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Karen Brahes Bibliotek - Landsarkivet for Fyn

Karen-Brahe-Bibliothek - Landesarchiv für Fünen


Adresse. Landsarkivet for Fyn, Jernbanegade 36, 5000 Odense C
Telefon. 66 12 58 85
Telefax. 66 14 70 71
e-mail. [mailbox@lao.sa.dk]
Bibliothekssigel. <KBB>

Unterhaltsträger. Landsarkivet for Fyn [Landesarchiv für Fünen], Odense Adelige Jomfru-Kloster [Adeliges Jungfernkloster Odense]
Funktion. é„¢ffentliche Bibliothek.
Sammelgebiete. Ältere dänische Nationalliteratur und wertvolle Handschriften.

Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek mit Präsenzbestand. - é„¢ffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 9-16 Uhr, Freitag 9-13 Uhr. - Leihverkehr: nationaler Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät (für nicht-verklausuliertes Material).
Hinweise für anreisende Benutzer. Die Bibliothek liegt in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs (Fußweg 2 Minuten). - Parkmöglichkeiten bei der Bibliothek.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Karen-Brahe-Bibliothek ist Dänemarks einzige erhaltene, selbständige Adelsbibliothek aus älterer Zeit. Sie geht zurück auf die Büchersammlung von Anne Gjøe (1609-1681), die einem uralten Adelsgeschlecht angehörte und als Kind acht Jahre im Haus ihres Onkels Holger Rosenkrantz (1574-1642) verbrachte, einem gelehrten Theologen und Büchersammler. Angeregt durch diese Erfahrung sammelte Anne Gjøe bis zu ihrem Tod - abgesehen von einer 1627 in Lüneburg gedruckten Luther-Bibel - ausschließlich dänische Bücher. Sie vermachte ca. 1000 Bde überwiegend theologische und erbauliche Schriften (einschließlich 100 Hss.) ihrer Großnichte Karen Brahe (1657-1736). Karen Brahe vergrößerte den Bestand dänischer Werke, baute aber gleichzeitig eine Sammlung von deutschen (ca. 650 Bde), französischen, glischen, niederländischen und lateinischen Werken auf. Auf der Versteigerung der Bibliothek des Büchersammlers Frederik Rostgaard (1671-1745) erwarb sie 1726 eine größere Anzahl von Drucken und Handschriften.

1.2 Im Jahre 1716 gründete Karen Brahe ein adeliges Jungfernkloster in Odense, dem sie ihre Büchersammlung zur Verfügung stellte. Zuvor war die Sammlung von ihrem Hof Østrupgaard in Südfünen nach Odense verlegt worden. Es wurden Mittel für Ankäufe und die Instandhaltung der Sammlung bereitgestellt, hinzu kamen später Geld- und Bücherschenkungen. Nach dem Tod Karen Brahes wurde beschlossen, nur vor ihrem Todesjahr 1736 gedruckte Bücher zu kaufen. Nach 1736 gedruckte Bücher wurden auch weiterhin als Schenkungen angenommen. Laut Stiftungsurkunde wurde eine bestimmte Summe für die Ergänzung der dänischen Sammlung und für die Bezahlung eines Bibliothekars festgelegt. Die Sammlung wurde jedoch über mehrere Jahrzehnte vernachlässigt und seit Ende des 19. Jhs wurden fast keine Neuerwerbungen getätigt, so daß auch heute der Bestand bis auf wenige Ausnahmen vornehmlich vor 1736 erschienene Werke enthält.

1.3 Im Jahre 1908 wurde die Bibliothek in das Landesarchiv für Fünen überführt, wo sie bis heute untergebracht ist. Als 1965 die Universitätsbibliothek Odense gegründet wurde, wurde ihr die Karen-Brahe-Bibliothek - im Gegensatz zur Stiftsbibliothek von Fünen [Fyns Stiftsbibliothek] und der Bibliothek Herlufsholm [Herlufsholms Bibliotek; s. Eintrag dort] - nicht inkorporiert. Nach der Zerstörung der Universitätsbibliothek Kiel im Zweiten Weltkrieg kam vielen deutschen Werken im Bestand der Karen-Brahe-Bibliothek eine besondere Bedeutung zu.

