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Wiener Stadt- und Landesbibliothek

Adresse. Neues Rathaus, Stiege 4, 1. Stock, 1082 Wien; [Karte]
Musiksammlung: Bartensteingasse 9, 1010 Wien [Karte]
Telefon. . (0222) 4000-84 920, Musiksammlung: 84 950
Telefax. . (0222) 4000-7219
Telex. . 114 735
Bibliothekssigel. .<30>

Unterhaltsträger. . Stadt Wien
Funktionen. . Öffentlich zugängliche wissenschaftliche Bibliothek der Stadt und des Landes Wien; Amtsbibliothek des Magistrats, bestehend aus Druckschriften-, Handschriften- und Musiksammlung.
Sammelgebiete. . 1. Allgemeine Sammelgebiete. Literatur zur Geschichte, Topographie und Kultur der Stadt Wien (Viennensia), Werke von in Wien geborenen oder lebenden Autoren unabhängig vom Inhalt; Austriaca; Standardwerke aus verschiedenen Fachgebieten; juristische und verwaltungstechnische Literatur; Werke zur Kommunalverfassung und -verwaltung anderer Städte. - 2. Besondere
Sammelgebiete. : Wiener Musikalien (Schubert, Strauß-Dynastie).

Benutzungsmöglichkeiten. . Präsenzbibliothek. - Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 9-18.30 Uhr, Freitag 9-16.30 Uhr. Musiksammlung: Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag 9-15.30 Uhr, Mittwoch 9-18.30 Uhr. Handschriftensammlung: Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag 9-15.30 Uhr, Donnerstag 9-18.30 Uhr. Sperre für Reinigungsarbeiten in den ersten drei Wochen im August jeden Jahres. - Leihverkehr: ÖLV, internat. Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für Benutzer. Kopiergerät, Reader-Printer, Mikrofilm-Lesegeräte, Bildschirme für EDV-Online-Katalog zur Recherche.
Gedruckte Informationen. Die Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Hrsg. von Herwig Würtz. Wien 1992.
'Hinweise für anreisende Benutzer.' Kopien können bei Arbeitsüberlastung nicht am selben Tag angefertigt werden. Schriftliche Bestellung von Kopien möglich. Kopierbeschränkungen bei Zeitungen (nur verfilmte Zeitungen können kopiert werden) und älteren Werken. - U 2 bis Haltestelle Rathaus oder Ringlinien der Straßenbahn, Haltestelle Burgtheater. - Kurzparkzonen rund um das Rathaus.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die erste Erwähnung einer Bibliothek im Alten Rathaus, Wipplingerstraße 8, datiert aus dem Jahre 1466. Eine Kammeramtsrechnung verzeichnete damals die Reparatur eines Schlosses in der librej. Es gab jedoch noch eine weitere ältere Bibliothek in Wien, die dem Rat der Stadt unterstand - die Bibliothek der Bürgerschule zu St. Stephan (Stephansplatz 3). Diese Bürgerschule wird schon 1237 im Privilegium Kaiser Friedrichs II. genannt. Sie war bis zur Gründung der Universität 1365 die bedeutendste Lehranstalt der Stadt und diente vornehmlich der Heranbildung von Geistlichen. Deren 1446 in der Ordnung der Schule zu St. Stephan (s. u. 4.1) erstmals erwähnte Bibliothek (Lectorium) - da im Dokument von einem Neubau die Rede ist, wird angenommen, daß sie schon vorher existierte - stand in engem Zusammenhang mit der benachbarten Kantorei zu St. Stephan, was vor allem zur Erwerbung geistlicher Musikstücke durch die Bibliothek führte.

1.2 Die Bücher lagen auf Pulten und waren mit Ketten angehängt, die zur größeren Beweglichkeit an Eisenstangen hinliefen. Sie durften vom Rektor und den drei Kuraten, allerdings nur im Bibliotheksraum, benützt werden. Einer der bedeutendsten Rektoren dieser Bürgerschule war der aus Bayern stammende Doktor der Medizin, kaiserliche Physikus, Astronom und Philosoph Georg Ratzenberger (Rektor 1503-1537), der seine zahlreichen Bücher der Bibliothek vermachte. Sie wurden auf Kosten der Stadt Wien gebunden und in der Steinhütten, Dombauhütte und Zunfthaus der Steinmetze neben der Bürgerschule, untergebracht. Wie die Kammeramtsrechnungen verzeichnen, hat Georg Schilher, Puchfuerer und Bürger des Äußeren Rates der Stadt Wien, sie 1575 in ain richtig guete Ordnung gebracht und die Buecher in ainem Cathalog beschriben (Camesina, s. u. 4.2). Wien 2 Wiener Stadt- und Landesbibliothek

1.3 1632 wurde die bedeutende Bibliothek der Bürgerschule wegen eines Umbaues in das Rathaus transferiert und mit der eigentlichen Stadtbibliothek vereinigt. Wie weit die Bibliothek der Bürgerschule auch der Stadt unterstand und vor der Gründung der eigentlichen Rathausbibliothek als Amtsbibliothek diente, ist nicht geklärt. Auch über den Bestand der Rathausbibliothek sind wir nicht unterrichtet. Er dürfte aber, wie aus späteren Verzeichnissen hervorgeht, vor allem diverse Handwerks-, Markt-, Polizei-, Infektions- und Steuerordnungen umfaßt haben sowie historische Werke, die im Auftrag des Magistrats veröffentlicht worden waren.

1.4 1690 wurde die Bibliothek dem Wiener Bürger Jakob Rudolf Kirchen anvertraut, der einen ausführlichen Katalog verfaßte. Sein Catalogus bibliothecae civicae Viennensis, der sich nun in der Österreichischen Nationalbibliothek befindet, bot nach der Sitte der Zeit eine nach Sachgebieten und Sprachen geordnete Übersicht, die den Bestand gliederte in Libri theologici, iuridici, historici, medici, mathematici, astronomici, astrologici, geographici, optici, arithmetici, humaniores litteras, ut sunt philosophi, oratores, rhetores, dialectici, grammatici et alii permixti generis libri, Graeci, Hebraeici, Poetae, libri protestantium (s. u. 3.3).

1.5 Es gab damals im Rathaus keine eigenen Bibliotheksräume. Die Bücher waren in der Stadtbuchhalterei untergebracht. Um 1725 begann man mit der Adaptierung eines eigenen Raumes, den der Maler Johann Michael Rottmayr mit sieben Gemälden ausstattete. Der bedeutendste und letzte Bibliothekar der alten Wiener Stadtbibliothek war Philipp Jakob Lambacher (um 1700-1774). 1733 zum Bibliothekar ernannt, versuchte er, die Bestände nach Sachgebieten geordnet zur Aufstellung zu bringen und zu katalogisieren. 1750 erschien der erste Teil seines gedruckten Kataloges zu den theologischen Werken von 1460-1560, Bibliotheca Vindobonensis Civica, Pars I: Libros Theologicos complectens, der vier Hauptgruppen unterschied: 1) Bibeln in allen Sprachen, exegetische und kritische Schriften sowie Konkordanzen, 2) Kirchenväter, 3) Theologen nach den Kirchenvätern, 4) Jüdische und kabbalistische Theologie (Anhang). Eine Rezension dieses Kataloges erschien 1751 in der Leipziger Monatsschrift Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit (s. u. 4.2).

1.6 Einen vollständigen, nach dem Alphabet geordneten Autoren-Bandkatalog hatte Lambacher kurz zuvor vollendet. Nach diesem Catalogus auctorum universalis bibliothecae Vindobonensis civicae war der älteste damals in der Stadtbibliothek verwahrte Druck das 1460 in Mainz bei Fust und Schöffer gedruckte Buch Clementis V. Constitutiones cum glossa. Während der Amtszeit Lambachers wurden der Stadtbibliothek auch mehrere Privatbibliotheken einverleibt, u. a. die Bibliothek des Barons Kriechbaum, die sogenannte Scheserische Bibliothek und die Graf Oedtsche Privatbibliothek. Leider sind keine weiteren Angaben zu diesen privaten Sammlungen eruierbar. Lambacher starb 1774, er fand keinen Nachfolger. Die josefinischen Gemeindereformen (Aufhebung der Autonomie der Stadtverwaltung), aber auch Raum- und Geldmangel seitens der Gemeinde veranlaßten 1780 eine zur Regulierung des städtischen Wirtschaftswesens eingesetzte Hofkommission dazu, die Bestände der Stadtbibliothek gegen eine Vergütung von 6000 Gulden an die Hofbibliothek (jetzt Nationalbibliothek) zu übertragen.

