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Archiv des Musikverlages B. Schott's Söhne

Adresse. Weihergarten 5, 6500 Mainz [Karte]
Telefon. (06131) 24 68 95

Unterhaltsträger. Musikverlag B. Schott's Söhne
Funktion. Herstellungsarchiv für den Verlag B. Schott's Söhne.
Sammelgebiete. Notendrucke des Verlages aus dem 18. bis 20. Jh; Handschriften-Sammlung und Korrespondenz des Verlages.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nur nach telefonischer Absprache. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopien können in besonderen Fällen vom Verlag angefordert werden.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung dringend erforderlich. Fußwegnähe vom Hauptbahnhof (ca. 15 Minuten). - Parkhaus in der Nähe.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Geschichte des Archivs ist eng mit der Geschichte des Verlages verbunden. Der Verlag sammelt kontinuierlich die von ihm verlegten oder aufgekauften Notendrucke als Vorlagen für Wiederauflagen. Eine Ausnahme bildet das Archiv für Musikzeitschriften, das auch verlagsfremde Zeitschriften beinhaltet.

1.2 Der Verlag Schott wurde von Bernhard Schott 1770 gegründet. 1780 wurde Bernhard Schott (1748-1809) vom Kurfürsten Friedrich Carl in Mainz zum Hofmusikstecher ernannt. Aus diesem Jahr stammen auch die ersten, bei Schott noch vorhandenen Notendrucke. Der Verlag produzierte zunächst Notendrucke für die lokale Nachfrage. Diese bestand vor allem in Notenausgaben, die sich zur Hausmusik eigneten, u. a. Auszüge von Opern, die in Mainz und Umgebung gespielt wurden. 1793 ließ Bernhard Schott das Haus im Weihergarten erbauen. Dort befinden sich noch heute der Verlagssitz und das Verlagsarchiv.

1.3 Die Söhne Johann A. (1781-1840) und Johann J. Schott (1782-1855) kauften zwischen 1810 und 1818 kleinere Verlage wie Amon (Heilbronn), Falter (München), Kreitner (Worms), K. Zulehner (Mainz) und G. Zulehner (Eltville) auf. Diese wurden dem Bestand eingegliedert. Vom Ende des 18. Jhs bis Mitte des 19. Jhs dominierten die typischen Hausmusikbesetzungen wie Flöte, Gitarre und vor allem das Pianoforte. Die Autoren der Hausmusik waren außerordentlich zahlreich. Viele Namen und Werke sind heute in Vergessenheit geraten.

1.4 Herausragend war die Produktion von Tänzen für den Hausgebrauch, zu 90 Prozent für das Pianoforte, zu 10 Prozent für Gitarre oder Flöte komponiert. Große Orchesterpartituren fehlten fast völlig, da sie sehr aufwendig zu stechen waren. Dem Zeitgescck gemäß wurden von einer Oper zahlreiche Auszüge und Bearbeitungen für Klavier, Flöte oder Gitarre herausgegeben.

1.5 Die Söhne B. Schotts erweiterten das Verlagsprogramm um Werke vieler Komponisten von Weltrang, vor allem auch italienische und französische Opern oder Opernauszüge von Bellini, Rossini, Donizetti, Adam, Auber usw. In der zweiten Hälfte des 19. Jhs lag der Schwerpunkt der Verlagsproduktion auf dem Werk Richard Wagners (Der Ring des Nibelungen, Die Meistersinger von Nürnberg und Parsifal) und des Kreises um Wagner wie z. B. Liszt, Cornelius, Wolf und Humperdinck. Im 20. Jh förderten und verlegten B. Schott's Söhne zahlreiche bedeutende moderne Komponisten, darunter Strawinsky, Hindemith, Orff und Arnold Schönberg. Außerdem entwickelte der Verlag ein breites Angebot von Instrumentalschulen.

1.6 Im Besitz des Verlages befinden sich eine wertvolle Sammlung von Hss., Autographen und Erstdrucken seit Verlagsgründung sowie eine Sammlung der Korrespondenz des Verlages mit seinen Komponisten seit 1824. Die Korrespondenz ist bis 1910 chronologisch geordnet, ab 1910 bis heute chronologisch und alphabetisch. Der Briefwechsel mit Beethoven (72 Briefe) wurde dem Mainzer Stadtmuseum übergeben.

1.7 Der Verlag B. Schott's Söhne übernahm das Verlagsprogramm zahlreicher anderer Verlage. Kleinere Verlage wurden dem Bestand eingegliedert, größere als Sondersammlung angelegt, so z. B. der Adolph Fürstner-Verlag (s. u. 2.8) und der Verlag Ernst Eulenburgs (1847-1926), der 1874 in Leipzig gegründet und 1957 von Schott übernommen wurde.