1.4 Bereits zu Lebzeiten von Karen Brahe wurde die Sammlung katalogisiert. Von den Bibliothekaren ist besonders der junge Theologe und Hauptlehrer an der Lateinschule zu Odense, Christian Hermann Kalkar (1802-1886), zu erwähnen, der 1827 sein Amt antrat. Kalkar stellte 1831 einen Systematischen Katalog der gedruckten Bücher zusammen (s. u. 3). Victor Madsen (1873-1941), Bibliothekar an der Königlichen Bibliothek, fertigte vor seinem Tod einen fast vollständigen Alphabetischen Zettelkatalog der Sammlung an (s. u. 3). Dieser Katalog wird heute in der Handschriftenabteilung der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen aufbewahrt, das Landesarchiv für Fünen besitzt eine Kopie. 1956 veröffentlichte Anne Riising als Landesarchivarin einen Katalog der Handschriften in der Bibliothek (s. u. 3), ferner ordnete sie die Drucke der Sammlung alphabetisch und systematisch. In Fortführung dieser Arbeit stellte Susanne Lykke Nielsen ab 1990 einen Online-Katalog zusammen, der in der Datenbank der Universitätsbibliothek Odense (Database ODIN, Base 7) zugänglich ist.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Bestandsangaben basieren auf einer Teilzählung (ca. 25 Prozent) des von Victor Madsen erstellten Alphabetischen Zettelkatalogs, ergänzt durch Recherchen in der Datenbank der Universitätsbibliothek. In der Übersicht nach Sprachen werden neben den Danica die Kategorien Deutsch I (deutschsprachige im deutschen Sprachgebiet erschienene Drucke), Deutsch II (fremdsprachige im deutschen Sprachgebiet erschienene Drucke) und Deutsch III (außerhalb des deutschen Sprachgebiets erschienene deutschsprachige Drucke) unterschieden. Deutschsprachige historische Drucke, die innerhalb der dänischen Monarchie erschienen sind (insgesamt 175 Bde) wurden der Kategorie Deutsch III zugeordnet. Die Kategorie Andere (270 Bde) umfaßt fremdsprachige Werke, die außerhalb Dänemarks, Norwegens und Deutschlands erschienen sind. Unter den Fremdsprachen überwiegen Schwedisch, Französisch und Niederländisch; vertreten sind weiterhin Englisch und Latein.

Chronologische Ãœbersicht und Ãœbersicht nach Sprachen

2.2 Der historische Bestand umfaßt 3725 Bde, davon stammen 410 Bde aus dem 16. Jh, 2052 Bde aus dem 17. Jh, 857 Bde aus dem 18. Jh und 63 aus dem 19. Jh. Hinzu kommen 343 weitere Bände ohne Jahresangabe.

2.3 Den weitaus größten Anteil am historischen Bestand haben Danica (2429 Bde; 65,2 Prozent). Germanica sind mit 1026 Bdn vertreten (27,55 Prozent), Andere mit 270 Bdn (7,25 Prozent). Im Bestand des 16. Jhs sind 231 Bde Danica, 171 Bde Germanica (41,7 Prozent) und 8 Bde Andere. Aus dem 17. Jh liegen 1286 Bde Danica vor, 543 Bde Germanica (26,5 Prozent) und 223 Bde Andere, aus dem 18. Jh stammen 584 Bde Danica, 248 Bde Germanica (28,9 Prozent) und 25 Bde Andere. Im geringen Bestand des 19. Jhs sind nur ein Band in deutscher Sprache und 5 Bde der Kategorie Andere, alle übrigen Bände sind Danica (90,5 Prozent). Von den Werken ohne Erscheinungsjahr sind 271 Bde Danica, 63 Bde Germanica (Deutsch I 38, II 16, III 9) und 9 Bde Andere.

2.4 Die Germanica des 16. Jhs verteilen sich auf 131 Bde der Kategorie Deutsch I, 7 Bde Deutsch II und 33 Bde Deutsch III. Für das 17. Jh liegen die Anteile bei 461 Bdn Deutsch I, 39 Bdn Deutsch II und 43 Bdn Deutsch III, für das 18. Jh bei 137 Bdn Deutsch I, 21 Bdn Deutsch II und 90 Bdn Deutsch III.

