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Hiesebocksche Pfarrbibliothek

Adresse. Evangelisch-Lutherisches Pfarramt, Hauptstr. 32, 99338 Angelroda [Karte]
Telefon. (036207) 5 59 19
Telefax. (036207) 5 59 19

Unterhaltsträger. Kirchgemeinde Angelroda
Funktion. Spezialbibliothek. Sammelgebiet. Theologische Literatur des 16. bis 18. Jhs, besonders zum Pietismus.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Bahnverbindung bis Martinroda, von dort Fußwegnähe (ca. 20 Minuten). A 4 (E 40), Ausfahrt Arnstadt, B 4 Richtung Arnstadt-Ilmenau, Abzweigung Neusiß. Parkplatz in der Nähe des Pfarrhauses.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das Dorf Angelroda, eine ehemals zur Oberherrschaft des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt gehörige Exklave, befindet sich südwestlich von Stadtilm. Der 1614 erbaute Edelhof gelangte 1651 in den Besitz der Familie von Witzleben, die das Patronat über die Kirche ausübte und damit das Recht hatte, Kandidaten für das Pfarramt vorzuschlagen.

1.2 Seit dem Ende des 18. Jhs wird in dem 1756 erbauten Pfarrhaus zu Angelroda eine Büchersammlung aufbewahrt, die als die Hinterlassenschaft des Pfarrers Nicol August Hiesebock (auch Hieseböck, 1716-1794) gilt. Er war der jüngste Sohn des Rudolstädter Chirurgen und Kopfsteuereinnehmers Heinrich Christoph Hiesebock. Bereits als Sechsjähriger besuchte er das Rudolstädter Gymnasium. Am 28. April 1736 wurde er an der Jenaer Universität immatrikuliert und studierte dort " plene gratis".

1.3 Unbekannt ist, wo er in den ersten Jahren nach Abschluß seines Studiums wirkte. Am 30. Oktober 1747 leistete der " Studiosus" Hiesebock seinen Eid als Pagenhofmeister am Rudolstädtischen Hof, eine Tätigkeit, die er nur ungern ausübte, die ihm aber vielseitige Kontakte ermöglichte. 1754 erhielt er mit Unterstützung des Patronatsherrn von Witzleben den Ruf zum Pastorat nach Angelroda, das er über 40 Jahre lang ausübte. Er hatte Freunde in Gotha, Arnstadt und Rudolstadt und erfreute sich, wie aus seiner Korrespondenz hervorgeht, allgemeiner Wertschätzung. Neben einigen Gedächtnispredigten und verschiedenen Gelegenheitsgedichten ist seine Predigt auf seine verstorbene Frau Elisabeth Magdalena, geb. Reisland (Arnstadt 1788) belegt. Der Überlieferung nach vermachte Hiesebock, der ohne Nachkommen verstarb, der Kirchgemeinde zusammen mit einem Legat seine Privatbibliothek.

1.4 Über die Entstehung dieser Bibliothek ist nichts bekannt. Wahrscheinlich besaß Hiesebock sie schon in Rudolstadt, denn die Erscheinungsjahre liegen größtenteils vor seiner Angelrodaer Zeit. Denkbar ist auch, daß er sie erbte, denn Hiesebock dürfte kaum über ausreichende finanzielle Mittel verfügt haben, um eine derartige Büchersammlung zu erwerben. Seine Besoldung als Informator betrug 15 Taler im Quartal. Gewisse Anzeichen deuten darauf hin, daß die Bibliothek im Schwarzburg-Rudolstädtischen entstanden ist, in ihrem Kern ist sie eine Studien- und Gelehrtenbibliothek. Ein mehrfach auf den Einbänden des 17. Jhs verwendetes Plattenpaar " Justitia und Lucretia" verbindet überdies eine Anzahl Einbände miteinander und läßt auf eine gemeinsame, vielleicht den Beginn der Büchersammlung bildende Provenienz schließen.

