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 Nationalbibliothek(Prag): Bestandsgeschichte
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 Kataloge, Veröffentlichungen

Národní knihovna Ceské republiky

[Nationalbibliothek der Tschechischen Republik]

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Abteilung 45 - Philologia nationalis

2.313 In diese Abteilung wurden philologische Bohemica eingeordnet, die nicht in tschechischer Sprache erschienen sind. Das Fach Philologie ist in umfassendem Sinne vertreten mit sprachwissenschaftlichen und literaturhistorischen Werken, Ausgaben klassischer Autoren, Lehrbüchern und Werken zu philologischen Randgebieten (z. B. Lese- und Handbücher, Polemiken, Nachschlagewerke). Einen wichtigen Bestandteil bilden verschiedene Ausgaben der philologischen Schriften Jan Amos Komenskýs (Comenius, 1592-1670). Insgesamt liegen 766 Bde vor (667 Signaturen, Formate A-G) vom Anfang des 16. Jhs bis zum Ende des 19. Jhs. Eine genaue Einteilung der Bestände nach Jahrhunderten ist schwierig, da entsprechende Angaben im Standortkatalog nur für die Hälfte der Titel vorliegen. Schätzungsweise stammen aus dem 16. Jh 4 Prozent, aus dem 17. Jh 34 Prozent, aus dem 18. Jh mehr als 35 Prozent und aus dem 19. Jh mehr als 25 Prozent der Titel. Ohne Jahresangabe erschienen sind etwa 1,5 Prozent. Sprachlich ist die lateinische Sprache mit 64 Prozent und die deutsche mit nahezu 34 Prozent vertreten. Andere Sprachen machen zusammen etwas mehr als 2 Prozent aus.

2.314 Von den philologischen Werken Jan Amos Komenskýs finden sich in der Abteilung etwa 180 fremdsprachige Drucke, vornehmlich Wörterbücher und Lehrbücher. Darunter sind mehr als 160 Alte Drucke. Besonders zahlreich sind Ausgaben der Hauptwerke Janua linguarum und Orbis pictus, aber auch ein großformatiger Band der Opera didactica omnia (Amsterdam 1657-1658) mit einem Porträt des Autors auf dem Titelblatt ist vorhanden. Von den 87 Exemplaren der Janua linguarum-Ausgaben aus der Zeit vor 1800 stammt die älteste aus dem Jahre 1633 aus Leipzig und London, die jüngste aus Leipzig aus dem Jahre 1789 (2 Ausgaben). Unter den deutschen Erscheinungsorten dominieren Leipzig, Hamburg, Köln und Frankfurt a. M., ferner liegen Drucke aus Amsterdam und London vor. Bei mehr als 30 Alten Drucken handelt es sich um deutsch-lateinische Ausgaben, teilweise mit weiteren Sprachen kombiniert, u. a. mit der tschechischen (Prag 1667 und 1716). Zu den wirklich seltenen Drucken in europäischen Bibliotheken zählen die Ausgaben Janua linguarum reserata aurea ... (Hamburg 1638, 1648 und 1673, Köln 1680 und 1692) und das als Unikat geltende Werk Auffgeschlossene guldene Sprachenthür: Oder Ein Pflantzgarten aller sprachen und wissenschafften ... (Bremen 1641). Außerdem liegen u. a. verschiedene Ausgaben des Werkes Janua linguarum reserata Vestibulum vor (z. B. Leipzig 1636, 1672 und 1794; Nürnberg 1678 u. a.) sowie Griechisches Comenianisches Vestibulum (Berlin und Potsdam 1732).

2.315 Bemerkenswert sind die ca. 42 verschiedenen Orbis pictus-Ausgaben vor 1800 (in 45 Exemplaren). Die älteste selbständige Ausgabe stammt aus London (1659), die jüngste aus Preßburg (1798). Bei 36 Ausgaben findet man Kombinationen der deutschen mit der lateinischen Sprache oder mit anderen Sprachen, darunter auch 3 viersprachige Ausgaben mit Tschechisch und Ungarisch (Levoca [Leutschau] 1685, 1728 und 1778). Mit 25 Exemplaren umfangreich vertreten sind Nürnberger Ausgaben. Neben diesen weit verbreiteten Editionen finden sich einzelne seltenere Ausgaben wie beispielsweise Orbis sensualium pictus ...Die sichtbare Welt (Nürnberg 1669, 1674 und 1708) und Orbis pictus ...Die Welt in Bildern (Wien 1776 und 1777). Zwei Ausgaben tragen im Einband eine seltene Instruktion für den Buchbinder für die Herstellung einer drehbaren Himmelssphäre auf einem Holzschnitt der Weltkugel: Orbis sensualium pictus quadrilinguis emendatus. Hoc est ...nomenclatura, Latina, Polonica, Gallica et Germanica ... (Warschau und Nürnberg 1770, Signatur 45 G 67 und in der Ausgabe Nürnberg 1674, Signatur 45 G 64).

2.316 Einen großen Teil der Werke ohne Bezug zu Comenius machen Ausgaben antiker Autoren aus, die für den Schulunterricht bestimmt waren, sowie deren Übersetzungen in die deutsche Sprache aus der Zeit der Wende vom 18. zum 19. Jh. Dem Schulbedarf dienten auch verschiedene Ausgaben der lateinischen Grammatik von Manuel Alvarez (seit 1598 bis zur Mitte des 18. Jhs).

2.317 Den eigentlichen Kern der Abteilung bilden Wörterbücher und Grammatiken. Aus dem 16. und 17. Jh sind es vornehmlich Grammatiken des Tschechischen in lateinischer Sprache. Vertreten ist auch Melanchthon mit seiner Grammatica latina (Prag 1597) und seiner Grammatica Boiemico sermone (Prag 1575). Wörterbücher des bedeutenden böhmischen Humanisten, Historiographen und Buchdruckers Daniel Adam z Veleslavína fehlen ebenfalls nicht, darunter Sylva quadrilinguis Vocabulorum et Phrasium ... und Nomenclator quadrilinguis ... (beide Prag 1598) aus seiner eigenen Druckerei, die Tschechisch, Latein, Griechisch und Deutsch kombinieren. Die deutsche Sprache ist mit Latein und Tschechisch im Wörterbuch von Kašpar Vusín Dictionarium von Dreyen Sprachen (Prag 1706-1722) zusammengestellt. Als deutsche Sprachlehre sei Matthias Kramers Fundamenta linguae Germanicae (Prag 1733) genannt.

2.318 Bei den Werken des ausgehenden 18. und frühen 19. Jhs sind zahlreiche tschechische Grammatiken und Wörterbücher aus der frühen Periode der tschechischen Nationalen Wiedergeburt vertreten. Vor allem liegt hier das philologische Werk des wichtigen Repräsentanten der Nationalen Wiedergeburt und des aufgeklärten Rationalismus, Josef Dobrovský (1753-1829), vor. Von seinen deutschsprachigen Schriften zur tschechischen Sprache und Literatur sowie zur Slawistik besitzt die Abteilung z. B. Geschichte der Böhmischen Sprache und (ältern) Literatur (Prag 1792 und 1818), Slawin. Beiträge zur Kenntniss der Slawischen Literatur ... (Prag 1806-1808), Glagolitica. Über die glagolitische Literatur ... (Prag 1807), Ausführliches Lehrgebäude der Böhmischen Sprache ... (Prag 1809 und 1819) und sein Deutsch-böhmisches Wörterbuch (Prag 1821). Für die Kreise der Intelligenz waren seine in deutscher Sprache verfaßten Zeitschriften bestimmt, die er in Prag von 1779 bis 1787 herausgab: Böhmische Litteratur auf das Jahr 1779, Böhmische und mährische Litteratur ...1780 sowie Litterarisches Magazin von Böhmen und Mähren (1786-1787).

2.319 In seinen philologischen und literaturhistorischen Studien knüpft Dobrovský an ältere Strömungen an, z. B. namentlich an Václav Fortunát Durych (1735-1802) und sein Werk Bibliotheca slavica ... (Wien 1795). Ebenfalls bedeutende Vertreter dieser literarischen und historischen Strömung des 18. Jhs sind Nicolaus Adauct Voigt (1733-1787) mit seinem literarischen Wörterbuch Acta litteraria Bohemiae et Moraviae (Prag 1775-1783), der Bibliothekar Karel Rafael Ungar (1744-1807) mit seiner Ausgabe von Bohuslav Balbíns Bohemia docta (Prag 1776-1780), Ungar selbst mit seiner Revision der böhmischen Litteratur ...in Briefen (Prag 1779-1780) sowie Dobrovskýs Antwort auf die Revision der böhmischen Litteratur (Prag 1780). Ferner sind vertreten František Faustin Procházka, Miscellaneen der Böhmischen und Mährischen Literatur (Prag 1784); der Professor der tschechischen Sprache und Literatur an der Prager Universität František Martin Pelcl, u. a. mit Abbildungen Böhmischer und Mährischer Gelehrten und Künstler ... (Prag 1773-1782) und Grundsätze der böhmischen Grammatik (Prag 1795); der Professor der tschechischen Sprache und Übersetzer Jan Nejedlý, Praktische Böhmische Grammatik für Deutsche (Prag 1809) und der nationale Aufklärer Jan František Tomsa, u. a. mit seinem Werk Vollständiges Wörterbuch der böhmisch-, deutsch- und lateinischen Sprache (Prag 1791). Karel Ignác Thám veröffentlichte neben seiner Böhmischen Grammatik (Prag 1801) eine Reihe deutsch-tschechischer Wörterbücher, so beispielsweise Neues ausführliches ...deutsch-böhmisches Nazionallexikon (Prag 1799) und Neues deutsch-böhmisches topographisch-geographisches Wörterbuch oder Zeitungslexikon ... (Prag 1800). Praktische Sprachlehrbücher stellte z. B. Anton Ferdinand Spirk zusammen, Professor der italienischen Sprache und Literatur an der Prager Universität und Bibliothekar der Universitätsbibliothek, darunter seine Uebersetzungsübungen aus dem Deutschen in das Italienische ... (Prag 1827). Bemerkenswert ist die hohe Zahl der in Prag erschienenen Schriften in der Abteilung; eine der wenigen Ausnahmen hierzu bildet z. B. Leopold Johann Scherschniks Nachrichten von Schriftstellern und Künstlern aus dem Teschner Fürstenthum (Teschen 1810).

