Kunstdenkmalbibliothek in Gyöngyös]. Budapest 1972 [illustriertes Informationsheft].
Hinweise für anreisende Benutzer. Bahn- und Busverbindungen von Budapest über Vámosgyörk. Vom Bahnhof Fußwegnähe (ca. 10 Minuten), vom Busbahnhof Fußwegnähe (ca. 4 Minuten). - Von Budapest Autobahn M 3. Parkmöglichkeiten bei der Bibliothek.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Entwicklung der Bibliothek ist eng mit der Geschichte des Franziskanerklosters in Gyöngyös verbunden. Das Kloster wurde Ende des 14. Jhs gegründet und entwickelte sich schon bald zu einem der wichtigsten Mutterklöster der Salvatorianer Ordensprovinz, während der Türkenherrschaft sogar zu ihrer ausschließlichen Residenz. Offenbar brachten die ersten angesiedelten Mönche einige handschriftliche liturgische Bücher, Missale, Graduale, Breviere und Psalterien mit.

1.2 Aus der Gründungszeit ist eine bedeutende Sammlung von Kodizes und Inkunabeln überliefert. Nachdem das Kloster durch seine Funktion als Residenz an Bedeutung gewonnen hatte, wurde auch seine Bibliothek vermehrt, wie die umfangreiche Inkunabelsammlung zeigt. Besonders intensiv war die Bestandsentwicklung ab 1470: Die wichtigsten Arbeiten des süddeutschen und italienischen Buchdrucks des ausgehenden 15. Jhs wurden erworben. Der größere Teil der Inkunabeln stammt aus Nürnberg (Koberger) und Venedig (Ratdolt); einige wurden in Basel (Flach), Köln, Straßburg und Hagenau (Gran) gedruckt.

1.3 Im 16. Jh wurde die Entwicklung der Bibliothek durch den Angriff der Türken und ihre Herrschaft nicht beeinträchtigt, da viele sich auflösende Klöster aus der ungarischen Tiefebene und aus den Gebieten jenseits der Theiß ihre Buchbestände zu den Franziskanern nach Gyöngyös hinüberretteten. Das Kloster erhielt 1541 einen Schutzbrief von Sultan Suleiman II., 1552 von Ferdinand I. und 1560 von János Zsigmond, dem Fürsten von Siebenbürgen. Im Archiv des Franziskanerordens in Budapest befinden sich türkische Urkunden über freie Bewegung, Steuererlaß und Genehmigungen für Bauarbeiten. Der Bestand der Bibliothek umfaßte in dieser Zeit mehr als 1000 Bde. Da das Kloster während der Türkenherrschaft in Gyöngyös weitgehend geschont wurde, konnte hier die philosophisch-theologische Hochschule des Franziskanerordens gegründet werden. Dies führte zu weiteren Bestandsvermehrungen. Da Gyöngyös dem slowakischen Sprachgebiet naheliegt, verfügt die Bibliothek auch über zahlreiche slowakische und tschechische Bücher aus dem 16. und 17. Jh.

1.4 Die wichtigste Aufgabe der Mönche in Gyöngyös war die seelsorgerische Betreuung der ungarischen Bevölkerung in den von den Türken eroberten oder bedrohten Gebieten. Diese Tätigkeit wurde von wohlhabenden weltlichen und kirchlichen Gönnern durch Schenkungen von Büchern unterstützt. Darunter waren Sammler historischer ungarischer Bücher, wie die Geistlichen Bálint Nádasdi und Imre Újlaki, der Woiwode András Báthori, Erzbischof Miklós Oláh (1493-1568) und György Thurzó (1567-1616). Im Zuge der Religionskriege des 17. Jhs wollte István Bocskai, Fürst von Siebenbürgen, die Franziskanerkirche und das Kloster den Protestanten übergeben. Als Ergebnis des sogenannten Kirchenprozesses konnten die Franziskaner ihre Güter und Privilegien jedoch behalten und im Laufe des 17. Jhs ungestört weiterwirken.