1.7 Der Bestand war damals auf 3905 gedruckte Werke in 4037 Bdn und 351 Inkunabeln angewachsen. 1182 Werke, die in der Hofbibliothek fehlten, und 1215 Ausgaben, die von den dort vorhandenen verschieden waren, dokumentieren die Besonderheit dieser Sammlung. Von den Inkunabeln fehlten der Palatina 176. Über die transferierten 76 Hss. sind wir durch einen Auszug unterrichtet, der im Jahre 1913 aus den in der Nationalbibliothek verwahrten Verkaufsakten angefertigt wurde, dem Elenchus codicum manuscriptorum in bibliotheca civica Vindobonensi existentium, ex actis bibliothecae Palatinae descriptus. Unter den Mss. ragten das Psalterium canticum aus dem 12. Jh, vermutlich aus der St. Stephanskantorei stammend, mehrere Rechtskodizes, wie z. B. die Handfeste der Stadt Wien aus dem 15. Jh, das Lehenrechtsbuch Kaiser Friedrichs III. aus dem 15. Jh und ein bayerisches Landrecht aus dem 14. Jh hervor. Alle diese Bücher, die ehemals der Stadt Wien gehörten, wurden in der Hofbibliothek mit einem besonderen Exlibris gekennzeichnet.

1.8 Die Stadt Wien begnügte sich in den Folgejahren mit einer kleinen juristischen Handbibliothek im Rathaus. Der damalige Bürodiener und spätere Historiker und Bibliotheksleiter Karl Weiß (1826-1885) legte zu diesem in einem Kasten des Magistratspräsidiums verwahrten Bestand ein handschriftliches Verzeichnis an. Erst im April 1856 faßte der Gemeinderat der Stadt Wien unter Bürgermeister Johann Kaspar Freiherr von Seiller den Beschluß zur Wiedererrichtung der Stadtbibliothek. Die Auflagebestimmungen und
Sammelgebiete. sind bis heute unverändert geblieben und umfassen Viennensia, Juridica und Varia, die sich in irgendeiner Form mit Wien und Österreich, mit Kunst, Kultur, Literatur und Wissenschaft dieses Raumes befassen. Als Grundstock für die neue Sammlung dienten die vorhandenen 400 Bde der Handbibliothek des Magistratspräsidiums.

1.9 Den wechselnden finanziellen Möglichkeiten entsprechend wurde die Sammeltätigkeit aufgenommen. Man war zunächst bemüht, die Basis einer Verwaltungsbibliothek beizubehalten. 1863 wurde der Posten eines Archivars und Chronisten eingerichtet. Mit einem Sonderkredit von 1000 Gulden konnten Ankäufe in größerem Stil durchgeführt werden. Nach der 1865 festgesetzten Bibliotheksordnung erfolgte die Benützung der Gemeindebibliothek damals noch durch Ausleihen der Bücher, es gab keinen Lesesaal. Benützungsberechtigt waren Gemeinderatsmitglieder, Mitglieder der Bezirksausschüsse, Kommunalbeamte und Lehrer.

1.10 1868 gab es bereits mehr als 9000 Bde. 1876 beschloß der Gemeinderat den Ankauf aller neu erscheinenden Werke zur Geschichte und zum Theaterwesen Wiens. Daneben wurden bedeutende Nachlässe übernommen: Die Bibliothek des Margaretner Gastwirts Franz Haydinger (1876), deren 5253 Werke 1449 Viennensia, 289 Josefinica, dazu Theaterdrucke der Hanswurstperiode, andere Theatralia und eine Sammlung von Todesurteilen enthielten. 1879 wurde der zweite Teil der berühmten Bibliothek des Historikers und Germanisten Theodor von Karajan (1810-1873), allerdings nicht vollständig, angekauft. Aus dem Nachlaß Albert Ritter von Camesinas (1806-1881, Graphiker und Altertumsforscher) gelangte vor allem Literatur zur Stadtgeschichte und zu Wohn- und Befestigungsanlagen des 16. Jhs an die Bibliothek. Franz Grillparzers Nachlaß, 1878 von Katharina Fröhlich der Stadt Wien gewidmet, legte den Grundstein zur Autographensammlung, die in den folgenden Jahren durch viele Dichternachlässe (z. B. Ludwig Anzengruber, Eduard von Bauernfeld, Ferdinand von Saar) erweitert werden konnte.

1.11 1886 übersiedelte die Stadtbibliothek in die heute noch benützten Räumlichkeiten mit Lesesaal und Katalogzimmer im Neuen Rathaus am Friedrich-Schmidt-Platz. Damals wurde ein neuer Nominalkatalog mit rund 20.000 Titeln in 32.000 Bdn sowie ein neuer Fachkatalog mit 20 Untergruppen angelegt. 1889 erfolgte mit Gemeinderatsbeschluß eine Organisationsänderung. Die Bibliothek sollte nun zusammen mit dem 1887 gegründeten Historischen Museum die Städtischen Sammlungen bilden (bis 1939); das seit 1863 mit der Bibliothek vereinigte Archiv wurde als eigene Abteilung abgetrennt. In der Folge entwickelte sich die Stadtbibliothek immer deutlicher von der Amtsbibliothek zum wissenschaftlichen Instrumentarium für die Erforschung und Dokumentation der Geschichte Wiens. Die Beschränkung auf den internen administrativen Verkehr wurde aufgehoben.

1.12 Bibliotheksleiter und Literaturhistoriker Carl Glossy (1848-1937) förderte gezielt den Ausbau der Bestände zur theatergeschichtlichen Erforschung Wiens. 1905 wurden die Musikalien des allgemeinen Bestandes zusammengefaßt. Sie bildeten den Grundstock für die neugegründete Musiksammlung. Die Übernahme zahlreicher Erotica aus dem Besitz des Wiener Kaffeesieders Eduard Nikola (1823-1905) führte zum Aufbau einer nur der wissenschaftlichen Forschung zugänglichen Secreta-Sammlung. Die Faust-Sammlung entstand 1912 aus dem Legat von Alois Löw. Sehr wertvoll war auch eine geschlossene Sammlung von Adreßbüchern Wiens aus den Jahren 1859-1919, die Wilhelmine Lehmann, die Witwe des Herausgebers, der Stadtbibliothek schenkte. In der Folge der Erschließung des Grillparzernachlasses begann August Sauer 1907 mit der Herausgabe der historisch-kritischen Grillparzer-Gesamtausgabe.

1.13 Die Zeit des Ersten Weltkrieges und die Inflation in der Nachkriegszeit brachten große wirtschaftliche Probleme für die Bibliothek, der Bücherankauf mußte auf das Allernotwendigste beschränkt werden. Damals wurde die kulturkundlich interessante Kriegssammlung als Dokumentation des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens unter diesen Zeitumständen angelegt. Ab 1923 wurde das aus Einzelstücken verschiedener Nachlässe entstandene Konvolut an Plakaten durch gezielte Sammeltätigkeit erweitert. Unter den wichtigsten Erwerbungen in diesen Jahren befanden sich u. a. der Dichternachlaß Johann Nestroys (1923), der Nachlaß Marie von Ebner-Eschenbachs (1931), die Kalendersammlung von Karl Daniel Glanz mit zahlreichen Exemplaren des 18. und 19. Jhs. Für die Autographensammlung konnte vor allem die bedeutende Privatsammlung des Industriellen und Politikers Nikolaus von Dumba (1830-1900) gewonnen werden.

1.14 Im Zuge der politischen Ereignisse des Jahres 1934 hatte die Stadtbibliothek die Aufsicht über alle Exposituren der aufgelösten Arbeiterbüchereien zu übernehmen. Bei Beginn der Direktion Oskar Katanns (1936) belief sich die Zahl der Druckschriften auf 177.000 Bde. Damals kam mit dem Archiv des Wiener Kunstverlages Artaria eine wertvolle Sammlung von Noten und Autographen diverser, mit dem Verlag zusammenarbeitender Künstler an die Stadtbibliothek. Die Auflösung des Karmeliterkonventes in Döbling führte zur Erwerbung von 238 historisch-theologischen Drucken. 1937 folgte der wichtige Nachlaß Max von Portheims (1857-1937), bestehend aus 20.000 Bdn mit zahlreichen wertvollen Viennensia und Josefinica sowie einem bio-bibliographischen Zettelkatalog mit 425.000 Eintragungen zu Personen und Ereignissen der Zeit von 1780 bis 1830.

1.15 1939 erfolgte die organisatorische Trennung von Bibliothek und Museum, das Museum führte die Bezeichnung Städtische Sammlungen jedoch bis 1949 weiter. In den Kriegsjahren war die Erwerbstätigkeit stark eingeschränkt, es wurde hauptsächlich politische und Verwaltungsliteratur angekauft. Als neuer Schwerpunkt bildete sich die Südosteuropaforschung aus, die auch heute noch (vor allem mit den Beständen der Regionen Ungarn, Türkei, Südslawien) Bedeutung hat. Die Übernahme von Almanachen und Kalendern aus den Jahren 1670-1800 aus der Privatsammlung Siegfried Fuchs und von 900 Text- und Regiebüchern aus dem aufgelassenen Archiv der Wiener Volksoper trug zur Abrundung der Bestände bei. Dann unterbrach umfangreiche Bergetätigkeit den Bibliotheksbetrieb: das Dachdepot wurde wegen Bombengefahr geräumt und die Bestände in der Volkshalle im Erdgeschoß des Rathauses gelagert; Hss. und Viennensia kamen in mehrere Orte Niederösterreichs. Nach Luftangriffen in den letzten Kriegsmonaten und Verlusten an den ausgelagerten Beständen belief sich der Fehlbestand auf 2000 Bde, davon 39 Almanache und 26 ältere Drucke der Druckschriftensammlung.

