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Sorbische Zentralbibliothek - Serbska centralna biblioteka

Adresse. Bahnhofstr. 6, 02625 Bautzen; [Karte]
Postfach 1348, 02603 Bautzen
Telefon. (03591) 4972-0
Telefax. (03591) 4972-14
Bibliothekssigel. <Bn1>

Unterhaltsträger. Sorbisches Institut e. V.
Funktion. Institutsbibliothek.
Sammelgebiete. Sorbische und die Sorben betreffende Publikationen; geisteswissenschaftliche Fachliteratur insbesondere aus den Gebieten Sprach-, Literatur- und Geschichtswissenschaft; Lusatica.

Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek mit Präsenzbestand im Lesesaal. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8-15.30 Uhr. Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergeräte.
Hinweise für anreisende Benutzer. Fußwegnähe (5 bzw. 10 Minuten) von Bahnhof und Busbahnhof. A 4 (E 40), Ausfahrt Bautzen-West; B 6 ab Dresden.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Der historische Bestand der heutigen Sorbischen Zentralbibliothek geht auf zwei Sammlungen zurück: die Sorbische Bibliothek der 1847 in Bautzen gegründeten wissenschaftlich-kulturellen Gesellschaft Macica Serbska und die 1952 erworbene, an alten Sorabica reiche Privatbibliothek des Literatur- und Kulturhistorikers Ota Wicaz-Lenn aus Stollberg (Erzgebirge). Seit Mitte des 19. Jhs hatte die Macica Serbska sowohl sämtliche sorbischsprachigen Neuerscheinungen als auch frühe sorbische Drucke zu sammeln begonnen. Den Bestand von ca. 18.000 Bdn erschloß Jakub Wjacslawk (Jatzwauk, 1885-1951), Bibliothekar an der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden, im Katalog der Wendischen Abteilung der Bibliothek der Gesellschaft Macica Serbska ( Bautzen 1924). Den historischen Bestand verdankt die Bibliothek u. a. Übereignungen von Gelehrten wie Korla Awgust Jenc (1828-1895), Michal Hórnik (1833-1894) und Arnost Muka (1854-1932).

1.2 Neben anderen sorbischen Vereinigungen wurde die Macica Serbska 1937 von den Nationalsozialisten verboten. Ihre Museums-, Archiv- und Bibliotheksbestände wurden aufgelöst und zum großen Teil vernichtet. Gerettet werden konnten ca. 3000 Bdn vorwiegend ältere religiöse Schriften, seltene Sprachdenkmäler und nach 1848 herausgegebene Macica-Editionen. Dieser Restbestand bildete den Grundstock einer Bibliothek, die 1948 zunächst als Abteilung dem Serbski zarjad (Sorbisches Volksbildungsamt) in Bautzen unterstellt wurde und 1949 die Bezeichnung Sorbische Zentralbibliothek erhielt. Der Name geht auf einen nicht realisierten Vorschlag von Korla Awgust Jenc zurück, der 1848 die Zusammenführung verschiedener sorbischer Vereinsbibliotheken in Bautzen und Breslau unter das Protektorat der Macica Serbska empfohlen hatte.

1.3 Im Jahre 1951 wurde die Bibliothek dem neugegründeten Institut für sorbische Volksforschung in Bautzen zugeordnet, welches 1954 der Deutschen Akademie der Wissenschaften unterstellt wurde. Der Bibliothek obliegen seither die Erwerbung, Erschließung und Bereitstellung der gesamten sorbischsprachigen Literatur und der Veröffentlichungen über die Sorben. Entsprechend dem Forschungsprofil des Instituts sammelt sie aber auch aktuelle geisteswissenschaftliche Fachliteratur, vor allem aus den Gebieten Sprach-, Literatur- und Geschichtswissenschaft und Ethnographie. Der historische Bestand konnte seitdem durch Übereignungen und Ankäufe aus den Privatbibliotheken von Bozidar Dobrucky, Bogumil Swjela, Jan Cyz, Pawol Nedo und Mercin Nowak-Njechornski um etliches erweitert werden.

