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Kirchenbibliothek St. Marien


Adresse. Gertraudenkirche, Gertraudenplatz 6, 15230 Frankfurt/Oder
Telefon. (0335) 2 79 24
Bibliothekssigel. Kirchlicher Zentralkatalog Berlin: Bc 4>
Unterhaltsträger. Evangelische Gertraud-Marien-Kirchengemeinde
Funktion. Historische Kirchenbibliothek.
Sammelgebiete. Der Bestand wird nicht vermehrt.
Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbestand. Benutzung nach Vereinbarung. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät im Kirchenbüro.
Hinweise für anreisende Benutzer. Fußwegnähe vom Bahnhof. - A 12 (E 30), Ausfahrt Frankfurt/Oder.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Geschichte der Bibliothek reicht nachweislich bis in vorreformatorische Zeit (Anfang des 16. Jhs) zurück. Nachdem die Franziskaner- und Kartäuserbibliothek an die Universitätsbibliothek gekommen waren, begann man erst kurz vor 1600 ernsthaft mit dem Ausbau der Kirchenbibliothek. Wie bei den meisten Kirchenbibliotheken fiel die Blütezeit in das 16. und 17. Jh, doch sind auch noch im 18. Jh namhafte Werke angeschafft worden. Der Bestandsaufbau erfolgte weitgehend durch Schenkungen wohlhabender Bürger und Gelehrter, wozu Kurfürst Johann Georg schon 1573 aufgerufen hatte. Zeitweilig standen auch Strafgelder und andere Kapitalien zur Verfügung (1835 noch 200 Taler).

1.2 Um den Ausbau der Bibliothek hat sich besonders Pfarrer Martin Heinsius (1610-1667) verdient gemacht, dem auch weitgehend die Sammlung von Leichenpredigten und akademischen Kleinschriften zu verdanken ist. Als Nachlaß gelangten zwei heute nicht mehr nachweisbare Privatbibliotheken an die Marienkirche, von Dr. jur. Johann Samuel Steyer (1707-1789) und Prof. theol. Johann Gustav Herrmann (1741-1817). Noch vor 1800 vereinigte man die anderen Frankfurter Kirchenbibliotheken mit der Marienbibliothek, weshalb diese zuweilen auch Ministerialbibliothek genannt wurde. Der Bestand wurde aktualisiert, indem man 1788 770 Bde (z. T. Dubletten) und nach 1800 noch einmal Bücher verkaufte.

1.3 Am Anfang des 19. Jhs nahm die Ministerialbibliothek einen erneuten Aufschwung durch die Fürsorge des Pfarrers und Prof. Christian Wilhelm Spieker (1780-1858), der der Bibliothek auch seine Gesangbuchsammlung und seine eigenen zahlreichen Werke vermachte. Später wurden auch die Bücher eines theologischen Lesezirkels angegliedert, so daß der Bestand um 1900 etwa 4000 Bde umfaßte. Zwischen 1921 und 1923 wurde die Bibliothek vom Martyrchor über der 1521/22 erbauten Sakristei in zwei Räume im Untergeschoß des Nordturmes verlegt und neu geordnet. Um 1930 war die Bibliothek sogar täglich zwei Stunden geöffnet.

1.4 1943 wurden von der Stadtbibliothek vor allem universitäts- und stadtgeschichtlich interessante Kleinschriften der Kirchenbibliothek katalogisiert (2945 Stück in 519 Bdn). Gleichzeitig bemühte sich die Stadt, 174 Bde in die Stadtbibliothek übernehmen zu können (Titelliste erhalten). Da diese besonders die Frankfurter Stadt-, Universitäts- und Druckgeschichte, aber auch brandenburgische Geschichte und Theologie betrafen, hätte die Bibliothek ihren wertvollsten Teil verloren. Trotz Zustimmung des Konsistoriums und der Kirchengemeinde verhinderte das Kriegsende diesen Plan. Gegen Ende des Krieges wurde offenbar der älteste und wertvollste Teil der Bibliothek in die Gruft ausgelagert und dadurch gerettet. Fast alle neueren Bestände sind wohl im Turm verblieben und dort verbrannt.

