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Bibliothek in der Stadtkirche St. Nikolai

Adresse. Evangelisch-Lutherisches Pfarramt, Kirchplatz 7, 04626 Schmölln [Karte]
Telefon. (034491) 8 21 08
Telefax. (034491) 8 21 08

Unterhaltsträger. Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Schmölln
Funktion. Spezialbibliothek.
Sammelgebiete. Theologie, Musik (Stimmbücher des 16. Jhs).

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche Anmeldung erforderlich. Zugverbindung von Gera und Altenburg. - A 4 (E 40), Ausfahrt Schmölln. Parkplatz Markt.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 In Schmölln, einem der ältesten Orte des Pleißengaues, bestand schon vor 1066 ein Benediktiner-Kloster, der spätgotische Bau der erstmalig in einer Urkunde von 1302 erwähnten Schmöllner Pfarrkirche wurde 1499 vollendet. Seit 1419 blieb die Stadt mit kurzer Unterbrechung im Besitz der Wettiner. Mit der Kirchenvisitation durch Georg Spalatin (1484-1545) wurde 1527 die Reformation eingeführt, als erster evangelischer Pfarrer nahm 1528 Johann Biedermann († 1550) seinen Dienst auf. Die Anfänge der Kirchenbibliothek fallen in das letzte Drittel des 16. Jhs, wie aus dem Einband von Philipp Melanchthons Corpus doctrinae Christianae (Jena 1570) hervorgeht, der mit der Prägung " Schmollen 1570" versehen ist. Der aus Kirchengeldern zum allgemeinen Gebrauch angeschaffte Band der Concordia (Dresden 1580) trägt den Aufdruck " Schmöllen 1580" und im Inneren Einträge von dem Altenburger Superintendenten Caspar Melissander an den Schmöllner Pfarrer Georg Hauenschilt (Haunschild; 1535-1596 oder 1597) und von dessen Nachfolger, Erhard Kobold († 1631); die Apologia (Dresden 1583) weist die Prägung " Schmollen 1584" auf.

1.2 Am 19. Oktober 1772 verwüstete ein großes Feuer die Stadt; dabei brannte die Kirche vollständig aus, die heiligen Gefäße und die Kirchenbibliothek aber wurden gerettet. Der Wiederaufbau zog sich hin, erst im Jahr 1800 war der Turm fertig. Die Kirchenbibliothek war 1847 in einem " gewölbten, verschlossenen Lokal" aufgestellt und enthielt " manches Bemerkenswerte", darunter als ältesten Druck ein Homiliarium von 1482 ( s. u. 2.1) und " alte, geistliche Compositionen" von Orlando di Lasso und Joachim a Burck ( s. u. 2.11). 1880 wurde die Kirche im neogotischen Stil ausgestattet, von 1984 bis 1995 erfolgte die letzte Restaurierung.

1.3 In der Kirchenbibliothek befinden sich auch Bücher aus der ehemals in die Kirche zu Groß-Stöbnitz gehörenden Diakonatsbibliothek. Eine in dem Olearius-Band Biblische Erklärung ( s. u. 2.2) vermerkte handschriftliche " Specificatio derer Bücher, so als ein Inventarium in der Diaconats Wohnung blieben" vom 23. Juli 1720 des Diakons Johann Christoph Schunn (1679-1754) führt 16 Bde auf, die heute noch vorhanden sind, als erstes die Altenburger Lutherausgabe; es folgen Schriften von Weller, Seckendorff, Olearius und Cyprian. Als weitere Provenienzen begegnen im Bestand der Lesezirkel der Superintendentur Ronneburg, die 1825 gegründete Schmöllner Bibelgesellschaft, der seit 1826 als Lesezirkel bestehende Pädagogische Verein der Geistlichen und Schullehrer und die 1832 gegründete Theologische Gesellschaft sowie die Singakademie und der Altertumsverein Schmölln.

1.4 Die traditionsreiche Kirchenbibliothek befindet sich heute noch an ihrem historischen Platz, wo sie zusammen mit dem Archiv aufgestellt ist. Das im Stempel verwendete Kirchensiegel stellt den hl. Nikolaus mit Stab und Buch dar.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Bibliothek zählt ca. 2400 Bde, davon gehören 881 Bde (37,2 Prozent) zum historischen Bestand: 16. Jh 74 Bde (8,4 Prozent), 17. Jh 95 (10,8 Prozent), 18. Jh 145 (16,5 Prozent) und 19. Jh 567 (64,3 Prozent). Hinzu kommen zwei Inkunabeln, ein Homiliarium (Speyer: Peter Drach jun. 1482; H 8789), das einst am Lesepult angekettet gewesen sein soll, und Sermones des Petrus de Lutrea ([Straßburg?] 1490). In deutscher Sprache liegen 857 Bde vor (97,3 Prozent), in Latein 24 (2,7 Prozent).

