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Universitätsbibliothek

Adresse. Schloß, Ostflügel, 68131 Mannheim
Telefon. (0621) 292-5101
Telefax. (0621) 292-5751
Bibliothekssigel. <180>

Unterhaltsträger. Land Baden-Württemberg
Funktion. Universalbibliothek für die Universität Mannheim und für etwa 600.000 Einwohner der Region Mannheim/Ludwigshafen.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: Die an der Universität vertretenen Fächer: Rechts-, Wirtschafts-, Sozial- und Geisteswissenschaften, Mathematik und Informatik. 2. Besonderes Sammelgebiet: Wirtschaftswissenschaften. Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek. Magazinausleihe (Monographien), frei zugängliche Präsenzbestände (Katalog- und Lesesaalbestände; Zeitschriften im Bibliotheks- und Hörsaalgebäude in A 3). Öffnungszeiten: Ausleihe: Montag bis Freitag 10-16 Uhr, Samstag 9-12 Uhr; Katalogsaal: Montag bis Freitag 8-18 Uhr, Samstag 9-12 Uhr; Lesesaal: Montag bis Freitag 8-20 Uhr (August und September bis 18 Uhr), Samstag 9-12 Uhr; Zeitschriftenbereich: Montag bis Freitag 9-20 Uhr (August und September bis 18 Uhr), Samstag 9-12 Uhr. - Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergeräte, Reader-Printer, Mikroformen-Lesegeräte.
Gedruckte Informationen. Merkblätter.
Hinweise für anreisende Benutzer. Fußwegnähe vom Hauptbahnhof (ca. 8 Minuten). Straßenbahnverbindung ab Hauptbahnhof (Linien 30, 34, 40, 46, 47) bis Haltestelle Universität. Parkhäuser in der Innenstadt.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die ältesten erhaltenen Büchersammlungen Mannheims verdanken ihre Entstehung der Verlegung der kurfürstlichen Residenz von Heidelberg nach Mannheim im Jahre 1720. Da die nach den Zerstörungen des 17. Jhs dezimierte Heidelberger kurfürstliche Büchersammlung bei der dortigen Universität verblieb, mußte in Mannheim eine neue Hofbibliothek aufgebaut werden. Die Mannheimer " Jüngere Palatina" wuchs bis zum Ende des 18. Jhs auf rund 100.000 Bde an. Als Wittelsbachisches Hausgut wurde sie beim Übergang Mannheims an Baden 1803 nach München gebracht. Das damals in Mannheim verbleibende Zehntel des Bestandes wurde 1857 nocls vermindert, als die Karlsruher Hofbibliothek 7000 Bde vereinnahmte. Der Restbestand von rund 3000 Bdn stand bis zu der im Zweiten Weltkrieg vorgenommenen Auslagerung fast aller Bestände der Städtischen Schloßbücherei im 1756 vollendeten Bibliothekssaal des Schlosses. Dort befand er sich seit 1871 als Dauerleihgabe des Großherzogtums Baden in der Obhut der " Öffentlichen Bibliothek" (seit 1921 Städtische Schloßbücherei, seit 1954 Wissenschaftliche Stadtbibliothek). Anfang 1971 wurde er mit den übrigen Beständen der aufgehobenen Wissenschaftlichen Stadtbibliothek Teil der Universitätsbibliothek.

1.2 Die Bestimmung der in Mannheim zurückgelassenen Bestände ist 1803 und 1857 offenbar nicht planmäßig erfolgt. So sind die verbliebenen mehrbändigen Werke zu einem erheblichen Teil unvollständig. Eine Stichprobe im fragmentarischen Deutschen Gesamtkatalog (Ba-Belych) ergibt, daß den Büchern aus dem Mannheimer Restbestand der " Jüngeren Palatina" keineswegs immer ein identischer Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek gegenübersteht. Demnach wurden 1803 auch solche Titel in Mannheim zurückgelassen, die in der Münchner Hofbibliothek fehlten (vgl. auch den Eintrag zur Bayerischen Staatsbibliothek.)

1.3 Mit dem katholischen Kurfürsten Karl Philipp (reg. 1716-1742) aus dem Hause Pfalz-Neuburg ließen sich 1720 auch die Jesuiten in Mannheim nieder. Sie erhielten von ihm 1723 eine Dotation von 500 Gulden zum Aufbau einer Bibliothek. Diese wuchs bis zur Aufhebung des Ordens 1773 auf knapp 6000 Bde an. Die zahlreichen Buchgeschenke an die auch unter Karl Philipps Nachfolger Karl Theodor (reg. 1742-1799) einflußreichen Patres erweiterten die Bestände über das für eine Schul- und Ordensbibliothek übliche humanistische und theologische Fächerspektrum hinaus. Die Bibliothek des aufgehobenen Ordens verblieb dem von den Lazaristen weitergeführten katholischen Gymnasium, das sie 1807 in das interkonfessionelle Großherzogliche Lyzeum (heute Karl-Friedrich-Gymnasium; s. Eintrag dort) einbrachte. Dieses übergab sie 1871 als Dauerleihgabe der Öffentlichen Bibliothek. Mit deren Beständen kam sie 1971 in die Universitätsbibliothek.

1.4 Die umfangreichste der in Mannheim erhaltenen Sammlungen aus dem 18. Jh ist die beinahe 17.000 Bde umfassende Bibliothek des französischen Jesuiten François-Joseph Terrasse Desbillons (1711-1789), der nach dem Verbot seines Ordens in Frankreich auf Einladung des Kurfürsten Karl Theodor 1764 in das Mannheimer Jesuitenkolleg übersiedelte. Er brachte rund 6000 Bde mit, die er bei Pariser Buchhändlern und bei der Auflösung der Pariser Jesuitenbibliotheken erworben hatte. In Mannheim verfolgte er mit noch größerer Intensität als zuvor das Ziel, zur Entwicklung seines kritischen Urteils eine " bibliothèque instructive" (so der Titel einer von Desbillons rezensierten Auswahlbibliographie von G. Debure, Paris 1763-1768) zusammenzustellen, die neben den wesentlichen Werken der katholischen, humanistischen und klassischen französischen Tradition auch die von ihm verurteilten Schriften der zeitgenössischen französischen Aufklärung umfassen sollte. Diesem Ziel ist er trotz beschränkter Mittel dank seiner Kenntnis des Bucrktes und seiner weitreichenden Kontakte recht nahe gekommen. Desbillons vermachte die Sammlung den Mannheimer Lazaristen. Sie bildete in der Folge mit der Bibliothek des Jesuitenkollegs eine Einheit.

