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Medizinhistorische Bibliothek des Instituts für Geschichte der Medizin und des Krankenhauswesens der RWTH Aachen (Bibliothek des ehemaligen Ärztlichen Lesevereins zu Aachen)

Adresse. Wendlingweg, 5100 Aachen [Karte]
Telefon. (0241) 808-8097

Unterhaltsträger. Land Nordrhein-Westfalen
Funktion. Spezialbibliothek. Sammelgebiet. Medizin des 19. Jhs. Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, außer Donnerstag, 9-12 Uhr. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät, Mikrofiche-Lesegerät, Reprovit-Gerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Busverbindung ab Hauptbahnhof (Linien 1, 11, 21 bis Haltestelle Bushof, Linie 33) bis Haltestelle Wendlingweg (Nähe Klinikum). Auf Wunsch Lageplan zusendbar. Parkmöglichkeiten begrenzt vorhanden.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Im Winter 1840/41 gründeten einige Ärzte in Aachen den Ärztlichen Leseverein, der in erster Linie dem Zwecke der wissenschaftlichen Fortbildung dienen sollte. Man begann damals in Aachen, medizinische Lehrbücher und Zeitschriften systematisch zu sammeln, um die neuangeschafften Bde dann regelmäßig unter den Mitgliedern zirkulieren zu lassen. Bis dahin gab es in der alten Kaiserstadt keine für Mediziner brauchbare Bibliothek.

1.2 Schon in der ersten Sitzung des Vereins richtete man die ehrenamtliche Stelle eines Bibliothekars ein, die der Aachener Mediziner August Straeter (1810-1897) übernahm. Der Vorteil eines solchen Lesezirkels für Aachen ältere dieser Art gab es schon in Stralsund (gegründet 1773), in Lübeck (gegründet 1805) und in Köln (gegründet 1833) war, daß den ansässigen Medizinern ohne große Wege oder irgendwelche Kosten ein leichter Zugriff auf die neueste Literatur ermöglicht wurde.

1.3 Der Bibliothekar nahm zugleich die Aufgaben des Vorsitzenden wahr. Neben der Ausleihe hatte er für die Katalogisierung und Erhaltung der Bücher und Zeitschriften Sorge zu tragen. Die Gründung des Ärztlichen Lesevereins war anfangs ohne große Regularien erfolgt. Erst 1854 gab sich der Verein Statuten, die ausdrücklich festhielten, daß " die Anschaffung von medizinischen Zeitschriften und anderen Werken aus dem Gebiete der Medizin" der eigentliche Zweck sei. Man bestimmte auch damals schon, daß keine Bücher käuflich weiter veräußert werden dürften und bei Vereinsauflösung die Stadtbibliothek Aachen in Besitz der vorhandenen Buchbestände kommen sollte.

1.4 Das erste Bestandsverzeichnis des medizinischen Lesevereins lag 1852 vor; es umfaßte 173 Bücher und 8 Zeitschriften. Die Bibliothek war in zwölf Abteilungen gegliedert: 1. Anatomie, 2. Physiologie einschließlich der Hygiene und vergleichenden Psychologie, 3. Chemie, 4. Pathologie und Therapie im Allgemeinen, 5. Krankheiten des ganzen Körpers, 6. Krankheiten einzelner Körperteile, 7. Medizinische Geographie und Geschichte, 8. Chirurgie, 9. Geburtshilfe, 10. Pharmakologie und Toxikologie, 11. Balneologie, 12. Staatsarzneikunde und gerichtliche Medizin.

1.5 Schon 1858 veröffentlichte der damalige ärztliche Bibliothekar Dr. med. Bernhard Maximilian Lersch einen erweiterten Katalog, da die Bücherei sich fast um das Dreifache vergrößert hatte. Im Bestand waren in jenem Jahr 573 Werke und 12 Zeitschriften. Die Bibliothek hatte Lersch noch stärker nach medizinischen Sachthemen untergliedert. Den größten Bereich nahmen dabei die " Krankheiten des Blutes oder des ganzen Körpers", wozu auch die Infektionskrankheiten gezählt wurden, ein. Angesichts der beiden großen Cholera-Epidemien von 1830/31 und von 1848, die auch Aachen bedrohten, ist es nicht verwunderlich, daß über 80 Publikationen der Cholerafrage gewidmet waren. Zur Chirurgie lag mit 31 Bdn überraschend wenig Literatur vor, während die Orthopädie mit 41 Lehrbüchern von prominenten Autoren wie Johann Friedrich Dieffenbach (1792-1847), Samuel Thomas Sömmerring (1755-1830) oder Georg Friedrich Ludwig Stromeyer (1804-1876) reich vertreten war. Leider sind die von Lersch aufgeführten Werke nicht lückenlos bis heute erhalten geblieben.