2.2 Die Gruppe Bibeln und Bibelkommentare enthält 41 Bde (4,7 Prozent; 17. Jh 11, 18. Jh 15, 19. Jh 15), darunter das Promptuarium biblicum oder Biblische Concordantien (Frankfurt a. M. 1627) von Paul Crell, Biblische Erklärung (Leipzig 1678-1681; " Kirch zu Stubnitz 1680") von Johannes Olearius, Apostolisches Licht und Recht (Halle 1729) von Joachim Lange und dessen Mosaisches (1732), Davidisch-Salomonisches (1737), Biblisch-Historisches (1739) und Prophetisches Licht und Recht (Halle 1744), sowie die Biblia parallelo-harmonico-exegetica (Freiberg, später Leipzig 1739-1764) von Christian Friedrich Wilisch.

2.3 Theologische und philosophische Schriften sind mit 89 Bdn (10,1 Prozent; 16. Jh einer, 17. Jh 13, 18. Jh 29, 19. Jh 46) im Bestand. Zu erwähnen sind die Altenburger Lutherausgabe (1661-1664) und die von Johann Georg Walch besorgte Werkausgabe Luthers (Halle 1740-1750), Botsaccus redivivus (Frankfurt und Leipzig 1678) mit den Schriften Johann Botsacks und einem Vorwort von Johann Adam Scherzer und Hieronymus Wellers Werke in deutscher (Leipzig 1702) und lateinischer (Leipzig 1702) Ausgabe.

2.4 Die Gruppe Geschichte, Kirchengeschichte (55 Bde, 6,2 Prozent; 16. Jh 3, 17. Jh 7, 18. Jh 14, 19. Jh 31) enthält Hermann von der Haardts Rerum concilii oecumenici Constantiensis (Frankfurt und Leipzig 1697-1698), die Historien und Bücher (Frankfurt a. M. 1711) und Sämmtliche Wercke (Tübingen 1736) des Flavius Josephus, Veit Ludwig von Seckendorffs Commentarius historicus et apologeticus de Lutheranismo (Frankfurt und Leipzig 1692), Ernst Salomon Cyprians Hilaria evangelica (Gotha 1719), die Nothwendige Verthaidigung der evangelischen Kirche wider die Arnoldische Ketzerhistorie (Frankfurt und Leipzig 1745) von Georg Grosch, die im Jahr des Erscheinens " auf Befehl" angeschafft wurde, Zacharias Theobalds Hussitenkrieg (Breslau 1750), Compendium antiquitatum Romanorum (Halle 1759) von Christoph Cellarius und Zur Glockenkunde Thüringens (Jena 1896) von Heinrich Bergner.

2.5 In der Gruppe Predigten und Erbauungsschriften sind 46 Bde (5,2 Prozent; 16. Jh einer, 18. Jh 21, 19. Jh 24) vorhanden, u. a. Evangelischer Hertzens-Schatz (Leipzig 1754) von Johann Quirsfeld, Sechs Bücher vom Wahren Christenthum (Hof 1767) von Johann Arndt und Predigtsammlungen von Franz Volkmar Reinhard, Jacob Saurin und Wilhelm Friedrich Stölzel. Unter den Gesang- und Gebetbüchern (66 Bde, 7,5 Prozent; 16. Jh einer, 17. Jh 44, 18. Jh 6, 19. Jh 15) finden sich ein Stundenbuch von 1563 (Titelblatt fehlt), Alte und neue geistliche Psalmen (Nürnberg 1657), Neues geistreiches Gesangbuch (Halle 1726), hrsg. von Johann Anastasius Freylinghausen, und David Gottfried Schöbers Geistlicher Lieder-Segen (Greiz 1749).

2.6 In der Gruppe Recht, Liturgie sind 44 Bde (5 Prozent; 16. Jh 2, 17. Jh 7, 18. Jh 15, 19. Jh 20) vorhanden, darunter die Agenda ... in Hertzog Heinrichen zu Sachsen ...

Fürstenthumb (Leipzig 1558), eine Wittenbergsche Kirchenordnung (Wittenberg 1566), Veit Dietrichs Agend-Büchlein für die Pfarrherren auff dem Land (Nürnberg 1569), Agenda (Altenburg 1705), Vollständiges Kirchenbuch (Leipzig 1718) und eine Altenburger Leihhaus-Ordnung vom 18. April 1768.

