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Bibliothek des Ratsgymnasiums

Adresse. Nebelswall 1, 4800 Bielefeld [Karte]
Telefon. (0521) 51 23 94

Unterhaltsträger. Stadt Bielefeld
Funktion. Gymnasialbibliothek.
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Nach Voranmeldung. Leihverkehr: über die Stadtbibliothek Bielefeld.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Anmeldung erforderlich. - Fußwegnähe vom Hauptbahnhof (ca. 10 Minuten). Parkhäuser sind vorhanden.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die im Gefolge der Reformation vom Rat der Stadt Bielefeld begründete protestantische gelehrte Schule, das heutige Ratsgymnasium, begann 1753 mit dem Aufbau einer Bibliothek für die Lehrer, welche mit dieser Zweckbestimmung bis auf die Gegenwart fortgeführt wird. Ihr Gründer war der pietistisch-aufgeklärte Gotthilf August Hoffmann, Rektor der Schule von 1750 bis 1758, der in Halle studiert und am Halleschen Waisenhaus der Franckeschen Stiftung eine für die damalige Zeit vorbildliche und umfangreiche Bibliothek kennengelernt hatte. Aus den Einnahmen einer Lotterie, jährlich sechs Talern aus einer der Stadt vermachten finanziellen Zuwendung, der sogenannten Tilhenschen Stiftung, sowie durch Buchgeschenke Bielefelder Bürger brachte Hoffmann ca. 220 Titel zusammen. Aufgrund der ungenügenden Geldmittel konnte die Sammlung im 18. Jh auch mit Hilfe von Büchergeschenken einer Lesegesellschaft nur unwesentlich erweitert werden, zu der sich Schüler der beiden obersten Klassen unter der Leitung des Rektors Christian August Borheck (1780-1789) zusammengefunden hatten. Bis 1815 ging ein Teil der Sammlung wohl im Gefolge der Kriege gegen Napoleon und insbesondere der französischen Besatzung auch Bielefelds verloren.

1.2 Einen durch Kontinuität gekennzeichneten Neuaufbau der Bibliothek konnte der tatkräftige Direktor des Gymnasiums Prof. August Krönig (1815-1837) erst nach der Reorganisation des preußischen Staates im Anschluß an die Befreiungskriege und im Zuge der neuhumanistischen Gymnasialreform beginnen. Als Grundstock dienten zwischen 1816 und 1820 jährlich 12 1/2 Taler aus den Tilhenschen Zinsen sowie 250 Taler, welche der Magistrat aus der Stadtkasse nach Aufforderung durch den westfälischen Oberpräsidenten von Vincke Krönig 1817 zur Verfügung gestellt hatte. Gegenüber den vielleicht noch 400 Büchern 1815 wuchs der Bestand im Vormärz auf ca. 1400 Bde 1832 und 1927 Einheiten im Jahr 1838. Aufgrund insbesondere umfangreicher Schenkungen erreichte der Bestand 1875 bereits ca. 13.000 Bde. Seit dem Kaiserreich ließ die gute finanzielle Ausstattung den Bestand auf ca. 14.700 Bde 1891 und ca. 18.000 Bde 1908 anwachsen. In der Weimarer Republik und im Dritten Reich setzte sich das Wachstum 1925 auf 21.000 und 1945 auf ca. 24.500 Bücher fort. Heute verfügt die Lehrerbibliothek über etwa 30.000 Bde.

1.3 Für den Bestandsaufbau im 19. Jh spielten Buchgeschenke eine bedeutende Rolle. Von den dreißiger bis in die sechziger Jahre des 19. Jhs ließ das preußische Kultusministerium der Bibliothek regelmäßig Literatur zukommen, so daß der Bibliotheksfonds überwiegend für teure Fortsetzungswerke und Zeitschriften verwendet werden konnte. Neben umfangreichen Einzelgeschenken insbesondere von Bielefelder Bürgern und Institutionen, ehemaligen Lehrern und Verlegern wurde die Bibliothek auch von privater Seite in einigen Fällen regelmäßiger mit Büchern bedacht. Seit den neunziger Jahren versorgte der Kölner Geheime Kommerzienrat Emil von Rath die Bibliothek jährlich mit Titeln vornehmlich zur Kölnischen und rheinischen Geschichte. Von der Mitte des 19. Jhs bis zum Ende des Kaiserreiches gingen öfters Werke von der Bielefelder Kaufmanns- und Unternehmerfamilie Delius ein sowie sogar bis in die dreißiger Jahre dieses Jhs regelmäßige Zuwendungen aus der Produktion an Büchern und Zeitschriften des Bielefelder Verlagshauses Velhagen und Klasing. Seit Ende des 19. Jhs nahm die Zahl der Geschenke am Gesamtzuwachs der Bibliothek kontinuierlich bis auf einzelne Fälle ab.