1.5 Dem Großherzoglichen Lyzeum hinterließ sein reformierter Konrektor Johann Jakob Weickum (1770-1834) seine mit bescheidenen Mitteln zusammengetragene Sammlung von etwas mehr als 3000 Bdn. Sie dokumentiert die Interessen des Klassischen Philologen und Schulmanns, der neben der humanistischen und theologischen Tradition auch die philosophischen und pädagogischen Neuerungen seiner Zeit aufnahm. Die Sammlung ging 1930 als Leihgabe an die Städtische Schloßbücherei und gelangte ebenfalls 1971 in die Universitätsbibliothek.

1.6 Erst 1803, als die Hofbibliothek aus Mannheim abgezogen wurde, konstituierte sich eine Lesegesellschaft. Ihre Bibliothek wuchs schnell an (1830 ca. 12.000 Bde; 1896 ca. 20.000 Bde). Sie enthielt neben den gängigen periodischen, belletristischen und allgemeinwissenschaftlichen Neuerscheinungen auch viele ältere Werke Zeichen des Willens der badisch gewordenen Mannheimer, an die vergangene kulturelle Blüte ihrer Stadt anzuknüpfen. Nach der Einrichtung der Öffentlichen Bibliothek im Jahre 1871 wurde die Bibliothek der 250 bis 400 Mitglieder zählenden Harmonie-Gesellschaft allmählich auf die Funktion einer gewöhnlichen Gesellschaftsbibliothek zurückgeführt. 1884 gelangten ihre kostbaren älteren Werke als Leihgaben in die Öffentliche Bibliothek. 1930 wurde der gesamte Bestand zum Kauf angeboten. Wegen ihres begrenzten Etats mußte sich die Städtische Schloßbücherei darauf beschränken, rund 7000 Bde zu erwerben. Der Rest wurde teils verstreut, teils bei der Zerstörung des Gesellschaftshauses im Zweiten Weltkrieg vernichtet.

1.7 Der im europäischen Ausland, in Ostasien und Lateinamerika tätige Bankkaufmann Julius Mammelsdorf (1839-1902) vermachte seiner Heimatstadt Mannheim neben völkerkundlichen und kunstgewerblichen Sammlungen auch seine Bibliothek von ca. 4000 Bdn. Sie enthält überwiegend ältere Prosaliteratur (daneben auch Klassiker der Versdichtung) in romanischen Sprachen und spiegelt die weitgespannten kulturhistorischen Interessen dieses bibliophilen Sammlers wider.

1.8 Der wachsende Wohlstand der Mannheimer Bürgerschaft ermöglichte 1871 die Schaffung einer öffentlichen Bibliothek, die von einem Bibliotheksverein getragen und von der Stadt mit einem festen Zuschuß gefördert wurde, bis die Inflation 1921 ihre Übernahme durch die Stadt erzwang. Bei ihrer bescheidenen personellen und finanziellen Ausstattung konnte die im Bibliothekssaal des Schlosses untergebrachte Bibliothek ihrer doppelten Aufgabe, ein (Mannheims kultureller Vergangenheit gewidmetes) Bücherarchiv und Buchmuseum und zugleich eine moderne Gebrauchsbibliothek für die rasch wachsende Industrie- und Handelsstadt zu sein, nur teilweise gerecht werden. Da die auf der Basis eines Gutachtens von Georg Leyh 1927 begonnene Modernisierung und Stärkung der Bibliothek schon bald durch die nationalsozialistische Repression (Entlassung des Bibliotheksleiters Wilhelm Fraenger im Jahre 1933) und die Auswirkungen des Krieges (Zerstörung des Bibliothekssaals 1944) behindert wurde, blieben der Bestandsaufbau und die Erschließung der übernommenen älteren Bestände hinter den von Leyh gesteckten Zielen zurück.

1.9 Erfolgreich aber betrieb die Bibliothek die Übernahme älterer Mannheimer Buchbestände: Neben den erwähnten historischen Sammlungen des Gymnasiums erhielt sie z. B. die Altbestände der zentralen Amtsbücherei der Stadt (1929), des Nationaltheaters (1937) und der Kunsthalle (1954), ferner der Harmoniegesellschaft (1884 und 1930), des Vereins für Naturkunde (1877; s. auch Eintrag zur Bibliothek des Reiß-Museums) und des Altertumsvereins (1921; s. auch unter Reiß-Museum) sowie zahlreiche Geschenke von Privatleuten.

1.10 Die Bibliothek sorgte weiterhin für den Aufbau und die Erschließung der Sammelschwerpunkte Mannheimensien, Palatina (Literatur der alten Kurpfalz), Badensien, Deutsche Literatur der Klassik und Romantik (insbesondere Schiller, Iffland, Kotzebue und andere Dramatiker). Bei der Auflösung der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek wurden einige dieser Sammlungen dem städtischen Reiß-Museum übergeben. Die übrigen Bestände, insgesamt rund 210.000 Bde, erhielt die Universität Mannheim als Geschenk oder als Dauerleihgabe (Sammlungen aus dem Besitz des Großherzoglichen Lyzeums).

1.11 Die Bibliothek der 1907 gegründeten Städtischen Handelshochschule Mannheim (1930 etwa 30.000 Bde) wurde nach Auflösung dieser Institution 1933 teils in die Universität Heidelberg überführt, teils verblieb sie bei der Städtischen Schloßbücherei Mannheim, in die sie im Jahr zuvor integriert worden war. Die 1946 (wieder-)gegründete Staatliche Wirtschaftshochschule Mannheim erhielt diese Bestände zum großen Teil zurück. Durch antiquarische Käufe und die Übernahme einiger Gelehrtenbibliotheken konnten die historischen Buchbestände besonders seit der Erweiterung der Wirtschaftshochschule zur Universität (1967) in bescheidenem Umfang ausgebaut werden, wobei neben dem traditionellen Kernbereich der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften besonders auch Kulturzeitschriften in deutscher und englischer Sprache erworben wurden.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Beschreibung umfaßt die Bestände der Zentralbibliothek der Universität. Sie stammen überwiegend aus der ehemaligen Wissenschaftlichen Stadtbibliothek Mannheim, deren Bestände 1971 zum größten Teil in die Universität überführt wurden. In den Fakultätsbibliotheken sind nur geringe historische Bestände zu vermuten, wobei sich die größte Anzahl in der juristischen Fakultätsbibliothek finden dürfte. Dort wurden aufgrund der Auszählung eines Katalogabschnitts 3900 Monographien des 19. Jhs errechnet (darunter viele Dissertationen der zweiten Jahrhunderthälfte), 384 Titel des 18. Jhs und 42 Titel vor 1700.