1.16 In den fünfziger Jahren wurde mit dem Ausbau der Depoträume auf dem Dachboden des Rathauses begonnen, der laufend weitergeführt wird. Die Nachlässe von Wolfgang Waniek (1878-1950) und des Philosophen Wilhelm Börner (1882-1951) wurden übernommen. Anläßlich der Übersiedlung des Historischen Museums in das neue Amtsgebäude am Karlsplatz gab die Stadtbibliothek 1958 rund 200 Kunstbücher ab. Seit 1977 führt die Bibliothek die amtliche Bezeichnung Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Das ab 1982 geltende Pflichtexemplarrecht für die in Wien erscheinenden Werke entlastete das stets angespannte Budget der Bibliothek.

1.17 Hervorzuheben sind unter den in den letzten Jahren erworbenen Beständen das Verlagsarchiv Gerold mit vielen naturwissenschaftlichen Werken aus der ersten Hälfte des 19. Jhs, der Nachlaß Felix Batsy (1877-1952) mit kulturgeschichtlichen Werken, die 1985 erworbene, rund 30.000 Bde umfassende Bibliothek des Literaturhistorikers Eduard Castle (1875-1959) und 1986 die Bibliothek des Historikers und Turcica-Sammlers Walter Sturminger (1899-1973), ca. 5000 derzeit in Aufarbeitung befindliche Bände. Aufgrund des Erlasses, daß Magistratsabteilungen alle auszusondernden Bücher der Magistratsabteilung 9, Wiener Stadt- und Landesbibliothek, anzubieten haben, konnte die umfangreiche Bibliothek der Magistratsabteilung 66, Statistisches Amt der Stadt Wien, mit rund 14.000 Bdn, die noch der Aufarbeitung harren, gewonnen werden. Von den statistischen Werken zu zahlreichen inner- und außereuropäischen Städten sind rund 10 Prozent vor 1900 erschienen.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Der Gesamtbestand der Druckschriftensammlung beläuft sich auf rund 400.000 Bde. Von den 87.600 Titeln vor 1900 sind 2992 vor 1900 gedruckte Partezettel (Todesanzeigen). Die mit 11.400 Druckschriften hohe Anzahl von Titeln ohne Angabe des Erscheinungsjahres ist vor allem auf die zahlreichen Lieddrucke, vorwiegend des 19. Jhs, zurückzuführen, die der Katalog als Flugschriften oft einzeln erschließt. Von diesen Werken ohne Erscheinungsdatum sind rund 3000 dem historischen Bestand zugereiht worden, der Rest ist nicht berücksichtigt. Die Ermittlung der Bestandszahlen erfolgte durch Hochrechnung repräsentativer Abschnitte des Fachkataloges, da die Aufstellung keinen chronologischen oder systematischen Kriterien folgt.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Der Bestand vor 1900 setzt sich aus 19 Inkunabeln, 639 Titeln des 16. Jhs, 1400 des 17. Jhs, 18.257 des 18. Jhs und 64.282 Werken des 19. Jhs zusammen. Der Rest sind Werke ohne Jahresangabe.

2.3 Die bis 1550 erschienenen Bestände enthalten 94 Titel in Deutsch, 94 in Latein, 9 in Italienisch und je einen in Altgriechisch, Französisch und Ungarisch. Von den später erschienenen Büchern sind 80 Prozent deutsch-, 10 Prozent lateinischsprachig. Der Rest, etwa 10 Prozent, verteilt sich auf andere Sprachen, wobei der französischen Literatur mit 3-4 Prozent der Vorrang zukommt. Sie findet sich vor allem im Bestand des 18. Jhs, in der Secreta-Sammlung stellt sie rund 30 Prozent. Weiters sind einige theologische Werke in ungarischer Sprache erwähnenswert.

Systematische Übersicht

2.4 Die Einteilung in Fachgruppen orientierte sich an den
Sammelgebiete. n. Insgesamt umfaßt der Fachkatalog 126, bereits 1904 festgelegte Fachgruppen, die in der folgenden Übersicht jedoch in Obergruppen zusammengefaßt wurden.

2.5 Von den 19 Inkunabeln sind 4 in Wien, 6 in Nürnberg, je 2 in Venedig und Esslingen und eine in Passau gedruckt, 4 weisen keine Angaben zum Druckort auf. Die Drucke bis 1550 sind überwiegend Wiener Drucke der Werkstätten Winterburger und Singriener. Einer der ältesten Titel ist der anonym erschienene Druck einer Bulle von Papst Innozenz VIII. über die Heiligsprechung des Markgrafen Leopold: Innocentius episcopus servus servorum dei (1484). Unter den anderen sind Hartmann Schedels Buch der Geschichten der Welt-Altere (Nürnberg: Koberger 1493) und ein Kalender aus dem Jahre 1495 zu nennen. Von den Frühdrucken verdient das Wiener Heiligthumbuch (1502) aus der Sammlung Haydinger besondere Beachtung, das die Beschreibung und Abbildungen der Wiener Reliquien, Gefäße und anderer Heiligtümer enthält, die alljährlich am Weißen Sonntag vom Heiltumsstuhl gegenüber St. Stephan ausgestellt wurden. Johann Raschs Weinbuch: Von Baw Pfleg und Brauch des Weins (München: Adam Berg 1582) ist ein weiteres Beispiel für die frühen, mit Holzschnitten illustrierten Werke.

2.6 Ein Schwerpunkt des Altbestandes liegt bei der Literatur zur Geschichte Österreichs und Stadtkunde Wiens im weiteren Sinne. 10.460 Titel, wovon 40 Prozent vor 1800 erschienen sind, behandeln die österreichische Geschichte und die Geschichte einzelner Völker der Monarchie (92 des 16. Jhs, 406 des 17., 3469 des 18. und 6493 des 19. Jhs). Darunter sind an Werken zur Habsburgergeschichte 147 Titel über Maria Theresia (87 des 18. Jhs, 60 des 19. Jhs) mit vielen, im Todesjahr 1781 gedruckten Trauerreden, und 304 Titel zu Joseph II. (181 des 18. Jhs, 123 des 19. Jhs). Die großen Schwerpunkte dieser Fachgruppe bilden jedoch die beiden Sammlungen an Josefinica und Revolutionaria.

2.7 Die Josefinica-Sammlung enthält seltene Druk-kcke aus den 14 Jahren der erweiterten Preßfreiheit in Österreich. Diese begann 1781 und endete mit der erneuerten Zensurordnung 1795, wonach wieder nur Schriften mit dem Imprimatur des Zensurdepartments gedruckt werden durften. Es handelt sich in der Mehrzahl um dünne Broschüren aus Druck- und Verlagsorten der österreichischen Erblande. Von den in Werniggs Bibliographie österreichischer Drucke während der erweiterten Preßfreiheit (s. u. 5) angeführten 6304 Titeln befinden sich mehr als 90 Prozent im Bestand der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, die inhaltlich mehreren Fachgebieten zugeordnet sind. Mit 2164 Titeln an Schöner Literatur sind österreichische Autoren der Zeit mit Werkausgaben und Einzeldrucken vertreten, so der Buchhändler, Schriftsteller und Freimaurer Alois Blumauer (1755-1798) mit 12 Titeln, Johann Michael Denis (1729-1800), Bibliothekar der Hofbibliothek, mit 23 Titeln oder Karl Friedrich Hensler (1759-1825), Theaterdichter und Direktor diverser Vorstadtbühnen, mit 73 Titeln (vorwiegend Dramen über regionale Stoffe, z. B. der Marinellischen Schaubühne in Wien, 1790).

2.8 Von den 545 Josefinica zu Themenbereichen der Kulturgeschichte erwähnt Wernigg aus dem Bestand der Stadtbibliothek 12 Titel über Beamte, 5 zur Lage der Dienstboten, 21 über Ehemänner, Mannsbilder und Stutzer (z.B. Augustin von Leyser: Ueber die Pflicht der Ehemaenner, ihren Weibern zu gehorchen, 1791), 56 Titel über Frauenzimmer, 63 zur Freimaurerei (auch Logenverzeichnisse und Logenpublikationen), 20 über Juden, 21 über Stubenmädchen und Demoisellen, 66 Drucke und Kritiken zum Theaterwesen. 189 Drucke über Wien und die Wiener sind Stadtbeschreibungen und Schriften zu aktuellen gesellschaftspolitischen und gesellschaftlichen Fragen im Wien des späten 18. Jhs. 1306 Titel sind Wien als Kampfplatz der Theologie gewidmet, darunter nicht nur Predigten, sondern vor allem die oft polemischen und ironischen Streitschriften für und wider die josephinischen Klosterreformen, wie z. B. Johann Physiophilus' Versuch einer Mönchologie nach Linnäischer Methode (1786). 918 Titel erschienen zu historischen Themen, darunter z. B. 10 Kommentare gegen die Jakobiner und zu den Jakobiner-Prozessen in Wien (Ueber die heutigen Volksverfuerer, Wien 1795). Sodann besitzt die Bibliothek 85 Periodika und Kalender aus der josephinischen Zeit, darunter viele Schreib- und Taschenkalender. 1170 weitere Drucke führt Wernigg zu Themen der Wissenschaft, Kunst, Recht und Verwaltung an, wobei u. a. 70 Titel aus der Stadtbibliothek zu Fragen des Schulwesens vorliegen, vor allem zur Normalschule (z. B. Johann Ignaz von Felbigers Anekdoten zur Geschichte des Angriffs und der Vertheidigung der Normalschulen in den k.k. Staaten, 1784).