1.5 Im 18. Jh schlossen sich die Gyöngyöser Franziskaner dem Freiheitskampf von Ferenc II. Rákóczi an. Der Aufruf des Fürsten, Recrudescunt, liegt in zwei gedruckten und einem handschriftlichen Exemplar im Ordensarchiv vor. Der Frieden und die Festigung der Macht der Habsburger verbesserten die materielle Situation des Klosters; Kloster und Kirche konnten umgebaut und erweitert werden. Die Bibliothek wurde in einen neuen Raum verlegt. Von großer Bedeutung war die Anordnung des Priors Ferenc Verancsics, die durch die Kriegsereignisse beschädigten Bücher neu zu binden. Mit dieser Aufgabe wurde 1755 der Buchbinder Timoteus Boshardt beauftragt, der einen Teil der Bücher in Pergamentblätter alter christlicher Liederbücher, den anderen in helles Kalbsleder einband. Die Kalbslederbände, in deren Rücken mit goldenen Buchstaben der Name des Autors, der Titel des Werkes, die Aufschrift Conv. Gyöngy. Ord. Min. und die Jahreszahl des Einbands eingeprägt wurde, werden in der Fachliteratur als Gyöngyöser Einband bezeichnet. Über diese konservatorische Maßnahme hinaus wurden auch Benutzungsmöglichkeiten geschaffen. 1763 wurde der Bibliothekar Márton Sipos mit der Registrierung der Bücher beauftragt. Das von ihm angefertigte Verzeichnis ist nicht erhalten.

1.6 In der zweiten Hälfte des 18. Jhs erhielt die Bibliothek erneut eine bedeutende Anzahl von Büchern. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 übernahmen 1776 die Franziskaner das seit 1634 unter der Verwaltung der Jesuiten stehende Gymnasium zusammen mit dessen Bibliothek. Das auch das Gyöngyöser Franziskanerkloster betreffende Aufhebungsedikt Josephs II. wurde dadurch umgangen, daß Károly Esterházy (1725-1799), Erzbischof von Eger [Erlau], den Mönchen die Genehmigung zur Gründung eines Pfarramtes gab. So gelangten auch Bücher aufgehobener Franziskanerklöster nach Gyöngyös, ebenso die Bibliotheken der Observantenkonvente in Oradea [Großwardein, Nagyvárad], Levice [Lewentz, Léva], Szécsény und Košice [Kaschau, Kassa], die viele seltene Ausgaben aus dem von den Türken verschonten Oberungarn enthielten. Insgesamt gelangten durch diese Übernahmen mehrere tausend Bände in die Bibliothek. Weiterhin wurden umfangreiche ausländische Nachschlagewerke, enzyklopädische und kirchengeschichtliche Serien und zahlreiche wichtige Ausgaben der heimischen katholischen Literatur erworben. Das 18. Jh gilt als die eigentliche Blütezeit der Bibliothek. Danach verlangsamte sich die Entwicklung. Die Erwerbung konnte mit der immer umfangreicher werdenden Buchproduktion nicht mehr Schritt halten. Neuerscheinungen konnten nur noch in Auswahl erworben werden, die aber mit großer Sachkenntnis erfolgte.

1.7 1808 wurde der erste Katalog fertiggestellt (s. u. 3.2), der die heute noch bestehenden Fachgruppen Historici, Theologi, Vitae sanctorum, Littera und Philosophi umfaßte. Dank der Rettungsaktionen der Mönche konnte die Bibliothek in der Folgezeit zwei große Stadtbrände überstehen. Im 20. Jh war die Erwerbung auf Literatur zur Ordensgeschichte in Ungarn beschränkt. Ferner erhielt die Bibliothek Dubletten von größeren Bibliotheken. 1950 wurden auch die Franziskaner aus Gyöngyös vertrieben, und ein bedeutender Teil des Klosterarchivs verbrannte. Einige zehntausend museale Akten und Archivmaterialien wurden dabei vernichtet, der erhaltene Teil gelangte in verschiedene andere Institutionen, hauptsächlich in das Komitatsarchiv in Erlau. Die Bibliothek blieb glücklicherweise verschont, doch gingen durch die Umtriebe der nächsten Jahre viele wertvolle Bücher verloren.