2.2 Die in der Bestandsgeschichte aufgeführten acht Provenienzen sind mit ihren Beständen vor 1851 in einem Sondermagazin jeweils geschlossen aufgestellt. Allerdings wurden aus den sechs historischen Sammlungen in der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek die Formalgruppe der Zeitschriften und diejenigen Werke, die den Sammelschwerpunkten der Bibliothek entsprachen, herausgezogen und in den Numerus currens integriert. Diese Umstellungen erschweren eine Rekonstruktion der ursprünglichen Gestalt der Sammlungen. Ferner sind in den achtziger Jahren des 19. und den zwanziger Jahren des 20. Jhs insbesondere aus den Sammlungen Desbillons und Jesuitenkolleg einige hundert Dubletten entfernt worden, wobei nicht selten verschiedene Ausgaben eines Werkes als Dubletten behandelt wurden.

2.3 Für die Drucke vor 1800 wird die sogenannte " französische Systematik" zugrundegelegt ( s. u. 2.8), für die Bestände des 19. Jhs die Systematik der Städtischen Schloßbücherei Mannheim von ca. 1930. Die erforderliche Neuklassifizierung eines großen Teils der Sammlungen konnte für die jüngere Bestandsschicht vollständig durchgeführt werden. Der Sachkatalog dieser Bestände liegt als Zettelkartei vor. Die Verteilung der Titel und Bände auf die Fächer und Sprachen wurde vollständig ausgezählt. Von den Drucken vor 1800 konnte nur ein Drittel neu erfaßt werden. Dabei wurden folgende Merkmale elektronisch gespeichert: heutige Standortsignatur; ggf. historische systematische Signatur; systematische Notation(en) nach Brunet-Parguez; Familienname des Verfassers; ein Titelstichwort; Erscheinungsort(e); Erscheinungsjahr(e); Sprache(n); Gattung(en) oder Form(en); Vorbesitzer; exemplarspezifische Besonderheit(en). Diese Merkmale können einzeln sowie in beliebigen Kombinationen abgerufen werden.

Chronologische Übersicht

2.4 Von dem Gesamtbestand der Zentralbibliothek (ca. 830.000 Bde) stammen rund 43.000 Bde (23.660 Titel) aus dem 19. Jh, etwa 16.000 Bde (ca. 13.600 Titel) aus dem 18. Jh, etwa 12.500 Bde (ca. 12.260 Titel) aus dem 17. Jh und etwa 6000 Bde (ca. 6530 Titel) aus dem 16. Jh. Hinzu kommen 144 Inkunabeln. Es werden zunächst die Bestände vor 1800 und danach die Bestände des 19. Jhs beschrieben. Dabei wird auch die Sprachverteilung aufgeschlüsselt.

Systematische Übersicht

Bestände vor 1800

2.5 Unter den Inkunabeln finden sich neben den lateinischen 7 deutsche, 3 französische und 3 italienische. Für die Drucke zwischen 1500 und 1800 ergibt sich folgende Sprachverteilung: 16.820 lateinische Titel (51,7 Prozent), 5100 deutsche (15,7 Prozent), 6900 französische (21,2 Prozent), ca. 1700 italienische (5,2 Prozent), ca. 2000 sonstige Titel (6,2 Prozent; darunter ca. 600 spanische, ca. 400 englische und ca. 400 altgriechische). Als erste der Volkssprachen ist das Italienische bereits im 16. Jh relativ stark präsent, während es später zurücktritt. Der französische Anteil wächst im 17. Jh stark an, steigt im 18. noch weiter und geht erst gegen Ende des Jahrhunderts zurück. Der Prozentsatz der deutschen Titel übersteigt erst im letzten Drittel des 18. Jhs den der lateinischen und französischen Titel. Der spanische Bestand erreicht seinen größten Anteil im 17. Jh, während der kleinere englische Bestand überwiegend dem 18. Jh angehört. Das Latein verliert erst im 18. Jh seine beherrschende Stellung: 16. Jh ca. 4900 Titel (75 Prozent); 17. Jh ca. 7100 Titel (58 Prozent); 18. Jh ca. 4800 Titel (35 Prozent).

2.6 Gut die Hälfte der Bestände vor 1800 stellt die Sammlung Desbillons ( s. u. 2.26 ff.), eine vom polyhistorischen Ideal geprägte Bibliothek mit relativ ausgewogener fachlicher Verteilung. Auch die anderen Sammlungen mit Beständen vor 1800 sind so wenig spezialisiert, daß fachliche Schwerpunkte nur schwer auszumachen sind. Als Ergebnis einer erst 1720 einsetzenden, von etwa 1750 an verstärkten Sammeltätigkeit haben die Bestände eher den Charakter einer retrospektiven, an etablierten Reputationen ausgerichteten Auswahl als den einer zeitgenössischen Quellensammlung (dies gilt weniger für die Bestände der zweiten Hälfte des 18. Jhs).

2.7 Das Interesse der Sammler galt Frankreich mehr als Deutschland (Desbillons sprach und las kein Deutsch), Italien und Spanien eher als England. Schöne Literatur und Geschichte der Romania sind daher relativ umfangreich, während Drucke in deutscher oder englischer Sprache schwach vertreten sind. Theologie und Geschichte der katholischen Kirche sind durch die Sammlungen Jesuitenkolleg, Hofbibliothek und Desbillons gut repräsentiert. Insbesondere zum Jesuitenorden und zum Jansenismus finden sich größere Bestände. Von der neulateinischen Literatur hat Desbillons, selbst lateinischer Autor, beinahe alle bedeutenden Werke zusammengebracht. Die humanistischen Schulfächer Sprachen, Literatur und Geschichte des klassischen Altertums und Philosophie sind ebenfalls gut vertreten. Einen Schwerpunkt bilden die Bestände zur Geschichte Mannheims und der Kurpfalz.

2.8 Der folgenden Übersicht liegt die auf das 17. Jh zurückgehende " französische Systematik" in ihrer jüngsten Bearbeitung (E. Coulouma, s. u. 3.1 Sachkataloge) zugrunde. Eine nur wenig abweichende gedruckte Fassung dieser Klassifikation findet sich in der Table méthodique (Bd 6) von J.-C. Brunet, Manuel du libraire et de l'amateur de livres, 5. Aufl., Paris 1860-1865. Für diese Systematik ist charakteristisch, daß die bisweilen zur Theologie gezählten kirchenrechtlichen und kirchengeschichtlichen Werke unter Recht und Geschichte eingeordnet sind. Zur Geschichte zählen auch die Reisebeschreibungen (wie die Geographie überhaupt), die biographische, enzyklopädische und periodische Literatur. Die Abteilung " Belles Lettres" umfaßt neben den im eigentlichen Sinn literarischen Gattungen auch die in Rede-, Brief- oder Dialogform verfaßten Werke fachlichen Inhalts sowie die sprachenkundliche Literatur.

