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Zentralbibliothek der Wiener Franziskanerprovinz

Adresse. Franziskanerkloster, Hauptstr. 5, 2344 Maria Enzersdorf [Karte]
Telefon. (02236) 22 531

Unterhaltsträger. Wiener Franziskanerprovinz
Funktionen. Zentralbibliothek für den Altbestand aus den Klöstern der Wiener Provinz; Hausbibliothek des Maria Enzersdorfer Klosters.
Sammelgebiete. Praktische Theologie, Aszetik, Geschichte.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Benützung nur nach schriftlicher Voranmeldung. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Anmeldung erforderlich. Südbahn bis Brunn am Gebirge; Bus von Wien (Südtirolerplatz) nach Maria Enzersdorf (Richtung Mödling). - A 2 bis Knoten Vösendorf, A 21 bis Brunn am Gebirge, B 11 bis Maria Enzersdorf.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das Maria Enzersdorfer Franziskanerkloster ist der älteste noch bestehende Konvent dieses Ordens in Niederösterreich. Es wurde wahrscheinlich während des zweiten Österreich-Aufenthalts des Bußpredigers Johannes Capistranus (1386-1456) zwischen 1454 und 1455 gegründet. Nach der Zerstörung des Gebäudes durch die Türken (1529) und der Aufhebung des Klosters 1533 besiedelten die Franziskaner das Haus erst wieder im Zuge der Gegenreformation (1632). 1683 neuerlich von den Türken verwüstet, nahm das Kloster durch die mit dem Jahr 1730 einsetzende Wallfahrt einen bedeutenden Aufschwung, der mit einer Unterbrechung durch den Josephinismus bis zum Anfang des 20. Jhs anhielt. Im 18. Jh wirkte hier der bekannte barocke Historiograph P. Placidus Herzog, der eine Geschichte der Wiener Franziskanerprovinz verfaßte (Cosmographia Austriaco-Franciscana Provinciae Austriae Ord. Min. S. Francisci, Köln 1740). Eine detaillierte Geschichte der Bibliothek für diese Zeitspanne läßt sich nicht eruieren, lediglich die verstärkte musikalische Tätigkeit im Rahmen der Wallfahrt ist dokumentiert (Grasemann, s. u. 4).

1.2 Der heute im Maria Enzersdorfer Franziskanerkloster aufgestellte Buchbestand setzt sich aus mehreren Sammlungen mit unterschiedlichen Bestandsgeschichten zusammen. Sie bilden mit der eigentlichen Hausbibliothek einen Teil der Zentralbibliothek für

den Altbestand aller Klosterbibliotheken der Wiener Franziskanerprovinz. Zu diesem Zweck wurde in den Jahren 1962 bis 1964 mit dem Bau eines Bücherspeichers begonnen, der 1968 fertiggestellt werden konnte. Seit den sechziger Jahren wurden sieben Ordensbibliotheken der Wiener Franziskanerprovinz nach Maria Enzersdorf transferiert, und zwar aus den Klöstern St. Pölten (1968/1969), Frauenkirchen (1969/1970), Wien (1971/1972), Maria Lankowitz (1975), Eisenstadt (1976), Tieschen (1981/1982) und Maria Lanzendorf (1968/1992). Es handelt sich dabei nahezu ausschließlich um Werke des 18. und 19. Jhs. Der andere Teil der Zentralbibliothek umfaßt die ältere Literatur (Inkunabeln und Werke des 16. und 17. Jhs) und befindet sich im Grazer Franziskanerkloster.