1.5 Die Bücher zeigen die starken Gebrauchsspuren gründlicher Lektüre. Ein großer Teil der Texte ist mit Marginalien versehen und gelegentlich sind auch von den Besitzern selbst erstellte Register anzutreffen, ebenso durchschossene Exemplare mit Ergänzungen. Die meisten Bücher wechselten mehrfach den Besitzer, doch sind die früheren Namenseinträge unkenntlich gemacht, herausgeschnitten oder weggeschabt.

1.6 Wie aus den Besitzvermerken in den Büchern hervorgeht, fand Hiesebock in Angelroda schon Ansätze zu einer Kirchenbibliothek vor. Der Einband einer Agende trägt die Prägung " in die Kirche zv Angelroda 1729", den gleichen Aufdruck ohne Jahresangabe besitzt die 1730 erschienene Historia der Augspurgischen Confession von Ernst Salomon Cyprian. Einige Bände stammen von Hiesebocks Amtsvorgänger Friedrich Georg Ludwig (1714-1754), dem ersten Angelrodaer Pfarrer (ab 1746). 1751 übergab der Schwarzburg-Rudolstädtische Vizekanzler Christian Ulrich von Ketelhodt (1701-1777) den Band Des Königl. Synodi zu Rendsburg wohlgemeynte und hertzliche Ansprache An Sämtliche Lehrer Der beyden Hertzogthümer Schleßwig und Holstein (Leipzig 1738) " in perennem usum Pastorum Ecclesiae Angelrodensis". Nachweislich aus dem Vorbesitz von Hiesebocks Bruder Friedrich Christoph Hiesebock (um 1712-1756) stammen einige weitere Bände. 1746 als Milizprediger zu Rudolstadt ordiniert, wurde er 1749 Diakon in Leutenberg, wo er an der Auszehrung starb. Möglicherweise war er der Vorbesitzer der Sammlung.

1.7 Hiesebocks Bibliothek, die etwa 95 Prozent des heutigen Buchbestandes ausmacht, überliefert vor allem den theologischen Meinungsstreit im letzten Drittel des 17. Jhs und in der ersten Hälfte des 18. Jhs, dessen zentrales Thema die Herausbildung des Pietismus war. Erst gegen Mitte des 18. Jhs nimmt das Erbauungsschrifttum zu. Die Bibliothek wurde nach Hiesebocks Tod kaum ergänzt. Das Schwarzburg-Rudolstädtische allgemeine Gesang-Buch (Rudolstadt 1831) wurde 1840 vermutlich als letztes Buch in der Tradition der Büchersammlung angeschafft. Ansätze, 1856 und 1870 nicht mehr aktuelle Werke aus der Bibliothek zu " versilbern" und von dem Erlös neue theologische Schriften anzuschaffen, blieben ohne Folgen.

1.8 Im Jahre 1924 forderte die Eisenacher Kirchenbehörde die Aufstellung eines Bücherverzeichnis von der Bibliothek. 1946 wurde bei einer Visitation festgestellt, daß die Bibliothek durch Kriegseinwirkung und Einquartierung " völlig durcheinander gebracht" worden sei. Die " etwa 2000 Bände" (1952) füllten einen Schrank und neun Regale aus. Das in diesem Zusammenhang erwähnte " alte Büchereibestandsverzeichnis" war nicht mehr auffindbar.

1.9 Die neue Ordnung der Bibliothek ist Pfarrer Günter Dahinten (1913-1992) zu verdanken, der 1967 bis 1968 die Bücher reinigte, mit Nummern versah und ein alphabetisches Verzeichnis anlegte. Bei Sammelbänden verzeichnete er allerdings nur die jeweils ersten Titel. Er erkannte den Wert der Büchersammlung und hob den beachtlichen Anteil fremdsprachiger Werke hervor. Seitdem wird die Bibliothek, die durch ihre Herkunft an die Lokalität des Pfarrhauses und die Dorfkirche gebunden ist, als historische Sammlung verwahrt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Pfarrbibliothek umfaßt nach einer ersten Auszählung an den Regalen 623 Bde mit 3436 Einzelschriften. Davon entfallen auf das 16. Jh 198 Titel (5,8 Prozent), auf das 17. Jh 1495 (43,5 Prozent), auf das 18. Jh 1740 (50,6 Prozent) und auf das 19. Jh 3.

