FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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 Thueringen

Forschungs- und Landesbibliothek

Adresse. Schloß Friedenstein, [Karte]
Postfach 10 01 30, 99851 Gotha
Telefon. (03621) 3080-0
Telefax. (03621) 3080-38
e-mail. [biblio@flb-gotha.de ]
URL. http://www.flb-gotha.de
Bibliothekssigel. <39>
Funktion. . Wissenschaftliche Universalbibliothek geisteswissenschaftlicher Prägung mit vorwiegend historischem Bestand, außeruniversitäre Forschungs- und Studienstätte; Regionalbibliothek.
Sammelgebiete. Universal orientierter Bestandsaufbau bis 1850, ab Mitte des 19. Jhs Konzentration auf die Geistes- und Sozialwissenschaften. Naturwissenschaftliche Grundlagenwerke, moderne Referenz- und Forschungsliteratur. Literatur zur Geschichte des Gothaer Landes und zur Geschichte Thüringens, speziell Westthüringens.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbenutzung des historischen Bestandes, Handschriftenbenutzung nach Voranmeldung. - Öffnungszeiten: Montag 13-17 Uhr, Dienstag bis Donnerstag 9-17 Uhr, Freitag 10-19 Uhr. Leihverkehr: DLV, GBV-Online-Fernleihe, Internat. Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät, Mikrofilm- und Mikrofiche-Lesegerät, Reader-Printer; weitere spezielle reprographische Dienstleistungen, Internet-Anschluß.
Gedruckte Informationen. Faltblattservice. Benutzungsordnung, Gebührenordnung, Veröffentlichungsverzeichnis; Informationen auch in der www-Homepage.
Hinweise für anreisende Benutzer. Anmeldung zur Benutzung historischer Bestände empfehlenswert. Fußweg vom Hauptmarkt ca. 15 Minuten. A 4 (E 40), Ausfahrt Gotha. Parkmöglichkeiten auf öffentlichem Parkplatz Schloß Friedenstein (Sondergenegung zum kostenlosen Parken über die Bibliothek erhältlich).

Inhalt

 Bestandsgeschichte ................................... [1.0]
 Bestandsbeschreibung ................................. [2.0]
 Chronologische Übersicht und
 Übersicht nach Sprachen .............................. [2.1]
 Systematische Übersicht .............................. [2.5]
 Herzogliche Sammlung ................................. [2.5]
 Gymnasiale Sammlung .................................. [2.125]
 Sondersammlungen ..................................... [2.154]
 FLB2:
 Kataloge ............................................. [3.0]
 Moderne Kataloge ..................................... [3.1]
 Historische Kataloge ................................. [3.2]
 Kataloge der Sondersammlungen ........................ [3.3]
 Quellen und Darstellungen
 zur Geschichte der Bibliothek ........................ [4.0]
 Archivalien .......................................... [4.1]
 Darstellungen ........................................ [4.2]
 Veröffentlichungen zu den Beständen .................. [5.0]

1. BESTANDSGESCHICHTE

Die Ära der Herzöge von Sachsen- Gotha(-Altenburg) (1647-1825)

1.1 Die herzogliche Bibliothek Gotha entstand 1640 nach Erbteilung und Gründung des Staates Sachsen-Gotha. Sie rekrutierte sich zunächst aus dem Bestand, den der erste Regent des neugeschaffenen Staates, Herzog Ernst I. (1601-1675; reg. seit 1640), genannt der Fromme, aus Weimar in seine künftige Residenzstadt Gotha überführen ließ. Diese quantitativ vorerst nicht näher bestimmbare Masse entstammte älterem ernestinischem Familienbesitz. Darunter befanden sich einzelne Stücke aus der Wittenberger Bibliotheca Electoralis und Beutegut aus dem Dreißigjährigen Krieg, an dem die Ernestiner auf seiten Gustav Adolfs teilnahmen, sowie Neuerwerbungen Ernsts aus seiner Weimarer Zeit. Schon seit 1636 wurde die Bibliothek von dem Ingenieur, Baumeister und Kammerdiener Ernsts des Frommen, Andreas Rudolphi (Rudolff; 1601-1679), verwaltet. Rudolphi hatte wesentlichen Anteil an der Errichtung des ab 1643 erbauten Gothaer Residenzschlosses Friedenstein sowie der dazugehörigen Festungswerke.

1.2 Die Bibliothek war zunächst Teil der ebenfalls neuerrichteten, im Westturm des Schlosses untergebrachten Kunstkammer und diente neben der höfischen Repräsentation der Staatsverwaltung und dem Reformwerk des Herzogs. Neuerwerbungen sind von Gotha aus seit 1647 bezeugt, und zwar aus Schweinfurt (die umfangreiche Bibliothek der Rufferischen Erben), Frankfurt a. M., Helmstedt, Leipzig und Nürnberg. Dabei dürften im Sinne der Aufgabenstellung Werke zu Staat und Recht sowie zum Kultus im Vordergrund gestanden haben. Neben Rudolphi als Direktor war für die Beschaffung Emanuel Fendt (1591-1673) zuständig. Ein größerer Erwerbungsschub ergab sich, als 1672 durch Erbfall von drei Vierteln des Altenburger Landbesitzes auch drei Viertel des Altenburger Bibliotheksbestandes Gotha zugeschlagen wurden. Unter dieser wiederum quantitativ nicht näher definierbaren Masse befanden sich auch die Erzeugnisse der Torgauer Druckerei, die Friedrich Wilhelm I. von Sachsen-Weimar (1562-1602; reg. seit 1586) im Jahre 1594 begründet hatte.

1.3 Die nach dem Tode Ernsts des Frommen abermals erfolgte Landesteilung, die das relativ umfangreiche Territorium 1680 unter die fünf Söhne Ernsts zerlegte, scheint für die Gothaer Bibliothek keine Bestandsverluste zur Folge gehabt zu haben. Die Regierungszeit Friedrichs I. (1646-1691; reg. seit 1675) galt dabei lange als " unbeschriebenes Blatt" (Jacobs, 1835, S. 12; s. u. 4.2) in der Bestandsgeschichte der Bibliothek, für die ab 1665 Joachim Bartholomäus Meyer (1624-1701) zuständig war. Während dieser Zeit (1678) wurden jedoch die Bibliotheken der Jenaer Professoren Johann Gerhard (1582-1637) und Johann Ernst Gerhard (1621-1668) erworben. Das Los der rund 6000 Bde umfassenden Gerhardina kann als Präzedenzfall dafür gelten, wie man in Gotha auch künftig mit derartigen Sondersammlungen verfuhr: Sie wurde nicht als geschlossene Provenienzgruppe übernommen, sondern in die bestehende Sachgruppensystematik eingegliedert. Dubletten, wie das bereits vorhandene Werk De revolutionibus orbium coelestium (Nürnberg 1543) des Nikolaus Kopernikus, wurden an die Bibliothek des Gothaer Gymnasiums abgegeben. Was den dortigen Bedürfnissen nicht entsprach, gelangte nach Altenburg oder wurde anderweitig veräußert. Die ursprüngliche Zusammensetzung solcher Bibliotheken läßt sich allerdings in den meisten Fällen aus den mit übernommenen und heute noch z. T. vorhandenen Katalogen erschließen. Als weitere Privatbibliothek wurde 1684 die Sammlung medizinischer Literatur des Coburger Physicus Johann Mai (1592-1671) erworben.

1.4 Im Jahre 1678, in dem die Erwerbung der Gerhardina erfolgte, brannte der Ostturm des Friedenstein durch Blitzschlag völlig aus. Nach Wiederinstandsetzung wurde die Bibliothek 1687 aus dem Westturm in den Ostturm verlegt, der im Gegensatz zum ursprünglichen Bauzustand und im Hinblick auf die wachsenden Sammlungen in mehrere Geschosse untergliedert worden war. Hier hatte die Bibliothek bis zum Ende des Ersten Weltkrieges ihren alleinigen Standort.

1.5 Größere Aufgeschlossenheit für die Belange der Bibliothek zeigte Friedrich II. (1676-1732; reg. seit 1691). Während seiner Regierungszeit wurde die sogenannte Bibliotheca selecta angelegt. Das genaue Gründungsjahr ist nicht bekannt, könnte aber schon im ausgehenden 17. Jh gelegen haben. Diese Bibliothek geht zwar auf Intentionen des Herzogs zurück, kann aber nicht, wie eine Untersuchung in der Mitte des 19. Jhs ergab, als eine Stiftung des Herzogs gelten. Ihrem Charakter nach handelte es sich um eine nach äußeren Kriterien getroffene Auswahl, eine höfischer Repräsentation dienende Sammlung, die Handschriften und alte Drucke ausschloß und wie eine Systemgruppe kontinuierlich ergänzt wurde.

1.6 Friedrich II. berief 1713 den gelehrten Theologen Ernst Salomon Cyprian (1679-1745) zum Mitglied des Konsistoriums und zum Direktor der Bibliothek. Mit Cyprian, der vom Gymnasium Casimirianum zu Coburg nach Gotha überwechselte, gewann die Bibliothek endgültig wissenschaftliches Profil und wurde " aus einem Objekt fürstlicher Liebhaberei und des praktischen Bedürfnisses zuerst zu einer wissenschaftlichen Anstalt" (Ehwald, 1901, S.446; s. u. 4.2).

1.7 Schon vor Cyprians Direktorat, das 1701 auf Johann Philipp Meyer (um 1675-1746) übergegangen war, wurden weitere Bibliotheken erworben: Mit dem Tode von Ernsts des Frommen Sohn Christian von Sachsen-Eisenberg (1653-1707; reg. seit 1680) und dem Erlöschen der Eisenberger Linie (1707) gelangte dessen Bibliothek auf den Friedenstein. In diese war zuvor die Privatbibliothek des Altenburger Kanzlers Hans Dietrich von Schönberg (1623-1682) eingegangen. Auch einen Teil der Bibliothek eines weiteren Sohnes Ernsts des Frommen, Herzog Heinrich von Sachsen-Römhild (1650-1710), erwarb Friedrich II. für Gotha. Bereits 1709 wurde die 3000 Bde zählende Bibliothek des Gothaer Generalsuperintendenten Heinrich Fergen (1643-1708) gekauft, 1713 die des gerade erst ernannten Oberhofpredigers und Kirchenrates Johann Heinrich Feustking (1672-1713). Kurz vor Cyprians Berufung, im Jahre 1712, war die umfangreiche Schwarzburger Münzsammlung Anton Günthers II. von Schwarzburg-Arnstadt (1653-1716, reg. seit 1681) erworben worden. Zusammen mit dem bereits vorhandenen Münzfundus stellte sie hinfort eine Sammlung von europäischer Dimension dar, die bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges von der Bibliothek mit verwaltet und von einem entsprechenden Bestandsaufbau an numismatischer Literatur begleitet wurde. Wegen ihres Wertes schon im Jahre 1712, lange vor den übrigen Sammlungen, zum Fideikommiß erhoben, wurde ihr mit Gotha numaria (Amsterdam 1732) durch Christian Sigismund Liebe eine repräsentative Publikation gewidmet.

1.8 Unter dem Direktorat Cyprians kamen zwei Sondersammlungen hinzu: um 1720 die 5000 Bde zählende Bibliothek des Gothaer Geheimrats Hans Friedrich von Thumshirn (1674-1718) sowie 1736 die des Coburger Generalsuperintendenten Johann Gerhard Meuschen (1680-1743; Superintendent im Amt seit 1723). Als besondere Erwerbung galt offenbar wegen des hohen Preises von 200 Talern auch der Kauf von 17 Folianten der Acta publica Anglicana Thomas Rymers, die 1737 der Bibliotheca selecta einverleibt wurden.

1.9 Eine erste nachweisbare Revision und Bestandszählung von 1722/23, ein Jahrzehnt nach Cyprians Amtsantritt, ergab die Zahl von 22.900 Bdn, die 1733, nach dem Tode Friedrichs II., erfolgte Revision 25.048 Bde (Jacobs, 1835, S. 60, Anm. 90; s. u. 4.2). Diese Zahlen verstehen sich ohne Berücksichtigung der angebundenen Schriften. 1746, ein Jahr nach Cyprians Tod, gab der Bibliothekar Gottfried Christian Freiesleben (1716-1774) die Zahl der Bände mit 30.000, die Zahl der darin enthaltenen Werke mit 80.000 an (Jacobs, 1835, S. 21-22; s. u. 4.2).

1.10 Cyprian führte der Bibliothek an Druckschriften besonders theologische Literatur zu. Als markanter Vertreter der lutherischen Spätorthodoxie beobachtete er besorgt die theologischen Gegenbewegungen, vor allem den Pietismus, und war aus Gründen der Widerlegung um die Beschaffung dieses Schrifttums bemüht. Während ihn Friedrich II. zeitlebens unterstützte, geriet Cyprian unter der Regierung von dessen Sohn und Nachfolger Friedrich III. (1699-1772; reg. seit 1732) zunehmend in die Kritik des inzwischen der Aufklärung und dem Pietismus aufgeschlossenen Gothaer Hofes. Vor allem die von der französischen Geisteshaltung geprägte Herzogin Louise Dorothée (1710-1767) stand ihm kritisch gegenüber. Veränderte Interessen bei Hof und bei Cyprians Amtsnachfolger brachten es auch mit sich, daß Cyprians umfangreiche und wertvolle Privatbibliothek, die er selbst zweimal in einem gedruckten Katalog der Öffentlichkeit bekannt gemacht hatte (1726 auf Kosten Herzog Friedrichs II.; erweitert 1733; Titelauflage postum 1747), nach seinem Ableben für die Herzogliche Bibliothek wegen des angeblich zu hohen Dublettenanfalls nicht angekauft wurde. In insgesamt vier Versteigerungen (im August 1749 und im Mai 1750 im Gymnasium, im August 1750 und im April 1754 im Rathaus) wurde sie auf der Grundlage entsprechender gedruckter Kataloge veräußert und zerstreut.

1.11 Heute lassen sich aus dieser Sammlung in Gotha nur einzelne Drucke nachweisen: als Legat die Aldinen Prudentius (1501), Ovid (1502) und Tacitus (1534), die Glossaria duo cum commentariis Hugonis Stephani (1573) sowie Hugo Grotius' De jure belli et pacis (1701). Die außerdem der Bibliothek vermachte, auf Pergament gedruckte Aldine Pontanus, Amores (1518), scheint nie in den Bestand eingegangen zu sein und ist verschollen (Jacobs, 1835, S. 27; s. u. 4.2). Über das Legat hinaus ist in Gotha lediglich ein Oktavsammelband mit frühen Reformationsdrucken nachweisbar ( u. a. mit dem äußerst seltenen Lutherdruck VD 16 L 4732; Benzing, Lutherbibliographie 1704). Eines der bedeutendsten Stücke der Cyprianschen Privatbibliothek, das als Unicum überlieferte und bereits von Cyprian mit handschriftlichem Eintrag als Rarissimum gekennzeichnete Klugsche Gesangbuch von 1533, in dem erstmals Luthers Ein feste Burg ist unser Gott nachgewiesen ist (Benzing, Lutherbibliographie 3547), befindet sich jetzt in der Lutherhalle in Wittenberg.

1.12 Mit Cyprians Amtsnachfolger Julius Carl Schläger (1706-1786) traten im Bestandsaufbau die historischen Wissenschaften und die Philologie in den Vordergrund. Schon 1744 zum Aufseher der Friedensteinschen Münzsammlung berufen, sprach Schläger sich in einem Votum gegen die Erwerbung der Cyprianschen Bibliothek aus. In seinem ersten größeren Gutachten zur künftigen Bestandsentwicklung vom März 1746 regte er gegenüber dem Herzog an, daß " nicht so wohl auf die controversias theologicas und historiam ecclesiasticam, als viel mehr auf libros ad historiam civilem et litterariam, antiquitates, ius publicum, philosophiam, inprimis naturalem, litteras elegantiores et pertinentes zu sehen wäre, sintemahl Ew. Hochfürstl. Durchl. Bibliothèque mit Büchern von der ersten Art schon genug versehen ist".

1.13 Daß diese Vorstellungen gebilligt und damit für die Zukunft der Bibliothek prägend wurden, zeigt die weitere Bestandsentwicklung, auch wenn andere, zusätzliche Komponenten vorübergehend eine Rolle spielten. Der Zeitgeist, in Gotha mit starker Hinwendung des Hofes zum französischen Geistesleben, hatte schon vor der Mitte des 18. Jhs die beherrschende Rolle der Theologie abgelöst. Diese Bestandsgruppe, die im 17. Jh quantitativ bestimmend gewesen war, erreichte diese Ausnahmestellung schon im 18. Jh nicht mehr und trat gegenüber den von Schläger genannten Fächern ein für allemal in den Hintergrund.

1.14 Zwar brachte die Amtszeit Schlägers zu Anfang qualitative Veränderungen im Bestandsaufbau, doch verlief die weitere Entwicklung unter Herzog Friedrich III. eher unauffällig, sieht man von der Schönen Literatur ab, die für den Privatgebrauch der herzoglichen Familie erworben wurde und sich in der offiziellen Statistik zunächst nicht niederschlug. Nach einem ersten, 1746 ergebnislos gebliebenen Versuch, seine eigene numismatische Bibliothek an die herzogliche Bibliothek zu verkaufen, gelang dies Schläger erst 1774, zwei Jahre nach dem Amtsantritt von Herzog Ernst II. (1745-1804; reg. seit 1772), der für die Entwicklung der Bibliothek eine bedeutsame Rolle spielte. Zu nennen ist darüber hinaus der Kauf philologischer Werke aus der Auktion der Bibliothek des zeitweiligen Gothaer Gesandten am englischen Hof, Graf Friedrich von Thoms (1696-1746), in Leiden (Jacobs, 1835, S. 34; s. u. 4.2).

1.15 Wie bei der Numismatik und Philologie rückte man auch mit dem Erwerb von 225 Bdn juristischer Dissertationen aus dem Nachlaß des gothaischen Geheimen Rates und Kammerpräsidenten Siegfried Ehrenfried von Oppel (1687-1747) entschieden von dem Erwerbungsprofil der ersten Hälfte des 18. Jhs ab. Bei einem neuen Zensus von 1776, der anläßlich des ein Jahr zuvor erfolgten Amtsantritts Julius Wilhelm Hambergers (1754-1813) als erster Bibliothekar vorgenommen wurde, zählte die Bibliothek 36.666 Bde Druckschriften, zwei Jahre später, 1778, 37.130 Bde. Sie verteilten sich sachlich wie folgt: Bibliotheca selecta 5893, Theologie 9017, Philosophie (darunter Philologie und Naturwissenschaften) 6704, Geschichte 5341, Jurisprudenz 2827, Politik 2791 und Medizin 1568 Bde. Die Zeitschriften wurden mit 2414, die Dissertationen mit 575 Bdn angegeben (Ewald, hschr. bei Jacobs, 1835, S. 41; vgl. auch Jacobs, 1835, S. 60, Anm. 90; s. u. 4.2). Der Bestand mag damit, legt man die Schätzung Freieslebens von 1746 zugrunde (s. o. 1.9), in der Anfangszeit der Regierung Ernsts II. an die 100.000 Werke herangereicht haben.

1.16 Zum Nachfolger Schlägers berief Ernst II. 1786 den bereits 60jährigen Rektor der Fürstenschule Schulpforte Johann Gottfried Geißler (1726-1800). Er schätzte Geißler von dessen früherer Tätigkeit am Gothaer Gymnasium her. Umgekehrt waren Geißler die Gothaer Verhältnisse recht gut bekannt. Mit ihm intensivierten sich die personellen Beziehungen zwischen Bibliothek und Gymnasium, was ein Charakteristikum bis ins 20. Jh hinein blieb. Geißler oblag bis zu seinem Tod die Leitung der ausgedehnten und extravaganten Erwerbungen Ernsts, die in diesen Jahren ihren Höhepunkt erreichten.

1.17 Das Zeitalter Ernsts II. ist in seiner Bedeutung für die Bibliothek kaum zu überschätzen. Charakteristisch ist der gezielt vorgenommene Erwerb von Kostbarkeiten auch im Bereich der alten Drucke. Hierin bilden die Geschäftsbeziehungen zu Jean Baptiste Maugérard (1735-1815), die dank der speziellen Untersuchung von Ludwig Traube und Rudolf Ehwald (Jean Baptiste Maugérard, 1904; s. u. 5) auch in den bibliographischen Einzelheiten hinlänglich bekannt sind, nur einen Ausschnitt, wenn auch in der Qualität der Erwerbungen den Höhepunkt.

1.18 Belegt sind Käufe von Inkunabeln und frühen Drucken des 16. Jhs in vielen Städten des In- und Auslands, u. a. mehrfach im dynastisch verbundenen Altenburg (von hier stammt z. B. das Mainzer Catholicon von 1460 mit dem neuerdings kontrovers diskutierten handschriftlichen Kaufeintrag aus dem Jahr 1465; außerdem Käufe auf der Einsiedelschen Auktion), des weiteren in Amsterdam (Santenius-Auktion), Augsburg (Michel-Auktion), Berlin (Unger-Auktion), Dresden, Göttingen (Dubletten-Auktion sowie 1796 Kulenkampsche Auktion, von da u. a. der Erwerb der Complutensischen Polyglotte), Groningen (Chevalier-Auktion), Leipzig (Auktionen von Hommel, Ernesti, Kregel von Starnbach, Rotberg, Reiz, Blankenburg), außerdem in Hamburg, Jena, Naumburg, Neapel, Nürnberg (Hallersteinsche Auktion), Padua usw.

1.19 An geschlossenen Sammlungen und Nachlässen sind insbesondere die folgenden drei Erwerbungen zu erwähnen: 1793 aus Arnstadt die hymnologische Bibliothek ( s. u. 2.166-2.167) des dortigen Superintendenten Johann Christoph II. Olearius (1668-1747, Superintendent seit 1736), um 1800 aus Danzig in mehreren Schüben der Nachlaß der Botaniker Jacob Breyne (1637-1697) und Johann Philipp Breyne (1680-1764) sowie 1806 aus Eisenach der Nachlaß des Superintendenten Christian Wilhelm Schneider (1734-1797, im Amt seit 1782). Schon 1787, ein Jahr nach dem Tode Schlägers, hatte Ernsts Gemahlin, Herzogin Charlotte (1769-1827), der Bibliothek ihre umfangreiche Sammlung dramatischer Literatur vermacht.

1.20 Dieser Vorgang steht im 18. Jh vereinzelt da. Typisch ist für Gotha eher der umgekehrte Fall, daß ausgedehnte Privatsammlungen von Mitgliedern des herzoglichen Hauses weitergepflegt oder neu angelegt wurden. Auch Ernst II. machte hier keine Ausnahme, im Gegenteil, er ging einen Schritt weiter und stellte 1775 mit dem jungen Heinrich August Ottokar Reichard (1751-1828) für seine Privatbibliothek sogar einen eigenen Bibliothekar an. Reichard wurde als Herausgeber des Theater-Kalenders und des Revolutions-Almanachs sowie als Verfasser einer kulturgeschichtlich wertvollen Autobiographie bekannt.

Die Ära der Herzöge von Sachsen-Coburg und Gotha (1826-1918)

1.21 Dem Zeitalter der spektakulären Erwerbungen, das mit dem Tode Ernsts II. von Sachsen-Gotha und Altenburg im Jahre 1804 - sieht man von den orientalischen Handschriften ab im wesentlichen abschloß, folgte das Zeitalter der stillen Aufarbeitung und ruhigen Fortführung. Bis fast zur Mitte des 19. Jhs ist es von der Persönlichkeit des Altertumswissenschaftlers Friedrich Jacobs (1764-1847) geprägt, dem die Bibliothek grundlegende Katalogarbeit verdankt ( s. u. 2.7). In seiner langen Amtszeit erlebte er nicht weniger als vier Herzöge als oberste Dienstherren: Von Ernst II. berufen, von dessen Sohn und Nachfolger, dem romantisch-skurrilen Herzog August (1772-1822; reg. seit 1804) mit mancherlei Aufgaben bedacht, die zielstrebiger Bibliotheksarbeit nicht immer förderlich waren, wurde er in der Folge Zeuge des tragischen Schicksals des letzten Herzogs der alten Linie, Friedrichs IV. (1774-1825; reg. seit 1822). Er hatte aber auch die Genugtuung, durch dessen testamentarische Verfügung vom 13. Dezember 1824 die angesammelten Schätze zu einem Fideikommiß erhoben und damit die Unveräußerlichkeit der Sammlungen und ihren Verbleib am Ort rechtlich abgesichert zu sehen. Unter Ernst I. (1784-1844; reg. seit 1826) schließlich führte er die Bibliothek in die Ära der neu begründeten Linie von Sachsen-Coburg und Gotha hinüber.

1.22 Kurz vor dieser historischen Zäsur, im Jahr 1823, erfolgte einer der großen Schübe in der Bestandsentwicklung, indem der herzoglichen Bibliothek die Privatsammlungen der Herzöge Ernst II. (ca. 20.000 Bde) und August (rund 10.000 Bde), der Herzogin Louise Dorothée (ca. 500 Bde) und Teile der Bibliothek ihres 1806 verstorbenen Sohnes August zufielen, dazu die Bibliotheken der Schlösser Friedrichswerth und Molsdorf sowie die Münzbibliothek.