2.9 Besonders bunt ist die Großgruppe " Sciences et Arts" zusammengesetzt. Sie reicht von der Philosophie (mit Pädagogik, Politik und Ökonomik) über die Naturwissenschaften, Medizin und Mathematik bis zur Magie, den Schönen Künsten, Technik und Gewerbe sowie Sport und Spiel. Trotz solcher Vielfalt innerhalb der 5 Hauptgruppen Theologie, Recht, Wissenschaften und Künste, Sprache und Literatur, Geschichte wird nur der Gesamtumfang dieser Gruppen angegeben, u. a. weil die feinere Verteilung innerhalb der Hauptgruppen dem gewöhnlichen Muster (vgl. z. B. Brunets Table méthodique) entspricht.

2.10 Der Gesamtbestand des 16. bis 18. Jhs gliedert sich demnach wie folgt: Theologie ca. 7800 Titel (24 Prozent), Jurisprudenz ca. 2450 Titel (7,6 Prozent), Wissenschaften und Künste ca. 5000 Titel (15,4 Prozent), Sprache und Literatur ca. 8350 Titel (25,6 Prozent), Geschichte ca. 8900 Titel (27,4 Prozent). Überproportional vertreten sind im theologischen Bestand Werke des 16. Jhs, im juristischen Drucke des 17. Jhs, in der Gruppe Wissenschaften und Künste Titel des 18. Jhs, im belletristischen Bestand Ausgaben des 16. Jhs (griechische und römische Klassiker) und des 18. Jhs (französische Prosaliteratur), im historischen Bestand Werke des 17. und 18. Jhs. Damit bildet die Bestandsschichtung das allgemein zu beobachtende relative Wachstum und Schwinden der verschiedenen Fächergruppen ab. Im Abschnitt Sondersammlungen ( s. u. 2.20-2.43) finden sich Angaben zur fachlichen, sprachlichen und zeitlichen Zusammensetzung der einzelnen Provenienzen.

Bestände des 19.Jahrhunderts

2.11 Die mit 43.000 Bdn relativ kleinen Bestände des 19. Jhs, von denen kaum ein Drittel der ersten Hälfte des Jahrhunderts angehört, zeigen an, daß während des größten Teils dieser Epoche in Mannheim eine große Bibliothek fehlte. Auch wenn man die historischen Sammlungen im städtischen Reiß-Museum und die zerstreuten oder zerstörten Bestände der Harmonie-Bibliothek einbezieht, wird deutlich, daß die wissenschaftlichen und literarischen Bedürfnisse der Mannheimer im 19. Jh begrenzt waren. Dies erklärt sich aus dem Fehlen größerer wissenschaftlicher und höfischer oder staatlicher Körperschaften.

2.12 Von den insgesamt 23.660 Titeln des 19. Jhs entfallen 18.600 Titel (70,7 Prozent, im folgenden jeweils auf die Bandzahl bezogen) auf die deutsche, 1300 (12,5 Prozent) auf die englische, 2419 (12 Prozent) auf die französische und 508 Titel (1,5 Prozent) auf die lateinische Sprache. In anderen Sprachen sind 843 Titel (3,3 Prozent) geschrieben. Bei den französischen und mehr noch bei den englischen Beständen fällt die im Vergleich zur Titelmenge hohe Bandzahl auf. Ursache sind die oft 20, 40 und mehr Jahrgänge umfassenden Kulturzeitschriften, die zum großen Teil in den siebziger Jahren des 20. Jhs erworben wurden. Die französischen Bestände weisen eine viel höhere Titelzahl auf als die etwas umfangreicheren englischen Bestände. Dies zeigt an, daß der Monographienbestand in französischer Sprache wesentlich größer ist als der entsprechende Bestand in englischer Sprache. Die französische Orientierung Mannheims war auch im 19. Jh noch stark ausgeprägt.

2.13 Schwerpunkte des vorhandenen Bestandes sind Schöne Literatur (ca. 25 Prozent des Gesamtbestandes), Geschichte (ca. 19 Prozent), Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (ca. 9 Prozent, ganz überwiegend aus der Handels- bzw. Wirtschaftshochschule stammend), Kunstwissenschaft und Volkskunde (zusammen beinahe 5 Prozent die Hauptarbeitsgebiete des von 1927 bis 1933 amtierenden Direktors der Städtischen Schloßbücherei Wilhelm Fraenger, 1890-1964). Auffallend schwach repräsentiert sind Mathematik, Naturwissenschaften und Technik (zusammen 3,4 Prozent), Medizin (0,9 Prozent; in diesem Fach war die Bibliothek des Vereins für Naturkunde gut ausgestattet; s. Eintrag zur Bibliothek des Reiß-Museums) und auch Theologie (3,1 Prozent). In der folgenden systematischen Übersicht ist die Klassifikation der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek, die 26 Fachgruppen kennt, zu 14 Fachgruppen zusammengezogen. Die Bestandsangaben erfolgen in Prozent des Gesamtbestandes von 43.000 Bdn.

2.14 Die Gruppe Allgemeines zählt 559 Titel (5,2 Prozent). Sie enthält Werke zu den Bereichen Buch, Schrift, Presse, Wissenschafts- und Hochschulkunde. Auf die Gruppe Theologie und Religionswissenschaft entfallen 859 Titel (3,1 Prozent), auf Philosophie, Psychologie, Pädagogik und Sport 1232 Titel (4,1 Prozent).

2.15 Die Gruppe Schöne Literatur, Sprach- und Literaturwissenschaft und Theater umfaßt 6438 Titel (29,3 Prozent), von denen etwa ein Drittel der ersten Jahrhunderthälfte entstammt. Besonders gut ist die Literatur von und zu Kotzebue, Iffland, Schiller und Goethe vertreten. In der Abteilung Schöne Literatur (rund 4800 Titel) finden sich neben ca. 2900 deutschen Titeln 940 französische und 615 englische Werke.

2.16 Im Fach Geschichte wurden 4329 Titel (18,8 Prozent) gezählt; auf die Lokal- und Regionalgeschichte (Mannheim, Kurpfalz, Baden) entfallen 726 Titel (2,3 Prozent), die zu zwei Fünfteln der ersten Jahrhunderthälfte angehören, während die sonstige Geschichtsliteratur ganz überwiegend (zu etwa 77 Prozent) aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs stammt. Von den 4329 historischen Titeln sind 3428 in deutscher und 464 in französischer Sprache geschrieben. Zu der hier erfaßten regionalgeschichtlichen Literatur kommen etwa noch einmal so viele auf die Region bezügliche Werke aus anderen Sachgruppen hinzu, vor allem aus Recht, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, Erdkunde.

2.17 Auf die Klassische Altertumswissenschaft entfallen 1242 Titel (4,6 Prozent); auf Kunst- und Musikwissenschaft und Volkskunde 1665 Titel (5,7 Prozent), davon allein 1019 Titel, von denen 21 Prozent fremdsprachig sind, auf die Kunstwissenschaft.