1.3 Anfangs waren die Bestände der einzelnen Klöster geschlossen aufgestellt. Aus Platzgründen vereinigte man die unterschiedlichen Sammlungen. Dadurch wurden die teilweise vorhandenen alten Kataloge unbrauchbar, der 1982 von P. Eugen Berthold (1912-1992) begonnene neue Katalog umfaßt erst ein Drittel des Gesamtbestandes.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Da für den Gesamtbestand kein vollständiger Katalog existiert, wurden die Bandzahlen mittels Teilzählung am Regal hochgerechnet. Die insgesamt über 90.000 Bde (ca. 50.000 Titel) verteilen sich hauptsächlich auf das 18. Jh (rund 25.000 Bde) und 19. Jh (rund 40.000 Bde). Rund 1500 Bde tfallen auf das 16. und 17. Jh. Die restlichen 25.000 Bde erschienen im 20. Jh. Der bisher katalogisierte Bestand umfaßt ca. 17.000 Titel in 27.000 Bdn. Davon sind 15.600 Titel dem historischen Buchgut zuzuzählen - 7 Titel aus dem 16. Jh, 250 aus dem 17. Jh, 6000 aus dem 18. Jh (2100 aus der ersten, 3900 aus der zweiten Hälfte) sowie 9350 aus dem 19. Jh (3650 aus der ersten, 5700 aus der zweiten Hälfte). Lediglich diese Bücher wurden in den weiteren Ausführungen berücksichtigt. Da jede einzelne Büchersammlung zahlreiche Standardwerke enthält, ist im Gesamtbestand mit einer hohen Zahl an Dubletten zu rechnen.

2.2 10.900 Werke liegen in deutscher Sprache vor (70 Prozent), 3600 in Latein (23 Prozent), 800 in romanischen Sprachen (5 Prozent) sowie 300 in Ungarisch und in slawischen Sprachen (2 Prozent).

Systematische Übersicht

2.3 Die systematische Gliederung des Katalogs, die den hier zusammengeführten franziskanischen Bibliotheken gemeinsam ist, folgt dem Alphabet und ordnet jedem Buchstaben ein Fachgebiet zu. Diese Einteilung wurde bei der Auszählung weitgehend übernommen. 860 Titel sind Biblica, darunter eine Konkordanz zur Vulgata (Hugo de Sancto Charos Sacrorum Bibliorum Vulgatae Editionis Concordantiae, Lyon 1649), eine Dietenberger-Ausgabe aus dem Jahr 1719 (Sacra Biblia, das ist: die gantze Heilige Schrifft/Altes und Neues Testaments, Frankfurt und Nürnberg) sowie zahlreiche Bibel-Editionen Franz Joseph Alliolis (z. B. Die heilige Schrift des alten und neuen Testamentes, Nürnberg 1830). 440 Titel gehören zur Patristik (z. B. Aurelius Augustinus' Libri Confessionum, Leiden: Elzevier 1675).

2.4 Die 710 dogmatischen Werke umfassen die gängigen Lehrbücher meist jesuitischer Autoren. Zum Protestantismus sind 60 Titel vorhanden (z. B. Johann Nicolaus Weislingers Friß Vogel oder stirb! das ist: Ein wegen dem wichtigen Glaubensarticul des Christenthums von der wahren Kirchen mit allen uncatholischen Prädicanten scharf vorgenommenes Examen und Tortus, Straßburg 1726). Die Apologetik ist mit 770 Titeln, vor allem des 17. Jhs, vertreten, darunter Die Abgötterei unsers philosophischen Jahrhunderts (Mannheim 1779). In diese Kategorie fällt auch das von Heinrich Lasserre herausgegebene Evangelium Renan's (Mainz 1864). An Literatur zu den nichtchristlichen Religionen gibt es lediglich die Erstausgabe von David Megerlins Die türkische Bibel, oder des Korans allererste teutsche Uebersetzung (Frankfurt 1772). Maria Enzersdorf Wiener Franziskanerprovinz

2.5 640 Titel sind der Moraltheologie zugeordnet (z. B. Johann Baptist Hirschers Christliche Moral, Tübingen 1845). Nahezu ein Viertel des Bestandes entfällt auf die Praktische Theologie. Zur Pastoraltheologie finden sich 530 Titel, zur Katechetik 710 (z. B. Der Kleine deutsche Catechismus von Petrus Canisius, Konstanz 1644). 410 Liturgica (z. B. Joseph Johann Nepomuk Pehems Abhandlung von der Einführung der Volkssprache in den öffentlichen Gottesdienst, Wien 1783) gehören ebenso zu dieser Gruppe wie 2210 Titel zur Homiletik, darunter auch kleine Faszikel mit einzelnen Predigten (z. B. Wenzeslaus Teis' Göttlicher Attributs-Streitt der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit ...gegen von 1679 regierenden Pest-Seuche auff den Graben ...an den letzten Sonntag in October Vor Ihro Mayestät Carolo VI. vorgetragen, Wien 1725).