1.8 1953 wurde die Bibliothek unter die Verwaltung der Széchényi-Nationalbibliothek gestellt. Nach ihrer Neuordnung wurde sie 1955 der Forschung zugänglich gemacht, allerdings nicht an ihrem ursprünglichen Ort im Kloster, sondern im sogenannten Kleinen Rathaus. Von hier siedelte sie 1958 ins Schloß Orczy über. Gleichzeitig wurde sie nach József Bajza (1804-1858) benannt, einem Schriftsteller und Literaturkritiker, der in der Nähe von Gyöngyös geboren wurde und das Franziskanergymnasium in Gyöngyös besuchte. 1968 erfolgte ein weiterer Umzug innerhalb des Schlosses, bis die Bibliothek 1979 ihren heutigen Namen erhielt und ihren ursprünglichen Platz im Franziskanerkloster wieder einnahm, wo der Bestand auf den Originalregalen des 18. Jhs zu sehen ist. Am 19. Dezember 1996 ging die Bibliothek wieder in den Besitz des Franziskanerordens zurück. Mit ihrer fast 500jährigen Geschichte ist sie die einzige Bibliothek in Ungarn, die die Zeit der Türkenherrschaft und der Befreiungsfeldzüge weitgehend unbeschadet überstanden hat. Ihr Bestand konnte kontinuierlich vermehrt werden und blieb nahezu vollständig erhalten.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Der Gesamtbestand beträgt ca. 15.000 Titel in 20.000 Bdn. Davon haben 3079 Bde einen Bezug zum deutschen Sprachgebiet. 16.000 Bde waren Eigentum der Gyöngyöser Franziskaner, 1000 Bde wurden 1951 aus dem Ordenshaus der Observanten von Hatvan übernommen und weitere 3000 Bde wurden nach der Verstaatlichung von der Széchényi-Nationalbibliothek zugeteilt. Da die Sammlung seit fast 500 Jahren besteht, war das chronologische Prinzip bei der Neuordnung der Bestände von großer Bedeutung. Die einzelnen Bestandseinheiten der Sammlung stimmen fast völlig mit den Jahrhunderten überein. Andererseits illustrieren die Zahlenangaben zu den Jahrhunderten den historisch bedingten Bestandszuwachs.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Von 202 Inkunabeln sind 106 deutschsprachig oder auf deutschem Sprachgebiet erschienen. Das 16. Jh ist mit 1000 Titeln vertreten, darunter 579 mit Bezug zum deutschen Sprachgebiet. Dieser verhältnismäßig große Anteil kann einerseits durch den Einfluß des deutschen Humanismus auf das geistige Leben im 16. Jh erklärt werden, andererseits mit der großen Zahl von Werken aus aufgelösten Klöstern. Aus dem 17. Jh stammen ca. 3000 Titel, davon 540 mit Bezug zum deutschen Sprachgebiet. Die Literatur des 18. Jhs, der Blütezeit der Bibliothek, ist am besten vertreten. Von den ca. 5500 Titeln haben 1114 einen Bezug zum deutschen Sprachgebiet. Die Anzahl der Titel aus dem 19. Jh (6300, davon 704 mit Bezug zum deutschen Sprachgebiet) relativiert sich durch die allgemein gestiegene Buchproduktion in diesem Jahrhundert, so daß sich daraus eher eine rückläufige Entwicklung der Bibliothek im 19. Jh ablesen läßt. Der Bestand wurde bis 1950 vermehrt, seitdem hat die Bibliothek nur die Aufgabe der Bewahrung und Instandhaltung der Sammlung.

2.3 Sprachlich verteilt sich der Bestand auf Latein (60 Prozent), Ungarisch (20), Deutsch (10) und andere Sprachen (Italienisch, Tschechisch, Slowakisch, Französisch, Englisch, Altgriechisch; insgesamt 10 Prozent). Von den lateinischen Titeln sind zahlreiche im deutschen Sprachgebiet (Deutschland, Schweiz) erschienen.