2.18 Die geisteswissenschaftlichen Fächer machen beinahe 71 Prozent des Gesamtbestandes aus. Die sozialwissenschaftliche Fächergruppe hält einen Anteil von knapp 25 Prozent: Die Gruppe Staat, Politik, Verwaltung, Krieg ist mit 611 Titeln (3,6 Prozent) vertreten, von denen nur 46 fremdsprachig sind, die Gruppe Recht mit 1789 Titeln (7,8 Prozent), unter denen sich nur 149 fremdsprachige Titel befinden. Die Gruppe Wirtschaft und Gesellschaft besitzt mit 2624 Titeln einen Anteil von 9,2 Prozent. Darunter sind 306 fremdsprachige Werke. Schwerpunkte bilden die Handelswissenschaft und die Nationalökonomie. Auf Erd- und Völkerkunde entfallen 1103 Titel (4,3 Prozent).

2.19 Die Gruppen Medizin (0,9 Prozent, 283 Titel), Mathematik und Naturwissenschaften (2,4 Prozent, 704 Titel) und Technik (ein Prozent, 232 Titel) umfassen zusammen etwas mehr als 4 Prozent. Noch stärker ausgeprägt ist die Bevorzugung der Geisteswissenschaften bei den Numerus-currens-Beständen der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek. Hier erreicht diese Fächergruppe sogar 85,2 Prozent, während sich die Sozialwissenschaften auf 11,1 Prozent, die übrigen Fächer auf 3,7 Prozent beschränken.

Sonderbestände und Sondersammlungen

Hofbibliothek

2.20 Von den in Mannheim erhaltenen Restbeständen der Hofbibliothek ist ein geringer Teil (mindestens 81 Bde) in den Numerus-currens-Bestand der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek eingearbeitet worden. Die übrigen 2878 Bde sind geschlossen in drei Großgruppen aufgestellt: Theologie (1622 Bde), Recht und Geschichte (828), Sonstiges (428). Auf der Basis von einem Fünftel des Bestandes ergeben sich hochgerechnet für das 16. Jh 650 Titel, für das 17. Jh 1050 und das 18. Jh 870 (zusammen 2570 Titel); Latein 1600, Deutsch 620, Französisch 210, Italienisch 70, sonstige Sprachen 70. Die Klassifizierung nach dem System Brunet-Parguez ergibt die folgende fachliche Verteilung: Theologie 1335 Titel, Recht 705, Wissenschaften und Künste 125, Sprache und Literatur 180, Geschichte 225 Titel. Unter den Vorbesitzern ragen der Kontroverstheologe Johann Nicolaus Weislinger (bezeugt 1721-1751, ca. 225 Bde) und Pfalzgraf Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg (Kurfürst 1685-1690, ca. 20 Bde) hervor.

Bibliothek des Jesuitenkollegs

2.21 Die Bibliothek des Jesuitenkollegs ist zusammen mit der Bibliothek Desbillons seit etwa 1880 in 20 teilweise unklar definierten Sachgruppen mit insgesamt ca. 22.300 Bdn aufgestellt. Aus beiden Sammlungen sind mindestens 250 Bde in den Numerus-currens-Bestand der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek eingearbeitet worden. Kann man von ca. 16.700 in der Sonderaufstellung erhaltenen Desbillons-Bänden ausgehen, so ergibt sich ein Rest von 5600 Bdn für die Bibliothek der Jesuiten. Von ihnen sind jedoch nur etwa 5300 durch den entsprechenden Besitzvermerk gekennzeichnet. Die übrigen Bände könnten nach 1773 in die Bibliothek gelangt sein. Desbillons selbst hat Bücher aus der Bibliothek des Kollegs wie auch aus der Hofbibliothek durch Tausch und vielleicht auch Kauf erworben. Eine eindeutige Zuweisung ist daher nicht in allen Fällen möglich.

2.22 Rund die Hälfte der Titel ist in lateinischer Sprache verfaßt; 36 Prozent entfallen auf Deutsch, 9 Prozent auf Französisch. Das 17. Jh ist mit 2700 Titeln stärker vertreten als das 18. Jh (nur bis 1773) mit 2100. Dem 16. Jh gehören immerhin ca. 1200 Titel an. Hinzu kommen 10 Inkunabeln.

2.23 Bedeutende Schenkungen stammen von Ursula Cramer von Clausprug (1743, ca. 1100 Titel, vor allem aus Recht und Geschichte) und Franz von Seedorf SJ, dem Beichtvater des Kurfürsten Karl Theodor (1758, ca. 200 Bde). Die ca. 400 Titel aus dem Besitz des Mainzer Domherrn Matthias Honcamp (besonders Theologie) und die zahlreichen Bücher aus dem Jesuitenkolleg Molsheim gehören wohl zum Gründungsbestand der Bibliothek.

2.24 Die knapp 6000 Titel verteilen sich auf Theologie (2900 Titel), Recht (720), Wissenschaften und Künste (940), Sprache und Literatur (240) und Geschichte (1200 Titel). Schwerpunkte bilden die dogmatische und die Kontroverstheologie sowie das kanonische Recht. Unerwartet sind die relativ umfangreichen Bestände in den mathematischen Wissenschaften (ca. 280 Titel) und der profanen Geschichte (ca. 500 Titel). Hier machen sich die Schenkungen bemerkbar.

2.25 In etwa 70 Sammelbänden sind ca. 1000 Hochschulschriften vorhanden, die z. T. von Jesuitenfakultäten (wie Bamberg, Würzburg, Heidelberg) stammen. 15 Foliobände enthalten etwa 200 Leichenpredigten auf geistliche und weltliche Würdenträger des süddeutschen Raums.

Bibliothek Desbillons

2.26 Desbillons hat knapp 17.000 Bde hinterlassen. Allein in seinen 25 Mannheimer Jahren hat er seine Sammlung um mehr als 10.000 Bde vermehrt; das entspricht einem jährlichen Zugang von gut 400 Bdn. Wahrscheinlich hat er noch mehr Bücher erworben, sie aber bei Gelegenheit wieder veräußert, um mit dem Erlös begehrtere Ausgaben kaufen zu können. Wohl im Hinblick auf solchen Handel legte er in seine Bücher kleine Zettel ein, auf denen er die Wertangaben notierte, die er in Auktionskatalogen und Bibliographien fand.

2.27 Ein wahrscheinlich bald nach Desbillons' Tod angelegter Systematischer Katalog seiner Sammlung verzeichnet 16.862 Bde. Etwa 500 der dort verzeichneten Titel sind heute nicht mehr aufzufinden. Einige von ihnen sind vielleicht gemäß Desbillons' testamentarischer Verfügung der Hofbibliothek geschenkt worden; andere wurden später als " Dubletten" aus der Öffentlichen Bibliothek im Schloß ausgesondert. Diesen vermißten stehen etwa ebensoviele Titel gegenüber, die mit der die Bibliothek Desbillons bezeichnenden (ungedeuteten) Chiffre C.B. versehen, im Systematischen Katalog jedoch nicht aufgeführt sind.

