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Bibliothek des Kapuzinerklosters

Adresse. Pfarramt, 3270 Scheibbs
Telefon. (07482) 424 75

Unterhaltsträger. Wiener Kapuzinerprovinz
Funktion. Ordensbibliothek.
Sammelgebiete. Vornehmlich Theologie, außerdem Geschichte, Geographie und Naturwissenschaften.

Benutzungsmöglichkeiten. Derzeit nicht benützbar, da ungeordnet. Rücksprache mit dem Kapuzinerkloster Wien (0222) 512 6853-16. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für Benutzer. Kopiergerät am Pfarramt.
Hinweise für anreisende Benutzer. Westbahn, Anschlußverbindung ab Pöchlarn. - A 1, Abfahrt Ybbs/Donau.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die ersten Kapuziner ließen sich 1677 in Scheibbs nieder, nachdem die Marktgemeinde bereits 1670 ein Gesuch für die Errichtung eines Klosters an die Provinzleitung gerichtet hatte. Die Patres waren anfangs im neuerbauten Hospiz außerhalb der Stadtmauern untergebracht, bis ihnen schließlich das zwischen 1681 und 1684 erbaute Kloster Unterkunft bot. Das Grundstück war ein Geschenk der Kartäuser von Gaming unter dem Prior Ludwig von Zyria (1669-1687). Für die Bücher wurde aus Gründen der Feuersicherung ein eigener gewölbter Raum über der Sakristei eingerichtet, wo sie sich bis zum heutigen Tag befinden. Über Größe und Zusammensetzung des Gründungsbestandes gibt es keinerlei Aufzeichnungen. Wahrscheinlich führten die Patres - tsprechend dem Hauptaufgabengebiet der Kapuziner - vor allem Bücher, die sie für die Predigt benötigten, mit sich. Kapuzinerkloster

1.2 Vermehrt wurde der Kernbestand in der Folgezeit neben Ankäufen und Nachlässen der Ordensmitglieder insbesondere durch die Inkorporierung einiger Büchersammlungen von in josephinischer Zeit aufgehobenen Klöstern. Eine kleinere Anzahl von Werken stammt aus dem 1614 gegründeten und 1793 aufgelösten Kapuzinerkloster Krems (Stadtteil Und). Größere und z. T. sehr wertvolle Bestände kamen aus der Bibliothek der von 1330 bis 1782 bestehenden Kartause Gaming, in deren Besitz der Markt Scheibbs bis zum Tag der Klosteraufhebung war. Die Sammlung kam jedoch nicht zur Gänze an die Kapuzinerbibliothek. Ein Teil gelangte durch Versteigerung in Privatbesitz, ein anderer an die Universitätsbibliothek Wien, einzelne Werke an die kaiserliche Hofbibliothek. Die an die Scheibbser Kapuziner überstellten Bücher, darunter Inkunabeln und Frühdrucke, tragen den Vermerk cartusiae Gemnicensis, manche auch den Buchstaben G (für Gaming) auf dem Buchdeckel. Kleinere Bestände kamen durch Schenkungen von Privatpersonen an die Kapuziner. So vermachte 1661 ein gewisser Udalricus Straub der Klosterbibliothek einige Werke, wie Namensvermerke in den Büchern bezeugen.

1.3 Anläßlich der Einrichtung einer theologischen Hauslehranstalt im Jahr 1936 wurde die bis dahin als Gebrauchsbibliothek für die Patres dienende Büchersammlung zu einer Studienbibliothek mit zahlreichen Hand- und Lehrbüchern erweitert. 1940 waren die Kapuziner gezwungen, ihr Haus zu räumen. Die Bibliothek wurde in den Pfarrhof des Nachbarortes Purgstall/Erlauf verlagert. 1945 konnte das Kloster wieder bezogen und die Ordensbibliothek ohne nennenswerte Verluste nach Scheibbs zurückgeführt werden.

