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Domstiftsarchiv - Bibliothek der Oberkirche Cottbus

Adresse. S. Brandenburg, [Bibliothek des Domstiftsarchivs]
Bibliothekssigel. Kirchlicher Zentralkatalog Berlin <Bc 1>

Unterhaltsträger. Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg. Eigentümer: Evangelische Kirchengemeinde der Oberkirche Cottbus
Funktion. Depositum im Domstiftsarchiv. Abgeschlossener historischer Bestand.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Einige Dubletten im Inkunabelbestand lassen vermuten, daß die Anfänge dieser Kirchenbibliothek noch in das Mittelalter zurückreichen. Wahrscheinlich hat auch das 1451 vom Meißener Bischof Johann IV. gemachte Geschenk eines lateinischen Lehrbuchs zugunsten armer slawischer Priester der Pfarrkirche gegolten. Das Obergeschoß der polygonalen Vorhalle an der Südseite der Kirche hat wohl seit ältester Zeit als Bibliotheksraum gedient. Der größte Teil des heutigen Bestandes an Inkunabeln und Postinkunabeln entstammt jedoch dem 1537 aufgelösten Franziskanerkloster der Stadt. Darunter befindet sich ein Band aus dem Besitz des Reformators Dr. Johannes Briesmann (*1488 in Cottbus, Franziskaner, †1549 als evangelischer Bischof von Samland).

1.2 Soweit erkennbar, hat im 16. Jh nur eine bescheidene Bestandsvermehrung stattgefunden. Der eigentliche Schwerpunkt liegt im 17. Jh. Mangels Quellen läßt sich aber keine planmäßige Erwerbung nachweisen. Im Jahre 1694 soll die Bibliothek aus 151 Bdn bestanden haben. Die drei vorhandenen Sammelbände mit Disputationen und Predigten weisen darauf hin, daß die Bücher vor allem aus Privatbibliotheken stammen. In der Tat kam der wesentliche Zuwachs aus dem Besitz des Konrektors Matthias Hunold (1665-1701), dessen Bibliothek die Kirche angekauft hat. Im weiteren Verlauf des 18. Jhs kamen nur noch wenige Titel hinzu, darunter das auf königliche Anordnung hin angeschaffte biblische Kommentarwerk von Joachim Lange.

1.3 Nachdem der Bestand durch den Pfarrer und Orientalisten Johann Georg Loscanus (1660-1726, seit 1711 in Cottbus) katalogisiert worden war, fand seit etwa 1730 keine nennenswerte Pflege oder Benutzung mehr statt. 1784 schildert Johann Bernoulli die Bibliothek als unter einer dicken Staubschicht ruhend ( s. u. 5). Laut einer alten Inschrift, die die Sammlung als Stadt- und Kirchenbibliothek bezeichnete, ist ihr Anspruch jedoch über den unmittelbaren kirchlichen Nutzen hinausgegangen. So wurde sie noch 1840 und 1853 " Öffentliche Bibliothek" genannt. Bezeichnenderweise vermachte der Pfarrer Johann Georg Sigismund Resag (†1771) seine Bibliothek mit ca. 400 Bdn im Jahre 1770 nicht der Kirche, sondern dem Gymnasium. Auch das Gymnasium besaß wenigstens 2 Inkunabeln, doch wurde diese Bibliothek nach 1945 aufgelöst und zum größeren Teil nach Potsdam gebracht, zum kleineren Teil in das Stadtarchiv übernommen. 1835 wurden in der Kirchenbibliothek Bücher und Zeitschriften aus dem Besitz des Archidiakons Wilhelm Gottlob Korn (1778-1835) aufgestellt, nachdem sie einen Lesezirkel durchlaufen hatten. Der Verbleib dieser Werke ist unbekannt.

1.4 Vor allem durch die Inkunabeln hat die Bibliothek wieder Interesse gefunden. Ihr Umfang belief sich vor dem Zweiten Weltkrieg auf rund 540 Bde. Die bescheidenen Büchermengen des 19. und 20. Jhs sind nur zufällig angesammelte Restbestände. Im und nach dem Krieg war der Bestand in einem Kohlenkeller untergebracht. Als die Kirche 1945 völlig ausbrannte, sind erhebliche Schäden und Verluste entstanden (1903 zählte man noch 113 Bde des 16. Jhs). Der gesamte Bestand befindet sich deshalb in schlechtem Zustand (fehlende Titelblätter und Einbände, Brand- und Wasserschäden). Eine hinreichende Sicherung und Erschließung wurde erst durch die 1967 erfolgte Deponierung in Brandenburg erreicht.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die 459 Titel verteilen sich auf 43 Inkunabeln (9 Prozent), 74 Titel aus dem 16. Jh (16 Prozent), 242 aus dem 17. Jh (53 Prozent), 27 aus dem 18. Jh (6 Prozent), 31 aus dem 19. Jh (7 Prozent) und 42 aus dem 20. Jh (9 Prozent). Von den Inkunabeln sind 10 Titel in Basel gedruckt, 9 in Straßburg und 7 in Nürnberg. Von den 459 Titeln entfallen 241 auf die lateinische Sprache (53 Prozent) und 213 auf die deutsche Sprache (46 Prozent). Ferner sind 4 wendische Drucke und eine griechische Ausgabe vorhanden (die mehrsprachigen Lexika sind als lateinisch gezählt).

