FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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A Dunamelléki Református Egyházkerület Ráday Gyüjteménye

Ráday-Sammlung des Donaudistriktes der Reformierten Kirche


Adresse. Ráday u. 28, H-1092 Budapest
Telefon. (01) 2176-321 (Bibliothek); 2665-112 (Archiv)
Telefax. (01) 2176-321

Unterhaltsträger. Dunamelléki Református Egyházkerület [Donaudistrikt der Reformierten Kirche]
Funktionen. Öffentlich zugängliche kirchliche Bibliothek, wissenschaftliche Bibliothek.
Sammelgebiete. Theologie und Randgebiete, Protestantismus, Human- und Gesellschaftswissenschaften, Kulturgeschichte.

Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek (mit Präsenzbestand). - Öffnungszeiten: Montag und Mittwoch bis Freitag 9-17 Uhr, Dienstag 9-19 Uhr, Samstag 9-12 Uhr. - Leihverkehr: nationaler und internat. Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Vom Westbahnhof Metroverbindung (Linie M 3) und vom Ostbahnhof (Linien M 2 und M 3) bis Haltestelle Kálvin tér. Vom Flughafen Busverbindung (Linie 93) bis Endstation Kobánya-Kispest, dann Metroverbindung (Linie M 3) bis Haltestelle Kálvin tér, von dort Fußwegnähe (5 Minuten). - Parkmöglichkeiten in Bibliotheksnähe.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Der Gründer der Bibliothek, Pál Ráday (1677-1733), war Kanzler und Diplomat unter Ferenc II. Rákóczi, Fürst von Ungarn und Siebenbürgen. Nach der Niederschlagung der von Rákóczi angeführten Unabhängigkeitsbewegung (1711) zog Ráday sich auf sein Gut nach Pécel in der Nähe von Budapest zurück. Von dieser Zeit an sammelte er Bücher, besonders ungarische Alte Drucke. Sein Sohn Gedeon (1713-1792) erweiterte die 300 Bde umfassende Sammlung auf ca. 12.000 Einheiten. Dieser wertvolle Bestand wurde im barocken, mit Fresken verzierten Bibliothekssaal des Péceler Schlosses aufgestellt. Gedeon Ráday erwarb neben ungarischen Büchern auch die wichtigste Literatur aller Wissenschaftszweige aus ganz Europa. Die Literatur der europäischen Aufklärung des 18. Jhs ist in seiner Sammlung in großer Vollständigkeit vertreten. Auch die zu seiner Zeit verbotenen Bücher, Titel des unter Maria Theresias Regierung geltenden Index librorum prohibitorum, gehörten zu seinem speziellen Sammelgebiet. Ein nach seinem Tod zusammengestelltes Verzeichnis der Sammlung erfaßt 4873 Werke in 10.302 Bdn, die in 23 Fachgruppen gegliedert waren.

1.2 Gedeon Ráday hatte mit dem Aufbau der Bibliothek ein politisches Ziel verfolgt. Da zu seiner Zeit die Staatsbürger nicht-katholischen Glaubens in ihren staatsbürgerlichen und konfessionellen Rechten von der Regierung der Habsburger stark beschränkt wurden - z. B. war die Ausübung des Glaubens nur an bestimmten Orten möglich, sie durften keine Universität besuchen und keine staatlichen Ämter bekleiden, erhielten in der Hauptstadt kein Bürgerrecht -, sollte die Bibliothek der kulturellen und wissenschaftlichen Weiterbildung der protestantischen, vor allem der reformierten Jugend dienen. In Briefen und Memoiren werden oft jugendliche Benutzer der Bibliothek erwähnt, darunter zahlreiche bekannte Schriftsteller und Politiker späterer Jahre. Als die Protestanten durch das Toleranzedikt Josephs II. 1781 die vollen Bürgerrechte erhielten, verlor die Bibliothek ihre bisherige
Funktion. Gedeon Ráday, der sich durch den Ankauf von Büchern verschuldet hatte, war sich darüber im klaren, daß seine Erben diese Sammlung nicht systematisch erweitern, vielleicht sogar an Verkauf denken würden. Aus diesem Grund bestimmte er testamentarisch, daß die Sammlung nur als ungeteilte Einheit verkauft werden dürfe. Diese Bestimmung rettete die wertvolle Bibliothek, die zunächst bis 1862 im Schloß der Familie Ráday blieb.