1.23 Nach dem Ausscheiden von Dubletten ergab das einen Zuwachs von fast 40.000 Bdn. Die katalogmäßige Bewältigung zog sich Jahrzehnte hin. Eine Zählung des sprunghaft erweiterten Bestandes erbrachte 1835 rund 110.000 Bde. Ein Jahr vorher, 1834, hatte die Bibliothek die über 400 starke Sammelbände umfassende Leichenpredigtensammlung des Gothaer Gymnasiums übernommen, einen Fundus, der den eigenen in der Systemgruppe " Theol." enthaltenen Komplex bedeutend vermehrte.

1.24 Auf das für die Bestandsgeschichte wenig ergiebige Direktorat von Friedrich August Ukert (1780-1851) folgte die Amtszeit von Wilhelm Heinrich Ewald (1791-1865), der die Bibliothek ebenfalls für rund zehn Jahre leitete. In seiner Eigenschaft als Direktor der Friedensteinschen Sammlungen war er um die Reorganisation der Gesamtstruktur der Bibliothek bemüht, ohne wiederum in den Fragen der Bestandsentwicklung neue Akzente setzen zu können. Ein solcher Versuch wurde erst nach dem Ausscheiden Ewalds und vor der Wiederbesetzung des Direktorats in einem anonymen Memorial von 1861/62 unternommen. In seinen Grundgedanken wohl von Ewald inspiriert, dürfte es von dem Theologen und Ministerialrat Eduard Jacobi (1796-1865) erarbeitet worden sein, der nach dem Ausscheiden Ewalds interimistisch die Geschäfte führte. Das Memorial gab den Bestand an Druckschriften mit rund 170.000 an und empfahl, künftig die beschränkten Mittel für den Bestandsaufbau nicht in einer universalen Sammeltätigkeit zu zerstreuen, sondern auf einige wenige Gebiete zu konzentrieren. Es waren dies einzelne Zweige der Geschichtswissenschaft, vor allem deutsche und insbesondere sächsische Geschichte, einzelne Zweige der klassischen Altertumswissenschaft, orientalische Literatur, Münzkunde, Astronomie sowie Schöne Literatur, Memoirenwerke und Biographien.

1.25 Die angesprochenen Gebiete ergaben sich zum einen aus den literarischen Bedürfnissen am Ort, nicht zuletzt mit Blick auf das Gymnasium Ernestinum, zum anderen aus Schwerpunkten des eigenen Bestandes. Diese hatten sich durch den Erwerb der orientalischen Handschriften unter Herzog August, durch die Betreuung der bedeutenden Münzsammlung und durch die Unterstützung der seit dem ausgehenden 18. Jh etablierten herzoglichen Sternwarte herausgebildet. Bemerkenswerterweise wurde dabei das vorgeschlagene eigene Erwerbungsprofil in das Umfeld eines " Bibliothek-Verbands" projiziert und eine Abstimmung in Erwerbung und (Fern-)Leihe mit den wissenschaftlichen Bibliotheken Thüringens und darüber hinaus " bis auf Cassel, Wolfenbüttel, Leipzig und Halle" erwogen. Diese Erwerbungsprinzipien, die der Diskrepanz zwischen der sprunghaft angestiegenen Bücherproduktion und den eigenen bescheidenen Mitteln realistisch Rechnung trugen, kamen in der Folge zum Tragen. Sie prägten den Bestandsaufbau in den Grundzügen unter den Direktoraten Karl Joachim Marquardts (1812-1882), Wilhelm Pertschs (1832-1899) und Rudolf Ehwalds (1847-1927) bis zum Ende des Ersten Weltkrieges.

1.26 Eine Pflichtexemplarregelung hinsichtlich der im Herzogtum Gotha erschienenen Druckschriften, von der die Gothaer Bibliothek hätte profitieren können, hat es zu keiner Zeit gegeben. Einer besonderen Regelung unterlagen lediglich die Jenaer Dissertationen. Als einer der Erhalterstaaten der Ernestinischen Gesamtuniversität Jena beanspruchte das Herzogtum zumindest in der zweiten Hälfte des 18. Jhs für die dort erschienenen Publikationen eine Art Pflichtexemplarrecht (vgl. Dittrich, 1995, S. 36; s. u. 5), das jedoch nicht konsequent befolgt worden sein dürfte ( s. u. 2.160).

1.27 Die Angaben über den Umfang des Bestandes wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jhs nur geschätzt oder nach den Katalogen ermittelt. Es liegen Zahlen teils nach Bänden, teils nach Werken vor. Im Memorial von 1861/62 ( s. o. 1.24) wird der Bestand mit rund 170.000 Druckschriften, im Staatshandbuch für die Herzogthümer Sachsen-Coburg und Gotha von 1865 bereits mit rund 200.000 Werken beziffert. Für April 1870 liegt eine nach den Katalogen vorgenommene Zählung vor, die einschließlich der Handschriften 162.937 Werke in 130.573 Bdn anführt (Ehwald, 1901, S. 452 spricht für 1870 ohne Differenzierung von 130.000 Bdn, s. u. 4.2). In den zwei folgenden Ausgaben des Staatshandbuchs von 1884 und 1890 ist der Bestand mit " ca." bzw. " über" 200.000 Bdn ausgewiesen. Wohl im Hinblick auf diese unsicheren und untereinander kaum stimmigen Angaben finden sich in den weiteren Ausgaben des Staatshandbuchs von 1897 und 1901 keine Zahlenangaben mehr. Die Schätzzahl von " über" 200.000 Bdn trug Ehwald noch auf dem 2. Deutschen Bibliothekartag am 30./31. Mai 1901 in Gotha vor, korrigierte sie jedoch nach einer inzwischen erfolgten Zählung in der Druckfassung seines Vortrages auf 184.300 Bde. Per 5. Oktober des gleichen Jahres ist der Bestand an Druckschriften schließlich mit 178.237 Bdn angegeben.

1.28 Seit Eröffnung des herzoglichen Museumsbaus im Jahre 1879 waren die musealen Bestände aus dem Ostturm in das neue Gebäude überführt worden. Auf dem Friedenstein verblieben damit allein die wissenschaftlichen Sammlungen, Bibliothek und Münzkabinett. Im Zuge der strikteren Trennung von Bibliotheks- und Museumsgut wurden um 1900 des weiteren die rund 1000 größtenteils auch mit Typendruck versehenen Einblatt-Holzschnitte des 16. Jhs an das Museum abgegeben. Andererseits gelangte 1902 der alte Buchbestand der Schloßkirche zur herzoglichen Bibliothek. Auch wurden ihr Teile der herzoglichen Behördenbibliothek überwiesen.

Vom Ende des Ersten Weltkrieges bis zur Gegenwart

1.29 Die tiefgreifenden Veränderungen seit dem Zusammenbruch des Kaiserreiches der Adelsabfindung und der territorialen Neugestaltung sowie die weiteren historischen Entwicklungen des 20. Jhs hinterließen in der Geschichte der Gothaer Bibliothek tiefe Spuren: Äußere Stationen sind Enteignung des Herzogs im Gothaer Landesteil (1919), Zurückgewinnung von Liegenschaft und Sammlungen für das Haus Coburg und Gotha auf gerichtlichem Wege (1925), Einbettung der Sammlungen in eine Stiftung bürgerlichen Rechts (1928, faktisch wirksam ab 1934), Überführung von Spitzenstücken nach Coburg (1944/45), die in den fünfziger Jahren veräußert wurden, abermalige Enteignung des herzoglichen Hauses (1945), Verbringung der ehemals herzoglichen Bibliothek in die Sowjetunion (1946) und Rückgabe des größten Teils (rund 330.000 Bde; 1956). Diese Stationen sind zugleich der Hintergrund, vor dem sich vor allem in den Jahren 1925 bis 1956 eine wenig gedeihliche Bestandsentwicklung vollzog.

1.30 Die kurze Zeitspanne als Landesbibliothek, zwischen dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Restitution des herzoglichen Besitzes, brachte bei geringem Bestandszuwachs kaum neue Substanz an historischem Buchgut; erwähnenswert sind lediglich Bestände aus dem Behördenbereich, die in die Systemgruppe Politik eingeflossen sind. Es überrascht somit die für 1925 im Jahrbuch der Deutschen Bibliotheken für Gotha angegebene Bestandsgröße von rund 250.000 Bdn. 1931 erhielt die Bibliothek als Schenkung die Sammlung des in Ohrdruf tätig gewesenen hohenloheschen Kanzleirats, Juristen und geistlichen Liederdichters Friedrich Wilhelm Loder (1757-1823).

1.31 Hinsichtlich des wertvollen Altbestandes verlief die Entwicklung bis in die dreißiger Jahre hinein punktuell eher rückläufig, denn bevor die Stiftung ( s. o. 1.29) ihre volle Rechtswirksamkeit erlangte, wurde die Bibliothek auf konkrete Nachfrage nachgerade zur Veräußerung freigegeben. Das beweisen die Verkaufseintragungen in den Katalogen, wie denn auch eine Anzahl Inkunabeln zur Versteigerung bei Sotheby's in London eingereicht wurde (1931), von denen allerdings nur ein Teil wirklich abgesetzt werden konnte. Gleichwohl verlor die Bibliothek in diesen Jahren allein rund 70 Wiegendrucke durch Verkauf.

1.32 Die folgenden zehn Jahre brachten der Bibliothek eine relative Konsolidierung, vom Inkrafttreten der " Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha'schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft" bis gegen Ende des Zweiten Weltkrieges. Während dieser Zeit erhielt die Bibliothek die Sammlung der Gothaer Sternwarte, die 1937 zunächst als Depositum übergeben und 1941 vollends übereignet wurde.

1.33 Das Ende des Zweiten Weltkrieges war an der Bibliothek in dem im großen und ganzen intakt gebliebenen Schloß zunächst glimpflich vorübergegangen. Im Gegenteil, sie erfuhr mit der ehrwürdigen Bibliothek des Gothaer Gymnasium Ernestinum bald eine beträchtliche Vermehrung, da das Gebäude des Gothaer Gymnasiums von der Sowjetarmee zur Kaserne bestimmt worden war. Von russischen Pferdegespannen transportiert, gelangten am 7. und 8. September 1945 die wertvollen Bestände, Lehrer- und Schülerbibliothek, ca. 50.000 Bde, auf den Friedenstein. Für wenige Monate befand sich 1945/46 somit die über viele Jahrhunderte zusammengebrachte Gothaer Substanz an historischen Buchbeständen erstmals unter einem Dach. Dieser Zustand änderte sich bald, denn im Frühjahr 1946 wurde der weitaus überwiegende Teil der ehemals herzoglichen Bibliothek samt allen Katalogen sowie die von der Bibliothek mitverwaltete Münzsammlung abtransportiert. Zurückgelassen wurden lediglich die Abteilung Gothana, ein Teil der Thuringica sowie Teile der Abteilung Schöne Literatur. Unerwarteterweise erwies sich die Gymnasialbibliothek, die 1947 durch Beschluß des Rates der Stadt der Landesbibliothek übereignet wurde, als die tragende Säule, um die herum mit dem Bestandsaufbau wieder neu begonnen wurde.

1.34 Die Gymnasialbibliothek war 1596 unter Herzog Johann Casimir (1564-1623; reg. seit 1596) gestiftet worden, bestand zum Zeitpunkt der Gründung der Bibliothek der Herzöge von Sachsen-Gotha also bereits rund ein halbes Jahrhundert. Die wie das Gymnasium illustre im ehemaligen Augustinerkloster untergebrachte, zunächst bescheidene Sammlung wurde in der Folge vor allem durch Dubletten der herzoglichen Bibliothek ansehnlich angereichert ( s. o. 1.3). Darüber hinaus wurde sie durch Legate und Schenkungen vermehrt, z. B. durch Cyprian (1745) oder die Witwe des Staatsministers Sylvius von Frankenberg (1728-1815). Die Geschichte dieser bedeutenden Sammlung ist bisher nicht geschrieben. Sie kann im Rahmen dieser Übersicht nicht geleistet werden und bleibt ein Desiderat der Zukunft.

1.35 Nach dem Abtransport der Herzoglichen Sammlung wurden die freigewordenen Räume der Landesbibliothek ab 1953 für die Zwecke der neugeschaffenen Zentralstelle für wissenschaftliche Altbestände genutzt. Diese Institution hatte die Aufgabe, Buchgut aufzufangen, das durch die gesellschaftlichen Veränderungen in der sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR

Enteignung, Aussonderung aus weiterbestehenden Büchereien oder Auflösung ganzer Bibliotheken herrenlos geworden war. Es wurde bibliographisch verzeichnet und den wissenschaftlichen Bibliotheken der DDR zugänglich gemacht. Bücher, die auf diese Weise nicht vermittelt werden konnten, gelangten über das Zentralantiquariat in Leipzig in den staatlich gelenkten, exportorientierten Antiquariatsbuchhandel. Im Jahre 1959, kurze Zeit nach Rückführung der Masse der Gothaer Bibliothek (einschließlich der Münzsammlung) aus der damaligen UdSSR, wurde die Zentralstelle für wissenschaftliche Altbestände an die damalige Deutsche Staatsbibliothek nach Berlin verlegt.

1.36 Am 21. Mai 1957 wurde die restituierte Landesbibliothek Gotha wiedereröffnet. Beim bibliothekarischen Neuaufbau seit 1946 hatte man die Gymnasialbibliothek nicht als Sonderbestand belassen, sondern ein neues Katalogsystem angelegt. Dieses verzeichnete über die Gymnasialbibliothek hinaus auch die Reste der ehemals herzoglichen Bibliothek sowie sämtliche Neuerwerbungen. So natürlich sich dieses Vorgehen beim Neuanfang ergab, so sehr mußte es nach der Rückkehr der ehemals herzoglichen Bibliothek bedauert werden. Die für die künftige Bestandsentwicklung abermals notwendige Grundsatzentscheidung wurde wie folgt getroffen: (1) Der historische Hauptbestand, die ehemals herzogliche Bibliothek (" Herzogliche Sammlung"), deren Kataloge ebenfalls wieder zur Verfügung standen, wurde als grundsätzlich abgeschlossene Sammlung behandelt. Die 1946 in Gotha verbliebenen Bestandteile wurden aus der inzwischen beträchtlich vermehrten Gymnasialbibliothek (" Gymnasiale Sammlung") wieder ausgegliedert und in die Herzogliche Sammlung rücksigniert. Beim Neuzugang von Büchern aus der Zeit bis 1945 wurden bei der Herzoglichen Sammlung in Verlust geratene Werke durch bibliographisch identische Exemplare ersetzt. (2) In die Gymnasiale Sammlung, die um älteres Schrifttum erweitert worden war, flossen alle anderen Neuzugänge an Literatur bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges ein. (3) In eine dritte Aufstellung wurden, getrennt nach Monographien und Serien bzw. Periodika, die ab 1957 erworbenen, nach dem Zweiten Weltkrieg erschienenen Bestände aufgenommen.

1.37 Im Jahre 1969 wurde die Landesbibliothek in Forschungsbibliothek umbenannt und erhielt den Status einer buchhistorischen Spezialsammlung. 1981 konnte die Gothana-Bücherei der Stadt Gotha erworben werden, 1982 kam die Hermann-Hesse-Sammlung des Gothaer Malers Franz Vetter mit 112 Autographen Hesses hinzu. 1985 wurde ein verschollen geglaubter Petrarca-Text in einer Gothaer Humanisten-Handschrift wiederentdeckt, 1988 gelang die Erwerbung eines Teilnachlasses des aus Gotha stammenden Lexikographen und Verlegers Joseph Kürschner (1853-1902).

1.38 Im Jahre 1991 wurde die Bibliothek dem Thüringer Ministerium für Wissenschaft und Kunst unterstellt und erhielt den Namen Forschungs- und Landesbibliothek Gotha. Sie fungiert als überregionale außeruniversitäre Forschungs- und Studienstätte auf der Grundlage ihres Bestandes an abendländischen und orientalischen Handschriften und historischen Buchbeständen (" Forschungsbibliothek"). Außerdem ist sie wissenschaftliche Regionalbibliothek durch ihren organisch gewachsenen Bestand an Literatur zum Herzogtum Gotha und zu Westthüringen sowie zur Stadt Gotha (" Landesbibliothek"). Bestandsaufbau und Öffentlichkeitsarbeit werden speziell auf diese Bereiche abgestimmt. Mit beiden Aufgaben ist traditionell eine differenzierte Erschließung des eigenen Bestandes verbunden, die ihren Niederschlag in einer eigenen Schriftenreihe findet.

1.39 Die Wiedervereinigung Deutschlands hat auch einen anderen Problemkreis, die Restitution von Kulturgut, wieder in Bewegung gebracht. Die diesbezüglich zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation laufenden Verhandlungen betreffen auch die in Rußland verbliebenen Gothaer Buchbestände. Als nicht unwesentliches Zwischenergebnis ist eine Liste von Büchern der Gothaer Bibliothek zu werten, die sich im Institut für wissenschaftliche Information für Gesellschaftswissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften (INION) in Moskau befinden. Dieses einige tausend Bände umfassende Verzeichnis (" Spisok pecatnych izdanij iz kollekcij Gotskoj biblioteki") wurde der deutschen Verhandlungsseite 1994 übergeben und liegt der Gothaer Bibliothek vor. Es ermöglicht erstmals den konkreten Nachweis eines Teils der in der Herzoglichen Sammlung noch immer zu beklagenden Kriegsverluste und stellt zugleich eine günstige Voraussetzung für die Fortführung der Verhandlungen im Teilbereich Bibliotheksbestände dar.

1.40 Seit 1990 ist die Gothaer Bibliothek mit einer Arbeitsstelle an der Erfassung und Katalogisierung der Drucke des 16. Jhs im Sinne eines Supplements zum VD 16 über den Eigenbestand hinaus beteiligt, seit 1996 wirkt sie als Kooperationspartner der Bayerischen Staatsbibliothek München durch die Erfassung ihres Eigenbestandes an dem DFG-Projekt einer überregionalen rechnergestützten Katalogisierung der Drucke des 17. Jhs (VD 17) mit. Wie die anderen großen wissenschaftlichen Bibliotheken des Freistaates Thüringen ist die Gothaer Bibliothek auch in den Gemeinsamen Bibliotheksverbund (GBV) datentechnisch integriert und arbeitet ihren gesamten Druckschriftenbestand kontinuierlich in den Verbund ein.

Helmut Claus

1.41 In Zukunft wird die Forschungs- und Landesbibliothek Gotha mit der Universitätsbibliothek Erfurt zur Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt-Gotha vereinigt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die anhand der Kataloge vorgenommene Ermittlung erbrachte für die Herzogliche Sammlung ca. 227.200 und für die Gymnasiale Sammlung ca. 31.300 Werke, zusammen ca. 258.500 Werke. Die Zahl der Bände bis zum Erscheinungsjahr 1900 wird insgesamt auf ca. 350.000 angesetzt. An Inkunabeln sind 1000 Titel vorhanden, auf das 16. Jh entfallen 23.500 Titel (9,1 Prozent), auf das 17. Jh 50.600 Titel (19,6 Prozent), auf das 18. Jh 66.500 Titel (25,7 Prozent) und auf das 19. Jh 112.600 Titel (43,6 Prozent). 4300 Titel (1,6 Prozent) enthielten keine Jahresangabe.

2.2 Nicht eingerechnet sind hier die in Handschriftenkonvoluten befindlichen (Klein-)Drucke, die vor allem auf das 17. und 18. Jh entfallen, sowie die nachweislich noch in Rußland befindlichen Bücher der Herzoglichen Sammlung, unter denen sich auch eine größere Zahl von Werken des 16. bis 19. Jhs befindet. Auf die letzteren wird an den entsprechenden Stellen der systematischen Beschreibung hinzuweisen sein.

2.3 Die knappe Hälfte dieses Bestandes, 121.000 Titel (46,8 Prozent), bilden Werke in deutscher Sprache. Das Lateinische ist mit 103.400 Titeln (40 Prozent) vertreten. Es folgen das Französische (19.200 Titel, 7,4 Prozent) und das Englische (5900 Titel, 2,3 Prozent). Die sonstigen Sprachen sind mit 9000 Titeln (3,5 Prozent) vertreten. Im 15. Jh dominiert die lateinische Sprache mit 91,8 Prozent ( s. u. 2.155-2.156, Inkunabeln). Im 16. Jh stehen einem lateinischsprachigen Anteil von 14.580 Titeln (62 Prozent) vor allem aufgrund des stark vertretenen Schrifttums der lutherischen Reformation nicht weniger als 7162 Titel in deutscher Sprache (30,5 Prozent) gegenüber. Der Rest von 7,5 Prozent wird vor allem von den sonstigen Sprachen gebildet. Für das 17. Jh ergeben sich 27.846 Titel (55 Prozent) in lateinischer Sprache, 19.361 Titel (38,3 Prozent) in deutscher und 1846 Titel (3,6 Prozent) in französischer Sprache, der Rest (3,1 Prozent) entfällt vorwiegend auf die sonstigen Sprachen.

2.4 Für das 18. Jh ist die Zahl der Drucke in französischer Sprache mit 9402 (vielfach mehrbändigen) Titeln (14,1 Prozent) aufgrund der Geisteshaltung des Gothaer Hofes erwartungsgemäß hoch. Es stellt zugleich den höchsten Anteil dieser Sprache nach Jahrhunderten überhaupt dar, wobei das Deutsche mit 27.523 Titeln (41,4 Prozent) erstmals knapp vor dem Lateinischen mit 26.901 Titeln (40,5 Prozent) liegt. Das Englische ist mit 1057 Titeln (1,6 Prozent) zum ersten Male stärker vertreten, liegt aber noch unter dem Anteil an sonstigen Sprachen (1607 Titel, 2,4 Prozent). Im 19. Jh dominiert die deutsche Sprache mit 63.697 Titeln (56,5 Prozent), gefolgt von Latein (32.841 Titel, 29,2 Prozent), Französisch (7253 Titel, 6,5 Prozent) und Englisch, das mit 4509 Titeln (4 Prozent) noch immer nicht an das Französische heranreicht. Die sonstigen Sprachen sind im 19. Jh mit 4320 Titeln (3,8 Prozent) im Bestand. Von den 4236 Titeln ohne Jahresangabe sind 75 Prozent deutschsprachig.

Systematische Übersicht

Herzogliche Sammlung Allgemeines

2.5 Die historischen Buchbestände gehören zum weitaus größten Teil der Herzoglichen Sammlung, zum kleineren Teil der Gymnasialen Sammlung an. Der Bestand der ehemals herzoglichen Bibliothek als einer mit dem Stichjahr 1945 grundsätzlich abgeschlossenen Sammlung (" Herzogliche Sammlung") wurde anhand des Systematischen Kataloges, anhand der Sonderkataloge oder, wie bei den Leichenpredigten, anhand der Objekte ausgezählt. Hochgerechnet wurden die Dissertationen und der Bestand Sternwarte, ungezählt blieb die Gruppe Musica practica.

2.6 Der Bestand der Herzoglichen Sammlung gliedert sich in systematische Sachgruppen und in Sondergruppen, die jeweils in Bandkatalogen beschrieben sind. Von den heute gültigen Sachkatalogen der Herzoglichen Sammlung gehört die Hauptmasse dem 19. Jh, ein weiterer Teil der ersten Hälfte des 20. Jhs an. Nur der alte chronologische Katalog der Frühdrucke entstand bereits im 18. Jh.

2.7 Der systematisch gegliederte Bestand geht in seiner Grundstruktur auf die Festlegungen Veit Ludwig von Seckendorffs (1626-1692) zurück, der von 1645 bis 1664 Aufseher über die Bibliothek war. Er entwarf die im wesentlichen bis in die Gegenwart gültig gewesene Systematik, die zunächst sieben Gruppen umfaßte: (1) Libri theologici (Theol.), (2) Libri juridici (Jur.), (3) Libri politici (Pol.), (4) Libri medici (Med.), (5) Libri historici (Hist.), (6) Libri philosophici (Phil.) und (7) Libri mathematici (Math.). Die heute gültigen Kataloge dieser Gruppen wurden größtenteils von Friedrich Jacobs in der ersten Hälfte des 19. Jhs erstellt, ausgenommen sind lediglich die Gruppen 3 (Politik) und 5 (Geschichte/Historiographie), die der zweiten Hälfte des 19. Jhs angehören. Auf Jacobs geht auch die Verzeichnung der Periodika (Gruppe 8, Ephemeriden) und der archäologischen Literatur (Gruppe 9, Antiquaria) zurück.

