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Kirchenbibliothek an St. Marien

Adresse. Mühlenstr. 89, 17098 Friedland [Karte]
Telefon. (039601) 2 04 80

Unterhaltsträger. Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Friedland
Funktion. Ruhende Traditionsbibliothek.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Schriftliche Anmeldung erforderlich. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benutzer. Bahnverbindung bis Neubrandenburg bzw. bis Anklam, vom jeweiligen Bahnhof Busverbindung nach Friedland, von dort Fußwegnähe (10 Minuten). A 11 (E 28), Ausfahrt Prenzlau, B 198 Richtung Neubrandenburg, vor Neubrandenburg abzweigen auf B 197 in Richtung Anklam. B 96 (E 251) bis Neubrandenburg, B 197 bis Friedland. Parkplätze vorhanden.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Der ansehnliche Bestand an Drucken des 15. Jhs mit einem starken juristischen Anteil deutet darauf hin, daß schon im späten Mittelalter in Friedland eine Kirchenbibliothek vorhanden war. Ein größerer Teil der Bände wurde, nach den Einbänden zu urteilen, in Magdeburg und in einem Fall von Anton Koberger in Nürnberg erworben. In einem Band findet sich die Eintragung " domus praedicantum", deren Bedeutung bisher nicht geklärt ist. Friedland war Sitz des Archidiakonats des Bistums Havelberg für das Land Stargard, das 1304 unter mecklenburgische Herrschaft kam. Vielleicht erklärt sich daraus die große Anzahl juristischer Werke. Die Kirche in Friedland hatte schon damals ansehnlichen Landbesitz. Geistige Interessen wurden auch durch die Existenz einer städtischen Lateinschule seit dem Jahr 1429 gefördert.

1.2 Schon 1531, vor der offiziellen Einführung der Reformation in Mecklenburg auf dem Landtag zu Sternberg im Jahre 1549 und dem Erlaß der Kirchenordnung im Jahre 1552, wurde der erste lutherische Prediger in Friedland berufen. 1551 wurde für die Kirchengemeinde der Jesaja-Kommentar von Johannes Brenz angeschafft. 1580 erhielt die Kirchenbibliothek von Herzog Ulrich von Mecklenburg (1528-1603, reg. ab 1547) ein Exemplar der Formula Concordiae. Besitzeintragungen beweisen, daß einige Bände der Bibliothek von dem Pfarrer Johannes Schmidt (Fabricius) stammen, der 1581 bis 1584 in Friedland wirkte. Da der Bibliothek aus dem Ertrag der Liegenschaften offenbar ständig durch das dafür zuständige Kirchenökonomie-Collegium Mittel zur Verfügung gestellt wurden, erfuhr sie bis etwa 1930 eine kontinuierliche Bestandserweiterung. Vorläufige Einblicke haben ergeben, daß die Vermehrung auch durch Nachlässe von Pfarrern und die Bildung eines Lesezirkels für die Präpositur Friedland zustandegekommen ist.

1.3 Ältere Aufstellungsordnungen und Kataloge sind leider verloren gegangen. Pfarrer Friedrich Karl Jonat (1902-1955) nahm zwischen 1950 und 1954 eine Ordnung und Neuaufstellung der Bibliothek in der Sakristei vor. Gegenwärtig ist man bemüht, ein vollständiges Inventarverzeichnis anzulegen, das auch die wichtigsten bibliographischen Angaben enthält. Das Verzeichnis hat gegenwärtig 2478 Nummern, die sich auf die vorhandenen Bände beziehen. Die Auszählung ergab, daß nur mit etwa 1600 Titeln zu rechnen ist. Der Inhalt der Konvolute ist bisher noch nicht erfaßt.

1.4 Etwa 50 der wertvollsten Bände sind nach einer Katalogisierung durch Georg von Buchwald aus dem Jahre 1884 von der damaligen Großherzoglichen Bibliothek in Neustrelitz in Verwahrung genommen worden. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Bände in Kellerräumen des Schlosses verwahrt. Sie haben den Brand im Jahre 1945 überstanden, wurden aber z. T. bei Plünderungen beschädigt. Nach der Auflösung der Bibliothek in Neustrelitz wurde das Depositum 1950 von der Mecklenburgischen Landesbibliothek in Schwerin übernommen, im Jahre 1978 aber an die Landeskirche zurückgegeben und von dieser mit Zustimmung der Gemeinde zunächst in Schwerin und seit 1987 als Depositum im Archiv des Oberkirchenrates in Rostock verwahrt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die insgesamt 1454 Titel verteilen sich auf 43 Inkunabeln, 125 Titel des 16. Jhs, 106 des 17. Jhs, 385 des 18. Jhs und 795 des 19. Jhs.