1.4 Zwischen 1946 und 1949 beherbergte das Kloster ein Noviziat, von 1947 bis 1958 wurde wiederum eine Hauslehranstalt betrieben. 1968 wurde das Gebäude an die Stadtgemeinde Scheibbs verpachtet und für die Kapuziner ein neues Kloster erbaut. 1971 übernahmen sie die seelsorgliche Betreuung der Pfarre Scheibbs, 1973 erfolgte die Übersiedlung in den Pfarrhof, wo sich seither auch ein kleiner Teil der Bibliothek befindet. Der übrige Bestand verblieb am ursprünglichen Aufbewahrungsort.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Bei einem Gesamtbestand von ca. 4000 Titeln sind rund 1600 (40 Prozent) bis 1900 erschienen. Auf das 15. Jh entfallen ca. 70 Bde, auf das 16. Jh 94 Titel (darunter 45 Frühdrucke bis 1550), auf das 17. Jh 206, auf das 18. Jh 306 und auf das 19. Jh 932 Titel (davon 160 aus der ersten Hälfte). 117 Bücher enthalten keine Jahresangabe. Den Angaben liegt die Titelzählung anhand des Autorenkataloges zugrunde. Die getrennt vom übrigen Bestand aufbewahrten Inkunabeln und Frühdrucke wurden am Regal nach Bänden erfaßt.

2.2 Mit 1133 Werken liegen 70 Prozent des historischen Bestandes in deutscher Sprache vor. 466 Titel sind lateinisch, 5 italienisch und 4 ungarisch. Die Inkunabeln sind mit Ausnahme eines deutschen Titels lateinisch, von den Drucken bis 1550 sind 5 deutsch, der Rest ist lateinisch.

2.3 Ein Großteil der Inkunabeln weist keinen Erscheinungsort auf, bei einigen fehlt auch das Erscheinungsjahr. 7 sind Nürnberger Drucke (darunter 4 von Anton Koberger), 5 stammen aus Baseler Offizinen (2 bei Johann Amerbach, eine bei Froben), 3 aus Straßburg (2 bei Martin Flach), 8 aus Venedig, 11 aus Augsburg, jeweils eine liegt aus Köln, Memmingen (Albert Kunne), Verona, Ulm (Zainer) und Hagenau (Heinrich Gran) vor.

Systematische Übersicht

2.4 Die derzeit noch ungeordnete Büchersammlung weist zu 85 Prozent theologische Literatur auf. Der größte Anteil entfällt mit 462 Titeln auf die Predigtliteratur, die sich auffächert in deutsche und fast ausnahmslos im 19. Jh gedruckte Fastenpredigten (87 Titel) und in allgemeine Predigten (375 Titel), von denen 329 in deutscher und 46 in lateinischer Sprache vorliegen. Untergruppen bilden 56 Kapuzinerpredigten aus dem 17. und 18. Jh (Donatus von Passau, Athanasius von Dillingen, Procopius von Templin) und 34 Marienpredigten. Die Sermones des Nicolaus de Blony sind in der Straßburger Ausgabe von 1498 vorhanden, jene des Pelbartus von Temesvar in Ausgaben von 1505 (Köln) und 1509 (Nürnberg). Darüber hinaus gibt es 7 deutsche Predigtzeitschriften aus dem 19. Jh.

2.5 Mit 240 Titeln zu Betrachtung, Mystik und Aszetik sowie weiteren 22 zu Andacht und Mariologie stellt die Theologia ascetica die zweitgrößte Bestandsgruppe dar. Die Inkunabeln sind Schriften Thomas' von Kempen (De imitatione Christi in zweifacher Ausgabe, o. O. 1487, und Opera et libri, Nürnberg 1494). Die zu 70 Prozent deutschsprachige Abteilung besteht weiters aus 4 Drucken aus dem 16. Jh, 48 aus dem 17. Jh, 45 aus dem 18. Jh und 162 aus dem 19. Jh. Zur Hagiographie gibt es 90 Titel (davon 76 in deutscher Sprache), darunter Jacobus de Voragines Lombardica historia in Ausgaben von 1488 (Nürnberg), 1492 (o. O.), 1501 (Nürnberg) und 1516 (Hagenau). Mit 77 Prozent liegt der Bestandsschwerpunkt im 19. Jh.