2.2 2364 Schriften liegen in Latein vor (68,8 Prozent; 16. Jh 133, 17. Jh 976, 18. Jh 1255), 1058 in Deutsch (30,8 Prozent; 16. Jh 65, 17. Jh 513, 18. Jh 477, 19. Jh 3), 12 in Französisch (17. Jh 4, 18. Jh 8) und je eine in Italienisch und Hebräisch.

Systematische Übersicht

2.3 Zu etwa 90 Prozent enthält die Bibliothek theologische Fachliteratur, wobei sich zwei Grundtendenzen abzeichnen. Zum einen spiegelt der Bestand die Entstehung und Herausbildung des Pietismus wider, dessen Befürworter und Gegner in den " pietistischen Streitigkeiten" zu Wort kommen. Die zentrale Gestalt ist hierbei Philipp Jakob Spener (1635-1705). Zum anderen beide Bezüge lassen sich nicht voneinander trennen - sind Jenaer Professoren des 17. Jhs und des frühen 18. Jhs mit ihren Werken relativ zahlreich vertreten. Die spätesten Titel innerhalb dieses Bestandes stammen von den Wegbereitern der Aufklärung an der 1694 gegründeten Universität Halle. Die Ursache für die Verschiebung des Bestandsschwerpunkts von Jena nach Halle könnte neben der allgemeinen wissenschaftshistorischen Entwicklung ein Wechsel des Studienortes durch die Vorbesitzer gewesen sein.

2.4 Luthers Werke liegen in der lateinische Wittenberger Ausgabe (1549-1552), in der Jenaer Ausgabe (Bd 1, 3-8, 1557-1561) und in der Altenburger deutschen Ausgabe (Bd 1-6, 8-10, 1661-1664) vor. Auch die Walchsche Lutherausgabe (Halle 1740-1743) fehlt nicht. Ein Sammelband mit Wittenberger Drucken enthält Eynn Gestreng Vrtheyll Gottes vber die Kynder vnnd yhre Eltern, welche, vatter vnnd mutter nichtt gehorsam sindt (1526), die Auslegung der zehen gepot (1528), Von ehesachen (1530) und Jesus Syrach zu Wittemberg verdeudscht (1533). Die fürnemsten und besten Schrifften Luthers (Wittenberg 1575) gehörten ursprünglich " Der Pfarren Petersrhoda".

2.5 Von dem württembergischen Reformator Johann Bren(t)z (1499-1570) sind 11 Schriften im Bestand, als frühester Druck Der Prediger Salomo (Nürnberg 1528; Einband von 1534). Vorhanden ist auch Melanchthons Corpus doctrinae christianae, Das ist: Summa Der Christlichen lere (Jena 1570). Zu erwähnen sind von Michael Neander (1525-1595), Schüler Melanchthons und Rektor der Klosterschule Ilfeld, die Theologia Christiana (Leipzig 1590) und von dem Wittenberger Professor Egidius Hunnius (1550-1630) die Widerlegung des calvinischen Büchleins (Wittenberg 1593), das gegen die im Kurfürstentum Sachsen zur Visitation der Kirchen und Schulen verfaßten vier Artikel gerichtet war. Von Valerius Herberger (1562-1627), Pfarrer in Fraustadt in Großpolen, ist das achtbändige Werk Magnalia Dei de Jesu scripturae nucleo et medulla: Die großen Thaten Gottes (Leipzig 1607-1618) vollständig vorhanden.