1.6 Knapp zwanzig Jahre später (1876) brachte der Nachfolger von Lersch im Amt des Sekretärs seit 1874, Bernhard Joseph Jungbluth, einen Ergänzungskatalog heraus: " Anhang zum Catalog der Bibliothek des ärztlichen Vereins". Dieses Verzeichnis listete in der gleichen Gliederung 181 Monographien auf. Die Literatur über die Krankheiten der " Respirations- und Circulationsorgane" war am stärksten ausgebaut worden. Die regelmäßig erscheinenden Journale hatte man auf insgesamt 39 vermehrt.

1.7 Unmittelbar vor dem Erscheinen des Ergänzungskataloges konnte der Verein 1875 einen Raum in der Städtischen Bibliothek in Aachen beziehen. Die Mitglieder konnten nun zu den allgemeinen Öffnungszeiten ohne Personalaufwand ihre medizinische Bibliothek benutzen. Seit 1884 führte die Gesellschaft die Bezeichnung Ärztlicher Leseverein zu Aachen und Burtscheid. Seine Aufgaben erweiterten sich und umfaßten neben der Fortbildung die " Pflege des collegialischen Verkehrs", zu denen dann auch noch seit 1883 die Vertretung der ärztlichen Standesinteressen hinzukam. Als sich 1903 aus dem Ärztlichen Leseverein der Aachener Ärzteverein konstituierte, fand in den neuen Satzungen die vereinseigene Bibliothek keine Erwähnung mehr. Sie war wohl schon ganz in die Obhut der Aachener Stadtbibliothek gelangt. Auch von einem eigenen Lesezimmer ist nicht mehr die Rede. Ein endgültiger Schlußstrich unter die Entwicklung, Förderung und Benutzung der Ärzte-Bibliothek wurde wohl in der Weimarer Republik in den Inflationsjahren 1922/23 gezogen. Der Ärzteverein löste sich damals auf, und die Bücher gingen in den Besitz der Aachener Stadtbibliothek über, wo sie bis 1981 verblieben.

1.8 Mit der Errichtung des Lehrstuhls für Geschichte der Medizin an der Technischen Hochschule lag es nahe, die alten medizinischen Buchbestände in die neuaufzubauende medizinhistorische Bibliothek zu integrieren. Die Verhandlungen zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und der Stadt Aachen kamen 1983 zum erfolgreichen Abschluß. Die Stadt schenkte den gesamten noch vorhandenen Buchbestand der ehemaligen Bibliothek des Ärztlichen Lesevereins mit rund 1500 Bdn dem Land mit der Auflage, sie in der Bibliothek des Lehrstuhls für Geschichte der Medizin aufzustellen, zu katalogisieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit Unterstützung der Aachener Stadtverwaltung konnte 1986 ein vollständiger Katalog gedruckt erscheinen.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Angaben beruhen auf einer Auszählung des Bestandsverzeichnisses in: Die Medizin auf dem Weg ins 20. Jahrhundert, Herzogenrath 1986. Es handelt sich insgesamt um 1256 Titel (1174 Monographien und 82 Zeitschriften). Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Von den 1174 Titeln stammen 1004 aus dem 19. Jh, 124 aus der ersten Hälfte des 20. Jhs, 45 aus dem 18. Ein Titel stammt aus dem 17. Jh. Bei den 82 Zeitschriften liegt der Schwerpunkt mit 68 Titeln auf dem 19. Jh (20. Jh: 13 Titel, 18. Jh: 1 Titel).

2.3 Von den insgesamt 1256 Titeln sind 1097 in deutscher Sprache, 77 Titel in französischer Sprache. Sie sind über alle Sachgruppen verstreut zu finden. Nur bei den Gebieten Infektionskrankheiten und Venerologie/Dermatologie ist ein häufigeres Auftreten französischsprachiger Literatur zu beobachten. Doch ebenfalls unter den Zeitschriften gibt es einige französische und belgische Titel. In lateinischer Sprache sind 60 Titel verfaßt. Sie stammen vorwiegend aus dem 18. und der ersten Hälfte des 19. Jhs. Weiterhin sind 18 englische, 2 niederländische und 2 italienische Publikationen zu verzeichnen. Systematische Übersicht

2.4 Der Bestand der Ärztebibliothek umfaßt in erster Linie medizinische Lehr- und Handbücher mit folgenden Schwerpunkten: Innere Medizin (108 Titel), Chirurgie (77), Allgemeinmedizin (58), Infektionskrankheiten/Mikrobiologie (56), Dermatologie und Venerologie (51), Pathologie (47), Gynäkologie/Geburtshilfe (42). Hervorzuheben ist auch der große Anteil an Badeschriften (62). Bei den Handbüchern handelt es sich vielfach um mehrbändige Standardwerke (z. T. unvollständig) mit großem Mitarbeiterstab.