1.5 Da die nur teilweise wiederaufgebaute Marienkirche nicht mehr als Kirche genutzt wird, ist die Bibliothek heute in der Gertraudenkirche untergebracht. Die Inkunabeln und mittelalterlichen Hss. sind von der Berliner Staatsbibliothek erfaßt worden. Nicht zuletzt durch die Einbände ist die Bibliothek Spiegel eines reichen Druck- und Buchgewerbes in einem ehemaligen kulturell-geistigen Zentrum der Mark Brandenburg.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Der katalogisierte Bestand (Signaturen P, M und T) umfaßt insgesamt 770 Titel. Aus dem 15. Jh stammen 35 Einheiten (5 Prozent), davon 5 Hss. und 30 Inkunabeln; aus dem 16. Jh 335 Titel (44 Prozent), aus dem 17. Jh 309 (40 Prozent), aus dem 18. Jh 87 (11 Prozent), aus dem 19. Jh ein Titel und aus dem 20. Jh 3. Wegen der großen Kriegsverluste geben diese Zahlen nur bedingt den einstigen Bestand wieder. Hinzu kommen noch mindestens 200 Titel des 16. bis 20. Jhs überwiegend aus der Gymnasialbibliothek, die noch nicht katalogisiert sind und die Signatur Z tragen werden.

2.2 Von den 770 Titeln entfallen 384 auf die lateinische (50 Prozent) und 344 auf die deutsche Sprache (45 Prozent). Die restlichen 42 Titel enthalten Texte in Hebräisch, Griechisch, Französisch (2), Holländisch (einer) und Niederdeutsch (3).

2.3 Der Bestand ist in der Aufstellung nur in die zwei Hauptgruppen P (Profana) und T (Theologica) unterteilt. Die Manuskripte (M) wurden nachträglich aus den beiden Hauptgruppen herausgelöst. Unter den Profana sind besonders nennenswert zahlreiche historische Werke, vor allem zur brandenburgischen Geschichte. Zu nennen sind ca. 20 Schulschriften des zeitweilig in Frankfurt tätigen Pädagogen Christian Schöttgen (1687-1751). Erhalten geblieben ist ein kleiner Teil der ehemals zahlreich vorhandenen akademischen Einladungsschriften aus Frankfurt/Oder, vor allem aus dem 17. Jh. Auch unter den Hss. befinden sich wertvolle Stücke historischen Inhalts.

2.4 Unter den Theologica sind Werke hervorzuheben, die aus dem Lehrbetrieb der Universität Frankfurt stammen, sowie einige liturgische Drucke und Hss. Die Bibliothek besitzt auch 30 zeitgenössische Lutherdrucke. Von der Bibelsammlung, die 1934 noch aus 112 Stücken in 11 Sprachen bestand, sind nur einige Titel erhalten.

2.5 Die ehemals fast 1000 vorhandenen Leichenpredigten (in 53 Bdn) sind bis auf einzelne Stücke in anderen Sammelbänden Kriegsverlust. Die in ihnen enthaltenen Lebensdaten können aber aus dem von der Stadtbibliothek angefertigten Katalog oder aus der Veröffentlichung von Bötticher (1906, s. u. 5) entnommen werden.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Katalog

Standortkatalog

[Beide sind hergestellt als Kopien von Karteikarten für den Kirchlichen Zentralkatalog; Anlage im wesentlichen nach PI, z. T. mit bibliographischen Nachweisen.]

Provenienzverzeichnis [hschr.]

Die Bestände sind im Kirchlichen Zentralkatalog nachgewiesen. 1.4

3.2 Historische Kataloge

Die alten Kataloge sind vollständig verloren. Es waren dies ein grober mschr. Sachkatalog von 1935, ein Standortkatalog und ein ungenau angefertigter alphabetischer Katalog vom Ende des 19. Jhs, der vielleicht auch mit einem erwähnten Hauptkatalog von 1836 identisch ist.