2.6 Der Nucleus Theologiae Davidicae (Wittenberg 1624) des kursächsischen Hofpredigers Matthias Hoe von Hoenegg (1580-1645) enthält eine handschriftliche Widmung des Autors an den Grafen Carl Günther zu Schwarzburg-Sonderhausen vom 26. Februar 1624. Von dem aus Ilmenau gebürtigen, durch die englische puritanische Erbauungsliteratur beeinflußten Reformtheologen Theophil Großgebauer (1627-1661) sind Drey geistreiche Schrifften (Frankfurt und Leipzig 1667) vorhanden, von Richard Baxter (1615-1691), einem Vorläufer des Pietismus, dessen Reguln für schwache, zerrüttete Christen (Frankfurt a. M. 1694) und Ausgesonderte Schrifften (Bremen 1697).

2.7 Als Verteidiger der lutherischen Orthodoxie trat der Dresdener Superintendent Valentin Ernst Löscher (1673-1749) auf, der in Wittenberg und Jena Theologie studiert hatte. Er gab die erste bedeutende theologischen Zeitschrift, die Unschuldigen Nachrichten (vorhanden 1702, 1706, 1715), sowie Theologische Annales (vorhanden 1715) heraus. Außerdem besitzt die Bibliothek seine Streitschrift gegen Joachim Lange, Vollständiger Timotheus Verinus (Wittenberg 1718-1721). Die in Berlin erschienene, von Johann Gustav Reinbeck (1682-1741) herausgegebene Zeitschrift Freywillige Hebopfer von allerhand in die Theologie laufenden Materien ist von 1715 bis 1728 vorhanden.

2.8 Als Übergangstheologe gilt Christoph Matthäus Pfaff (1686-1760), von dem die Werke Aphorismi theologiae (Tübingen 1713), Institutiones theologicae dogmaticae (Tübingen 1720) und Institutiones historiae ecclesiasticae (Tübingen 1721) vorhanden sind. In dem Band Die Unumstößliche Klare Warheit Der Evangelischen, Und der Dadurch gezeigte Unterscheid Zwischen derselben Und der Römisch-Catholischen Kirche (Amsterdam 1714) ist er als Autor handschriftlich vermerkt.

2.9 Von den mit der Universität Jena verbundenen Autoren ist als einer der ersten Johann Matthaeus Meyfart (1590-1642) zu nennen, der seit 1608 dort studierte und später Professor der Philologie in Jena (ab 1623) und der Theologie in Erfurt (ab 1633) wurde. Sein Himmlisches Jerusalem ... ist in der Nürnberger Ausgabe von 1654 vorhanden. Die Schola pietatis, Das Ist: Christliche und Heilsame Unterrichtung, was für Ursachen einen jeden wahren Christen zur Gottseligkeit bewegen sollen ... (Nürnberg 1663) stammt von dem einflußreichen Jenaer Theologen Johann Gerhard (1582-1637), einem Vertreter der lutherischen Orthodoxie und Berater des Gothaer Herzogs Ernst des Frommen in Fragen des Kirchen- und Schulwesens. Gerhard war von dem Generalsuperintendenten des Fürstentums Lüneburg, Johann Arnd(t) (1555-1621), dem eigentlichen theologischen Vater des Pietismus, entscheidend beeinflußt worden. Von Arndt sind die Postilla (Jena 1616) mit einer Vorrede von Johann Gerhard und der in der einschlägigen Literatur als verschollen geltende Psalmenkommentar ( o. O. 1617) im Bestand.