2.7 Die Gruppe Geographie (47 Bde, 5,3 Prozent; 19. Jh) enthält auch Missionsschrifttum. Im Bestand sind Leben und Nachrichten über Indien (Berlin 1831) von Reginald Heber, Die Donau-Reise und ihre schönsten Ansichten (Hildburghausen 1849) mit dem Text von Ludwig Bechstein, Die Schweiz (Karlsruhe 1836) von Heinrich Zschokke und Meyers Universum (Bd 2, 6. Aufl.-11, 1835-1844).

2.8 In der Gruppe Pädagogik und Schulwesen (10 Bde, 1,8 Prozent; 17. Jh einer, 19. Jh 9) findet sich eine kleine Sammlung von Schullesebüchern (20. Jh). Vorhanden sind Der Denkfreund (Gießen 1814) von Johann Ferdinand Schlez, Romanzen und Balladen (Leipzig 1842) von Friedrich Günther und Die klassische Poesie und die göttliche Offenbarung (Kaiserswerth 1898) von Julius Disselhoff.

2.9 Die Gruppe Nachschlagewerke, Wörterbücher, Kalender (130 Bde, 14,8 Prozent; 17. Jh 7, 18. Jh 40, 19. Jh 83) enthält u. a. das Lexicon graeco-latinum novum (Basel 1605) von Jacob Zwinger, Basilius Fabers Thesaurus eruditionis scholasticae (Leipzig 1735), hrsg. von Johann Matthias Gesner, und (ab 1693) Volkskalender aus Altenburg, Leipzig, Nürnberg und Zwickau.

2.10 Zeitschriften sind mit 150 Bdn (28,4 Prozent; 18. Jh 3, 19. Jh 147) im Bestand, darunter das Herzogl. Sachsen-Altenburgische Amts- und Nachrichtsblatt (1823-1904; mit Lücken), die Gesetz-Sammlung für das Herzogthum Altenburg (Jg. 1821 ff.), Altenburger Landtagsblätter (1848-1888), Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes (1867-1870) und Reichsgesetzblatt (1872-1915).

2.11 Musikalien und Stimmbücher sind in 97 Bdn überliefert (vorläufige Zählung, 11 Prozent; 16. Jh 66, 17. Jh 5, 19. Jh 26), ihre Herkunft ist noch ungeklärt. Die älteren Notendrucke (darunter zwei Sammeldrucke) stammen aus den Jahren zwischen 1564 und 1613. Sie enthalten Kompositionen von Joachim a Burck, Johann de Castro, Gallus Dressler, Johann Knöfel, Orlando di Lasso, Leonhard Lechner, Jakob Meiland, Valentin Neander, Georg Otto, Johann Baptist Serranus, Michael Tonsor und Nicolaus Zangius. Hinzu kommen Noten-Handschriften, darunter 4 Orgeltabulaturbücher (17. Jh) und ein Cantionale Smollense (19. Jh), bearbeitet vom Kollaborator Dietze. Notendrucke des 19. Jhs wurden u. a. von der Singakademie gebraucht, vorhanden ist z. B. Der Choralfreund (Jg. 1-7; Mainz, Paris und Antwerpen 1832), komponiert von Christian Heinrich Rinck.

3. KATALOGE

Bestandsverzeichnis des Archivs der evang. Kirchgemeinde Schmölln. I. Akten (S. 1-53). II. Bücher / Noten (S. 1-64). Beendet: Herbst 1970. Geordnet und aufgestellt durch Gerhard Klaus

[in Bandform, Bestandsliste; 24 Sachgruppen und Notenübersicht]

Spezialverzeichnis:

Stimmbücher des 16./17. Jhs. Aufgestellt 1970 von Gerhard Klaus [in Listenform]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Pfarrarchiv Schmölln. Bestandsverzeichnis des Archivs

4.2 Darstellungen

Löbe, Julius; Löbe, Ernst: Geschichte der Kirchen und Schulen des Herzogthums Sachsen-Altenburg. Bd 2. Altenburg 1887 [S. 17-23: Die Pfarrkirche zu St. Nicolai oder die Stadtkirche]

Die Localadjunctur und die Parochie Schmölln (Fortsetzung). In: Kirchen-Galerie des Herzogthums Sachsen-Altenburg. Lief[erung] 67. Dresden [um 1847] [S. 430 über Kirchenbibliothek]

Lehfeldt, Paul: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens. Bd 1. Herzogthum Sachsen-Altenburg. Amtsgerichtsbezirke Ronneburg und Schmölln. Jena 1895 [S. 420]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Ziegler, Reinold: Katalog der Musikaliensammlung der Stadtkirche St. Nicolai in Schmölln/Thüringen. Ein Beitrag zur Musiküberlieferung im 16. und 17. Jh in Mitteldeutschland [in Vorbereitung]

Stand: Oktober 1998

Felicitas Marwinski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.