1.3 Die 1792 in den Adelsstand erhobene Familie Ráday bot die Bibliothek zwei Jahre nach dem Tod Gedeon Rádays der russischen Zarin Katharina II. für die neugegründete Moskauer Universität zum Kauf an. Weder die Zarin noch die späteren Herrscher Rußlands wollten die ungarische Sammlung erwerben. Ungarische Sammler aus dem Kreis der Magnaten, wie die Grafen Ferenc Széchényi und Sámuel Teleki, waren nur an Teilbeständen interessiert. Als potentielle Käufer meldeten sich auch ausländische Universitäten (Wien, Bonn, Göttingen). In den dreißiger bis vierziger Jahren des 19. Jhs wollte der ungarische Landtag die Sammlung für das Nationalmuseum erwerben, jedoch wieder nur in Auswahl. Schließlich löste der reformierte Bischof von Pest, Pál Török (1808-1883), 1861 die Frage, indem er in ganz Ungarn eine Kollekte veranlaßte, die es ermöglichte, die Sammlung der Grafen Ráday für die reformierte Theologische Hochschule in Pest zu erwerben. Diese Hochschule war 1855 als Theologische Akademie gegründet worden und besaß noch keine Bibliothek. Die für 20.000 Silbergulden angekaufte Sammlung wurde 1862 mit ihren ursprünglichen Regalen nach Pest gebracht, wo sie sich noch heute befindet.

1.4 Da bei der Übernahme der Sammlung nur eine tabellarische Bestandsü bersicht existierte, mußte ein Gesamtverzeichnis nach Verfassern und Sachtiteln erstellt werden. Dieses wurde von János Dobos (1804-1887), reformierter Geistlicher im Péceler Schloß, bearbeitet und später ergänzt. Erst 1961 wurde dieses in 44 Fächer gegliederte Verzeichnis wieder aufgefunden. Die in kirchlichen Besitz übernommene Sammlung Ráday und die in der Zwischenzeit hinzugekommenen Bücher wurden auf Anordnung des Budapester Bischofs Károly Szász (1829-1905) 1885 zum ersten Mal bibliothekarisch bearbeitet. Die eingeführte Systematik folgte dem damals als modern geltenden Münchener System. Die Sammlung Ráday wurde nicht länger als Sonderbestand geführt, sondern mit den inzwischen hinzugekommenen Beständen und Nachlässen als Gesamtbestand aufgestellt und verzeichnet. Bis 1905 wurden 13.674 Werke in 21.679 Bdn auf handschriftlichen Stammblättern erfaßt.

1.5 Die wichtigsten Zuwachsquellen der Sammlung waren nach dem Tod Gedeon Rádays stets Nachlässe und Schenkungen protestantischer Theologen und Familien. So konnte Mitte des 19. Jhs die Sammlung von Márton Domby (1778-1864) übernommen werden, die 500 Bde ungarische Alte Drucke und Titel aus den Bereichen Theologie, Geschichte, Literaturwissenschaft und Schöne Literatur umfaßte. Ende des 19. Jhs kam die Bibliothek der Familie Szemere aus Pest und Pécel in den Bestand (26 Bde Hss., 500 Bde Drucke - überwiegend Schöne Literatur und Geschichte). Mehrere hundert Bände zu Philosophie, Philologie und Theologie vermachte der Dirigent und Komponist Béla Árokháty (1890-1942) der Bibliothek. Am Anfang des 20. Jhs und in den dreißiger Jahren überließen verschiedene Mitglieder der Familie Ritoók der Bibliothek Bücher aus den Bereichen Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie.