Anezka Badurová

Karel Bezdek

Vlasta Faltysová

Abteilung 46 - Theologia nationalis

2.320 Die Abteilung umfaßt fremdsprachige theologische Schriften tschechischer Autoren oder Schriften anderer Autoren, die in den böhmischen Ländern erschienen sind. Schriften anderer Autoren, die im Ausland gedruckt sind, mit Bezug zur Region sind nur ausnahmsweise vertreten. Inhaltlich ist die Abteilung sehr vielfältig; es sind nahezu alle theologischen Disziplinen vertreten. Die Abteilung umfaßt insgesamt ca. 2440 Titel in ca. 3316 Bdn (Formate A-G) aus dem 16. Jh bis zur Mitte des 20. Jhs. Leider fehlen für beinahe die Hälfte der Titel die Angaben zum Erscheinungsjahr im Standortkatalog. Nach einer statistischen Hochrechnung entfallen auf das 16. Jh 10,4 Prozent, das 17. Jh 45,2 Prozent, das 18. Jh 31,4 Prozent, das 19. Jh 10 Prozent und die erste Hälfte des 20. Jhs ca. 2 Prozent.

2.321 Sprachlich überwiegt bis zur Mitte des 18. Jhs die lateinische Sprache, später zumeist die deutsche. Insgesamt beläuft sich der Anteil der lateinischen Werke auf 28 Prozent, der deutschen auf 71,3 Prozent und der Werke in anderen Sprachen (z. B. Französisch, Polnisch und Ungarisch) auf 0,4 Prozent.

2.322 Die Werke der bedeutendsten Kirchenväter haben einen großen Bestandsanteil. Vertreten sind u. a. Ambrosius von Mailand, der Hl. Augustinus, der Hl. Bernardus sowie der Hl. Bonaventura. Die Ausgaben in lateinischer Sprache sind zumeist in Prag oder Olomouc [Olmütz] erschienen, so die Sammlung Predigten und kleine Schriften (Prag 1785) von Johannes Chrysostomus.

2.323 Der tschechische Reformator Jan Hus ist mit De Anatomia Antichristi, liber unus (Erstausgabe, o. O. o. J.) vertreten, ferner mit der deutschen Übersetzung Von schedlichkeit der menschen satzungen oder Tradition (Altenburg [1525]) und der von Luther übersetzten und mit einem Vorwort versehenen Korrespondenz Vier Christliche briefe ... an die Behem ... (o. O. [Wittenberg] 1536) und Etliche Brieve ...aus dem gefengnis zu Costentz An die Behemen geschrieben ... (Wittenberg 1537). Einen zweifellos lutherischen Ursprung hat auch Huss Damnatus (Prag 1741). Ebenfalls in Übersetzungen aus dem Lateinischen sind vorhanden Vermischte Schriften des M. J. Hus von Hussinecz (Leipzig und Prag 1784) sowie Neun Sinodal-Reden (Prag 1784). Als Unikat gelten die Schriften des tschechischen Theologen Matej z Janova (1350-1393), ein Mitbegründer der Reformbewegung in Böhmen, und die Schriften von Pavel z Kravar [Krawarn], die von Luthers Mitarbeiter Otto Brunfels 1524 herausgegeben wurden, der das Werk aber irrtümlich Jan Hus zuschrieb.

2.324 Bemerkenswert ist ein gedruckter Traktat des katholischen Verwalters des Prager Erzbistums Hilarius Litomerický (Hilarius von Leitmeritz, ca. 1412-1468), der ein Gegner des tschechischen utraquistischen Theologen und Kirchenrepräsentanten Jan Rokycana (1397-1471) war, Disputatio cum Ioanne Rokyczana ... (Prag 1775), ebenso die Schrift des deutschen Humanisten Paulus Speratus (1484-1551), der in Jihlava [Iglau] in Böhmen wirkte, Wie man trotzen sol auffs Creutz widder alle wellt zu stehen bei dem Evangelio ... (Wittenberg 1524). Die Inquisitionsliteratur ist durch verschiedene Ausgaben des Werks des bekannten Inquisitors Heinrich Institor (Kraemer, 1430-1505) repräsentiert, der die Unität der Böhmischen Brüder in Mähren verfolgte: Sancte Romane ecclesie fidei defensionis Clypeus (Olomouc 1501, 1502 und 1503). Durch die Bibliotheksgeschichte erklären sich mehrere Exemplare der Exercitia spiritualia von Ignatius von Loyola in lateinischer (5) wie in deutscher Sprache (2), z. B. Heilige Einöde ...Nach Anweisung der geistlichen Übungen ... (Prag 1722, Brünn 1747). Die Schriften des Jesuiten Peter Canisius liegen vor allem in lateinischer Sprache vor, aber auch in deutscher, so Christlicher Catholischer Catechismus. Teutsch und Wendisch ... (Prag 1685), Catholischer Catechismus (Prag 1697 und 1718) und Der kleine Catechismus ... (Königgrätz 1776). Vom barocken Polyhistor Jan Caramuel z Lobkowicz (1606-1682) liegen seine lateinischen kirchengeschichtlichen Schriften vor, die vornehmlich in Lyon und Prag (z. B. Encyclopaedia concionatoria, Prag 1652) oder in Frankfurt (Sac. Rom. Imperii pacis licitae demonstratae ...prodromus, 1648) erschienen sind.

2.325 Bei den Comeniana haben die Werke von Comenius' Lehrern einen bemerkenswerten Anteil, darunter Johann Heinrich Alsteds Lexicon theologicum (o. O. 1612) und Johann Valentin Andreaes Theophilus ... (Stuttgart 1649), die als Unikate gelten. Auch David Pareus' Irenicum sive de unione et synodo evangelicorum ... (Heidelberg 1614) liegt vor. Jan Amos Komenský (Comenius, 1592-1670) selbst ist in dieser Abteilung vornehmlich mit lateinischen Schriften vertreten, die zu seinen Lebzeiten im Exil in Amsterdam erschienen sind, so Lux in tenebris (1657), De regula fidei iudicium duplex (1658), Historia Revelationum (1659), De bono Unitatis ... (1660), De irenico irenicorum (1660), Theologia naturalis (1661), De Iterato Sociniano Irenico Iterata ad Christianos Admonitio (1661), Socinismi speculum (1661) und Revelationum divinarum (1663). Sein Werk Unum necessarium ... (Amsterdam 1668) wurde 1682 posthum auch in Frankfurt/Oder herausgegeben. Ferner sind ins Deutsche übersetzte Werke von Comenius vorhanden, wie Das Einige Nothwendige, Nemlich Wissen, was dem Menschen im Leben, im Tode und nach dem Tode nothwendig sey (Leipzig 1725, Frankfurt und Leipzig 1755) oder Das wiedergefundene Paradies (Hamburg 1774). Insgesamt liegen 24 Ausgaben seiner Werke in 29 Exemplaren vor.

2.326 Die Epoche der Gegenreformation in den böhmischen Ländern (von 1620 bis 1781) repräsentiert vor allem der bekannte jesuitische Prediger und Missionar Antonín Koniáš (1691-1760), z. B. mit der deutschen Übersetzung Catholische Postill oder ausführliche Auslegung über sonn- und feiertägliche Episteln (Prag o. J.) oder Lob-klingende Harffe des Neuen Testaments und Gesangbuch (Königgrätz 1730), ferner der italienische Kapuzinerprediger, Missionar für Böhmen und Rat des Kardinals Ernst (Arnošt) von Harrach, Valeriano Magni (1586-1661), z. B. mit Commentarius de Homine infami ... (Prag 1655). Weitere jesuitische Autoren sind z. B. Johannes Tanner, Kanzler der Prager Universität, mit seinem Werk Prudentia (Prag 1698) sowie Ignaz Frantz, ein Erzieher Josephs II., mit lateinischen Schriften, die zwischen 1750 und 1762 in Prag und Olomouc erschienen sind. Vorhanden sind auch lateinische Werke von Jirí Barthold z Braitenberka (Georg Barthold von Breitenberg, gen. Pontanus, †1616), der Propst am St.-Veits-Dom war. Die meisten Ausgaben stammen aus Köln aus dem Zeitraum 1608 bis 1640, eine Ausgabe stammt aus Mainz (Türckenglöckle, 1596).

2.327 Jeroným (Hieronymus) Hirnhaim (1637-1679), Abt im Strahover Prämonstratenserstift in Prag und Repräsentant des Reformkatholizismus, ist mit zahlreichen Werken vertreten. Zu nennen sind vor allem Meditationes pro singulis anni diebus ex sacra scriptura excerptae (Prag 1678, und in den zensierten Fassungen von 1693 und 1730), in deutscher Sprache Tägliche Betrachtungen (o. O. o. J., Titelblatt fehlt) sowie Richtiger Weeg des Lebens (Prag 1698).