1.4 Der Zugang geschlossener Sammlungen im 19. Jh profilierte den Bestand oder prägte ihn sogar fortdauernd. Aus der Bibliothek des 1829 aufgehobenen Bielefelder Franziskanerklosters wählte Rektor Krönig mehr als 50 Bde überwiegend theologischer, besonders scholastischer Werke des 16. Jhs einschließlich einiger Inkunabeln und Hss. aus. Aus dem Nachlaß von Dr. Wilmans, Mitglied des Gymnasialkuratoriums von 1820 bis 1833, gingen 1863 200 Werke philosophischen, philologischen und mathematischen Inhalts ein. 1875 brachten Bielefelder Bürger die 250 Taler zum Erwerb der theologischen Bibliothek des verstorbenen Pastors der Neustädter Kirche, August Heinrich Niemeyer, auf. 1884 und 1885 fielen 170 Bde geschichtlicher, literaturhistorischer und geographischer sowie eine reiche Sammlung mathematisch-physikalischer Werke aus dem Besitz der verstorbenen Bonner bzw. Berliner Professoren Georg Benjamin Mendelssohn und August Karl Krönig geschenkweise an die Bibliothek. 1912 schenkte Kommerzienrat Paul Delius eine Sammlung der Romane von 52 französischen Autoren des 19. Jhs in 116 Bdn.

1.5 Den mit 7000 Bdn bedeutendsten Zuwachs erzielte die Bibliothek 1863 mit dem Erbe der Sammlung des Bonner Professors der Historie und Literaturgeschichte Johann Wilhelm Loebell (1786-1863). Diese schwerpunktmäßig geschichtliche, literaturhistorische und altertumswissenschaftliche Gelehrtenbibliothek ging dem Gymnasium als einer protestantischen Schule zu, da sie sich bereits 1856 verpflichtet hatte, den Bestand geschlossen aufzustellen und aus einer zusätzlich von Loebell vermachten Stiftungssumme fortzuführen. Aus diesem Legat von 3000 Talern fielen erstmals 1872 Zinseinnahmen an.

1.6 Vom Vormärz bis ins 20. Jh war das Erwerbsprinzip, vorrangig den Lehrern aktuelle fachwissenschaftliche und pädagogische Informationen zugänglich zu machen, besonders in Zeitschriften, und die für ihre wissenschaftliche Arbeit und den Unterricht erforderlichen umfassenden Editionen, Monographien und Nachschlagewerke bereitzustellen. Dabei wurden alle am Gymnasium unterrichteten Fächer berücksichtigt. Dies entsprach dem Charakter der Schule, die sich seit der zweiten Hälfte des 19. Jhs Gymnasium und Realgymnasium nannte, wie auch dem neuhumanistischen Bildungskonzept preußischer Prägung und den Vorschriften der Bibliotheksinstruktionen für die höheren Schulen der Provinz Westfalen von 1832, 1856 und 1868. Der Erwerbungsschwerpunkt lag allerdings einerseits bei der Historie, andererseits bei den alten Sprachen, welche den Kern der humanistischen Bildung ausmachten und noch Ende des 19. Jhs beinahe die Hälfte der erteilten Unterrichtsstunden in Anspruch nahmen.

1.7 Der Bestandsaufbau erhielt erst im Kaiserreich mit 600 Mark (1875) und 500 Mark (seit 1880) sowie den jährlichen Zinsen aus der für historische und altphilologische Literatur zweckgebundenen Loebellschen Stiftung in Höhe von 120 Talern (entsprechend 360 Mark) eine zwar nicht großzügige, aber doch solide und im Vergleich zu den Bibliotheken anderer höherer Schulen gute finanzielle Basis.