2.10 Gerhards Schüler und Nachfolger, der aus Sondershausen stammende Salomon Glass(ius) (1593-1656), gehörte in Jena bereits der " Spenerschen Oppositionspartei" an. Von seinen zahlreichen Schriften sind 5 Werke im Bestand, darunter die Ebrietatis infamia (Gotha 1645) und das Enchiridium (Gotha 1651). Auch Schriften anderer Schüler Gerhards sind vorhanden, u. a. Friedemann Becnns (1628-1703) Theologia polemica (Frankfurt und Leipzig 1698) sowie Johann Wilhelm Baiers (1647-1695) weitverbreitetes Compendium theologiae positivae homileticae (Jena 1694) und die Gründliche Erweisung, daß Lutherus, und die es mit ihm gehalten, weder an der Trennung der Kirchen, noch an der ihnen beygemessenen Ketzereyen schuldig seyen (Jena 1695). Baier war 1674 Professor der Theologie in Jena, wurde 1694 erster Rektor der Hallenser Universität und starb als Generalsuperintendent in Weimar. Zu nennen sind auch Valentin Veltheims (1645-1700) Schriften De scriptura sacra et theologica (Gotha 1675), Institiones metaphysicae (Jena 1680) und Theologia moralis (Jena 1690).

2.11 Als erster Jenaer Professor ergriff seit 1671 Caspar Sagittarius (1643-1694) für den Pietismus Partei. Das Hauptwerk unter seinen historisch-theologischen Schriften ist die Introductio in historiam ecclesiasticam (Bd 1, Jena 1694), die, um einen zweiten, noch von Sagittarius fast vollendeten Band vermehrt, von Johann Andreas Schmidt 1718 in Jena erneut herausgegeben wurde. Pietistische Elemente sind auch in dem Breviarium controversiarum praecipuarum (Jena 1706) von Michael Förtsch (1654-1724) enthalten. Von Georg Goetze (1633-1699), der von 1665 bis 1672 Professor für Moral und Politik und später Generalsuperintendent in Jena war, einem Anhänger von Hugo Grotius, ist die Rhetorica ecclesiastica (Leipzig 1700) zu nennen.

2.12 Exponent der pietistischen Bewegung in Jena und enger Freund August Hermann Franckes war Johann Franz Buddeus (1667-1729), der in Jena studiert und in Halle seine akademische Laufbahn begonnen hatte. Von ihm sind 12 Werke verzeichnet, darunter die Introductio ad philosophiam Ebraeorum (Halle 1706), Institutiones theologiae moralis (Leipzig 1711), Historia ecclesiastica Veteris Testamenti (Halle und Magdeburg 1715-1718), Institutiones theologiae dogmaticae (Leipzig 1723), sein dogmatisches Hauptwerk, und die Mitschrift eines " Collegium Politicum" von 1711. Buddeus, der zur Jenaer Frühaufklärung überleitet, erregte Widerspruch, weil er sein Haus pietistischen Studenten öffnete. Zu seinen Schülern zählen Johann Heinrich Rambach (1693-1735), dessen Betrachtung über das Leiden Christi (Jena 1730) im Bestand ist, und Friedrich Andreas Hallbauer (1692-1750), der als erster an der Jenaer Universität Pädagogik las. Von ihm ist ein Nöthiger Unterricht zur Klugheit, erbaulich zu Predigen, zu Catechisiren und andere geistliche Reden zu halten (Jena 1723) zu erwähnen.

2.13 Von dem Begründer des Pietismus Philipp Jakob Spener sind aus den Jahren 1673 bis 1714 23 Bde vorhanden, darunter neben seinen Predigtsammlungen die Programmschrift des Pietismus, Pia desideria oder herzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren evangelischen Kirche (Frankfurt a. M. 1680), seine Verteidigungsschrift Aufrichtige Übereinstimmung mit der Augspurgischen Confession (Frankfurt a. M. 1696) und Theologische Bedencken (Halle 1700-1711). Von seinem Lehrer Johann Conrad Dannhauer (1603-1666) ist die Hodosophia Christiana seu theologia positiva (Leipzig 1695) im Bestand.

2.14 Anhänger Speners lehrten an der unter seinem Einfluß gegründeten Universität Halle, darunter der Stifter des Hallischen Waisenhauses August Hermann Francke (1663-1727), von dem neben zwei weiteren Werken die Segensvolle(n) Fußstapfen des noch lebenden und waltenden liebreichen Gottes (Halle 1709) vorhanden sind. Von dem mit Francke befreundeten Johann Caspar Schade (1666-1698) ist die Kurtze und deutliche Einleitung zu dem wahren Christenthum (Leipzig 1690) und von Franckes Schwiegersohn Johann Anastasius Freylinghausen (1670-1739), der in Jena studierte, die Entdeckung der falschen Theologie (Halle 1708) anzuführen.