2.8 In der zweiten Hälfte des 19. Jhs wurden folgende Sachgruppen neubearbeitet oder neu gebildet: (10) Schöne Literatur (Poes.), (11) Geographie (Geogr.), (12) Städtebeschreibungen (Opp.), (13) Biographien und Memoirenwerke (Biogr.) sowie (14) Genealogie und Heraldik (Gen.). Im 20. Jh kamen schließlich die Gruppen (15) Gotha-Literatur (Goth.), (16) Buch und Schrift (Buch), (17) Musikalien (Mus.), (18) Statistik (Stat.), (19) Pädagogik (Päd.), (20) Kunst (K.) und (21) Numismatik (Num.) hinzu. Außerhalb dieser systematischen Gliederung stehen die folgenden Gruppen: Blockbücher, Inkunabeln und Postinkunabeln bis 1517 (Xyl. bzw. Mon. typ.), Dissertationen (Diss.), Leichenpredigten (LP) und Gesangbücher (Cant. spir.).

Theologie

2.9 Die Sachgruppe Theologie (Libri theologici, " Theol.") ist mit 25.071 Titeln (16. Jh 6026, 24 Prozent; 17. Jh 10.294, 41,1 Prozent; 18. Jh 4873, 19,4 Prozent; 19. Jh 3622, 14,5 Prozent; o. J. 256) die umfangreichste der Herzoglichen Sammlung. Sie muß, mindestens für die Zeit bis um 1750, als das Herzstück des Bestandes angesehen werden. Deutschsprachig sind 59,8 Prozent, in Latein 31,9 Prozent, in Französisch 3,3 Prozent, in Englisch 1,5 Prozent und in sonstigen Sprachen 3,5 Prozent.

2.10 Bei der Einrichtung der Sachgruppe " Cant. spir." ( s. u. 2.165-2.167) wurden die entsprechenden Bestände aus der Sachgruppe Theologie dorthin umgesetzt, so daß Gesangbücher und religiöse Poesie in der Regel nicht mehr unter Theologie zu finden sind; sie enthält nur noch einen vergleichsweise bescheidenen Bestand an hymnologischer Literatur.

2.11 Von den Leichenpredigten steht nur die im 19. Jh aus der Gymnasialbibliothek ( s. o. 1.33-1.34) übernommene Sammlung gesondert ( s. u. 2.161-2.164). Theologische Dissertationen bilden zwar eine besondere Sachgruppe ( s. u. 2.159), doch finden sich entsprechende Titel auch noch in der Sachgruppe Theologie. Das Kirchenrecht ist in der Sachgruppe Recht ( s. u. 2.21-2.23) eingeordnet, ältere theologische Zeitschriften in der Gruppe Periodika ( s. u. 2.62-2.66). Überschneidungen gibt es mit den Sachgruppen Geschichte ( s. u. 2.34-2.37), Philosophie und Philologie ( s. u. 2.38-2.56), z. T. auch mit der Sachgruppe Archäologische Literatur ( s. u. 2.68-2.70). Aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ist eine große Zahl von nach thematischen Gesichtspunkten zusammengestellten Sammelbänden mit Reformationsdrucken als Verlust zu beklagen. Sie hatten Profil und Ruf der Bibliothek maßgeblich mitbestimmt.

2.12 Die Systematik der Sachgruppe Theologie orientiert sich pragmatisch am Vorhandenen. Als Vorbild diente vermutlich die Gliederung, die Cyprian dem gedruckten Katalog seiner eigenen Bibliothek gab (Bibliotheca Cyprianica, sive catalogus librorum historico-theologicorum, Gotha 1726; s. o. 1.10) und den er sich als Lehrmittel in der Hand des Theologiestudenten wünschte. Den Quellenwerken, mit denen die Aufstellung Theologie beginnt, sind für die Formate Quart und Oktav einige Grundsatzwerke über Religion im allgemeinen und christliche Religion im besonderen vorangestellt, die im Format Quart mehrheitlich dem 17. und 18. Jh, im Format Oktav überwiegend dem 19. Jh angehören.

2.13 Mit den Bibelausgaben, von denen die von 1462 bis 1516 erschienenen in der Gruppe " Mon. typ." ( s. u. 2.157) zu finden sind, ist eine breite Grundlage für die theologische Arbeit bereitgestellt: Polyglottenbibeln, Ausgaben der Biblia Hebraica, Septuaginta und Vulgata, Bibelübersetzungen in viele Weltsprachen, Vollbibeln, Ausgaben des Neuen Testaments oder einzelner biblischer Bücher liegen in großer Zahl aus allen Jahrhunderten vor (Verluste besonders bei den Bibeln und Bibelteilen in orientalischen Sprachen). Bei den deutschen Bibelübersetzungen herrscht die Lutherbibel vor. Ab Mitte des 17. Jhs ist die sogenannte Ernestinerbibel (kommentierte und illustrierte Lutherbibel), an deren Zustandekommen Ernst I. von Sachsen-Gotha entscheidenden Anteil hatte, besonders häufig vertreten. Nach den Bibeln stehen die Summarien, Kompendien, Exzerpte, Konkordanzen und vor allem Kommentare zur Bibel.

2.14 Bei den Folioausgaben besonders des 17. Jhs der " Patres Graeci und Patres Latini", die breit gefächert vorhanden waren, sind viele Verluste zu verzeichnen (so bei den Patres Latini 21 komplette Werkausgaben, dazu viele einzelne Bände aus Werkausgaben). Jacques-Paul Mignes Patrologia Graeca und Patrologia Latina konnten durch den Nachdruck des 20. Jhs ergänzt werden.

2.15 Bei den " Opera theologorum" sind die Werke der Scholastiker zunächst gesondert ausgewiesen, dann aber die Theologen nur in der Formatgruppe Folio nach Konfessionen geschieden (Opera theologorum Catholicorum, Opera theologorum Evangelicorum), für Quart und Oktav sind Theologen verschiedener Richtungen in einem Alphabet vereint (Quart: Amsdorf Zwingli, 16. Jh besonders stark vertreten; Oktav: Achelis Zwingli, 19. Jh stärker vertreten). In der Gruppe " Theol. Quart" sind die Sammelbände mit Lutherschriften, nach Erscheinungsjahren geordnet, zu nennen. Von den ursprünglich 39 Bdn sind 34 noch vorhanden, sie enthalten insgesamt ca. 600 Einzelschriften, von denen ca. 520 bis zu Luthers Tod (1546) erschienen sind. Für Melanchthon liegen ebenfalls bei " Theol. Quart", 3 Sammelbände mit 48 zu seinen Lebzeiten erschienenen Einzelschriften vor. Ein Sammelband " Scripta Thomae Muntzeri" enthält 20 Einzelschriften, 10 davon von Müntzer verfaßt.

2.16 Die Kirchengeschichte ist stark vertreten. Hier sind die Heiligenviten eingeordnet, die Papstviten, die Geschichte der verschiedenen Orden ungewöhnlich reich die Literatur zum Jesuitenorden -, sowie die Ketzergeschichte. Umfangreich ist die Literatur zur Geschichte der Reformation, hervorzuheben sind Sammelbände des 16. Jhs in der Formatgruppe " Theol. Quart": eine Reihe mit 6 Sammelbänden (davon ein Bd Verlust), die ca. 120 Titel umfaßt; eine andere Reihe mit 32 Sammelbänden (davon 12 Bde Verlust, die restlichen 20 Bde enthalten noch ca. 550 Einzelschriften). Zu verschiedenen Kolloquien des 16. Jhs stehen hier 4 Sammelbände mit knapp 70 Einzeltiteln.

2.17 Innerhalb der Literatur zur Kirchengeschichte einzelner Länder nimmt Deutschland den breitesten Raum ein, innerhalb Deutschlands die thüringische Region. Die übrigen europäischen Länder sind vor allem durch ihre Wechselbeziehungen mit Deutschland von Interesse. Als Anhang finden sich Kirchenordnungen (" Agenda"), Verfassungen und Satzungen (" Politia et disciplina").

2.18 Unter der Überschrift " Theologia dogmatica" ist Literatur zur christlichen Glaubenslehre eingeordnet, in begrenztem Umfang katholische Dogmatik, umfassend die evangelische. Vorhanden sind Darstellungen der evangelischen Lehre in den Symbolischen Büchern und Glaubensbekenntnissen für die evangelische Dogmatik im Mittelpunkt die Confessio Augustana und ihre Apologie, die Sclkaldischen Artikel sowie die Formula Concordiae. Es folgen Katechismen sowie Erklärungen einzelner Hauptstücke. In der Abteilung " Theol. Quart" finden sich Schriften der Wiedertäufer (ein Sammelband mit 16 Schriften des 16. Jhs), der Quäker (7 Sammelbände des 17. Jhs, davon nur 3 noch vorhanden mit insgesamt ca. 80 Titeln), der Socinianer (2 Sammelbände des 17. Jhs mit zusammen 20 Titeln). In der Gruppe " Theol. Oktav" schließt sich an die Darstellung der einzelnen Glaubensartikel Literatur zu Sekten an (unter denen die Anhänger Zinzendorfs ausdrücklich so benannt werden). Es folgt eine Abteilung " Theologia mystica", deren Autoren in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt werden, von Gottfried Arnold über Jakob Böhme, Friedrich Breckling und Johann Amos Comenius bis hin zu Caspar Schwenckfeld und Valentin Weigel.

2.19 Das Gebiet der kontroverstheologischen Literatur vor allem des 16. bis 18. Jhs wird durch die fein gegliederte Systematik umfassend erschlossen: Es finden sich Gruppierungen wie Christen allgemein gegen Atheisten, gegen Deisten, gegen Juden, innerkatholische Polemik, Katholiken gegen Häretiker, Katholiken gegen Evangelische, Evangelische gegen Katholiken (allgemein, gegen die Lehre vom Papsttum, gegen die Lehre von den Sakramenten usw.), Lutheraner gegen Calvinisten (20 Sammelbände mit ca. 250 Einzeltiteln), Schriften gegen die Sakramentarier (13 Sammelbände mit ca. 160 Titeln), Kontroversen der Lutheraner unter sich (Osiandristen, Flacianer, Kryptocalvinisten, Socinianer, Photinianer, Calixtianer 6 Sammelbände mit ca. 75 Titeln -, Chiliasten). Das Phänomen des Pietismus findet reichen Niederschlag in der theologischen Literatur (darunter 7 Sammelbände " Tractatus Pietisticorum", davon 6 vorhanden mit 160 Titeln; 16 Sammelbände " Scripta Antipietistica", davon 5 Verlust, die restlichen 11 Bde mit ca. 260 Einzeltiteln). In der Literatur wird mehrheitlich der orthodoxe Standpunkt eingenommen, die offizielle kirchliche Linie überwiegt; doch sind auch die Schriften der Gegner gesammelt wurden. Nach den Lutheranern werden die Reformierten in ihren kontroverstheologischen Schriften aufgeführt: Katholiken gegen Calvinisten, Calvinisten gegen Katholiken, Calvinisten gegen Lutheraner, Calvinisten untereinander (Syncretisten und Ireniker, 7 Sammelbände mit ca. 80 Titeln).

2.20 In allen drei Formaten schließt sich Literatur unter dem Begriff " Theologia moralis et Ascesis" an, im Format Oktav, wo sich auch die meisten Titel finden, noch einmal gegliedert in " Theologia moralis Pontificiorum" (95 Titel) und " Theologia moralis Evangelicorum" (253 Titel). Die Gruppen " Meditationes und Preces" sind im Oktavformat so umfangreich (ca. 900 Titel), daß die Autoren alphabetisch angeordnet wurden. Als letzte große Gruppe sind die Predigten zu nennen, die kontinuierlich gesammelt wurden (alphabetisch nach Predigern geordnet). Zahlreiche thematische Sammelbände enthalten Taufpredigten, Hochzeitspredigten usw., vor allem aber Leichenpredigten (ca. 90 Sammelbände, davon in der Gruppe " Theol. Quart." ca. 60 Bde, geordnet nach dem sozialen Stand der Verstorbenen, mit über 1000 Titeln; außerdem ca. 100 einzeln gebundene Predigten in Folioformat; vgl. auch u. 2.161-2.164). Die Literatur zur Theologie der nichtchristlichen Religionen ist nur bei der rabbinischen Theologie etwas dichter.

Jurisprudenz

2.21 Die Sachgruppe Jurisprudenz (Libri juridici, " Jur."), zählt 6733 Titel, darunter 45 Zeitschriften (16. Jh 1525, 22,6 Prozent; 17. Jh 1760, 26,1 Prozent; 18. Jh 1373, 20,4 Prozent; 19. Jh 2031, 30,2 Prozent; o. J. 44). Die dominierende Sprache ist Latein (56,1 Prozent), gefolgt von Deutsch (39,4 Prozent), Französisch (2,3 Prozent), Englisch und den sonstigen Sprachen (2,2 Prozent).

2.22 Von Werken aus dem 16. Jh sind Annotationes priores in Pandectas (Köln 1527) von Wilhelm Budaeus und Opera, quae de jure fecit (Köln 1588) von Jacob Cujacius (Jacques Cujas) sowie ein Lexicon juridicum ([Genf] 1599) hervorzuheben, aus dem 17. Jh In Pandectas Juris civilis et Codicis Justinianei libros commentarii, olim Paratitla dicti (Basel 1629) von Matthaeus Wesenbeck und Hugo Grotius' Florum sparsio ad Jus Justinianeum (Amsterdam 1643), dessen Hauptwerk De jure belli ac pacis (z. B. in der Ausgabe Amsterdam 1663) in der Sachgruppe " Pol." ( s. u. 2.24-2.28), mit der es zu häufigen Überschneidungen kommt, eingeordnet ist. Unter den Dissertationen ( s. u. 2.159) befindet sich auch ein hoher Anteil an juristischen Abhandlungen.

2.23 An Grundlagenwerken anzuführen sind De Verborum, quae ad jus pertinent, significatione ... (Frankfurt a. M. 1683) von Barnabas Brissonius, Johann August Hellfelds Historia Juris Germanici et Canonico-Pontificii (Jena 1741) und Gottlieb Hufelands Abriß der Wissenschaftskunde und Methodologie der Rechtsgelehrsamkeit (Jena 1797), den er seinen Vorlesungen zugrunde legte. Die Wissenschaft vom Strafrecht erfuhr durch Paul Johann Anselm von Feuerbachs Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts (Gießen 1801) einen Aufschwung, epochemachend wirkte Karl Friedrich Eichhorns Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte (Göttingen 1818-1823). Rudolph Jherings Abhandlung über den Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung (Leipzig 1854-1874) steht für die römische Rechtsgeschichte, als Beispiel für vergleichende Rechtswissenschaft sei Das Mutterrecht (Stuttgart 1861) von Johann Jacob Bachofen genannt.

Politik

2.24 Die Sachgruppe Politik (Libri politici, " Pol.") enthält 11.970 Titel, darunter 240 Zeitschriften, davon 71 englische Periodika (16. Jh 456, 3,8 Prozent; 17. Jh 2364, 19,7 Prozent; 18. Jh 4798, 40,1 Prozent; 19. Jh 4237, 35,4 Prozent; o. J. 115). Mit 74,4 Prozent dominiert das deutschsprachige Schrifttum, es folgen die lateinischen Titel mit 12,7 Prozent, die französischen mit 8,3 Prozent und die englischen mit 2,9 Prozent. 1,7 Prozent entfallen auf sonstige Sprachen.

2.25 Überschneidungen ergeben sich u. a. zu den Sachgruppen Jurisprudenz ( s. o. 2.21-2.23) und Geschichte ( s. u. 2.34-2.37). Vorhanden ist Schrifttum zur Nationalökonomie, z. B. die Einladung zur Gründung einer Gesellschaft für die Errichtung einer Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth (Nürnberg 1833), zur Polizeiwissenschaft, Innen- und Außenpolitik (darunter Vertrags- und diplomatische Aktensammlungen sowie Kongreßberichte). Neben Werken wie Joachim Widemanns Politicus libellus (Straßburg 1565), zusammengebunden mit Justini ex Trogo Pompejo historia (Köln 1556), und Karl Vollgraffs Die Systeme der praktischen Politik im Abendlande (Gießen 1828-1829), sind auch Sammelbände gemischten Inhalts vorhanden. So finden sich in einem Band die Kurtze verantwortung des Churfürsten zu Sachsen, Hertzogen Augusti etlicher erdichten unwarhafftigen Bezichtigung halben ( o. O. 1567) und des Paul Severus Wunderbarliche Newe Zeitung. Von den Bedeutungen etc., die da folgen werden auß den obgemelten Constellation unnd Finsternissen ( o. O. 1563?) sowie 16 weitere Drucke. In den " Controversiae illustres" ist z. B. ein Kurtzer summarischer Bericht ( o. O. 1643) über die zwischen dem Pfalzgrafen bei Rhein, Wolfgang Wilhelm, und dessen Bruder, Johann Friedrich, schwebenden Streitigkeiten enthalten.

2.26 Von lokalem und regionalem Interesse ist ein Sammelband mit gothaischen und altenburgischen Verordnungen aus dem Zeitraum von 1613 bis 1822, darunter Herzog Friedrichs II. Edict und Verordnung, Wegen verschiedener in Dero Landen bishero entstandenen Religions-Irrungen (Gotha 1715) mit Anweisungen über das Verhalten der Lehrer in Kirchen und Schulen. Ein weiterer Band enthält amtliche Verlautbarungen Herzog Ernsts I. aus den Jahren 1659 bis 1667, u. a. die von allen Kanzeln des Fürstentums zu verlesende Mahnpredigt des Landesherrn auf die Gothaer Feuersbrunst von 1665 (Gotha 1665). Hiob Ludolfs De bello Turcico feliciter conficiendo (Frankfurt a. M. 1686) ist angebunden an Theodor Reinkingks Tractatus de regimine secularis et ecclesiastico (Frankfurt a. M. 1659). Ludolf war am Gothaer Hof angestellt und gilt als Begründer der mit Äthiopien befaßten Studien in Deutschland.

2.27 Aufgrund der verwandtschaftlichen Bindungen zwischen dem Coburger Herzogshaus und Großbritannien gelangte The mystery solved: or, Ireland's miseries; the grand cause, and cure (Edinburgh 1852) von Edward Marcus Dill als Geschenk des Prinzen Albert, Gemahl der Königin Victoria, in die Bibliothek. Möglicherweise verdankt die Bibliothek ihren reichen Bestand an englischen bzw. englischsprachigen Periodika des 19. Jhs ebenfalls den dynastischen Beziehungen zur britischen Krone. Häufig handelt es sich um Berichte und Protokolle von Organen der britischen Staatsverwaltung, wie im Falle des Sixteenth Report of the Commissioners of her Majesty's Inland Revenue ... (London 1873). Von dem in New York erschienenen Journal The Nation sind die Jahrgänge 1874 bis 1876 und 1879 vorhanden.

2.28 Die zur Innenpolitik einzelner Staaten gesammelte Literatur ist im Fall von Frankreich besonders umfangreich. Es handelt sich vor allem um Abhandlungen, die durch die Revolution von 1789 ausgelöst wurden. Der Bestand wurde durch Verluste stark dezimiert. Vorhanden sind z. B. noch De la révolution française ([Paris] 1796) von Jacques Necker und Ma république ( o. O. 1791) von Jean de Sales.

Medizin

2.29 Die Sachgruppe Medizin (Libri medici, " Med.") zählt einschließlich der 140 Zeitschriften 5255 Titel (16. Jh 604, 11,5 Prozent; 17. Jh 1301, 24,8 Prozent; 18. Jh 932, 17,7 Prozent; 19. Jh 2362, 44,9 Prozent; o. J. 56 Titel). In deutscher Sprache sind 54,1 Prozent der Titel, in Latein 36,8 Prozent, in Französisch 5,5 Prozent und in Englisch 2 Prozent; unter den sonstigen Sprachen (1,6 Prozent) finden sich Portugiesisch, Italienisch, Griechisch u. a. Das Lateinische dominiert im 16. und 17. Jh, insgesamt tritt es jedoch hinter dem Deutschen zurück.

2.30 Am Anfang der Sachgruppe stehen Bibliographien und Lexika, gefolgt von zahlreichen Werken zur Geschichte der Medizin. Die griechische Heilkunde ist u. a. durch Coi Aphorismi graece et latine (Den Haag 1664) des Hippokrates, hrsg. von Jan van Heurne, vertreten. Karl Gottlob Kühn besorgte im 19. Jh die Medicorum graecorum opera quae extant (Leipzig 1821-1830) mit Werken des Hippokrates, Galen und Dioscurides.

2.31 Unter den anthropologischen Werken, die Abnormitäten beschreiben, findet sich August Brückners Ueber die Natur, Ursachen und Behandlung der einwärts gekrümmten Füße oder sogenannten Klumpfüße (Gotha 1796; Faksimile-Ausgabe s. u. 5). Die Anatomia des Andreas Vesalius (Venedig [1604]) ist mit zahlreichen Illustrationen ausgestattet. Rudolf Virchows Hauptwerk Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre (Berlin 1871) ist ebenfalls vorhanden. Der Gruppe Diätetik (Gesundheitslehre) wurde auch Le Kama Soutra, règles de l'amour de Vatsyayana (Morale des Branes) (Paris 1891), übersetzt von Pierre Eugène Lamairesse, zugeordnet.

2.32 Zur Pathologie sei Christian Wilhelm Hufelands Schrift Ideen über Pathogenie und Einfluß der Lebenskraft auf Entstehung und Form der Krankheiten (Jena 1795) genannt, die er als Einleitung zu seinen Vorlesungen verfaßte. Unter den zahlreichen Schriften über Krankheiten und Seuchen findet sich ein Freundliches Gespräch über den betrübten und armseligen Zustand der ...

Stadt Wienn ... bey dieser gefährlichen ...

Contagion (o. O. 1679) von Paulus de Sorbait. Schon früh beschäftigte man sich mit der Vitamin-C-Mangelkrankheit Skorbut, wie aus Daniel Sennerts De Scorbuto tractatus (Wittenberg 1624) hervorgeht, der mit handschriftlichen Randbemerkungen versehen ist.

2.33 Die Literatur zur Chirurgie ist umfangreich, darunter von Joseph Lister (1827-1912), einem Anhänger Pasteurs, Der Lister'sche Verband (Leipzig 1875). Heilbäder fanden im Abschnitt medizinische Geographie Berücksichtigung, in der auch Caspar Friedrich Fuchs' Schrift Das Verhältniss der Krankheiten in senkrechter Richtung von der Küste der Nordsee bis zum Rücken des Thüringerwaldes (Gotha 1851) enthalten ist. Für Gotha, wo 1878 das erste Krematorium Deutschlands in Betrieb genommen wurde, ist die in der Gruppe " De cura circa sepulturam" eingetragene, in Berlin erscheinende Zeitschrift zur Förderung der Feuerbestattung, Die Flamme (ab Jg. 1, 1884), von Wichtigkeit.

Geschichte

2.34 Die Sachgruppe Geschichte und Historiographie (Libri historici, " Hist.") umfaßt 14.786 Titel, darunter 188 Zeitschriften (16. Jh 1377, 9,3 Prozent; 17. Jh 3140, 21,2 Prozent; 18. Jh 3287, 22,2 Prozent; 19. Jh 6868, 46,5 Prozent; o. J. 114). Auffällig ist der fast gleiche Anteil an Schriften des 17. und 18. Jhs. Unter den Sprachen dominiert das Deutsche (58,4 Prozent), gefolgt von Latein (20,1 Prozent), Französisch (14,5 Prozent) und Englisch (2,8 Prozent). 21 weitere Sprachen sind mit 4,2 Prozent vertreten, darunter das Italienische mit 2 Prozent.

2.35 Im Bereich der Alten Geschichte ist der Sammelband mit Herodotus, ... von dem Persier und vielen anderen Kriegen und Geschichten (Augsburg 1535) und Thukydides' Von dem Peloponneser Krieg (Augsburg 1535) anzuführen. Für die deutsche Geschichte sei Georg Sabinus' Schöne und lustige beschreibung etlicher rathschlegen unnd gesprächen in Erwelung eines Keysers (Mülhausen 1561) genannt, für die Geschichte anderer Länder als frühes Exempel für die Beschäftigung mit dem Nahen Osten Ludovicus Helianus' De bello suscipiendo adversus Venetianos et Turcas oratio (Augsburg 1510), eine seltene Postinkunabel, die mit 19 weiteren Abhandlungen (zumeist 16. Jh) zum gleichen Gegenstand zusammengebunden ist. Obwohl als Universalgeschichte ausgewiesen, befaßt sich auch die Chronik des christlichen Historiographen al-Makán Historia Saracenica (Leiden 1625), hrsg. und ins Lateinische übertragen von Thomas Erpenius, vorwiegend mit der Geschichte des Vorderen Orients. Die Sechzehn Caricaturen auf Mitglieder des Frankfurter Parlaments 1848 (Mappenwerk, o. O. u. J.) sind eher eine Kuriosität.

2.36 Geschichtswissenschaftliche Literatur mit regionalem Bezug ist reichlich vorhanden, jedoch nicht in disproportionalem Übermaß. Anzuführen sind ein Abtruck der Achtserklerung des Mandats ... ( o. O. 1567), die Kaiser Maximilian II. dem sächsischen Kurfürsten August zur Vollstreckung an Herzog Johann Friedrich sandte, und eine Sammlung von Schriften, die im Zusammenhang mit Wilhelm von Grumbach und den nach ihm benannten militärischen Aktionen in den Jahren 1554 bis 1567 entstanden, sowie Johann Georg August Gallettis Versuch einer Geschichte der Herrschaft Tonna (Tonna 1777).

