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Nikolaus-Gallus-Bibliothek, Evangelisch-Lutherisches Kirchenarchiv Regensburg

Adresse: Pfarrergasse 5, 93047 Regensburg [Karte]
Telefon: (0941) 5920118
http://www.regensburg-evangelisch.de/evangelisch-lutherisches-kirchenarchiv-regensburg

Unterhaltsträger: Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern
Funktion: Spezialbibliothek für Pfarrer, Gymnasiallehrer und Studenten. Sammelgebiet. Theologie. Benutzungsmöglichkeiten: Präsenzbibliothek. Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 8-16 Uhr, Freitag 8-15 Uhr. Leihverkehr: nicht angeschlossen. Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung empfehlenswert. Fußwegnähe vom Hauptbahnhof (ca. 10 Minuten) oder Busverbindung . - Parkhäuser in der Umgebung.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die seit 1984 vom Landeskirchlichen Archiv betreute Nikolaus-Gallus-Bibliothek (NGB) ist aus mehreren durch ihren Bezug auf die Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Regensburg miteinander verwandten Bibliotheken zusammengewachsen. Der Name erinnert an den zweiten Superintendenten der Reichsstadt nach Annahme der Reformation im Oktober 1542, Nikolaus Gallus, den ersten der Regensburger evangelischen Geistlichen, die durch ihre Bibliotheken hervorgetreten sind.

1.2 Den Grundstock bilden die Sakristeibibliotheken der Neupfarrkirche, der St. Oswaldkirche und seit 1631 der Dreieinigkeitskirche, deren Bestände aus der reichsstädtischen Zeit von 1542 bis 1802 stammen. Dazu kamen 1783 Restbestände der der evangelischen Geistlichkeit (Ministerium Evangelicum) gehörenden Ministerialbibliothek, die bei der Übergabe an den Rat nicht in die Stadtbibliothek übernommen wurden. Aus bayerischer Zeit (ab 1810) stammen die Handbibliotheken der beiden 1814 errichteten " Pfarreien Unterer und Oberer Stadt".

Sakristeibibliotheken

1.3 Der Bestand der Sakristeibibliotheken läßt sich aus den erhaltenen Inventarverzeichnissen ermitteln. Schon 1543 ließ die Reichsstadt ein Inventarverzeichnis der Neupfarrkirche erstellen. Darin sind neben heiligen Geräten und Ornaten auch Bibeln und Bibelteile in deutscher und lateinischer Übersetzung, Konkordanz, Katechismus und Kirchenordnung aufgeführt. In dem nächsten " Inventarium" (1585) findet sich in bezug auf " drei Pfälzische KhirchenOrdnung in folië eine Randbemerkung: " aine in Sant Oßwald Kirchen". Dadurch wird der gelegentliche Austausch zwischen den Sakristeibibliotheken bestätigt.

1.4 Nicht datiert ist das " Inventarium" der Dreieinigkeitskirche, das Bücher aufführt, die wohl anläßlich der Einweihung am 5. Dezember 1631 gestiftet worden sind, darunter eine Biblia Teutsch In drey theil Herrn Dr. Danielis Crameri (Straßburg 1619-1620), die Magister Johannes Mühlberger dem Ministerium vermachte. Zahlreiche Werke wurden den Sakristeibibliotheken gestiftet, bisweilen in drei Exemplaren, je einem für die drei Gotteshäuser. Hannibal Ehrenreich, Baron von Hertzberg, stiftete im September 1692 die Deutsche Hebräische und Griechische Concordantz-Bibel (1688).

1.5 Das " GrundInventarium", das der Rat 1767 anlegen ließ, enthält fünf Rubriken: (I) Silber, (II) Ornat, (III) Bücher, (IV) Bilder, (V) Sonstiges. Stifter der Bücher waren, wie aus den Widmungen hervorgeht, der Rat, einzelne Ratsherren oder andere Bürger, österreichische Exulanten, Reichstagsgesandte und -angestellte. Ministerialbibliothek

1.6 Gegen Ende des 17. Jhs wurde der Wunsch nach einer Erweiterung der vorhandenen Bibliotheken laut. Der Rat unterstützte es auch, " daß die evangelischen Geistlichen sich eine eigene Bibliothek anschafften und dazu die Fränzlische kauften" (Gumpelzhaimer, s. u. 4.2). Künftig gab jeder Geistliche bei seinem Eintritt in das Ministerium eine Buchspende von 12 fl. für Neuanschaffungen. In den Jahren 1700, 1707 und 1717 erschienen gedruckte Kataloge (s. u. 3.2).