2.9 Die Sammlung an Revolutionaria besteht vor allem aus mehreren umfangreichen Konvoluten von Flugschriften des Jahres 1848, Aufrufen und Kundmachungen der Revolutionäre und ihrer Gegenspieler, vieler anonymer Schriften sowie zahlreicher, anläßlich der Revolution herausgegebener und zumeist recht kurzlebiger Zeitungen. Insgesamt handelt es sich um 3000 bis 4000 Stück in verschiedenen Formaten, teilweise auch illustriert. Die datierten Drucke sind in 9 Bdn Kundmachungen und Flugblätter aus dem Jahre 1848 nach Monaten des Revolutionsjahres geordnet, beginnend mit März 1848. Die undatierten Revolutionaria finden sich, nach Autoren und Schlagwörtern gereiht, in Mappen. Weiters sind 11 Bde Kundmachungen und Aufrufe 1848-1849 vorhanden und 13 Mappen Aufrufe und diverse öffentliche Bekanntmachungen aus den Jahren 1848-1850 (chronologisch nach Monaten). Der zweite Teil der Sammlung bezieht sich auf die Zeit der Franzosenkriege: 109 Blätter, z. T. in französischer Sprache, liegen zum österreichisch-französischen Krieg und der Besetzung Wiens 1805 und 1806 vor. In weiteren 3 Bdn sind die Kundmachungen, Nachrichten, Aufrufe, Tagesbefehle und Urteile österreichischer und französischer Stellen aus der Zeit des österreichisch-französischen Krieges 1809, vom 9. März 1809 bis Jänner 1810, zusammengefaßt. Es handelt sich um die zweitgrößte Sammlung in Österreich, die Blätter beziehen sich großteils auf Wien als Druckort verschiedener Verlage, aber auch als Ort des kommentierten Geschehens. Sie stammen überwiegend aus der 1893 übernommenen Sammlung Ludwig August Frankls. Einige sind in Otrubas Verzeichnis der Wiener Flugschriften zur sozialen Frage 1848 enthalten (s. u. 5).

2.10 Zur Fachgruppe Geschichte und Topographie von Wien im geren Sinn vermerkt der Katalog 1474 Titel (20 des 16. Jhs, 30 des 17., 122 des 18. und 1802 des 19. Jhs). Neben Häuserschematismen und Stadtplänen finden sich hier frühe lokalhistorische Drucke, wie Wolfgang Schmeltzls Lobspruch der hochlöblichen und weitberümbten Khüniglichen Stat Wienn (Wien 1547 und 1548). 16 seltene Werke, alle zwischen 1529 und 1530 erschienen, handeln von der ersten Türkenbelagerung Wiens, darunter anonyme Schriften, wie Die Belägerung der Statt Wien in Österreich von dem aller grausamesten Tyrannen und Verderber der Christenheit dem türkischen Kaiser genannt Solltan Solimayn (1529, mit Holzschnitt) und Nicolaus Meldemans Ein kurzer Bericht über die warhafftig Contrafactur türkischer Belagerung der Stat Wien (1530). Unter den 114 Titeln zur zweiten Belagerung Wiens 1683 sind auch einige italienische Berichte, z. B. Giovanni Battista Campionis Nella liberazione della città di Vienna dall 'armi Ottomane (Genua 1683). Der Wiener Kongreß 1814/1815 ist mit 36 Titeln des 19. Jhs vertreten.

2.11 Zur Kulturgeschichte Wiens sind 2722 Werke vorhanden (46 des 16. Jhs, 67 des 17. Jhs, 774 des 18. Jhs und 1835 des 19. Jhs). Sie umfassen neben allgemeineren Publikationen verschiedene Themenkreise, z. B. Festlichkeiten (weltliche, kirchliche, Hoffeste und Leichenfeiern), religiöses Leben, diverse städtische Veranstaltungen und Institutionen (z. B. 33 Titel zu Bürgerwehr, Schützenkorps und Stadtbewachung, 29 über die Organisierung der Freiwilligenkorps' bis 1848), Mode bzw. Kleidung (32 Titel des 18. Jhs, z. B. Johann Valentin Neiners La Vienne demasquée oder wahrhaffter Entwurff Einiger Heutzutage passirenten und grassirenden Eitelkeiten deß jetzo lebenden Wienn, 1705). Zum häuslichen Leben sind neben 22 allgemeineren Erörterungen auch die älteste Ausziehordnung der Stadt Wien von 1725 oder frühe Handbücher des Miet- und Wohnungswesens, wie Franz Josef Kopezkys Der Wohnungs-Bestandsvertrag (Wien 1841) vorhanden. Schließlich sind Ausstellungskataloge sowie die Kataloge zu Kunstausstellungen und Auktionen diverser Wiener Institutionen, z. B. des österreichischen Kunstvereines und der ersten Ausstellungen im Künstlerhaus, hier eingeordnet. Mit der Wiener Weltausstellung 1873 befassen sich 105 Titel, alle zwischen 1873 und 1874 erschienen, darunter der von der Generaldirektion der Weltausstellung herausgegebene Officielle Ausstellungsbericht in 14 Bdn. Von der umfangreichen Literatur zum Wiener Kaffeehaus sind allerdings nur 7 Titel vor 1900, so z. B. die Statuten des Vereines der Kaffeehaus-Bediensteten Wiens (1868).

2.12 4698 Titel sind Biographien vorwiegend Wiener oder österreichischer Persönlichkeiten, von Politikern, Künstlern und Wissenschaftlern (8 des 16. Jhs, 51 des 17. Jhs, 844 des 18. und 3795 des 19. Jhs). Dazu zählen rund 200 Titel der Casanova-Sammlung - einer Sammlung von Ausgaben der Werke Casanovas und von Biographien seines Lebens in verschiedenen Sprachen - sowie 150 Titel aus der Trenck-Sammlung. Diese enthält Literatur von und über Friedrich Freiherr von der Trenck (1726-1794), Adeliger und Abenteurer in österreichischen und preußischen Militärdiensten, der als Ordonanzoffizier in Preußen inhaftiert und in den französischen Revolutionswirren 1794 hingerichtet wurde. Ihr chronologischer Schwerpunkt liegt in der zweiten Hälfte des 18. Jhs.

2.13 Die größte systematische Gruppe des Altbestandes stellt mit 25.850 Titeln die deutsche Literatur und Literaturgeschichte. Sie enthält 4 Inkunabeln und Frühdrucke, darunter das von Conrad Celtis herausgegebene Werk Septenaria sodalitas litteraria Germaniae (Wien 1500). Weiters sind 31 Titel des 16. Jhs, 87 des 17. Jhs, 4321 des 18. und 21.407 des 19. Jhs vorhanden. Neben einigen frühen Kanzleiformelbüchern und Briefstellern, z. B. Ludwig Frucks Teutsch formulari wie man in gerichtssachen und Brieffe stellen mag (Wien 1528), sind dies überwiegend Werkausgaben der bekannten deutschen Autoren der Klassik und der österreichischen Dichter des 19. Jhs, vor allem Grillparzers, Nestroys und Raimunds. Eine besondere Titelgruppe dieser Abteilung ist die Faust-Sammlung, die aus dem 1912 erfolgten Legat von Alois Löw erwuchs. Sie umfaßt rund 1000 Werke, die Faust als literarisches Thema behandeln, literaturwissenschaftliche und künstlerische Kommentare über Faustverarbeitungen sowie Studien zu Doktor Faustus unter historischen Aspekten. Bei den literarischen Bearbeitungen überwiegen Ausgaben des Goetheschen Faust, ihr chronologischer Schwerpunkt liegt im 19. Jh.