1.6 Die Bibliothek wurde in Budapest anfangs von den bischöflichen Sekretären betreut. Der erste Bibliothekar war István Hamar (1867-1933), Professor an der Theologischen Akademie. Er führte Anfang des 20. Jhs das Fachsystem der Budapester Universitätsbibliothek ein. 1912 kaufte die Theologische Akademie das Gebäude der alten Tabakfabrik (Ráday utca, damals Közraktár u. 28) und ließ es nach ihrem Bedarf völlig umbauen. Die Bibliothek erhielt hier einen eigenen Saal mit 255 Quadratmetern, der in einen Leseraum, ein Arbeitszimmer, eine Leihstelle und ein Magazin unterteilt wurde. Der Bestand umfaßte damals 20.346 Werke in 31.602 Bdn. Direktor Hamar ließ die Inkunabeln und die ungarischen Alten Drucke bis 1711 aussondern und in einem Schrank separat aufstellen. Nach dem Tod von István Hamar übernahm Prof. Sándor Csekey (1896-1956) die Leitung der Bibliothek. Er stellte den ersten Katalog zusammen, indem er von den Stammblättern handschriftliche Katalogzettel anfertigen ließ. Sonderkataloge wurden für die Inkunabeln und die ungarischen Alten Drucke bis 1711 erstellt. Ein maschinenschriftlicher Sachkatalog des theologischen Buchbestandes wurde gebunden und vervielfältigt.

1.7 Im Zweiten Weltkrieg (Januar 1945) wurde das Gebäude der Theologischen Akademie durch Bombentreffer in der unmittelbaren Umgebung schwer beschädigt. Die Bücher wurden unter Schutt begraben und blieben dort glücklicherweise bis zu ihrer Bergung erhalten. Nur die zu dieser Zeit ausgeliehenen Werke gingen verloren. Im akademischen Jahr 1945/46 konnte die Bibliothek ihre Tätigkeit mit einem Bestand von ca. 50.000 Bdn wieder aufnehmen. 1948 wurde Prof. László Pap (1908-1983), der zugleich Dekan der Akademie war, zum Bibliotheksdirektor ernannt. Sein größtes Verdienst besteht darin, daß er die Sammlung Ráday wieder aus dem Allgemeinbestand aussondern und auf ihren ursprünglichen Regalen in der Mitte des Bibliothekssaales aufstellen ließ. Durch den vergoldeten und verzierten Einband war der Bestand leicht zu erkennen und zu separieren. Die Bücher wurden nach ihrer Größe aufgestellt und neu signiert. 1955 erhielt die Bibliothek ihren heutigen Namen in Erinnerung an den Gründer der Sammlung.

1.8 1952 begann die Rekatalogisierung des Bestandes nach dem Numerus-currens-System. Die handschriftlichen Katalogzettel wurden durch neue maschinenschriftliche Zettel ersetzt. Der Systematische Katalog wurde nach dem Dezimalsystem angelegt, doch stellte es sich bald heraus, daß dieses System für eine Bibliothek theologischen Charakters nicht geeignet war. Er wurde dann durch einen Stichwortkatalog ersetzt. Bereits erschienen sind ein Inkunabelkatalog und ein Katalog der Werke des 16. Jhs (s. u. 3.2). Auch die Alte Ungarische Bibliothek ist nach modernen Gesichtspunkten bearbeitet worden. Aufgrund dieser Katalogisierungsarbeiten wurde die Ráday-Sammlung 1983 vom Ministerium für Kultur zur wissenschaftlichen Bibliothek erklärt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Gesamtbestand der Bibliothek umfaßt 150.000 Bde. Von den 46 Inkunabeln sind 3 deutschsprachig, 12 erschienen im deutschen Sprachraum (Augsburg, Brünn, Nürnberg, Straßburg u. a.), 7 in den Niederlanden und 6 in der Schweiz. Von insgesamt 235 Alten Drucken bis 1550 sind 83 in Deutschland erschienen - 10 weitere ohne Angabe des Druckorts sind in deutscher Sprache -, 58 in der Schweiz, 8 in den Niederlanden und 7 in Wien. Ca. 1000 Titel sind zwischen 1551 und 1600 erschienen. Die nach dem Tod Gedeon Rádays angefertigte tabellarische Bestandsübersicht thält nur die Zahl der Bücher, nicht aber Verfasser und Titel. Danach waren von deutschen Autoren 284 Werke in 480 Bdn vorhanden, ferner mehrere hundert sonstige Werke in deutscher Sprache. Zahlreiche lateinischsprachige Titel des 16. und 17. Jhs wurden im deutschen Sprachgebiet gedruckt. Mit den übernommenen Nachlässen gelangten auch wichtige naturwissenschaftliche und medizinische Werke des 19. Jhs aus dem deutschen Sprachgebiet in die Sammlung.