1.7 Die Bibliothek war zunächst (1698) im Hause des jüngsten Predigers Georg Serpilius aufgestellt, dem 1780 verkauften " Pestilentiariat-Hauß". Ihr letzter Standort war das Haus des Seniors Johann Gottlieb Reinhardt in der Malergasse 6-8. Durch Stiftungen wuchs die Bibliothek stetig. Edmund Neubauer (s. u. 5) kommt aufgrund der Kataloge von 1700 und 1707 auf 4400 Werke.

1.8 Als der auch als Naturforscher bekannte Dr. Jacob Christian Gottlieb Schäffer (1718-1790) 1779 das Amt des Superintendenten antrat, befand sich die Reichsstadt in wirtschaftlicher Bedrängnis. Nach einer " Generaluntersuchung des ganzen Stadtwesens" (1780) sollten von zwölf Pfarrstellen vier aufgehoben und die Pfarrhäuser verkauft werden. Neben dem wirtschaftlichen Niedergang führte der Geisteswandel im ausgehenden 18. Jh zum Ende der Ministerialbibliothek. Schäffer hat sein Bemühen um die Erhaltung der Bibliothek in seinem Amtstagebuch beschrieben.

1.9 Nach dem Verkauf des Bibliothekshauses wurde die Ministerialbibliothek dem Magistrat zur " Einverleibung in die Ratsbibliothek" angetragen. Der Rat räumte den Geistlichen dafür " ein doppeltes Recht auf den Mitgebrauch der Ratsbibliothek" ein. Der Abtransport der Bücher erfolgte unter Leitung von Carl Theodor Gemeiner im November 1782. Schäffer hatte es schwer, wenigstens die handschriftlich abgefaßten Chroniken, Annalen und Amtstagebücher zurückzuerhalten. 1782/83 wurde offenbar der größte Teil des Bestandes ausgeschieden, jedoch ein Teil der handgeschriebenen Bücher, Bibeln, Polyglotten, Konkordanzen, Kirchenordnungen und Lutherausgaben mit handschriftlichen Widmungen sowie Dubletten von Dissertationen und theologischen Streitschriften und ein Teil der aszetischen Literatur dem Ministerium zurückgegeben. Pfarreien Oberer und Unterer Stadt

1.10 Solange Regensburg zum Dalbergschen Fürstentum gehörte (1803-1810), blieb das evangelische Konsistorium bestehen. Es wurde 1810, als Regensburg dem Königreich Bayern eingegliedert wurde, aufgelöst. Nach der 1814 erfolgten Teilung der Regensburger evangelischen Gemeinde in die beiden Pfarreien Oberer und Unterer Stadt wurde Dr. phil. Philipp Friedrich Gampert, der selbst eine beachtliche Bibliothek besaß, " Königlich protestantischer Dekan" und Pfarrer Oberer Stadt. Im Juni 1815 begann er in der Sakristei der Neupfarrkirche mit der ersten nach bayerischen Weisungen durchgeführten Visitation. Er untersuchte das gemeinschaftliche Vermögen der beiden Pfarreien und schrieb in das Visitationsprotokoll, daß die Obligationen " in einem gut verwahrten, ziemlich trockenen Gewölbe aufbewahrt werden". Mit diesem Gewölbe ist offenbar das Erdgeschoß des Nordturms der Neupfarrkirche gemeint, dessen Zugang bis 1958 durch Holztäfelung und Wandsitze verdeckt war.

1.11 Im 19. Jh wurde ein Teil der 1783 dem Ministerium zurückerstatteten Druckschriften mit Eigentümerstempel versehen: " Archiv der prot. Pfarreien ob. u. unt. Stadt". Für die in der Neupfarrkirche aufbewahrten Druckschriften bürgerte sich die Bezeichnung " Neupfarrbibliothek" ein. Auch in den folgenden Jahrzehnten oblag die Verwaltung von Bibliothek und Archiv Regensburger Pfarrern. Als Unterbringungsorte dienten nacheinander verschiedene kircheneigene Räumlichkeiten, zuletzt in der Dechbettenerstraße 16.