1.8 Die 1858 vom Bielefelder Buchhändler und Verleger August Klasing durch einige Werke begründete und von der Bibliothek fortgeführte Westfalica-Sammlung wurde 1903 als Depositum der Städtischen Bibliothek für Heimatkunde zur Verfügung gestellt, die in die heutige Landesgeschichtliche Bibliothek eingegangen ist. Mehrere hundert Bde verlor die Bibliothek durch eine Aussonderungsaktion wohl aufgrund nationalsozialistischer Anordnung im Jahre 1942 in der theologischen Abteilung. Der Verlust betraf insbesondere die kirchengeschichtlich wertvolle Predigtsammlung und bibelwissenschaftlich-exegetische Literatur. Verluste durch den Zweiten Weltkrieg lassen sich nicht nachweisen.

1.9 Die Verwaltung der Bibliothek lag bis 1838 beim Direktor der Schule, danach gemäß der Bibliotheksinstruktion vom 15. September 1832 jeweils bei einem der Lehrer, dessen Nebenamt durch das Provinzialschulkollegium in Münster zu bestätigen war. Nach dem Zugang der Loebellschen Bibliothek entschied das Lehrerkollegium über die käuflichen Erwerbungen. Unter dem Bibliothekariat des Naturwissenschaftlers Prof. Dr. Theodor Bertram (1890-1917) setzte sich das nach ihm weiterhin gültige Verfahren durch, daß der Bibliothekar die Anschaffungsvorschläge der Lehrer aus einem Desideratenbuch koordinierte und selbständig Erwerbungsentscheidungen fällte. Mit dem ca. 1908 begonnenen und 1922 abgeschlossenen systematischen Bandkatalog und dem alphabetischen Hauptkatalog in Zettelform, der bis heute fortgeführt wird, gelang Bertram auch die Integration der alten Gymnasialbibliothek mit der Loebellschen und der Niemeyerschen Sammlung.

1.10 Die systematisch nach Abteilungen aufgestellte Bibliothek befindet sich noch heute in einem eigens für sie schon beim Bau vorgesehenen Raum des 1870 bezogenen Schulgebäudes. Bis heute ist die Loebellsche Sammlung stiftungsgemäß gesondert aufgestellt. Sie war nach dem Verlust des Legats durch die Inflation noch bis Ende der zwanziger Jahre dieses Jhs abgestimmt mit den übrigen Erwerbungen der Lehrerbibliothek regelmäßig erweitert worden.

Holger Flachmann

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Bibliothek umfaßt heute ca. 7500 Titel in 30.000 Bdn. Davon sind ca. 60 Inkunabeln und 4842 Titel des 16. bis 19. Jhs historischer Bestand. Die Sammlung Schulprogramme und die Loebellsche Bibliothek wurden separat gezählt. Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Zum historischen Bestand gehören 7 spätmittelalterliche Hss. Die ca. 60 Inkunabeln stammen meist aus der aufgelösten Bibliothek des Franziskanerklosters. 209 Titel entfallen auf die erste Hälfte des 16. Jhs, 162 Titel auf die zweite Hälfte, 99 Titel stammen aus der ersten Hälfte des 17. Jhs, weitere 138 aus der zweiten Hälfte. Die erste Hälfte des 18. Jhs ist mit 251 Titeln vertreten, die zweite Hälfte mit 508 Titeln. 1459 Titel stammen aus der ersten Hälfte des 19. Jhs, weitere 2016 aus der zweiten Hälfte.

2.3 Sprachlich überwiegen das Deutsche (3225 Titel) und das Lateinische (1456 Titel) mit zusammen über 96 Prozent Anteil am Altbestand. Die wenigen sonstigen Fremdsprachen fallen kaum ins Gewicht. Systematische Übersicht

2.4 Der Beschreibung liegt die alte systematische Aufstellung zugrunde. Sie teilt die Bibliothek in 23 Gruppen ein, die jedoch nur z. T. über historische Literatur verfügen.