Die 1943 von der Stadtbibliothek katalogisierten Titel sind im stadtgeschichtlichen Gesamtkatalog (ein alphabetischer, mschr. Kapselkatalog) im Stadtarchiv enthalten und haben so die Zerstörung der Originale überlebt.

Wohl 1947 wurde von dem Studienassessor Werner Märten ein neuer hschr. Standortkatalog erstellt (Mikrofilm Nr. 89 im Konsistorium Berlin). Dabei wurde leider eine neue Zählung der Signaturen eingeführt, ohne daß die alten Signaturschilder ersetzt wurden. Daher tragen die meisten Titel im heutigen Katalog die alte und die neue Signatur.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Bibliotheksakte [in der Marienbibliothek]

Statuten der theologischen Lese-Gesellschaften für den Frankfurter Regierungsbezirk. o. O. [1837, Kopie u. a. im Landeshauptarchiv Potsdam]

Manuscripte welche sich in der ministerial Kirchen-Bibliothek zu Frankfurt a/O befinden. [1846/47; Staatsbibliothek Berlin: Ms. Cat. B. fol. 38, Bl. 42-43]

Akte betr. Marienbibliothek Frankfurt/Oder 1939-1944 [Evangelisches Zentralarchiv Berlin, Best. 14 Konsistorium Berlin-Brandenburg Nr. 1052]

4.2 Darstellungen

Hausen, Carl Renatus: Geschichte der Universität und Stadt Frankfurt an der Oder, ... Frankfurt/Oder 1800, S. 131-132 (2. unveränd. Aufl. 1806)

Spieker, Christian Wilhelm: Beschreibung und Geschichte der Marien- und Oberkirche zu Frankfurt an der Oder. Frankfurt/Oder 1835, S. 205-206, 314, 326-327, 487-490, Taf. 4, 5

Spieker, Christian Wilhelm: Lebensgeschichte des Andreas Musculus. Ein Beitrag zur Reformations- und Sittengeschichte des 16. Jahrhunderts. Frankfurt/Oder 1858 (Repr. Nieuwkoop 1964) [S. 194, 345-346]

Jung, Wilhelm: Die Kunstdenkmäler der Stadt Frankfurt a. O. Berlin 1912, S. 75-76 (Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg VI, Teil 2)

Br[eiter], M[ax]: Die Bücherei von St. Marien. In: Evangelisches Kirchenblatt für Frankfurt a. O. und Umgebung 1 (1929) Nr. 50, S. 560 und 2 (1930) Nr. 3, S. 28

Breiter, M[ax]: Eine alte Frankfurter Bücherei. In: Frankfurter Oder-Zeitung 120 (1930) Nr. 177 vom 30. Juli, S. [3]

Die Ministerialbibliothek in Frankfurt/Oder. In: Frankfurter Oder-Zeitung 121 (1931) Nr. 87 vom 15. April, S. [5] [nur 3 Fotos]

Breiter, M[ax]: Führer durch die evangelische St. Marienkirche in Frankfurt an der Oder. Zum Besten der Bibliothek von St. Marien. Frankfurt 1932, S. 49-51, Taf. 16

Maushake, Walter: Frankfurt an der Oder als Druckerstadt. Frankfurt/Oder, Berlin [1936]

Fähndrich, Rudolf: Quellen der Familienforschung in Frankfurt a. d. O. In: Ekkehard. Mitteilungsblatt deutscher genealogischer Abende 13 (1937) S. 208-209, 245-246

Grimm, Heinrich: Meister der Renaissancemusik an der Viadrina. Quellenbeiträge zur Geisteskultur des Nordostens Deutschlands vor dem Dreißigjährigen Kriege. Frankfurt/Oder und Berlin 1942, S. 35

Jahresbericht der Stadtbücherei Frankfurt/ Oder 1.4.1943-31.3.1944. Frankfurt/Oder 1944, S. 6 [mschr. vervielfältigt]

Teichmann, Heinz: Von Lebus nach Fürstenwalde. Kurze Geschichte des mittelalterlichen Bistums Lebus. [Leipzig 1991] S. 136-147, 169-170 [betr. Missale Lubucense]

