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Bibliothek des Peutinger-Gymnasiums

Adresse. Peutingerstr. 16, 73479 Ellwangen (Jagst) [Karte]
Telefon. (07961) 22 83
Bibliothekssigel. <Ell 1>

Unterhaltsträger. Stadt Ellwangen
Funktion. Lehrerbibliothek (Archivbestand).
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

'Benutzungsmöglichkeiten.
'Benutzung der Bibliothek nach Vereinbarung während der Schulstunden Montag bis Freitag 7.40-12 Uhr, 14-17 Uhr. Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Anmeldung erforderlich. - Fußwegnähe vom Bahnhof (5 Minuten, Schnellzugstation). A 6, Ausfahrt Crailsheim, B 290 nach Ellwangen oder A 7, Ausfahrt Ellwangen. Parkmöglichkeit in der Nähe.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Wie Heribert Hummel eingehend nachgewiesen hat, läßt sich die Bibliothek des Peutinger- Gymnasiums auf die Bestände der Jesuitenschule zurückführen, die seit 1658 in Ellwangen existierte (ab 1729 Lyzeum). Die Jesuiten erwarben 1666 die Büchersammlung eines gewissen Leo Crantz, 1682 die Bibliothek des Gmünder Stadtarztes Johann Sebastian Storr und kamen 1697 in den Besitz einer Bücherspende des Stiftsdekans Johann Christoph von Treschendorf. Ferner hinterließ der bedeutende Ellwanger Stiftsdekan Ignatius Desiderius von Peutingen (Namensgeber des Gymnasiums, † 1718) der Jesuitenbibliothek seine private Arbeitsbibliothek. Aus den Beständen der berühmten " Bibliothekca Peutingiana" seines Vorfahren Konrad Peutinger, die als Legat an die Augsburger fiel, lassen sich ebenfalls noch Bücher in der Gymnasialbibliothek nachweisen.

1.2 Vor 1773, dem Jahr der Auflösung des Jesuitenordens, hatten die Jesuiten selbst für die Vermehrung der Bibliotheksbestände Sorge getragen, sei es durch Ankäufe oder durch Schenkungen. Nach 1773 erfolgte der Bestandsausbau der Bibliothek des nunmehrigen Collegium Ignatianum auf der Basis einer jährlich vom Fürstpropst bewilligten Summe von 15 Gulden. Insbesondere der Fürstpropst und gleichzeitige Bischof von Augsburg und Trier, Clemens Wenzeslaus (Fürstpropst 1778-1803), kümmerte sich um die Bibliothek und schrieb bis ins Detail vor, welche Bücher für die Lehrer und welche für die Schüler bestimmt seien. Neben der Jesuitenbibliothek bestanden in Ellwangen noch Bibliotheken der Marianischen Kongregation, die wohl als Schülerbibliotheken fungiert haben. Zwei noch vorhandene Drucke dieser seltenen Provenienz enthalten ein Exlibris " Ad Congr[egationem] Majorem Elvaci" bzw. einen handschriftlichen Besitzvermerk " Congr[egatio] B[eatae] M[ariae] V[irginis] Immaculat[ae] Elvaci".

1.3 Nach dem Anschluß der Fürstpropstei Ellwangen an Württemberg im Jahre 1802 und 1803 (Bestätigung durch den Reichsdeputationshauptschluß) wurde dort auf Anweisung von Kurfürst Friedrich von Württemberg eine Zentralbibliothek mit der Bezeichnung Kurfürstliche Bibliothek eingerichtet. Ihren Grundstock sollten die Bestände der alten Ellwanger Bibliotheken (Stiftskapitel, Fürstpropstei und Seminar) bilden, und ihr sollte das in ganz Württemberg säkularisierte Bibliotheksgut zufließen. Jedoch kam es bald zur Vereinigung dieser Ellwanger Zentralbibliothek mit der Königlichen Öffentlichen Bibliothek in Stuttgart. Allerdings gelangten 1808, vermutlich wegen mangelnder Transportmöglichkeiten oder aber wegen " passiver Resistenz" (Irtenkauf), nur die Hss. und die älteren Drucke nach Stuttgart. Die zurückgebliebenen Bücher dienten ab 1812 wiederum als Grundstock einer Seminarbibliothek für die neue Katholisch-theologische Fakultät in Ellwangen. Um diese Zeit dürften nach grober Schätzung noch ca. 10.000 Bde aus altem Ellwanger Bibliotheksgut vorhanden gewesen sein.