2.37 Annähernd genauso umfangreich wie die Literatur zur sächsisch-thüringischen Geschichte ist der Bestand an Werken zur Geschichte Preußens, darunter die Publicationen aus den K. Preussischen Staatsarchiven (1878-1938). Das Quellenwerk zur europäischen Geschichte Rikskansleren Axel Oxenstiernas Skriften och Brefvexling (Stockholm 1880-1905) gelangte als Geschenk der Stockholmer Königlichen Akademie der Wissenschaften vermutlich in Erinnerung an die Rolle der ernestinischen Fürsten im Dreißigjährigen Krieg in die Bibliothek. Unter den Periodika befindet sich die von Leopold Ranke herausgegebene Historisch-politische Zeitschrift (Bd 1-2, 1832-1836).

Philosophie und Philologie

2.38 Die drittgrößte Sachgruppe Philosophie und Philologie (Libri philosophici, " Phil.") enthält 18.904 Titel (16. Jh 2249, 11,9 Prozent; 17. Jh 2905, 15,4 Prozent; 17. Jh 4505, 23,8 Prozent; 19. Jh 9010, 47,7 Prozent; o. J. 235). Es überwiegen die lateinischen Werke mit 7439 Titeln (39,3 Prozent), gefolgt von 6476 Titeln in Deutsch (34,3 Prozent), 1846 Titeln in Französisch (9,8 Prozent) und 500 Titeln in Englisch (2,6 Prozent). 2643 Werke (14 Prozent) sind in sonstigen Sprachen abgefaßt.

2.39 Den Anfang der Gruppe Philosophie bilden Enzyklopädien wie Encyclopaediae, seu orbis disciplinarum, tam sacrarum quam prophanarum, epistemon (Basel 1559) von Paulus Scalichius de Licka, es folgen Einführungen in die Philosophie, Diarien und Zeitschriften, darunter die von Joachim Georg Darjes herausgegebene Jenaische philosophische Bibliothek (Bd 1-2, 1759-1760).

2.40 Werke der antiken Philosophen schließen sich an. In Werk-, Einzel- oder kommentierten Ausgaben, als Übersetzungen ins Lateinische, Deutsche, Französische oder Englische sind die Schriften und deren Fragmente der griechischen und römischen Philosophen in historischer Abfolge sowie Sekundärliteratur (häufig Dissertationen) angeordnet. Zu den Werken der am umfangreichsten vertretenen Philosophen Platon, Aristoteles, Plutarch, Cicero und Seneca sind meist auch Chrestomathien (z. B. Chrestomathia Platoniana , Zürich 1756) und Speziallexika, z. B. das Lexicon Platonicum (Leipzig 1835-1838) des aus Gotha stammenden Friedrich Ast, vorhanden.

2.41 Aus der orientalischen Philosophie sind vor allem Werke arabischer, chinesischer und indischer Philosophen nachweisbar. Zu nennen ist The history of Hai Eb'n Yockdan, an Indian Prince: Or the self-taught philosopher (London 1686). Die " jüngere Philosophie" beginnt mit den Philosophen des 16. Jhs und umspannt den Zeitraum bis zu den Anfängen der klassischen deutschen Philosophie. Ein Sammelband mit Werken von Jordanus Nolanus Brunus (Giordano Bruno) enthält De Lampade combinatoria Lulliana (Wittenberg 1587) und auf der Titelrückseite eine handschriftliche Widmung des Verfassers an Jacobus Cuno, Frankfurt. Von Francis Bacon sind Oeuvres (Dijon l'an 8-11 [1799-1802]) vorhanden.

2.42 Die Untergruppe " Systeme der Philosophie" bezeichnet die nach ihren Begründern benannten Lehren. Auf eine kleine Anzahl allgemeiner Werke folgen die Systeme in ihrer historischen Folge von Jacob Boehme (Alle Theosophische Schrifften, Amsterdam 1682) und Spinoza bis zu Arthur Schopenhauer (Die Welt als Wille und Vorstellung, Leipzig 1819) und einigen Materialisten des 19. Jhs. Unter den Systemen sind Kantianismus (Kants Critik der reinen Vernunft, Riga 1781) und Fichtianismus (Johann Gottlieb Fichtes Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre, Jena und Leipzig 1802) mit Abstand am umfangreichsten vertreten.

2.43 Die Literatur zu den philosophischen Disziplinen umfaßt zunächst Logik und Dialektik. Vorhanden sind Aristoteles' Organum, sive logica (Basel 1559) und das Mandat Herzog Ernsts I., Systema logicum (Gotha 1681) zum Gebrauch am Gothaer Gymnasium. Zur Metaphysik ist Voltaires La métaphysique de Neuton (Amsterdam 1740) im Bestand, zur Psychologie Paracelsus' Philosophiae magnae collectanea (Basel 1569); zur Anthropologie (einschließlich der Physiognomie) von Artemidorus Daldianus De somniorum interpretatione libri V (Basel 1539) und von Petrus de Abano Decisiones physionomiae (Venedig 1548); zur Ästhetik von Pierre de Saint Julien Gemelles ou pareilles (Lyon 1584); zur Ethik Ciceros Tusculanarum quaestionum libri V (Paris 1549) sowie Christian Garves Eigene Betrachtungen über die allgemeinsten Grundsätze der Sittenlehre (Breslau 1798) mit einer von der Hand des Prinzen August von Sachsen-Gotha geschriebenen Nachricht; zur Naturtheologie von Johann Heinrich Alstedius Theologia naturalis exhibens augustissimam naturae scholam (Frankfurt a. M. 1615) und zur Pneumatologie von Johannes Wierus De praestigiis daemonorum, et incantationibus et veneficis libri sex (Basel 1568). Es schließen sich philosophische Miszellen sowie Abhandlungen zur Magie an. Ein Sammelband enthält den der Gruppe Wahrsagerei zugeordneten Druck Diß biechlin zaygt an die weyssagungen von zukünfftiger betrübtnuss (Augsburg 1522).

2.44 Die Literatur über Geheimgesellschaften beginnt mit Sammlungen und Darstellungen zu deren Geschichte, es folgen Werke über Rosenkreuzer, darunter die Fama Fraternitatis, Oder Entdeckung der Bruderschafft deß löblichen Ordens deß RosenCreutzes (Frankfurt a. M. 1615). Zur Freimaurerei sind Gesetze und Verfassungen einzelner Logen vorhanden sowie Reden und Gesänge, darunter Gesänge für die Loge Ernst zum Compaß in Gotha. Munificentia Fratris A. P. S. ( o. O. 1806). Mit den Illuminaten befaßt sich die anonym erschienene Schrift von Jean Pierre Louis de la Rocke Du Maine de Luchet Ist Cagliostro " Chef der Illuminaten"? Oder, das Buch: Sur la secte des illuminés in Deutsch (Gotha 1790). Vorhanden sind auch Werke über verschiedene andere Gesellschaften und Studentenverbindungen.

2.45 Die Gruppe Philologie umfaßt Klassische Lite- ratur, Sprachen (Grammatik und Lexik), Sachwörterbücher und Literaturgeschichte. Die Klassische Literatur ist in griechische und lateinische Schriftsteller gegliedert. Jeweils vorangestellt sind Sammlungen und Chrestomathien, die Werke der einzelnen Dichter schließen sich in historischer Anordnung an.

2.46 Die griechische Literatur folgt dieser Anordnung und schließt auch die neugriechischen Schriftsteller ein ( z. B. Paulus Dolscius' Psalterium Prophetae et regis Davidis, versibus elegiacis redditum, Basel 1555). Besondere Hervorhebung verdienen die Tragiker, Bukoliker, Erotiker, Redner und Sophisten, Briefschreiber, Grammatiker und Lexikographen. Am intensivsten wurde Homer gepflegt, dessen Ilias in einer venezianischen Ausgabe von 1524 vorhanden ist. An zweiter Stelle folgt Euripides, u. a. mit Tres tragoediae Phoenissae ... (Antwerpen 1581). Von Sophokles sind Commentarii in septem tragedias Sophoclis (Rom 1518). Besonders zahlreich sind Ausgaben des 19. Jhs vorhanden. Bildatlanten, z. B. zu Homers Werken, ergänzen den Bestand.

2.47 Besonders umfangreich wurde unter den lateinischen Dichtern Ovid erworben; hervorzuheben ist die mit Initialen, Leisten und Holzschnitten reich ausgestattete Ausgabe der Metamorphoses (Mainz 1545), übersetzt von Albrecht von Halberstadt, mit Illustrationen von Georg Wickram. Von Rudolf Ehwald ( s. o. 1.25) als Ovid-Forscher liegen neben Ovid-Publikationen mehrere Arbeitsexemplare mit handschriftlichen Bemerkungen vor, z. B. Ovids Ex Ponto libri quattuor ... (Leipzig 1868). Großes Interesse bestand an den Werken Horaz' und Vergils.

2.48 Die jüngeren lateinischen Dichter folgen alphabetisch von Adam de St. Victor bis Walafrid Strabo und den Anonymen. Ausgaben von Viten schließen sich an, darunter des Thiofridus Epternacensis Vita Willibrordi metrica, hrsg. von Konrad Rossberg (Leipzig 1883). Eine weitere Gruppe erfaßt Gelegenheitsdichtungen wie Aegidius Perianders Noctuae speculum (Frankfurt a. M. 1567) oder eine Sammlung von sieben Bänden lateinischer Gelegenheitsgedichte aus den Jahren 1557 bis 1611.

2.49 An lateinischen Rednern sammelte man am intensivsten Cicero (Orationum III volumina, Venedig 1519), bei den jüngeren Rednern sind es zeitgenössische, z. T. in Sammelbänden zusammengefaßte Gelegenheitsreden, wie sie die fünf Bände mit ca. 350 Reden von Johann Caselius, Johann Truchses, Theodor Adam, Jacob Schopper und Wolfgang Waldung aus den Jahren 1551 bis 1747 enthalten.

2.50 Die jüngeren lateinischen Briefschreiber sind untergliedert nach Wissenschaftszweigen, z. B. medizinische, theologische (darunter Johannes Trithemius' Epistolarum familiarum libri duo, Hagenau 1536), philologische (darunter Franciscus Philelphus' Epistolare, Basel 1500) und physikalisch-astronomische ( z. B. Tycho Brahes Epistolarum astronomicarum libri, Uranienburg 1596). Eine weitere Gliederung erfolgte nach Persönlichkeiten, z. B. Herrscher, Päpste, Kardinäle, Könige, Fürsten und berühmte Männer in alphabetischer Reihenfolge. Anzuführen sind Melanchthons Liber continens continua serie epistolas scriptas annis XXXVIII (Leipzig 1569), an Joachim Camerarius gerichtet, und Erasmus' Morias egkomion i. stulticiae laus (Basel 1515). Aus der Korrespondenz des Äthiopisten und Prinzenerziehers am Gothaer Hof Hiob Ludolph (1624-1704) liegen die Epistolae Samaritanae Sichemitarum ad Jobum Ludolfum (Zeitz 1688) vor. Wegen der im Gothaer Handschriftenbestand am vollständigsten überlieferten Originale ist die erste gedruckte Fassung der privaten Pariser Nachrichtenkorrespondenz Friedrich Melchior von Grimms zu erwähnen. Die Texte wurden als Correspondance littéraire, philosophique et critique, adressée à un souverain d'Allemagne depuis 1753 jusqu'en 1790 par le Baron de Grimm et par Diderot (Paris 1812-1813) publiziert.

2.51 Unter den Werken zur Dicht- und Redekunst finden sich Hermogenes' Ars rhetorica absolutissima (Paris 1530), Quintilians De institutione oratoria libri XII (Göttingen 1738) und Friedrich Riederers Spiegel der waren Rhetoric auß Marco Tullio Cicerone und andern geteutscht (Augsburg 1535). In historischer Abfolge schließen sich die Werke der Grammatiker, Philologen und Kritiker an. Anzuführen sind Aulus Gellius' Noctium Atticarum libri XIX (Paris 1519) und Caspar Barths Adversariorum commentariorum libri LX antiquitatis, tam gentilis quam christianae illustratae (Bd 1, Frankfurt a. M. 1648).

2.52 Den Darstellungen zu den Sprachen gehen allgemeine Grammatiken und Werke zu Alphabeten und Sprachvergleichen voran, z. B. Alois Auer von Welsbachs Sprachenhalle ( Wien 1844-1847); Teil 1 (1844) enthält das Vaterunser in mehr als 600 Sprachen und Mundarten, Teil 2 (1847) das Vaterunser in mehr als 200 Sprachen und Mundarten in den " den Völkern eigentümlichen Schriftzügen" mit Ausspracheanleitung und wörtlicher Übersetzung. Unter den orientalischen Sprachen ist die Literatur zum Hebräischen überproportional vertreten, darunter das Compendium Hebreae grammatices (Wittenberg 1523) von Mattheus Aurigallus. Es folgt Literatur zum Arabischen. Vorhanden sind Kitab al Amtal seu proverbiorum Arabicorum centuriae duae (Leiden 1614) von Joseph Scaliger und Thomas Erpenius sowie Wilhelm Gesenius' Versuch über die Maltesische Sprache (Leipzig 1810). Nur am Rande sind Chaldäisch, Syrisch, Samaritanisch und Palmyrenisch zu vermerken.

2.53 Die Grammatik der klassischen Sprachen Griechisch und Latein mit Werken der älteren und neueren Grammatiker, Übungen und Abhandlungen zu einzelnen grammatikalischen Erscheinungen schließen sich an. Es folgen Veröffentlichungen zur Grammatik fast aller neueren europäischen und außereuropäischen Sprachen. Besonderer Wert wurde auf die Darlegungen bei Deutsch, Französisch und Englisch gelegt.

2.54 Auch bei den Wörterbüchern ist ein umfangreicher Bestand in den klassischen Sprachen sowie für Deutsch, Englisch und Französisch überliefert. Zur Bestandsgruppe " Phil." gehören Sachwörterbücher, Literaturgeschichten, Lexika und Enzyklopädien universalen Charakters oder einzelner Wissenschaftsgebiete. Der Bogen spannt sich von Geistes- und Naturwissenschaften ( z. B. Cornelius a Beughems Bibliographia mathemathica et artificiosa novissima. Accedit cosmographia, Amsterdam 1688) sowie Medizin ( z. B. Pascal Gallus' Bibliotheca medica, Basel 1590) und Technik über Handel, Militär, Garten- und Forstwirtschaft bis zu den Schönen Künsten. Unter den Literaturgeschichten einzelner Völker ist naturgemäß die Geschichte der deutschen Dichtung am besten vertreten. Der Bestand ist gegliedert nach Sammlungen, Einführungen in die Literatur, Geschichte der Stammbücher und Sprichwörter, nach einzelnen deutschen Stämmen und nach der Gattung Roman. Darüber hinaus finden sich Abhandlungen zu den Literaturen fast aller europäischen Länder, Amerikas und Asiens.

2.55 Einen an die Pädagogik angrenzenden Bestand bilden die Werke zu Schulen und Universitäten europäischer Länder, Asiens und Amerikas. Publikationen zur Geschichte einzelner Bildungseinrichtungen werden ergänzt durch Schulgesetze und Lehrbücher, darunter das Teutsch ABC- und Syllaben-Büchlein, für die Kinder im Fürstenthumb Gotha (Gotha 1641).

2.56 Unter den 130 Zeitschriften finden sich die Acta scholastica (Jg. 1-8, 1741-1748) und die Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft (Bd 1-47, 1860-1938). Unter den Nachschlagewerken sind das Dictionnaire des sciences naturelles (Straßburg 1816-1830), hrsg. von Frédéric Cuvier, und Johann Georg Krünitz' Oekonomische Encyclopädie (Berlin 1782-1844) zu nennen.

Mathematik

2.57 Die Sachgruppe Mathematik (Libri mathematici, " Math.") umfaßt 12.479 Bde, darunter 361 Zeitschriften (16. Jh 794, 6,4 Prozent; 17. Jh 1775, 14,2 Prozent; 18. Jh 4443, 35,6 Prozent; 19. Jh 5386, 43,2 Prozent; o. J. 81). 61,1 Prozent sind deutschsprachig, 18,9 Prozent in Latein, 14 Prozent in Französisch, 3,7 Prozent in Englisch und 2,3 Prozent in sonstigen Sprachen.

2.58 Als Universalgruppe umfaßt die Sachgruppe in Abgrenzung zu den Geisteswissenschaften die Bereiche Mathematik, Naturwissenschaften, Ökonomie, Technik, Kriegswesen, Sport, Astronomie, Land-, Garten- und Forstwirtschaft sowie Tierzucht. Der Bestand wurde bis in das 19. Jh hinein kontinuierlich ergänzt. Vertreten sind Giordano Bruno, Johannes Kepler, Tycho Brahe, Nikolaus Kopernikus, Gottfried Wilhelm Leibniz, Isaac Newton und Robert Hooke. Hervorzuheben sind handkolorierte Exemplare von Brahes Astronomiae instauratae mechanica (Uranienburg 1598) und Petrus Apianus' Astronomicum Caesareum in aedibus nostris (Ingolstadt 1540; Faksimile-Ausgabe s. u. 5) mit einer lateinischen Widmung Brahes vom 14. Juni 1599. Erwähnenswert ist der Bestand an Kometenliteratur (16. und 17. Jh). Das Rechenbuch von Adam Riese Rechenung nach der lenge auff den Linihen vnd Feder (Leipzig [1550]) fand als Schulbuch Verwendung. Die frühe Entwicklung von Wirtschaft und Technik zeigt sich u. a. an Georg Agricolas Berckwerck Buch (Frankfurt a. M. 1580).

2.59 Unter der Literatur zur Land-, Garten- und Forstwirtschaft einschließlich der Hauswirtschaft finden sich Werke über den Tabakanbau und das Veredeln des Tabaks sowie Kräuterbücher von Leonhard Fuchs und Hieronymus Bock, unter den Kochbüchern ist Marx Rumpolts Ein new Kochbuch (Frankfurt a. M. 1581) hervorzuheben. Im 18. Jh verlagerte sich der Schwerpunkt zur Pflanzen- und Tierkunde. Jean-Baptiste Lamarck und Carl von Linné sind mit einzelnen Werken vertreten, von dem Thüringer Forstmann und Ornithologen Johann Matthäus Bechstein ist die Naturgeschichte der Stubenvögel (Gotha 1795) vorhanden, von Johann Volkmar Sickler das Garten-Handlexicon für Unerfahrne in der Gartenkunst und Besitzer kleiner Gärten (Erfurt 1811), auch die von Sickler herausgegebene Zeitschrift Der teutsche Obstgärtner (Bd 1-22, 1794-1804; mit teilweise kolorierten Kupfern) ist im Bestand.

2.60 Aus dem Nachlaß der beiden Danziger Botaniker Jacob Breyne (Vater) und Johann Philipp Breyne (Sohn; s. o. 1.19) sind die Prodromi Fasciculi rariorum plantarum primus et secundus (Danzig 1739) des Vaters und die Historia naturalis cocci radicum tintorii (Danzig 1731-1739) des Sohnes zu nennen. Als weitere Autoren dieser Sachgruppe sind der Mineraloge Abraham Gottlob Werner mit der Schrift Von den äußerlichen Kennzeichen der Foßilien (Leipzig 1774), der Chemiker Antoine Laurent Lavoisier mit dem System der antiphlogistischen Chemie (Berlin und Stettin 1803) und der Mathematiker Leonhard Euler mit Methodus inveniendi lineas curvas maximi minimive proprietate gaudentes (Lausanne und Genf 1744) zu nennen. Wilhelm Ernst Tentzels Epistola de sceleto elephantino Tonnae nuper effosso (Jena 1696), gerichtet an den Bibliothekar Antonius Magliabecchi in Florenz, erschien übersetzt als Inhalt Seines Lateinischen Schreibens an den Welt-berühmten Herrn Antonio Magliabechi von dem zu Tonna ausgegrabenen Elephanten-Cörper (Jena 1698).

2.61 Innerhalb der Gruppe Vieh- und Kleinviehzucht sind auch die Insekten verzeichnet. Die Bienenbibliothek des Gothaer Imkers und Sammlers Carl Kalb stellt mit 134 Bdn (gleicher Einband, Besitzstempel) eine Besonderheit dar. Als ältester Titel liegt Nickel Jakobs Gründtlicher und nützlicher unterricht von wartung der Bienen (Görlitz 1601) vor. Das neue Biene-Büchlein, Das ist: Nützlicher Unterricht von Biene, woher sie kommen: Wie vielerley sie seyn; wann und wie sie schwärmen ... ( o. O. [nach 1656]) ist mit handschriftlichen Bienenbeobachtungen versehen. Johann Nikolaus Killmars Disputation führt den Titel De jure apum = Vom Bienen-Recht (Jena 1685).

Periodika

2.62 Die Sachgruppe der Periodika (Ephemeriden, " Eph.") umfaßt Zeitungen und Zeitschriften. Sie zählt 1378 Titel: 16. Jh 4; 17. Jh 31, 2,3 Prozent; 18. Jh 539, 39,1 Prozent; 19. Jh 804, 58,3 Prozent. Der überwiegende Teil der Periodika ist deutschsprachig (63,2 Prozent), 18,3 Prozent sind in Französisch, 7 Prozent in Englisch, 11,5 Prozent in Latein und sonstigen Sprachen. Mit schätzungsweise 25.000 Jahrgängen oder Bänden ist sie eine der umfangreichsten Bestandsgruppen. Da ein großer Teil vor allem deutschsprachiger Fachzeitschriften in die entsprechenden Sachgruppen umsigniert wurde, sind unter " Eph." vorwiegend Periodika universellen Charakters zu finden.

2.63 Die älteste hier eingereihte Druckschrift ist ein Mercurius Gallobelgicus sive rerum in Gallia & Belgio potissimum ... ab anno 1588 usque ad ... 1592 (Köln 1592). Dieser Band wie einige folgende entstammen der Bibliotheca Gerhardina ( s. o. 1.3). In Gotha und Frankfurt a. M. erschienen die Novellen aus der gelehrten und curiösen Welt, darinnen die Quintessenz mannigfaltiger Gelehrsamkeit ... enthalten (Bd 1-6, 1692-1696), die als die früheste deutsche literarische Zeitschrift gelten.

2.64 Von der ersten gelehrten Zeitschrift, Le Journal des Savans, ist die Amsterdamer Ausgabe von 1685 bis 1782 vorhanden, von der Pariser Ausgabe des Journal des Savan(t)s sind die Jahrgänge von 1791 bis 1916 (mit Lücken) im Bestand. Das Journal war Vorbild für die Philosophical Transactions der Royal Society (die unter wechselndem Titel von 1665 bis 1874 vorhanden sind) und die in Leipzig erscheinenden Acta eruditorum (1682-1731) bzw. Nova Acta eruditorum (1732-1772). Außerdem sind gelehrte Zeitungen aus Dresden, Göttingen, Gotha, Jena und anderen Orten vorhanden.

2.65 Aus dem späten 18. Jh besitzt die Bibliothek Zeitschriften wie den weit verbreiteten Teutschen Merkur (Bd 1-68, 1773-1789), hrsg. von Christoph Martin Wieland, den er von Weimar aus als Der neue Teutsche Merkur (1790-1810) fortsetzte. Überlokales Interesse beanspruchten auch Der Bote aus Thüringen, der in Schnepfenthal erschien (1788-1806, 1811-1816), und das Weimarer, von Friedrich Justin Bertuch (1747-1822) und Georg Melchior Kraus (1737-1806) herausgegebene Journal des Luxus und der Moden (Jg. 1-41, 1786-1826). Einzelne Jahrgänge stammen aus der Provenienz Herzog Ernsts II., der sie kostbar binden ließ. Unter den Zeitungen, die vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jhs die Zeitereignisse aus verschiedenen politischen Blickwinkeln reflektieren, ragen das Journal de Paris (1777-1811), Gazette national ou Le Moniteur universel (1789-1852) und die Augsburger Allgemeine Zeitung (1821-1917) hervor.

2.66 Die Sachgruppe enthält auch Schriftenreihen wie die Abhandlungen der mathematisch-physikalischen Classe der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften (München 1829 ff.) oder die Smithsonian contributions to knowledge (Washington, ab 1848). Andere Serien sind dagegen im Bandkatalog unter der Rubrik " Sammelwerke" aufgeführt, z. B. die Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes (Leipzig 1859 ff.), die von der Morgenländischen Gesellschaft herausgegeben wurden.

Antiquaria

2.67 Die Bestandsgruppe Bibliotheca Antiquaria (" Ant.") umfaßt 4714 Titel, darunter 55 Zeitschriften (16. Jh 107, 2,2 Prozent; 17. Jh 520, 11 Prozent; 18. Jh 1272, 27 Prozent; 19. Jh 2805, 59,6 Prozent; o. J. 10). Das Deutsche steht mit einem Anteil von 39 Prozent an der Spitze, es folgen Latein mit 31,4 Prozent, Französisch mit 14,2 Prozent und Englisch mit 3,7 Prozent; die sonstigen Sprachen, bei denen das Italienische besonders stark vertreten ist, haben einen Anteil von 11,7 Prozent.