2.5 Der ca. 500 Titel umfassende theologische Bestand hat seinen chronologischen Schwerpunkt mit ca. 200 Titeln im 19. Jh (erste Hälfte ca. 40, zweite Hälfte ca. 160 Titel), weist jedoch auch eine relativ große Anzahl (ca. 180 Titel) Schriften aus dem 16. Jh auf (erste Hälfte ca. 120, zweite Hälfte ca. 60 Titel). Aus dem 17. Jh stammen ca. 50, aus dem 18. Jh ca. 70 Titel. In sprachlicher Hinsicht dominiert Deutsch (ca. 230 Titel) knapp vor Latein (ca. 210 Titel). Im Bestand treten vorreformatorische und frühreformatorische Autoren mit sprachwissenschaftlich-biblischen und (weniger) mit kontroverstheologischen Themen in Drucken des 16. Jhs hervor (z. B. Desiderius Erasmus, Johannes Campensis OP, Anselm von Canterbury, Jacob Faber, Remigius von Auxerre, Oecolampadius, Paulus Dolscius, Martin Bellius u. a.). Sprachwissenschaftler, Polyhistoren und Theologen lutherischer, calvinistischer und später pietistischer Überzeugung sind bis zum 19. Jh im Bestand nennenswert (z. B. Giovanni Diodati, Johann Lensden, Peter Zorn, Christian Schoettgen, August Hermann Francke, Johannes A. Freylinghausen u. a.).

2.6 Die Gruppe Philosophie umfaßt 230 Titel (Schwerpunkt im 19. Jh), die Philosophiegeschichten, Lehrbücher und Einführungen in die Philosophie allgemein und in verschiedene philosophische Disziplinen (Logik, Metaphysik, Staatsphilosophie) betreffen. Daneben finden sich Darstellungen zu einzelnen Philosophen und deren Werk (hauptsächlich des 18. und 19. Jhs, wenig mittelalterliche Philosophie); die Philosophie der Antike fehlt hier; diese ist der Gruppe Klassische Philologie zugeordnet.

2.7 Die Gruppe Pädagogik (245 Titel, fast ausschließlich aus dem 19. Jh) enthält neben allgemeiner Literatur (vor allem Hand- und Lehrbücher) zur Didaktik und Methodik diverse gedruckte Prüfungsordnungen und Unterrichtsrichtlinien sowie Schriften und Diskussionsbeiträge zur Gymnasialreform (z. B. Streitschriften für die Konfessionsschule) und Curriculumsfragen, daneben verschiedene Festschriften.

2.8 Die Gruppe Erdkunde (146 Titel) enthält historisch-topographische Beschreibungen, Ortslexika, Reise- und Entdeckungsschilderungen (z. B. Leo Africanus' De totius Africae descriptione libri IX von 1632), Schulgeographie und Karten, Kolonialwesen und vereinzelt ältere Itinerarien. Die Gruppe Geschichte ist recht umfangreich vertreten (620 Titel) und enthält vorwiegend deutsche und preußische Geschichte, Chroniken, historische Lexika, Reichsordnungen, gedruckte Bullen und Reichsabschiede, daneben Werke zur Reformationsgeschichte. 54 Titel zur westfälischen Geschichte schließen sich an.

2.9 Die Naturwissenschaften (304 Titel) und die " Mathematik und Rechenkunst" (187 Titel) sind insgesamt recht breit vertreten. Es überwiegt die allgemeine Literatur, daneben finden sich Astronomie, Geologie, Mineralogie und Botanik. Zahlreich vorhanden sind Lehr- und Übungsbücher für Physik und Chemie sowie Rechenbücher, Beispielsammlungen und Werke zur Mathematikdidaktik.

2.10 Den größten Teil macht die Literatur zur Klassischen Philologie aus. Neben der allgemeinen Literatur (106 Titel), vor allem zur Literaturgeschichte und Mythologie, stehen zahlreiche Werke zur griechischen (518 Titel) und lateinischen (891 Titel) Philologie. Zunächst finden sich Schulgrammatiken, Sprachlehrbücher und Übungsbücher zur Syntax. Es folgen die Textausgaben in repräsentativer Auswahl, wobei die bekannten Namen überwiegen, vor allem Aristoteles, Platon und Sophokles, daneben Xenophon und Homer bei den griechischen, Cicero, Horaz und Vergil bei den lateinischen Schriftstellern. Hervorhebung verdienen einige Horaz- und Homerübersetzungen von Madame Dacier. Unter den Neulateinischen Autoren überwiegen die Gegner der Scholastik und die Befürworter der Katholischen Reform. Einige Werke zur hebräischen Sprache und Literatur sowie zu sonstigen orientalischen Sprachen schließen sich an (zusammen 50 Titel).