2.15 Einer der Wortführer des Pietismus war der mit Francke befreundete Theologe und Pädagoge Joachim Lange (1670-1744), Erzieher der Kinder von Christian Thomasius, der mit 4 Werken vertreten ist: Medicina mentis (Berlin 1704), Die richtige Mittelstraße zwischen den Irrthümern (Halle 1712), Die Gestalt des Creutzreichs Christi in Seiner Unschuld (Halle 1713) und Ausführliche Recension der wider die Wolfianische Metaphysic auf 9 Universitäten und anderwärtig edirten sämmtlichen 26 Schrifften (Halle 1725).

2.16 Von den bekannten Gegnern des Pietismus sind u. a. der Lübecker Superintendent Johann Gottlob Carpzov (1679-1767) mit seiner Introductio ad Libros Canonicos Bibliarum Veteris Testamenti Omnes (Leipzig 1721) sowie der Danziger Samuel Schelwig (1643-1715) mit der Synopsis controversiarum (Wittenberg 1713) vertreten.

2.17 Zu den am meisten gesammelten Autoren des 17. Jhs gehören die Straßburger Theologen Johann Schmid (1594-1658; 4 Schriften), der aus Bautzen stammte und kirchlichen Reformbestrebungen aufgeschlossen gegenüber stand, und der Elsässer Sebastian Schmid (1617-1696; 8 Schriften), ein " berühmter lutherischer Gottesgelehrter", mit seinen Kommentaren zu Hiob und Ecclesiastices (Straßburg 1670), Jesaja (1693) und Jeremia (1697) sowie einem Compendium theologiae (Straßburg 1697). Von dem Gießener Orientalisten David Clodius (1644-1687) ist die von ihm herausgegebene hebräische Biblia Testamenti Veteris (Frankfurt a. M.: Balthasar Christoph Wust 1677) vorhanden. Zu nennen sind außerdem Nikolaus Hunnius (1585-1643; 2 Schriften), Thomas Hobbes (eine Schrift), Johann Adam Scherzer (1628-1683; 3 Schriften), Ahasverus Fritsch (1629-1701; 2 Schriften), Christian Kortholt (1633-1695; 3 Schriften), August Pfeiffer (1640-1698; 4 Schriften), Tobias Pfanner (1641-1716; 4 Schriften), Caspar Fiedler (1649-1719; 3 Schriften) und Gottfried Arnold (1666-1714; 2 Schriften).

2.18 Unter den im 18. Jh mehrfach genannten Autoren befinden sich der Rostocker Theologe Johann Fecht (1635-1716; 6 Schriften), der später mit dem Pietismus brach, der Anhänger Speners und mit Buddeus gesinnungsverwandte Johann Heinrich May (auch: Majus; 1653-1719; 9 Schriften), der im Geiste der Remonstranten in Amsterdam wirkende Johann Clericus (1657-1736; 3 Schriften), Christian Gerber (1660-1731), Johann Wilhelm, Herzog zu Sachsen-Weimar-Eisenach (1666-1729; 2 Schriften) und Adam Erdmann Mirus (1656-1727; 4 Schriften). In der Gloria Christi, Oder Herrligkeit Jesu Christi (Leipzig 1710) vertrat Caspar Calvör (1650-1725) die Wahrheit der christlichen Religion " wider die Ungläubigen, insonderheit wider die Juden". Als " Friedenstheologe" stand er vermittelnd zwischen den Fronten. Von ihm sind noch ein Traktat zur Geschichte der Kirchenspaltung, Fissurae Sionis (Leipzig 1700), und 2 Bde der Ritualis Ecclesiastici (Jena 1705) vorhanden.