2.68 Die Sachgruppe enthält Literatur zur klassischen Archäologie, zu biblischen und weltlichen Altertümern und heidnischen Religionen. Vorangestellt sind Werke zur Geschichte der heidnischen Götterlehre, z. B. die isländische Götter- und Heldendichtung Edda. Islandorum An. Chr. M.CC.XV. Islandice (Kopenhagen 1665) von Snorri Sturluson, und zu Persönlichkeiten aus der Sagenwelt. Als frühester Druck der Gruppe ist das panegyrische Heldenepos auf Friedrich Barbarossa Ligurini de gestis imp. caesaris Friderici primi libri decem carmine heroico conscripti ([Augsburg] 1507) des Guntherus von Paris anzuführen.

2.69 Es folgt Literatur zu den Themen Staatswesen, Recht, Heerwesen, Waffenkunde, Schiffahrt, Bergbau, Viehzucht, Medizin, Sport, Spiele, Feste, Theater, Musik, Stellung der Frau, Sklaverei u. a. in regionaler Gliederung. Zu nennen ist Hellas. Vorträge über Heimath, Geschichte, Literatur und Kunst der Hellenen (Berlin 1852), aus dem Nachlaß von Friedrich Jacobs ( s. o. 1.21), hrsg. von Ernst Friedrich Wüstemann. Breiten Raum nehmen die klassische Archäologie und die Erschließung der Altertümer Ägyptens ein. Erwähnenswert ist die Vielzahl wichtiger Quellenwerke vorwiegend aus dem 19. Jh, darunter die Geschichte der Kunst des Alterthums (Dresden 1764) von Johann Joachim Winckelmann, die auch in italienischer (Mailand 1779) und französischer Übersetzung (Leipzig 1781) vorliegt, und dessen Monumenti antichi (Rom 1767). Die von Charles Louis Fleury Panckoucke herausgegebene Description de l'Égypte (Paris 1821-1830) enthält die im Auftrag Napoleons veröffentlichten Forschungsergebnisse von Wissenschaftlern, die die französische Armee auf ihrem Feldzug begleiteten.

2.70 Beschreibungen einzelner Kunstsammlungen schließen sich an, darunter Musei etrusci quod Gregorius XVI. in aedibus Vaticanis constituit monumenta ([Rom] 1842). Eine weitere umfangreiche Sachgruppe beinhaltet Literatur zu Ausgrabungen. Neben Berichten der Archäologen Heinrich Schliemann, Don Marcello de Venuti und Ernst Curtius über die Ausgrabungsstätten Troja, Pompeji, Herculaneum und Olympia enthält die Sammlung Schriften zu Grabungsfunden in den verschiedensten Regionen, vor allem des mitteldeutschen Raumes. Es folgt Literatur zu Inschriften, ihrer Entzifferung sowie zu Inschriftensammlungen, darunter Descriptio Rosettana (Berlin 1851) von Heinrich Brugsch und Erläuterung der Keilinschriften babylonischer Backsteine (Hannover 1852) von Georg Friedrich Grotefend, dem Entzifferer der Keilschrift. Den Abschluß bildet Literatur zu den Themen Bildhauerei, Malerei, Steinschnittkunst und Baukunst.

Schöne Literatur

2.71 Die zweitgrößte Sachgruppe Schöne Literatur (" Poes.") enthält 23.015 Titel: 16. Jh 332, 1,4 Prozent; 17. Jh 1536, 6,7 Prozent; 18. Jh 8130, 35,3 Prozent; 19. Jh 12.587, 54,7 Prozent; o. J. 430). Deutschsprachig sind 63 Prozent, in Französisch 22,9 Prozent, in Englisch 7,2 Prozent und in sonstigen Sprachen 6,3 Prozent. Latein ist nicht relevant.

2.72 Die Systematik beginnt mit den orientalischen, fernöstlichen und nordafrikanischen Literaturen sowie, in geringem Umfang, Texten schwarzafrikanischer und nordamerikanischer Literaturen. Den größten Anteil hat die orientalische Literatur (überwiegend 19. Jh), darunter der von Hermann Ethé übersetzte türkische Volks- und Sittenroman Fahrten des Sajjid Batthal (Leipzig 1871).

2.73 Es folgt die Literatur Portugals, die u. a. durch Luis de Camuoens und dessen Lusiaden in Ausgaben des 18. und 19. Jhs repräsentiert wird. Umfangreicher ist der Bestand an spanischer Literatur, darunter vor allem Ausgaben des Heldenepos El Cid (Der Cid, Tübingen 1806; übersetzt von Johann Gottfried von Herder), von Werken Calderóns (Comedias, Madrid 1760), Ausgaben von Diego Hurtado de Mendoza (Vida de Lazarillo de Tormes, Gotha 1810), von Cervantes (El ingenioso hidalgo Don Quixote de la Mancha, Madrid 1780) und Felix Lope de Vega (Arcadia, prosas, y versos, Madrid 1599). Vom Amadis-Roman ist u. a. eine französische Ausgabe, Amadis de Gaule (Paris 1555) vorhanden. Die Literatur des 19. Jhs ist wesentlich schwächer vertreten.

2.74 Der Schwerpunkt der italienischen Literatur liegt eindeutig auf Ausgaben von Werken Dantes, Petrarcas, Boccaccios, Ariosts, Tassos und Machiavellis. Die Wertschätzung, die Goldoni auf den Theaterbühnen des 18. Jhs erfuhr, spiegelt sich in den zahlreich vorhandenen Drucken seiner Theaterstücke wider, darunter Comedie (Venedig 1761) und Sämmtliche Lustspiele (Leipzig 1767-1777). Die Literatur des 19. Jhs wird besonders durch die Werke Manzonis repräsentiert.

2.75 Die Französische Literatur, vor allem des 18. Jhs, bildet einen besonderen Schwerpunkt, darunter Voltaires Werke, von denen einige, ins Deutsche übersetzt, auch in Gothaer Verlagen erschienen. Vorhanden sind OEuvres de Mr. de Voltaire (Amsterdam und Leipzig 1743-1745), die im Rahmen der höfischen Geburtstagsfeiern aufgeführte Tragödien enthalten wie Zayre (Gotha, 11. August 1755; Geburtstag der Herzogin Louise Dorothée) und Alzire (Gotha, 25. April 1760; Geburtstag Herzog Friedrichs III.). Umfangreich ist auch der Bestand an Werken Rousseaus oder Rétif de la Bretonnes, dessen Les Contemporaines, ou avantures des plus jolies femmes (Leipzig 1781-1782) vollständig vorhanden sind. Aus dem 19. Jh sind Balzac, Baudelaire, Flaubert, George Sand mit Les beaux messieurs de bois-doré (Leipzig 1858) und Alexandre Dumas père mit Der Graf von Monte-Christo (Grimma 1846) und Les trois Mousquetaires (Paris 1882) zu nennen.

2.76 Das Interesse an englischer Literatur wurde durch die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Coburg-Gothaischen Ernestinern und dem englischen Königshaus Mitte des 19. Jhs wesentlich gefördert. Die Gruppe der Englischen Literatur beginnt mit der angelsächsisch-keltischen und altenglischen Epoche in Ausgaben des 19. Jhs. Chaucers Canterbury Tales sind in einer Londoner Ausgabe von 1845 vorhanden, Shakespeare ist u. a. mit Macbeth (London 1687) und Milton mit Paradise lost (London 1727) vertreten. Fielding (The history of Tom Jones, Gotha 1804), Steele, Defoe, Swift (Works, London 1760-1762), Scott und Byron sowie Dickens und Thackeray finden sich in repräsentativer Auswahl im Bestand.

2.77 Es folgt die Literatur der Niederlande. Zu nennen sind Franz Joseph Mones Übersicht der Niederländischen Volks-Literatur älterer Zeit (Tübingen 1838) und Reinke de Fos fan Hinrek fan Alkmer (Braunschweig 1835). Literatur Skandinaviens mit Ausgaben nordischer Sagen und Lieder des 19. Jhs schließt sich an. Zu den nur in geringem Umfang vorhandenen Beständen an slawischen Literaturen (zumeist Sagen, Volksdichtungen und Unterhaltungsliteratur des 19. Jhs) zählen die Literaturen Rußlands, Polens, Böhmens, Mährens, der Slowakei sowie die Literatur der baltischen Völker und die serbische Literatur. Die finno-ugrischen Literaturen bilden den Abschluß.

2.78 Die Gruppe " Schöne Literatur der Deutschen" ist die umfangreichste innerhalb des " Poesie"-Bestandes (ca. 14.500 Titel). Auf Zeitschriften und Sammlungen folgen Werke der althochdeutschen und mittelhochdeutschen Literatur, Sagen und Volksbücher. Zu erwähnen ist der nur in diesem Exemplar nachweisbare Straßburger Druck des Til Ulenspiegel von 1519. Lyrische und dramatische Dichtungen schließen sich an.

2.79 Einzelausgaben sind nach dem Alphabet der Autoren oder Sachtitel geordnet. Die Werke Goethes nehmen einen breiten Raum ein, nicht zuletzt deshalb, weil die Mitglieder des herzoglichen Hauses, allen voran Prinz August (1747-1806), zu dem Autor freundschaftliche Beziehungen unterhielten. Vorhanden sind u. a. der Versuch, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären (Gotha 1790), Das römische Carneval (Weimar und Gotha 1789), Goethe's Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand (Stuttgart und Tübingen 1827-1835) und Goethes Werke (Weimar 1887-1912; " Sophienausgabe").

2.80 Hinzuweisen ist auf Christian Reuters Schelmuffsky, Curiose und sehr gefährliche Reißebeschreibung zu Wasser und Land (Saint Malo 1696), Lessings Fabeln (Berlin 1759) und Wielands Musarion (Leipzig 1768). Der Bestand enthält auch August Heinrich Julius Lafontaines Kleine Romane und Erzählungen (Berlin 1799-1810) und Jugendbücher wie Heidi's Lehr- und Wanderjahre (Gotha 1880) von Johanna Spyri.

2.81 Zur Theatergeschichte sind zwei Sammlungen von überregionaler Bedeutung vorhanden. Die erste Gruppe bilden 9 Sammelbände mit insgesamt 669 Titeln (17. und 18. Jh), insgesamt Gelegenheitsdichtungen zu fürstlichen Ehrentagen, Hochzeiten, Todesfällen und anderen Anlässen, darunter frühe Libretti von Singspielen und Opern wie Der entthronete Winter (Rudolstadt [1699]), der am Geburtstagsfest der Gräfin Aemilie Juliane zu Schwarzburg und Hohnstein am 19. August 1699 in einer kurzen Serenade aufgeführt wurde. Die Bände enthalten außerdem Hochzeitsgedichte sowie Trauer- und Trostoden für bürgerliche Personen, z. B. für Mitglieder der Familie Reyher, auch Gedichte zu Amtseinführungen, Promotionen usw.

2.82 Einige der Theaterstücke wurden von Wolfgang Carl Briegel (1626-1712), Wolfgang Michael Mylius (1636-1712), Christian Friedrich Witt (um 1660-1716) oder Gottfried Heinrich Stölzel (1690-1749) vertont (s. auch u. 2.107). Vereinzelt sind auch die Noten überliefert, z. B. bei einem von Briegel vertonten Geburtstagsgedicht die Bezeigte glückwünschende Freude (Gotha 1665) für Ernst I. von Sachsen-Gotha. Von Stölzels Oratorium Fall und Trost des menschlichen Geschlechts (Gotha 1724) ist nur der Text überliefert, auch zu dem barocken Singspiel Die geraubte Proserpina (Gotha 1683), mit dem am 22. April 1683 das Schloßtheater aus Anlaß des 38. Geburtstages der Herzogin Christina eröffnet wurde, fehlt die Musik. Als Verfasser wird der Gothaer Subrektor Johann Heinrich Hess angenommen.

2.83 Die zweite Gruppe bildet eine umfangreiche Sammlung von Theaterzetteln (75 Bde und 622 Einzelstücke). Sie enthält Comödien-Zettel des Koch'schen Theaters (1759-1776) und der Ackermannschen Theatertruppe unter Abel Seylers und Conrad Ekhofs Direktion (Spielorte Lübeck, Hamburg, Göttingen, Weimar, Gotha), außerdem Theaterzettel der Herzoglichen Hoftheater Coburg und Gotha (1819-1825, 1828-1919).

Geographie

2.84 Die Sachgruppe Geographie (" Geogr.") zählt 5638 Titel (16. Jh 198, 3,5 Prozent; 17. Jh 594, 10,5 Prozent; 18. Jh 1567, 27,8 Prozent; 19. Jh 3230, 57,3 Prozent; o. J. 49); hinzu kommen 79 Zeitschriften. 61 Prozent sind in deutscher Sprache, 18 Prozent in Französisch, 10 Prozent in Latein und 7 Prozent in Englisch. 4 Prozent sind in sonstigen Sprachen, vorwiegend Italienisch. Wegen ihrer Seltenheit seien ein armenisch beschriftetes Kartenwerk (Geogr. gr. 2o 1007) und ein " hindustanisches" Buch erwähnt (Geogr. 8o 1385/2). In dieser Sachgruppe sind nicht nur Verluste, sondern auch nach 1930 vorgenommene Verkäufe zu vermerken.

2.85 Die Sachgruppe teilt sich in einen allgemeinen und einen speziellen Teil (regionale Erdkunde), die nach sachlichen bzw. regionalen Gesichtspunkten untergliedert sind. Vorhanden sind ein Ost- und West-Indischer wie auch Sinesischer Lust- und Stats-Garten (Nürnberg 1668) von Erasmus Francisci, ein Teatro delle città d'Italia (Vincenza 1616) mit zahlreichen Vogelschaudarstellungen, die aus dem Französischen übersetzte Sehr curiöse Reise-Beschreibung durch das neu-entdeckte Sudland (Dresden 1704) von Ja(c)ques Sadeur [i. e. Gabriel de Foigny]. Erwähnung verdienen auch The natural history of Aleppo (London [1756]) von Alexander Russell, die Reise zum Tempel des Jupiter Ammon in der Libyschen Wüste und nach Ober-Aegypten in den Jahren 1820 und 1821 (Berlin 1824) von Johann Heinrich Carl von Minutoli, Das malerische und romantische Rheinland (Leipzig [1838-1840]) von Karl Simrock und Sahara und Sudan. Ergebnisse sechsjähriger Reisen in Afrika (Berlin 1879-1889), das Hauptwerk Gustav Nachtigals. Außerdem finden sich die Pariser, anfangs von Conrad Malte-Brun herausgegebenen (Nouvelles) Annales des voyages, de la géographie et de l'histoire (1808-1853) und die seit 1855 in Gotha erscheinende Zeitschrift Petermanns Geographische Mitteilungen. Die Bibliothek besitzt eine kleine Sammlung von Globen, darunter mehrere Erd- und Himmelsgloben im Paar (vgl. Horn, s. u. 5).

Städtebeschreibungen

2.86 Die Sachgruppe Städtebeschreibungen (Oppida, " Opp.") zählt 3217 Titel, darunter 36 Zeitschriften (16. Jh 107, 3,3 Prozent; 17. Jh 205, 6,4 Prozent; 18. Jh 554, 17,2 Prozent; 19. Jh 1994, 62 Prozent; o. J. 357). In deutscher Sprache sind 78,4 Prozent, in Französisch 10,2 Prozent, in Latein 4 Prozent und in Englisch 2,9 Prozent; sonstige Sprachen sind mit 4,5 Prozent vertreten.

2.87 Städtebeschreibungen finden sich auch in anderen Sachgruppen, auf die der Katalog verweist, z. B. auf " Theol." (für Klöster und Klosterruinen), " Math." (Burgen), " Hist." (Chroniken deutscher Städte des 14. bis 16. Jhs), " Geogr.", " Goth.", " Med." (Bäder), " Phil." (Universitäten) und " Gen." (Städtewappen). Es folgen Sammlungen von Stadtplänen, Städteansichten, Festungen, Stadtbeschreibungen usw. Die Orte, meistens Städte, aber auch Landgemeinden, sind alphabetisch von " Aachen" bis " Zwingenberg" geordnet.

2.88 Aus der Vielfalt sind (in chronologischer Abfolge) hervorzuheben: Die Gedechtnußwirdige History der Statt Sancerre (Bern 1575) von Johann von Lery, die Beschreibung und Contrafactur von den vornembsten Stetten der Welt (Bd 2, 3 und 5, Köln 1576-[ca. 1597]) von Georg Braun, Simon Novellanus und Franz Hogenberg, ein Warhafftiger Abdruck ... jn Sachen des ...

Fürsten Heinrich Julii ...

Hertzogen zu Braunschweig unnd Lüneburg ... vorübter Acten und ... Urkunden (Braunschweig 1603), Der Chur-Fürstlichen Sächsischen weit beruffenen Residentz- und Haupt-Vestung Dresden Beschreib[ung] und Vorstellung (Nürnberg 1680) von Anton Weck, Le pompose feste di Vicenza, fatte nel mese di Giugno, del 1680 (Padua 1680; mit Illustrationen) von [Carlo Patino], Das Auf der höchsten Staffel seiner Glückseligkeit prangende Amsterdam (Leipzig 1732), die Belagerung und Eroberung Constantinopels durch die Türken im Jahre 1453 (Stuttgart und Augsburg 1858), von Andreas David Mordtmann und Zillbach. Culturgeschichtliche Schilderung der Grafschaft Henneberg und des Ortes Zillbach ... ( Wien 1879) von Conrad Beyer. Biographien

2.89 Die Sachgruppe Biographien und Memoirenwerke (" Biogr.") entstand aus der Gruppe " Libri historici" (" Hist."; s. o. 2.34-2.37). Sie umfaßt 5857 Titel, darunter 7 Zeitschriften (16. Jh 179, 3 Prozent; 17. Jh 486, 8,3 Prozent; 18. Jh 1204, 20,6 Prozent; 19. Jh 3908, 66,7 Prozent; o. J. 80). Der Anteil der deutschsprachigen Titel beträgt 69 Prozent, 13 Prozent sind in Französisch, 12 Prozent in Latein und 3 Prozent in Englisch. Unter den sonstigen Sprachen (3 Prozent) herrscht das Italienische vor.

2.90 In die Gruppe ging ein großer Teil der Privatbibliothek von Herzog Ernst II. ein, die auch Bücher aus dem Besitz seines Bruders und Nachfolgers Herzog August enthält. Am Anfang stehen allgemeine biographische Sammlungen, u. a. Werke von Cornelius Nepos und Plutarch. Es folgen Biographien, nach Ländern geordnet; dann nach Berufsarten, darunter Staatsmänner, Politiker, Gelehrte und Schriftsteller, Fürsten (ausgenommen die Gothaer Fürsten, die in der Gruppe " Hist." verblieben), Philosophen, Theologen, Feldherren, Helden, berühmte Frauen, Ärzte und Naturforscher, Mathematiker, Freimaurer, Dichter, Schriftsteller, Künstler (außer den bildenden Künstlern), Kaufleute, Buchhändler und Bibliophile.

2.91 Vorhanden sind u. a. die biographischen Werke von Pierre Bayle, Jean LeRond D'Alembert, Heinrich Wilhelm Rotermund, Claude Adrian Helvetius, Christian Gottlieb Jöcher, Johann Georg Meusel und Johann Samuel Ersch. Erwähnt seien Johann Matthias Gesners Biographia academica Gottingensis (Halle 1768-1769), Friedrich Gotthelf Gotters Elogia clarorum virorum qui Altenburgum ... illustrarunt (Jena 1713), ein Schwedischer Plutarch (Stralsund 1826) von Johan Frederik af Lunfblad und Russische Günstlinge (Tübingen 1809) von Gustav Adolph Wilhelm von Helbig. Unter den Autographen- und Bildnissammlungen finden sich die beiden kolorierten Holzschnittfolgen Sachsenstam. Bildnisse und kurtze Beschreibungen (Wittenberg 1592) und Genealogia der Hertzogen und Churfürsten zu Sachsen (Wittenberg 1594) von Balthasar Mentz. Die Geschichte der menschlichen Narrheit (Leipzig 1785-1789) von Johann Christoph Adelung enthält Lebensbeschreibungen berühmter Schwarzkünstler, der Bildersaal seltener Selbstmörder (Berlin 1804) erschien anonym.

2.92 Im alphabetisch geordneten Teil sind Biographien von Einzelpersonen (ausgeschlossen bildende Künstler) zu finden, darunter auch seltene Werke, z. B. die Memoria von Johannis Jacobi Fabricii, Westphalia (Frankfurt a. M. 1692) oder Das Leben der Frau von Wallenrodt in Briefen an einen Freund (Leipzig und Rostock 1797) von Johanna Isabella Eleonore von Wallenrodt. Hervorzuheben sind umfangreiche Bestände zu Luther und Goethe. Zu Gothaer Persönlichkeiten ist zahlreiches Kleinschrifttum vorhanden, z. B. zur Familie Reyher Gelegenheitsdrucke von 1662 bis 1759, die zu Geburtstagen, Hochzeiten und Beisetzungen entstanden. Ähnliches Material ist zu den Familien Friedrich, Justus und Wilhelm Perthes vorhanden. Erwähnung verdient der gute Bestand an französischer Memoirenliteratur (18. und 19. Jh), die auf die Herzogin Louise Dorothée zurückgeht, die mit Voltaire und Grimm im Briefwechsel stand.

Genealogie und Heraldik

2.93 Die Sachgruppe Genealogie und Heraldik (" Gen.") umfaßt 1287 Titel, darunter 500 Zeitschriften (16. Jh 74, 5,8 Prozent; 17. Jh 148, 11,5 Prozent; 18. Jh 362, 28,1 Prozent; 19. Jh 681, 52,9 Prozent: o. J. 22). 61,8 Prozent der Titel sind deutschsprachig, 12,9 Prozent in Französisch, 10,8 Prozent in Latein und 5,9 Prozent in Englisch; 8,6 Prozent erschienen in sonstigen Sprachen.

2.94 Unter den allgemeinen Einführungen zur Genealogie befindet sich die Beschreibung Vom Ursprung, anfang und herkomen des Adels (Frankfurt a. M. 1563) von Reinhart Graf zu Solms. Sammlungen und Tabellen zur Geschlechterkunde sowie Literatur zu Abstammung und Verwandtschaftsbeziehungen fürstlicher, adliger und bürgerlicher Häuser schließen sich an.

2.95 Innerhalb Europas ist die das Deutsche Reich betreffende Literatur am umfangreichsten. Vorhanden ist z. B. Heilrich Zeelius' Genealogia insignium Europae imperatorum, regum, principum (Königsberg 1563). Ordnungsprinzip sind die Länder von Anhalt über Preußen bis Württemberg. Besondere Aufmerksamkeit wurde Sachsen geschenkt, gefolgt von Bayern. Erwähnt seien Philibert Pingonius' Inclytorum Saxoniae Sabaudiaeque principum arbor gentilia (Turin 1581), Conrad Ludwig Wagners Genealogische Deducation, daß das Hoch-Fürstliche Hauß Sachsen-Gotha mit allen hohen Potentaten in Europa nach dem Geblüth verwandt (Gotha 1714). Innerhalb Europas galt das Interesse besonders Frankreich, Italien und Österreich-Ungarn, weniger Großbritannien und den Niederlanden. Ein Sammelband, der wegen seines ersten, Flandern betreffenden Titels unter die Niederlande-Literatur eingeordnet wurde, enthält neben Kupferstichen auch Einblattdrucke und Holzschnitte, u. a. den seltenen Druck von Melanchthons Epigramma de monarchiis (Wittenberg 1556) und Lucas Cranach d. J. Effigies illustriss. Principis Georgii, Principis in Anhalt ([Wittenberg?] 1557) mit dem Text Melanchthons. Zur Geschlechterkunde in Belgien, Spanien, Portugal, Rußland, Dänemark und Schweden ist meistens nur ein Titel vorhanden, ebenso für die außereuropäischen Länder, insbesondere des Orients wie Arabien, Armenien und Malaysia.

2.96 In alphabetischer Anordnung folgt Literatur zu einzelnen Familien. Am Anfang stehen Beiträge zur Geschichte der Familie Arnoldi [Gotha 1872] von Eduard Zschaeck, die dem Gründer der Gothaer Versicherung gewidmet sind, den Schluß bildet Das ... am 24. Januar 1870 genegte Familien-Fideicommiss-Statut der Freiherrlich von Wangenheim'schen Familie, des Stammes Winterstein (Gotha 1871).