2.11 Die Gruppe Deutsche Literatur und Sprache zählt 375 Titel (mehr als drei Viertel aus dem 19. Jh, der Rest aus der zweiten Hälfte des 18. Jhs). Hier finden sich vor allem Sprachgeschichten, Grammatiken, (etymologische) Wörterbücher, Poetiken und Literaturgeschichten. Daneben ist eine Auswahl von literarischen Texten seit der althochdeutschen Zeit, über Heldenepik, höfische Epik, Renaissance- und Reformationszeitalter, Barock, Frühaufklärung bis zu wenigen Titeln der Klassik vorhanden.

2.12 Die Französische Literatur und Sprache ist mit 250 Titeln vertreten, fast ausschließlich aus dem 19. Jh, wovon zwei Drittel französisch und ein Drittel deutschsprachig sind. Vorhanden sind Literaturgeschichten, Poetiken, Grammatiken und Wörterbücher sowie wenige Darstellungen einzelner französischer Autoren. Bei den Texten finden sich Ausgaben (weniger bekannter) Autoren der französischen Klassik und vereinzelt Autoren der französischen Romantik, die jedoch keinen repräsentativen Querschnitt durch beide Epochen bieten.

2.13 Die Englische Literatur und Sprache umfaßt 75 Titel hauptsächlich des 19. Jhs, die jeweils zur Hälfte deutsch- bzw. englischsprachig sind. Es finden sich Grammatiken, Wörterbücher und Literaturgeschichten. Außer Lesebüchern für den Schulgebrauch und Anthologien sind kaum Texte vorhanden.

2.14 Die Literatur zu den sonstigen Sprachen (zusammen 75 Titel) enthält kaum Bedeutendes. Der restliche Bestand (zusammen 270 Titel) ist recht heterogen zusammengesetzt (auch die alte Systematik vermag hier nicht immer sorgfältig zu trennen). Hervorhebung verdient ein umfänglicher Zeitschriftenbestand.

Reinhard Feldmann

Sondersammlungen Schulprogramme

2.15 Die ungewöhnlich große und geschlossene Sammlung umfaßt ca. 30.000 Programme von Gymnasien, Realgymnasien, Realschulen und Höheren Bürgerschulen von 1825 bis 1915. Sie umfaßt das ganze Gebiet des ehemaligen Deutschen Reiches sowie die deutschsprachigen Mittelschulen der österreichisch-ungarischen Monarchie. Viele Programme stammen aus Ostpreußen, Westpreußen, Pommern, Schlesien und dem Sudetenland. Die Programme sind alphabetisch nach Orten und Schulen geordnet und in numerierten Kapseln untergebracht.

Franz Kössler

Loebellsche Bibliothek

2.16 Nach dem Tod von Johann Wilhelm Loebell (1786-1863), Professor für Geschichte an der Universität Bonn, erbte die Gymnasialbibliothek dessen Bibliothek. Die Ordnung der Bibliothek und den Druck des systematischen, möglicherweise die ursprüngliche Aufstellung widerspiegelnden Katalogs (1864) besorgte der Gymnasiallehrer A. Wortmann.

2.17 Die Loebellsche Bibliothek umfaßt ca. 3800 Titel in ca. 7000 Bdn. Ca. 60 Titel stammen aus dem 17. Jh, 140 aus der ersten Hälfte des 18. Jhs, 600 aus der zweiten Hälfte des 18. Jhs, ca. 2300 aus der ersten Hälfte des 19. und etwa 700 Titel aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs. Neben den deutschsprachigen Werken (ca. 2600 Titel) sind etwa 500 lateinische und 600 moderne fremdsprachige Titel vorhanden. Gut vertreten ist die Klassische Philologie, davon entfallen 144 Titel auf griechische Dichter, Geschichtsschreiber und Philosophen (meist in Übersetzungen), 182 Titel auf römische Dichter, Historiker und Grammatiker sowie 86 Titel auf Allgemeines, Biographien und Literaturgeschichten, Lexika und Grammatiken. Den Hauptanteil des Bestandes nehmen die Werke zur Geschichte ein (ca. 3000 Bde). Neben den Hilfswissenschaften und den dazugehörigen Randgebieten ist diese Abteilung in die Geschichten der einzelnen Länder gegliedert. Es handelt sich um einen geschlossenen Bestand, in dem sich alle wichtigen Werke von der Universalgeschichte bis zur Regional- und Lokalhistorie befinden, darunter auch viele Werke zur Geschichte Englands und Frankreichs.