1.4 Die Ellwanger Seminar- und Universitätsbibliothek wurde durch Säkularisationsbestände, u. a. der Bibliotheken des Augustinerchorherrenstifts Ulm, des Benediktinerklosters Wiblingen, des reformierten Franziskanerklosters Ehingen, des Ritterstifts Komburg und des Ritterkantons Odenwald mit Sitz in Kochendorf, ferner der Kapuzinerbibliotheken von Mergentheim und Wangen sowie aus verschiedenen bayerischen Bibliotheken vermehrt. 1817 dürfte sie etwa 16.000 Bde umfaßt haben. Mit der Verlegung des Priesterseminars nach Rottenburg und der Angliederung der Katholisch-theologischen Fakultät an die Universität Tübingen kam 1818 das Ende dieser Bibliothek, jedoch verblieben auch jetzt wieder wegen mangelnder Transportmöglichkeiten zahlreiche Bücher in Ellwangen. Etwa 2000 Bde gelangten nach Tübingen, ca. 1000 nach Rottenburg.

1.5 Um 1824 fielen dem Gymnasium Ellwangen die verbliebenen Bestände zu, so daß sich dort heute sowohl Bücher aus den alten Ellwanger Bibliotheken, insbesondere der fürstpröpstlichen Hofbibliothek und der Jesuitenbibliothek, als auch in geringerem Umfang Säkularisationsbestände befinden, die einstmals in die Zentral- oder die Seminar- und Universitätsbibliothek Ellwangen geflossen sind. Der Altbestand ist seitdem nicht mehr wesentlich vermehrt worden. Jedoch erhielt die Württembergische Landesbibliothek Stuttgart 1939 weitere 2769 Bde (darunter 963 Pergamentbände). Um 1820 erfolgte die erste Katalogisierung der Bibliothek, ab 1912 eine regelgerechte Aufnahme nach den Preußischen Instruktionen für die Katalogisierung von Gymnasialbibliotheken.

1.6 Die verschiedenen Provenienzen des heutigen Bestandes sind teilweise leicht zu identifizieren. Bücher der ehemaligen Ellwanger Jesuitenbibliothek weisen ein schwarz eingefärbtes Feld im unteren Teil des Buchrückens auf, Bücher der fürstpröpstlichen Bibliothek tragen den Vermerk oder Wappenstempel " Ex Bibliotheca Aulica Reverendissmi et Illustrissimi Principis Elvacensis". Einige Exlibris verweisen auf die Privatbibliothek des ehemaligen regierenden Fürstpropstes Anton Ignaz von Fugger, Bücher aus der Bibliothek des Franziskanerklosters Ehingen haben teilweise rot gefärbte Buchrücken.

1.7 Mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und in Zusammenarbeit mit der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart wurde die historische Lehrerbibliothek des Ellwanger Peutinger-Gymnasiums neu katalogisiert.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Gesamtbestand beläuft sich auf schätzungsweise 15.000 Bde. Die historische Lehrerbibliothek, getrennt von den neueren Beständen aufgestellt, umfaßt auf der Grundlage einer Hochrechnung einiger Alphabetabschnitte ca. 1500 Titel in etwa 4300 Bdn. Vorhanden sind (hochgerechnet) ca. 175 Titel des 16. Jhs, ca. 320 des 17. Jhs, ca. 380 des 18. Jhs und ca. 540 des 19. Jhs. Etwa 85 Titel des historischen Bestandes sind ohne Erscheinungsjahr.

2.2 Auf das lateinische Schrifttum entfallen hochgerechnet 800 Titel, auf das deutschsprachige 580, auf das französische 100 und auf das in sonstigen Sprachen ( u. a. Italienisch) etwa 20.

Systematische Übersicht

2.3 Im Zuge der Neukatalogisierung der Bibliothek wurde die ältere Aufstellungssystematik revidiert und den Gegebenheiten des heutigen historischen Bestandes der Bibliothek angepaßt. Nach wie vor dominieren die traditionellen Unterrichtsfächer des humanistischen Gymnasiums.