2.328 Der Bestand des 18. Jhs ist geprägt durch die Jesuitengegner. Zu ihnen gehört der Augustiner und theresianische Aufklärer Kosmas Schmalfus, der nach 1760 die Philosophie Christian Wolffs in den böhmischen Ländern verbreitete. Es finden sich in Prag erschienene Werke in deutscher Sprache wie seine Rede am Festtage der Verkündigung der Jungfrau Mariae ... (Prag 1803). Zur antijesuitischen böhmischen Literatur zählen ebenfalls Werke des Professors an der Theologischen Fakultät in Olomouc, Everodomus Thaddeas Ruzicka, so z. B. Dissertatio de Arcadi Disciplina ... (Olomouc 1776) und Dissertatio de Indulgentiis et Jubilaeo contra Heterodoxos (Olomouc 1780), ferner von Heribert Lebeda aus Hradisko bei Olomouc Medium Cognitionis divinae (Hradec Králové 1751), von dem Benediktinerabt in Brevnov und Broumov [Braunau] Karl Rotter, Deus immortalis in carne mortali ... (Prag 1744) und Mensa in domo sapientiae proposita (Prag o. J.).

2.329 Die böhmische Aufklärungsliteratur ist vornehmlich durch die Pastoralblätter des Leitmeritzer Bischofs František Hurdálek Litterae pastorales (Litomerice 1816) und Litterae Vernales (Litomerice 1819) repräsentiert. Einfluß auf die böhmische katholische Aufklärung übte auch der italienische Priester und Gelehrte Lodovico Antonio Muratori mit seiner Schrift Die wahre Andacht des Christen (Wien 1762) aus. Zu den klassischen katholischen Aufklärungsautoren, die in der zweiten Hälfte des 18. Jhs und in der ersten Hälfte des 19. Jhs in Prag lebten, zählt u. a. Karl Heinrich Seibt, Professor der Schönen Künste, Religionslehrer und Anhänger der französischen Aufklärung, mit seinem Schlüsselwerk Katholisches Lehr- und Gebetbuch in verschiedenen Ausgaben (Prag 1779, 1781, 1794 und 1807). Von seinem Schüler Johann Augustin Zippe, Priester und erster Rektor des Generalseminars im Prager Klementinum, finden sich Lobrede auf den heiligen Bischof und Beichtiger Nikolaus ... (Prag 1774), Sechs Predigten (Prag 1782) sowie das pädagogisch-philosophische Programm des neugegründeten Generalseminars Von der moralischen Bildung ... (Prag 1784).

2.330 Der Lehrer Bernard Bolzanos, der Prämonstratenser Johann Marian Mika (1754-1816), ist mit dem Werk Warnung vor Fehlern ... (Prag 1794) vertreten. Als Unikat gilt die Erstausgabe der berühmten Erbauungsreden für Akademiker (Prag 1813) von Bolzano, die den Anlaß boten, ihn 1819 von seinem Lehrstuhl an der Universität zu entlassen. In diese Zeit gehört auch das Werk Die heiligen Apostel ... (Prag 1813) des Professors Alois Klar sowie die Schriften des praktischen Theologen und Prämonstratensers Aegidius Chládek Bemerkungen über wichtigere Gegenstände der Pastoral-Theologie (Prag 1801-1806). Der sächsische Bischof Philipp Dittrich, ein Schüler Bolzanos, ist mit dem Werk Geistlichen Reden zur Belehrung des Volkes ... (Prag 1825-1828) vertreten. Als Gegner des Bolzano-Kreises publizierte der Leitmeritzer Bischof Augustin Bartholomaeus Hille Sieben Fasten sammt einigen anderen Predigten (Prag 1823), Die katholische Lehre vom Ablasse (Leitmeritz 1826) und Beiträge zur Vertheidigung der Lehre der katholischen Kirche (Leitmeritz 1827). In der Abteilung finden sich zudem zahlreiche Schriften weiterer Prager Aufklärer, wie Lorenz Chrysostomus Pfrogners Uiber den natürlichen Zusammenhang des Guten und Bösen (Prag 1808) und Über die unendliche Würde Jesu (Prag 1812). Zur jüngeren Generation zählt Johann Alois Schneider, ein Schüler Bolzanos, mit seinen Predigten (Prag 1823-1824).

2.331 Die christliche Pädagogik ist durch die Schriften des böhmischen Dominikaners Alex Vincenc Parízek vertreten. Vorhanden sind hier Erklärung der sonntägigen Evangelien in Schulen (Prag 1781-1788), Exhorten für Kinder (Prag 1803-1804) sowie Erklärung der sonntägigen Episteln in Schulen (Prag 1806-1807). Bemerkenswert ist auch die Ausgabe der Homilie (Prag 1838) von dem Rektor des Erzbischöflichen Seminars in Prag Anton Franz S. Edmund Rost. Die religiöse Bildungsliteratur ist durch die lateinischen Erbauungsschriften Johann Libigs aus der ersten Hälfte des 18. Jhs vertreten (vornehmlich in Olomouc gedruckt). Diesem Bereich der Theologie ist auch die Sammlung Lieder zur öffentlichen und häuslichen Andacht, mit Melodien ... (Prag 1786) zuzurechnen.

2.332 Als eine wichtige Literaturquelle schätzt man das Amtsblatt des Prager Ordinariats (1863-1935), ferner das Amtsblatt der Leitmeritzer Diözese (1857-1920) und der Königgrätzer Diözese (1876-1935), die als Acta curiae in lateinischer Sprache erschienen. Nennenswert sind außerdem einige Ordenssatzungen wie z. B. Statuta oder Satzungen der Löblichen Bruderschaft S. Sebastiani (Prag 1666) und Statuta oder Satzungen der ...Kloster-Jungfrauen deß Ordens Beatae-Virginis Annuntiatae (Prag 1707). In der Abteilung finden sich zudem alte liturgische Texte, beispielsweise Missale secundum ordinem ecclesie Olomucensis (Wien 1505), Missale secundum ritum sancte ecclesie Pragensis (Leipzig 1522) und Missale Romano-Bohemicum conformatum (Prag 1690 und 1735). Von den Brevieren sei das Breviarium monasticum novissimum pro omnibus sub reg. S. Benedicti (Prag 1685) genannt.

Zdenek Kucera

Abteilung 47 - Iuris-Prudentia nationalis

2.333 Der Buchbestand der juristischen fremdsprachigen Literatur, die in den böhmischen Ländern entstand oder sich auf Böhmen bezieht, umfaßt insgesamt 644 Titel in 1069 Bdn (Formate A-H). Aus dem 16. Jh stammt ca. ein Prozent der Titel, aus dem 17. Jh stammen ca. 19 Prozent, aus dem 18. Jh 67 Prozent und aus dem 19. Jh 13 Prozent. Die Mehrzahl ist in der für das Fach traditionellen lateinischen Sprache verfaßt (ca. 70 Prozent). Seit dem 18. Jh kamen auch deutschsprachige Werke hinzu (30 Prozent), vornehmlich bei Handbüchern für die juristische Praxis und Gesetzestexten, aber auch bei einigen Werken von Autoren tschechischer Nationalität.

2.334 Die vorhandene Literatur ist eng mit der erneuerten Juristischen Fakultät an der Prager Universität verbunden, die seit Mitte des 17. Jhs ihre Lehrtätigkeit wieder systematisch aufnahm. In der Nationalbibliothek sind ihre Schriften fast vollständig erhalten geblieben und stellen so eine bedeutende Gesamtdokumentation zur Geschichte des Rechts seit dieser Zeit dar. Neben den Werken von Lehrenden und Studenten gehören zu diesem Bestand auch grundlegende Schriften und Lehrwerke für den Unterricht sowie zahlreiche Dissertationen (überwiegend aus Prag). Unter den Autoren finden sich bedeutende Mitglieder der Gerichte sowie bekannte Juristen, die an der Prager Juristischen Fakultät studiert hatten.

2.335 Aus dem 17. und der ersten Hälfte des 18. Jhs liegen zahlreiche Werke zum Römischen Recht vor; nur wenige behandeln das kanonische Recht. In der wissenschaftlichen Literatur sind Disputationen über das Verhältnis des Rechts des Königreichs Böhmen zum allgemeinen Recht dokumentiert, so z. B. in der Polemik aus den sechziger Jahren des 17. Jhs zwischen Professor Christoph Kyblin a Waffenburg und dem Rat des Apellationsgerichts Jan Jindrich Proškovský z Krohensteinu (Johannes Heinrich Prosskowsky a Krohenstein).

2.336 Gut vertreten sind Kommentare zu den einzelnen Teilen des Corpus iuris civilis sowie Betrachtungen über die allgemeine Gültigkeit des Römischen Rechts und die Frage seiner untergeordneten Gültigkeit im Königreich Böhmen. Die berühmtesten Autoren, deren Schriften hier zusammengetragen wurden, sind z. B. Johann Christoph Schambogen, Johann Adam Besnecker, Johannes Heinrich Turba, Heinrich Peter Broichhausen, Stephan Franz Rautenstrauch und Jan Nepomuk Václav Dworzak de Boor. Zum kanonischen Recht sind vorhanden die Prager Ausgabe des Corpus iuris canonici, das elementare Handbuch von Johann Christoph Schambogen Commentarium seu Lectiones publicae ([Prag 1699]) und zahlreiche Werke von Wenceslaus Xaver Neumann von Puchholz, die sich mit dem Verhältnis zwischen Kirche und Staat befassen.