2.18 Die Abteilung " Allgemeine Literaturgeschichte und Bücherkunde, Biographien der Schriftsteller, Literaturzeitungen" umfaßt 172 Titel. Hier finden sich gängige Gelehrten-Lexika (Jöcher, Adelung) und einige Jahrgänge von Literaturzeitschriften aus der ersten Hälfte des 19. Jhs. Unter den Biographien (einige auch mit literarischem Briefwechsel) sind solche über J. G. Fichte (Loebell war ein Schüler Fichtes) und B. G. Niebuhr, dessen Lehrstuhl für Geschichte in Bonn Loebell 1831 übernommen hatte, zu nennen.

2.19 Die Abteilung Philosophie (75 Titel) umfaßt Lehrbücher, Darstellungen der Geschichte der Philosophie, Ästhetik und Poetik. Insgesamt spiegelt dieser Bestand Loebells Interesse an der zeitgenössischen Philosophie wider. Zeitlich verteilen sich die Werke über das 18. und 19. Jh mit dem Hauptanteil in der ersten Hälfte des 19. Jhs. Es folgen 11 Titel zur Pädagogik, unter denen sich auch 3 Publikationen Loebells befinden. Theologie und Kirchengeschichte schließt sich mit 144 Titeln an. Hier finden sich Werke zur Exegese, Dogmatik, Dogmengeschichte sowie 24 Titel Predigten, Erbauungsbücher und geistliche Lieder.

2.20 Die " National-Literatur der neueren Völker und ihre Geschichte" gliedert sich nach den jeweiligen Nationalliteraturen. In der allgemeinen Abteilung (63 Titel) überwiegen Ausgaben des Nibelungenliedes, viele Romantikerausgaben einschließlich der Sekundärliteratur aus der ersten Hälfte des 19. Jhs. Daneben findet sich Primär- und Sekundärliteratur zu Volksbüchern und Volksliedern. Die Titel zur Literatur des 18. und 19. Jhs (907 Titel) spiegeln Loebells Interesse deutlich wider. Wielands und Lessings Werke, Biographien und Sekundärliteratur dazu sind ebenso vorhanden wie die übrigen Autoren der Aufklärung und Klassik, teilweise in Erstausgaben. Loebells besonderes Interesse galt der Literatur der Romantik. Ihn verbanden persönliche Freundschaften mit Heinrich Steffens, Ludwig Tieck, Friedrich von Raumer und Carl Eduard von Holtei, deren Werke sich fast vollständig in seiner Bibliothek befinden, auch in Erstausgaben (Tiecks Werke teilweise in Widmungsexemplaren).

2.21 Loebell erfaßte in seiner Bibliothek die Gegenwartsliteratur seiner Zeit, die über die Romantik hinausging, bis kurz vor seinem Tod (Werke von Heine, Gotthelf, Mörike). Auch müssen die Miszellaneenbände erwähnt werden, in denen Zeitungsausschnitte, Flugblätter und Broschüren zu verschiedenen Themen (" mittlere und neuere Literaturgeschichte"; " deutsche Dichtung und Verskunst"; " Poesie und Kritik") zusammengebunden wurden. Werke der Literaturgeschichte (55 Titel) schließen sich an.

2.22 Die " Englische Nationalliteratur und ihre Geschichte" (82 Titel, überwiegend in Übersetzungen) stammt aus dem 19. Jh. Knapp die Hälfte bezieht sich auf Shakespeare. Seine Werke sind sowohl in englischer Sprache als auch in den zeitgenössischen deutschen Übersetzungen (A. W. Schlegel, Tieck) vorhanden. Die andere Hälfte des Bestands setzt sich aus Romanliteratur (Swift, Fielding, Sterne, Goldsmith), dramatischen Werken (Byron) und literaturgeschichtlichen Darstellungen zusammen.

