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Domstiftsarchiv - Kirchenbibliothek St. Gotthardt

Adresse. S. Brandenburg, [Bibliothek des Domstiftsarchivs]
Bibliothekssigel. Kirchlicher Zentralkatalog Berlin <Bp 5>

Unterhaltsträger. Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg. Eigentümer: Evangelische Kirchengemeinde St. Gotthardt.
Funktion. Depositum im Domstiftsarchiv. Abgeschlossener historischer Bestand.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Um 1474 stiftete der Fürstenwalder Domherr Matthäus Prenne eine Kapelle samt Bibliothek für die Gotthardtkirche in Brandenburg. Abgesehen von Einzelstücken aus dem späten Mittelalter wurde der Grund zu einer Kirchenbibliothek durch den Nachlaß des Mag. Johannes Seyfried (1502-1549) gelegt. Seine inzwischen rekonstruierte Sammlung umfaßt 295 Bde mit 1416 Schriften.

1.2 Einen wesentlichen Zuwachs an Inkunabeln erfuhr die Kirchenbibliothek in der Mitte des 16. Jhs durch die Übernahme eines Teils der Bücher aus dem Franziskanerkloster. Die Hss. des Klosters gelangten auf unbekanntem Wege nach Berlin und gehörten schon 1661 zum Gründungsbestand der Kurfürstlichen Bibliothek.

1.3 Die Kirchenbibliothek wurde vergrößert mit Büchern aus vier weiteren Privatbibliotheken Brandenburger Pfarrer, nämlich Petrus Weitzke († 1585), Petrus Conovius (1580-1642), Thomas Crusius (1594-1674) und Valentin Haveland († 1687). Die Bücher (79 Bde mit 290 Titeln) aus dem Besitz von Crusius wurden noch zu dessen Lebzeiten der Bibliothek überlassen und entstammen fast alle dem 16. Jh. Von Haveland sind noch 105 Bde mit 405 Titeln nachweisbar. 1601 hatte auch Magister David Kuhn, Syndicus der Altstadt Brandenburg, der Bibliothek einige Bücher überlassen.

1.4 Die Statistik belegt, daß die Bibliothek nach 1700 nur noch unwesentlich vermehrt wurde. In den Jahren 1922 und 1923 hat die St. Gotthardt-Gemeinde eine erhebliche Anzahl der Drucke einschließlich der Inkunabeln der Franziskaner der Preußischen Staatsbibliothek Berlin als Leihgabe überlassen. Infolge der kriegsbedingten Auslagerungen befinden sich diese bis heute in Krakau. Die übrige Bibliothek wurde 1973 im Domstiftsarchiv deponiert und neu katalogisiert.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Bibliothek umfaßt ca. 1285 Bde mit 3667 Drucken, von denen 7 Inkunabeln sind; 2707 entstammen dem 16. Jh (73,8 Prozent), 796 dem 17. Jh (21,7 Prozent), 61 dem 18. Jh (1,7 Prozent), 41 dem 19. Jh (1,1 Prozent) und 50 dem 20. Jh (1,4 Prozent). 5 Drucke lassen sich zeitlich nicht bestimmen.

2.2 2379 Drucke (64,9 Prozent) sind in lateinischer Sprache (einschließlich der mehrsprachigen Wörterbücher), 1255 Titel (34,2 Prozent) in deutscher, 31 in griechischer und je einer in hebräischer und holländischer.

2.3 Die Bibliothek Johannes Seyfrieds spiegelt in erster Linie seine Beziehungen zu den Wittenberger Reformatoren wider. Schon als junger Mann begann er, systematisch die Schriften Luthers zu sammeln, von denen heute noch 236 Stück vorhanden sind. In seinen Büchern finden sich auch handschriftliche Widmungen von Melanchthon und Bugenhagen. Bei der Anschaffung bevorzugte Seyfried exegetische Werke und berücksichtigte in größerem Maße auch andere Wissensgebiete. Die Bände weisen intensive Lesespuren auf.

2.4 Aufgrund der Entstehungsgeschichte der Bibliothek ist die theologische Literatur des Reformationsjahrhunderts wie auch die Zeit des Dreißigjährigen Krieges umfassend dokumentiert. Hervorzuheben sind zahlreiche Drucke zum Augsburger Interim von 1548. Einer der Bände aus dem Besitz von Valentin Haveland umfaßt 80 Wittenberger Disputationen unter dem Vorsitz von Jacob Martini (1570-1649). Vorhanden sind mehrere Konvolute, die zahlreiche Hochzeitsgedichte und Leichenpredigten, vor allem aus der Mark Brandenburg, enthalten.

