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Bibliothek des Theologischen Seminars

Adresse. Kaiserstraße 2, 6360 Friedberg [Karte]
Telefon. (06031) 9465
Bibliothekssigel. <Fri 1>

Unterhaltsträger. Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Funktion. Seminarbibliothek; zur wissenschaftlichen Benutzung auch für Außenstehende zugänglich.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: Homiletik, Seelsorge, Allgemeine Theologie. 2. Besonderes Sammelgebiet: Gesangbücher.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Öffnungszeiten nach Vereinbarung. Leihverkehr: DLV, kirchl. Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Telefonische oder schriftliche Anmeldung erforderlich. S-Bahn-Verbindung ab Frankfurt, Fußwegnähe vom Bahnhof (ca. 15 Minuten). A 5, Ausfahrt Friedberg; A 45, Ausfahrt Florstadt.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das Theologische Seminar geht auf eine Gründung des Jahres 1837 zurück und war neben Loccum, Wittenberg, Herborn und Göttingen eines der ersten Predigerseminare Deutschlands. Im Januar 1836 wurde von den hessischen Landständen beschlossen, eine Summe von ca. 4000 fl. zur Errichtung eines Predigerseminars außerhalb der Universitätsstadt Gießen zu bewilligen. Daß es zur Bewilligung der Mittel kam, ist vor allem dem Engagement des Oberkonsistorialrates und späteren Prälaten D. Wilhelm Karl Köhler zu verdanken, der in seinen Reden vor den Landständen immer wieder auf die Notwendigkeit verwies, daß in der Ausbildung von Vikaren der Zusammenhang von Theorie und Praxis gewährleistet sein solle. In diesem Zusammenhang erscheint auch die Wahl des Standortes Friedberg nicht zufällig, bestand hier doch bereits ein evangelisches Lehrerseminar. Durch die Verbindung von Lehrer- und neugegründetem Predigerseminar sollte der Forderung nach größerer Praxisnähe entsprochen werden.

1.2 Bis zu der Fertigstellung des neuen Seminargebäudes im Jahre 1848 fand die Ausbildung in einem Seitengebäude der Burg Friedberg statt. Der Lehrbetrieb wurde zunächst von drei Professoren aufgenommen. Erster Direktor war Philipp Peter Crößmann (1793-1852), der neben seiner Lehrtätigkeit auch Friedberger Stadtpfarrer war. Ihm fielen die homiletischen Disziplinen zu, während sein Stellvertreter Ferdinand Friedrich Fertsch in Katechetik und Seelsorge unterrichtete. Diese drei Disziplinen stehen auch heute noch im Mittelpunkt der Vikarsausbildung am Friedberger Seminar. Aus dieser Tradition erklärt sich auch der Sammlungsschwerpunkt der Seminarbibliothek. Bereits im Jahre 1839 konnte durch die Aufnahme der Büchersammlung der Friedberger Burgkirchenpfarrei (ca. 350 Bde aus dem 16. und 17. Jh) der einzige wissenschaftlich-theologische Buchbestand Friedbergs in die neugegründete Seminarbücherei aufgenommen werden. Auch die Bewilligung von 1000 fl. zur Anschaffung von Büchern sollte zur Beseitigung des Defizites einer theologischen Bibliothek in Friedberg beitragen. Bereits im Jahre 1840, also drei Jahre nach der Gründung, war die Bibliothek auf den beachtlichen Bestand von etwa 1000 Bdn angewachsen.

1.3 Im Verlauf des 19. Jhs kam es neben der Erweiterung durch Ankäufe zu Schenkungen kleinerer Sammlungen und einzelner Bücher durch Gönner und ehemalige Schüler des Seminars. Allerdings wurden im ersten Zettelkatalog von 1895 diese Schenkungen nicht als geschlossene Sammlungen verzeichnet, sondern in den Bestand integriert. Eine wesentliche Erweiterung erfuhr der Altbestand 1951. Die Büchersammlung der Butzbacher Kugelherren wurde als Depositum in die Seminarbücherei aufgenommen; die genaueren Umstände der Übernahme sind nicht bekannt. Ungeklärt ist auch die Provenienz der Gesangbuchsammlung, die mit 550 Titeln eine weitere geschlossene Sondersammlung bildet. Träger des Seminars ist heute die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Die mittlerweile auf ca. 50.000 Bde expandierte Bibliothek befindet sich heute im 1980 renovierten und erweiterten Seminargebäude.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Die quantitativen Angaben der chronologischen und sprachlichen Übersicht wurden durch die Auszählung des Alphabetischen Kataloges gewonnen. Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Gesamtbestand der Bibliothek umfaßt ca. 50.000 Bde mit einem historischen Buchbestand von 10.700 Titeln, die sich wie folgt aufgliedern: eine Inkunabel, 365 Titel aus dem 16. Jh, 314 aus dem 17. Jh, 640 aus dem 18. Jh und 3779 Titel aus dem 19. Jh. Etwa 5500 Titel wurden im Katalog ohne Angabe des Druckjahres erfaßt, konnten jedoch aufgrund ihrer alten Signatur und einer stichprobenartigen Überprüfung als historische Bestände identifiziert werden. Es handelt sich dabei größtenteils um Titel aus dem 19. Jh sowie um ältere, aus den Beständen der Burgkirchenpfarrei und den Schenkungen stammende Titel.