2.6 Die Apologetik ist mit 80 Titeln vertreten, die sich auf 58 deutsche und 22 lateinische verteilen. Zu erwähnen sind Martin Eisengreins Erklärung der Hauptartikel der Christenlehre (Ingolstadt 1568) und Martin Becanus' Compendium manualis controversiarum (1631). 68 Titel sind Bibeln und bibelwissenschaftliche Literatur, darunter 10 Bibelausgaben aus der Zeit von 1737 bis 1892. Zur Exegese finden sich u. a. Schriften August Calmets und Jacques Bénigne Bossuets in Ausgaben des 18. Jhs. Einige Bibelkonkordanzen (die älteste von 1527) ergänzen den Bestand.

2.7 Zur Kirchengeschichte (inklusive Ordensgeschichte) gibt es 50 Titel (37 aus dem 19. Jh), 41 in deutscher, 9 in lateinischer Sprache. Unter den 10 Titeln aus dem 18. Jh sind die umfangreichen Standardwerke von Barcastel-Berault (1784 ff.), Ignatius Hyacinthus (1727 ff.) und Gabriel Marin Ducreux (1777 ff.) zu finden. Auf die Kirchenväter entfallen 50 Titel (zu zwei Dritteln deutsch und einem Drittel lateinisch). Schriften von Augustinus und Bonaventura liegen in Ausgaben des 17. Jhs vor, jene des Chrysostomus in Ausgaben des 19. Jhs. Vorhanden ist ferner Hugo Hurters umfassendes Werk Sanctorum Patrum opuscula selecta (1868-1870).

2.8 Die überwiegend deutschsprachige und zu 90 Prozent aus Drucken des 19. Jhs bestehende Exerzitienliteratur beläuft sich auf 47 Titel, wobei 20 auf Allgemeine Exerzitien und 27 auf Exerzitien für Priester- und Ordensleute entfallen. Die Katechese ist mit 44 größtenteils deutschen Titeln vertreten, die, mit Ausnahme einiger Katechismen, vor allem auf die Theorie ausgerichtet sind (u. a. Ignaz Felbigers Vorlesungen über die Kunst zu katechisieren von 1774 und Die Tugendschule der Christen von 1720 des Kapuziners Yves von Paris).

2.9 40 Titel gibt es zur Moraltheologie, sämtliche in lateinischer Sprache. Der Schwerpunkt liegt bei den Drucken des 17. und 18. Jhs (11 bzw. 19 Titel). Erwähnt seien Bartolus de Sassoferratos Processus Satanae contra D. Virginem (1609), Valerius Reginalds Theologia moralis (1642) sowie die Theologia moralis von Hermann Busenbaum (1716 ff). Zur Pastoraltheologie gibt es 28 Titel, wobei die deutschen Drucke aus dem 19. Jh dominieren. Bei den 6 Titeln aus dem 18. Jh handelt es sich mehrheitlich um Schriften von Kapuzinerautoren (Jacob de Corella, Martin von Cochem).

2.10 Die Gruppe Homiletik enthält 30 Titel, darunter Johann Schröters Concionum Moralium (1690). Die 16 Titel zur Christologie sind zu gleichen Teilen deutsch und lateinisch; das ältestes Werk ist Udalricus Binders Speculum passionis domini nostri Jesu Christi (Nürnberg 1507). Die 14 Schriften zur Liturgie sind zu nahezu 80 Prozent deutschsprachige Drucke aus dem 19. Jh.

2.11 Das Kirchenrecht ist nur mit 14 Titeln, größtenteils aus dem 18. Jh, vertreten (u. a. Werke Vitus Pichlers und Robert Königs). Ein Frühdruck ist von Petrus Ravennas' Compendium iuris canonici (Leipzig 1506) erhalten. Zur Theologia dogmatica gibt es 12 Titel (17. bis 19. Jh), zur Theologia scholastica 8, darunter Martin Becanus' Theologiae scholasticae (1612). Der theologische Bereich enthält ferner 5 Werke zur Theologia speculativa (u. a. Gaetano Felice Veranis Theologia speculativa, 1700) und 4 lateinische Titel zum Ordensrecht. Johann Cassians Schrift über die äußere Form des Ordenslebens (De Institutis coenobiorum) ist in der Baseler Ausgabe von 1497 zweifach vorhanden.