2.23 Die " Französische Nationalliteratur und ihre Geschichte" (114 Titel) enthält meist Werkausgaben der französischen Klassiker, daneben Lexika, literaturgeschichtliche Darstellungen und biographische Werke. Die " Italienische Nationalliteratur und ihre Geschichte" (35 Titel) enthält hauptsächlich italienische Klassiker (z. B. Dante, Petrarca, Boccaccio, Tasso) in deutschen Übersetzungen. Die " Spanische und portugiesische Nationalliteratur und ihre Geschichte" (26 Titel) umfaßt Lehrbücher und zwei Originaltitel, ansonsten finden sich nur Übersetzungen und einige Lexika. " Skandinavische und Belgische Nationalliteratur" (6 Titel), " Orientalische Literatur" (8 Titel), " Lexikalische und grammatische Werke" ( u. a. Wörterbücher, Sprachlehren, Grammatiken, Werke zur Orthographie und zum Stil) sind mit 34 Titeln vertreten. Die Klasse Schöne Künste umfaßt 41 Titel (fast ausschließlich aus dem 19. Jh) meist zur bildenden Kunst und zur Kunstgeschichte.

2.24 Einen Querschnitt durch Loebells Interessen zeigt noch einmal die Gruppe " Gesammelte Werke, Auszüge aus einzelnen Autoren, Briefsammlungen" (57 Titel). Der größte Teil dieser Werke fällt in die erste Hälfte des 19. Jhs. Es sind Gesamtausgaben von Schriftstellern, Philosophen, Historikern und Staatsmännern verzeichnet, die man auch in den vorhergehenden Klassen hätte suchen können. Die Palette reicht von Justus Mösers Sämtlichen Werken über Lichtenbergs Vermischte Schriften zu Humes Essays und Werken von Friedrich II. Eine Gruppe von ca. 80 Titeln sonst nicht einordbarer Literatur beschließt die Sammlung.

Reinhard Feldmann

3. KATALOGE

Kataloge des Ratsgymnasiums:

Bücher-Verzeichniß der Bibliothek des Gymnasiums in Bielefeld

[bis 1832 geführt; Realkatalog. Der Umschlag enthält die Aufschrift " Die Bibliothek betr. Krönig".]

Katalog der Gymnasial-Bibliothek zu Bielefeld

[bis 1842 geführt; Realkatalog]

Alphabetischer Hauptkatalog

[begonnen ca. 1908; Zettelkatalog im Kapselformat]

Realkatalog

[ohne Titel. Begonnen ca. 1908. Abgeschlossen 1922; fortgeführt bis in die 1950er Jahre; 9 ungezählte Bde, überwiegend mit Rückentiteln]

1. Lateinische Sprache. 2. Deutsche Sprache. 3 Neuere fremde Sprachen. 4. [Allgemeine Sprachwissenschaft. Orientalia. Griechisch.] 5. Geschichte. I, 1-276. 6. Geschichte. II, 277-500. 7. Mathematik, Naturwissenschaften, Geographie. 8. Theologie. 9. Wissensch. Allgem. Pädagogik. Philosophie. Recht. Staat. Wirtschaft. Varia.

Standortverzeichnis

[begonnen 28. Juni 1933; Zugänge seit 1927 übertragen; gegliedert in 29 Standortgruppen]

Alphabetischer Katalog. Buchstabe A-C. 1984-85

[Zettelkatalog]

Bertram, Theodor: Beschreibung der Inkunabeln, die sich in den Bibliotheken des Gymnasiums und der Altstädter Kirche zu Bielefeld befinden. Leipzig 1906 (Beilage zu dem Programm des Gymnasiums und Realgymnasiums zu Bielefeld, Ostern 1906)

Bertram, Theodor: Verzeichnis der in der Gymnasialbibliothek zu Bielefeld befindlichen Drucke aus dem 16. Jahrhundert. Leipzig 1908 (Beilage zu dem Schulprogramm des Bielefelder Gymnasiums, Ostern 1908)

Katalog der Schulbibliothek der oberen Klassen des Gymnasiums. Bearb. von Otto Steinbach. Programm Bielefeld 1913

[systematisches Kurztitelverzeichnis von ca. 1000 Bdn der Schülerbibliothek]

Kataloge der Loebellschen Sammlung:

Katalog der Loebellschen Bibliothek. Als Festschrift für die Loebellsche Gedenkfeier am 15. September, zugleich als Beigabe zu dem diesjährigen Programm des Gymnasiums in Bielefeld ausgegeben. Bielefeld 1864 [gedruckter, systematischer Katalog. Bearb. von Arnold Wortmann. 3 bei den Bibliotheksakten befindliche Exemplare sind hschr. bis in die 1940er Jahre ergänzt worden.]