2.5 Die Bibliothek besitzt außer den Drucken 26 Hss., die überwiegend dem 16. Jh angehören und in Sammelbände eingebunden sind. Drei der Hss. gehören noch in das 15. Jh, eine Hs. ist ein hebräischer Pentateuch.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Standortkatalog 1989

[Domstiftsarchiv Brandenburg: BDS 1522/465 bis 1524/467]

Zimmermann, Alfred: Katalog der Bibliothek Seyfried in der Kirchenbibliothek St. Gotthardt Brandenburg. 1981

[Standortkatalog als Kopie der Karteikarten]

Die Bestände sind im Katalog des Domstiftsarchivs und im Kirchlichen Zentralkatalog nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Catalogus der Bücher des Mag. David Kuhn, 1601/02 [Domstiftsarchiv: BG 41/744]

Standortkatalog von 1728

[angefertigt vom Domherrn Ludolf Ernst von Strantz und weitergeführt im 19. Jh; ebda: BG 42/751]

Standortkatalog auf Karteikarten, um 1936

[ebda: BG 46a/1030a]

Sachkatalog auf Karteikarten, um 1936

[ebda: BG 46b/1029 und 46c/1030]

Voulliéme [,Ernst]: Verzeichnis der (175) Inkunabeln der St. Gotthardt-Bibliothek zu Brandenburg sowie der 119 Drucke des 16. Jhs, die der Staatsbibliothek Berlin 1923 als Depositum übergeben wurden [mschr.; Mikrofilm Nr. 159 im Evang. Konsistorium Berlin]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Domstiftsarchiv Brandenburg: BG 43/376 und 44/377c [betrifft u. a. Neuordnung 1935 und Deponierung 1973]; BG 45/377a und 46/378 [betrifft Leihgabe der Franziskanerbibliothek] sowie BDS 1521/523 [Deponierung und Restaurierung einiger Bde, 1972-1975]

Evangelisches Zentralarchiv Berlin: Best. 14 Konsistorium Berlin Nr. 1049 [Verhandlungen mit der Staatsbibliothek 1938-1943]

Staatsbibliothek zu Berlin, Haus 2: Acta III K 11: Bibliothek der Gotthardtkirche Brandenburg, 1922-1944

4.2 Darstellungen

Schott, W[alther]: Beiträge zur Geschichte der St. Gotthardtkirche und -Gemeinde zu Brandenburg a. H. Brandenburg 1906, S. 16, 27, 40, 59, 71, 74, 76, 79, 88, 98, 104

Abb, Gustav: Die ehemalige Franziskanerbibliothek in Brandenburg a. H. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen 39 (1922) S. 475-499 und 40 (1923) S. 173

Ebers, Fritz: Von den Brandenburger Bibliotheken. In: Brandenburger Blätter für Theater und Kunst 2 (1925) S. 65-70, 103-108

Schröter, Hans-Jakob: Die Büchersammlungen des Superintendenten der Altstadt Brandenburg Thomas Crusius und des Archidiakons an St. Gotthardt Valentin Haveland. In: Uwe Czubatynski, Adolf Laminski, Konrad von Rabenau (Hrsg.): Kirchenbibliotheken als Forschungsaufgabe. Neustadt a. d. Aisch 1992, S. 69-78 (Veröffentlichungen der Archive und Bibliotheken in der evangelischen Kirche 19)

Zimmermann, Alfred: Die Büchersammlung des Magisters Johannes Seyfried. Eine Reformationsbibliothek als Spiegel der Vita ihres Besitzers. In: ebda, S. 35-44

Die übrigen Erwähnungen sind verzeichnet bei Eckhard Plümacher: Bibliographie zum kirchlichen Bibliothekswesen in der Mark Brandenburg. In: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte 48 (1973) S. 118

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Rabenau, Konrad von (Hrsg.): Martin Luther " Thesen und Erläuterungen zur Heidelberger Disputation ... und Schrift über die Beichte ..., Einleitung zum 2. Galaterkommentar ..., Gedicht auf Graf Enno II. von Ostfriesland". Drei neugefundene lateinische Drucke aus der St. Gotthardt-Bibliothek in Brandenburg. Repr. Leipzig [zugleich Köln] 1987

Rabenau, Konrad von: Luthers Gedicht für Graf Enno II. von Ostfriesland. In: Jahrbuch der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden 68 (1988) S. 65-77

Schößler, Wolfgang: Luthers Werke in der Buchkunst seiner Zeit. Kabinettausstellung im Dommuseum Brandenburg. In: Potsdamer Kirche [38] (1983) Nr. 41 vom 9. Oktober, S. [4]-[5]

Eine Tangermünder Leichenpredigt aus dem Jahre 1658. In: Das alte Tangermünde 6 (1930) Nr. 20, S. [1]-[2]

Zwei andere Tangermünder Leichenpredigten aus dem 17. Jh. In: ebda, Nr. 21, S. [3]

Stand: Februar 1994

Uwe Czubatynski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.