2.2 Die nicht immer überzeugend gebildeten Sachgruppen des Kataloges zeigen eine etwa gleichmäßige Repräsentanz der theologischen Hauptfächer Exegese, Dogmatik, Kirchengeschichte und Praktische Theologie. Letztere wird verstärkt durch die nachträglich zugefügten ca. 30 Schulbücher für den Religionsunterricht um 1900. Verhältnismäßig zahlreich sind auch Werke der Philosophie des 17. Jhs und aus dem Kirchen- und Zivilrecht. Ein Konvolut aus dem Besitz des Pfarrers Christian Sutorius aus Kolkwitz bei Cottbus (†1714) enthält 36 Wittenberger theologische, philosophische und staatsrechtliche Disputationen der Zeit um 1600. Zwei Bde enthalten insgesamt 41 kleine, vornehmlich aus dem sächsischen Raum stammende Predigtdrucke aus dem 17. Jh. Nennenswert sind aus anderen Disziplinen das Kreutterbuch des Petrus Andreas Matthiolus (1626), ein Sammelband mit Gedichten von Paul Fleming, Andreas Tscherning und Johannes Rist (um 1640) sowie zwei Nachschriften aus Vorlesungen der Leipziger Professoren Johann Adam Scherrer und Valentin Alberti (1663 und 1686).

2.3 Wenn auch nur aus 4 Titeln bestehend, so ist doch die ortsspezifische Sammlung wendischer Drucke erwähnenswert. Sie setzt eine Tradition fort, die seit 1849 am Gymnasium bestand. Drei dieser Titel, zwischen 1864 und 1901 erschienene Gesangbücher, sind in Cottbus selbst gedruckt worden. Sie halten die Erinnerung an die wendische Bevölkerung wach, deren kirchliches Zentrum die Klosterkirche gewesen ist.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Verzeichnis der Bücher der Kirchenbibliothek Cottbus, die im Domstift Brandenburg deponiert werden sollen. 1976

[Systematischer Standortkatalog in 15 Sachgruppen mit neuer Numerierung; mschr.; Domstiftsarchiv: BDS 1527/622]

Schmitt, Anneliese: Die Inkunabeln der Kirchenbibliothek Cottbus

[mschr., vor 1976; Domstiftsarchiv: BDS 1528/621]

Die Bestände sind im Katalog des Domstiftsarchivs Brandenburg und im Kirchlichen Zentralkatalog nachgewiesen. Die Titel sind durch den Drucker- und Verlegerkatalog des Domstiftsarchivs erschlossen.

3.2 Historische Kataloge

Catalogus bibliothecae ecclesiasticae ... , begonnen 1717 von J. G. Loscanus

[Bl. 2-21: nur nach Formaten geordneter Standortkatalog, fortgeführt bis ins 19. Jh; Bl. 31-82: neuer Katalog von 1845 nach den noch heute gültigen Sachgruppen; Domstiftsarchiv: BDS 1525/620 und Film Nr. 757]

Schliack, Carl: Katalog der Lehrer-Bibliothek. Teil 1-2. Kottbus 1898-99 (Cottbus, Gymnasium, Beil. zu den Jahresberichten)

Etwa 1957 wurde durch den Archivpfleger Pfarrer Günter Wolff eine neue Kartei angelegt, die 1976 vervollständigt wurde [Domstiftsarchiv: BDS 1526/608].

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Ephoralarchiv Cottbus: A II Fach 7 Nr. 30: Bibliothek der Oberkirche 1955 [Korrespondenz mit Rudolf Lenn] und Fach XVIII Nr. 6: Theologisches Leseinstitut zu Cottbus 1837-1861

Evangelisches Zentralarchiv Berlin: Best. 7 Evang. Oberkirchenrat Nr. 5909, ohne Blattzählung zwischen Bl. 61 und 64: Berichte über eine Umfrage von 1903 [zur Bibliothek S. 4]

Kunstmann, Johannes: Bericht über die Bibliothek, 1967 [1 Bl. sowie andere Notizen in der Registratur des Archivars beim Evangelischen Konsistorium Berlin]

4.2 Darstellungen

[Gulde, Christian Carl]: Gesammelte Nachrichten zur Geschichte der Stadt und Herrschaft Cottbus. 2. Stück, Görlitz 1787, S. 104-105

Gersdorf, E[rnst]

G[otthelf]: Urkundenbuch des Hochstift Meissen. Bd 3. Leipzig 1867, S. 88 (Codex diplomaticus Saxoniae regiae II,3)

Braune, Ludwig: Zur Geschichte und Statistik der Lehrerbibliothek des Gymnasiums zu Cottbus. Cottbus 1877, S. 11-28 (Cottbus, Gymnasium, Programm Nr. 57)

Schmidt, Fritz: Die ältesten Kirchenrechnungen der Oberkirche. Cottbus 1909, S. 4, 19, 25

Schmidt, Erich: Die Bibliothek der Oberkirche. In: ders.: Unsere Cottbuser Oberkirche. Aus vergangenen Tagen und neuerer Zeit vorhandene Nachrichten. Cottbus 1938, S. 30-32

Lenn, Rudolf: Niederlausitzische Bibliotheken. In: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 42 (1991) S. 15-18, 45-49 [S. 24-26 zur Gymnasialbibliothek]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Bernoulli, Johann: Sammlung kurzer Reisebeschreibungen ... Bd 13. Berlin und Leipzig 1784, S. 399-424 [Beschreibung der Kirchenbibliothek, insbesondere der Inkunabeln. Vgl. auch ebda, Bd 1, 1781, S. 251]

Tzschirner [,Johann Traugott]: Bibliotheca Wendica. In: H[einrich]

Rotter: De auctore libelli de origine gentis Romanae. Cottbus 1858, S. 22-23 (Cottbus, Gymnasium, Programm)

Stand: September 1993

Uwe Czybatynski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.