Die Bestände sind weder im Zentralkatalog Nordrhein-Westfalen noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Bericht über das Gymnasium in Bielefeld und die damit verbundene Realschule von Ostern 1863 bis Ostern 1864. Programm Bielefeld 1864 [darin: S. 19-21 über das Loebellsche Vermächtnis]

Bertram, Theodor: Geschichte der Bibliothek des Bielefelder Gymnasiums. In: Festschrift zum 350jährigen Jubiläum des Gymnasiums und Realgymnasiums zu Bielefeld. Bielefeld 1908, S. 111-125

Flachmann, Holger: Die Lehrerbibliothek des Ratsgymnasiums zu Bielefeld während der Zeit der preußischen Provinzialverwaltung (1815-1845) unter besonderer Berücksichtigung des Bestandes. Assessorarbeit. Köln: Fachhochschule für Bibliotheks- und Dokumentationswesen 1988) [Veröffentlichung vorgesehen]

Haase, Ulrich (Hrsg.): Die " Nachrichten des Rectors Hoffmann" (1751-1758) über das Bielefelder Gymnasium. 1983 [mschr.]

Herwig, Christian: Geschichte des Gymnasiums und Realgymnasiums. In: Festschrift zum 350jährigen Jubiläum des Gymnasiums und Realgymnasiums zu Bielefeld am 5. und 6. August 1908. Bielefeld 1908, S. 1-110

Hinzpeter, Georg: Zur Geschichte des Gymnasiums. Zur Feier des dreihundertjährigen Jubiläums des Königlichen Gymnasiums zu Bielefeld. Bielefeld 1858

Hoffmann, Gotthilf August: Von der Nothwendigkeit einer Schulbibliothek. Denkschrift zur Errichtung einer Lehrerbücherei. Bielefeld 1752

Köhne, Roland: Die Lesegesellschaften des Rectors August Christian Borheck in seiner Bielefelder Amtszeit (1780-1789). In: 75. Jahresbericht des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg. Bielefeld 1985, S. 101-109

Köhne, Roland: Über die Bibliothek des Ratsgymnasiums und über die Anfänge des Englischunterrichts am Gymnasium in Bielefeld. In: Abingdon Bielefeld Connection. 20 Jahre Partnerschaft Ratsgymnasium Bielefeld Abingdon School 1967-1987. Bielefeld 1987, S. 23-26

Köhne, Roland: Die " Schülerbibliothek zu Bielefeld" von 1828. In: 425 Jahre Ratsgymnasium Bielefeld. Bielefeld 1983, S. 248-255

Schöber, Barbara: Stationen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme - in einer vergessenen Bibliothek. In: Buch und Bibliothek 39 (1987) Heft 3, S. 235-242 [Beschreibung der Bestandsgeschichte, Kurzcharakterisierung des Bestandes und der Benutzbarkeit]

Festschrift zum 400-jährigen Jubiläum des Staatlich-Städtischen Gymnasiums zu Bielefeld. Bielefeld 1958

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Henniges, P. Diodor: Geschichte des Franziskanerklosters zu Bielefeld. Düsseldorf 1910, S. 109-111 [Verzeichnis der in der Gymnasialbibliothek befindlichen Bücher, die mit den Zeichen " Conventus Bilfeldensis" versehen sind]

Knaus, Hermann: Einbände von Johannes Fogel in Düsseldorf und Bielefeld. In: Gutenberg-Jahrbuch 1956 [S. 315 ff. über den Einband des Erfurter Sentenzenkommentars]

Trüber, Heinrich: Dem Andenken Theodor Bertrams. Gestorben 2. Oktober 1917. Kostbarkeiten der Bielefelder Gymnasialbibliothek. In: Bielefeld. Bielefeld 1927 [mit Hinweisen auf die Bestände an Frühdrucken, die Druckorte des 15. und 16. Jhs und die Miscellanbände des 19. Jhs]

Stand: März 1990

Holger Flachmann


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.