FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Geleitwort

Wir begrüßen die Veröffentlichung des Bandes Kroatien, Slowenien und Italien im Rahmen des Handbuchs deutscher historischer Buchbestände in Europa, welches einen Überblick über die deutschen Buchbestände in ausgewählten Bibliotheken der nicht-deutschsprachigen Länder Europas gibt. Der auf Kroatien bezogene Teil des vorliegenden Bandes legt Zeugnis ab von der kulturellen Präsenz Kroatiens auf dem Alten Kontinent und verdeutlicht den Beitrag Kroatiens zur Geschichte dieser Gemeinschaft. Heute triumphiert die europäische Idee nicht nur als politisches, sondern auch als intellektuelles und moralisches Movens, das von einer tiefen mythischen Kraft, aber auch von realer historischer Erfahrung geprägt ist. Innerhalb dieses Kontextes spiegelt das Projekt über die deutschen historischen Buchbestände in Kroatien nicht nur den Einfluß des Verlagswesens des deutschen Sprachraumes in diesem Teil Europas, die Tätigkeit und Leistungen der kroatischen Bibliothekare durch die Jahrhunderte und die Stellung Kroatiens in Europa wider, sondern es beleuchtet darüber hinaus auch die europäische Idee der Einheit in der Vielfalt, insbesondere im Bereich der geistigen Disziplinen.

Als Resultat komplexer geophysischer und kultureller Einflüsse ist Kroatien ein Paradigma für den durch Vielheit und Vielfältigkeit gewonnenen Reichtum des Lebens, der schöpferischen Kraft und der interkulturellen Zusammenarbeit als dauerhafte Werte. Insbesondere heute macht sich Kroatien das Erbe der Aufklärungsideen zu eigen, dessen Grundlage die Idee der Freiheit ist: die Freiheit der Heimat, des Volkes, des Geistes, der Entscheidung und des Schaffens. Das Bewußtsein, Teil einer europäischen Gemeinschaft zu sein, ist zu jedem Moment der kroatischen Geschichte gegenwärtig, es durchzieht alle Bestrebungen der Gegenwart und ist bestimmend für die Gestaltung der Zukunft Kroatiens.

Durch das Handbuch-Projekt erscheint Kroatien im Verlaufe seines historischen Bestehens nicht nur als Forschungsgegenstand, sondern es verwirklicht sich in diesem Projekt auch als Teil einer globalen Realität. Hierin geht das Projekt weit über den Versuch eines bloßen Brückenschlags zwischen Europa und Kroatien hinaus. Es entdeckt vielmehr einen einzigartigen geistigen Raum im Kontext seiner geschichtlichen Dynamik und vor dem Hintergrund der Bedeutung der kroatischen Kultur für diesen Raum. Alle großen Ideen der europäischen Geschichte haben in der kroatischen Kultur und Wissenschaft ihren Niederschlag gefunden. Viele von ihnen sind in Kroatien mit Energie weiter vorangetrieben worden, andere wurden unter den besonderen historischen Bedingungen dieses Raumes mit einer authentischen schöpferischen Kraft gestaltet.

Die kroatische Kultur ist am Schnittpunkt mediterraner und mitteleuropäischer Kultur entstanden. Sie trägt Spuren zahlreicher Kulturen - der griechischen, römischen, illyrischen und der byzantinischen -, die der Siedlung der Kroaten in diesem Gebiet vorausgegangen sind. Vom 9. Jahrhundert bis heute nahm die kroatische Kultur an allen wesentlichen Strömungen der europäischen Kultur und Kunst teil. Sie zeichnet sich deshalb durch eine große Offenheit gegenüber den Werten anderer Völker, Kulturen und Sprachen aus. Man kann daher mit Recht behaupten, daß die Multikulturalität ein Wesensmerkmal der kroatischen Kultur und Lebensform ist. Ein weiteres zentrales Merkmal kroatischer Identität ist die Verbundenheit mit den Werten des westlichen Christentums. Bereits 28 Jahre nach der Gutenberg-Bibel, wurde 1483 das erste kroatische Buch Misalpo zakonu rismkog dvora in glagolitischer Schrift gedruckt. Diese weit in die Vergangenheit zurückreichende Tradition kroatischen Schrifttums sowie des Druck- und Bibliothekswesens war ein wichtiger Garant für den Erhalt des historischen Schrifttums deutscher Provenienz in den kroatischen Bibliotheken.

Als im Jahre 1996 Herr Professor Dr. Bernhard Fabian an das kroatische Kulturministerium und an mich persönlich als amtierenden Kulturminister die Bitte richtete, die mit diesem Projekt verbundenen Forschungen und ihre Veröffentlichung zu unterstützen, nahmen wir den Vorschlag mit großer Freude auf und betrauten die National- und Universitätsbibliothek in Zagreb mit der Trägerschaft und der Koordination dieses Projektes in Kroatien. Von außerordentlicher Bedeutung war für uns die Mitarbeit von Herrn Dr. Siegfried Gehrmann, Dozent am Fachbereich für interkulturelle Germanistik an der Akademie für Lehrerausbildung der Universität Zagreb, durch dessen Engagement und Vermittlung das Projekt nach Kroatien kam und den die Zentralredaktion in Münster zum Koordinator für die kroatischen und deutschen Partner ernannte.

An dem Projekt, das über drei Jahre lief, nahmen 38 kroatische Bibliotheken teil: neben der National- und Universitätsbibliothek in Zagreb die Universitätsbibliotheken in Rijeka, Split, Pula und Zadar, die Bibliothek der Kroatischen Akademie der Wissenschaften und Künste, die Bibliothek der Katholisch-theologischen Fakultät, die Metropolitan-Bibliothek und die Stadtbibliothek in Zagreb sowie Kloster-, Museums-, Archiv- und Gymnasialbibliotheken in verschiedenen Teilen des Landes.

Das Projekt wurde inzwischen erfolgreich abgeschlossen, und ich möchte mich vor allem bei dem Herausgeber des Handbuches, Herrn Professor Dr. Bernhard Fabian, und bei der Zentralredaktion in Münster bedanken. Besonderen Dank schulde ich Herrn Dr. Siegfried Gehrmann, der mit sehr viel Einsatz und Energie die Zusammenarbeit zwischen der Zentralredaktion und den kroatischen Bibliotheken koordinierte, sowie

Frau Dr. Dubravka Skender, Koordinatorin für Informationssysteme an der National- und Universitätsbibliothek in Zagreb, die das Handbuch-Projekt in Kroatien leitete und zusammen mit ihren Mitarbeitern große Arbeit geleistet hat. Ebenso möchte ich diese Gelegenheit nutzen, allen kroatischen Bibliotheken und Bibliothekaren, die an diesem Projekt mitwirkten, meinen Dank auszusprechen und nicht zuletzt auch der Volkswagen-Stiftung, die das Projekt initiierte und unterstützte.

Ich bin der Überzeugung, daß dieses Projekt die kulturelle Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Kroatien weiter fördern und daß es neue Forschungen im Bereich des Bibliothekswesens und der Geisteswissenschaften in Kroatien anregen wird. Die Teilnahme am Handbuch-Projekt ist ein weiterer Beleg für die Bemühungen des jungen kroatischen Staates im Kulturbereich, vornehmlich im Bereich des geschriebenen Wortes als zivilisatorische Grundlage eines jeden Volkes.

Zagreb, Dezember 1999

Bozo Biškupic

Kulturminister der Republik Kroatien


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.