2.2 Mit ca. 9800 Bdn dominiert die deutschsprachige Literatur. Weitere 900 Titel sind in lateinischer Sprache abgefaßt, wobei 194 auf das 16. Jh, 138 auf das 17. Jh, 42 auf das 18. Jh und 40 Titel auf das 19. Jh entfallen. Ferner wurden 483 Bde in Latein ohne Angabe des Druckjahres erfaßt. Weiterhin finden sich 8 hebräische Ausgaben, davon 7 aus dem 18. Jh und ein Titel aus dem 19. Jh. In griechischer Sprache umfaßt die Sammlung 38 Titel des 19. Jhs. An modernen Fremdsprachen finden sich 74 Titel in französischer Sprache (2 aus dem 17. Jh, 8 aus dem 18. Jh und 64 aus dem 19. Jh) sowie 21 englische Titel aus dem 19. Jh. Systematische Übersicht

2.3 Die quantitativen Angaben der systematischen Übersicht sind erhoben durch eine Hochrechnung am Regal. Die Bestände sind systematisch aufgestellt; es existiert jedoch kein Systematischer, sondern nur ein Alphabetischer Katalog.

2.4 In der Hauptabteilung Allgemeine Hilfsmittel finden sich neben 340 Wörterbüchern und Lexika Klassiker (125), etwa 315 Werke zur Pädagogik, zur Geschichte und Geographie (120) sowie 450 Bde theologischer Enzyklopädien.

2.5 Der Exegetischen Literatur sind zugeordnet: Bibelausgaben, Übersetzungen und Apokryphen (zusammen 160), 55 einleitende Schriften, 120 Werke zur Hermeneutik und Kritik, 200 zur Geschichte des Judentums und zur biblischen Archäologie, 180 Bde Exegetik des Alten und Neuen Testamentes sowie 220 Bde Bibelauslegung für Laien. Der Teilbereich Systematische Theologie umfaßt insgesamt 350 Bde zur Glaubens- und Sittenlehre sowie apologetische und polemische Literatur. Der Historischen Theologie lassen sich 590 Quellentexte und 1150 Bde zur Kirchengeschichte zuordnen.

2.6 Besonderer Stellenwert kommt der Abteilung Praktische Theologie zu, da sie den Ausbildungsschwerpunkt des Seminars bildet. Sie umfaßt 130 Bde Allgemeine Theologie, ca. 1000 Bde zur Katechetik, 270 Bde Liturgik, 55 zur Hymnologie sowie etwa 1900 Bde zur Homiletik. Weiterhin finden sich 250 Werke zur Seelsorge, weitere 250 zum Kirchenrecht und ca. 270 Bde zur Inneren und Äußeren Mission. Dem Stichwort Verschiedenes wurden 900 Werke zugeordnet, welche in erster Linie weltliche Themen wie Kunst, Musik und Belletristik umfassen.

2.7 Die Gesangbuchsammlung umfaßt 549 Titel, die von 4 französischen Ausgaben abgesehen aus dem deutschsprachigen Raum stammen. Auch hier dominiert das 19. Jh mit 323 Titeln; 125 Titel sind dem 18. Jh zuzurechnen, 16 stammen aus dem 17. Jh und 9 Gesangbücher aus dem 16. Jh. Viele Ausgaben stammen aus Hessen sowie aus benachbarten Regionen wie Thüringen.