2.337 Ein besonderes Sammelgebiet war das Stadtrecht, zu dem Gesamtausgaben der Stadtrechte wie z. B. von Brikcí z Licka, von Pavel Kristián z Koldína Das Behmische Rechtt wie dasselbe in des Königreichs Beheim Neuen Stadt Prag ... (Leipzig 1607) und von Vít Ophtalmius Processus iuris municipalis (Prag 1585, Jena 1608) vorliegen sowie Auszüge von verschiedenen Stadtrechten, z. B. Das Böhmische Stadt Recht wie dasselbe in drey Prager auch anderen Städten des Königreichs Böhaimb ... gehalten wird (Leipzig 1614), Jakub Ferdinand Antonín Vrbas Kurtzer Extract der Stadtrecht in Königreich Böheimb (Prag 1693, Brünn 1707) und Adam Cramers Kurtzer aber doch ausführlicher Extract aus böhmischen Stadtrechten (Altenburg 1609, Leipzig 1671 und 1709). Werke zum Landesrecht (z. B. Verneuerte Landes-Ordnung dess Königreichs Böheimb, Prag 1714), verschiedene Ausgaben der Landesverfassung, Polizeivorschriften, Gesetzessammlungen für die böhmischen Länder und für die österreichische Monarchie ergänzen den Bestand (z. B. Johann Wenzel Roths Gesetze für das Königreich Böheim, Prag 1783-1789 und Jan Raus Vollständig ... erläuterte Jurisdikzionsnorma, Prag 1795). In verschiedenen Ausgaben sind die Bulla Aurea und die sogenannte Maiestas Carolina (Hanau 1617) von Pavel Ješín z Bezdezce vorhanden. Unter den Autoren dominieren aus Böhmen stammende Juristen tschechischer oder deutscher Nationalität.

Jirí Kejr

Abteilung 48 - Medicina nationalis

2.338 Die Abteilung konzentriert sich auf medizinische, in Böhmen und Mähren vom 16. Jh bis Ende des 19. Jhs gedruckte Werke, die in Fremdsprachen erschienen sind. Im Ausland gedruckte medizinische Titel befinden sich vor allem in der Abteilung 18 - Ars medica, tschechische Werke in der Abteilung 54 - Bibliotheca bohemica. Der Bestand umfaßt 461 Titel in 488 Bdn (Formate A-H), von denen ca. 2 Prozent aus dem 16. Jh stammen, ca. 12 Prozent aus dem 17. Jh, ca. 61 Prozent aus dem 18. Jh und ca. 25 Prozent aus dem 19. Jh. Seit 1850 wurden nur noch wenige Titel eingeordnet, vorwiegend aber Dissertationen aus den Jahren 1753 bis 1850. Im 20. Jh kamen noch 81 Titel hinzu, davon einer aus dem 16. Jh, 2 aus dem 17. Jh, 11 aus dem 18. Jh und 67 aus dem 19. Jh.

2.339 Der Bestand gliedert sich in ca. 61 Prozent in lateinischer Sprache, ca. 38 Prozent in deutscher und ca. ein Prozent in anderen Sprachen (vorwiegend Französisch). Das Verhältnis der lateinischen zu den deutschen Titeln änderte sich vom 16. Jh von 80 Prozent Latein zu 20 Prozent Deutsch über das 17. Jh (ca. 65 zu 35 Prozent), das 18. Jh (ca. 69 zu 31 Prozent) bis zum 19. Jh in ca. 40 Prozent Latein und ca. 58 Prozent Deutsch. Viele Autoren waren Professoren der Prager Universität, seit dem 18. Jh z. T. auch der Universität in Olomouc [Olmütz], aber auch Physiker aus der Prager Region. Einige Schriften sind anonym erschienen, darunter amtliche Empfehlungen und Anordnungen. Dissertationen und gedruckte Inaugurationsreden des 18. und 19. Jhs, die mit einer Ausnahme lateinisch verfaßt wurden, ergänzen den Bestand (ca. 15 Prozent).

2.340 Fachlich beziehen sich 30 Titel (6,5 Prozent) auf theoretische Fächer wie Anatomie, Physiologie, Biologie und Chemie; 160 (34,7 Prozent) auf Innere Medizin einschließlich Neurologie und Psychiatrie; 16 (3,5 Prozent) auf Infektionskrankheiten; 29 (6,1 Prozent) auf die Chirurgie; 24 (5,2 Prozent) auf Augen-, Ohren- und Hautkrankheiten sowie auf die Frauenheilkunde; 17 (3,7 Prozent) auf Hygiene, öffentliches Gesundheitswesen und Gerichtsmedizin; 28 (6,1 Prozent) auf Pharmakologie und Botanik;

2.341 Zu den ältesten medizinischen Werken zählen Johann Worzehowskys Ain kurtzer Begreiff (oder Regimen) so wider diese sterbliche Kranckhait der Pestilencz (Prag 1553) in deutscher Übersetzung aus dem Tschechischen, Simon Simonius' Disputatio de putredine (Kraków 1584), Responsum ad refutationem scripti de sanitate, victu medico, aegritudine, obitu, D. Stephani Polonorum regis (Kraków 1588) sowie von Adam Zaluzanský ze Zaluzan Methodi rei herbariae libri III (Prag 1592) und Apothecarum regulae et taxae medicinalium (Prag 1592). Die Werke des berühmten Anatomen und Rektors der Prager Universität Jan Jesenský (Jessenius) liegen in lateinischer Sprache vor, so Anatomiae Pragae historia (Wittenberg 1601, Prag 1608), De cavenda tollendaque peste consilium (Prag 1606) und De sanguine, vena secta, dimissio indicium (Nürnberg 1608).

2.342 Aus dem 17. Jh stammen die Werke des sogenannten tschechischen Galileo Jan Marek Marci z Kronlandu (Joannes Marcus Marci a Kronland, 1595-1667), Idearum operatricum idea (Prag 1635) und weitere astronomische, mathematische und philosophische Schriften, die auch in anderen Abteilungen genannt sind. Schüler und Nachfolger von Jan Marek Marci war Jakub Jan Václav Dobrenský (Jacob Johannes Wenceslaus Dobrzensky, 1623-1699), ein Pionier der pathologischen Anatomie. Von ihm liegt u. a. vor Praeservativum universale naturale (Prag 1679). Aus dieser Periode stammen auch die Autoren Nicolaus Franchimont mit dem Werk Lithotomia medica (Prag 1682 und 1683); Šebastián Kristián Zeidler mit Institutiones medicae (Prag 1662), Somatotomia anthropologica (Prag 1686) sowie Johann Sophron Kozák mit Tractatus medicisus de sale ejusdemque in corpore humano resolutionibus, salutaribus et noxiis (Frankfurt 1663) und Tractatus de hemorrhagia ... (Ulm 1666).

2.343 Am Ende des 17. Jhs und zu Beginn des 18. Jhs wirkten etliche Professoren der Medizin an der Prager Universität. Dazu gehörten u. a. Jan Kašpar Voigt mit De diaeta (Prag 1699); Johann Franz Löw von Erlsfeld (1648-1725), Dekan der Medizinischen Fakultät, Universitätsrektor und Bahnbrecher der Gerichtsmedizin, mit Duumviratus medicus (Prag 1686), Modus prescribendi remediorum (Nürnberg 1693), Theatrum medico-juridicum (Nürnberg 1725) und Universa medicina practica (Nürnberg 1729); Leonhard Ferdinand Meisner mit Anacrisis medico-historico - diaetetica ... (Prag 1720) und Soporologia (Prag 1719) sowie František Gabriel Crusius mit Theses de phthisi (Prag 1714), De hominis ortu (Prag 1719) und weiteren Werken. Zu den bedeutendsten Repräsentanten der Prager Medizinischen Fakultät im 18. Jh gehört Jan Antonín Scrinci (1697-1773) mit seinem Werk De febribus malignae naturae (Prag 1743). Für die Prinzipien des Medizinunterrichts von van Swieten setzte sich Mac Neven O'Kelly (1717-1787) u. a. in seinen Arbeiten De causis morborum (Prag 1745) und Problema semioticum ... (Prag 1760) ein. Von Josef Tadeáš Klinkoš (Klinkosch, 1734-1788) ist z. B. erhalten Programma (Prag 1767), von Jan Krtitel Bohác (Bohadsch, 1724-1768) Dissertatio de utilitate electrisationis in arte medica (Prag 1751).

2.344 Einer der bedeutendsten Vertreter vom Ende des 18. und Beginn des 19. Jhs ist Jirí (Georg) Prochaska (1749-1820), von dem die Werke Adnotationum academicarum fasciculus continens observationes et descriptiones anatomices (Prag 1780-1784), Lehrsätze aus der Physiologie des Menschen (Wien 1797), Vires cordis - Gedanken über anziehende Kräfte (Prag 1778) und De structura nervorum tractatus anatomicus (Wien 1778) stammen. Joseph von Plenciz (1751-1785) hinterließ eine Reihe von Schriften, beispielsweise Dissertatio de calore animale (Prag 1773) oder Medizinische Beobachtungen (Prag 1794). Von Joseph Anton Oech (1770-1813), Professor der Anatomie und Chirurgie, stammen die Anweisungen zur zweckmässigen und zierlichen Leichenöffnung und Untersuchung (Prag 1802) sowie Der Bau des menschlichen Körpers ... (Prag 1805). Heinrich Johann von Krantz gab die Einleitung in eine wahre und gegründete Hebammenkunst (Prag 1770) heraus, Antonín Jan Jungmann (1775-1854) die Werke Geburtshülfe (Prag 1812) und Lehrbuch der Geburtshülfe (Prag 1824) sowie Vincenz Adalbert Zarda die Handbücher Von dem Nutzen über die Rettungsmittel in plötzlichen Gefahren Unterricht zu geben (Prag 1792) und das Alphabetische Taschenbuch der hauptsächlichsten Rettungsmittel für totscheinende Menschen (Prag 1796).