Systematische Ãœbersicht

2.5 Den Gesamtbestand bestimmen sowohl quantitativ als auch inhaltlich die wertvollen alten Danica. Bemerkenswert sind ca. 50 Postinkunabeln (vor 1550), darunter 7 Unika. Weitere Unika liegen vom Ende des 16. Jhs vor. Neben Theologie (Bibelausgaben und -kommentare, Erbauungsschriften u. a.) sind Philosophie und Rechtswissenschaft im Bestand gut vertreten. Hinzu kommt wertvolles Quellenmaterial zur Geschichte - insbesondere zur Personalgeschichte - der Lebenszeit von Anne Gjøe und Karen Brahe. Neben mehr als 400 Leichenpredigten für Adelige findet sich umfangreiches personalgeschichtliches und literarisches Quellenmaterial in der Handschriftensammlung. Hervorhebenswert ist das sogenannte Karen Brahe Folio (ca. 300 Blätter) mit Volksliedern vom Ende des 16. Jhs.

2.6 In Analogie zum Gesamtbestand der Karen-Brahe-Bibliothek liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Germanica-Bestandes (1026 Bde; 27,55 Prozent des historischen Bestandes) auf theologischer und Erbauungsliteratur.

2.7 Im Bestand des 16. Jhs sind zahlreiche dänischsprachige vor 1550 im deutschen Sprachgebiet gedruckte Werke, darunter Unica wie das Bedebog [Gebetbuch, Magdeburg 1531] und Georg Smaltzings Davids Salmer i Bønner [Davids Psalmen in Gebeten, Magdeburg 1533]. Die Bibliothek verfügt auch über das einzige erhaltene Exemplar von Luthers Bedebog [Luthers Gebetbuch] in der Ãœbersetzung von Peder Palladius (Magdeburg 1539) und über eine Originalausgabe von Melanchthons Manual in der Ãœbersetzung von Peder Tidemand (Rostock 1558). Zu den deutschsprachigen Germanica des 16. Jhs gehören u. a. Johann Agricola, Von der Messe und ihrem Canone (Wittenberg 1527); Von der uebertrefflichisten und beruemptisten frawen, zwoelff inn der gemeynd (Mainz 1533); Loossbych zu ehren der Roemischen, Ungerischen unnd Boehemischen Kuenigin ([Straßburg] 1546); Caspar Huberinus, Vomm Christlichen Ritter. Ain wunderbearlicher Kampff der Hellischen Bestien ... (Neuburg an der Donau 1545); Matthias Flacius Illyricus, Ein Christliche Vermanung zur bestendigkeit (Magdeburg [1550]) und Melanchthon, Alle Handlungen die Religion belangend (Wittenberg 1542).

2.8 Unter den Germanica des 17. und 18. Jhs überwiegt theologisches Schrifttum mit Bibelausgaben, Bibelauslegungen und -kommentaren, Auslegungen der Schriften Luthers und anderer protestantischer Theologen, Predigten, Gesang- und Gebetbüchern. Daneben finden sich Werke zu Rechtswissenschaft, Medizin, Philosophie, Politik, Wirtschaft, Hauswirtschaft und Geschichte sowie deutsche Ãœbersetzungen lateinischer und griechischer Klassiker, Reisebeschreibungen, Kochbücher und deutschsprachige Zeitungen. Die Sammlung von ca. 650 deutschen Erbauungsbüchern und polemischen Schriften des 17. und 18. Jhs geht auf Karen Brahe zurück. Gut vertretene Autoren von Erbauungsschriften sind Johann Arndt, Johannes Brentius, Valerius Herberger, Caspar Huberinus, Hans-Michael Moscherosch, Johann Lassenius, Johann Olearius, Philipp Nicolai, Sigismund Scherertz, Philipp Jacob Spener und Hieronymus Weller. Viele dieser Schriften finden sich sowohl in deutscher als auch in dänischer Sprache; in Manuskriptform liegen ferner dänische Ãœbersetzungen vor, die von den Frauen der Familie (u. a. Anne Gjøe und Karen Brahe) angefertigt wurden. Die polemischen Schriften wenden sich gegen den Katholizismus, Calvin, den Pietismus und andere Glaubensrichtungen. Karen Brahe selbst war orthodox lutheranisch, hat sich aber mit anderen Glaubensrichtungen auseinandergesetzt.