Systematische Übersicht

2.2 Bis 1711 erschienene Werke in ungarischer Sprache oder mit Bezug zu Ungarn sind als Alte Ungarische Bibliothek in einem eigenen Schrank untergebracht (s. u. 2.7) und durch einen Sonderkatalog erschlossen (s. u. 3.2). Sie wurden nach Formaten aufgestellt und entsprechend signiert. Weitere Sondersammlungen bilden die Inkunabeln, die Antiqua und die Sammlung Ráday.

Allgemeinbestand

2.3 Im Allgemeinbestand der Bibliothek überwiegt die protestantische Theologie mit einem Anteil von 60 Prozent gegenüber den Humanwissenschaften mit 40 Prozent. Etwa die Hälfte der Alten Drucke (vor 1800) zur Theologie ist deutschsprachig (800 bis 1000 Titel). Erwähnenswerte Titel dieses Faches sind Biblia, das ist alle Bücher der H. Schrift ...durch Johann Piscator ...verfertiget (Herborn 1602-1604), Friedrich Christian Lesser, Insecto-theologia, oder vernunfft- und schrifftmässiger Versuch ... (Frankfurt und Leipzig 1738) und Paul Grünberg, Hauptschriften (Gotha 1889). In den Geisteswissenschaften finden sich ca. 1000 deutschsprachige Titel, die damit 20 Prozent des Faches stellen. Beispiele sind Paul Fleming, Geist- und weltliche Poemata (Jena 1666), Leonhard Meister, Beyträge zur Geschichte der teutschen Sprache und National-Litteratur (Heidelberg 1780) und Bernhard Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zum Regierungsantritt Friedrich's des Grossen (Berlin 1892-1893).

2.4 Im Bestand Literatur und Literaturgeschichte ist die deutsche Schöne Literatur mit ca. 1000 Titeln vertreten. Es handelt sich überwiegend um Werke des 18. Jhs, doch sind auch frühere und spätere Ausgaben deutscher Klassiker vorhanden. Erwähnenswerte Beispiele sind Melchior Pfinzing, Die geuerlichkeiten und eines theils der Geschichten des loblichen streytparen und hochberühmten Helds und Ritters Herr Tewrdannckhs (Nürnberg 1517), Friedrich Gottlob Klopstock, Der Messias (Kopenhagen 1735) und Goethes Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand (Stuttgart und Tübingen 1827-1831).

Sondersammlungen

Inkunabeln

2.5 Die Inkunabelsammlung der Bibliothek umfaßt insgesamt 46 Titel, darunter 8 Bibeln und 8 Werke der Schönen Literatur. Die übrigen Titel gehören inhaltlich in die Bereiche Geschichte, Philosophie, Theologie, Kirchengeschichte, Pastoraltheologie, Rhetorik, Poetik, Pädagogik, Astrologie, Episteln und Naturwissenschaften. Die deutschsprachigen Titel im Bestand sind Parsifal von Wolfram von Eschenbach, Tyturell von Albrecht von Scharfenberg (beide Straßburg 1477) sowie Hartmann Schedels Buch der Chroniken (Nürnberg 1493). Weitere 12 Inkunabeln erschienen im deutschen Sprachgebiet in lateinischer Sprache, so u. a. Auctoritates Aristotelis et aliorum philosophorum (Köln 1498), Bartholomaeus Platina, Vitae pontificum (Nürnberg 1481) und János Thuróczy, Chronica Hungarorum (Augsburg 1488).