2.345 Von den Amtsschriften und Handbüchern, die z. T. anonym erschienen sind, sind die ältesten Kurtzer Unterricht in Sterbensläufen ... mit angehengter praeservativ und nützlicher Vorsehung für die Pestilenz (Prag 1598) sowie Jan Jessenius' De cavenda peste tollendaque consilium (Prag 1606). Ezechiel Bautscher gab heraus Kurtzer Rath wider die Pest (Olmütz 1680). Mit Fragen der öffentlichen Heilkunde befassen sich Duumviratus medicus duodema thesium coronatus (Prag 1684) und Medicus oficiosus (Prag 1724) von Leonhard Ferdinand Meisner, mit Seuchen der Bericht Ansteckende Seuche des Jahres 1713 in Nieder-Österreich (Brünn 1713), Franz Leopold Liebmans Pragerische Infektionsordnung (Prag 1713), das in deutscher und tschechischer Sprache herausgegebene Werk Unterricht über Pflege und Behandlung der an der Cholera Erkrankten vor Ankunft eines Arztes (Prag 1770) und Thaddeus Edler Bayers Grundriss der allgemeinen Hygiene (Prag 1798). Dem Charakter nach Handbücher für den Amtsgebrauch sind Dispensatorium medico-pharmaceuticum (Prag 1749, 1750 und 1795), Johann Dionys Johns Lexikon der k.k. Medicinalgesetze (Prag 1790-1798) und Gerichtliche Arzneiwissenschaft in den k.k. Erbländern (Prag 1796-1798).

2.346 Von den 121 Titeln zur Balneologie ist das älteste Werk De inventione, descriptione, temperie, viribus et imprimis usu thermarum d. Caroli IIII imperatoris ... (Leipzig 1571) von Fabian Sommer aus Karlovy Vary [Karlsbad]; des weiteren liegen vor von Sommer Ein kurzes Büchlein von Kaysers Karls Warmbad Karlsbad (Leipzig 1609), Wenzel Payers von Elbogen De termis Carolinis tractatus (Leipzig 1614), Johann Stephan Strobelbergers Plitiae thermo-Carolinae prodromus (Regensburg 1622) und Kurtze Instruktion und Bad-Regiment (Nürnberg 1648). Die Zahl der deutschsprachigen Titel stieg im 18. Jh bemerkenswert an. Häufig vertretene Autoren sind Johann Franz Löw von Erlsfeld, Leonhard Ferdinand Meisner, František Josef du Toy und Franz Ambros Reuss, Kurarzt in Bílina [Bilin]. Von Reuss seien genannt Versuch einer Einleitung in die allgemeine Pathologie der Nerven (Prag 1788), Abhandlungen über Mineralwasserquellen (Wien 1810), Chemisch-medizinische Beschreibung des Kaiser Franzenbades (Prag 1794) sowie eine Reihe kürzerer Abhandlungen über westböhmische Bäder. Ebenfalls über westböhmische Bäder schrieb der schwedische Chemiker Jöns Jakob Berzelius in seinem Werk Untersuchungen der Mineralwasser von Karlsbad, Teplitz und Königswart (Leipzig 1823). Weitere Abhandlungen betreffen u. a. Saidschitzer Bitter-Wasser (Prag 1791), Bilin (Wien 1808), Liebwerda (Prag 1811) und Marienbad (Prag 1818). Von Johann Adam von Görlitz erschien Von den böhmischen Bitterwassern (Regensburg 1727) und Vermehrte Nachrichten von den Böhmischen Bitterwassern (Regensburg 1727).

2.347 Von den 28 Titeln zur Botanik und Pharmazie sind die ältesten die Herbarien von Pietro Andrea Mattioli aus den Jahren 1554 bis 1598 sowie Schriften von Adam Zaluzanský ze Zaluzan und Johann Franz Löw von Erlsfeld. Zur Veterinärmedizin sind 7 Titel vorhanden. Der älteste ist die deutsche Übersetzung von Jean de la Ruelle Rossarztney (Nürnberg 1575). Zur Hippologie liegen auch Philipp Etienne de la Fosse's Lehrbuch der Pferdearzney (Prag 1787-1788) und Brugnones Werk von der Zucht der Pferde, Esel und Maulthiere und von den gewöhnlichsten Gestüttkrankheiten (Prag 1790) in Übersetzungen aus dem Französischen und Italienischen vor. Es thält im Anhang neue österreichische Verordnungen über die Pferdezucht. Viehkrankheiten betreffen beispielsweise Johann Mehlers Zwo Abhandlungen von Viehseuchen (Prag 1798) und Johann Rudolf von Choteks Gesetzliche Anordnungen in Bezug auf die Viehseuchen, besonders die wahre Viehpest für das Königreich Böhmen (Prag 1804).

František Mack

Abteilung 49 - Philosophia nationalis

2.348 Die Abteilung enthält Titel zu Philosophie, Mathematik, Astronomie und Naturwissenschaften sowie einige ökonomische Werke in Fremdsprachen aus Druckereien in den böhmischen Ländern oder im Ausland mit inhaltlichem Bezug zu Böhmen. Sie umfaßt annähernd 1000 Titel in 1500 Bdn (Formate A-G). Die ältesten 60 Titel stammen aus dem 16. Jh (6 Prozent), gefolgt von 190 Titeln aus dem 17. Jh (19 Prozent), 370 Titeln aus dem 18. Jh (37 Prozent) und 380 Titeln aus dem 19. Jh (38 Prozent). Deutschsprachige Werke haben mit 52 Prozent den größten Bestandsanteil (520 Titel), gefolgt von lateinischen mit 47 Prozent (470). Andere Sprachen sind nur vereinzelt vertreten: Englisch mit 37 Titeln, Französisch mit 25 und Italienisch mit 2.

2.349 Inhaltlich sind die mathematischen und astronomischen Werke in dieser Abteilung den philosophischen zugegliedert (zusammen etwa 78 Prozent). Zu den ältesten Titeln gehören Schriften von Cyprián Lvovický ze Lvovic (Cyprianus Leovitius, 1514-1574), Professor für Astronomie an der Hochschule in Lauingen an der Donau und auch für das Haus Fugger in Augsburg tätig. Von ihm liegen beispielsweise vor Tabulae positionum pro variis ac diversis poli elevationibus ad directiones necessario pertinentes ... (Augsburg 1551) und Eclipsium omnium ab anno domini 1554 usque in annum d. 1606 accurata descriptio (Augsburg 1556), das später auch Tycho Brahe schätzte. Von Brahes Schriften bemerkenswert sind z. B. De nova Stella (Kopenhagen 1573) und Astronomiae instauratae progymnasmata (Uranienborg und Prag 1602). Außerdem liegen zahlreiche Werke Keplers vor, die er teils erst in Prag beendete, wie z. B. De stella nova in pede Serpentarii ... (Prag und Frankfurt 1606), Astronomia nova (Prag 1609), Tertius interveniens (Frankfurt 1610) und Tabulae Rudolphinae (Ulm 1627). Ferner sind bedeutsam Schriften von Jan Marek Marci z Kronlandu (Joannes Marcus Marci a Kronland), wie z. B. Thaumantias, liber de Arcu coelesti (Prag 1648), Labyrintus in quo via ad circuli quadratura pluribus modis exhiber (Prag [1648]) oder Otho-Sophia (Prag 1683). Von Valentinus Stanselius-Estancel liegt z. B. Uranophilus coelestis peregrinus (Gent 1685) und von Jan Caramuel z Lobkowicz (Joannes Caramuel, 1606-1682) liegen Mathesis biceps vetus et nova (Lyon 1670) und Apparatus philosophicus (Köln 1665) vor. Von Jan Amos Komenský (Comenius) sind 12 Titel (26 Bde) in 23 Ausgaben bis 1800 vorhanden, darunter Unum necessarium (Jena 1713 und Leipzig 1724) und Physicae ad lumen divinum reformatae Synopsis... (Leipzig 1633, Amsterdam 1645 und 1663, London 1651).

2.350 Bei den Alten Drucken sind ebenfalls bemerkenswert die Arbeiten von Caspar Knittel, wie z. B. Cosmographia elementaris (Prag 1672 und 1673, Nürnberg 1674) und Aristoteles curiosus et utilis (Prag 1682), die Werke von Sigismund Ferdinand Hartmann, wie Catoptrica illustrata (Prag 1668) und Cometa anni 1680-1681 (Prag 1681), sowie von Václav Josef Pelikán Arithmeticus perfectus (Prag 1712), der sich wie Leibniz vornehmlich mit dem Kalkulus im Binärsystem befaßte. Als bedeutend gilt weiterhin die Literatur der Jesuiten-Missionare, darunter P. Franciscus Noëls astronomische Beobachtungen in China.

