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Sakristeibibliothek St. Johannis

Die Bibliothek befindet sich als Depot in Schweinfurt in der Bibliothek Otto Schäfer.

Adresse: Judithstraße 16, 97422 Schweinfurt [Karte]
Telefon: (09721) 3985
Telefax: (09721) 3984

Aktualisiert: Februar 2021, Thilo Liebe, LAELKB


Adresse. Martin-Luther-Platz 18, 97421 Schweinfurt [Karte]
Telefon. (09721) 2 35 85
Telefax. (09721) 2 16 57

Unterhaltsträger. Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde St. Johannis, Schweinfurt
Funktion. Kirchenbibliothek.
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek; Benutzung nur nach Absprache mit dem Dekanat. Leihverkehr: nicht angeschlossen.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Über die Ursprünge der Sakristeibibliothek gibt es keine genauen Angaben. Falls Schweinfurt, wie zu vermuten ist, bereits im Mittelalter eine kirchliche Bibliothek besaß, wurde diese während des sogenannten " Zweiten Stadtverderbens" 1554 im Markgräflerkrieg zerstört.

1.2 Beim Wiederaufbau der Reichsstadt investierte der Rat, der 1542 die Reformation in der Stadt eingeführt hatte, auch in eine Kirchenbibliothek. Das älteste schriftliche Zeugnis für deren Existenz sind städtische Rechnungen aus dem Jahr 1575. Der früheste Zuwachs erfolgte 1558 durch den Bamberger Domstiftsvikar Wolfgang Schopper, der 43 Bde stiftete (s. Eintrag Stadtarchiv und Stadtbibliothek Schweinfurt, 1.2). Die Bibliothek umfaßte nach Angaben des Katalogs von 1624 insgesamt 349 Bücher, überwiegend theologische Schriften, aber auch historische (74), philosophische (21), juristische und medizinische (je 7). Weitere Zuwächse sind im Eintrag Stadtarchiv Schweinfurt (s. dort 1.3) verzeichnet. Die unter städtischer Aufsicht stehende Kirchenbibliothek wurde 1664 von der St. Johanniskirche ins Rathaus überführt und mit der dortigen Kanzleibibliothek zur Ratsbibliothek (heute Stadtarchiv und Stadtbibliothek) vereinigt. Offenkundig blieben einige zum Gebrauch der Pfarrer bestimmte, theologische Bücher in St. Johannis zurück. Dieser nur noch teilweise identifizierbare Bestand bildete die Grundlage der Sakristeibibliothek.

1.3 Der weitere Aufbau wurde im wesentlichen durch Schenkungen ermöglicht. Unter den finanziellen Zuwendungen ist vor allem die 1695 vom damaligen, dem Pietismus nahestehenden Schweinfurter Oberpfarrer Johann Wilhelm Barger (1640-1698) eingerichtete Stiftung zu nennen. Der Zinsertrag jedes dritten Jahres war zur Hälfte zum Ankauf theologischer Bücher für die Bibliothek bestimmt. Von diesen Beträgen, in Höhe von jeweils etwa 30 Gulden, wurden, wie handschriftliche Vermerke in mehr als 40 Büchern zeigen, im 18. und 19. Jh biblische und kirchengeschichtliche Werke angeschafft. Für gezielte Neuerwerbungen stand ansonsten jedoch wenig Geld zur Verfügung. Die kirchlichen Rechnungsbücher des späten 17. Jhs weisen nur unter der Rubrik " Andere gemeine Ausgaben" vereinzelt Zahlungen an Buchdrucker für neue Bücher aus. Ein großer Teil des Bestandes stammt aus dem Privatbesitz Schweinfurter Bürger, wie aus zahlreichen alten Besitzvermerken und Exlibris (z. B. von Hermann H. Frey und Johann Höfel) erkennbar ist. Diese Bücher gelangten oft auf Umwegen und meist durch Schenkung in die Bibliothek. Der Charakter der Sakristeibibliothek ist demzufolge mehr durch Zufall als durch langfristige Konzeption geprägt.