2.4 In der Philosophie stehen knapp 120 Titel (davon ca. 100 vor 1800), in der Gruppe Religionswissenschaft etwa 350 (davon ca. ein Drittel aus dem 16. bis 18. Jh). Vorhanden sind außer Bibel- und Kirchenväterausgaben ( u. a. Werkausgaben des 16. Jhs von Ambrosius Mediolanensis, Aurelius Augustinus und Johannes Chrysostomus) Werke zur Konzilsfrage, zur Confessio Augustana, zur Kirchengeschichte insgesamt ( u. a. von Cesare Baronio die Annales ecclesiastici, Mainz 1601). Ferner finden sich kontroverstheologische Werke, Graduale, Panegyrici und religionsphilosophische Titel. In 11 Sammelbänden sind theologische Dissertationen und Disputationen zusammengefaßt.

2.5 In den Altertumswissenschaften sind ca. 30 Titel vorhanden, überwiegend Lehr- und Handbücher des 19. Jhs; in der Gruppe Sprachwissenschaften ca. 100 Titel, ebenfalls vorwiegend aus dem 19. Jh. Es handelt sich um Wörterbücher, Sprachlehren, Übersetzungsanleitungen, Kommentare und Grammatiken. Von älteren Drucken sind erwähnenswert Ambrogio Calepinos Linguae Latinae dictionarium (Basel 1555), Nicolaus Cleynaertis Institutiones ac meditationes in Graecam linguam (Lyon 1566) und Comenius' Janua linguarum reserata (Köln 1662).

2.6 In der Gruppe Deutsch finden sich etwa 100 Titel fast ausschließlich des 19. Jhs, u. a. Campes Wörterbuch der deutschen Sprache (Braunschweig 1807-1811) und weitere Handbücher des 18. und 19. Jhs zur deutschen Sprach- und Literaturgeschichte sowie Werkausgaben u. a. von Goethe (Cotta 1815-1819) und von Johannes von Müller (Stuttgart 1831-1835). Neben der Allgemeinen deutschen Bibliothek (Berlin, Stettin 1765-1790) sind weitere Zeitschriften sowie einschlägige Sprachlehren und Grammatiken vorhanden.

2.7 Die Geschichte umfaßt ca. 200 Titel, davon 50 vor 1800. Darunter sind Gibbons Geschichte des Verfalls und Untergangs des Römischen Reichs (1800-1803), das Theatrum Europaeum (vollständig von 1663-1738), die Schwäbische Chronik von Martin Crusius, die vielbändigen Diarii Europaei, ferner zahlreiche weltgeschichtliche Werke und Werke zur europäischen Geschichte, zur Reichsgeschichte und zur württembergischen und bayerischen Landesgeschichte.

2.8 Die Gruppe Erdkunde umfaßt zwar nur 29 Titel, jedoch sind darunter vielbändige Werke wie das Vollständige Handbuch der neuesten Erdbeschreibung (Weimar 1819-1825) von Ad. Chr. Gaspari, G. Hassel und J. G. Fr. Cannabich oder Georg H. Kaysers Geographische Unterhaltungen zur Belehrung für Liebhaber der Erdkunde (Augsburg 1814-1818). Zur ebenfalls kleinen Gruppe Recht zählen 23 Titel des 16. bis 18. Jhs, u. a. die Rotae Romanae decisiones quae hactenus extant ... (Lyon 1567).

2.9 Auf die Naturwissenschaften entfallen 64 Titel, darunter vielbändige Werke wie das Dictionnaire des sciences naturelles ... (Straßburg und Paris, vermutlich 1816-1841), außerdem das Dictionnaire technologique (Paris 1822-1835). Naturgeschichtliche Werke, Floren, naturwissenschaftliche Handbücher, Lexika und Lehrbücher schließen sich an. In der Mathematik (12 Titel) sind überwiegend Lehrbücher von Martin Ohm vorhanden.