Czubatynski, Uwe: Niederdeutsche Drucke des 16. Jahrhunderts in der Marienbibliothek Frankfurt/Oder. In: Korrespondenzblatt des Vereins für Niederdeutsche Sprachforschung 100 (1993) S. 57-61

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Blumenthal, Paul: Der Kantor Bartholomäus Gesius zu Frankfurt/Oder. Frankfurt/Oder 1926, S. [34]-[35], 43-[44], [48], 51 (Frankfurt und die Ostmark. Beiträge zur Heimatkunde 1)

Bötticher, Arno: Die Leichenpredigten der Marienkirchen-Bibliothek in Frankfurt a. O. In: Vierteljahrsschrift für Wappen-, Siegel- und Familienkunde 33 (1905) S. 21-79 Frankfurt (Oder) 1 Kirchenbibliothek St. Marien 4.2

Bötticher, Arno: Neumärkische Leichenpredigten in der Bibliothek der Marienkirche in Frankfurt an der Oder. In: Schriften des Vereins für Geschichte der Neumark 19 (1906) S. 1-77

[8 weitere, zwischen 1877 und 1938 erschienene kleine Aufsätze zu den Leichenpredigten sind verzeichnet bei Rudolf Lenz: Leichenpredigten. Eine Bestandsaufnahme. Marburg 1980, S. 77-79 (Marburger Personalschriften-Forschungen 3)]

Breiter, M[ax]: Die Bibel von 1534 in der Bücherei von St. Marien in Frankfurt/Oder. In: Frankfurter Oder-Zeitung 124 (1934) 235 vom 8. Oktober, S. [5]-[6]

Breiter, M[ax]: Ein Beitrag zur Geschichte des Joachimsthaleschen Gymnasiums. In: Evangelisches Kirchenblatt für Frankfurt a. O. und Umgebung 5 (1933), S. 24, 36, 48, 60, 72, 84, 96, 108, 132, 144, 156, 168 [betr. Makulaturfragmente]

Gesius, Bartholomäus: Fünfzehn Choralsätze. Für vierstimmigen gemischten Chor, hrsg. von Volker Ochs. Berlin [1965]

[Grimm, Heinrich:] Altfrankfurter Buchschätze aus der Zeit vor dem Dreißigjährigem Kriege. [Frankfurt/Oder] 1940 [Ausstellungskatalog, passim]

Grimm, Heinrich: Die liturgischen Drucke der Diözese Lebus. In: Wichmann-Jahrbuch 9/10 (1955/56) S. 45-51

Grimm, Heinrich: Der Verlag und die Druckoffizin der Buchbinder Hansen und Friderichen Hartman, Vater und Sohn, Buchhendlern zu Franckfurt an der Oder (1588-1631). In: Gutenberg-Jahrbuch 35 (1960) S. 237-254

Haebler, Konrad: Die liturgischen Drucke des Bistums Lebus. In: Brandenburgia 24 (1915/16) S. 97-108

Haebler, Konrad: Das Missale für die Diözese Lebus (Missale Lubucense). In: Nordisk tidskrift för bok- och biblioteksväsen 2 (1915) S. 53-76

Huck, Friedrich: Reformatorische Bestrebungen in Frankfurt/Oder. In: Dem Wort nicht entgegen ... Aspekte der Reformation in der Mark Brandenburg. Hrsg. von Hans-Ulrich Delius [u. a.]. Berlin [1988], S. 68, 151-153, Abb. 20-22 [betr. Eintragungen in Bibel von 1534]

Teitge, Hans-Erich: Rollen- und Plattenstempel in Frankfurt an der Oder. Einbände aus der Bibliothek zu St. Marien. In: Studien zur Buch- und Bibliotheksgeschichte. Hans Lülfing zum 70. Geburtstag. Berlin 1976, S. 174-189

Teitge, Hans-Erich: Der Buchdruck des 16. Jahrhunderts in Frankfurt an der Oder. Diss. Berlin: Humboldt-Universität

1987 Stand: Januar 1994

Uwe Czubatynski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.