Antiqua

2.6 Diese Sondersammlung bilden die außerhalb Ungarns gedruckten Werke des 16. Jhs. Ihre Zahl beläuft sich auf ca. 1000 bis 1500 Titel, darunter ca. 100 deutschsprachige und mehrere hundert im deutschen Sprachgebiet gedruckte lateinische Titel. Erwähnenswerte Beispiele des deutschsprachigen Bestandes sind Andreas Karlstadt, Von den Priesterthum und Opffer Christi (Jena 1524), Antonio Bonfini, Des aller mechtigsten Künigreichs inn Ungern ...Chronick (Bern 1545) und Joannes Brentius, Heylsame unnd nützliche Erklerung über den Catechismum (Nürnberg 1560). Die lateinischsprachigen Germanica repräsentieren u. a. Melanchthon, Omnia Opera (Wittenberg 1562), Jacob Ebert, Historia iuramentorum (Frankfurt/O. 1588) und Laurentius Scholtz, Epistolarum philosophicarum medicinalium ac chymicarum ...volumen (Frankfurt 1598).

Alte Ungarische Bibliothek

2.7 Zur Alten Ungarischen Bibliothek wurden Drucke bis 1711 zusammengefaßt, die in ungarischer Sprache vorliegen oder Bezug zu Ungarn aufweisen, sowie im Ausland bis 1800 erschienene Werke ausländischer Verfasser mit Bezug zu Ungarn. Die separat in einem Schrank aufgestellte Sammlung umfaßt ca. 1500 Bde überwiegend in ungarischer und lateinischer Sprache. Unter den vor 1700 erschienenen Titeln finden sich zwei Drucke, die in Ungarn in deutscher Sprache verlegt wurden: Christian Seelmann, Geistlicher Gesicht ... Leichtpredigt (Leutschau 1667) und Matthias Miles, Siebenbürgischer Würg-Engel (Hermannstadt 1670).

Sammlung Ráday

2.8 Der Gründungsbestand der Bibliothek wurde in den Jahren 1951 bis 1953 wieder vom Allgemeinbestand separiert und als Sammlung Ráday aufgestellt. Nach dem Katalog von Pál Ráday (s. u. 3.3) gliederte sich seine Sammlung ursprünglich in die Fächer Theologici, Libri theologici adversariorum, Libri aesthetici, Historici in ecclesiasticis, Chronologi, Geographi, Politici, Philologi, Juridici, Poetae und Rhetores et alii classici. Das bei der Übernahme der Sammlung im Jahre 1862 erstellte Verzeichnis gliedert den Bestand in 44 Sachgruppen und umfaßt 1404 Folioseiten. Da es keinen modernen Systematischen Katalog der Sammlung gibt, berücksichtigt die Bestandsbeschreibung nur die bedeutenderen Gruppen Theologie, Klassische Literatur, Schöne Literatur, Geschichte, Medizin, Geographie, Mathematik und Astrologie.

2.9 Am umfangreichsten ist mit 3000 Titeln die Theologie vertreten, darunter sind 500 Germanica. Ein Schwerpunkt innerhalb des Faches liegt bei den Bibelausgaben, Bibelübersetzungen und -kommentaren (insgesamt ca. 1000 Titel). Unter 20 Bibelausgaben, die zwischen 1500 und 1550 gedruckt wurden, sind die vollständige griechische Bibel von Heinrich Johann Herwagen (Basel 1545) und Das gantz neuw Testament von Ulrich Zwingli (Zürich 1554). Werke der Kirchenväter und mittelalterlichen Theologen, wie Thomas von Aquin und Nicolaus de Lyra, sind in Ausgaben des 16. bis 18. Jhs vorhanden (ausschließlich in lateinischer Sprache). Die Reformationsliteratur ist sehr reich vertreten und liegt zu 50 Prozent in deutscher Sprache vor. Besonders erwähnenswert sind hier die Erst- und Nachdrucke der Werke Martin Luthers, von denen 8 Bde aus der wittenbergischen Druckerei von Melchior Lotter stammen. Darüber hinaus sind weitere Reformatoren vertreten, so Wycliff, Hus, Melanchthon, Bullinger und Cartwright. Die schweizerische Reformationsliteratur vertreten Johann Calvin, Institutio (Straßburg 1545), Ulrich Zwingli, Ad Carolum ... fidei ratio (Zürich 1530), Théodore de Bèze, Volumen primum tractationum theologicarum (Genf 1582) und Johannes Oecolampadius, Annotationes in Joseam (Basel 1535). Die Theologie des 17. und 18. Jhs ist gut vertreten durch Johannes Cocceius, François Turretin, Friedrich Spanheim, Campegius Vitringa, Martin Chemnitz, Samuel Wesenfels, Johann Franz Buddeus, Philipp Jacob Spener, Isaac de Beausobre, Johann Laurenz von Mosheim, Friedrich Adolf Lampe, Justinus Febronius und Joseph Anton Stephan von Riegger.