2.2 Es überwiegen die Titel in deutscher Sprache (insgesamt 1109) gegenüber den lateinischen (277) und denen in anderen Sprachen. Die 43 Inkunabeln sind ausschließlich in lateinischer Sprache. Auch bei den 125 Titeln des 16. Jhs überwiegen die lateinischen (79) gegenüber den deutschsprachigen (34). Bei den 106 Titeln des 17. Jhs herrschen weiterhin die lateinischen Werke vor (65); deutsch sind 29. Im 18. Jh mit insgesamt 385 Titeln kehrt sich das Verhältnis zwischen deutschen und lateinischen Werken um. Nun überwiegen die deutschsprachigen Werke (295 Titel), während das Lateinische nur noch mit 73 Titeln vertreten ist. Im 19. Jh (795 Titel) dominiert die deutsche Sprache (751 Titel). Das Lateinische ist nur noch minimal vertreten (17 Titel).

2.3 Erstaunlicherweise finden sich nur 4 niederdeutsche Drucke, dafür im Zusammenhang mit den Bibelausgaben und der Bibelwissenschaft 21 griechische, 11 hebräische, ein hebräisch-griechischer Titel und eine Polyglotte, außerdem Lexika und Grammatiken in deutscher Sprache zum Hebräischen (5 Titel), Griechischen (2) und Lateinischen (5). Daneben existieren Grammatiken und Wörterbücher in Latein und Griechisch (5 Titel), zu den Sprachen Hebräisch (3), Aramäisch (einer) und Syrisch (einer). Auch die französischen (3 Titel) und englischen Texte (3) gehören zum Bereich Bibelausgaben und Bibelwissenschaft. Ein französischer und ein arabischer Titel befassen sich mit der jeweiligen literarischen Überlieferung.

Systematische Übersicht

2.4 Der Bestand an Bibelausgaben ist ansehnlich. Aus allen Jahrhunderten stammen Texte in den Originalsprachen (insgesamt 33 Titel). Daneben sind 17 lateinische Bibelausgaben vorhanden, davon eine mit deutscher Übersetzung, 13 deutsche Übersetzungen (11 hochdeutsche und 2 niederdeutsche). Die niederdeutschen Ausgaben stammen aus dem 16. Jh. Ähnlich umfangreich ist die Gruppe der Bibelauslegungen mit 217 Titeln, davon 146 in deutscher, 68 in lateinischer und 3 in englischer Sprache. Das bibelwissenschaftliche Interesse zeigt sich schon im 15. Jh durch die Anschaffung von Bernardus de Breidenbachs Transmarinae Peregrinationes ad sepulchrum dominicus in Hierusalem (Speyer: Petrus Drach 1490). Die philologische Literatur, mit 4 Ausnahmen durchgehend Grammatiken (18 Titel) und Lexika (2), dient der Erschließung der biblischen Urtexte.

2.5 Zum Quellenmaterial der Kirchengeschichte sind die Ausgaben der Kirchenväter zu rechnen (19 Titel, davon 13 in lateinischer und 6 in deutscher Sprache). Die lateinischen Texte stammen überwiegend aus dem 16. Jh. Die meisten Gesamtausgaben der Schriften der Reformatoren (insgesamt 15 Titel) sind Luther gewidmet (13), daneben Georg Maior und Jean Calvin. Die lutherischen Bekenntnisschriften erscheinen in vielen Ausgaben (insgesamt 18 Titel, davon 8 in lateinischer, 8 in deutscher, einer in niederdeutscher Sprache und einer deutsch-lateinisch. Das Interesse für Kirchengeschichte war besonders im 19. Jh groß (118 Titel), zeigt sich aber auch schon im 18. Jh (51 Titel). Aus dem 16. Jh besitzt die Bibliothek Antonius Gallonius' De sanctorum martyrum cruciatibus ... cum figuris in aere incisis (Paris: Cramoisy 1560). Insgesamt gehören dazu 190 Titel, davon 164 in deutscher und 26 in lateinischer Sprache. Ein kleiner Bestand von 6 deutschen Titeln aus dem 18. und 19. Jh ist der Religionsgeschichte zuzurechnen.

2.6 Zum Bereich der Systematischen Theologie sind zunächst die dogmatischen Werke zu zählen (insgesamt 164 Titel, davon 124 deutsche und 40 lateinische), ferner auch die ethischen (insgesamt 30 Titel, davon 23 deutsche und 7 lateinische). Die Kontroversliteratur des 16. und 17. Jhs (9 Titel) scheint kein großes Interesse gefunden zu haben, dagegen ist der apologetische Ansatz des 17. und 18. Jhs mit 72 Titeln stärker ausgeprägt. Von den 81 Titeln sind 73 in deutscher, 8 in lateinischer Sprache.