2.6 Ein weiterer Schwerpunkt der Sammlung liegt auf der Aszetik, die mit 2890 Titeln fast 20 Prozent der ausgezählten Werke ausmacht. Diese Gruppe umfaßt Erbauungsliteratur und Andachtsbücher sowie Titel zur Spiritualität (z. B. Johannes' vom Kreuz Opera mystica, Köln 1710) und Wallfahrtsschriften (z. B. Wallfahrts-Büchel nachher Groß-Maria-Zell in Steyermarckt worinnen die Unterweisung fruchtbar und gottseelig diese Kirchfahrt zu verrichten, Wien 1714). Die franziskanische Ordensspiritualität ist mit 210 Titeln repräsentiert (z. B. Weg der Franciscaner nach dem himmlischen Jerusalem. Die Regel und Testament des Heiligen seraphischen Vaters Franziskus, Kempten 1766).

2.7 310 Titel befassen sich mit dem Kirchenrecht (z. B. Jus Canonicum Abbreviatum, id est Quinque Librorum Decretalium, Linz 1748), 770 mit der Hagiographie (z. B. Acta utriusque Processus in causa Canonisationis Beati Joannis Nepomuceni Martyris, Wien 1722). Der Kirchengeschichte sind 740 Titel zugeordnet (u. a. Joseph Fesslers Das Vaticanische Concilium dessen äußere Bedeutung und innerer Verlauf, 1871), der Profangeschichte 820 (z. B. Johann Hübners Lexicon Genealogicum, Hamburg 1739, und Gottfried Wilhelm Leibniz' Scriptores Rerum Germanicarum, Hannover 1700). Dazu gehören auch die Geographica mit 200 Titeln, darunter die Mappae Geographicae von Antonius Paulus (Wien 1726) und Amédée François Freziers Allerneueste Reisen nach der Süd-See und denen Küsten von Chili, Peru und Brasilien (Hamburg 1718).

2.8 Auf die Philosophie entfallen 280 Titel (darunter ein Rarum, De Ritibus Sinensium erga Confucium Philosophum, Augsburg und Dillingen 1701), auf die Pädagogik 140 (z. B. Christian Schöttgens Historie des ehedem auf Universitäten gebräuchlich gewesenen Pennal-Wesens, Dresden und Leipzig 1747). Der Bestand zur Literatur beläuft sich auf 1100 Titel: 320 Sprachlehren, z. B. Caspar Stielers (Pseudonym: Der Spate) Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs (Nürnberg 1691), 590 Werkausgaben inklusive der Klassischen Philologie und 190 Lexika.

2.9 570 Titel liegen zu naturwissenschaftlichen Fächern vor. Zur Medizin finden sich 290 Titel (z. B. Hermann Boerhaaves Commentario. Kurzgefaßte Lehrsätze von Erkenntniß und Heilung der sogenannten Chirurgischen Krankheiten, Danzig 1753), zu Landwirtschaft und Gewerbe 80 (z. B. Jean Paul de Rome d'Ardènes Tractat von den Ranunkeln, Nürnberg 1754, und die anonyme Neu entdeckte Lacquir-Kunst, Dresden 1716 ). Die übrigen 200 Titel befassen sich mit Mathematik, Chemie und Alchemie (z. B. Georg Wellings Opus Mago-Cabbalisticum et Theosophicum, Frankfurt und Leipzig 1760), Physik (z. B. die Erstausgabe von Gustav Theodor Fechners Über die physikalische und philosophische Atomenlehre, Leipzig 1855) sowie Astronomie und Astrologie (z. B. Johannes Sarcandrius' Sarcandrischer Himmels-Circkel, München 1722).