2.10 Nahezu alle Autoren der griechischen und lateinischen klassischen Literatur sind im Bestand vertreten. Unter den ca. 1000 Titeln des Faches (mit nicht näher bestimmbarem Anteil an Germanica) sind zahlreiche Werkausgaben, überwiegend in lateinischer Sprache. Erwähnenswerte Beispiele aus dem Bestand der deutschen Drucke sind Aristoteles, Problemata (Köln 1566), Plutarch, Opera (Frankfurt 1620) und Cicero, Epistolarum ...libri sedecim (Leipzig 1749).

2.11 Die Gruppe Schöne Literatur umfaßt ca. 2000 Titel, darunter ca. 500 Germanica. Die bedeutendsten deutschen Autoren aller Epochen sind vorhanden, so Conrad Celtes, Sebastian Brant, Klopstock, Gessner, Gellert, Gottsched, Kleist, Kotzebue, Lessing und Goethe. Ihre Werke sind häufig in mehreren Ausgaben vertreten. Im Germanica-Bestand finden sich Titel wie Jacob Friedrich Schmidt, Wiegenlieder (Gotha 1770), Schreiber, Emilie Sommer, eine Geschichte in Briefen (Wien und Innsbruck 1786), aber auch Lessing, Nathan, der Weise (o. O. 1779). Auch Ausgaben der sentimentalen Epigonenliteratur sowie der Kolportageliteratur sind vertreten. Verschiedene Serienpublikationen ergänzen den Bestand an deutscher Schöner Literatur, so die Bibliothek der österreichischen Literatur (4 Bde, Wien 1769-1770) und die Bibliothek der Romane (Bde 1-7, Berlin 1778-1781; Bde 8-18, Riga 1782-1786). Auch die Reihe Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste wurde hier eingeordnet (8 Bde, Leipzig 1759-1765). Einen bedeutenden Anteil am Bestand der Gruppe hat die französische Aufklärungsliteratur (500 Titel), die Ráday trotz des Zensurverbots sammelte. Das ausschließlich französischsprachige Schrifttum umfaßt die wichtigsten politischen, philosophischen und literarischen Werke der französischen Aufklärer. Zu dieser Bestandsgruppe gehören auch 42 Bde der Encylopédie (Yverdon 1770-1776).

2.12 Die Gruppe Geschichte ist inhaltlich und sprachlich sehr heterogen. Die vertretenen Autoren reichen von den Historiographen des Altertums bis zu den Kirchenhistorikern des 18. Jhs, so u. a. Thukydides, Xenophon, Plutarch, Tacitus, Eusebius, Rufinus, Aeneas Sylvius, Campanella, Machiavelli, Schedel und Muratori. Inhaltlich gliedert sich der Bestand in Quellenausgaben, Annalen, Chroniken, Historien, Biographien, Memoiren, Sammlungen, Weltgeschichten u. a. Auch die historischen Hilfswissenschaften wie Heraldik und Randfächer wie Diplomatik sind vertreten. Von insgesamt 1500 Titeln des Faches sind 600 Germanica (300 deutschsprachig), darunter Johann Christoph Gatterer, Praktische Heraldik (Nürnberg 1791) und Beschreibung aller Nationen des Russischen Reichs (St. Petersburg 1776). Da Ráday nicht nur Bücher, sondern auch Gemälde und Münzen sammelte, ist auch das Schrifttum zur Numismatik relativ reich vertreten. Erwähnenswerte Beispiele der zeitgenössischen Fachliteratur sind Johann Joachim Friedrich, Der neueröfnete Münzcabinet (Nürnberg 1764-1770), Johann Seivert, Die Münzen der Röm. Kais. Hauses und der Tyrannen (Wien 1765) und Johann Christoph Rasche, Die Kenntnisse antiker Münzen (Nürnberg 1779).