2.12 Bei der profanen Literatur liegt der Bestandsschwerpunkt mit 89 Titeln bei der Geschichte. Die Abteilung enthält neben einigen Biographien vor allem weltgeschichtliche (u. a. Gabriel Bucelins Historiae universalis von 1650) und epochengeschichtliche Darstellungen (Justinus' Historia Pompeii, Lyon 1551). Die Philosophie ist mit 38 Titeln vertreten, schwerpunktmäßig aus dem 17. und 18. Jh (12 bzw. 14 Titel). An frühen Drucken finden sich Boethius' De consolatione philosophiae (ohne Titelblatt, Druck aus der Zeit um 1500) sowie Pedro da Fonsecas Institutionum dialecticarum libri octo (1607).

2.13 Eine Reihe interessanter alter Drucke gibt es unter den Enzyklopädien und Kirchenlexika (15 Titel). Es dominieren die lateinischen Werke aus dem 15. und 16. Jh (5 bzw. 6 Titel). Hingewiesen sei auf das in Nürnburg bei Koberger gedruckte Catholicon (1486) des Johannes Januanensis sowie auf das Dictionarium des Ambrosius Calepinus, das in Ausgaben von 1509 (Venedig), 1510 (Paris), 1513 (o. O.) und 1537 (Straßburg) vorhanden ist. Die Altklassische Literatur (17 Titel) setzt sich beinahe zur Gänze aus Drucken des 16. und 17. Jhs (15 Titel) zusammen, darunter 7 Cicero-Ausgaben aus der Zeit von 1537 bis 1606. Die Belletristik umfaßt lediglich 7 deutsche Titel aus dem 17. bis 19. Jh.

2.14 Auch zur Altphilologie (13 Titel) gibt es mehrheitlich Drucke aus dem 16. und 17. Jh (8), die sich auf Grammatik und Rhetorik verteilen. Philipp Melanchthons Grammatica latina liegt in der Ausgabe von 1543 (Ingolstadt) vor. 12 Titel tfallen auf Literaturgeschichte, Kunst und Münzkunde, sämtliche aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs und mit Ausnahme eines ungarischen Werkes in deutscher Sprache.

2.15 Die medizinische Literatur (13 Titel) ist bestimmt von größtenteils deutschsprachigen Werken zur Chirurgie aus dem 17. und 18. Jh (11 Titel), darunter Johann Ulrich Bilgners Chirurgische Wahrnehmungen (1763), die einen interessanten Einblick in die Feldarzneikunst zur Zeit des Siebenjährigen Krieges geben.

2.16 19 deutschsprachige Werke behandeln die Geographie (einschließlich Reisebeschreibungen). Der Schwerpunkt liegt bei den Drucken des 19. Jhs. Sebastian Münsters Cosmographie (o. O. 1550) präsentiert sich als ältestes Werk dieser Abteilung. Hinzu kommen 6 naturwissenschaftliche Werke (16. bis 18. Jh), darunter Gualtherus Ryffs Confectbüchlein. Teutsche Apotheken (Frankfurt 1544), sowie 3 zum Ius civile (u. a. Theophilus Antecessor mit Justiniani Institutiones iuris civilis libri IV, Paris 1554).

3.KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Autorenkatalog

[in Zettelform, nach hauseigenen Regeln; hschr. angelegt nach 1945; mit Hinweisen auf das jeweilige Sachgebiet]

Sachkatalog

[in Zettelform, nach hauseigenen Regeln; hschr. angelegt nach 1945; unvollständig]

3.2 Historische Kataloge

Catalogus omnium Librorum in Bibliotheca Conventus Scheibbsensis

[hschr.; nach Sachgebieten und innerhalb dieser nach Autoren geordneter Bandkatalog, 1845 verfaßt von P. Maximilian Speidl; Archiv der Wiener Kapuzinerprovinz]

Index Generalis. Operum Nomina Auctorum Habentium, et Operum Nominibus Auctorum Carentium ... Bibliothecae Conventus Scheibbsensis

[hschr.; Autorenkatalog, 1845 verfaßt von P. Maximilian Speidl; Archiv der Wiener Kapuzinerprovinz]

Stand: November 1995

Wilma Buchinger


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.