2.14 9066 Titel weisen kein Erscheinungsjahr auf, was vor allem auf die vielen in dieser Gruppe verzeichneten undatierten Lieddrucke zurückzuführen ist. Die umfangreiche Liedersammlung ist eine der reichhaltigsten Österreichs, entstanden vor allem aus den Nachlaßbibliotheken Gugitz, Portheim und der Sammlung Wolkan. Sie enthält Gassenlieder seit der josefinischen Zeit, vorwiegend aus den verschiedenen Wiener Regionen und Bezirken, wie sie z. B. in einer Auswahl von K. E. Blümml und Gustav Gugitz in Der Spittelberg und seine Lieder (Wien 1924) publiziert wurden. Dazu zählen auch Bänkeldichtung und Moritaten, die von wandernden Bänkelsängern vorgetragen und dann den Zuhörern verkauft wurden. Diese Drucke erschienen meist anonym in kleineren Verlagen und handeln von Hinrichtungen und Mordtaten, Abenteurern und Volkshelden, wie den Räuberhauptmännern Matthias Klostermayer (Bayrischer Hiasl) und Johann Georg Grasel. Unter den vielen besungenen Todesurteilen in der Stadtbibliothek ist das früheste Beispiel einer Moritat mit vollständiger Angabe von Autor, Verleger und Erscheinungsjahr: das Wohl-verdiente End-Urtheil Einer Ledigen Manns-Persohn Nahmens Andre N. (Wien: Schilgen 1735), illustriert mit einem Holzschnitt der Hinrichtung.

2.15 417 Bibliographien und 598 Titel Fachliteratur zu Bibliothekswesen, Buchdruck und Buchhandel (darunter 7 Drucke bis 1550) vervollständigen die auf das Buch als Sammlungsobjekt ausgerichteten Fachgruppen.

2.16 Die Theologie ist mit 4382 Titeln vertreten (9 Titel bis 1550, 145 Werke des 16. Jhs, 233 des 17., 1755 des 18. und 2240 des 19. Jhs). Es handelt sich vor allem um Predigtliteratur und Gebetbücher, weshalb die deutschsprachigen Werke überwiegen. Die ältesten Inkunabeln sind Petrus Nigrus (Peter Schwarz) Tractatus contra perfidos Judeos de condicionibus veri Messie (Esslingen 1475) und desselben Der Stern meschiah (Esslingen: Feyner von Gerhausen 1477, mit Holzschnitten). Aus dem 16. Jh sind 6 sehr seltene Abhandlungen über den Märtyrertod des Wiener Bürgers Kaspar Tauber (1524) vorhanden, darunter Eyn warhafftig geschicht wie Caspar Tauber, Burger zu Wienn in Osterreich für ain Ketzer, und zu dem Todt verurtaylt und außgeführt worden ist (1524) und die Leonhardt Guttman zugeschriebene Verantwortung Taubers, der zu Wien verprant ist worden (Wien 1525).

2.17 Unter den ebenfalls in dieser Gruppe eingeordneten Gebetbüchern finden sich zahlreiche und vorwiegend für den Wiener Raum typische Beispiele zu allen Phasen der Produktion und Verbreitung von 1500 bis ins 19. Jh. Das älteste ist ein in Venedig bei Peter Liechtenstein gedrucktes, aber in Wien verlegtes Breviarium ordinis sancti Benedicti de novo in monte Pannonie Sancti Martini (Wien 1519), ein zweifarbiger Druck mit einigen Holzschnitten. Für die Rezeption entscheidend war vor allem der erste, im Zuge der Gegenreformation in Wien zusammengestellte katholische Katechismus, Petrus Canisius' Summa doctrinae Christianae (Wien: Michael Zimmermann 1554), der auch die besondere Rolle des Jesuitenordens in der Wiener Gebetbuchproduktion vom 16. bis ins letzte Viertel des 18. Jhs zeigt. Weiters sind Gebetbuchgruppen zum Lauf des Kirchenjahres, für einzelne Bevölkerungsgruppen (z. B. die Studenten des Wiener Jesuitenkollegs oder die adeligen Mädchen bei den Salesianerinnen), zu Krankheit und Tod (Christlicher Krancken-Spiegel, 1730), mit Kriegsgebeten, für Hofangehörige und Mitglieder des Kaiserhauses, Gebetbücher religiöser Bruderschaften und Wallfahrer aus dem 17. und 18. Jh (z. B. Des Fegfewers Probier Teuch So Zwischen den Oesterreichischen Gebürgen Liget, 1638) und Gebetbücher als Objekte der Buchkunst vorhanden, vorwiegend aus der Biedermeierzeit. Angesichts des Aufgabenbereichs der Stadtbibliothek handelt es sich um einen erstaunlich großen Bestand, der nicht aus gezieltem Ankauf stammt, sondern zum einen aus Klosterbibliotheken kommt, die den josephinischen Klosteraufhebungen zum Opfer fielen, andererseits aus der Übernahme von Bibliotheken privater Sammler.

2.18 Unter den Predigtwerken sind die Ausgaben Abraham a Sancta Claras mit 140 Titeln (Einzelwerke und Gesamtausgaben) hervorzuheben. In der kleinen Untergruppe theologischer Werke in ungarischer Sprache befinden sich Bibeln und Bibelübersetzungen. Ein frühes Beispiel ist eine Szent Biblia von 1526. Die anderen theologischen Werke sind nach historischer, systematischer, praktischer Theologie eingeordnet und enthalten auch eine Titelgruppe über nichtchristliche Religionen mit Werken zur jüdischen Religion und zum Islam, Talmud- und Koranausgaben sowie kommentierende Literatur. Judaica zur Geschichte des Judentums befinden sich jedoch in der soziologischen Abteilung (s. u. 2.30).

2.19 Das Fachgebiet Medizin ist mit 1128 Werken vertreten (27 des 16. Jhs, 10 des 17., 284 des 18. und 807 des 19. Jhs). Unter den ältesten Drucken ist das seltene Werk Wolfgang Windbergers De thermis et carum origine ac natura, quibusque morbis sint salubres (Wien: Singriener 1511). An Untergruppen finden sich theoretische und praktische Medizin, Medizingeschichte, Pharmakologie und Veterinärmedizin. Der Bestand zur Medizingeschichte enthält bekannte Autoren mit ihren Gesammelten Werken, z. B. Paracelsus' Bücher und Schriften (Straßburg 1603) sowie eine interessante Gruppe über Seuchen und Pest. Dazu ist Johannes Tollats in Wien verfaßte Margariten medicine, ein meisterliches büchlein der artzney für mancherley Krankheit (Straßburg: Flach 1512) zu nennen, das bereits Ratschläge gegen die Pest gibt. Unter den folgenden gedruckten und für Wien von der niederösterreichischen Statthalterei herausgegebenen Infektionsordnungen ist die New fürgenomene Infections-Ordnung (Wien 1562) eine der ersten. Kurz vor der Ausbreitung der größten Pestepidemie in Wien erschien die Pest-Ordnung (Wien 1679) Johann Wilhelm Managettas, ein 1665 verfaßtes, jedoch anläßlich der großen Pest gedrucktes Werk des kaiserlichen Leibarztes, das den medizinischen Wissensstand der Zeit dokumentiert. Weiters sind Broschüren anläßlich der Errichtung der Pestsäule am Graben erhalten, z. B. Andreas Lintschingers Kurtzer Vortrag Wahrer Gottseligkeit so bey Auffrichtung der Allerheiligsten unzertheilten Dreyfaltigkeit Ehrn- und Gelübdt-Säulen gehalten worden (Wien 1679). Einige Titel vom Ende des 19. Jhs behandeln die 1898 zum letzten Mal in Wien diagnostizierten Pestfälle, die Laboratoriumspest im Institut für Innere Medizin.

2.20 Der besonders im 19. Jh noch dominierende Charakter der Amtsbibliothek wird in den Fachbereichen Recht und Verwaltung sichtbar, die einen Anteil von 5841 Titeln aufweisen (56 Werke des 16. Jhs, 75 des 17., 1123 des 18. und 4587 des 19. Jhs). Unter den frühen Drucken sind die Stadtordnungen zu nennen, vor allem die ferdinandeische, Der Stat Wienn ordnung und freyheiten (Wien: Singriener 1526), sowie zahlreiche Erlässe, wie Infektions-, Fisch- und Jagd- sowie Landgerichtsordnungen, die nach ihren rechtsetzenden Herrschern geordnet vorliegen. In dieser Gruppe befindet sich auch ein Konvolut von 250 Todesurteilen und Prozeßberichten (172 des 18. und 78 des 19. Jhs). Hinzu kommen 2040, vor allem aus dem 19. Jh stammende Titel zur Gemeindeverfassung der Stadt Wien.

2.21 2888 Titel behandeln Gewerbe, Handel, Markt und Verkehrswesen (10 des 16. Jhs, 11 des 17., 162 des 18. und 2705 des 19. Jhs). Darunter befinden sich diverse Gewerbeordnungen, z. B. Die New Pollicey und Ordnung des Handtwercher und dienstvolck der Niderosterreichischen Lande (Wien 1527) und zahlreiche Handels- und Gewerbeschematismen. Unter Verkehrswesen führt der Fachkatalog u. a. die Literatur zur Geschichte der Eisenbahn in Österreich und der ersten Pferdestadtbahn 1867 in Wien an. Dazu zählen Studien der Architekten und Ingenieure, wie z. B. Franz Anton von Gerstners Über die Vortheile der Anlage einer Eisenbahn zwischen der Moldau und Donau (1824), Literatur zu einzelnen Bahnlinien-Projekten, wie der Semmering-Bahn und der Kaiser Ferdinand-Nordbahn, sowie Fahrpläne, Übersichtswerke und Karten, z. B. Die Oesterreichischen Eisenbahnen der Gegenwart und der Zukunft. Karte zur Übersicht aller befahrenen und projectirten Eisenbahnen mit genauer Unterscheidung der Gesellschaften (1866).