2.28 Neben rund 120 Inkunabeln verteilen sich die Bestände auf 22,8 Prozent Drucke des 16. Jhs, 40 Prozent Drucke des 17. Jhs und 36,5 Prozent Drucke des 18. Jhs (nur bis 1788). In Latein sind ca. 61 Prozent, in Französisch ca. 30 Prozent, in Italienisch und Griechisch je ca. 3,5 Prozent, in Spanisch u. a. ca. 2 Prozent. Der Anteil des Französischen steigt von ca. 7 Prozent im 16. über knapp ein Viertel im 17. auf etwa die Hälfte im 18. Jh an, der des Lateins fällt von ca. vier Fünfteln im 16. Jh über gut zwei Drittel im 17. Jh auf ca. 44 Prozent im 18. Jh.

2.29 Die der geläufigen " französischen Systematik" entsprechende Gliederung des Kataloges in 202 Sachgruppen ist im folgenden zu wenigen Großgruppen zusammengezogen: Theologie 2680 Bde, Jurisprudenz 717, Philosophie 1004, Physik und Naturgeschichte 411, Medizin 908, Mathematik und Künste 269, Grammatik 379, Rhetorik 417, Poetik (Dichtung und fiktionale Prosa) 2794, Philologie (Kritik) 515, Polygraphie (Vermischte Werke, Dialoge, Briefe) 1062, Alte Geschichte 812, Neuere und Allgemeine Geschichte 1746, Geographie und Reisen 534, Kirchengeschichte 1160, Biographien 615 Bde, Litterärgeschichte 839 Bde. Die Sammlung hat also den Charakter einer Universalbibliothek und bestätigt, was Desbillons seinem Bruder zur Begründung der Bitte um Büchergeld einmal mitgeteilt hat: " Je suis ce qu'on appelle Philologue, c'est-à-dire, un homme qui veut savoir de tout, et qui véritablement en sait un peu" (Dubois, S. 17).

2.30 Ein Vergleich mit bibliophilen Auswahlbibliographien seiner Zeit ergibt, daß Desbillons folgende Fächer mehr als üblich gepflegt hat: Theologie (besonders 600 Bde mystischer und asketischer Literatur, darunter ca. 20 Ausgaben der Imitatio Christi des Thomas a Kempis, der Desbillons eine " litterärgeschichtliche" Monographie gewidmet hat), Philosophie (besonders auch Cartesianismus), Medizin (besonders auch Diätetik Desbillons hat eine Ars bene valendi gedichtet), Rhetorik, philologische Kritik, Briefe, Dialoge, Kirchengeschichte (besonders 155 Bde zur Geschichte des Jesuitenordens und 300 Bde Heiligenleben), Litterärgeschichte und Biographie. Schwächer besetzt als in den bibliophilen Idealbibliotheken sind bei ihm die Fächer Mathematik, Künste, Naturwissenschaften und auch Neuere Geschichte.

2.31 Desbillons hat etwa 400 Bde aus Pariser Jesuitenbibliotheken erworben. Darunter befinden sich etwa 70 Bde aus dem Vermächtnis des Literaten Gilles Ménage (Aegidius Menagius, 1613-1692). Bedeutende handschriftliche Textvarianten, Zusätze oder Kommentare finden sich z. B. in Ausgaben von Ménage (Miscellanea, 1652), Abel de Sainte-Marthe (Opuscula varia, 1645), Blaise Pascal (Lettres provinciales, 1657), Pierre Daniel Huet (Poemata latina et graeca, 1694), Vergil (Aeneis, von der Hand François Guyets, 1575-1655) und Varro (De lingua latina, von der Hand Lucas Fruitiers, † 1566). Auch älterer Mannheimer Bücherbesitz ist in die Sammlung Desbillons eingegangen, so mehrere Bände aus dem Besitz des Präsidenten der Kurpfälzischen Akademie der Wissenschaften, Leopold Maximilian Freiherr von Hohenhausen (1708-1783).

Bibliothek Weickum

2.32 Die gesondert aufgestellte Sammlung Weickum umfaßt ca. 2930 Bde mit etwa 2500 Titeln. In der Beschreibung, die auf der Auszählung von einem Viertel der Bestände beruht, werden die 80 bis 100 weiteren Bde, die in die Numerus-currens-Bestände umgesetzt worden sind, nicht berücksichtigt.

2.33 Dem 19. Jh (nur bis 1834) gehören 20,8 Prozent der Titel an, dem 18. Jh 41,1 Prozent, dem 17. Jh 25,4 Prozent, dem 16. Jh 12,6 Prozent. Hinzu kommen 2 Inkunabeln. Unter den Sprachen dominiert das Lateinische mit 52 Prozent; es folgen das Deutsche mit 36,5 Prozent und das Französische mit 8 Prozent.

2.34 Die Bestände dieser Sammlung wurden, nach Zeitschichten (vor 1800 und 1800 ff.) getrennt, neu klassifiziert. Sie verteilen sich auf Theologie mit 15 Prozent (17,2 Prozent der Bestände vor 1800), Recht mit 2,5 Prozent (2,7 Prozent), Wissenschaften und Künste mit 24 Prozent (21,2 Prozent), Sprache und Literatur mit 33,3 Prozent (34,2 Prozent), Geschichte mit 25,2 Prozent (24,7 Prozent). Diese Verteilung entspricht den zu erwartenden Interessen des Sammlers, über den wenig mehr als seine berufliche Laufbahn bekannt ist ( s. o. 1.5). Es handelt sich meist um Literatur für seine pädagogische Arbeit, daneben auch um bibliophile Ausgaben, die mit sparsamen Mitteln erworben wurden.

Harmonie-Bibliothek

2.35 Das Bestandsprofil der Bibliothek der Lesegesellschaft Harmonie dokumentiert sich in den zahlreichen gedruckten Katalogen des 19. Jhs, doch läßt sich selbst der von der Städtischen Schloßbücherei übernommene Auswahlbestand (ca. 7000 Bde) heute kaum noch rekonstruieren. Lediglich 4700 Bde sind als geschlossene Sammlung aufgestellt. Mit den in die Numerus-currens-Bestände eingearbeiteten Bestandteilen - besonders Zeitschriften, Palatina und Erstausgaben deutscher Literatur sind Kernbereiche der Harmonie-Bibliothek aus dem Blick geraten. Die folgenden Angaben beschränken sich auf die knapp 700 Titel vor 1800, die in dem geschlossen aufgestellten Bestand zu finden sind.