1.4 Die Bibliothek war die meiste Zeit in der Sakristei der St. Johanniskirche untergebracht. Dadurch war sie den Pfarrern, zu deren Gebrauch sie bestimmt war, leicht zugänglich. 1884 wurde sie in einen Raum über der Sakristei verlegt. Trotz eines Bombenabwurfs auf die Kirche wurde die Bibliothek im Zweiten Weltkrieg nur wenig beschädigt. Später wurde der Bestand nicht mehr vermehrt. Heute ist die Bibliothek im Dachgeschoß des Pfarrhauses neben der Kirche untergebracht, wo früher schon einmal eine Zeitlang die Kirchenbibliothek aufgestellt war.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Bei einem Gesamtbestand von 2162 Bdn umfaßt die Bibliothek 1340 Titel in 1425 Bdn aus dem 16. bis 19. Jh. Hinzu kommen Dissertationen und Disputationen, Leichenpredigten und Ephemera (zusammen 2574 Titel) und etwa 400 Bde Zeitschriften und Amtsblätter des 19. Jhs. Die Zahlen wurden, unter Hinzuziehung des Katalogs von 1959, durch Auszählen ermittelt. Von den 1340 Titeln stammen 49 aus dem 16. Jh und 199 aus dem 17. Jh. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem 18. und 19. Jh mit 472 und 620 Titeln. Mit mehr als 1000 Titeln (80 Prozent) überwiegen die deutschsprachigen Schriften. Etwa 20 Prozent der Werke sind in Latein geschrieben, während andere Fremdsprachen nur sporadisch vertreten sind.

2.2 Als Grundlage für die Bestandsbeschreibung dient der maschinenschriftliche Katalog von 1959, der allerdings keine konsequente Systematik erkennen läßt. So sind etliche der überwiegend theologischen Schriften nach dem Format gruppiert: " Foliobände" (58 Titel), " Ältere theologische Literatur im Quartformat" (170 Titel, meist aus dem 17. und 18. Jh) und " Theologische, kirchengeschichtliche und literarische Werke im Oktavformat" (100 Titel).

2.3 Soweit die Bücher nach sachlichen Gesichtspunkten geordnet sind, entspricht ihre Einteilung weitgehend der Funktion der Bibliothek. Es finden sich Bibeln (82 Titel), Kommentare (10 teils mehrbändige Werke), Gesangbücher (80, darunter mehrere Dubletten), Katechismen (22), Predigtliteratur (134) und Agenden (52), Gebrauchsliteratur für einen evangelisch-lutherischen Pfarrer.

2.4 Während diese Gruppen zumeist theologische Standardwerke umfassen, weist die unter dem Stichwort " Schweinfurt" subsumierte Literatur auch seltenere Werke auf. Dazu zählen einige Schriften zur Schweinfurter Geschichte (102 Titel). Größeren Seltenheitswert haben die Werke von Schweinfurter Autoren (81 deutsche und lateinische Titel, überwiegend aus dem 17. Jh). Darunter finden sich einige Schriften des Stadtpfarrers Hermann H. Frey (1549-1599), theologische Werke des Pfarrers und späteren Nürnberger Superintendenten Johann Schröder (1572-1621) und biblisch-theologische Abhandlungen des Superintendenten Caspar Heunisch (1620-1690). Hinzu kommen mehrere Bände mit Predigten von Schweinfurter Pfarrern (insgesamt 122 Titel).