2.13 Die Gruppe Medizin, Naturkunde und Ökonomie bilden 300 Titel in lateinischer Sprache, von denen ein Teil im deutschen Sprachgebiet gedruckt wurde. Die bedeutendsten Wissenschaftler der Teildisziplinen sind vertreten, so Hippokrates, Galen, Arnoldus de Villanova, Paracelsus, Hermann Boerhaave und Geerard van Swieten. Unter den deutschen Drucken sind Joannes Dryander, Anatomia (Marburg 1541) und József Cseh-Szombathy, Dissertatio inauguralis medica de morbis glandularum secundum aetates (Wien 1782).

2.14 Das Fach Geographie setzt sich aus wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Schriften in französischer, deutscher und lateinischer Sprache zusammen. Von insgesamt 500 Titeln sind 100 Germanica, darunter Fernando Cortez, De nova maris Oceani Hyspania narratio (Nürnberg 1524) und Paul Konrad Han, Alt und neu Pannonia (Nürnberg 1686). Zu Mathematik und Astronomie liegen 300 Titel vor, darunter nur wenige Germanica. Es überwiegen lateinische Ausgaben der Werke von Kopernikus, Descartes, Newton, Christian Wolff, Archimedes, Geronimo Cardano, Leonhard Euler und Athanasius Kircher.

Zeitschriftensammlung

2.15 Die Zeitschriften bilden eine selbständige Einheit mit einem Gesamtbestand von ca. 2000 Titeln. Der Bestand vor 1904 thält 113 deutschsprachige Titel, von denen 15 Titel (47 Bde) zwischen 1788 und 1904 in Ungarn erschienen und 98 Titel des 18. und 19. Jhs außerhalb Ungarns. Unter den Germanica des Bestandes sind Deutsche Acta Eruditorum (Leipzig 1712-1739), Der deutsche Merkur (Weimar 1773), Leipziger Wochenblatt für Kinder (Leipzig 1774) und Litterarischer Almanach der Deutschen auf das Jahr 1777 (Leipzig 1777). Ungarische Periodika in deutscher Sprache sind u. a. Preßburgisches Wochenblatt zur Ausbreitung der Wissenschaften und Künste (1771-1773) und Ungarisches Magazin, oder Beyträge zur ungrischen Geschichte, Geographie, Naturwissenschaft und der dahin einschlagenden Litteratur (Preßburg 1781-1787). Die deutschsprachigen, im Ausland erschienenen Zeitschriften der Sammlung Ráday sind nicht gesondert aufgestellt. Es handelt sich um 13 Titel in insgesamt 232 Jahrgängen zwischen 1688 und 1800.

3. KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge

Alphabetischer Verfasserkatalog

[mschr., in Zettelform; nach Numerus currens geordnet; geführt seit 1952]

Stichwortkatalog

[mschr., in Zettelform; ab 1975]

3.2 Moderne Sonderkataloge

Katalog der außerhalb des historischen Ungarns im 16. Jh publizierten Werke (Antiqua)

[alphabetisch nach Verfassern geordnet]

Katalog der Alten Ungarischen Bibliothek

[verzeichnet ungarische oder im historischen Ungarn vor 1711 gedruckte, von ungarischen Verfassern im Ausland erschienene Werke sowie bis 1800 publizierte Werke ausländischer Verfasser mit Bezug zu Ungarn; nach Erscheinungsjahren geordnet]

Standortkatalog der Alten Ungarischen Bibliothek

Katalog der Jahrbücher

[alphabetisch nach Verfassern geordnet]

Katalog der Ráday-Bibliothek

[alphabetisch nach Verfassern geordnet]

[alle Kataloge mschr., in Zettelform]

Segesváry, Victor: A Ráday Könyvtár osnyomtatványainak katalógusa [Inkunabelkatalog der Ráday-Bibliothek]. In: A Ráday Gyujtemény Évkönyve I. [Jahrbuch der Ráday-Sammlung I.]. Budapest 1956, S. 96-102

Segesváry, Victor: A Ráday Könyvtár antiqua könyveinek katalógusa 1550-ig [Katalog der Antiquabücher der Ráday-Bibliothek bis 1550]. In: A Ráday Gyujtemény Évkönyve I. Budapest 1956, S. 103-134