1.12 1981 übernahm der Verfasser wie schon von 1958 bis 1963 die Betreuung von Kirchenarchiv und Bibliothek und erstellte einen Katalog der Druckschriften. Die Evangelisch-Lutherische Kirche erwarb das Gebäude am Ölberg 2. Hier wurde 1983 auch eine Zweigstelle des Landeskirchlichen Archivs eingerichtet, die die Zentrale Kirchenbuchstelle für die gesamte Landeskirche und das Evangelisch-Lutherische Kirchenarchiv Regensburg (KAR), die Nikolaus-Gallus-Bibliothek (NGB) und Teile des Kirchenschatzes der reichsstädtischen Regensburger Kirchen aufnehmen und betreuen soll.

Günter Schlichting (†)

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Für den historischen Teil der Ministerial-Bibliothek wurden durch Auszählung 1672 Bde ermittelt (ca. 75 Prozent des Gesamtbestandes). Die Sakristeibibliotheken enthalten 56 Titel in 114 Bdn; sie setzen sich zusammen aus der Sakristeibibliothek Neupfarrkirche (25 Titel in 56 Bdn), der Sakristeibibliothek Dreieinigkeitskirche (17 Titel in 37 Bdn) und der Sakristeibibliothek Oswaldkirche (14 Titel in 21 Bdn). Weiterhin existiert eine Musicalia-Sammlung von 90 vor 1900 erschienenen Bdn mit Werken von ca. 35 Komponisten.

2.2 Von den 1672 Bdn des historischen Bestandes der Ministerial-Bibliothek erschienen 116 vor 1600, die frühesten bald nach der Reformation; das 17. Jh ist mit 274 Bdn vertreten, das 18. Jh mit 542 Bdn. Der überwiegende Teil (740 Bde) entfällt auf das 19. Jh. Von den Musicalia-Bänden stammen 5 aus dem 16. Jh, 25 aus dem 17. Jh, 15 aus dem 18. Jh und 45 aus dem 19. Jh. Die Bücher sind vorwiegend in deutscher Sprache verfaßt. Die Ministerial-Bibliothek enthält außerdem 106 Bde in lateinischer, 3 in hebräischer, 2 in griechischer und einen in französischer Sprache sowie einen Bd in kyrillischer Schrift; 5 Bde sind mehrsprachig. In den Sakristeibibliotheken sind 3 Titel in lateinischer und einer in griechischer Sprache; 4 sind mehrsprachig.

2.3 Die Ministerial-Bibliothek ist noch nicht nach systematischen Gesichtspunkten aufgestellt. Die Aufgliederung wurde nach Autopsie jedes Einzelbandes vorgenommen. Im älteren Bestand sind 91 Gesangbücher vorhanden, 156 Bde mit Predigten und Reden, 171 kirchliche Berichte und Stellungnahmen sowie 316 theologische Schriften, meist Streitschriften, die den größten Teil der ältesten Bestände bilden.

2.4 Weiterhin finden sich 101 Bde, die geschichtliche und kirchengeschichtliche Themen behandeln, 56 Gottesdienstprogramme und Gottesdienstübersichten, 35 Bde, die sich mit Bibelauslegung befassen, 104 Anleitungen zum Gottesdienst, Ordnungen, Agenden und Liturgien, 308 Bde mit Gebeten, dazu auch Katechismen und Erbauungsliteratur, sowie 63 Bibeln oder Bibelteile. Außerdem sind 221 Zeitschriftenbände und Amtsblätter sowie 50 Bde nichttheologischen Inhalts vorhanden. Die Titel der Sakristeibibliotheken gehören fast ausschließlich zur Praktischen Theologie: 31 Bibeln oder Bibelteile, 12 Gebetbücher sowie Katechismen und Erbauungsliteratur, 6 Liturgien und Agenden, 4 Kirchenordnungen, eine " Concordia" sowie 2 komplette Lutherausgaben.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Standortkatalog

[hschr., enthält neben den bibliographischen Angaben eine Kurzbeschreibung]

Alphabetisches Autoren- und Stichwortverzeichnis zum Standortkatalog

Katalog der Sakristeibibliothek

[in Zettelform, alphabetisch nach Namen und Sachgebieten; im Landeskirchlichen Archiv in Nürnberg erstellt; für die Ministerial-Bibliothek geplant]

Schlichting, Günter: Der reichsstädtische Kirchenschatz der Regensburger Evangelischen Kirchen und seine spätere Minderung und Mehrung. Regensburg 1981

[mschr., chronologisches Verzeichnis der Bestände; mit Registern für Verfasser, Verleger, Drucker und Stifter]

Die Bestände sind nicht im Bayerischen Zentralkatalog nachgewiesen. Musikalien sind im Répertoire international des sources musicales (RISM) verzeichnet.

