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Heimatmuseum Schloß Schönebeck - Gerhard-Rohlfs-Bibliothek

Adresse. Im Dorfe 3-5, 28757 Bremen [Karte]
Telefon. (0421) 62 34 32

Unterhaltsträger. Heimat- und Museumsverein für Vegesack und Umgebung e. V.
Funktion. Verwaltung von Bibliothek und Nachlaß des Afrikaforschers Gerhard Rohlfs.
Sammelgebiete. Der Bestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nur nach Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erforderlich. Zugverbindung ab Bremen-Hauptbahnhof (halbstündlich) Richtung Bremen-Vegesack bis Haltepunkt Schönebeck. - A 27 bis Bremen-Burglesum, von dort Autobahnabzweig nach Bremen-Vegesack. Parkplätze vor dem Haus.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Bibliothek des Afrikaforschers Gerhard Rohlfs (1831-1896) befindet sich heute im Heimatmuseum Schloß Schönebeck in Bremen-Vegesack. Nahezu vollständig erhalten stellt sie ein aufschlußreiches Beispiel für die Gebrauchsbibliothek eines Forschungsreisenden und Privatgelehrten im ausgehen- den 19. Jh dar. Rohlfs wurde als Sohn eines Arztes in Bremen-Vegesack geboren, nahm als Fähnrich 1850 an den Schleswig-Holsteinischen Kriegen teil, studierte Medizin und trat 1855 als Arzt für sechs Jahre in die französische Fremdenlegion ein. Während der folgenden dreißig Jahre nahm er, zunächst als Einzelreisender, später als Expeditionsleiter, an mehreren Forschungsreisen teil (durch Marokko, über den Atlas nach Tripolis, mit einer englischen Expedition nach Abessinien, quer durch die Sahara, von Tripolis nach Alexandria, durch die Libysche Wüste und nach Kufra in der östlichen Sahara). Die späteren Expeditionen leitete er im Auftrag der deutschen Reichsregierung. Kaiser Wilhelm I. sandte ihn 1880 in einer diplomatischen Mission nach Abessinien, und 1884 wurde er zum Generalkonsul in Sansibar ernannt, wo er jedoch nur kurze Zeit blieb. Von mehreren geographischen Gesellschaften geehrt, starb er 1896 in Bad Godesberg und wurde in seinem Heimatort beigesetzt.

1.2 Die Bibliothek gelangte 1921 in den Besitz des Heimat- und Museumsvereins für Vegesack, nachdem sie in schlechtem Zustand auf dem Boden des Stadthauses gelegen hatte. Zwischenzeitlich war sie auch auf dem Dachboden des heutigen Gerhard-Rohlfs-Gymnasiums gelagert; dies erklärt Provenienzvermerke (" Realgymnasium") bei einer Reihe von Titeln zur Klassischen Philologie, Geschichte und Deutschen Literatur, die auf diese Weise hinzugekommen sind. In den dreißiger Jahren wurde die Bibliothek von Dr. Alwin Belger geordnet, der auch einen Systematischen Zettelkatalog anfertigte. Aus dieser Zeit (1939) stammen vermutlich auch einige Nachkäufe zur Afrika-Literatur, die einen entsprechenden Katalogvermerk tragen. 1986 wurde der Nachlaß, der auch Rohlfs umfangreiche Korrespondenz umfaßt, neu gesichtet und ein maschinenschriftlicher Bandkatalog angelegt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Bestand umfaßt 955 Titel in ca. 1400 Bdn. Davon stammen 2 Titel aus dem 17. Jh, 18 aus dem 18. Jh und 799 aus dem 19. Jh. Aus dem 20. Jh datieren 73 Titel, 63 sind ohne Erscheinungsjahr. Der größte Teil des Bestandes ist deutschsprachig. 107 Titel liegen in englischer Sprache vor, 83 in französischer, 28 in italienischer, 3 in lateinischer und je einer in schwedischer, niederländischer und arabischer Sprache. Systematische Übersicht

2.2 Die Beschreibung folgt dem Systematischen Katalog von A. Belger, an dem auch die Auszählungen vorgenommen wurden, jedoch in leicht veränderter Abfolge der Systematikgruppen (s. u. 3).

2.3 Den umfangreichsten Komplex bildet die Afrika-Literatur mit 364 Titeln, davon 2 aus dem 17. Jh, 6 aus dem 18. Jh und 293 aus dem 19. Jh. Hinzu kommen 31 Titel aus dem 20. Jh und 32 ohne Jahresangabe. Es handelt sich um Gesamtdarstellungen, Biographien Afrikareisender, Reise- und Expeditionsberichte sowie ethnologische Schriften, insbesondere um Publikationen zu den nordafrikanischen Ländern. Schwerpunkte bilden Ägypten, Algerien, Libyen, Marokko und Tunesien. Darstellungen zu Ostafrika (Äthiopien) und Zentralafrika sind ebenfalls vertreten, jedoch in geringerer Zahl, während sich Titel zu West- und Südafrika nur vereinzelt finden. Das früheste Werk ist Olfert Dapper, Umbständliche und eigentliche Beschreibung von Africa ... (Amsterdam 1670). Aus dem 18. Jh liegen u. a. vor Charles Stuart, Reise nach Mequiness (Hannover 1726), Jean Louis M. Poiret, Reise in die Barbarey, oder Briefe aus Alt-Numidien (Straßburg 1789), und Mungo Park, Travels in the interior districts of Africa (London 1799).