Topographischer Katalog der Ráday-Sammlung

[mschr., in Zettelform]

Topographischer Katalog des modernen Buchbestandes

[mschr., in Zettelform]

3.3 Historische Kataloge

Catalogus librorum Radaiorum

[hschr., in Bandform; von Pál Ráday in den zwanziger Jahren des 18. Jhs erstellt; verzeichnet ca. 300 Bde systematisch geordnet]

Systematischer Katalog der Ráday-Sammlung

[hschr., in Bandform; 1404 Folioseiten, in 44 Fachgruppen; von János Dobos nach 1861 erstellt]

Inkunabelkatalog

[hschr., in Zettelform; erstellt durch Sándor Csekey, nach 1933]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Das Archiv der Familie Ráday umfaßt 147,70 laufende Regalmeter. Auf die Geschichte der Bibliothek beziehen sich umfangreiches Briefmaterial, Aufzeichnungen und Rechnungen aus dem 18. und 19. Jh. Die Korrespondenz enthält in vielen Fällen Hinweise auf die Provenienz der Bücher. Auch die Geschichte des ungarischen Theaterwesens wird ausführlich dokumentiert. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Schriftstücke, die den Verkauf der Bibliothek betreffen.

4.2 Darstellungen

Rösler, Johann Christoph: Die gräfliche Radaysche Bibliothek zu Pecel bey Pesth. In: Ungarische Miscellen (1805) Heft 2, S. 79

Rupp, Kornél: A Ráday Könyvtár [Die Ráday-Bibliothek]. In: Magyar Könyvszemle [Ungarische Bücherschau] 5 (1897) S. 173-180

Pruzsinszky, Pál; Hamar, István: A Budapesti Református Theológiai Akadémia Ráday Könyvtárának múltja és jelene [Vergangenheit und Gegenwart der Ráday-Bibliothek der Budapester Reformierten Theologischen Akademie]. Budapest 1913

Zsindely, Endre: A péceli Ráday kastély [Das Schloß Ráday zu Pécel]. In: Muvészettörténeti Értesíto [Kunsthistorische Mitteilungen] 5 (1956) S. 253-276

Péter, Zoltán: A jubiláló Ráday Könyvtár. 1711-1861-1961 [Die jubilierende Ráday-Bibliothek. 1711-1861-1961]. Budapest 1962

Somkuti, Gabriella: Ráday Gedeon bécsi könyvbeszerzoje, Nagy Sámuel. 1730-1802 [Sámuel Nagy, der Wiener Kommissionär des Gedeon Ráday. 1730-1802]. In: Magyar Könyvszemle 84 (1968) S. 147-170

Koós, Judith: A Rádayak könyvgyujteményének kialakulása és könyvmuvészeti ritkaságai [Die Entstehung und die Rara der Rádayschen Buchsammlung]. In: A Ráday Gyujtemény Évkönyve II. [Jahrbuch der Ráday-Sammlung II.]. Budapest 1981, S. 82-120

Illés, György: Mesélo könyvtárak [Bibliotheken erzählen]. Budapest 1984 [enthält auf S. 159-172 das Kapitel Literarisches Zentrum in Pécel. Die Ráday-Sammlung des Donaudistrikts der Reformierten Kirche in Ungarn]

Somkuti, Gabriella: A Ráday Gyujtemény [Die Ráday-Sammlung]. In: Könyvtáros [Bibliothekar] 36 (1986) S. 386-395

Balázs, László: A Ráday család és könyvtára [Die Familie Ráday und ihre Bibliothek]. In: A Ráday Gyujtemény Évkönyve VI. Budapest 1989, S. 135-143

Segesváry, Victor: A Ráday Könyvtár 18. századi története [Die Geschichte der Ráday-Bibliothek im 18. Jh]. Budapest 1992

Koós, Judith: Ráday Gedeon könyvés mugyujteménye a XVIII. században [Gedeon Rádays Buch- und Kunstsammlung im 18. Jh]. Aszód 1994

Stand: Dezember 1995

Angéla Beliczay (†)

Ágnes Berecz


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.