2.19 Erbauungsliteratur ist relativ schwach vertreten, u. a. mit Les visites charitables, ou Les consolations chrétiennes (Genf 1666) von Charles Drelincourt (1595-1669) der Band trägt den Namenszug " N. A. Hiesebock" und die Christ-Fürstl. Andachten (Eisenach 1709) von Johann Wilhelm, Herzog zu Sachsen-Weimar-Eisenach. Das größre biblische Erbauungsbuch (Erlangen 1785-1795) von dem populärtheologischen Schriftsteller Georg Friedrich Seiler (1733-1807) wurde 1804 angeschafft.

2.20 Zum Bestand gehören ferner 50 Sammelbände mit Disputationen und Dissertationen aus den Jahren 1619 bis 1724, die bis zu 40 und mehr Schriften enthalten und vorzugsweise in Wittenberg, Jena, Helmstedt, Leipzig und Halle entstanden. Die Dissertationes academicae & epistolicae (Hamburg 1699) von Daniel Georg Morhof (1639-1691) enthalten dessen Porträt und Lebenslauf sowie ein Vorwort von Johann Burchard Maj. Die Theses credendorum, atque agendorum fundamentales (Halle 1699) des zu dieser Zeit in Halle wirkenden pietistischen Theologen Joachim Justus Breithaupt (1658-1732) stammt aus dem Besitz von Georg Wilhelm Kolbenach, der zu dem Werk ein handschriftliches Register anlegte.

2.21 Unter den wenigen Gesang- und Gebetbüchern befindet sich ein Christliches Beicht- u. Com[m]union-Büchlein (Gotha 1688), in dem vermerkt ist, daß Hanß Nicolaus Hießbock es 1706 bekam. Hervorzuheben sind bei den Katechismen Zacharias Schilters (1514-1604) Catecheseos minoris (Leipzig 1602; auf dem Einband die bereits erwähnten Justitia- und Lukretia-Platten, s. o. 1.4) und Der kleine Catechismus D. Martin Luthers, Deutsch, Lateinisch, Polnisch und Littauisch (Königsberg 1700).

2.22 Bei der Predigtliteratur kommen thüringische Druckorte wie Altenburg, Gera, Jena, Weimar oder Mühlhausen häufig vor. Die LeychPredigt auf den Herrn zu Mansfeld ließ Cyriacus Spangenberg 1579 ohne Ortsangabe drucken, eine Kurtze Leich-Rede Bey Volck-reicher Leich-Bestattung Joh. Christians, des Jenaer Juristen Johann Philipp Slevogts (1649-1727) " jüngsten Söhnleins", hielt Johann Heinrich Acker 1705 in der Kollegien-Kirche. In Jena bei Johann Weidner 1609 gedruckt und in Erfurt durch den Buchhändler Heinrich Birnstiel verlegt wurde die Erklerung Deß Spruchs Christi, Wer Ohren hat zu hören, der höre, Matth. 13, eine Predigt, die Mich[a]el Sachse in Wecr gehalten hatte.

2.23 In Mühlhausen wurden die beiden Predigten gedruckt, die der Superintendent und Schulinspektor Johann Jacob Lungershausen (1665-1729) beim jährlichen Ratswechsel in der " gewöhnlichen Regenten-Predigt" vor der Zuhörerschaft aus der Freien Reichsstadt hielt. Ein Sammelband mit 15 Schriften des Lübecker Superintendenten Georg(e) Henrich Götze (1667-1728) enthält u. a. Die Denckwürdige Prediger-Frau (Frankfurt und Leipzig 1712), eine Hochzeitspredigt, Diptycha exulans (Altenburg 1714), und einen Kleinen Lieder-Catechismus (Lübeck 1714) mit Predigt-Entwürfen.