1.8 Die Produktion der Verlagsdependancen Schott & Co. Ltd. (London), gegründet 1835, und Schott Brüssel, gegründet 1843, wurden ebenfalls gesondert gesammelt. Der Bestand ist äußerst unvollständig und inhaltlich ähnlich gewichtet wie der Bestand des Hauptarchivs. Nach ersten Schätzungen liegt hier kein historischer Bestand mehr vor.

1.9 Der Gesamtbestand des Druckarchivs umfaßt etwa 50.000 Titel. Es handelt sich um ein Herstellungsarchiv. Die Drucke wurden gesammelt zur Herstellung von Neuauflagen und zur Dokumentation des Verlagsprogramms.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Das Herstellungsarchiv ist nicht systematisch erschlossen oder katalogisiert. Die Notendrucke sind nach dem Numerus currens der Kupferstiche geordnet. Der Numerus currens gibt eine ungefähre, aber nicht immer zuverlässige Angabe über das Erscheinungsjahr. Besonders im 18. Jh wurden viele Nummern mehrfach belegt. Die Angaben beruhen daher auf Hochrechnungen, die anhand der Stichbücher (Verzeichnis bzw. Auflistung der in Produktion befindlichen Stiche) und der Auszählung von etwa 15 Prozent des Bestandes gemacht wurden. Es ist demnach von einem Verlust von etwa 57 Prozent des Bestandes aus dem 18. Jh und etwa 30 Prozent aus dem 19. Jh auszugehen. Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Das Verlagsarchiv verfügt über einen historischen Bestand von ca. 24.520 Titeln, davon entfallen 139 Titel auf das 18. Jh und 24.377 Titel auf das 19. Jh. Dies macht etwa 50 Prozent des Gesamtbestands aus. Die Zahlen wurden für das 18. Jh anhand der Aufstellung von Müller (s. u. 4) ausgezählt. Nicht einbezogen wurden die Bestände der Verlagsaufkäufe von 1810 bis 1817. Sie sind z. T. nicht mehr auffindbar. Nach ersten Schätzungen umfassen diese Verlagsaufkäufe etwa 600 Titel, die jedoch nicht genau datiert werden können. Der Bestand des 18. Jhs gliedert sich in 115 Notendrucke und 3 Zeitschriften. Der Bestand des 19. Jhs gliedert sich in 23.480 Notendrucke sowie 16 Fachzeitschriften. Hinzu kommt ein Altbestand von über 20.000 Manuskripten im Sinne des Hauses (zur Definition s. u. 2.7).

2.3 Im Bereich der Vokalmusik, die mit ca. 10 Prozent deutlich unterrepräsentiert ist, sind die Texte ausschließlich deutsch oder deutsch und französisch. Von den 19 historischen Zeitschriften sind 14 deutschsprachig und 5 französisch.

Systematische Übersicht

2.4 An erster Stelle steht das Pianoforte (2-, 4- und 6-händig) mit etwa 11.484 Titeln, davon 1914 Walzer u. a. Tänze. Danach folgen Noten für Flöte mit 1722 Titeln, für Gitarre mit 1531 Titeln, Vokalmusik mit 1531 Titeln, Streichinstrumente mit 1033 Titeln, Opernauszüge und ganze Partituren mit 800 Titeln.

2.5 Die führenden Komponisten im 18. Jh sind Mozart (Auszüge aus der Entführung aus dem Serail und Don Giovanni), Iganz Pleyel und F. X. Sterkel. Sie machen zusammen ca. 50 Prozent der vorhandenen Titel des 18. Jhs aus. Ein Verzeichnis der im 19. Jh verlegten Komponisten liest sich wie ein musikgeschichtliches Kompendium.

2.6 Die 19 historischen Fachzeitschriften sind nicht vollständig vorhanden. Die Zeitschriften Cäcilia (1824-1848 vorhanden), später umbenannt in Süddeutsche Musik-Zeitung (1852-1867 vorhanden), und die Neue Zeitschrift für Musik (1834-1836, 1846 vorhanden) wurden oder werden heute von Schott verlegt (letztere seit 1955). Die restlichen 17 Titel, davon 4 aus dem 18. Jh, wurden von anderen Verlegern produziert.

2.7 Gesondert aufgestellt ist das sogenannte Handschriftenarchiv im Safekeller. Als Hss. betrachtet der Verlag Autographen, handschriftliche Noten und Drucke mit handschriftlichen Ergänzungen, wobei nicht immer festgestellt werden kann, von wem diese Eintragungen vorgenommen wurden. Ferner befinden sich im Handschriftenarchiv wertvolle Erstdrucke, die entweder produktionstechnisch sehr aufwendig waren oder von berühmten Komponisten stammen. Es handelt sich bei diesem Teilbestand überwiegend um größere Werke wie z. B. Opernpartituren oder Klavierauszüge. Der Bestand ist ungeordnet und nicht erfaßt. Die Angaben beruhen auf einer Stichprobe von 30 Prozent, die hochgerechnet wurde. Danach umfaßt das Handschriftenarchiv etwa 1080 Titel, davon 928 Hss. und 158 Erstdrucke sowie ein lfd. Meter ungeordnete, z. T. nicht mehr zu identifizierende Notenblätter. Die " Manuskripte" für die umfangreiche Hauptproduktion des Verlages befinden sich im sogenannten " Manuskriptkeller". Das Manuskriptarchiv ist analog zum Druckarchiv geordnet, d. h. nach den Stichnummern (Verlagsnummern) des Herstellungsarchivs. Zu den 230 Stichnummern des 18. Jhs sind 25 Prozent der Manuskripte erhalten, zu denen des 19. Jhs ca. 20.000. Auch dieser Bestand ist nicht katalogisiert.