2.22 Erziehung und Unterricht sind mit 3328 Titeln vertreten (9 des 16. Jhs, 32 des 17., 285 des 18. und 3002 des 19. Jhs). Der Großteil sind Jahresberichte und Festschriften von Wiener Schulen, des Taubstummeninstituts und anderer Einrichtungen, aber auch ältere Literatur zum Erziehungswesen und zur Geschichte der Wiener Universität ist vorhanden. Einen wesentlichen bibliophilen Schwerpunkt bilden die Kinderbücher und Jugendschriften. Sie sind nach allgemeinen und belehrenden Werken geordnet. Von 285 Titeln allgemeiner Kinderliteratur sind 25 aus dem 18. Jh, 180 aus der Biedermeierzeit und 80 aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs. Von 80 belehrenden Titeln entfallen 11 auf das 18. Jh, 40 auf die erste und 29 auf die zweite Hälfte des 19. Jhs. Darunter sind zahlreiche illustrierte Werke, einige aus dem Schreiber-Verlag Esslingen, andere illustrierte der Wiener Graphiker Hieronymus Löschenkohl, wie z. B. das Bilder-ABC-Buch: für gute Kinder (Wien 1805). Unter den Belehrungsbüchern befindet sich J. C. Musäus' Moralische Kinderklapper (Wien 1799). Eine weitere Gruppe bilden Fabelbearbeitungen, vor allem der Fabeln des Aesop, z. B. Anton Sturms Der kleine Aesop oder hundert sechsversige Fabeln (Wien 1825). Nach Daniel Defoes Das Leben und die gantz ungemeine Begebenheiten des berühmten Engelländers Mr. Robinson Crusoe (Nürnberg 1735) sind zahlreiche Robinsonaden vorhanden. Unter den Comenius-Ausgaben und Bearbeitungen stammt die älteste Fassung von Amos Comenius' Orbis sensualium pictus aus dem Jahr 1686.

2.23 419 Werke handeln von Land-, Forst- und Hauswirtschaft (eines des 16. Jhs, 4 des 17., 119 des 18. und 295 des 19. Jhs). Zur Hauswirtschaft liegen 18 Titel vor 1800 vor. Viele hier vertretene Titel der zweiten Hälfte des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jhs über Ackerbau, zeitgenössische Anbaukulturen, Seidenraupenzucht und Zuckerrübenanbau verdankt die Bibliothek dem Nachlaß des Verlages Gerold. Hier ist auch die bedeutende Kochbuchsammlung der Stadtbibliothek verzeichnet, die ihren Schwerpunkt in den in Wien erschienenen Kochbüchern hat. Das älteste Beispiel ist Marx Rumpolts Ein new kochbuch (Frankfurt 1587).

2.24 2612 Werke zur Geographie (10 Titel des 16. Jhs, 65 des 17., 613 des 18. und 1924 des 19. Jhs) enthalten Atlanten- und Kartenwerke, Post- und Ortslexika des Gebietes der Monarchie sowie zahlreiche Reiseberichte und Reiseführer. Unter den ältesten Drucken sind Riccardus Bartholinus' Odeporicon id est Itinerarium Mathei Cardinalis Gurcensis (1515) und eines der wichtigsten geographischen Werke des Mittelalters, Dionysius Periegetas De situ orbis (herausgegeben von J. Cuspinian, gedruckt in Wien bei Winterburger um 1494). Die Reiseberichte sind nach Ländern geordnet, so liegen z. B. zu Österreich-Ungarn 154 Titel vor (40 des 18. und 114 des 19. Jhs). Unter einigen glischen Berichten über Wien ist John Burburys A relation of a journey of Henry Howard from London to Vienna and Constantinople (London 1671). Weitere Schwerpunkte bilden Berichte über alpine Reisen, Donau-Reisen im 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jhs sowie Reisen in außereuropäische Länder, z. B. Henry Wantons Viaggi di Enrico Wanton alle terre incogniti australi (Bern 1764). Bei den Reiseführern ist Wien der am umfassendsten dokumentierte Ort mit zahlreichen Wegweisern und Spazierfahrten durch Wiens und seiner Vororte Sehenswürdigkeiten vom Ende des 18. Jhs und der Biedermeierzeit. Weiters ist Venedig mit 80 Titeln vor 1900 gut vertreten.

2.25 4000 Titel sind Klassikerausgaben und Literatur des Altertums (unter den Autoren ist vor allem Ovid mit vielen Ausgaben, einige aus dem 16. Jh) sowie Literatur fremder Sprachen. Darunter fallen hauptsächlich französische und glische Klassiker: Molière ist mit Ausgaben aus dem 18. Jh sehr gut vertreten, sodann sind neben Werken von Racine, La Fontaine, John Milton und Shakespeare die Ritterromane Sir Walter Scotts in vielbändigen Ausgaben des 19. Jhs vorhanden. 87 Titel stammen aus dem 16. Jh, einer der ältesten ist Johannes Maria Catanaeis Commentarii in epistolas C. Plinii (Mailand 1506). 123 Werke stammen aus dem 17., 1713 aus dem 18. und 2080 aus dem 19. Jh.

2.26 Der Bestand an 1646 Kalendern, Almanachen, Taschenbüchern und einigen bebilderten Kinderbüchern setzt sich aus einer Inkunabel, 14 Titeln des 16. Jhs, 33 des 17. Jhs, 430 des 18. und 1168 des 19. Jhs zusammen. Weitere 250 Titel sind undatiert, aber mit Sicherheit vor 1900 erschienen. In dieser Gruppe befinden sich besonders viele bibliophile Raritäten der Bibliothek, die der Ausstellungskatalog von Josef Vass dokumentiert (s. u. 5). Der älteste Kalender erschien bei Winterburger in Wien, Item Wiener Practica auff das Jar nach Christi gepurt 1495. Hervorzuheben sind die zahlreichen Almanache und Taschenbücher mit kolorierten Kupferstichen aus der zweiten Hälfte des 18. und ersten Hälfte des 19. Jhs, die überwiegend aus der Sammlung von Karl Daniel Glanz stammen. Unter den Kinder-Almanachen sind einige aus dem 18. Jh, z. B. der Kinder-Almanach auf das Schaltjahr 1776.

2.27 Die musikwissenschaftliche Literatur, ausgerichtet vor allem auf die Sammlungsschwerpunkte der Musiksammlung, Franz Schubert und die Strauß-Dynastie, weist 2020 Titel auf (20 des 16. Jhs, 50 des 17., 150 des 18. und 1800 des 19. Jhs). Kunstgeschichte ist mit weiteren 1205 Titeln vertreten (3 des 16. Jhs, einer des 17., 98 des 18. und 1103 des 19. Jhs), wozu auch Kataloge von Wiener Kunstsammlungen und kunstgeschichtliche Studien zu einzelnen Kunstwerken, vorwiegend des Wiener Raums, zählen. Unter den Einzeldarstellungen befinden sich einige Abhandlungen zur Kunsttheorie (21 Titel des 18. Jhs, z. T. in italienischer Sprache), z. B. Josef von Sonnenfels' Von der Urbanität der Künstler (1771).

2.28 Unter 857 Drucken der Theatersammlung (einer des 16. Jhs, 3 des 17. Jhs, 179 des 18. und 674 des 19. Jhs) befinden sich vorwiegend theatergeschichtliche Werke zu einzelnen Städten der Monarchie und zu den Wiener Stadt- und Vorstadtbühnen. Den Schwerpunkt dieser Gruppe bilden jedoch die Theaterzettel, die von fast allen Wiener Bühnen vorliegen, darunter viele von Uraufführungen bekannter Wiener Volksstücke. Neben 73 Publikationen allgemeiner Art folgen im Fachkatalog die einzelnen Wiener Theatern zugeordneten Drucke, z. B. 50 Zettel vor 1900 zu Veranstaltungen des Hof- und späteren Burgtheaters. Die frühesten Beispiele dieser Gruppe stammen aus der ersten Hälfte des 18. Jhs, z. B. 8 Theaterzettel vom Comoedienhaus beim Kaertnerthor (1720-1728).

2.29 Aus dem Bereich der Naturwissenschaften liegen 1023 Titel vor (je 10 des 16. und 17. Jhs, 157 des 18. und 846 des 19. Jhs). Diese Fachgruppe schließt neben Geologie, Physik und Astronomie (Petrus de Eliacos Tractatus super libros metheorum; de impressionibus aeris, Wien 1514) Schriften zur Mathematik samt einigen älteren Rechenbüchern ein. Außerdem befinden sich hier Titel zum Bauwesen, gegliedert nach der Sachgruppe Baukunst mit Publikationen und Entwürfen zu einzelnen Gebäuden in Wien (nach Stadtbezirken), und dem Schrifttum über Technisches Bauwesen.