1.4 Nach Auflösung des Instituts für sorbische Volksforschung (1991, gemäß Einigungsvertrag) wurde die Sorbische Zentralbibliothek unter Beibehaltung ihrer bisherigen Erwerbungsgrundsätze dem 1992 neugegründeten Sorbischen Institut e. V. zugeordnet. Ebenfalls dem Sorbischen Institut angeschlossen ist das Sorbische Kulturarchiv, das die Restbestände des ehemaligen Archivs der Macica Serbska, Nachlässe sorbischer Schriftsteller und Archivmaterial sorbischer Institutionen und Vereine, wie der Domowina, sammelt und verwaltet.

1.5 Folgende Sondersammlungen kamen seit den fünfziger Jahren an die Bibliothek: die Bibliothek des Literatur- und Kulturhistorikers Ota Wicaz-Lenn (1874-1952) mit ca. 1300 Bdn (darunter wertvolle sorbische Zeitschriften und Zeitungen, sorbische Editionen vom 18. Jh bis in die Nachkriegszeit), erworben 1952; die Bibliothek des Ethnographen Pawol Nedo (1908-1984) mit ca. 1400 Bdn (darunter seine bedeutende Märchensammlung slawischer Völker sowie Literatur zur Erzählforschung), erworben 1986; die Bibliothek des sorbischen Künstlers Mercin Nowak-Njechornski (1900-1990) mit ca. 2500 Bdn (sorbische Belletristik, Literatur zur bildenden Kunst, zur slawischen Mythologie, länderkundliche Literatur über die slawischen Völker). Diese 1991 erworbene Sammlung wird z. T. im zukünftigen Museum des Künstlers in Nechern ihren Platz finden.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Für die Beschreibung des historischen Bestandes standen keine alten Kataloge zur Verfügung. Die Aufstellung des Bestandes erfolgte bis auf die Sondersammlungen nach dem Numerus currens, was die Sichtung am Regal unmöglich machte. Den Bestandsangaben liegen Zählungen der katalogisierten Titel zugrunde. Die systematische Auswertung wurde aufgrund der bibliothekseigenen Systematik (aus den fünfziger Jahren) durchgeführt. Diese gliedert sich in 24 Hauptsachgruppen mit Schwerpunkt auf den Geistes- und Sozialwissenschaften.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Bei einem Gesamtbestand von ca. 70.000 Bdn beträgt der historische Bestand ca. 5000 Bde. Davon entfallen etwa 4450 auf das 19. Jh (90 Prozent). Acht Bände stammen aus dem 16. Jh, 50 aus dem 17. Jh und knapp 500 aus dem 18. Jh.

2.3 Etwa 40 Prozent des historischen Bestandes sind in sorbischer Sprache (überwiegend in Obersorbisch, zu 4 Prozent in Niedersorbisch). Ein Viertel des Bestandes sind Werke in deutscher Sprache. Ein beachtenswerter Teil (14 Prozent) sind Schriften in verschiedenen slawischen Sprachen (Tschechisch, Slowakisch, Polnisch, Russisch, Slowenisch, Serbokroatisch, Bulgarisch, fast nur aus dem 19. Jh). Von den frühen Titeln sind etliche in Latein (3 Prozent), einige wenige in Englisch und Französisch.

Systematische Übersicht

2.4 Der historische Bestand entspricht weitgehend der Entwicklung der sorbischen Sprache und Literatur. Unter den frühen Drucken aus dem 16. bis 18. Jh finden sich vorwiegend Werke religiösen Inhalts in den beiden schriftsprachlichen Varianten des Obersorbischen (katholische und evangelische) und des Niedersorbischen. Darunter befinden sich Albin Mollers niedersorbisches Gesangbuch mit Katechismus von 1574, das älteste sorbische Buch überhaupt, und die schriftsprachlich bedeutsamen Übersetzungen von Michal Frencel und Jurij Hawstyn Swetlik vom Ende des 17. Jhs. Die religiöse Literatur ist auch unter den Werken des 19. Jhs, sowohl in sorbischer Sprache als auch in anderen Sprachen, stark vertreten (insgesamt 40 Prozent des Bestandes). Geschichtsdarstellungen aus dem 18. und 19. Jh konzentrieren sich vor allem auf die Literatur über die Lausitz darunter Arbeiten der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz -, umfassen aber auch Werke zur Geschichte Sachsens.