2.9 Die Sammlung der Bibelausgaben umfaßt 75 Bde, darunter Luther-Bibeln aus Frankfurt a. M. (1594), Straßburg (1628), Lüneburg (1627), Nürnberg (1641) und Jena (1735). Unter den Gesangbüchern (ca. 290 Bde) sind ein Lüneburger Druck von 1654 und ein Nürnberger Druck von 1682. Ferner findet sich das Kopenhagener Teutsche Gesangbuch (1692 und 1717), das Lübeckische Gesangbuch (1703), das Vollständige Gesangbuch (Plön 1708) und ein Auserlesenes Gesang-Buch (Kopenhagen 1730).

3. KATALOGE

Alphabetischer Gesamtkatalog

[in Zettelform; von Victor Madsen in den dreißiger Jahren zusammengestellt; in der Handschriftenabteilung der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen; die Einträge wurden in der Datenbank (ODIN) der Universitätsbibliothek Odense gespeichert]

Systematischer Katalog der Drucke

[hschr., in Bandform; 1831 zusammengestellt von Christian Hermann Kalkar; lückenhaft]

Riising, Anne: Katalog over Karen Brahes Bibliotek i Landsarkivet for Fyn. Håndskriftsamlingen [Katalog der Karen-Brahe-Bibliothek im Landesarchiv für Fünen. Handschriftensammlungen]. København 1956

Lind, Lauritz: Det danske Bibliotek eller Fortegnelse på alle de danske Skrifter ...Frøken Karen Brahe [Die dänische Bibliothek oder Verzeichnis aller dänischen Schriften ... Fräulein Karen Brahe]. København 1725 [alphabetisch und grob nach Fächern geordnet; nicht anwendbar]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Die Archivalien werden im Landesarchiv für Fünen aufbewahrt.

4.2 Darstellungen

Madsen, Victor: Karen Brahes Bibliotek i Odense [Die Karen-Brahe-Bibliothek in Odense]. In: Nordisk tidskrift för bok- och biblioteksväsen [Nordische Zeitschrift für Buch- und Bibliothekswesen] 6 (1919) S. 171-185

Nielsen, Lauritz: Danske Privatbiblioteker gennem Tiderne [Dänische Privatbibliotheken durch die Zeiten]. Bd 1: Indtil Udgangen af det 17. aarhundrede [Bis zum Ausgang des 17. Jhs]. København 1946, S. 96-123

Jensen, Lone: Udviklingen af Karen Brahes Bibliotek [Die Entwicklung der Karen-Brahe-Bibliothek]. Diplomarbeit. Bibliotheksschule Dänemarks, Kopenhagen 1975 [mschr. Ms., eine Kopie befindet sich u. a. in der lokalhistorischen Abteilung der Zentralbibliothek Odense]

Riising, Anne: Karen Brahes Bibliotek. In: Odenses bibliotekshistorie [Die Bibliotheksgeschichte von Odense]. Torben Nielsen (Red.). Odense 1990, S. 25-34 [deutsche Zusammenfassung S. 189-190]

Nielsen, Susanne Lykke: Hiellp gudt - Birgitte Brahe (1576-1619). En biografisk skitse og en bogreol [Hilf Gott - Birgitte Brahe (1576-1619). Eine biographische Skizze und ein Bücherregal]. In: Personalhistorisk Tidsskrift [Personalhistorische Zeitschrift] (1996) Heft 2, S. 95-155

Nielsen, Susanne Lykke: Bøger maler billeder - Karen Brahe (1657-1736) set gennem sin Bogsamling [Bücher malen Bilder - Karen Brahe (1657-1736) durch ihre Büchersammlung gesehen]. In: Fynske Aarbøger 1998 [Fünische Jahrbücher 1998]. [in Vorbereitung]

Stand: September 1998

Jakob H. Grønbæk

Susanne Lykke Nielsen

Birgit Stauning


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.