2.351 Von Astronomie- und Mathematik-Professoren, großenteils Lehrenden der Prager oder Wiener Universität, findet sich eine große Zahl an Werken, so z. B. Fundamenta mathematica (Prag 1747) und Geometria analytica (Prag 1749) von Johann Jüngling, Lectiones mathematicae (Prag 1765) und Dissertatio de ortu ac phaenomenis candae cometicae... (o. O. [Prag] 1760) von Joseph Bergmann und Tabulae mathematicae matheseos purae (Prag 1757) von Stephan Schmidt. Direktoren der Prager Sternwarte sind unter den Autoren ebenfalls vertreten: von Joseph Stepling (1716-1778) besitzt die Abteilung z. B. Miscellanea philosophica (Prag 1759) und Miscellaneorum philosophiae continuatio (Prag 1763); von Franz Zeno (1734-1781) Elementa algebrae, geometriae ac trigonometriae (Prag 1769) und Moralischer Grundriß der menschlichen Leidenschaften (Prag 1777); von Adam Bittner (1777-1844) Handbuch der Mathematik (Prag 1809, 1814, 1821 u. ö.) und von Jacob Philipp Kulik (1793-1863) das Lehrbuch der höheren Analysis (Prag 1831). Auch der Wiener Professor Franz Xaver Moth (1802-1879) hinterließ aus seiner Zeit in Prag Arbeiten und Lehrbücher, z. B. Die Lagrange'schen Relationen und ihre Anwendung (Prag 1829) und System der analytischen Geometrie (Prag 1828). Von dem Wiener Astronomen Joseph Johann Littrow besitzt die Abteilung u. a. Populäre Astronomie (Wien 1825), Annalen der k.k. Sternwarte in Wien (Wien 1851-1880), Analytische Geometrie (Wien 1823) und ein Lehrbuch Elemente der Algebra und Geometrie (Wien 1827).

2.352 Naturwissenschaftliche Werke liegen vor allem zur Mineralogie, Paläontologie, Geologie Böhmens, Meteorologie, Physik und Botanik vor. Frühe Arbeiten zur Elektrizität und zum Galvanismus repräsentieren die Werke von Allessandro Volta, Über die thierische Elektrizität (Prag 1733) und Lazzaro Spallanzani, Briefe an Thouvend über die organische und unterirdische Elektrizität (Prag 1794). Wichtige meteorologische Beobachtungen liegen vor von Antonín Strnad (1746?-1799), Direktor der Prager Sternwarte, so sein Physikalischer Witterungskalender (Prag 1788) und sein Physikalisches Taschenbuch auf das Jahr 1789 (Prag 1789). Hinzu kommen die Messungen geographischer Koordinaten von Alois Martin David (1757-1834) in Längenunterschied zwischen Prag und Dresden (Prag 1804) und Längenunterschied zwischen Prag und Breslau (Prag 1806).

2.353 Neben Newtons Philosophiae naturalis principia mathematica in der Erstausgabe (London 1687) liegt die Prager Ausgabe der ersten zwei Bücher der Prinzipien (Prag 1780 und 1785) vor, kommentiert von Jan Tesánek (Joannes Tessanek, 1728-1788), dem sogenannten Böhmischen Newton und Professor für höhere Mathematik. Ebenfalls als Professoren für naturwissenschaftliche Fächer an der Prager Universität waren Autoren wie Stanislav Vydra, Sätze aus der Mechanik (Prag 1795) und Elementa calculi differentialis et integralis (Prag 1783); Franz Josef von Gerstner, Abhandlung über die Theorie der Wellen (Prag 1802); Bernard Bolzano, Betrachtungen über einige Gegenstände der Elementar-Geometrie (Prag 1804) und Franz Ignaz Cassian Hallaschka (1780-1847), Elementa eclipsium (Prag 1816 und 1820).

2.354 Am Rande dieser Abteilung stehen ökonomisch und landwirtschaftlich orientierte Schriften zu Forstwirtschaft, Gärtnerei, Obstanbau, Bienenzucht, Zuckerfabrikation und angrenzenden Gebieten. Auffallend ist die Zahl der historischen Titel zur Teichbewirtschaftung, die besonders in Böhmen große wirtschaftliche Bedeutung besaß. In dieser böhmischen Tradition stehen die Schriften von Jan Dubravius (Joannes Dubravius, 1486-1553), dem späteren Olmützer Bischof. Sein grundlegendes Werk zu Teichbau und Fischwirtschaft De piscinis libri V besitzt die Abteilung in mehreren Ausgaben (o. O. 1559, Nürnberg 1596 und 1623, Helmstedt 1671).

2.355 Es finden sich diverse deutschsprachige Zeitschriften (vor allem aus Böhmen und Mähren), darunter beispielsweise die Prager patriotische Zeitschrift (Prag 1803-1804), Mittheilungen für Gewerbe und Handel (Prag 1834-1840) und Hesperus oder Belehrung für die Bewohner des österreichischen Staats (Brünn 1809-1832). Weitere Zeitschriftentitel betreffen die Mathematik und Astronomie.

Alena Šolcová

Abteilung 50 - Historia profana nationalis

2.356 Die Abteilung für die Nationalgeschichte umfaßt 708 Titel in 1054 Bdn (Formate A-G) aus dem Zeitraum 1524 bis 1883. Auf das 16. Jh entfallen 41 Titel (5,8 Prozent), auf das 17. Jh 153 (21,6 Prozent), auf das 18. Jh 280 (39,5 Prozent) und auf das 19. Jh 234 (33,1 Prozent). Der zeitliche Schwerpunkt der Sammlung liegt in der zweiten Hälfte des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jhs; recht umfangreich ist auch die Barockproduktion vertreten. Es handelt sich ausschließlich um Werke der profanen Geschichte; kirchengeschichtliche Schriften sind ausgeschlossen. Es sind Geschichtswerke aller Gattungen, vor allem Chroniken und Quelleneditionen, sowie zeitgenössische Publizistik vorhanden. Ebenfalls zahlreich sind Werke zur Geographie, zur historischen und statistischen Topographie und Reiseführer, seltener sind Reisebeschreibungen.

2.357 Die Abteilung enthält vorwiegend historische und historisch-topographische Literatur zu Böhmen in Fremdsprachen. In deutscher Sprache liegen 489 Titel vor (69,1 Prozent), davon 8 aus dem 16. Jh, 53 aus dem 17. Jh, 202 aus dem 18. Jh und 226 aus dem 19. Jh. 201 Titel sind in Latein (28,4 Prozent), davon aus dem 16. Jh 31, aus dem 17. Jh 93, aus dem 18. Jh 73 und aus dem 19. Jh 4 Titel. Andere Sprachen sind mit 18 Titeln (2,5 Prozent) vertreten, darunter 11 französische, 4 italienische, 2 polnische und ein griechischer.

2.358 Werke zur mittelalterlichen Geschichte Böhmens sind in Ausgaben ab dem 16. Jh vertreten, z. B. in der Reihe Rerum Bohemicarum antiqui scriptores Cosmas' Chronica Bohemorum (Hanau 1607) und ihrer Fortsetzung Continuatio Chronicae Bohemicae in der Ausgabe von Joachim Krakowský von Kolowrat (Wien 1752). In verschiedenen gedruckten Ausgaben des 16. und 17. Jhs liegt die Historia Bohemica (Köln 1524, Basel 1575, Amberg 1592 und Helmstedt 1699) von Aeneas Sylvius Piccolomini vor, das damals im Ausland wohl bedeutendste Werk zur böhmischen Geschichte. Weitere Quellen zur ältesten böhmischen Geschichte erschienen im 18. Jh in Editionen der Aufklärungszeit, so z. B. in der Reihe Scriptores rerum Bohemicarum (Prag 1783-1829) von František Martin Pelcl, Josef Dobrovský und František Palacký (Prag 1783-1829) und in der diplomatischen Reihe Monumenta historica Bohemica nusquam antehac edita von Gelasius Dobner.

2.359 Schriften tschechischer Historiographen des 16. und beginnenden 17. Jhs sind u. a. vertreten durch die Kronika ceská von Václav Hájek z Libocan in der deutschen Übersetzung des Kaadener Stadtschreibers Johann Sandel (Prag 1597, Nürnberg 1697, Leipzig 1718), vom Olmützer Bischof Johannes Dubravius Historia Regni Boiemiae (Olmütz 1552 und Basel 1575) sowie von Václav Šašek z Bírkova Commentarius brevis et iucundus itineris ...susceptae a Domino Leone de Rosmital et Blatna ... (Olmütz 1577); auch die spätere Übersetzung von Joseph Edmund Horky, Löw von Rozmital und Blatna Denkwürdigkeiten und Reisen (Brünn 1824) liegt vor. Von den Geschichtsschreibern aus der Zeit vor der Schlacht auf dem Weißen Berg seien genannt Prokop Lupác z Hlavacovas Rerum Boemicarum ephemeris historica (Nürnberg 1578, Prag 1584), eine lateinische Bearbeitung des historischen Kalenders von Professor Paul Eber aus Wittenberg sowie ein Traktat von Jan Matyáš ze Sudétu, De origine Bohemorum et slavorum (Leipzig 1615) und einige Exemplare von Zacharias Theobald aus Horní Slavkov [Schlaggenwald], Hussitenkrieg oder Geschichte des Lebens und der Lehre Joh. Hussens ... (Wittenberg 1609, Nürnberg 1621, Breslau 1750).