Systematische Übersicht

2.4 Die aktuelle Aufstellung beruht auf der 1915 erfolgten Systematisierung. Ein noch vorhandenes Inventar verzeichnet den Bestand in Fachgruppen, die gleichzeitig den Aufstellungsräumen tsprechen. In Raum I befinden sich die Inkunabeln und Kodizes; in Raum II Moraltheologie, Aszetik und Recht; in Raum III Predigten und Ordensgeschichte; in Raum IV Geschichte und Geographie; in Raum V Philosophie, Naturwissenschaften und Sprachlehre und in Raum VI Schöne Literatur, bibliophile Ausgaben und aktuelle Nachschlagewerke (Wörterbücher, Lexika, Bibliographien). Dieses System wurde noch einmal abgewandelt, insofern die Inkunabeln eine eigene Signatur (Inc.) erhielten und jetzt mit den wenigen erhalten gebliebenen Kodizes eine Sondersammlung bilden. An ihre Stelle wurden theologische und kirchliche Werke gestellt.

2.5 Das Fach Theologie (3800 Titel) setzt sich zusammen aus 150 Inkunabeln, 800 außerhalb des historischen Ungarn im 16. Jh gedruckten Titeln, 200 Titeln aus dem Sonderbestand Alte Ungarische Bibliothek (s. u. 2.12), weiteren ca. 150 Titeln aus anderen Sammlungen und einem Hauptfachbestand von 2500 Titeln. Hervorzuheben sind Bartholomaeus' de Chaimis Confessionale (Mailand 1478), Antoninus Florentinus' Confessionale (Buda? 1477, s. u. 2.11), zahlreiche Werke des Pelbartus de Themeswar (um 1435-1504), Johannes Calvins Institutio Christianae religionis (Genf 1568) und Martin Luthers Tomus secundus operum (Wittenberg 1551). Neben den Werken von Péter Pázmány finden sich hier ferner Thomas ex Charmes, Theologia universa (Augsburg 1765), Daniel Toblenz, Commentarius in sacram scripturam (Wien 1804), Johannes Schwetz, Theologia dogmatica catholica (Wien 1852) und Laurentius Forerus, Lutherus thaumaturgus (Dillingen 1624). Die Opera omnia des Hl. Hieronymus (Köln 1616) finden sich bei den Kirchenväter-Ausgaben. Ebenso unter Theologie eingeordnet wurden Hoseas Oracula in hebräischer und lateinischer Sprache (Leipzig 1792) und Leibniz' System der Theologie (Mainz 1825).

2.6 Die Fachgruppe II bilden Werke zur christlichen Moral, zum Kirchenrecht und weltlichen Recht sowie zur Aszetik (ca. 2200 Titel). Darunter sind Titel wie Leonardus de Utino, Sermones quadragesimales de legibus (Venedig 1473) und Justinian, Institutionum libri 4 (Wien 1707), ein Beispiel aus dem umfangreichen Bestand zum weltlichen Recht. Das mittelalterliche ungarische Recht behandeln István Werboczys Magyar Decretum (Debrecen 1565), die ungarische Übersetzung des lateinischen Originals Tripartitum opus iuris ...Hungariae (Wien 1545) sowie das Corpus Iuris Hungarici (Buda 1799). Zur christlichen Moral liegen Psalterien und Liederbücher vor, so u. a. Albert Szenci Molnárs Szent Dávid királynak zsoltári [Psalmen des Hl. Königs David, Frankfurt 1730], Aemilianus Graecensis' Göttlicher Goldgruben (Grätz 1712) und Johannes Bonas Manuductio ad Coelum (Wien 1732).