2.36 Unter den 696 Titeln vor 1800 befinden sich 4 deutschsprachige Inkunabeln, 31 Titel des 16. Jhs (4,5 Prozent), 130 des 17. Jhs (18,8 Prozent) und 531 des 18. Jhs (76,7 Prozent). Mit 46,2 Prozent ist der Anteil der deutschen Texte weit höher als der der französischen (20,8 Prozent) und lateinischen (17,5 Prozent). Obwohl aus den Bereichen Schöne Literatur und Geschichte viele Werke entnommen worden sind, dominieren diese Fachgruppen auch noch im Restbestand. Sprache und Literatur umfassen 44,1 Prozent, Geschichte 29,8 Prozent, Wissenschaften und Künste 17,3 Prozent, Recht 4,8 Prozent und Theologie 4 Prozent. Bibliothek Mammelsdorf

2.37 Von den insgesamt 2643 Titeln gehören 400 (15,1 Prozent) dem 16. Jh an, 716 (27,1 Prozent) dem 17. Jh, 954 (36,1 Prozent) dem 18. Jh und 573 Titel (21,7 Prozent) dem 19. Jh. Die französische Abteilung zählt 906 Titel in 1362 Bdn; die italienische 819 Titel in 858 Bdn, die spanische 565 Titel in 765 Bdn, die englische 233 Titel in 431 Bdn, die portugiesische 45 Titel in 65 Bdn, die lateinische 66, die griechische 4 und die niederländische 5 Titel. Die italienischen Bestände erreichen ihre größte Dichte im 16. Jh (34,8 Prozent), die spanischen im 17. Jh (36,3 Prozent) und die französischen im 18. Jh (55,7 Prozent). Diese Verhältnisse entsprechen der wechselnden europäischen Geltung dieser Literaturen.

2.38 Die ungleiche Besetzung der systematischen Großgruppen spiegelt Mammelsdorfs ( s. o. 1.7) Interessen an der Schönen Literatur und Geschichte. Deren Grenzen überschreitet der Sammler vor allem zur Philosophie und Theologie hin, doch finden sich auch Gelegenheitskäufe aus anderen Bereichen. Zur Theologie zählen 119 Titel (4,5 Prozent), zur Jurisprudenz 72 (2,7 Prozent), zur Fächergruppe Wissenschaften und Künste 296 (11,2 Prozent), zu Sprache und Literatur 1284 (48,6 Prozent) und zur Geschichte 872 Titel (33 Prozent).

Wissenschaftliche Stadtbibliothek

2.39 Die Städtische Schloßbücherei (später Wissenschaftliche Stadtbibliothek) arbeitete einzelne Titel aus den historischen Sammlungen in die Numerus-currens-Reihe ein und wies sie damit in ihrem Hauptkatalog nach. Bei einer Durchsicht der vor 1851 erschienenen Bücher des Numerus-currens-Bestandes konnten 806 Bde aus der Harmonie-Bibliothek, 151 Bde aus der Sammlung Desbillons, 99 Bde aus der Bibliothek des Jesuitenkollegs, 66 Bde aus der Hofbibliothek und 47 Bde aus der Sammlung Weickum identifiziert werden. Da viele Bände anläßlich der Einarbeitung neu gebunden und dabei Hinweise auf Vorbesitzer beseitigt wurden, ist mit erheblich höheren Zahlen zu rechnen.

2.40 Der Bestand vor 1800 erschienener Bücher umfaßt neben den im Hauptkatalog der Bibliothek nachgewiesenen Titeln etwa ebenso viele bei der Auflösung der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek noch unkatalogisierte Bücher, die aus kleineren Schenkungen des späten 19. und des 20. Jhs stammen, z. B. aus dem Besitz des Rechtsanwalts Friedrich Bertheau (1829-1913; 507 Bde). Der Gesamtbestand von ca. 2500 Bdn (davon etwa ein Viertel Zeitschriften) enthält 1806 Titel. Auf das 16. Jh entfallen 59 Titel, auf das 17. Jh 198, auf das 18. Jh 1549 Titel. 1115 Titel sind in deutscher, 334 in französischer, 265 in lateinischer, 21 in italienischer und nur 20 in englischer Sprache.

2.41 Die fachliche Verteilung zeigt ein überwiegendes Interesse an Schöner Literatur und Geschichte. Theologie zählt 96 Titel (5,3 Prozent), Recht 100 (5,5 Prozent), Wissenschaften und Künste 276 (15,3 Prozent, davon entfällt die Hälfte auf Philosophie, Pädagogik und Politik), Sprache und Literatur 655 (36,3 Prozent, davon 234 Titel dramatischer Literatur) und Geschichte 679 Titel (37,6 Prozent). Die in der Beschreibung der Bestände des 19. Jhs genannten Schwerpunkte der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek ( s. o. 2.13) finden sich auch in der älteren Bestandsschicht.

Wirtschaftshochschul- und Universitätsbibliothek

2.42 Der kleine Bestand alter Drucke vor 1800, der sich in der Numerus-currens-Reihe der Bibliothek von Wirtschaftshochschule (seit 1967) und Universität findet, ist weniger gezielter Erwerbung als der Übernahme einiger Gelehrtenbibliotheken zu verdanken (z. B. des Germanisten Otto Mann, 1898-1985). Außerdem wurden Streubestände der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek eingearbeitet ( u. a. ca. 70 Mannheimer Drucke und ca. 90 medizinische Dissertationen des 18. Jhs von deutschen Universitäten).

2.43 Der Gesamtbestand von 412 Titeln (ca. 600 Bde, darunter 140 Bde Zeitschriften) gliedert sich in 9 Titel des 16. Jhs, 31 des 17. Jhs und 372 des 18. Jhs. In Deutsch sind 193 Titel, in Latein 163, in Französisch 31, in Englisch 14 und in sonstigen Sprachen 11 Titel. Die Theologie umfaßt 13 Titel, Recht 41, Wissenschaften und Künste 195 (darunter 99 Titel Medizin), Sprache und Literatur 49, Geschichte 114 Titel.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Formalkataloge:

1. Mikrofiche-Katalog der Monographien der Zentralbibliothek der Wirtschaftshochschule bzw. (seit 1967) Universität bis zum Erscheinungsjahr 1974

[nach PI; verfilmter Zettelkatalog]

2. Mikrofiche-Katalog der Monographien der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek (ohne die nach Provenienz aufgestellten historischen Sammlungen)

[nach PI mit modifizierten Ordnungsregeln; verfilmter Zettelkatalog]

3. Zettelkatalog mit provisorischen Titelaufnahmen der Sammlungen Weickum, Harmonie, Mammelsdorf u. a. [unvollständig; nach Hausregeln, z. T. hschr.]