Andreas Bitterhof

3.2 Historische Kataloge

Sakristeibibliotheken: Inventarverzeichnis der Neupfarrkirche von 1543

Inventarverzeichnis der Neupfarrkirche von 1585:

"Inuentarium Über alles Das Jhenig, so Lucas Wirth Custor Zun Der Neuen Pfarr von ermelter Pfarr wegen. Welches Den 3. Nouembris Obgesetzts Jars von Neuem Inuentirt und beschriben worden Unterhannden" Inventarverzeichnis der Neupfarrkirche von 1622

Inventarverzeichnis der Dreieinigkeitskirche: " Inventarium Des bey der Kirchen Zur H. Dreyfaltigkeit Vorhandenes ornats Und ander Vahrnus" [ca. 1631]

Inventarverzeichnisse der Neupfarrkirche, Dreieinigkeitskirche und St. Oswaldkirche von 1767: "Grund Inventarium"

Ministerialbibliothek:

Catalogus Bibliothecae Rev: Ministerii Evangelici Ratisbonensis. Regensburg 1700

Sonderbahrer Catalogus Oder Verzeichnuß derjenigen Bücher, welche ... Johann Michael von Haas ... zu großer Aufnahme und Verbesserung der neu-erkaufften Bibliothec des hiesigen Ehrwürdigen Evangelischen Ministerii verschaffet und vermachet hat. Regensburg 1707

Catalogus Bibliothecae Rev: Ministerii Evangelici Ratisbonensis. Continuatio III. Regensburg 1717

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Evangelisch-Lutherisches Kirchenarchiv Regensburg (KAR):

Protocollum Consistoriale, insbesondere:

Protocollum Consistoriale de Anno 1762-1778

Protocollum Consistoriale 1805-1810

Ministerialprotokoll 1778-1784 [Jacob Christian G. Schäffers Amtstagebuch]

Consistorial Protocoll 1778-1784 [Rückentitel ist irreführend; Innentitel: Consistorialia; keine Protokolle, sondern Aufzeichnungen des Superintendenten Schäffer]

Beylagen zum Ministerial- und Consistorial Protocoll 1785-1788

Pfarrtagebuch der Pfarrer unterer Stadt Johann Jakob Hartner und Georg Christoph Keyser [Innentitel: Aufschreibungen über Begebenheiten des kirchl. Lebens u. amtl. Geschäfte bei der prot. Pfarrei u. St. von 1814-1840; S. 1-120 von Hartner; S. 122 ff. von Keyser; letzte Einträge von 1843 und 1845]

Schlichting, Günter: Denkschrift, Betreff: Evang.-Luth. Kirchenarchiv Regensburg vom 16.02.1983

Stadtarchiv Regensburg (StAR):

Nachlaß von Carl Theodor Gemeiner Siegelprotokolle [1781 ff.]

Ratsprotokolle [1779-1783]

Staatliche Bibliothek Regensburg (StBR):

Aktensammlung [1460-1802;

Akten der Stadtbibliothek, ehemals Rats- bzw. Gymnasialbibliothek. Rat. Civ. 376]

Catalogus Bibliothecae Reipub. Ratisbonensis facta ab Elia Ehinger [1638; Rat. Civ. 430]

4.2 Darstellungen

Gumpelzhaimer, Christian Gottlieb: Regensburg's Geschichte, Sagen und Merkwürdigkeiten ... 4 Bde. Regensburg 1830-38 (repr. 1984) [zur Bibliotheksgeschichte S. 1444, 1699]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Boll, Walter: 400 Jahre Evangelische Kirche in Regensburg. Regensburg 1958 [kleiner Ausstellungsführer zu Gegenständen und Büchern aus kirchlichem Besitz]

Neubauer, Edmund: Das geistig-kulturelle Leben der Reichsstadt Regensburg (1750-1806). München 1979 [zur Bibliothek S. 33-35]

Schlichting, Günter: Der Schatz im Acker der Zeit. Theologica et Ratisbonensia. Fürth 1986, S. 183-362

Stand: November 1988

Günter Schlichting


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.