2.5 Der Monographienbestand zeichnet sich durch namhafte Autoren aus wie Johann Peter Frank, Christoph Wilhelm Hufeland, Emil Kraepelin, Adam Elias und Eduard Caspar Jacob von Siebold, Samuel Thomas von Sömmerring, Gerard van Swieten, Rudolf Virchow, Hugo Wilhelm von Ziemssen. Sie zählen ohne Ausnahme zu den bedeutendsten Ärzten ihrer Zeit. Der Schwerpunkt des Zeitschriftenbestandes liegt im Bereich der Allgemeinmedizin (u. a. Abhandlungen und Berichte ärztlicher Vereinigungen).

2.6 In den älteren Katalogen war der Bestand folgendermaßen aufgegliedert: 1852 181 Titel in 12 Sachgruppen; 1858 585 Titel in 58 Sachgruppen. Seit der Neugliederung des Bestandes (ab 1983) gliedert er sich heute in 71 Themenbereiche. Die Fachgebiete der klinischen Medizin wie Chirurgie und Innere Medizin sind weiter differenziert worden. Auch kleinere Disziplinen (z. B. Militärmedizin und Arbeitsmedizin) und Grenzgebiete der Medizin (z. B. Wissenschaftstheorie oder alternative Heilmethoden) sind jetzt durch gesonderte Sachgruppen gekennzeichnet.

2.7 Die Ärztebibliothek bildet einen geschlossenen Sonderbestand innerhalb der Medizinhistorischen Bibliothek. Eine Aufstellung innerhalb der Sachgruppen alphabetisch nach Verfassern bzw. Sachtiteln ist vorgesehen.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Murken, Axel Hinrich (Hrsg.): Die Medizin auf dem Weg ins 20. Jahrhundert. Die Bibliothek des ehemaligen Ärztlichen Lesevereins zu Aachen. Herzogenrath 1986 (Studien zur Medizin-, Kunst- und Literaturgeschichte Bd 13)

[Geschichte der Bibliothek, Katalogteil, Bildteil, Namensregister. Verzeichnet alle dem Land Nordrhein-Westfalen übereigneten Bücher der Aachener Ärztebibliothek. Angelegt nach der Systematik der Medizinhistorischen Bibliothek, innerhalb der Sachgruppen alphabetisch nach Verfassern. Titelaufnahme nach RAK]

Der Bestand der Ärztebibliothek ist in folgende Kataloge der Medizinhistorischen Bibliothek integriert:

Alphabetischer Katalog [nach RAK]

Zeitschriftenkatalog [nach RAK]

Systematischer Katalog [hauseigene, 1982 erstellte Systematik]

Weitere Erschließungsmittel stellen das Schlagwortregister und ein Orts-/Länderregister dar. Die Bestände sind weder im Zentralkatalog Nordrhein-Westfalen noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Bücher des ärztlichen Lesevereins. Aachen 1852

Lersch, Bernhard Maximilian: Catalog der Bibliothek des ärztlichen Vereins und der von Sartorius'schen Bibliothek zu Aachen. Aachen 1858

Jungbluth, Bernhard Joseph: Anhang zum Catalog der Bibliothek des ärztlichen Vereins. Aachen 1876

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Akten der Regierung Aachen.

Vertrag zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und der Stadt Aachen über die Übereignung eines Teils der Bibliothek des ehemaligen Vereins der Ärzte Aachens aus dem Eigentum der Stadt an das Land Nordrhein-Westfalen vom 21.Februar 1983

4.2 Darstellungen

Mühlen, Joachim: Geschichte der ärztlichen Vereinigungen Aachen. Med. Diss. Aachen 1980, S. 35-47

Murken, Axel Hinrich: Die Bibliothek des ehemaligen Ärztlichen Lesevereins zu Aachen und ihre Geschichte. In: Die Medizin auf dem Weg ins 20. Jahrhundert. Herzogenrath 1986, S. 14-36

Rademaker, Josef: Der ärztliche Leseverein von Aachen-Burtscheid. In: Festschrift zur 72. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte. Aachen 1900, S. 236-238

Rademaker, Josef: Der Verein der Ärzte des Regierungsbezirks Aachen. ibid., S. 239-240

Stand: September 1988

Axel Hinrich Murken

Michaela Thal


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.