2.5 Theologiegeschichtlich interessant sind die lateinischen Dissertationen und Disputationen (983 Titel), die, bis auf wenige Ausnahmen (16 Titel aus dem 16. Jh), Fragestellungen des 17. und 18. Jhs behandeln. Bei den Universitäten dominieren Tübingen und Jena; unter den Professoren finden sich vor allem Vertreter der lutherischen Orthodoxie und des Pietismus: Christoph M. Pfaff (1686-1760), Christian Eberhard Weismann (1677-1747), Johannes Musäus (1613-1681), Johann Gerhard (1582-1637), Johann Wilhelm Baier (1647-1695) u. a. Etwa 20 Prozent der Disputationen sind Arbeiten des akademischen Nachwuchses in Schweinfurt. Aus dem 17. und 18. Jh stammen auch die meisten, Schweinfurter Persönlichkeiten betreffende, Ephemera, die insgesamt 1111 deutsche und 162 lateinische Titel umfassen (Gratulationen, Hochzeitsgedichte, Trauergedichte und Programme des Gymnasiums). Bei den Leichenpredigten (318 Titel, ohne Dubletten) liegt das Schwergewicht auf dem 17. Jh (217 Titel). Sie sind vorwiegend von lokalem Interesse, was ebenfalls für das Gros der etwa 400 Zeitschriftenbände gilt (darunter z. B. die " Intelligenzblätter"), die nur teilweise in den Katalog aufgenommen wurden.

3. KATALOGE

Katalog der Sakristeibibliothek

[grobsystematischer Katalog, mschr., 1959 von dem Genealogen Edmund Ries erstellt; dem Katalog entspricht auch die jetzige Aufstellung der Bücher, s. o. 2.2]

Verzeichnis der Leichenpredigten in der Sakristeibibliothek St. Johannis in Schweinfurt

[alphabetisch, von Anton Oeller angelegt]

Autoren- und Sachregister

[1912; hschr.; von Dr. Max Ludwig]

Register der Leichenpredigten

[von Dr. Max Ludwig]

Die Bestände sind nicht im Bayerischen Zentralkatalog nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Archivalische Unterlagen speziell zur Sakristeibibliothek sind, soweit bekannt, nicht vorhanden. Den Kirchen-Rechnungsbüchern der Jahre 1659 ff. lassen sich jedoch einige Informationen über Neuerwerbungen der Bibliothek entnehmen. Auch die ebenfalls handschriftlichen Pfarrbeschreibungen von 1835 und 1865 enthalten Hinweise auf den Bestand, bzw. auf das Barger'sche Legat und den Aufbewahrungsort der Bibliothek.

4.2 Darstellungen

Beck, Heinrich Christian (Hrsg.): Geschichte und Biographien. Die Stipendien in Schweinfurt. Schweinfurt 1854 [zum Barger'schen Legat S. 13 f.]

Oeller, Anton: Die Sakristeibibliothek des Evange- lisch-lutherischen Pfarramts Schweinfurt. In: Schweinfurter Heimatblätter 20 (1951) S. 46-47

Moritz, Else-Marie: Die Bibliothek der freien Reichsstadt Schweinfurt. Schweinfurt 1959 (Veröffentlichungen des Historischen Vereins und Stadtarchivs Schweinfurt 6) [vereinzelte Angaben zur früheren Kirchenbibliothek]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

" Hatten zum Wort Verlangen". 450 Jahre Evangelische Kirche in Schweinfurt. Ausstellung zum Reformationsjubiläum 16. Oktober 29. November 1992 Halle Altes Rathaus Schweinfurt. Schweinfurt 1992

Petersen, Kathi (Hrsg.): " Singet dem Herrn ein neues Lied". Katalog zur Gesangbuch-Ausstellung in St. Johannis Schweinfurt 22. November 3. Dezember 1989 [mschr. vervielfältigt]

Petersen, Kathi; Müller Uwe; Drescher, Georg (Hrsg.): " Das Wort sie sollen lassen stahn" Bibeln aus Schweinfurter Bibliotheken. Ausstellung im Gunnar-Wester-Haus und in der St. Johanniskirche 31. Oktober 1. Dezember 1996 und in der Bibliothek Otto Schäfer 3. Dezember 1996 2. Februar 1997. Schweinfurt 1996 (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schweinfurt 11) Treier, Albert: Alte Schweinfurter Bücherzeichen Exlibris. Mainfränkische Hefte 12 (1951)

Stand: November 1990

Kathi Petersen

(ergänzt 1997)


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.