2.30 Unter 861 Titeln soziologischer Literatur (3 des 16. Jhs, 8 des 17., 179 des 18. und 671 des 19. Jhs) bilden die Geschichte der Juden (darunter auch antisemitische Literatur) und die Freimaurerliteratur Themenschwerpunkte. Zu den ältesten Beispielen zählen 2 Schriften des Johannes Pfefferkorn, Ich heyss ain buchlein der juden peicht (Augsburg: Nadler 1508, mit Holzschnitten) und Ich bin ain Buchlinn der Juden veindt ist mein namen (beigebunden, o. J.).

2.31 3479 Drucke sind dem Bereich der Relationen, Zeitschriften, Zeitungen und Zeitungsausschnittsammlungen zuzuzählen (19 Titel des 16. Jhs, 39 des 17., 1152 des 18., 2269 des 19. Jhs). Als frühe Beispiele für die noch nicht periodisch erschienenen Nachrichtenblätter können die hier verzeichnete Newe Zeytung wie Kayserliche Maiestat; mitsambt den Königen von Ungern und Polen zu Wienn eingeriten ist: un was sich also verlauffen hat (1515, mit Wappenholzschnitt) und die fortlaufenden Messeberichte, die Historicae relationis continuatio (Wallstatt 1594-1782), genannt werden. Neben einigen politischen und Kriegszeitungen sowie Zeitungsbriefen des 17. und 18. Jhs ist vor allem ab der zweiten Hälfte des 18. Jhs ein reichhaltiger Bestand an fast allen in Wien gedruckten Zeitungen verzeichnet. Darunter ist die vollständig vorhandene Folge der Wiener Zeitung seit 1703 (damals Wiennerisches Diarium) und die Sammlung der meist kurzlebigen Zeitungen aus den Revolutionsjahren 1848/1849 (s. o. 2.9). Von den Zeitungsausschnittsammlungen sind besonders die Sammlung Wurzbach, die die Grundlage des Biographischen Lexikons des Kaiserthums Österreich bildete, und die Sammlung des Pfarrers Albert Wiesinger über kriminalistische Tatbestände in Wien, beide aus Zeitungen der zweiten Hälfte des 19. Jhs zusammengestellt, anzuführen. Wertvolles Quellenmaterial bietet die rund 100 Bde mit Ausschnitten umfassende Weltkriegssammlung zu verschiedenen Aspekten des Ersten Weltkriegs (Lebensmittelversorgung, Wohnungswesen, Invalidenversorgung, Kriegslyrik).

2.32 Die Secreta-Sammlung, vor dem Ersten Weltkrieg aus dem Nachlaß Eduard Nikolas gegründet, weist 685 Titel auf (27 des 17. Jhs, 398 des 18. und 260 des 19. Jhs). Der Bestand der erotischen Literatur der Stadtbibliothek, der eine Reihe von Raritäten enthält, ist nur für wissenschaftliche Belange zugänglich. Der Fachkatalog verzeichnet die Werke nach Verfassern in alphabetischer Reihenfolge, z. B. 6 Titel von Pietro Aretino, darunter die 1556 erschienenen Sonetti lussuriosi di M. Die Drucke dieser Fachgruppe enthalten jedoch oft unvollständige oder fingierte Angaben zu Autoren, Verlagen und Erscheinungsorten. So weist Daniel Defoes Die glückliche Maitresse oder Lebens-Beschreibung und Glücks-Fälle der Mademoiselle de Beleau (1736) Köln als Druckort auf, ist jedoch bei Weidmann in Leipzig erschienen. Der Bestand an französischen Titeln, wie Les Amours de Monseigneur le Dauphin avec la Comtesse du Rourre von P. Marteau (Köln 1694), ist mit rund 30 Prozent bedeutend größer als in den anderen Gruppen. Die Sammlung enthält auch illustrierte Werke, die besonders häufig unter verschlüsselten Druckangaben erschienen: z. B. weist der Titel Der gute Mann, oder der wohlbegabte Hörner-Träger, lebendig in allhand dergleichen Fällen, anmuthigen Begebenheiten vorgestellet und abgebildet (1682, ein Band mit 16 Blättern und einem Titelkupfer) das Autorenpseudonym Cornemico Archiero auf. Weiters sind einzelne Konvolute von Bildfolgen, Photographien und einige Hss. vorhanden.

2.33 Schließlich sind Bildbände, Einblattdrucke, Reden und Adresse. n sowie Festschriften zu nennen, die zusammen 274 Titel [Karte] ergeben (2 des 16., 12 des 17., 40 des 18. und 220 des 19. Jhs). Von den insgesamt 7711 Todesanzeigen sind rund 3000 historischer, beinahe ausschließlich im 19. Jh gedruckter Bestand. Es handelt sich um Todesanzeigen sowohl berühmter als auch weniger bekannter Wiener Persönlichkeiten, die alphabetisch nach Personennamen geordnet sind.

Sondersammlungen

2.34 Die rund 130.000 Stück zählende Plakatsammlung reicht in einzelnen Exemplaren bis ins 18. Jh zurück und weist 90 Beispiele aus dem 19. Jh auf. Sie wird durch einen systematischen und innerhalb der Systematik chronologisch geordneten Katalog erschlossen. Zahlreiche Plakate sind bereits verfilmt und können mittels Lesegerät besichtigt werden.

2.35 Die Musiksammlung ist die jüngste der Hauptsammlungen und wurde 1905 aus den Musikalien des allgemeinen Bestandes gegründet. Sie setzt sich überwiegend aus Musikhandschriften zusammen, die von dem Sammler und Kunstmäzen Nikolaus von Dumba der Bibliothek geschenkt worden waren, darunter zahlreiche Notenautographe Franz Schuberts. Das Sammelgebiet umfaßt Musikdrucke und -handschriften, die mit Wien in irgendeinem Zusammenhang stehen. Derzeit sind 65.000 Musikdrucke und 15.000 Musikhandschriften vorhanden, davon stammen 20 Drucke aus dem 16. Jh, 50 aus dem 17., rund 600 aus dem 18. und rund 30.000 aus dem 19. Jh. Im 19. Jh dominieren vor allem die Komponisten Franz Schubert und die Strauß-Dynastie. Von deren Werken besitzt die Stadtbibliothek die weltgrößte Sammlung an Notenautographen und Notendrucken, einschließlich der Briefe, Plakate und Kritiken. Auch Drucke von und über Josef Lanner sind gut vertreten, weiters sind Hugo Wolf, Julius Bittner, der Theaterkapellmeister und Hauskomponist Wenzel Müller sowie ein reicher Bestand an Wiener Volksmusik und österreichischer Militärmusik zu erwähnen.

3.KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge

Alphabetischer Katalog

[Nominalkatalog in Zettelform, nach PI, thält auch Verweise auf sämtliche Werke mit Wien-Bezug]

Systematischer oder Fachkatalog

[Zettelkatalog, teilt den Buchbestand seit 1904 in 126 Fachgruppen, jede Fachgruppe ist in Untergruppen geteilt und innerhalb dieser chronologisch und alphabetisch geordnet]

Schlagwortkatalog

[Zettelform nach frei gewähltem Schlagwort, erfaßt Literatur ab 1939]

EDV-Katalog

[erfaßt Neuzugänge der Druckschriften seit 1991, System Bis-C]

3.2 Moderne Sonderkataloge

Musikalienkataloge

[Nominalkataloge in Zettelform, nach hauseigenen Regeln, getrennt nach Drucken und Hss., die Musikliteratur ist in den Katalogen des Gesamtbestandes erfaßt]

Plakate-Katalog

[Systematischer Zettelkatalog, innerhalb der Systematik chronologisch ordnend]

Portheim-Katalog

[bio-bibliographisches Nachschlagewerk mit 425.000 Eintragungen zu Personen aus der Zeitspanne 1780-1830, bezieht auch diverse politische und gesellschaftliche Ereignisse aus dieser Zeit mit ein, wertet neben anderem hauptsächlich die Wiener Zeitung aus. Der Katalog wurde von Max von Portheim in langjähriger Arbeit angelegt und liegt seit 1985 auf Mikrofiche vor]

Lenkheim-Katalog

[Zettelkatalog zu Werken des 15. und 16. Jhs, nach PI, vom Bibliothekar Lenkheim in den sechziger Jahren angelegt]

3.3 Historische allgemeine Kataloge

Catalogus bibliothecae civicae Viennensis

[1690 von Jakob Rudolf Kirchen angelegt, erster hschr. Katalog, nun mit den damaligen Beständen in der Österreichischen Nationalbibliothek]

Philipp Jakob Lambacher: Bibliotheca antiqua Vindobonensis civica seu catalogus librorum antiquorum, cum manuscriptorum, tum ab inventa typographia ad annum usque 1560 typis excusorum, qui in bibliotheca Vindobonensi civica asservantur cum annotationibus historico-literario-criticis. Pars I, libros theologicos complectens.