2.97 Als das Geschlechterjahrbuch schlechthin ist der " Gotha" mit seinen verschiedenen Reihen, an dem auch Bibliothekare redaktionell beteiligt waren, Jahrhunderte hindurch von den Gothaer Verlagen bezogen worden. Im Bestand sind Almanac de Gotha (Jg. 1-181, 1764-1944), Gothaischer genealogischer und Schreib-Calender (1740-1765), fortgeführt als Gothaischer Hof-Kalender (Jg. 1-179, 1765-1942), Genealogisches Taschenbuch der deutschen gräflichen Häuser (Jg. 1-115, 1825-1942), Genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser (Jg. 1-92, 1848-1942), Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adligen Häuser (Jg. 1-41, 1900-1942) und Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser (Jg. 1-34, 1907-1942).

2.98 Zur Heraldik sind Bibliographien und Zeitschriften des 19. Jhs, Publikationen zur Geschichte der Heraldik und Handbücher der Literatur über Flaggen und Fahnen vorangestellt. Das Große und allgemeine Wappenbuch (Nürnberg 1854-1902) von Johann Siebmacher steht als Standardwerk zur Verfügung. Veröffentlichungen zu Sachsen und Thüringen sind am umfangreichsten vorhanden, z. B. Bernhard Zechs Evolutio insignium ... (Frankfurt und Leipzig [ca. 1680-1720]) oder eine handschriftliche, vervielfältigte " Verordnung wegen Anwendung des Herzogl. Coburg-Gothaischen Wappen als Siegel, Gotha, den 19. October 1883" des gothaischen Staatsministers Camillo Richard von Seebach. Die Niederlande betrifft Gelre's Wapenboek (Paris 1881 und Brüssel 1890), zum ersten Mal veröffentlicht von Victor Bouton, von dem die Bibliothek ein handschriftliches Pergament-Fragment besitzt.

2.99 Die Werke zum Ritter- und Ordenswesen sind nach dem Alphabet der Orden aufgenommen, wobei neben deutschen auch einige internationale Orden behandelt werden. Es finden sich u. a. die Beschreibung der Feyerlichkeiten bey dem Ordensfeste zu Erneuerung des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens am 26. Dec. 1833 (Gotha [1833]) und Statuta Des Fürstl. Sächß. Weimarischen Ritter-Ordens von der Wachsamkeit (Weimar 1732), denen ein handschriftliches Verzeichnis von 31 Mitgliedern des Ritterordens beigefügt ist. Zu den Werken über Turniere und Festspiele zählt Theobald und Clemens Senefelders Turnier Buch Herzogs Wilhelm des Vierten von Bayern von 1510 bis 1545 (München 1817), in Steindruck, mit Erklärungen von Adolf Heinrich Friedrich Schlichtegroll (1765-1822), der in Gotha Bibliothekar und Verwalter des Münzkabinettes war, ehe er als Direktor der Münchener Hofbibliothek wirkte.

2.100 Ebenfalls in diese Sachgruppe aufgenommen wurden Hof-, Staats-, auch Gelehrten- und Militär-Adreßkalender sowie Hand- und Jahrbücher. Wieder regional aufgebaut, sind für Deutschland bzw. für die Herzogtümer Sachsen-Altenburg und Sachsen-Coburg und Gotha die meisten Titel vorhanden, u. a. ein Hochfürstl. Sachsen-Gothaisch- und Altenburgischer Hof- und Adress-Calender (1741-1825) und der Sächsisch-thüringische Geschichtskalender bzw. Gothaische Historien-Calender, der unter wechselndem Titel von Jg. 1 (1721) bis 1916 vorhanden ist. Die Jahrgänge 1851 bis 1853 sind mit bibliotheksgeschichtlichen Eintragungen von Gothaer Bibliothekaren versehen. Das Adreß-Handbuch des Herzogthums Sachsen Coburg und Gotha (1837, 1843, 1847 und 1854) ist ebenso im Bestand wie das Staatshandbuch für die Herzogthümer Sachsen-Coburg und Gotha (1865, 1884, 1890, 1897, 1901 und 1907).

Buch und Schrift

2.101 Um 1936 wurde die Sachgruppe Buch und Schrift (" Buch") aus mehreren anderen Bestandsgruppen herausgezogen und separat aufgestellt. Sie umfaßt 1315 Titel, darunter 44 Zeitschriften (16. Jh 11; 17. Jh 54, 4,1 Prozent; 18. Jh 311, 23,7 Prozent; 19. Jh 939, 71,4 Prozent). In deutscher Sprache erschienen 54 Prozent, in Latein 23,4 Prozent, in Französisch 12,3 Prozent, in Englisch 7 Prozent und in weiteren Sprachen 3,3 Prozent.

2.102 Auf einschlägige Zeitschriften folgen Handbücher und Nachschlagewerke, darunter die Einleitung in die Bücherkunde (Teil 1, Wien 1777) von Michael Denis. Die Gruppen Schrift und geschriebenes Buch, Buchdruck und gedrucktes Buch, Buchschmuck und Buchkunst, Buchbinderei und Bucheinband, Bibliotheken, Buchhandel und Zeitungswesen schließen sich an. Über die in Gotha geleistete Arbeit auf dem Gebiet der Handschriftenbeschreibung und -katalogisierung informiert der Catalogus librorum manuscriptorum Bibliothecae Gothanae (Leipzig 1714) von Ernst Salomon Cyprian. Von den Paläographische(n) Beiträge(n) aus den Herzoglichen Sammlungen zu Gotha, hrsg. von dem Bibliothekar und Orientalisten Johann Heinrich Möller (1792-1867), erschien das erste Heft Orientalische Paläographie 1842 in Erfurt. Ancient alphabets and hieroglyphic characters (London 1806) von Ad ibn Abubekr ibn Wahshih dienten als Hilfsmittel zur Erschließung der orientalischen Handschriften, der Catalogus librorum manuscriptorum Angliae et Hiberniae in unum collecti (Oxford 1697) von Thomas Bodley liegt ebenfalls vor.

2.103 Zum Buchdruck und zu Gutenberg sind u. a. die Würdigung Jubilaeum typographorum Lipsiensium ([Leipzig] 1640) und L'art & science de la vraye proportion des lettres attiques (Paris 1549) von Geoffroy Tory de Bourges vorhanden. Als weitere Autoren sind Cornelius à Beughem, Paul Pater, Michael Maittaire, Johann Conrad Spoerl, Isaac und Jean Enschedè, Johann Bernhard de Rossi, Georg Wolfgang Panzer, Ludwig Hain, Walter Arthur Copinger und Konrad Haebler anzuführen. Die Inkunabelverzeichnisse sind alphabetisch nach öffentlichen und Privatbibliotheken, Ländern, Druckorten und Druckern geordnet.

2.104 Ein Sammelband enthält außer De bibliothecis atque archivis virorum clarissimorum libelli et commentationes (Helmstedt 1702), hrsg. von Joachim Johann Mader, fünf weitere Schriften zu diesem Thema. Vorhanden ist auch Literatur zur Graphologie und zu Stammbüchern, darunter die Geschichte der Stammbücher (Camburg a. d. Saale 1798) mit Bemerkungen über die bessere Einrichtung derselben von Friedrich Wilhelm Hölbe oder Die Graphologie und ihre praktische Anwendung (Berlin [1894]) von Jules Crepieux-Jamin.

Musik

2.105 Die Gruppe Musik (" Mus.") wurde 1938 durch die Zusammenführung der Musikalien und musiktheoretischen Werke aus der Sachgruppe Mathematik gebildet. Sie enthält ca. 8000 Noten (überwiegend 19. Jh, kleinerer Teil 18. Jh). Das 16. und 17. Jh sind jeweils nur mit wenigen Titeln vertreten, zumal die mit Noten versehenen Gesangbücher in der Gruppe " Cant. spir." (s. u. 2.165-2.167) erfaßt wurden. Von den ca. 3000 Musikschriften zählen 439 zum historischen Buchbestand (16. Jh 10, 2,3 Prozent; 17. Jh 31, 7,1 Prozent; 18. Jh 55, 12,5 Prozent; 19. Jh 343, 78,1 Prozent).

2.106 Die Musikaliensammlung (Handschriften und Drucke) ist ein historisch gewachsener Bestand mit Schwerpunkt auf der thüringischen Musikgeschichte. Von überregionaler Bedeutung sind die Beiträge zur geistlichen Musik des 17. und 18. Jhs, die in Gesangbüchern, Textdrucken und Leichenpredigten (s. u. 2.161-2.164) überliefert sind. Bemerkenswert sind vor allem die ca. 130 Hss. (darunter Autographe) und Drucke von Kompositionen der weitverzweigten Musikerfamilie Bach, die Leisinger 1993 zusammengestellt hat ( s. u. 5). Aus dem Kreis der Bachschüler ist der in Zwickau, Zeitz und Altenburg tätige Johann Ludwig Krebs (1713-1780) mit mehreren Werken vertreten, darunter einem Druck seiner Sonata I-II da camera per il cembalo obligato con flauto traversiere overo violino (Leipzig 1760).

2.107 Von den Kapellmeistern der Gothaer Hofkapelle in den Jahren 1650 bis 1749 sind vor allem Wolfgang Carl Briegel (1626-1712) und Gottfried Heinrich Stölzel (1690-1749) mit Kompositionen vertreten ( s. o. 2.82 Theaterstücke). Unter den Werken Briegels finden sich des Geistlichen musicalischen Rosen-Gartens erster Teil (Gotha 1685) und Evangelischer Blumengarten (Gotha 1666). Von Gottfried Heinrich Stölzel sind 15 als Autographe überlieferte Werke zu erwähnen, darunter 6 Kantaten, die Messe Herr erbarme dich (Faksimile-Ausgabe s. u. 5) und ein Concerto grosso.

2.108 Thüringische Komponisten des 19. Jhs sind in stattlicher Anzahl vertreten. Zu ihnen zählt auch Louis Spohr (1784-1859), der von 1805 bis 1812 als Konzertmeister der Gothaer Hofkapelle wirkte ( s. u. 5). Sein Nachfolger, Andreas Romberg (1767-1821), gründete 1819 den ersten Singverein in Gotha, der sich 1875 mit der Liedertafel vereinigte. Von Romberg besitzt die Bibliothek über 20 Kompositionen, darunter Vertonungen von Schillers Lied von der Glocke. Klavierauszug (Bonn o. J.) und Die Macht des Gesanges. Partitur und Musikauszug (Hamburg o. J.). In die Tradition der Liedertafel gehört auch der Gothaer Musikdirektor Adolf Wandersleb (1810-1884), dessen romantische Opern heute nur noch von historischem Interesse sind. Im Bestand sind mehr als 30 seiner Werke, darunter die handschriftlich überlieferten Opern Lanval und Die Bergknappen sowie Sechs Gesänge für gemischten Chur (op. 10; Partitur und 28 Stimmen, Gotha o. J.). Von Wanderslebs Nachfolger im Direktorat der Liedertafel Ernst Rabich (1856-1933) sind ca. 80 Kompositionen, überwiegend Chorstücke wie die Drey Männerchöre (op. 21; Leipzig o. J.), vorhanden. Beachtung verdient auch die 294 Mappen umfassende Sammlung von Kompositionen des Thüringers Johann Ludwig Böhner (1787-1860), die zum größten Teil 1871 von dem Postsekretär Quantz in Göttingen erworben wurde (vgl. Preuß, s. u. 5).

2.109 Von den in der zweiten Hälfte des 18. Jhs von Böhmen nach Deutschland ausgewanderten Komponisten und Musikern (dazu Pulst, s. u. 5) wurde in Gotha vor allem Georg Anton Benda (1722-1795) bekannt, der hier von 1750 bis 1778 als Kapellmeister wirkte. Im Bestand sind seine wichtigsten Opern, z. B. Ariadne auf Naxos. Klavierauszug (Leipzig 1778), Der Dorfjahrmarkt. Eine komische Oper in zwey Akten (Leipzig 1776) und Romeo und Julie. Klavierauszug (Leipzig 1778). Von Jan Ladislav Dussek (1760-1812) sind ebenfalls einige Stücke vorhanden, darunter das nur in Gotha, Amsterdam und Neapel nachgewiesene Sixième grand concerto à grand orchestre, pour le piano forte (op. 49; Paris o. J.).

2.110 Zur Sammlung gehören auch Kompositionen von Mitgliedern des Herzogshauses. Die Bibliothek besitzt eine " Anglaise" der Herzogin Charlotte in handschriftlicher Überlieferung. Die Ergebnisse des musikalischen Schaffens von Herzog Ernst II. liegen in zahlreichen Kompositionen vor, die zumeist in der Landesbibliothek in Coburg (s. Eintrag dort) aufbewahrt werden. Die Gothaer Bibliothek besitzt u. a. die Hymne An die deutsche Trikolore (Gotha o. J.) und Santa Chiara. Große Oper in drei Aufzügen von Charlotte Birch-Pfeiffer. Vollständiger Clavier-Auszug ... (Braunschweig o. J.).

2.111 Auf dem Gebiet der Musiktheorie sind einige seltene Werke vorhanden; Erwähnung verdienen das erste europäische Musiklexikon Terminorum musicae diffinitorium [Treviso: Gerardus de Lisa, de Flandria, ca. 1494; H 15527) von Johannes Tinctoris (Faksimile-Ausgabe s. u. 5), Syntagma musicum (Bd 1, Wittenberg 1615) von Michael Praetorius, Neue Hall- und Thonkunst (Nördlingen 1684) von Athanasius Kircher, die Satire Der Musicalische Quack-Salber (Dresden 1700) von Johannes Kuhnau und Ernst Rabichs Bilder aus der Geschichte der christlichen Tonkunst, dargestellt in sechs Konzerten durch den Kirchengesang-Verein zu Gotha 1892 (Gotha 1892).

Statistik

2.112 Die Sachgruppe Statistik (" Stat.") umfaßt 618 Titel (18. Jh 8, 1,3 Prozent; 19. Jh 608, 98,4 Prozent; o. J. 2). Hiervon sind 41,6 Prozent deutschsprachig, 27,3 Prozent in Englisch und 9,1 Prozent in Französisch. Nur ein Werk ist in Latein; sonstige Sprachen machen zusammen 22 Prozent aus.

2.113 Die Sachgruppe enthält Werke zu Bevölkerung, Wirtschaft, Meteorologie und Hydrologie, sowohl aus Europa als auch aus den Kolonien europäischer Staaten. Daher rührt der hohe fremdsprachliche Anteil von 58 Prozent. Die Angaben zu den genannten Themen sind stets an bestimmte Zeitpunkte oder Zeiträume gebunden. Oft wurden die Statistiken mehrfach mehr oder weniger regelmäßig erhoben, so daß der Übergang von Monographien zu Zeitschriften fließend ist und diese mit fast drei Fünftel aller Titel das Übergewicht haben. Allerdings sind viele Periodika häufig nur mit wenigen Jahrgängen erschienen oder vorhanden.

2.114 Anzuführen sind Europens Produkte. Zum Gebrauch der Neuen Produkten-Karte von Europa (Dessau und Leipzig 1782) von August Friedrich Wilhelm Crome, die Graphisch-synoptische Darstellung der finanziellen Verhältnisse des Herzogthums Gotha für den Zeitraum vom 1. Juli 1854 bis zum 30. Juni 1860 (Gotha 1861) von Hermann Theodor Kühne und Justus Perthes' Staatsbürger-Atlas (Gotha 1860), von Paul Langhans erarbeitet. Das Verzeichnis der Leuchtfeuer aller Meere (Teil 1, Berlin 1879) wurde vom Hydrographischen Bureau der Kaiserlichen Admiralität herausgegeben. Die seltene Abhandlung von August Petermann On the depression of the Dead Sea and the fall of the Jordan, as compared with that of British rivers (London 1848) enthält kolorierte Profile.

2.115 Eine typische Zeitschrift dieser Sachgruppe ist das Statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich (Jg. 1, 1880 ff.). Von außereuropäischen Zeitschriften sind zu nennen Observations and Researches made at the Hongkong Observatory (ab 1888), Observations made at the Magnetical and Meteorological Observatory at Batavia (1882 ff.), Rainfall in South-Australia and the Northern Territory ... with weather-characteristics of each month (1895 ff.) und Cape of Good Hope, Report of the Meteorological Commission (Cape Town, 1896 ff.).

Pädagogik

2.116 Die Sachgruppe Pädagogik (" Päd.") umfaßt 5376 Titel, darunter 144 Zeitschriften (16. Jh 46; 17. Jh 49; 18. Jh 342, 6,4 Prozent; 19. Jh 4839, 90 Prozent). Der Anteil deutschsprachiger Veröffentlichungen überwiegt mit 81,7 Prozent, in Französisch sind 6,8 Prozent, in Latein 6,2 Prozent und in Englisch 2,9 Prozent; sonstige Sprachen haben einen Anteil von 2,4 Prozent. Die pädagogischen Werke des 16. und 17. Jhs einschließlich der Schriften Rousseaus sind vorrangig den Sachguppen " Phil." ( s. o. 2.45-2.56) und " Poes." (s. o. 2.75) zugeordnet worden.

2.117 Die Gruppe enthält neben allgemeinen pädagogischen Werken Schriften zur Methodik und Didaktik einzelner Schulgattungen und Fächer, zur Geschichte der Pädagogik, zur Lehrerbildung bis hin zu praktischen Fragen der Berufswahl und Einrichtung des Schulhauses. Schulbücher, vor allem die von Gothaer Gymnasiallehrern verfaßten Lehrbücher, nehmen einen breiten Raum ein. Vorhanden sind z. B. die Arithmetica oder Rechen-Büchlein (Gotha 1675) von Andreas Reyher und das von Herzog Friedrich III. noch als Schulbuch benutzte und aus seinem Besitz stammende Bändchen Teutsches Abc und Syllaben Büchlein (Gotha 1679). Zu erwähnen sind ferner die Lehrbücher zur griechischen und lateinischen Sprache von Friedrich Jacobs und die Lehrbücher für den Erdkunde- und Geschichtsunterricht von Johann Georg August Galletti.

2.118 Für die pädagogischen Entwicklungen des 18. und 19. Jhs stehen exemplarisch die Schriften von Basedow, Campe, Pestalozzi und Herbart. Unter den Veröffentlichungen mit regionalem Bezug finden sich Andreas Reyhers Palaeomathia (Schleusingen 1634), die von Ernst dem Frommen und späteren Herzögen erlassenen Schulgesetze wie die Fürstl. Sächsische Ernestinische Verordnungen, das Kirchen- und Schul-Wesen, wie auch Christliche Disciplin betreffende (Gotha 1720) und Sokratische Unterredungen, welche zum Dienste Sr. Hochfürstl. Durchlaucht des Erbprinzen von Sachsen-Gotha ins Deutsche übersetzt worden sind (Halle 1753) von Genève Vernet. Auch die Werke des in Schnepfenthal bei Gotha wirkenden Pädagogen Christian Gotthilf Salzmann (1744-1811) und anderer Lehrer seiner Erziehungsanstalt sind vorhanden, darunter die Kleine(n) Wanderungen auch Größere(n) Reisen der weiblichen Zöglinge zu Schnepfenthal um Natur, Kunst und den Menschen immer besser kennen zu lernen (Leipzig 1788) von Christian Carl André. Salzmanns Programm einer Erziehungsanstalt ist in der Schrift Noch etwas über Erziehung (Leipzig [1784]) enthalten, neben seinem Ameisenbüchlein (Minden 1880) und Krebsbüchlein (Erfurt 1792) sind auch Auserlesene Gespräche des Botens aus Thüringen (Leipzig 1791) und Unterhaltungen für Kinder und Kinderfreunde (Leipzig 1811-1812) im Bestand.

2.119 Im 18. Jh überwiegen französischsprachige Titel; aus dem Privatbesitz von Herzog Ernst II. und seiner Mutter Louise Dorothée stammt z. B. die Dissertation sur l'éducation physique des enfants (Paris 1762) von Ja(c)ques Ballexserd. Mit Adèle et Théodore, ou lettres sur l'éducation (Paris 1782, deutsch Gera 1783-1784) sowie dem Catéchisme de morale (Dresden 1785) wurde Stéphanie Felicité de Genlis, Erzieherin der Prinzen von Orléans, der Kinder von Philippe-Egalité, auch als pädagogische Schriftstellerin bekannt. Einige englischsprachige Titel in bemerkenswerten Einbänden kamen als Geschenk des englischen Prinzgemahls Albert nach Gotha, darunter die National education, what it is, and what it should be (London 1847) von John Dufton.

Kunst

2.120 Die Sachgruppe Kunst und Architektur (" K.") wurde 1936 durch Herauslösung aus der Sachgruppe Mathematik gebildet. Der einst umfangreiche, heute noch größtenteils in Rußland befindliche Bestand gliedert sich in Zeitschriften, Nachschlagewerke, Kunst von der Antike bis zur Moderne, Kunsthandwerk und Sammlungen. Nur der Teilbereich Architektur konnte wenn auch unvollständig der Benutzung wieder zugänglich gemacht werden. Er enthält gegenwärtig 969 Titel (16. Jh 39, 4 Prozent; 17. Jh 97, 10 Prozent; 18. Jh 309, 32 Prozent; 19. Jh 436, 45 Prozent; o. J. 88). Davon sind 70,6 Prozent in deutscher Sprache, 18,7 Prozent in Französisch, 4 Prozent in Englisch, 2,4 Prozent in Latein und 4,3 Prozent in sonstigen Sprachen.

2.121 Der Teilbereich enthält Werke zur zivilen und militärischen Baukunst, zu Parkanlagen, Zunftzeichen und Wappen. Zu den Autoren zählen Andrea Palladio, Vincenzo Scamozzi, Claude Perrault, François Blondel und Joseph Furttenbach. Hervorzuheben sind Ein kunstreych Buch von allerley antiquiteten, so zum verstand der fünff Seulen der Architectur gehörend (Zürich [ca. 1560]), als dessen Verfasser Johannes Blum gilt, und die Bawkunst ... zu rechtem Verstandt der Lehr Vitruvij in drey Bücher abgetheilet (Basel 1582) von Gualtherus Rivius (Walter Hermann Ryff). Fachzeitschriften sind mit 98 Titeln im Bestand, darunter das von Christoph Gottlieb von Murr in Nürnberg herausgegebene Journal zur Kunstgeschichte und zur allgemeinen Litteratur (Teil 1-17, 1775-1789) und das Leipziger Journal für Fabrik, Manufaktur, Handlung und Mode (Bd 6-34, 1794-1808).

Numismatik

2.122 Die Sachgruppe Numismatik (" Num") zählt (einschließlich der 568 numismatischen Dissertationen) 3218 Titel, darunter 50 Zeitschriften (16. Jh 83, 2,6 Prozent; 17. Jh 403, 12,5 Prozent; 18. Jh 1266, 39,3 Prozent; 19. Jh 1371, 42,6 Prozent; o. J. 95). Die sprachliche Zusammensetzung unterscheidet sich deutlich von der anderer Sachgruppen: Deutsch macht 34,4 Prozent aus, Latein 31,5 Prozent, Französisch 17,1 Prozent, Englisch 5,9 Prozent, sonstige Sprachen betragen 11,1 Prozent.

2.123 Es handelt sich um Spezialliteratur zu der umfangreichen und bedeutenden Münzsammlung, die heute im Schloßmuseum aufbewahrt wird (s. o. 1.33 und 1.35). Neben zahlreichen Beschreibungen von Münzen (und Medaillen) aller Zeiten und geographischen Räume spielen auch Werke zur Metrologie (Lehre von der Maß- und Gewichtskunde), über Herstellungstechniken und Fälschungen eine Rolle.

2.124 Vorhanden sind Hertzog Johansfriderichen Churfursten ... und Hertzog Georgen zu Sachssen ... gevettern voreynigung der Newen Müntz halben (o. O. 1534), ein Büchlein Hierinn werden verzaychent unnd abgerissen befunden der inn und ausserhalb des Reichs gemuentzten Thalergroschen ... (o. O. 1567), der Vortrab und gruendlicher, warhafftiger, kurtzer Bericht der guten Reichs Muenzordnung (München 1572), Tillmann Friesens Müntz-Spiegel (Frankfurt a. M. 1592) und Christian Schlegels De nummis antiquis Gothanis, Cygneis, Coburgensibus, Vinariensibus et Merseburgensibus dissertatio (Frankfurt und Leipzig 1717), die in Gotha durch Johann Andreas Reyher gedruckt wurde und eine handschriftliche Widmung des Autors enthält. Unter den Zeitschriften sind die von Johann Ambrosius Lenn in Hamburg herausgegebene Historische(n) Remarques der Neuesten Sachen in Europa (1699-1707) hervorzuheben.

Gymnasiale Sammlung

Allgemeines

2.125 Die ursprüngliche Gruppenaufstellung der Gymnasialbibliothek hat sich nicht erhalten. Die Neugliederung der Gymnasialen Sammlung wurde in Anlehnung an die Herzogliche Sammlung gestaltet ( s. o. 2.7-2.8). Es entstanden folgende Hauptgruppen: (1) Theologie (Th), (2) Jurisprudenz (J), (3) Historiographie (H), (4) Philosophie, Philologie (P), (5) Mathematik, Naturwissenschaften (N), (6) Geographie (E), (7) Kunst (K) und (8) Musik (M). Der Bestand wurde mit Ausnahme der nicht relevanten Gruppe M anhand der Kataloge ausgezählt. Theologie

2.126 Die Sachgruppe Theologie (Th) enthält 4882 Titel (16. Jh 1463, 30 Prozent; 17. Jh 1024, 21 Prozent; 18. Jh 979, 20 Prozent; 19. Jh 1218, 24,9 Prozent; o. J. 198). In deutscher Sprache sind 73,4 Prozent, in Latein 21,3 Prozent, in Französisch 2,7 Prozent und in sonstigen Sprachen 2,1 Prozent. Englisch ist nicht relevant.