2.360 Eine interessante Untergruppe bilden Schriften der politischen Publizistik wie Apologien, Polemiken und Pamphlete. Aus der ersten Hälfte des 17. Jhs stammen z. B. die Konfirmation des Majestätsbriefs Rudolfs II. für Schlesien (o. O. 1609) und aus der Zeit des Ständeaufstandes u. a. Abraham Scultetus' Konfederationspredigt (Amberg 1620) des Hofpredigers am Hofe Friedrichs von der Pfalz. Vergleichsweise umfangreich ist die Sammlung zeitgenössischer Nachrichten und Kommentare über die Ereignisse in Böhmen von 1618 bis 1621: hier liegt eine Reihe deutscher, lateinischer sowie französischer (oft anonymer) Schriften vor, so Michael Caspar Lundorpius (Londorp), De belli bohemo-germanici initio (Frankfurt 1621); Candidus Eblanus, De praelio Pragense (o. O. o. J. [1621]); eine anonyme Anhaltische gehaimbe Cantzley (o. O. 1621) und Aubert Miraeus, De bello Bohemico Ferdinandi II. (Köln 1622). Über die Prager Hinrichtung liegen anonyme Arbeiten vor, u. a. Historischer Verlauf [der Prager Execution] (o. O. o. J. [1621]) und Rosacius Horovskýs Historische Erzehlung der gefänglichen Hafft ...12 böhmischer Herren (o. O. o. J. [1621]), der als utraquistischer Priester die Verurteilten begleitete. Eine politisch-propagandistische Darstellung aus dem Exil ist Ondrej Habrvešl von Habernfelds Bellum Bohemicum (Leyden 1645). Die Prager Verteidigung von 1648 betrifft Praga studiis asperrima belli (Prag 1649).

2.361 Umfangreich ist die Sammlung der Wallensteiniana. Von den zeitgenössischen biographischen Werken seien genannt Alberti Fridlandi Perduellionis Chaos (o. O. 1634) von Johann Weingarten und von Gualdo Priorato Galeazzo Historia della vita d'Alberto Valstain, Duca di Fritland (Lyon 1643), auch in lateinischer Ausgabe in der Übersetzung Josuae Arnds als Vita Alberti Wallensteinii (Rostock 1668) und in deutscher Ausgabe als Lebensgeschichte Albrechts von Waldstein in der Übersetzung von Wilhelm Friedrich Link (Nürnberg 1769). Von den barocken Waldstein-Historien sei Michael Adam Francks Epitome brevissima universae historiae familiae Waldsteinianae (Prag 1717) genannt. Aus dem 18. Jh liegen vor Friedrich Erdmann von Bucquoys Leben und Thaten des General Wallenstein (Breslau 1783) sowie Johann Christian Herchenhahns Geschichte Albrechts von Wallenstein (Altenburg 1790-1791). Das Interesse für Wallenstein (Waldstein) kulminierte in Zusammenhang mit Schillers Dramen zu Beginn des 19. Jhs; aus dieser Zeit liegen u. a. vor Christian G. von Murrs Die Ermordung Albrechts, Herzogs von Friedland (Halle 1806) und Johann Sporschils Wallenstein (Leipzig 1828).

2.362 Aus der Barockhistoriographie des 17. Jhs finden sich im Bestand erwartungsgemäß Werke von Bohuslav Balbín: neben Epitome historica rerum Bohemicarum (Prag 1677) und Miscellanea historica regni Bohemiae (Prag 1679-1688) liegen auch die genealogischen Werke Syntagma historicum ...comitum de Guttenstein (Prag 1665) und Syntagma ...familiae comitum de Kolowrat in der Ausgabe von Johann Diesbach (Prag 1767) vor. Die genealogische und die dynastische Geschichtsschreibung nehmen in der Barockzeit eine bedeutende Stellung ein. Genannt seien die Werke von Michael Adam Franck von Franckenstein, Johann Tanners Übersetzung Geschichte derer Helden von Sternen oder des uhralten ...Geschlechts von Sternberg (Prag 1732) und Wilhelm von Glauchaus Aetas aurea ... familiae Sternbergicae (Prag 1698). Besonders umfangreich sind dynastische Arbeiten aus dem 18. Jh, z. B. die von Andreas Bartetschko verfaßte Apologie Karls VI. Labores Herculis Austriaci seu praecipua gesta ... Caroli VI. (Neiße 1718) oder der Fürsten-Spiegel oder Monarchia des hochlöblichen Erz-Hauses Österreich von Johann Jacob von Weingarten (Prag 1673). Eine besondere Stellung nehmen die Beschreibungen der kaiserlichen Feste und Zeremonien ein, darunter die Beschreibung des feierlichen Einmarsches Ferdinand I. bei seiner Kaiserkrönung von Matouš Kolín z Choteriny, Brevis et succinta descriptio pompae in honorem Imperatoris Ferdinandi I. (Prag 1558), Berichte über die Prager Krönung von Kaiser Leopold II. und die Beisetzung Franz I. von Václav Rodomil Kramerius (Prag 1835).

2.363 Bei den Schriften der politischen Publizistik des 18. Jhs finden sich propagandistische und polemische Schriften in Ausgaben von Franz Anton von Sporck. Im Bestand sind sowohl apologetische Lebensbeschreibungen von Friedrich Rothscholz oder Georg Christoph Scheffknecht unter den Pseudonymen Ferdinand van der Roxas und Gottwald Caesar Stillenau, Leben eines herrlichen Bildes wahrer und rechtschaffener Frömmigkeit ([Amsterdam] i. e. Nürnberg 1715, o. O. 1720), als auch das Gedicht Herkomannus Magnus (o. O. 1728) von Friedrich August von Hackmann und die in Lissa von Adam Wels gehaltene Trauerrede anläßlich Sporcks Tod Trauer-volle Liebs-Thränen (Prag 1738) vorhanden. Die Abteilung 50 enthält auch einige Schriften der josephinischen populären Publizistik, so beispielsweise Stephan Rautenstrauchs Österreichische Biedermanns Chronik (Wien 1784), von Tobias Gruber die Denkschrift über die Größe und Ruhm, von Ignaz Cornova das Betbuch für Freymaurer der hochwürdigen Provinzialloge von Böhmen (Prag 1784) und eine Lebensbeschreibung Josephs II. (Prag 1801).

2.364 Eine weitere umfangreiche Untergruppe bilden Werke zu den österreichischen Erbfolgekriegen (1740-1763). Sie beginnt mit den seltenen Prager Diarien Diarium der königl. ungarischen Armee vor Prag ... (o. O. 1742) und Diarium Pragense bei ... der Belagerung und Eroberung der königlichen Hauptstadt Prag ([Prag] 1744) und setzt fort mit Reflektionen über den Siebenjährigen Krieg wie im Diarium oder Verzeichnuss dessen, was währender feindlich Preussischer Bloquirung der königl. Hauptstadt Prag im Jahr 1757 ...vorkommen ist (Prag [1757]). Eine Reihe von militärhistorischen Schriften schließt sich an, u. a. über die Bayerischen Erbfolgekriege Gottfried Uhlichs Geschichte des bayrischen Erbfolgekriegs (Prag 1779) sowie über den österreichisch-türkischen Krieg Erläuterter Plan von der berühmten Schlacht bei Martiniestie (Prag 1789) oder von Johann Herbst Friedensfeier der Böhmen (Prag 1814).

2.365 Die Geschichtsschreiber der böhmischen Aufklärung veröffentlichten ihre Arbeiten selten in tschechischer Sprache, weswegen diese Periode in der Abteilung so umfassend vertreten ist. Die Herkunft des Namens Tschechien betreffen Elias Sandrichs (Athanasius a Sancto Josepho) Disquisitio historico-chronologico-critica quare et quando Bohemia fuerit appellata Czechia eiusque incolae Czechi? (Prag 1769) und Gelasius Dobners Replik Historiophili examen criticum disquisitionis nuper a R. P. Athanasio a S. Josepho ...de origine Czechorum (Prag 1769-1770). Dobners Hauptwerk, eine Kritik des ältesten Teils von Hájeks Chronik, W. Hajek a Liboczan Annales Bohemorum (Prag 1761-1782) und Josef Dobrovskýs Kritische Versuche, die ältere böhmische Geschichte von spätern Erdichtungen zu reinigen (Prag 1803-1819) liegen erwartungsgemäß ebenfalls vor.

2.366 Auch die mährische Geschichtsschreibung ist seit den achtziger Jahren des 18. Jhs umfangreich vertreten, z. B. der josephinische Abt von Zatec [Saar] Otto Steinbach von Kranichstein mit seinem Werk Kleine Geschichte von Mähren für die Jugend (Prag 1783) und die seltene Schrift des Professors am katholischen Gymnasium in Preßburg, Juraj Sklenár, Vetustissimus Magnae Moraviae situs (Preßburg 1788). Die mährische Historiographie kulminiert in den Werken von Josef Vratislav von Monse, Versuch einer kurzgefaßten politischen Landesgeschichte des Markgraftums Mähren (Brünn und Olmütz 1785-1788) und von Adolf Pilar und František Moravec, Moraviae historia politica et ecclesiastica (Brünn 1785-1786).

2.367 Die spätere theresianische Generation tschechischer Aufklärer legte den Grundstein für die wissenschaftliche Numismatik. Ausschlaggebend waren hierbei Nicolaus Adauct Voigts Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Münzen (Prag 1771-1787) sowie Josef von Maders Versuch über die Brakteaten (Prag 1797) und Kritische Beiträge zur Münzkunde des Mittelalters (Prag 1803-1813). Die historische Editionstätigkeit der Aufklärer, die sich mit ihrer systematischen Heuristik auch auf ausländische Werke ausweitete, ist ebenfalls bemerkenswert. Sie begründeten zudem das Genre der wissenschaftlichen Reisebeschreibung, z. B. vertreten durch Josef Dobrovskýs Literarische Nachrichten von einer ...Reise nach Schweden und Russland (Prag 1796) oder Joachim von Sternbergs Bemerkungen über Russland (o. O. 1794).