2.7 Die Fachgruppe III besteht aus Predigtwerken, Ordensgeschichten, Bibeln, Heiligenviten und Kirchenväter-Ausgaben (ca. 2000 Titel). Als Inkunabeln liegen das Missale Strigoniense (Nürnberg 1484), die Legendae Sanctorum (Venedig 1498), des Hl. Hieronymus' Vitae patrum antiquorum (Venedig 1483), des Hl. Augustinus' De civitate Dei (Venedig 1498) und Osualdus de Lascos, Biga Salutis (Hagenau 1498) vor. Zur Kirchengeschichte finden sich umfassende Darstellungen, u. a. von Claude Fleury (Historia ecclesiastica, Augsburg 1768-1799), Heinrich Joseph Wetzer und Benedict Welte (Lexikon, Freiburg 1847) und Philipp Müller (Die Römischen Päpste, Wien 1847-1856). Die Bibelsammlung umfaßt ca. 150 Titel, darunter hebräische, lateinische, griechische, deutsche (20) und ungarische Ausgaben sowie die Pariser Polyglotte (1628-1645). Interessante Ausgaben sind die Biblia Sacra Latino-Germanica (Augsburg 1748); das von János Sylvester herausgegebene Új Testamentum [Das Neue Testament, Sárvár-Újsziget 1541, s. u. 2.12]; Nicolaus de Lyras Biblia (Nürnberg: Koberger 1487), eine mit Erklärungen versehene Ausgabe aus dem Vorbesitz eines Franziskaners; ferner die Postilla super totam Bibliam (Nürnberg 1481) und die Biblia Hebraica (Frankfurt 1716). Protestantische Bibelübersetzungen sind ebenfalls im Bestand, so György Káldis Szent Biblia (Wien 1626), Miklós Telegdis Az evangéliumok (Wien 1638) und die spätere Berliner Ausgabe (1859) der Bibelübersetzung Gáspár Károlyis aus dem 16. Jh.

2.8 Die Gruppe IV betrifft Geschichte und Geographie, enthält aber teilweise auch andere, insbesondere religiöse Werke (ca. 2500 Titel). Nennenswerte Titel des Bestandes sind die von Bernhard Schöferlin und Johann Wittig in Auszügen herausgegebene Römische Historie Titi Livij (Mainz: Johann Schöffer 1514), Stephanus Amiodts Germania Vetus (Wien 1712), Antonio Bonfinis Rerum Ungaricarum (Hannover 1606), Voltaires Histoire de Charles XII (Dresden 1761) und Cesare Cantùs Allgemeine Weltgeschichte (Schaffhausen 1849). Die Ausgaben der antiken Klassiker wurden hier z. T. ebenfalls eingeordnet (Aristoteles, Vergil, Ovid, Livius, Plinius, Tacitus, Herodot u. a.), darüber hinaus finden sie sich auch in der Gruppe V und in der Sammlung der außerhalb des historischen Ungarn im 16. Jh verlegten Werke.

2.9 Die Gruppe V umfaßt hauptsächlich Werke der Philosophie und der Naturwissenschaften, aber auch Sprachlehrbücher und Grammatiken (insgesamt ca. 3000 Titel) sowie eine Sammlung Schöner Literatur verschiedener Länder (ca. 2000 Titel). Bei den philosophischen Werken ist Thomas Morus' Utopia (Basel 1518) hervorzuheben, bei den Sprachlehrbüchern Alexander Adamovicz, Praktische polonische Grammatik (Warschau 1796), Johann Heym, Russische Sprachlehre für Deutsche (Riga 1794) und Johannes Jahn, Arabische Sprachlehre (Wien 1796). Im Bereich der Naturwissenschaften ist die Medizin auffallend gut vertreten, z. B. mit einer Ausgabe des Hortus sanitatis (Mainz 1485), der auf die krankenpflegerische Tätigkeit der Fanziskaner verweist, und mit Galens De sanitate tuenda libri sex (Tübingen 1541). Umfangreiche Sammlungen liegen auch zur Mathematik, Astronomie und Biologie vor, darunter Titel wie Alexander von Humboldts Kosmos (Stuttgart 1858) und Charles Darwins Entstehung der Arten (Leipzig o. J.).

2.10 In die Fachgruppe VI sind die ausländische Schöne Literatur, Wörterbücher und bibliophile Ausgaben eingeordnet. Einige Beispiele sind Jules Vernes Le tour du monde (Leipzig 1895), Odoricus Valmaranas Daemonomachiae ...liber primus (Wien 1627), Heinrich Heines Werke (Leipzig o. J.) und Franz Grillparzers Der Traum (Wien 1840). Neben originalsprachigen Titeln finden sich hier auch ungarische Übersetzungen literarischer Werke. Unter den ca. 80 Wörterbüchern sind Albert Szenci Molnár, Latin-magyar-görög-német szótár [Lateinisch-ungarisch-griechisch-deutsches Wörterbuch, Nürnberg 1708] und Calepinus' Wörterbuch in 11 Sprachen (Basel 1598).