2.4 Von den 293 Titeln des 19. Jhs stammen zwar einige aus den ersten Jahrzehnten, darunter von Silvester M. X. Golberry, Mungo Park, William Lemprière und George Waddington, doch datiert der weitaus größere Teil, parallel zur einsetzenden Afrikaforschung, aus der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. An namhaften Afrikaforschern finden sich Autoren wie Heinrich Barth (mehrere Titel), Henri Duveyrier, Gustav Nachtigal, Georg Schweinfurth (mehrere Titel) oder Henry M. Stanley. Auffallend sind über 20 Widmungsexemplare, u. a. von Barth, Charles T. Beke, Philebert R. Broussais, Guido Cora, Duveyrier, Samuel Growther, Paul Soleillet und Nachtigal, der durch Rohlfs entscheidend gefördert worden war. Der Bestand reicht von aufwendigen Prachtwerken im Großformat ( z. B. W. G. Browne, Travels in Africa, Egypt and Syria, London 1806) bis zu aktuellen Broschüren wie Paul Reichard, Praktische Reiseausrüstung für Ost- und Centralafrica (Berlin 1889), die z. T. Seltenheitswert besitzen dürften. Eine besondere Gruppe nehmen Rohlfs eigene Werke ein, insgesamt 14 Titel, z. T. in Mehrfachexemplaren ( z. B. Reise von Tripolis nach der Oase Kufra, ausgeführt im Auftrage der afrikanischen Gesellschaft in Deutschland, Leipzig 1881), sowie eine umfangreiche Zeitungsausschnittsammlung mit Rezensionen seiner Werke.

2.5 Die zweitgrößte Gruppe bildet die Geographie, die auch die Landes- und Völkerkunde umfaßt, mit 163 Titeln, davon 3 aus dem 18. Jh, 5 aus dem 20. Jh und 8 ohne Jahresangabe. Auf Statistik, Lexika und Anthropologie entfallen 28 Titel, auf Deutschland 7, auf Rußland und das Baltikum 9, auf das übrige Europa 14, auf Asien und Australien 12 und auf Amerika 64. Letztere rühren von Rohlfs Amerikareise im Jahre 1875 her und betreffen die Landeskunde im weitesten Sinne; zu Südamerika liegt nur ein Titel vor. Drei Titel berühren das Kolonialwesen. Erwähnenswert sind außerdem 45 Zeitschriften und Kongressberichte aus dem 19. Jh, z. T. nur in wenigen Jahrgängen vorhanden, darunter Petermanns Mitteilungen (1860-1884), Revue Africaine (1856-1865), Revue Coloniale Internationale (1885-1887) und die Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin (1866-1895).

2.6 Die übrigen Gruppen weisen nur vereinzelt Besonderheiten auf. Zu " Fremden Sprachen" finden sich 84 Titel, davon 3 aus dem 18. Jh und und 9 ohne Jahresangabe. Es handelt sich hauptsächlich um Sprachführer, darunter 7 Titel zum Arabischen (einer auf Arabisch, das Rohlfs fließend beherrschte) und je ein Titel zum Türkischen, Amharischen und zu Suaheli. Vereinzelt finden sich auch literarische Werke im englischen oder französischen Original. Die Geschichte betreffen 32 Titel, davon einer aus dem 18. Jh, 9 aus dem 20. Jh und einer ohne Jahresangabe, teilweise mit dem Vermerk " Realgymnasium". Zur Deutschen Literatur finden sich 72 Titel, davon 5 aus dem 20. Jh und 3 ohne Jahresangabe; diese Gruppe bezieht auch Biographisches und Werke zur Musikgeschichte mit ein ( u. a. zu Franz Liszt, mit dem Rohlfs bekannt war). In der Rubrik " Allgemeines" sind 42 Titel eingeordnet; zur Theologie finden sich 6 Titel, davon einer aus dem 18. Jh, zum Recht, insbesondere See-, Völker- und Konsularrecht, 8 Titel.

2.7 Zur Medizin liegen 80 Titel vor, davon 2 aus dem 18. Jh und 3 ohne Jahresangabe. Es handelt sich um eine medizinische Gebrauchsbibliothek mit Standardwerken. 7 Titel stammen von Gottfried Heinrich Rohlfs (*1828), Rohlfs älterem Bruder; ein Titel, P. J. Dutrieux, Le Choléra dans la Basse Égypte (Paris 1884, mit Widmung) ist wegen seines Bezugs zu Afrika von Interesse. Die Naturwissenschaften umfassen 56 Titel, davon 3 aus dem 18. Jh, 11 aus dem 20. Jh und 7 ohne Jahresangabe. Erwähnenswert sind Schriften Darwins und Ernst Haeckels, der zu Rohlfs Bekanntenkreis zählte.

2.8 Neben der Bibliothek verwaltet das Museum Rohlfs Nachlaß mit Bildplatten, einer Bildersammlung, Photoalben und einer umfangreichen Korrespondenz mit zahlreichen Afrikaforschern, darunter Georg Schweinfurth (440 Briefe) und Gustav Nachtigal (140 Briefe).

3. KATALOGE

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform; nach Hausregeln]

Systematischer Katalog

[in Zettelform; hschr; in den dreißiger Jahren von A. Belger angelegt; nach Hausregeln]

Systematischer Katalog

[in Bandform; mschr.; um 1986 in Anlehnung an A. Belgers Katalog von G. Jannowitz erstellt; umfaßt auch das photographische Material]

Die Bestände sind weder im Norddeutschen Zentralkatalog noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Belger, A[lwin]: Gerhard Rohlfs. Überarbeiteter Nachdruck. Bremen 1982 [mit Werkverzeichnis] Heimatmuseum Schloß Schönebeck (Hrsg.): Die Gerhard-Rohlfs-Bibliothek. Bremen 1986 [hekt. Handzettel]

Stand: Oktober 1995

Karen Kloth


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.