[Wien 1750, Bandkatalog, mehr nicht erschienen, bezieht sich auf den Bestand vor dem Verkauf an die Hofbibliothek, zeitgenössische Rezension s. u. 4]

Philipp Jakob Lambacher: Catalogus auctorum universalis bibliothecae Vindobonensis civicae iuxta seriem alphabeticam digestus 1750.

[hschr. Bandkatalog mit alphabetischer Ordnung, in der Österreichischen Nationalbibliothek]

Elenchus codicum manuscriptorum in bibliotheca civica Vindobonensi existentium. 1780. Ex actis bibliothecae Palatinae descriptus.

[hschr. Auszug, der 1913 aus den Verkaufsakten in der Nationalbibliothek angefertigt wurde, in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek auf Mikrofilm vorhanden]

Verzeichnis der Bücher, welche vor der Anlage der Stadtbibliothek in einem Kasten des Magistrats-Präsidiums aufgestellt waren.

[hschr. Auflistung des Grundstocks der Stadtbibliothek, angelegt von Karl Weiß, in der HS-Abteilung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek]

Verzeichniß der in der städtischen Bibliothek befindlichen Werke. Wien 1862

[hschr. Listen, ordnet nach Verfassern in alphabetischer Reihenfolge]

Katalog der Bibliothek der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. Wien 1865

[Bandkatalog]

3.4 Historische Sonderkataloge

Katalog der Bibliothek weil. Herrn Josef Feils. Wien 1863

Katalog der Bibliothek aus dem Nachlasse des Herrn Franz Haydinger. 2 Bde. Wien 1876

Verzeichnis der hinterlassenen Bibliothek des Herrn Professor's Th. G. von Karajan Theil II. Wien 1879

[Alle diese Kataloge sind gedruckte Auktionskataloge und verzeichnen in die Stadtbibliothek eingegliederte Privatbibliotheken, sie wurden anläßlich der Versteigerungen (siehe Beiblatt) als Bestandsaufnahme erstellt.]

4. QUELLEN UND DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Ordnung der Schule zu St. Stephan, 1446 [aufbewahrt im Wiener Stadt- und Landesarchiv, abgedruckt bei Mayer, Anton: Die Bürgerschule zu St. Stephan in Wien. Wien 1880, S. 49-54]

Schalk, Karl: Eigenhändige Exzerpte zur Geschichte der alten städtischen Bibliotheken und des Städtischen Museums aus den Kammeramtsrechnungen aus den Jahren 1500-1735 [hschr. Darstellungen des Wiener Historikers aus den achtziger Jahren des 19. Jhs]

4.2 Darstellungen

Leipziger Beurtheilung des Catalogi der Wienerisch-alten Stadtbibliothek. In: Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit 1 (1751) [Sonderabdruck]

Camesina, Albert Ritter von: Der Stephansfreithof und seine Denkmale. In: Berichte und Mittheilungen des Altertum-Vereines zu Wien. Bd. XI Wien 1870 [S. 287 Zitate der Kammeramtsrechnungen zu den Anfängen der Bibliothek der Bürgerschule zu St. Stephan]

Instruktionen für die Beamten der Städtischen Bibliothek. Wien 1886

Einteilung des systematischen Fachkatalogs. Wien 1904 [Festlegung der noch heute gültigen 126 Fachgruppen]

Katann, Oskar: Die Wiener Stadtbibliothek. Wien 1926 [Katann war Direktor der Bibliothek in den Jahren 1936-1938 und 1945-1950]

Gladt, Karl: Die Wiener Stadtbibliothek. In: Amtsblatt der Stadt Wien 31-33, 53-56 (1950), 68-71 (1951), 28-31 (1953), 68-69 (1955)

Die Kulturarbeit der Stadt Wien 1875-1955. Wien 1955 (Wiener Schriften, 1)

Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Wiener Stadtbibliothek. Wien 1956 (Wiener Schriften, 4)

Die Wiener Stadtbibliothek 1956-1966. Ausgewählte Beiträge. Wien 1966 (Wiener Schriften, 24)

Baltzarek, Franz: Die Wiener Stadtbibliothek 1690-1780. In: Wiener Geschichtsblätter 25 (1970) S. 69-73

Die Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Bestandsaufnahme 1986. In: Biblos 35 (1986) Heft 3, S. 241-252

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Gugitz, Gustav: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. 5 Bde. Wien 1946-1962 [fast zur Gänze aus den Beständen der Wiener Stadt- und Landesbibliothek erstellt, die vor 1900 erschienenen Werke machen rund 65 Prozent der insgesamt 16.775 Nummern aus]

Orel, Alfred: Die Musiksammlung der Stadtbibliothek. In: (David Joseph Bach): Denkschrift zu den Meisteraufführungen der Wiener Musik. Wien 1920, S. 66-70

Otruba, Gustav: Wiener Flugschriften zur sozialen Frage 1848. 2 Bde. Wien 1978-1980

Sturminger, Walter: Bibliographie und Ikonographie der Türkenbelagerungen Wiens 1529 und 1683. Graz, Köln 1955 [enthält neben den Turcica der Wiener Bibliotheken, mit Angabe der Signaturen, auch die umfangreiche Sammlung Sturmingers, die in Teilen 1986 an die Wiener Stadt- und Landesbibliothek kam]

Wernigg, Ferdinand: Bibliographie österreichischer Drucke während der erweiterten Preßfreiheit 1781-1795. Wien, 1. Teil 1973, 2. Teil 1979 (Wiener Schriften, 35 und 41)

Auswahl aus den neueren Ausstellungskatalogen und Bestandsbearbeitungen einzelner Sammlungsschwerpunkte der in Wien erschienenen selbständigen Publikationen der Wiener Stadt- und Landesbibliothek:

Arndorfer, Manfred: Bänkelsang und Moritaten. 1977

ders.: Wiener Gebetbücher vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. 1980

ders.: Freunde, Förderer und Gönner der Wiener Stadt- und Landesbibliothek. 1981

ders.: Wien und der Orient. 1983

Barth, Gerda: 100 Jahre Hotel Sacher. Wiener Küche und Gastlichkeit. 1976

dies.: Schöne alte und neue Kochbücher. 1977

dies.: Kinderbücher aus 4 Jahrhunderten. 1979

dies.: Feuerwerk und Spektakel im alten Wien. 1982

dies.: Schuldig. Alt-Wiener Kriminalfälle. 1991

Brusatti, Otto: Neuerwerbungen 1974-1978. 1979

Brusatti, Otto: Fle Zi Wi & Co. Die Wiener Operette. 1984

Denscher, Bernhard u. a.: Tagebuch der Straße. Wiener Plakate. 1981

Denscher, Bernhard. Alfons Petzold (1882-1923). 1982

Hilmar, Ernst: Wiener Stadtbibliothek. Neuerwerbungen 1974 und 1975. 1975

Hilmar, Ernst: Franz Schubert. Zum 150 Todestag. 1978

Koll, Edith: Vom Burgtheater zum Hetztheater. 1976

Koll, Edith: Sammlung Pepi Treitl - Autogramme, Theaterprogramme, Zeitungsausschnitte. 1978

Koll, Edith: Alles gerettet! 100 Jahre Ringtheaterbrand. 1981

Mantler, Anton: Adolf Bäuerle und das Alt-Wiener Volkstheater. 1984

Mantler, Anton: Ferdinand Raimund und die Nachwelt. 1986

Mantler, Anton: Hanswurst und das Zaubertheater. Von Stranitzky zu Raimund. 1990

Nast, Josephine: Glaube und Aberglaube im europäischen Raum. 1978

Neunlinger, Ludwig: Kaiser Joseph II. und die Toleranz. 200 Jahre Toleranzpatent 1781-1981. 1981

Neunlinger, Ludwig: Reiseführer im Wandel der Zeit. 1982

Neunlinger, Ludwig: 150 Jahre Eisenbahn in Österreich. 1987

Obermaier, Walter: Die Pest in Wien - 300 Jahre lieber Augustin. 1979

Obermaier, Walter: Die schöne Leich. Tod, Begräbnis und Totengedenken in Wien. 1986

Racek, Fritz: Materialien zur volkstümlichen Musik in Wien. 1969

Racek, Fritz: Johann Strauß. Zum 150. Geburtstag. 1975

Vass, Josef: Wiener Kalender, Almanache und Taschenbücher aus 5 Jahrhunderten. 1976

Vass, Josef: Jagd und Fischerei in Wien. 1977

Ziegler, Johann: Alt-Wiener Tanzmusik in Originalausgaben. 1983

Ziegler, Johann: Wiener Musik-Panorama. Viennensia-Notentitel (1814-1918). 1986

Stand: Dezember 1990

Johanna Pisa

Ludwig Neunlinger

Konstanze Mittendorfer


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.