Sondersammlungen

2.11 Die Sammlung von Kodizes und Inkunabeln enthält 3 Kodizes aus dem 15. Jh: ein Brevier mit einem Kalender, das Testament und die Ordensregel des Hl. Franziskus. Ein ungarisches Sprachdenkmal, der sogenannte Gyöngyöser Kodex (erstes Viertel des 16. Jhs), der Gesänge und Gebete über den Hl. Ladislaus und König Matthias thält, gehörte ursprünglich ebenfalls zu diesem Bestand. Er gelangte später in die Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, ebenso wie die Gyöngyöser Glossen, ein weiteres ungarisches Sprachdenkmal. Die bekannteste der 202 Inkunabeln ist das Missale Strigoniense (Nürnberg: Koberger 1484), das im Auftrag von König Matthias I. für die Diözese in Esztergom [Gran] angefertigt wurde. Es stammt laut Eintragung aus Kaschau. Von der 1477 gedruckten Ausgabe des Confessionale von Antoninus, Erzbischof von Florenz, wird angenommen, daß sie aus einer Budaer Druckerei hervorgegangen ist. Leonardus' de Utino Quadragesimale (Venedig 1473) stammt, laut einer Eintragung aus dem 18. Jh, aus der Bibliothek von König Matthias I. und gehört zu den Corvinen. Erwähnenswert sind auch die Predigtsammlungen Pomerium von Pelbartus de Themeswar (Hagenau: Gran 1499) und Biga salutis von Osualdus de Lasco (Hagenau: Gran 1498).

2.12 Die Alte Ungarische Bibliothek umfaßt 189 Titel in 299 Bdn. Die Bibliothek besitzt das erste in Ungarn erschienene Buch in ungarischer Sprache, die Bibelübersetzung von János Sylvester (1541 von Benedek Abádi in Sárvár-Újsziget gedruckt). Daneben sind die Bibelübersetzungen von Gáspár Heltai und György Káldi (s. o. 2.7) vorhanden. Hier findet sich auch eine der größten Sammlungen der Werke von Pelbartus de Themeswar in Ungarn. Der Kirchenfürst Péter Pázmány ist durch mehrere Werke vertreten. Besonders bemerkenswert ist eine gößere Anzahl von Reformationsschriften, da sie entgegen dem strengen kirchlichen Verbot gesammelt wurden. Unter 27 in Ungarn erschienenen deutschsprachigen Werken sind Márton Szentiványis Strittige Abhandlungen der Ketzerey-Lehren (Tyrnau 1703) erwähnenswert.

2.13 Die Bibliothek besitzt mehrere kleinere Sondersammlungen, z. B. die Kleindrucksammlung mit ca. 300 Titeln, die Sammlung der bis 1800 über Ungarn publizierten Werke ausländischer Autoren, eine Handbibliothek (300 Bde) und die sogenannte Buchspende aus Rózsaszentmárton mit fast 80 Bdn, die auf dem Dachboden des dortigen Pfarrhauses gefunden wurde. Sie enthält lateinische theologische Werke aus dem 18. und 19. Jh, überwiegend aus den Druckereien von Erlau, Pest und Trnava [Tyrnau, Nagyszombat]. Unter den deutschen Titeln in diesen kleinen Sondersammlungen sind Johann Weingruber, Augenscheinliches Wunderwerch (Kaschau 1768), Károly Esterházy, Bischöffliche Verordnung (Erlau 1796) sowie als anonym veröffentlichtes Werk Der dankbare Protestant (Preßburg 1782). Die Bibliothek besitzt zahlreiche historische Zeitschriften, die aber nicht immer vollständig sind.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Inventar

[hschr., ursprüngliches Verzeichnis, z. T. noch in Gebrauch]

Alphabetischer Katalog

[nach Verfassern geordnet]