2.7 Die Quellenwerke der Praktischen Theologie sind in unterschiedlichem Maße vorhanden. Neben 20 Agenden, davon 14 in deutscher und 6 in lateinischer Sprache, darunter das Missale Brandenburgense (Nürnberg: Georg Stuchs 1494), finden sich 27 deutsche Gesangbücher, 152 Predigtbände, davon 148 in deutscher, 4 in lateinischer Sprache, 32 deutschsprachige Erbauungsschriften sowie 13 Katechismen (12 deutsch, einer lateinisch). Die theoretischen Werke zur Praktischen Theologie, die bis auf eine Ausnahme sämtlich in deutscher Sprache abgefaßt sind, weisen 19 Titel zur Pastoraltheologie und Rhetorik auf, 9 zur Liturgik, 5 zur Hymnologie, 7 zur Homiletik, 18 zur Katechetik, 3 zur Inneren Mission und 16 zur Äußeren Mission.

2.8 Unter den kirchenrechtlichen Werken (43 Titel, davon 29 deutsch, 14 lateinisch) befinden sich 11 lateinische Inkunabeln. Das gleiche gilt für die allgemeine Rechtsliteratur mit 35 Titeln (davon 20 deutsch, 15 lateinisch); auch hierunter sind 11 lateinische Inkunabeln.

2.9 Die Nachbargebiete der Theologie sind in der Regel nur mit kleineren Gruppen vertreten. Eine Ausnahme bildet die Philosophie mit 37 Titeln, davon 32 in deutscher, 4 in lateinischer und einer in griechischer Sprache. Ein stärkeres Interesse ist erst im 18. Jh (11 Titel) und im 19. Jh (21) bemerkbar. Der Bestand zur Geschichte und Kunstgeschichte verteilt sich gleichmäßiger auf die Jahrhunderte (87 Titel, davon 74 deutsch und 13 lateinisch). Die stärkste Vermehrung hat aber auch hier im 18. Jh (45 Titel) und 19. Jh (31) stattgefunden.

2.10 Kleineren Umfang haben die Gruppen Pädagogik (14 deutsche Titel, davon 3 aus dem 18. Jh, 11 aus dem 19. Jh) und antike Literatur (18 Titel, davon 6 aus dem 16. Jh, 14 in lateinischer Sprache, 2 in griechischer und einer in arabischer Sprache sowie eine Übersetzung ins Deutsche). Nur 2 Titel sind zur neulateinischen Literatur zu rechnen, 8 zur neueren deutschen und einer zur französischen Literatur. Das Interesse an der Naturwissenschaft (7 Titel, davon 5 lateinische, 2 deutsche) war erstaunlicherweise im 15. Jh am stärksten (4 Titel). Ein Werk aus dem 17. Jh beschäftigt sich in deutscher Sprache mit Befestigungsarchitektur.

2.11 Der Bestand an Zeitschriften umfaßt 33 Titel aus allen Gebieten der Theologie, des Rechts und des Kirchenrechts. Aus dem 17. und 18. Jh stammen z. B. die Bibliothèque ecclésiastique (1693), die Acta historico-ecclesiastica (ab 1735) und die Religionsbegebenheiten (ab 1783). Die meisten erschienen aber im 19. Jh. Neun Sammelbände mit Disputationen und anderen Einzelschriften sind inhaltlich noch nicht erfaßt. Zur allgemeinen Unterrichtung wurden im 18. Jh 2 und im 19. Jh 5 enzyklopädische Werke angeschafft.

3. KATALOGE

3.1 Moderner Katalog

Inventarverzeichnis

[Kurztitelaufnahme, im ersten Teil mit einem Autorenalphabet]

Die Bestände sind nicht im Kirchlichen Zentralkatalog nachgewiesen.

3.2 Historischer Katalog

Katalog der aus der Friedländer Kirchenbibliothek bei der Grossherzoglichen Bibliothek zu Neustrelitz deponirten Bücher. Friedland i. Meckl. Jan. 1884

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Unterlagen zur Geschichte der Bibliothek befinden sich im Archiv der Kirchengemeinde Friedland und in den Akten des Oberkirchenrates der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs in Schwerin.

4.2 Darstellungen

Simonis, Enoch Friedrich: Vorhandene Nachricht von der im Stargardischen Kreyse des Hertzogthums Mecklenburg gelegenen Stadt Friedland. Neu-Brandenburg 1739

Piersig, Erhard: Kirchenbibliotheken im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs. o. O. o. J. [Ms., zur Bibliothek S. 35-37]

Stand: Mai 1995

Konrad von Rabenau


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.