2.8 Im Katalog nicht verzeichnet sind 23 Bde Musikalien mit Werken des Komponisten Johann Peter Briegel, leider teilweise schwer beschädigt. Die Bde aus dem 18. Jh stammen aus der Bibliothek der ehemaligen Friedberger Burgkirchenpfarrei. Die Bibliothek der Kugelherren

2.9 Der Schwerpunkt der ältesten Bestände in der Bibliothek des Theologischen Seminars liegt in der Sammlung der " Kugelherren" oder " Brüder vom gemeinsamen Leben". Es handelt sich um eine Glaubensgemeinschaft, die im 14. Jh in Holland gegründet wurde. Die Kugelherren lebten in einer mönchsähnlichen Gemeinschaft, jedoch ohne Gelübde und aus freiem Willen. Durch das Abschreiben von Büchern galten sie als Förderer des Humanismus. Unter ihrem Einfluß standen u. a. Martin Luther und Erasmus von Rotterdam. Nach der Reformation lösten sich die Fraternitäten auf. Eines der bedeutendsten Fraternhäuser Deutschlands befand sich von 1468 bis 1555 in Butzbach/Oberhessen, dem Herkunftsort der in Friedberg lagernden Bestände. Neben der Friedberger Sammlung, die aus der Butzbacher Schule der Fraternität stammt, gelangten Inkunabeln aus dem Haus der Butzbacher Brüderschaft in den Besitz der Universitätsbibliothek Gießen (seit 1771) und Hss. in das Staatsarchiv Darmstadt. Bis zum Übergang an die erwähnten Aufbewahrungsorte verwaltete das Butzbacher Pfarramt die Bestände.

2.10 Die Kugelherrenbestände sind der historisch bedeutendste Teil der Seminarbibliothek. Die Sammlung umfaßt 542 Titel in 365 Bdn. Neben einer Inkunabel entfallen 297 Titel auf das 16. Jh (davon 124 in Deutsch und 171 in Latein, jeweils ein Titel in Hebräisch und Griechisch), 202 Werke auf das 17. Jh (jeweils 101 in Latein bzw. Deutsch), 42 Titel stammen aus dem 18. Jh (23 deutsche und 29 in Latein).

2.11 Eine Systematik der Aufstellung ist bei dieser Sammlung nicht erkennbar; wahrscheinlich wurde sie in der Vergangenheit nach der Größe der einzelnen Bde geordnet. Im Mittelpunkt der Bestände steht die theologische Kontroversliteratur, z. B. Jacob Grosses Recht muß doch Recht bleiben. Zur Ehrenrettung D. M. Lutheri von 1629. Es dominieren Werke von Theologen wie Martin Luther, Rudolf Gualthier (1519-1586), einem Schwiegersohn Zwinglis, der durch seine formgewandten Predigten Bekanntheit erlangte. Außerdem finden sich Werke des lutherischen Theologen Aegidius Hunn[ius] (1550-1603) und des württembergischen Theologen Lukas Osiander (1534-1604). Ergänzt wird die Sammlung durch etwa 40 Predigten, darunter zahlreiche Totenpredigten.

3. KATALOGE

Alphabetischer Katalog bis 1900

[hschr.; umfaßt jedoch Bestände bis 1950]

Alphabetischer Katalog bis 1975

[Zettelkatalog nach PI]

Alphabetischer und Systematischer Katalog seit 1975 [nach RAK]

Katalog der Gesangbuchsammlung

[Alphabetischer Katalog]

Katalog der Kugelherrenbibliothek

[Alphabetischer Katalog]

Die Bestände sind nicht im Hessischen Zentralkatalog nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Crößmann, Phillip Peter (Hrsg.): Denkschrift des evangelischen Priester-Seminariums zu Friedberg für das Jahr 1838 (Gießen 1838), 1839 (Gießen 1839), 1840 (Gießen 1840), 1841 (Gießen 1842), 1842 (Gießen 1842), 1843/44 (Friedberg 1846), 1845/46 (Friedberg 1847)

Hellriegel, Ludwig: Gabriel Biel in Butzbach. In: Wetterauer Geschichtsblätter 18 (1969) S. 73-82 [zu den Butzbacher Kugelherren]

Weissenbach, Wilhelm (Hrsg.): Denkschrift des evangelischen Priester-Seminars zu Friedberg für die Jahre 1887-1897 und 1897-1901. Friedberg 1901

Festschrift zum 150jährigen Bestehen des Theologischen Seminars in Friedberg. Friedberg 1987

Stand: März 1991

Joachim Schuchardt


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.