2.10 230 Titel sind Varia, darunter Kuriosa, z. B. Augustin Calmets Von Erscheinungen der Geisteren und denen Vampiren in Ungarn, Mähren (Augsburg 1751) und Wilhelm Derhams Astrotheologie, oder Anweisung zu der Erkenntniß Gottes aus Betrachtung der himmlischen Körper nebst Pyrotheologie (Hamburg 1765).

Sondersammlungen

2.11 Zeitschriftenraum. Der weitgehend noch ungeordnete Zeitschriftenbestand setzt sich aus geschätzten 350 Titeln zusammen. 50 davon erschienen im 19. Jh, z. B. Die Kanzel. Eine homiletische Monatsschrift (1868 ff.).

2.12 Musikarchiv. Die dem Kloster angeschlossene Pfarre beherbergt ein Musikarchiv, das vor allem Notenhandschriften und -drucke zur Wallfahrt umfaßt. Es finden sich jedoch nur 10 Drucke aus dem 19. Jh.

3.KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Die modernen Kataloge umfassen nur ungefähr ein Drittel des Gesamtbestandes, etwa 27.000 Bde. Sie sind nach hauseigenen Regeln erstellt.

Autorenkatalog

[mschr. Zettelkatalog in 34 Laden]

Systematischer Katalog

[mschr. Zettelkatalog in 22 Laden]

Sachkatalog

[mschr. Zettelkatalog nach Titeln in 24 Laden]

Standortkatalog

[mschr. Zettelkatalog in 19 Laden]

Katalog nach Erscheinungsjahren

[mschr. Zettelkatalog in 24 Laden]

Katalog nach Erscheinungsorten

[mschr. Zettelkatalog in 12 Laden]

3.2 Historische Kataloge

Autorenkatalog der ehemaligen Wiener Hauptbibliothek

[mschr. und hschr. Zettelkatalog, erstellt Anfang des 20. Jhs]

Autoren- und Sachkatalog der ehemaligen Wiener Noviziatsbibliothek

[mschr. und hschr. Zettelkatalog, angelegt Anfang des 20. Jhs]

Die übrigen Kataloge sind systematisch untergliederte Autorenkataloge. Die einzelnen Fachgebiete sind den Buchstaben des Alphabets zugeordnet.

Fach-Autorenkatalog

[hschr., ein Band, vermutlich ehem. Katalog der Wiener Bibliothek, 1757]

Fach-Autorenkatalog der ehemaligen Wiener Bibliothek [hschr., 3 Bde, erstellt im 19. Jh]

Fach-Autorenkatalog der ehemaligen St. Pöltener Bibliothek [hschr., 22 Bde, angelegt im 19. Jh]

Fach-Autorenkatalog der ehemaligen Maria Lankowitzer Bibliothek [hschr., ein Band, 1748]

Fach-Autorenkatalog der ehemaligen Maria Lankowitzer Bibliothek [hschr., ein Band, 19. Jh]

Standortkatalog der ehemaligen Maria Lankowitzer Bibliothek [hschr., ein Band, 19. Jh]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Haßlinger, Felix: Geschichte der Wallfahrtskirche, des Klosters und der Gemeinde Maria-Enzersdorf. Maria Enzersdorf 1930 [zur Bibliothek S. 7-16]

Opll, Ferdinand: Brunn am Gebirge, Perchtoldsdorf, Maria Enzersdorf. Niederösterreichischer Kulturführer. Wien 1984 [zur Bibliothek S. 58-59]

Petrin, Silvia: Geschichte von Maria Enzersdorf. Wien 1979 [zur Bibliothek S. 57-68]

Grasemann, Friederike: Die franziskanische Messenkomposition im 17. und 18. Jahrhundert, gezeigt an dem Notenbestand des Maria Enzersdorfer Klosterarchivs (Diss., Wien 1963, mschr.)

Stand: März 1994

Erika Seitlinger

Christoph Steiner


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.