2.24 Aus dem Schrifttum der Aufklärung sind hervorzuheben Christian Thomasii Kurtze Lehr-Sätze Von dem Laster der Zauberey ( o. O. 1703), " aus dem Lateinischen ins Teutsche übersetzet, Und Mit des Autoris Vertheidigung vermehret", Friedrich Genzkes Kurtze Anleitung Glückseelig zu leben (Kiel 1708) und Vernünfftige Gedancken Von den Kräfften des menschlichen Verstandes Und Ihrem richtigen Gebrauche In Erkäntniß der Wahrheit (Halle 1731) des ehemaligen Jenaer Studenten Christian Wolff, die im November 1733 von Kaspar Heinrich Schaeffer in Jena gekauft wurden. Ein weiteres Exemplar aus dem Besitz von Hiesebocks Amtsvorgänger Friedrich Georg Ludwig (Halle 1733) enthält einen umfangreichen (vermutlich von Ludwig stammenden) handschriftlichen Anmerkungsapparat in lateinischer Sprache.

2.25 Nicht-theologische Schriften sind nur am Rande vorhanden. Erwähnung verdient Vom Leben, Reisen, Wanderschafften und Zustand Des grossen S. Christoffels ( o. O. [1596] mit Titelholzschnitt) von Nicodemus Frischlin (1547-1590). Die Pest behandeln die Reusische, Plawische, vor die Herrschafft und Stadt Geraw abgefassete Verordnung, Nach welcher sich alle ... unterthanen ... verhalten sollen (Gera 1625) und das von dem reußischen Hof- und Stadtmedicus Thomas Reinesius für die Herrschaft Gera verfaßte Consilium pestis prophylacticum (Gera 1625).

2.26 Obwohl Hiesebock in Rudolstadt auch Unterricht in französischer Sprache erteilte, sind nur 12 französischsprachige Werke im Bestand. Das théétre du monde : Weltlicher Schawplatz darinn Menschliche jammer, kummer und Ellend außgefürt (Würzburg 1587) von Pierre Boaysteau (auch: Boistuau) gen. Launay ist zweisprachig. Es wurde dem " Junckherrn Erasmo von Helmstorff" vermutlich von seinem Lehrer Andreas Schindler 1612 geschenkt. Die anonyme Lettre à M. L. A. D. C. Docteur de Sorbonne (Köln: Pierre Marteau 1682) hat Pierre Bayle zum Verfasser. Das Werk wurde 1683 von Ach[atius] Majus erworben. Das 700 Biographien enthaltende Theatrum morientium = Geistlich-Historischer Schauplatz (Leipzig 1702) stellte Gottfried Feinler zusammen. Die Gedichtsammlung Irdisches Vergnügen in Gott (Teil 2, Hamburg 1730) des Hamburger Ratsherrn Barthold Heinrich Brockes erlebte durch Johann Georg Hamann eine zweite Auflage.

3. KATALOGE

[Bestandsverzeichnis der Hiesebock'schen Bücherei. Von Günther Dahinten, Pfarrer; 1. Februar 1967]

[in Listenform, nach Sachgruppen, Kurztitelnachweise]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Pfarrarchiv Angelroda: Kirchenbuch 1661/1804 Geburten, Trauungen, Sterbeurkunden 1746/1814 Varia XVI Landeskirchenarchiv Eisenach der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen: Kirchgemeinde Angelroda, Visitationen (1961, 1968, 1969)

Pfarrstelle Angelroda Nr. 24,I (1933/52) Aktenbestand Jauernig. Bd. 1 (Bl. 32: Angelroda) Acta der Fürstl. Schwarzb. Rudolst. Kirchen- und Schulen-Inspection (1870) Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt: Geheimes Ratskollegium Rudolstadt. A IV, 5b, Nr. 13

4.2 Darstellungen

Marwinski, Felicitas: Nicol August Hiesebock Spuren eines Lebens. In: Blätter der Gesellschaft für Buchkultur & Geschichte e. V. Rudolstadt 1 (1997) Heft 1, S. 9-26

Stand: Juni 1996

Felicitas Marwinski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.