2.127 Die Sachgruppe umfaßt Literatur aus dem Gebiet der Theologie und Religionswissenschaft; anfangs erfolgte noch eine grobe Sacherschließung nach den Kriterien Lesesaalbestand, Bibeln, Allgemeine Theologie, Dissertationen, Andachtsbücher und Predigtsammlungen, dann wurden die Schriften undifferenziert der Gruppe zugeordnet. Zwar bildet die Theologie den Grundstock der Gymnasialen Sammlung, doch nehmen die Gruppen Philologie, Philosophie, Pädagogik und Geschichte einen wesentlich größeren Umfang ein. Literatur zur Kirchengeschichte, abgesehen von der Reformationsgeschichte, findet sich überwiegend bei der Gruppe Geschichte. Dennoch ist die Gruppe Theologie ein gewichtiger Bestandteil der Gothaer Bibliothek. Durch die jahrhundertelange enge Verbindung von herzoglicher Bibliothek und Gymnasium illustre bzw. Gymnasium Ernestinum wurde die Gymnasialbibliothek mehrfach mit Beständen bedacht, die in der herzoglichen Bibliothek entbehrlich schienen. Besonders bei der Einarbeitung der Bibliotheca Gerhardina ( s. o. 1.3) in die herzogliche Bibliothek war der Dublettenanfall groß, was für die Gymnasialbibliothek einen kräftigen Zuwachs an Literatur bedeutete. Durch die Zusammenführung beider Bibliotheken nach 1945 steht nun auch der Großteil dieser berühmten Thüringer Gelehrtenbibliothek, bei der die Theologie einen besonderen Stellenwert hatte, wieder an einem Ort der Forschung zur Verfügung.

2.128 Ins Gewicht fallen auch Erwerbungen älterer theologischer Literatur, die in den letzten Jahrzehnten in die Bestandsgruppe eingegliedert wurden; es finden sich hier Einzelstücke, die gezielt zur Ergänzung und Abrundung des herzoglichen Bestandes erworben wurden. Bei dem Theologie-Bestand überwiegt wie bei der Sachgruppe Theologie der Herzoglichen Sammlung die protestantische Theologie lutherischer Prägung. Die Kirchengeschichte beginnt dementsprechend mit der Reformation, Reformationsjubiläen sind einzelne Marksteine. Luthers Werke, in Einzelbänden der Wittenberger und Jenaer Ausgabe des 16. Jhs und komplett in der Walchschen Edition des 18. Jhs vorhanden, bilden die Basis theologischer Arbeit. Die kontroverstheologische Auseinandersetzung, die in der Herzoglichen Sammlung einen breiten Raum einnimmt, spielt in diesem Bestand eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Dogmatische Aussagen werden vorwiegend in Form der zahlreich vorhandenen Katechismen des 16. bis 19. Jhs vermittelt. Die Bibel selbst ist in vielen Ausgaben vorhanden. Neben Bibeln und Bibelteilen in den Ursprachen, in Latein und in (Luther-)Deutsch gehören eine ganze Reihe fremdsprachige Bibeln (englisch, französisch, spanisch, portugiesisch, italienisch, schwedisch, polnisch) zum Bestand.

2.129 Eigene, wichtige Gruppen bilden die Andachtsbücher und Predigten. Sie machen einen großen Prozentsatz des theologischen Bestandes aus und sind in ihrer theologischen Prägung vielseitig. Die Predigten sind anfangs alphabetisch nach Predigern geordnet, doch finden sich auch im später erworbenen Bestand noch Predigten, vor allem Kasual- (insbesondere Leichen-)Predigten.

2.130 Die Theologie des 19. Jhs ist, soweit im Bestand vertreten, nicht mehr orthodox, sondern liberal orientiert. Es findet sich zahlreiches Kleinschrifttum, auch zu sozialen Fragen, mit " religiösen Reden" und mit Vorträgen. Aus dem 19. Jh stammt auch eine Reihe Neuausgaben älterer Texte, sowie Literatur zu den Weltreligionen und Schriften zur Geschichte der lutherischen Mission. Zum Theologie-Bestand wurde auch die Sammlung der Specht-Stiftung gestellt (Dr. Karl August Specht, 1845-1909, war 40 Jahre für das Gothaer Tageblatt tätig). Es handelt sich um ca. 400 Titel freidenkerischen Inhalts vom Ausgang des 19. Jhs.

2.131 Über den Bestand verstreut sind Schriften zur Inquisition, zu Hexenprozessen und vor allem zur Geschichte des Jesuitenordens. Das gilt auch für Literatur zu Jakob Böhme, den Pietismus und zur Brüdergemeine, die im Bestand erstaunlich gut dokumentiert ist. Erwähnenswert sind außerdem wertvolle Sammelbände aus der ersten Hälfte des 16. Jhs mit interessanten Provenienzen und unikal überlieferten Einzelstücken darin (etwa " Th 358" mit der bis jetzt nur in Gotha nachgewiesenen deutschen Salomon-und-Markolf-Version, Nürnberg: K. Hergot 1534, VD 16 S 1479), aber auch Sammelbände aus späteren Jahrhunderten mit seltenem Kleinschrifttum aus der Region. Zwar fehlen Quellensammlungen und Darstellungen der Alten Kirche fast ganz, doch macht gerade die regionale Ausrichtung, die sich auch in Einbänden und Provenienzvermerken dokumentiert, den Wert dieser Sammlung aus. Jurisprudenz

2.132 Die Sachgruppe Jurisprudenz (J) umfaßt Recht sowie in geringem Umfang Volkswirtschaft und Politik. Sie zählt 1372 Titel (16. Jh 175, 12,8 Prozent; 17. Jh 159, 11,6 Prozent; 18. Jh. 470, 34,2 Prozent; 19. Jh. 531, 38,7 Prozent; o. J. 37). Hiervon sind 57,9 Prozent in Deutsch, 38 Prozent in Latein und 3,2 Prozent in Französisch. Englisch und sonstige Sprachen fallen nicht ins Gewicht.

2.133 Vorhanden sind Abraham Saurs Güldiner Fluß und Außzug von Erbschafften (Frankfurt a. M. 1583) und Apotelesma, hoc est Corpus perfectum scholiorum, ad Institutiones Iustinianeas pertinentium (Helmstedt 1599) von Joachim Mynsinger, der sich mit dem Einfluß der Gestirne auf juristische Sachverhalte befaßte, das Corpus juris Saxonici (Dresden 1672) und Tobias Pfanners Historia pacis Westphalicae (Gotha 1697). Als frühes Beispiel wirtschaftswissenschaftlicher Literatur seien J. E. Voigts Sieben Vorschläge zur Oeconomie eines Landes und Verbesserung derselben (Berlin 1753) genannt. Zur Politik seien erwähnt die Churfürstentäge und Römische[n] Königswahlen bei Lebzeiten eines regirenden Kaisers (Frankfurt und Leipzig 1764) oder die auf Befehl Herzog Ernsts II. herausgegebenen Neue[n] Beyfugen zur Herzogl[ichen] Sachsen-Gothaischen Landes-Ordnung (Theil 1, Gotha 1781). Vorhanden sind außerdem Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais' Mémoire en réponse au libelle diffamatoire, signé Guillaume Kornman ( o. O. 1787).

2.134 Der Bestand des 19. Jhs enthält u. a. den Auszug aus den Beschlüssen der Staats-Canzley, das Verhältnis zu England betreffend (Berlin, 21. November 1806), mit der Verkündigung der Kontinentalsperre unter Napoleon I. Zu nennen sind ferner Der Besitz unter Justinian mit Hinsicht auf das Französische Civilrecht (Gießen 1813) von Christian Chlum und, aus der Staats- und Volkswirtschaftslehre, die Encyclopädie der Cameralwissenschaften (Königsberg 1819) von Theodor Sclz, außerdem die Thüringer Gewerbe- und Industrie-Ausstellung zu Erfurt 1894 in Wort und Bild (Erfurt 1894) von Louis Röll.

Geschichte

2.135 Die Gruppe Geschichte (H) zählt 4783 Titel, darunter 28 Zeitschriften (16. Jh 278, 5,8 Prozent; 17. Jh 486, 10,2 Prozent; 18. Jh 1075, 22,5 Prozent; 19. Jh 2581, 53,9 Prozent; o. J. 363). Mit 70,4 Prozent steht die deutsche Sprache im Vordergrund, es folgen Latein mit 15,2 Prozent und Französisch mit 12,4 Prozent. Englisch und die sonstigen Sprachen sind ohne Bedeutung.

2.136 Neben historischen und historiographischen Werken enthält die Sachgruppe auch Literatur, die in der ehemaligen Gymnasialbibliothek zu Biographie, Genealogie und Heraldik, zu Musik- und Theaterwissenschaften, zur Numismatik und zum Buch- und Schriftwesen gesammelt wurde. Im Bestand sind die durch Zedler verlegte Allgemeine Staats-, Kriegs-, Kirchen- und Gelehrten-Chronicke (Leipzig 1733-1754), das von Martin Meyer herausgegebene Diarium europaeum (Frankfurt a. M. 1659-1680) sowie Christian Wurstisens Baßler Chronick (Basel 1580). Den Facettenreichtum der Sachgruppe belegen thematisch unterschiedliche Schriften wie De vita et morte Tychonis Brahei (Hamburg 1601) von Jan Jesensk, gebunden in einem Sammelband mit Reden aus den Jahren 1584 bis 1602, Friedrich Wilhelm Gotters Zum Andenken der Frau von Buchwald (Gotha 1790), A. von Ecks Universal-Kalender (Berlin 1860), der 2000 aufeinanderfolgende Kalender der Jahre 500 bis 2500 enthält, und Hermann Gutbiers Der Kampf bei Langensalza am 27. Juni 1866, ein Gedenkbuch (Langensalza 1891).

2.137 Unter den Drucken des 16. Jhs sind hervorzuheben die von Sigismund Gelenius herausgegebene Notitia utraque cum orientis tum occidentis ultra Arcadii Honoriique caesarum tempora (Basel 1552), Nikolaus Reusners Icones sive imagines virorum literis illustrium (Straßburg 1587), Disputationum de republica (Montpellier 1588) von Niccoló Machiavelli, Jakob Köbels Wapen des heyligen Roemischen Reichs Teutscher nation (Frankfurt a. M. 1545) und Isagoge musicae, tam theoricae quam practicae (Erfurt 1596) von Cyriacus Schneegass. Letzteres ist zusammengebunden mit Rudimenda grammaticae latinae in usum scholae Corbachiensis ( o. O. 1597) von Petrus Ramus und Erasmus' De civilitate morum puerilium libellus (Coburg 1601).

2.138 Von regionalgeschichtlicher Bedeutung ist Caspar Sagittarius' Historia der Grafschaft Gleichen (Frankfurt a. M. 1732), zu der Ernst Salomon Cyprian Vorwort und Einleitung schrieb. Von Jean-Pierre-Louis de La Roche Du Maine stammt die Schrift Ist Cagliostro Chef der Illuminaten? Oder das Buch: Sur la secte des illuminés in Deutsch (Gotha 1790), die von dem Musiker, Schriftsteller und Freimaurer Johann Joachim Christoph Bode übersetzt wurde. Friedrich Jacobs' Deutschlands Gefahren und Hoffnungen (Gotha 1813) ist mit dem anonym publizierten Aufsatz Das liebe Ich und das bedrohte Vaterland in Collision (Patrianopel [i. e. Wien] 1813) von Franz Josef von Enzenberg zusammengebunden.

2.139 Zur Genealogie ist das Werk von Wolfgang Krauss Stam und Ankunft des hochlöblichen Hauses zu Sachsen (Nürnberg 1554, mit einer Vorrede von Melanchthon) vorhanden. Die von Michael Lilienthal herausgegebenen, in Königsberg und Leipzig erschienenen Acta Borussica ecclesiastica, civilia, literaria (Bd 1-3, 1730-1732) umfassen eine Dokumentensammlung zur Geschichte Preußens. Die Untergruppe Numismatik enthält u. a. den Katalog von Christian Sigismund Liebe Gotha numaria (Amsterdam 1730) mit einer Geschichte der Gothaer Münzsammlung und der erstmaligen Abbildung des Münzkabinetts auf Schloß Friedenstein.

Philologie, Philosophie und Pädagogik

2.140 Die Sachgruppe Philologie, Philosophie und Pädagogik (P) umfaßt 9476 Titel, darunter 21 Zeitschriften (16. Jh 939, 9,9 Prozent; 17. Jh 1414, 14,9 Prozent; 18. Jh 1666, 17,6 Prozent; 19. Jh 4872, 51,4 Prozent; o. J. 585). Hiervon sind 51,6 Prozent in Deutsch, 39,5 Prozent in Latein, 3,6 Prozent entfallen auf Französisch, 4,1 auf sonstige Sprachen. Englisch ist ohne Belang.

2.141 Innerhalb der Philologie (5400 Bde) sind die Alten Sprachen am umfangreichsten vertreten. Unter den Lexika und Wörterbüchern sind Valentin Schindlers Lexicon Pentaglotton Hebraicum, Chaldaicum, Syriacum, Talmudico-Rabbinicum, & Arabicum (Frankfurt a. M. 1612) und ein Deutsch-Lateinisches Handwörterbuch (Leipzig 1861) von Karl Ernst Georges mit Korrekturen und Ergänzungen zu erwähnen. Für fast alle bedeutenden klassischen Autoren liegen bereits aus dem 16. Jh Textausgaben vor. Klassikertexte und deren Übersetzungen ins Deutsche wurden bis ins 20. Jh gepflegt. Neben Veröffentlichungen zur Grammatik, Metrik und Literaturgeschichte der Griechen und Römer gehören hierhin auch die Werke der Humanisten und altphilologischen Schriftsteller, z. B. der Gothaer Gymnasialrektoren Andreas Wilke (1562-1631), Georg Hess (1613-1694) oder Gottfried Vockerodt (1665-1727). In der Germanistik wurde neben dem Neuhochdeutschen besonders die deutsche Literaturgeschichte gepflegt. Von Meyer's Groschen-Bibliothek der Deutschen Classiker für alle Stände sind 173 Werke in 31 Bdn vorhanden (Hildburghausen und New York 1850-1854).

2.142 In der Sachgruppe Philosophie (1100 Bde) folgen auf historische Darstellungen die Philosophen, geordnet nach " Zeitstufen und Völkern", einschließlich der Sekundärliteratur. Texte des Klassischen Altertums finden sich bei den Klassikerausgaben unter Philologie ( s. o. 2.141). Vorhanden sind Abhandlungen über die Philosophen des Altertums ( z. B. Platon, Aristoteles und Marc Aurel) und deren Lehre, die Scholastik ist durch Beda Venerabilis vertreten. Unter den Autoren der Neuzeit finden sich Melanchthon, Descartes (Opera philosophica omnia, Frankfurt a. M. 1697), Hobbes, Spinoza, Leibniz, Locke, Holbach, Helvetius, Wolff, Gottsched und Lavater.

2.143 Herzog Ernst II. gewährte dem Stifter des Illuminaten-Ordens, Adam Weishaupt (1748-1830), in Gotha Asyl, nachdem die Geheimgesellschaft verboten worden war. Von Weishaupt sind u. a. Das verbesserte System der Illuminaten mit allen seinen Einrichtungen und Graden (Frankfurt und Leipzig 1787, neue Auflage 1788), Apologie des Misvergnuegens und Uebels (Frankfurt und Leipzig 1787), Pythagoras oder Betrachtungen über die geheime Welt- und Regierungs-Kunst (Frankfurt und Leipzig 1790) und Ueber die Wahrheit und sittliche Vollkommenheit (Regensburg 1793). Von Kant, Fichte, Schelling und Hegel über Schopenhauer und Feuerbach sind die bedeutenden Philosophen vertreten, außerdem Werke von Oken und zu Kurd Laßwitz (Wirklichkeiten, Beiträge zum Weltverständnis, Berlin 1900). Es folgen Arbeiten zu einzelnen Disziplinen wie Logik, Psychologie, Ästhetik sowie, jeweils nur mit wenigen Titeln, zur Philosophie anderer europäischer Länder (Frankreich, England, Dänemark, Rußland) und Asiens (Indien, Iran, China).

2.144 In der Pädagogik (3600 Bde) sind Arbeiten zur Geschichte der Disziplin vorangestellt. Es folgen Autoren wie Comenius (Eruditionis scholasticae atrium, Nürnberg 1655), Kant, Christian Gotthilf Salzmann, Heinrich Pestalozzi, Johann Christoph Friedrich GuthsMuths und Friedrich Dittes. Von dem Gothaer Rektor Andreas Reyher (1601-1673) ist der seltene Special- und sonderbahrer Bericht, wie ... die Knaben und Mägdlein ... ... im Fürstenthumb Gotha kurtz- und nützlich unterrichtet werden ... sollen (Gotha 1642) im Bestand (s. auch unter 5). Das Methodenbuch für Väter und Mütter der Familien und Völker (Altona und Bremen [1770]) von Johann Bernhard Basedow ist auch in einer französischen Übersetzung aus dem Jahre 1774 vorhanden.

2.145 Darstellungen der Geschichte einzelner Schulen und Universitäten reichen von Brieg und Danzig bis nach Freiburg i. Br. Breiten Raum nimmt die Literatur zur Didaktik einzelner Unterrichtsfächer ein (Reihenfolge nach der Anzahl der Titel): Neusprachen, Deutsch, Altsprachen, Biologie, Physik, Religion, Turnen, Rechnen und Mathematik, Geschichte, Musik und Gesang, Zeichnen, Haushaltungskunde mit Handels- und Gewerbekunde, Chemie, Schreiben, Erdkunde, Handarbeit. Es folgen Darstellungen zur Methodik, Erziehung, Schulverwaltung, zu Lehr- und Lernmitteln, zur Lehrerfortbildung sowie zu Unterricht und Erziehung außerhalb Deutschlands. Unter den Periodika findet sich z. B. die in Nördlingen erschienene Allgemeine Bibliothek für das Schul- und Erziehungswesen in Deutschland (Bd 1-11, 1774-1786).

Naturwissenschaften

2.146 Die Sachgruppe Naturwissenschaften (N) zählt 3876 Titel (16. Jh 71, 1,8 Prozent; 17. Jh 248, 6,4 Prozent; 18. Jh 1092, 28,2 Prozent; 19. Jh 2403, 62 Prozent; o. J. 62). Der überwiegende Teil (78,1 Prozent) ist deutschsprachig, 13,4 Prozent sind in Latein und 6,5 Prozent in Französisch. Englisch und sonstige Sprachen sind nicht relevant.

2.147 Das Sachgebiet umfaßt alle Bereiche der Naturwissenschaft. Neben einer Gruppe mit Enzyklopädien wurde eine weitere mit auf Thüringen bezogenen Werken gebildet. Es folgen Mineralogie, Biologie, Botanik, Zoologie, Landwirtschaft und Forstwesen, Technologie, Handwerk, Sport, Physik, Chemie, Meteorologie, Astronomie, Pharmakologie, Medizin und Mathematik. Vorbild für diese Struktur war die Gruppe Mathematik ( s. o. 2.57-2.61) der Herzoglichen Sammlung.

2.148 Die Breite des Bestandes zeigt sich in astronomischen Werken wie De scientia motus orbis (Nürnberg 1504) des Masa'allah [Messalatius], in Michael Stifels Arithmetica integra (Nürnberg 1544) und in Sammelbänden zur Astronomie und Astrologie des 16. und 17. Jhs. Vorhanden ist auch Des Churfürsten August zu Sachsen künstlich Obstgarten-Büchlein (Weimar 1802), das Johann Volkmar Sickler nach der Ausgabe von 1620 neu herausgab. Die von Georg Christoph Lichtenberg bearbeiteten Anfangsgründe der Naturlehre von Johann Christian Polykarp Erxleben, die als Schulbuch Verwendung fanden, sind in der 3. bis 6. Auflage (1784-1794), z. T. mit Lichtenbergs handschriftlichen Bemerkungen, im Bestand. Zur Medizin sind die Beobachtungen einer Ruhrepidemie im Meiningischen im Monat Sept. und Okt. 1791 (Riga 1794) von Georg Heinrich Jawandt anzuführen.

Geographie

2.149 Zur Sachgruppe Geographie (E = Erdkunde) sind 2574 Titel vorhanden, darunter 3 Zeitschriften (16. Jh 26; 17. Jh 92, 3,6 Prozent; 18. Jh 416, 16,2 Prozent; 19. Jh 1627, 63,2 Prozent; o. J. 413). Die deutsche Sprache überwiegt mit 85,4 Prozent, es folgen Französisch (7,2 Prozent), Latein (3,3 Prozent) und Englisch (3 Prozent). Im Unterschied zur Herzoglichen Sammlung umfaßt die Gruppe auch Städtebeschreibungen und Werke zur Geologie.

2.150 Den geringsten Anteil haben Publikationen geologischen Inhalts. Die Städtebeschreibungen sind fast so zahlreich wie die erdkundlichen Schriften, unter denen die Reisebeschreibungen und die (Grieben-)Reiseführer eigene Bestandskomplexe bilden. Regional dominiert Thüringen. Vorhanden sind u. a. Der ... Stadt Lübeck Statuta unnd Stadt Recht (Lübeck 1595), Matthis Quaden von Kinckelbachs Teutscher nation Herligkeitt (Köln 1609), Das erneuerte Alterthum, oder curieuse Beschreibung einiger ...

Berg-Schlösser in Teutschland (Frankfurt und Leipzig 1721), wozu auch die Wartburg gerechnet wurde, von Melissantes [i. e. Johann Gottfried Gregorii], und Johann Georg August Gallettis Lehrbuch der Geographie oder Erdkunde (Gotha 1790).

2.151 Hervorzuheben ist Julius von Plänckners Der Inselsberg und seine Aussicht (Gotha 1839) mit einem fast 2,5 m langen Panorama in Form eines Leporellos, das 1000 benannte Objekte verzeichnet. Das separat herausgegebene, von Johann Heinrich Möller verfaßte Geographisch-statistische Handwörterbuch über alle Theile der Erde mit besonderer Berücksichtigung des Stieler'schen Hand-Atlasses (Gotha 1840-1846) stellt das erste Register zu diesem ebenfalls vorhandenem Atlas dar. Das mit Situationskarten und Höhenprofilen ausgestattete Malerische Album der Thüringischen Eisenbahn von Halle über Merseburg, Weißenfels, Naumburg, Weimar, Erfurt, Gotha, Eisenach bis an die Kurhessische Grenze (Weimar 1850, mit 24 Ansichten) erschien kurz nach der Eröffnung der Strecke.

Kunst

2.152 Die kleinste Sachgruppe Kunst und Kunstgeschichte (K) enthält 725 Titel (16. Jh 3; 17. Jh 7; 18. Jh 53, 7,3 Prozent; 19. Jh 387, 53,4 Prozent; o. J. 275). Mit 88,8 Prozent überwiegt die deutsche Sprache, 6,5 Prozent sind in Französisch, 2,2 Prozent in Latein; Englisch und die übrigen Sprachen fallen nicht ins Gewicht.

2.153 Die Sachgruppe gliedert sich in Antike, Architektur, Malerei, Graphik, Plastik, Kunstgewerbe und Volkskunst. Auf allgemeine Nachschlagewerke folgt das Alphabet der Künstler (vorwiegend Werke des 19. und 20. Jhs). Aus dem 16. Jh sind Albrecht Dürers Etliche underricht zu befestigung der Stett, Schloß und flecken (Nürnberg 1527) und die Monumenta sepulcrorum cum epigraphis ingenio et doctrina excellentium virorum (Bratislava 1574) von Siegfried Rybisch vorhanden. Erwähnung verdienen die Perspective, dat is: de doorsichtige (Amsterdam 1651) von Samuel Marolois, Winckelmanns Nachrichten von den neuesten Herculanischen Entdeckungen (Dresden 1764), die Geschichte der Wegnahme und Abführung vorzüglicher Kunstwerke aus den eroberten Ländern in die Länder der Sieger (Gotha 1803) von Friedrich Karl Ludwig Sickler und Alois Senefelders Vollständiges Lehrbuch der Steindruckerey (München 1818), mit einem Vorwort von Friedrich von Schlichtegroll.