2.10 Die alten Sprachen sind mit insgesamt 181 Titeln vertreten (davon 26 aus dem 16. Jh, 40 aus dem 17. Jh und 43 aus dem 18. Jh). Auf Griechisch entfallen 48 Titel (davon 12 aus dem 16. und 8 aus dem 17. Jh), mit Schwerpunkt auf Werken von und über Homer und Aristoteles. Erwähnenswert sind u. a. von Francisco de Toledo die Commentaria, una cum quaestionibus, in octo libros Aristotelis De physica auscultatione (Köln 1585) und von Pedro J. da Fonseca die Commentaria zur Metaphysik des Aristoteles (Frankfurt 1599-1604).

2.11 Das Lateinische repräsentieren 133 Titel (davon 14 aus dem 16. Jh, 32 aus dem 17. Jh und 38 aus dem 18. Jh). Von und zu Cicero sind 4 teilweise ältere Werkausgaben ( u. a. Basel 1534 und Augsburg 1606) und 20 Titel des 18. und 19. Jhs vorhanden. Erwähnenswert sind zwei frühe Ausgaben der Epistolae (Venedig 1513, Lyon 1545) und das Orationum volumen tertium (Straßburg 1578). Der Bestand erstreckt sich im übrigen auf Werke und Erklärungsschriften u. a. zu Cäsar, Horaz, Terenz, Sallust, Seneca und Tacitus. Von Quintilian sind die Oratoriae institutiones (Köln 1541) vorhanden, von Petrus Lotichius Secundus die Opera omnia (Leipzig 1586) und von Paolo Manuzio die Epistolae (Köln 1581).

2.12 Die Sachgruppe Französisch enthält nur 68 Titel, davon jedoch 38 aus dem 17. Jh und 30 aus dem 18. Jh. Hervorzuheben sind von Honoré d'Urfé L'Astrée (Paris 1630-1633), von Gaultier de C. de LaCalprenède Cléopétre (Leiden 1648-1658), von Anne de LaRoche-Guilhem Asterie, ou Tamerlam (Paris 1675), von Michel de Nostredame Les prophéties (Köln 1689; aus der Provenienz des Anton Ignaz Fugger) und Voltaires Recueil des nouvelles pièces fugitives (Paris 1762-1763) und die Oeuvres (Amsterdam 1738). Ferner gibt es einige Werke zur Prinzenerziehung, u. a. von Antoine Varillas La pratique de l'éducation des princes ... (Amsterdam 1684), von J. Trotti de La Chétardie Instructions pour un jeune seigneur ... (La Haye 1721) und von Pierre Nicole De l'éducation d'un prince (Paris 1670). Auf die Gruppe Italienisch entfallen weitere 22 Titel (16 aus dem 17. Jh), darunter Boccaccios Il Decamerone (Amsterdam 1679) und Tassos Lettere familiari (Prag 1617).

2.13 Zur Kunst und Ästhetik sind 59 Titel vorhanden, davon 32 aus dem 17. Jh. Der Bestand erstreckt sich auf die eigentliche Kunst wie auch auf die Ökonomie und Haushaltungskunst, die Sittenlehre und die schönen Wissenschaften insgesamt. Schließlich sind die Sachgruppen Lexika (8 Titel, darunter Ersch-Gruber) und Württembergica (8) mit zwar geringer Titel-, jedoch relativ hoher Bandzahl zu nennen (Sammlungen württembergischer Gesetze, Regierungsblätter, Staatsanzeiger).

3. KATALOGE

Alphabetischer Katalog

[Zettelkatalog nach RAK-WB]

tandortkatalog

[Zettelkatalog nach eigener Systematik]

Der erste Katalog aus der Zeit um 1820 wird im Rektorat der Schule aufbewahrt.

Die Bestände sind im Südwestdeutschen Bibliotheksverbund (SWB) und im Zentralkatalog Baden-Württemberg nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Bücherrechnungen (1902-1915); Zugangsbücher (ab 1886); Desiderata (1916-1922)

4.2 Darstellungen

Irtenkauf, Wolfgang: Alte Bibliotheken in Ellwangen. In: Ellwanger Jahrbuch 20 (1962-64) S. 54-77

Hummel, Heribert: Habent sua fata libelli: Zur Geschichte der Ellwanger Gymnasialbibliothek. In: Festschrift zum 325jährigen Jubiläum. Ellwangen 1983, S. 65-80

Stand: November 1992

Wilfried Sühl-Strohmenger


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.