Standortkatalog

Katalog der Druckorte

Katalog der außerhalb Ungarns im 16. Jh gedruckten Werke

Alphabetischer Katalog des zentralen Bestandes (17. und 18. Jh)

[nach Verfassern geordnet]

Alphabetischer Katalog der Inkunabeln

[nach Verfassern geordnet]

Standortkatalog der Inkunabeln

Alphabetischer Katalog der Kleindrucke

[nach Verfassern geordnet]

[alle Kataloge (außer dem Inventar) mschr., in Zettelform; von den Mitarbeitern der Széchényi-Nationalbibliothek in den sechziger Jahren erstellt]

Einzelne Titel sind in den von der Széchényi-Nationalbibliothek angefertigten Landesstandortverzeichnissen erschlossen, der größte Teil der Bestände wird noch bearbeitet und identifiziert.

3.2 Historischer Katalog

Catalogus Librorum Bibliothecae Maioris V. Conventus Gyöngyösiensis

[1808 fertiggestellter Bandkatalog; systematisch geordnet, thält die Fachgruppen Historici, Theologi, Vitae sanctorum, Littera, Philosophi]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Quellen zur Geschichte der Bibliothek finden sich im Archiv der Hauptbibliothek des Franziskanerordens [Ferences Központi Könyvtár és Levéltár] in Budapest und im Heveser Komitatsarchiv [Heves megyei Levéltár] in Eger [Erlau].

4.2 Darstellungen

Karácsonyi, János: Szt. Ferenc rendjének története Magyarországon 1711-ig [Die Geschichte des Franziskanerordens in Ungarn bis 1711]. Bd I. Budapest 1922

Dezséri, Bachó László: Gyöngyös város a török hódoltság idején [Die Stadt Gyöngyös während der Türkenherrschaft]. Gyöngyös 1941 [zur Bibliothek S. 131-132]

Dezséri, Bachó László: Gyöngyös város története 1526-ig [Die Geschichte der Stadt Gyöngyös bis 1526]. Gyöngyös 1943 [zur Bibliothek S. 113-114]

Soltész, Zoltánné: XVI. századi könyvgyujtok kötetei a gyöngyösi Muemlékkönyvtár antikva-gyujteményében [Bände der Büchersammler aus dem XVI. Jh in der Antiqua-Sammlung der Denkmalbibliothek in Gyöngyös]. In: Az Országos Széchényi Könyvtár Évkönyve [Jahrbuch der Széchényi-Nationalbibliothek] 1965/1966. Budapest 1967, S. 115-148

Lévai, Ferenc: Az OSZK Bajza József Tudományos Könyvtárának rövid története és ismertetése [Kurze Geschichte der wissenschaftlichen József-Bajza-Bibliothek der Széchényi-Nationalbibliothek]. In: Tudósító [Anzeiger] 9 (1968) S. 47-52

Heves megye muemlékei [Kunstdenkmäler des Komitats Heves]. Bearb. von Dezso Dercsényi und Voit Pál. Bd. III. Budapest 1978, S. 140-143, 170-171

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Bán, Imre: Az Országos Széchényi Könyvtár Gyöngyösi Tudományos Könyvtára [Die wissenschaftliche Bibliothek der Széchényi-Nationalbibliothek in Gyöngyös]. In: Magyar Könyvszemle [Ungarische Bücherschau] 71 (1955) S. 144-146

Fülöp, Lajos: A Gyöngyösi Muemlékkönyvtár [Die Kunstdenkmalbibliothek in Gyöngyös]. In: A gyöngyösi Berze Nagy János Gimnázium jubileumi emlékkönyve 1634-1984 [Jubiläums-Jahrbuch des János-Berze-Nagy-Gymnasiums in Gyöngyös]. Gyöngyös 1984, S. 38-42

Misóczky, Lajos: A Gyöngyösi Muemlékkönyvtár [Die Kunstdenkmalbibliothek in Gyöngyös]. In: Az Egri Múzeum Évkönyve [Jahrbuch des Museums in Eger] 1980-1981. Eger 1981, S. 193-218

Stand: September 1997

Csaba Újvári


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.