Autorengemeinschaft der FLB

Sondersammlungen

Blockbücher

2.154 Von den einst elf Holzschnittdrucken (" Xyl.") des 15. Jhs, die als Xylographica unter den Inkunabeln der Herzoglichen Sammlung verzeichnet sind, verblieben der Bibliothek durch Verbringung am Ende des Zweiten Weltkrieges nach Coburg und nachfolgende Veräußerung in den fünfziger Jahren lediglich fünf: (1) Ars moriendi (Schreiber, Handbuch 262: IV D); (2) Biblia pauperum, deutsch (Schreiber, 95 f., fälschlich als Exemplar von Tirage c statt b); (3) Defensorium inviolatae virginitatis Mariae (GW 9, Sp. 97); (4) Mirabilia Romae (Schreiber, 396-401, z. T. ungenau); (5) Kalender für 1478 (Schreiber, 218 f.). Von dreien ist die Provenienz bekannt: Nr. 2 wurde auf der Hallersteinschen Auktion gekauft (Nürnberg, Juli 1798), Nr. 3 ist Würzburger Kriegsbeute und geht auf die Sammlung Adam Kahl zurück, und Nr. 4 wurde 1801 aus privatem Erfurter Vorbesitz erworben. Darüber hinaus liegt ein bisher wohl unbeschriebener Einblattholzschnitt mit der xylographischen Bezeichnung " .S. Leihartdus" vor, der den siebziger Jahren des 15. Jhs angehören dürfte (in Mon. typ. 1473 2o 5).

Inkunabeln

2.155 An Inkunabeln (Herzogliche Sammlung: " Mon. typ."; Gymnasiale Sammlung: " Inc.") besitzt die Bibliothek (mit Dubletten) 1050 Drucke. Davon entfallen auf die Herzogliche Sammlung nach den um 1930 erfolgten Verkäufen 910 Titel (zuzüglich 19 Dubletten) und auf die Gymnasiale Sammlung 84 (zuzüglich 37 Dubletten). Diese Angaben verstehen sich mit Einschluß der 31 Inkunabeln der Kirchenbibliothek Pößneck, die 1996 als geschlossene Sammlung erworben werden konnten. Mit 964 (91,8 Prozent) überwiegen die lateinischen gegenüber 69 deutschen Drucken (6,6 Prozent). Die Zahl der Inkunabeln in anderen Sprachen ist mit 10 griechischen, 4 italienischen und 3 niederländischen Werken (insgesamt 1,6 Prozent) unerheblich. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, bei denen das Alter der Drucke nicht erkannt worden ist, sind die Inkunabeln der Herzoglichen Sammlung seit der zweiten Hälfte des 18. Jhs als " Mon(umenta) typ(ographica)" gesondert aufgestellt und katalogmäßig beschrieben. Für diese Sonderaufstellung sind z. T. alte Sammelbände aufgelöst worden, was die Ermittlung der Provenienzen stark beeinträchtigt. Ein moderner Inkunabelkatalog, der den individuellen Merkmalen der Gothaer Exemplare nachzugehen hätte, existiert über den ISTC hinaus bisher nicht.

2.156 Der älteste datierte Druck ist das Psalterium Benedictinum von 1459 (H 13480). Ihm folgen die Erstausgabe des Catholicon (GW 3182), ein Papierexemplar mit Wasserzeichen Ochsenkopf mit Andreaskreuz und einem Besitzvermerk von 1465, die Mainzer Bibel von 1462 (GW 4204) sowie der Mainzer Cicero von 1465 (GW 6921). Da die Sammlung sekundär gewachsen ist und nicht auf alten einheimischen Provenienzen beruht, sind die mitteldeutschen Offizinen (Leipzig, Erfurt, Magdeburg) verhältnismäßig schwach vertreten. So ist die im 15. Jh ohnehin relativ schwache Erfurter Buchproduktion lediglich mit dem seltenen, vom 24. Dezember 1479 datierten Lectionarium aus der Presse des Petersklosters (Ohly/Sack, Inkunabelkatalog ... Frankfurt 1787; De-sanctis-Teil) vertreten. Aus dem mitteldeutschen Bereich ist die von Joachim Westval in Stendal gedruckte niederdeutsche Ausgabe des Bruder Rausch (Borchling/Claußen, Niederdeutsche Bibliographie 138; Unicum) zu erwähnen. Während Drucke aus dem Norden des deutschen Sprachgebietes kaum vorliegen, ist die Sammlung verhältnismäßig gut mit rheinischen Pressen repräsentiert, von denen die frühen Kölner Drucke zu nennen sind, z. B. die Erstausgabe von Rolevincks Fasciculus temporum von 1474 (Voulliéme, Der Buchdruck Kölns 1026). Der außerdeutsche Sprachraum ist auch in Gotha vor allem mit Drucken italienischer Provenienz vertreten. Wie üblich überwiegen bei weitem die venezianischen Pressen. Bekannt sind die vier durch Malerei und Einband hervorragenden Gothaer Foliobände aus der Sammlung des Frankfurter Kaufmanns Peter Ugelheimer, Pergamentdrucke juristischen Inhalts aus der Presse Jensons (GW 7702, 11357, 11459, HC 9192).

Postinkunabeln

2.157 Der Katalog " Mon(umenta) typ(ographica)" enthält außer den Inkunabeln die von 1501 bis 1517 erschienenen Drucke, wobei unter den undatierten oder in Sammelbänden befindlichen Werken auch einige jüngere Stücke enthalten sind. Insgesamt umfaßt dieser Teil nach den Verlusten, die wie bei den Inkunabeln um 1930 durch Verkäufe eintraten, 864 Titel (einschließlich der Dubletten). Davon entfallen rund 760 auf lateinische (88 Prozent), 80 auf deutsche (9,3 Prozent) und die wenigen restlichen auf griechische, italienische und französische Drucke (2,7 Prozent). Bei den lateinischen Drucken überwiegt der außerdeutsche Anteil, von denen wiederum die Hauptmasse in Venedig hergestellt wurde. Über den beachtlichen Fundus an kleinformatigen Aldinen und Giuntinen hinaus seien die Complutensische Bibel (1514-1517) mit dem in formschöner Type enthaltenen griechischen Neuen Testament erwähnt sowie ein seltener dreisprachiger Donat (lateinisch, deutsch, tschechisch), der um 1538 bei Hans Guldenmund in Nürnberg erschien (VD 16 D 2326). Die Gruppe enthält außerdem zwei Großfolio-Bände mit Kupferstichen des 17. Jhs.

Wertvolle Drucke

2.158 Die Formalgruppe " Druck" ist nach dem zeitweiligen Verlust auch der Abteilung " Mon. typ." in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt worden. Bei der Neukatalogisierung der Inkunabeln und Frühdrucke entschied man sich dabei nunmehr für die getrennte Verzeichnung von Inkunabeln ( s. o. 2.155-2.156) und Postinkunabeln (" Druck"). Die wenigen nach 1946 in Gotha verbliebenen Drucke des 16. Jhs aus der Gruppe " Mon. typ." wurden inzwischen rücksigniert. Entgegen der ursprünglichen Anlage entwickelte sich die Gruppe bald zu einer Numerus-currens-Aufstellung für Neuerwerbungen aus dem ganzen 16. Jh und wird als solche auch heute noch weitergepflegt. Vor allem durch Adligate enthält die Sammlung auch einige Inkunabeln und Drucke des 17. und 18. Jhs. Der Bestand umfaßt derzeit 2135 Titel (16. Jh 2083, 97,6 Prozent; 17. Jh 45, 2,1 Prozent; 18. Jh 6, 19. Jh einer). Sachlich gehört das großenteils im deutschen Sprachgebiet erschienene Schrifttum allen Wissensgebieten an, doch ist der Anteil der Theologie bei weitem der umfangreichste.

Helmut Claus

Dissertationen

2.159 Der überwiegend in starken Sammelbänden überlieferte Bestand an Dissertationen (" Diss.") umfaßt nach einer Hochrechnung etwa 60.000 Titel, die im wesentlichen aus dem 17. bis 19. Jh stammen. Im Regelfall ist die Sprache Lateinisch, nur in Ausnahmefällen tritt ein deutscher Titelzusatz hinzu. Die Sammlung gliedert sich in 18 Untergruppen nach Fachgebieten; über 100 Sammelbände entfallen jeweils auf " Diss. jur.", " Diss. med.", " Diss. phil.", " Diss. hist." und " Diss. theol.". Die 568 numismatischen Dissertationen sind, entsprechend ihrer Bedeutung für die Münzsammlung, im Anschluß an die Münzkunde (s. o. 2.122-2.124) separat aufgestellt und einzeln in Halbleder gebunden. Viele dieser Dissertationen stammen aus dem 18. Jh, so De nummis consularibus epistola (Arnstadt 1701) von Andreas Morellius.

2.160 Die Dissertationen stammen u. a. aus der " Alma Salana" in Jena, der " Academia Fridericiana" in Halle, der " Alma Leucorea" in Wittenberg und aus weiteren protestantisch orientierten Universitäten, z. B. Leipzig, Helmstedt oder Altdorf. Die Jenaer Dissertationen nehmen aufgrund einer pflichtexemplarähnlichen Regelung (das Herzogtum Sachsen-Gotha fungierte als einer der Erhalterstaaten der Landesuniversität) quantitativ eine Sonderstellung ein, ohne daß jedoch eine annähernde Vollständigkeit zu verzeichnen wäre.

Leichenpredigten

2.161 Die Sammlung (" LP") umfaßt 9117 Einzeldrucke in 419 Sammelbänden (16. Jh 295, 3,2 Prozent; 17. Jh 7075, 77,6 Prozent; 18. Jh 1732 Titel, 19 Prozent; 19. Jh 15). Die deutsche Sprache überwiegt mit 97 Prozent, die restlichen 3 Prozent sind in Latein. Die Beigaben (Epicedia) sind dagegen überwiegend in lateinischer Sprache, aber auch in Griechisch oder Hebräisch verfaßt. Zwei niederländische Predigten und eine französische Predigt sind Ausnahmen.

2.162 Sammlung und Katalog gelangten 1834 aus der Gymnasialbibliothek in die Herzogliche Bibliothek. Auf Vorschlag der Landschaftsdeputierten war sie 1756 von Herzog Friedrich III. über den Buchhändler Mevius für die Gymnasialbibliothek erworben worden. Die ursprüngliche Provenienz ist bislang nicht ermittelt, doch sprechen bestimmte Indizien für eine in Gotha gewachsene Grundsubstanz, in die kleinere Provenienzen eingeflossen sind. Dazu gehören rund 30 Bde mit dem Exlibris des Erfurter Medizinprofessors Georg Christoph Petri von Hartenfels (1633-1718). In Verbindung mit der Gesamtsammlung werden die Namen Magnus Saul (Vater) und Friedrich Magnus Saul (Sohn) (" Saulsche Sammlung") und der Name der Hofrätin Anna Sophia Hülsemann, wohl die Gattin des Gothaer Hofrates Heinrich Ernst Hülsemann (1680-1733), genannt.

2.163 Fürstliches Begräbniszeremoniell überliefern die mit Kupfern versehenen Gedächtnisbände für Wilhelm VI., Landgraf zu Hessen († 1663), Maria Elisabeth, Landgräfin zu Hessen († 1665) und die Wolverdiente Ehren-Seule (Gotha, Reyhersche Druckerei) für Herzog Ernst den Frommen († 1678). Interessant sind die Predigten Die gewünschte Veränderung, welche sich mit den gläubigen Christen in ihrem Tode zuträget (Gotha 1675) von Johann Christian Gotter auf den Philologen, Rektor und Druckereibesitzer Andreas Reyher, Der glaubig-Sterbenden seeliger Tod (Nürnberg 1654) von Johann Michael Dillherr auf den Bankier Christoff Rothe, Terminus Vitae (Nordhausen 1633) von Johannes Emden auf den plötzlichen Tod der Hausfrau Catharina, geb. Oßwald, und Christlicher Soldaten tapffere Großmütigkeit (Nürnberg 1664) von Johann Christoph Arnschwanger auf den Fähnrich Johann Jacob Sahr.

2.164 Die Sammlung ist mit anderen Kasualpredigten und weiteren Gelegenheitsschriften angereichert, darunter Tauf- und Hochzeitspredigten, Huldi gungs-, Feiertags-, Hexen-, Läster- und Lügenpredigten, auch Pest-, Brand- und Wetterpredigten, die bei der Thüringer Sintflut von 1613 mit detaillierten Angaben der entstandenen Schäden versehen sind. Die Revokationspredigt Egresio animae fidelis ex Haran (Leipzig 1664) von Christian Siegfried Weisenstein wurde aus Anlaß seines Übertrittes zum evangelischen Glauben gehalten. Unter dem übrigen Kleinschrifttum sind die Neuigkeitsberichte von Kometenerscheinungen oder Heil- und Gesundheitsregeln zu nennen.

Gesangbücher

2.165 Die Sondersammlung an Gesangbüchern (" Cant. spir." = Cantica spiritualia) umfaßt 2522 Titel (16. Jh 150, 6 Prozent; 17. Jh 450, 17,8 Prozent; 18. Jh 973, 38,6 Prozent; 19. Jh 798, 31,6 Prozent; o. J. 151). Der Anteil des Deutschen beträgt 91,8 Prozent, gefolgt von Latein (4,2 Prozent). Französisch, Englisch und sonstige Sprachen beanspruchen zusammen 4 Prozent.

2.166 Die Sammlung geht im Kern auf den Arnstädter Superintendenten Johann Gottfried Olearius (1635-1711) sowie dessen Sohn Johann Christoph (1668-1747) zurück ( s. o. 1.19). Sie besteht zu einem großen Teil aus Sammelbänden, zahlreiche Stücke tragen Bemerkungen und Zusätze von seiner Hand. Die Sammlung enthält auch das älteste evangelische Gesangbuch, das von Luther und Paul Speratus (1484-1551) unter dem Titel Etlich Cristlich lider Lobgesang, un[d] Psalm (Wittenberg 1514 [vielmehr 1524]), in Nürnberg [durch Jobst Gutknecht] gedruckt wurde. Johann Christoph Olearius stellte das Arnstädtische Verbesserte Gesangbuch (Arnstadt 1705) zusammen. Zahlreich vertreten sind Gothaer Gesangbücher, darunter die in der Fürstlichen Schloßkirche 1713/14 gebrauchte Friedensteinische Psalmodia (Gotha 1713). Weitere Gesangbücher stammen u. a. aus Sachsen-Coburg-Gotha, Elsaß-Lothringen, Estland, Finnland, Frankreich, Ungarn und den USA.

2.167 Von Interesse sind die Texte der über 250 Kirchenkantaten des langjährigen Gothaer Hofkapellmeisters Gottfried Heinrich Stölzel ( s. o. 2.107), darunter die Kantate Die mit Busse und Glauben ihren leidenden Jesus bis zum Grabe begleitende Seele (Gotha 1737), die 1737 in der Schloßkirche aufgeführt wurde. Manche der für den persönlichen Gebrauch bestimmten Gesangbücher weisen ein kostbares Äußeres auf (Einbände aus Leder, Pergament oder Samt, verzierter Goldschnitt, silberne Schließen).

Schulschriften

2.168 Die Schulschriften (Signatur S) zählen 981 Titel, d. h. von den einzelnen Institutionen herausgegebene Schriftenreihen (18. Jh 139, 14,2 Prozent; 19. Jh 842, 85,8 Prozent). Die Sammlung endet mit dem Ersten Weltkrieg. Sie ist deutschsprachig, nur vereinzelt sind Beiträge auch in Latein abgefaßt. Die 725 Orte verteilen sich ziemlich gleichmäßig auf das gesamte Gebiet des damaligen Deutschen Reiches. Ausnahmsweise liegen auch Schriften deutschsprachiger Schulen des europäischen Auslandes vor. Lückenlose Reihen sind selten. Veröffentlichungen Gothaer Schulen sind vorzugsweise in der Sachgruppe Gothana ( s. u. 2.171) zu finden. Inhaltlich sind die Beiträge nicht erschlossen. Die Standortkartei weist lediglich die Orte und ihre Schulen mit den vorhandenen Jahrgängen nach.

Gothana

2.169 Die Sammlung Gothana (" Goth.") zählt insgesamt 4200 Titel, davon entfallen 2028 Titel auf die Zeit vor 1900 (16. Jh 6; 17. Jh 15; 18. Jh 59, 2,9 Prozent; 19. Jh 1855, 91,5 Prozent; o. J. 93). Das Schrifttum ist fast ausnahmslos deutschsprachig.

2.170 Die um 1900 gebildete Abteilung entstand durch Umsignierungen aus den einschlägigen Gruppen des herzoglichen Bestandes, vor allem aus den Gruppen " Hist." und " Opp.". Sie wird seitdem kontinuierlich gepflegt und ist die einzige Gruppe der Herzoglichen Sammlung, die auch heute noch laufend ergänzt wird. Die Erfassung von Kleinschrifttum, darunter auch eine größere Anzahl von Sonderdrucken, die teilweise zu umfangreichen Sammelmappen zusammengefügt sind, ist ebenfalls Aufgabe dieser Abteilung.

2.171 Vorhanden ist Literatur zur Stadtgeschichte im engeren Sinn, darunter Werke wie Caspar Sagittarius' Memorabilia historiae Gothanae (Gotha 1689). Zu den Werken, in denen die Stadt bzw. Teile davon beschrieben werden, gehört Gotha und die umliegende Gegend (Gotha 1796) von Albert Klebe mit dem frühesten im Bestand überlieferten Stadtplan. Hinzu kommen Schriften zur Entwicklung des gothaischen Herzogtums, z. B. Gallettis Geschichte und Beschreibung des Herzogthums Gotha (Gotha 1779-1781), außerdem Unterlagen zur Geschichte des Schulwesens wie Karl Schmidts Die Geschichte der Volksschule und des Lehrerseminars im Herzogthum Gotha (Köthen 1863). Die Schulprogramme des Gothaer Gymnasium Illustre bzw. des Gymnasium Ernestinum sind für die Jahre 1697 bis 1764 und 1848 bis 1941 im Bestand. Weitere Schwerpunkte bilden Vereinsschriften, darunter das Verzeichnis der zur Ausstellung des Gothaischen Kunst-Vereins eingesandten Kunstwerke (Gotha 1846), und Firmenschriften, z. B. von Banken und Versicherungen.

2.172 Die biographischen Materialien zu Gothaer Persönlichkeiten, überwiegend Sonderdrucke, Zeitungsausschnitte und Gelegenheitsschriften, füllen mehrere Sammelbände. Hierzu gehört auch die von Eduard Adolf Jacobi am 2. April 1847 gehaltene Rede am Grabe des Herrn Dr. Friedrich Jacobs (Gotha [1847]). Eine für die Stadtgeschichte wichtige Quelle stellt die vollständig überlieferte Reihe der Adreßbücher der (Residenz-)Stadt Gotha (Jg. 1845 ff.) dar.

Sammlung Engelhard-Reyher

2.173 Die Bibliothek erhielt 1973 einen Teil des Archivexemplarbestandes (im wesentlichen die Produktion der Jahre 1883 bis 1951) der ehemaligen Druckerei Engelhard-Reyher. Sie war aus der 1640 von Peter Schmid gegründeten Druckerei hervorgegangen, die 1644 von dem bekannten Schulmann und Rektor des Gothaer Gymnasium Illustre, Andreas Reyher (1601-1673), übernommen wurde. Für über 200 Jahre blieb sie die einzige Gothaer Druckerei. Nach dem Tode des letzten Firmenbesitzers aus der Familie des Andreas Reyher (1795) bestand sie unter wechselnden Namen (Engelhard-Reyher'sche Buchdruckerei, ab 1969 Druckerei " August Bebel") bis 1991/92.

2.174 Der einheitlich gebundene Bestand, dessen chronologische Ordnung die Jahresproduktionen erkennen läßt, wurde als geschlossene Sammlung behandelt (Signatur R). Von den 1173 Drucken entfallen 480 auf das 19. Jh und 693 auf das 20. Jh. Es handelt sich sowohl um die im Eigenverlag hergestellten Werke als auch um Drucke für Verleger inner- und außerhalb Gothas. Neben bekannten Verlagsobjekten wie Petermanns Geographischen Mitteilungen (Perthes), von denen einzelne Jahrgänge vorhanden sind, findet sich vor allem landeskundliches und lokalgeschichtliches Schrifttum, darunter allein 56 Ausgaben des seit 1845 erscheinenden Gothaer Adreßbuches, 65 Bde der Gesetzsammlung für das Herzogthum Gotha (1827/1830-1919) und 26 Jahrgänge des Jahrbuches der Lebensversicherungsbank (Gotha 1885-1913).

2.175 Pädagogisches Schrifttum ist relativ umfangreich vertreten, darunter die von Karl Kehr begründeten und später von Gottlob Schöppa und Karl Muthesius herausgegebenen Pädagogischen Blätter für Lehrerbildung und Lehrerbildungsanstalten (Bd 1-42, 1872-1913). Einige Schulbücher sind in mehreren aufeinanderfolgenden Auflagen vorhanden, z. B. Gustav Schlimbachs Fibel (42. bis 65. Auflage, Gotha 1885-1902) und August Voigts Biblische Geschichte als Vorstufe zum systematischen Religionsunterricht (3. bis 16. Auflage, Gotha 1884-1918). Titel wie Temperatur und Niederschläge in Nordamerika (Marburg 1883), eine Dissertation von Carl Martin Otto Dersch, Heinrich Julius Schneiders Katalog der Herzoglichen Gemäldegalerie (Gotha 1883) und die Gedichte aus dem Nachlaß der Gräfin Julie zu Ortenburg ... (Gotha 1885) spiegeln die Bandbreite der Druckerei wider.

Bibliothek der Gothaer Sternwarte

2.176 Der zwischen den Weltkriegen in die Bibliothek gelangte Bestand an astronomischer Literatur der 1934 aufgelösten Gothaer Sternwarte (in der Jägerstraße 7) bildet die Sachgruppe Sternwarte (" Stw."), die schätzungsweise 3000 Titel zählt, von denen ca. 300 auf das 18. und 19. Jh entfallen. Die deutschsprachigen Titel überwiegen. Anzuführen sind das Lehrbuch der Astronomie (Berlin 1822) von Joseph Piazzi, Über die Strahlenbrechung (Halle 1801) von Johann Philipp von Rohde und die Astronomischen Hülfstafeln (Kopenhagen 1820-1824) von Heinrich Christian Schumacher. Die zunehmende Popularisierung der Astronomie wurde schon mit der Anleitung zur Kenntnis des gestirnten Himmels für jede Klasse von Lesern (Leipzig 1786) von Christian Friedrich Rüdiger belegt und setzte sich im 19. Jh u. a. mit der Astronomie populaire (Paris und Leipzig 1854-1857) von François Arago fort.

2.177 Neben astronomischen Werken enthält der Bestand auch zahlreiche mathematische Abhandlungen, z. B. Elementa calculi differentialis et integralis (Prag und Wien 1783) von Stanislaw Wydra; außerdem Werke zur Physik sowie zur Geodäsie, die mit der Entwicklung der Astronomie eng verbunden war. Vorhanden sind der Abriß der praktischen Astronomie vorzüglich in ihrer Anwendung auf geographische Ortsbestimmung (Leipzig 1879) von Aleksej Nikolaevic Savic oder die Höhen-Messungen im Herzogthum Gotha (Weißensee 1850) von August Wilhelm Fils. Ergänzt wird der Bestand durch Werke zur Kalenderkunde wie dem Lehrbuch der Chronologie (Berlin 1831) von Ludwig Ideler, zur Instrumentenkunde z. B. mit Di un nuovo strumento meterologico-geoditico-astronomico il Dieteroscopio (Turin 1874) von Giovanni Luvini und mit Schriften zur Nautik. Außerdem sind zahlreiche Sonderdrucke und sonstiges Kleinschrifttum von Astronomen, z. B. von Adolphe Quetelet, vorhanden. Die Privatbibliothek von Peter Andreas Hansen (1795-1874), ab 1825 Direktor der Sternwarte, befindet sich zu einem großen Teil im Bestand.

2.178 Der internationale Charakter der Sammlung zeigt sich auch in der überdurchschnittlich hohen Zahl astronomischer Zeitschriften und Jahrbücher fast aller bedeutenden europäischen Observatorien und Akademien (über 2000 Bde), die auf die Tauschbeziehungen der Sternwarte zurückgehen. Erwähnt seien The nautical almanac and astronomical ephemeris (London, 1842 [1838] ff.) und das in Berlin erschienene Astronomische Jahrbuch (Jg. 3, 1778 ff.).

Sammlung Horn

2.179 Die 1995 erworbene Spezialsammlung (Signatur OSH) wurde von dem aus Allenstein stammenden Historiker, Geographen und Kartographen Werner Horn (1903-1978) zusammengetragen. Sie umfaßt insgesamt 382 Werke (18. Jh 2, 19. Jh 25) in 457 Bdn, darunter 23 Zeitschriften sowie 243 Karten. Hinzu kommen noch unbearbeitete Materialien. Horn war von 1929 bis 1936 Lehrbeauftragter für ostpreußische Landeskunde an der Universität Königsberg, wo er den größten Teil des auch Litauen und Polen berücksichtigenden landeskundlichen Materials erwarb. 1940 trat er in die Geographische Anstalt Justus Perthes in Gotha ein, seine Sammeltätigkeit setzte er fort.


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.