2.5 Die alten sorbischen Grammatiken aus dem 17. bis 19. Jh, z. B. von Ticin, Matthaei, Hauptmann, Seiler, sowie Sprachlehren zu anderen Sprachen, darunter eine Ausgabe der seltenen slowenischen Grammatik von Adam Bohorizha (1584), sowie alte Wörterbücher gehören zum Bestand an sprachwissenschaftlicher Literatur.

2.6 Etwa ein Zehntel des historischen Bestandes stellt die schöngeistige Literatur. Bis auf die frühen Anfänge bei Jurij Mjen im 18. Jh stammt sie aus dem 19. Jh. Es finden sich die Originalausgaben von Handrij Zejler, Jan Wjela-Radyserb, Jakub Bart Cisinski, Mato Kosyk u. a., die die sorbische nationale und kulturelle Emanzipation repräsentieren. Belletristische Werke in anderen Sprachen liegen fast nur aus dem 19. Jh vor. Als größere Einheit verdient auch die volks- und völkerkundliche Literatur aus dem 18. und 19. Jh hervorgehoben zu werden.

2.7 Besonders erwähnenswert sind die kompletten Jahrgänge von sorbischen Zeitschriften und Zeitungen des 19. Jhs

Serbski powedar a kurer, Tydzenska nowina, Serbske nowiny, Casopis Macicy Serbskeje, Luzican, Luzica -, eine der wichtigsten Quellen für die sorbische Geschichtsforschung.

3. KATALOGE

3.1 Allgemeine Kataloge

Alphabetischer Zettelkatalog

[Erscheinungsjahre bis 1974 nach PI, ab 1975 nach RAK]

Systematischer Katalog

[nach hauseigener Systematik in 24 Sachgruppen]

3.2 Sonderkataloge

Zeitschriftenauswertung

[Auswertung sorbischer und einiger deutscher Zeitungen und Zeitschriften im Hinblick auf sorbische oder die Lausitz betreffende Thematik; unvollständig; 1975 abgebrochen]

Ortskatalog

[erfaßt Literatur zu Ortschaften der Lausitz; sporadisch aufgenommene Hinweise aus Zeitschriften und Monographien; unvollständig; 1975 abgebrochen]

Personalkatalog

[Veröffentlichungen über sorbische Persönlichkeiten oder solche, die in Beziehung zu den Sorben und der Lausitz traten, wurden aufgenommen; relativ unvollständiger und subjektiv geführter Katalog; 1985 abgebrochen]

Als unentbehrliche Orientierungshilfe im historischen Bestand dient die Wendische (Sorbische) Bibliographie (Leipzig 1929) von Jakub Wjacslawk (Jatzwauk). 2. erw. Aufl. Berlin 1952

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Förster, Frank: Die sorbische Zentralbücherei am Institut für sorbische Volksforschung in Bautzen. In: Der Bibliothekar 15 (1961) Heft 6, S. 648-649

Walde, Martin: Die Entwicklung der sorbischen Zentralbibliothek seit ihrer Zuordnung zum Institut für sorbische Volksforschung. Abschluß-Hausarbeit an der Fachschule für wissenschaftliches Bibliothekswesen Leipzig. Bautzen 1975

Jurk, Annerose: Gegenwärtiger Stand und Perspektive des Bestandsaufbaus und der Bestandserschließung der Sorbischen Zentralbibliothek. Abschluß-Hausarbeit an der Fachschule für wissenschaftliches Bibliothekswesen Leipzig. Bautzen 1980

Zschornack, Eva-Maria: Zur Entwicklung des sorbischen Bibliothekswesens, dargestellt an ausgewählten Bibliotheken. In: Serbska sula 33 (1980) Heft 11, S. 21-34

Gardos, Isolde; Musiat, Siegmund: Sorbische Zentralbibliothek und Sorbische Bibliographie im Dienst der Wissenschaft und Praxis ... In: 30 Jahre Institut für sorbische Volksforschung.

Bautzen 1981, S. 76-83

Stand: Januar 1993

Franz Schön


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.