Bandkatalog der Sammlungen Palatina, Jesuitenkolleg und Desbillons (und von Teilen der Sammlung Mammelsdorf) [100 Bde, eine Titelaufnahme je Seite, hschr., kaum lesbar; Rückvergrößerung eines Films der alten Zettelkataloge aus den siebziger und achtziger Jahren des 19. Jhs; trotz späterer Ergänzungen und Korrekturen unvollständig (nicht alle angebundenen Drucke sind aufgenommen) und unzuverlässig, weist vier Fünftel der Bestände vor 1800 nach]

Der Bandkatalog wird allmählich durch neue Aufnahmen ersetzt. In Bandform sind erschienen:

Katalog der Bibliothek Desbillons. 1. Abteilung: Belles Lettres. Mannheim 1986

[2 Bde, nach RAK-WB; ca. 5000 Titel, Reproduktion von Katalogzetteln]

Alphabetischer Katalog juristischer Bücher vor 1800. Bibliotheken Desbillons, Jesuitenkolleg und Palatina. Mannheim 1988

[verkürzte Titelabschrift, Anlehnung an RAK-WB; ca. 2200 Titel, Reproduktion von Katalogzetteln]

Seitdem die Universitätsbibliothek dem Südwestdeutschen Bibliotheksverbund (SWB) angeschlossen ist (1988), werden auch die alten Titel im Verbund katalogisiert. Ca. 10.000 Titel der Bibliothek Desbillons (Abteilungen Geschichte, Theologie, Wissenschaften und Künste) sind inzwischen im SWB-Katalog nachgewiesen (Stand 1993). Dazu kommen ca. 1500 " konvertierte" Titel der Abteilung Belles Lettres.

Mannheimer Zeitschriftenverzeichnis

[Zettelkatalog, nach RAK-WB; auch Mikrofiche-Ausgabe (COM aus der Zeitschriftendatenbank); Nachweis der gesamten älteren Zeitschriften]

Sachkataloge:

Systematischer Katalog der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek

[Zettelkartei, 26 Sachgruppen, ohne Feingliederung; erschließt den gesamten Numerus-currens-Bestand dieser Bibliothek]

Systematischer Katalog. 1987/88

[Zettelkartei, 26 Sachgruppen, ohne Feingliederung; erschließt die übrigen Bestände des 19. Jhs]

Für die vor 1800 gedruckten Bücher wird eine Datei aufgebaut ( s. o. 2.8), die u. a. systematische Notationen nach folgender Neufassung der historischen " französischen Systematik" enthält: Ville de Toulouse, Bibliothèque: Cadre de classement systématique du catalogue des livres anciens imprimés (1450-1815). Ed. revue par Elisabeth Coulouma. Toulouse 1985 [Ms.]. Bisher sind 12.000 Drucke (von 32.500) auf diese Weise erfaßt worden.

Zentrale Nachweise:

Die Bestände sind im Zentralkatalog Baden-Württemberg, in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) und zum großen Teil ( s. o.) im Südwestdeutschen Bibliotheksverbund (SWB) nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Systematischer Katalog der Bibliothek Desbillons

[um 1790, 3 Bde, hschr.; " französische Systematik", 202 Gruppen]

Alphabetischer Katalog der Bibliothek Weickum

[Mitte 19. Jh, hschr.]

Standortkatalog der Bibliotheken Palatina, Desbillons und Jesuitenkolleg

[um 1885; hschr.; 20 Sachgruppen]

Katalog der Harmonie-Bibliothek in Mannheim nach dem Stand vom 1. Januar 1896. Mannheim 1896

[ca. 16.000 Titel in 31 Gruppen; letzter einer langen Reihe gedruckter Kataloge; s. u. 4.2, Makowski]

Oeser, Max: Katalog der Öffentlichen Bibliothek im Großherzoglichen Schlosse zu Mannheim. 4., vervollständigte Ausgabe mit einem Sonderverzeichnis der Mannheimer Drucke. Mannheim 1905

Katalog der Städtischen Zentralbibliothek Mannheim. Mannheim 1913

Oeser, Max: Verzeichnis der Bibliothek Julius Mammelsdorf. I: Spanische Literatur. 1: Wissenschaft. Mannheim 1927 (Städtische Schloßbücherei Mannheim. Katalog Sondersammlungen 1)

Bibliothek der Handels-Hochschule Mannheim. Abteilung Karl Weil-Bibliothek für Naturwissenschaften und Technik. Bücherverzeichnis. Mannheim 1919

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Im Stadtarchiv Mannheim befinden sich die Akten des Karl-Friedrich-Gymnasiums (des Großherzoglichen Lyzeums) und der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek (der Städtischen Schloßbücherei). Vgl. dazu die Angaben bei Renate Decke-Cornill, Repertorium bibliotheksgeschichtlicher Quellen. Wiesbaden 1992, S. 86-87

Das Zugangsverzeichnis der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek wird im Städtischen Reiß-Museum aufbewahrt.

Das Universitätsarchiv besitzt Akten der Handelshochschule, die deren Bibliothek betreffen.

Statuten des Vereins für eine öffentliche Bibliothek in Mannheim. Mannheim 1881 u. ö.

Jahresbericht des Vereins für eine öffentliche Bibliothek in Mannheim. Mannheim 1872 ff.

4.2 Darstellungen

Oeser, Max: Städtische Schloßbücherei Mannheim. Kurzer Führer durch ihre Sammlungen. Mannheim 1926

Leyh, Georg: Die wissenschaftliche Stadtbibliothek. Tübingen 1929

Meyer, Herbert: Die Entwicklung des Mannheimer Bibliothekswesens bis zur Gründung der Öffentlichen Bibliothek 1870. In: Mannheimer Hefte (1962) Heft 2, S. 8-17

Meyer, Herbert: Einhundert Jahre Mannheimer Schloßbücherei. Ein Nekrolog. In: Mannheimer Hefte (1971) Heft 1, S. 40-51

Makowski, Ilse: Emanzipation oder " Harmonie" zur Geschichte der gleichnamigen Mannheimer Lesegesellschaft in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. München (usw.) 1988

Dubois, Pierre: Le Père Desbillons. Bourges 1887

Maag, Georg (Hrsg.): Ein antiphilosophisches Experiment im 18. Jahrhundert. F.-J. Terrasse Desbillons. Mannheim 1986

Glockner, Rudolf: Habent sua fata libelli. Aus der Geschichte der Gymnasiumsbibliothek. In: Karl A. Müller (Hrsg.): Dreihundert Jahre Karl-Friedrich- Gymnasium. Mannheim 1973, S. 167-173

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Becker, Christina; Grotefend, Volker; Kiefer, Gernot: Schriften von und über Voltaire aus dem 18. Jh in Mannheim. Mannheim 1978

Schibel, Wolfgang: Alte Drucke in der Universitätsbibliothek Mannheim. In: Gesellschaft der Freunde der Universität Mannheim. Mitteilungen. Oktober 1978, S. 44-51

Stand: November 1991

Wolfgang Schibel


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.