Sondersammlung

2.8 Als Sondersammlung mit eigener Numerierung wurde der Bestand des Adolph Fürstner-Verlages angelegt. Adolph Fürstner (1833-1908) gründete den Verlag 1868 mit Sitz in Berlin und verkaufte ihn im 20. Jh an Schott's Söhne. Die Sammlung enthält einen großen Altbestand, dem wiederum die Bestände anderer, von Fürstner gekaufter Verlage eingegliedert sind. Es handelt sich um die Verlage Gustav Mayer (Leipzig), C. F. Meser (Dresden) und F. J. Mompour (Bonn). Die Sondersammlung umfaßt einen Gesamtbestand von 8500 Titeln, davon 4470 Titel aus dem 19. Jh. Im Bestand befinden sich 40 Titel des G. Mayer-Verlages, 900 Titel des C. F. Meser-Verlages und 7 Titel des F. J. Mompour-Verlages. Insgesamt sind etwa 2317 Titel für Pianoforte, 998 Titel Vokalmusik, 499 Titel für Streichinstrumente, 321 Titel komplette Partituren, 214 Titel für Bläser und 121 Titel für Gitarre vorhanden. Einen Schwerpunkt des A. Fürstner-Verlages bildeten zunächst französische Opern, später, um die Jahrhundertwende, die Werke von Richard Strauss. Durch den Ankauf des C. F. Meser-Verlages im Jahre 1872 erwarb der Fürstner-Verlag mehrere Opern Wagners, darunter Rienzi und Tannhäuser, sowie Werke von Franz Liszt.

3. KATALOGE

  Alphabetischer Verfasserkatalog

[um 1910, für das Herstellungsarchiv erstellt]

Für das 18. und 19. Jh existiert eine unvollständige Sammlung der Verlagskataloge, beginnend mit:

Katalog derer von Bernhard Schott, Kurfürstlich-mainzischen privilegirten Hofmusikstecher, auf eigene Kosten verlegten Musikalien [Mainz 1785]

Die Verlagskataloge aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs verzeichnen die Titel ohne Hinweis auf den Numerus currens des Herstellungsarchivs. Die Kataloge sind für den Musikalienhandel nach der Instrumentierung geordnet, innerhalb der einzelnen Instrumente alphabetisch nach Komponisten.

Alphabetischer Verlagskatalog [Mainz 1900]

Katalog des Adolph Fürstner Verlags

[alphabetisch nach Komponisten geordneter Bandkatalog von 1913]

Die Bestände sind nicht im Hessischen Zentralkatalog nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Seiffert, Max: Das Haus Schott. In: Allgemeine Musikzeitung 20 (1893) S. 557-558

Istel, Edgar (Hrsg.): Elf ungedruckte Briefe Liszts an Schott. In: Die Musik 5 (1905-06) Heft 13, S. 43-52

Altmann, Wilhelm: Richard Wagners Briefwechsel mit seinen Verlegern. Bd 2. Leipzig 1911 Unger, Max: Zu Beethovens Briefwechsel mit B. Schott's Söhnen. In: Neues Beethoven Jahrbuch 3 (1926) S. 51-61

Ziegler, Benno: Zur Geschichte des Privilegiums exclusivum des Mainzer Musikstechers Bernhard Schott. In: Festschrift für Georg Leidinger. München 1930, S. 293-305

Strecker, Ludwig: Richard Wagner als Verlagsgefährte. Mainz 1951

Gottron, Adam: Mainzer Musikgeschichte 1500-1800. Mainz 1959 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz 18)

Müller, Hans-Christian: Bernhard Schott, Hofmusikstecher in Mainz: Die Frühgeschichte seines Musikverlages bis 1797, mit einem Verzeichnis der Verlagswerke 1779-1797. Mainz 1977

Pleßke, Hans-Martin: Bibliographie des Schrifttums zur Geschichte deutscher und österreichischer Musikverlage. In: Beiträge zur Geschichte des Buchwesens 3 (1968) S. 135-222

Laaff, Ernst: B. Schott's Söhne. In: Musik in Geschichte und Gegenwart 12 (1965) S. 50-52

Stand: März 1991

Anja Oehlers


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.