2.368 Die historiographische Produktion der Aufklärer umfaßt viele populärwissenschaftliche Werke zur Geschichte sowie Lehrbücher. Hier finden sich die Kurzgefaßte Geschichte der Böhmen von František Martin Pelcl (Prag 1774) und seine Monographien über Karl IV. (Prag 1780-1781) und Václav IV. (Prag 1788-1790) sowie die chronologische Geschichte Böhmens von František Pubicka, die lateinisch als Series chronologica rerum Slavo-Bohemicarum (Prag und Wien 1768-1770) und deutsch als Chronologische Geschichte Böhmens unter den Slaven (Leipzig und Prag 1770-1801) erschien. Von den Autoren der Lehr- und Lesebücher seien erwähnt Aleš V. Parízek Versuch einer Geschichte Böhmens für den Bürger (Prag 1781, 1782 und 1789) sowie Versuch einer kurzgefaßten Weltgeschichte für Kinder (Prag 1782), ferner speziell für junge Leser Ignaz Cornovas Briefe an einen kleinen Liebhaber der vaterländischen Geschichte (Prag 1796-1797), Unterhaltungen mit jungen Freunden der Vaterlandsgeschichte (Prag 1799-1803) und Das nötigste aus der alten Geschichte für junge Leser (Prag 1814-1815). Die populären Geschichtseditionen von Wolfgang Adolf Gerle sind ebenfalls in einigen Ausgaben vertreten.

2.369 Mit Julius Schnellers Böhmens Schicksal und Tatkraft vor dem Verein mit Ungarn, Österreich und Steiermark (Graz 1817) und seiner Geschichte von Böhmen (Dresden 1827) wurde eine neue Epoche der tschechischen modernen Geschichtsschreibung eingeläutet, zu deren bedeutendsten Repräsentanten später František Palacký (Würdigung der alten böhmischen Geschichtschreiber, Prag 1830) und Václav Vladivoj Tomek (Geschichte der Prager Universität, Prag 1849) zählten. Mit der Geschichte der Prager Universität befaßt sind weiterhin Kaspar Roykos Festrede anläßlich des 450-jährigen Bestehens der Prager Universität sowie des Geburtstages Kaiser Franz II. (lateinische und deutsche Ausgabe, Prag 1798) und Jan Theobald Helds Tentamen historicum illustrandis rebus anno 1409 in universitate Pragena gestis (Prag 1827). Die jüngste historische Literatur der Sammlung bilden zahlreiche Titel des Jahres 1848 wie Franz Josef Schopfs Wahre und ausführliche Darstellungen der am 11. März 1848 ... in Prag begonnenen Volksbewegung ... (Leitmeritz o. J.), Johann Nepomuk Druchsas Die Schreckenstage in Prag oder die Zeit vom 11. bis zum 17. Juni 1848 (Prag 1848), Ewald Christian Viktorin Dietrichs Das Versöhnungs- und Eintrachtsfest der Cechen und Deutschen gefeiert im ständischen Baumgarten bei Prag ... den 25. Mai 1848 (Prag 1848) und W. A. Neumanns und Eduard Edler von Meyers Erinnerung an Kremsier (Kremsier 1849).

2.370 Zum Profil der Abteilung leistet die historische Topographie einen entscheidenden Beitrag. Zu den ältesten Werken zählen die Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae von Martin Zeiller (Frankfurt 1650), die von Ignaz Cornova herausgegebene Übersetzung Paul Stránskýs Staat von Böhmen (Prag 1792-1803) des Werks Respublica Bojema (Erstausgabe Leyden 1634, im Bestand Amsterdam 1713) und Das jetztlebende Königreich Böhmen (Frankfurt a. M. 1712) von Mauritius Vogt. Den Höhepunkt der böhmischen Topographie der Aufklärungszeit stellt Jaroslav Schallers Topographie des Königreichs Böhmen (Prag und Wien 1785-1791) dar. In einem Exemplar findet sich Schallers Beschreibung der kgl. Haupt- und Residenzstadt Prag (Prag 1794-1797). Eher Statistiker als historischer Topograph war Josef Anton Riegger, Professor für Staatsrecht an der Prager Universität, dessen Materialien zur alten und neuen Statistik von Böhmen (Prag und Leipzig 1787-1794) und Archiv der Geschichte und Statistik insbesondere in Böhmen (Dresden 1792-1795) vorliegen.

2.371 Die topographische und geographische Produktion am Ende des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jhs stellt eine beachtliche Untergruppe dar, obwohl gerade diese Zeit durch eine Reihe unvollendeter Forschungsunternehmungen geprägt war. Neben Beschreibungen der Regionen (oft mit beigefügten Karten) finden sich auch Statistiken und tabellarische Verzeichnisse der Gemeinden und Orte, darunter Michael Stegmayers und Johann Schwabs Geographisch-alphabetisches Verzeichniss zu der i. J. 1799 neu erschienen deutsch- und böhmischen Landkarte des Königreichs Böhmen (Prag 1799), Bohemia, oder Gedächtnißbeihilfe ... durch ein Verzeichniss derjenigen Orte Böhmens, wo sich eine merkwürdige Begebenheit ... zugetragen hat von Kaspar Hermann Künigl (Prag 1821) und Josef Eduard Ponfikls Vollständiger Umriß einer statistischen Topographie des Königreichs Böhmen (Prag 1822-1828). Qualitativ wertvolle topographische Arbeiten sind Das Königreich Böhmen statistisch-topographisch dargestellt von Johann Gottfried Sommer (Prag 1833-1849), die Topographie vom Markgraftum Mähren (Wien 1793-1794) von Franz Joseph Schwoy und die Bibliothek der mährischen Staatskunde (Wien 1786) von Johann Alois Hanke von Hankenstein.

2.372 Neben den allgemeinen Topographien seien einige spezialisierte Arbeiten erwähnt. Seit Ende des 18. Jhs nahm beispielsweise das Interesse am Riesengebirge zu. Während Johannes Praetorius sich im 17. Jh vor allem auf den Gebirgsdämon Rübezahl konzentrierte (z. B. in Satyrus Etymologicus oder der reformirende und informirende Rüben-Zahl, o. O. 1672, oder in Dämonologia Rubinzalii Silesii, Leipzig 1662 und weitere Ausgaben Leipzig 1662-1668), verfaßten die Teilnehmer der ersten wissenschaftlichen Expedition in das Riesengebirge, Franz Gerstner, Johann Jirásek, Thaddäus Gruber und Thobias Haenke ihre Beobachtungen auf Reisen nach dem Riesengebirge (Dresden 1791). Naturwissenschaftliche Interessen waren eine bedeutende Konstante für die Forschungstätigkeit der Aufklärer. So betreffen u. a. die Mineralogie Franz Ambros Reuss' Mineralogische Geographie von Böhmen (Dresden 1793-1797) mit einer Beschreibung der Kreise Leitmeritz und Bunzlau, die Balneologie Martin Heinrich Klaproths Chemische Untersuchung der Mineralquellen zu Carlsbad (Berlin 1790), die Hydrologie die Beiträge zur Wassergeschichte von Böhmen (Leipzig und Prag 1770-1772) von Johann Thaddaeus Anton Peithner sowie seine Beschreibung der böhmischen Flüsse (Prag 1771) und die Archäologie Karl Josef Biener von Bienenbergs Versuch über einige merkwürdige Alterthümer im Königreich Böhmen (Königgrätz 1778-1785).

2.373 Eine Schlüsselstellung in der Sammlung der historischen Topographien nehmen die zahlreichen Pragbeschreibungen ein, beginnend mit der humanistischen Schrift von Bartholomaeus Martinides Descriptio ...Regiae Urbis Pragensis (Prag 1615). Aus der Barockzeit liegen Karl Adolph Redels Das sehenswürdige Prag (Frankfurt 1710), Joachim Johannes Kamenitzkys Eigentlicher Entwurff und Vorbildung der Prager Brucken (Prag 1716) und die kirchliche Topographie Johann Florian Hammerschmids Prodromus gloriae Pragenae (Prag 1723) vor, aus der Aufklärungszeit von Ferdinand Opitz Vollständige Beschreibung der kgl. Haupt- und Residenzstadt Prag (Prag 1787). Das 19. Jh ist vornehmlich durch Stadtführer wie Wolfgang Adolf Gerles Prag und seine Merkwürdigkeiten (Prag 1825) und eine Serie von Stichen Prag und seine nächsten Umgebungen (Prag 1841) von Johann Poppel vertreten. Die umfangreiche Sammlung der Pragensia ergänzen die Reisebeschreibungen, darunter die Phantasien auf einer Reise nach Prag von Heinrich von Kleist (Dresden und Leipzig 1792). Neben den Pragensia existiert eine umfangreiche, aber unsystematische Sammlung mit Beschreibungen von anderen Städten in Böhmen.

Zdenek Hojda

Abteilung 51 - Historia sacra nationalis

2.374 Die Abteilung für böhmische Kirchengeschichte umfaßt 587 Titel in 819 Bdn (Formate A-G). Aus dem 16. Jh stammen 12 Titel (2 Prozent), aus dem 17. Jh 96 Titel (16,5 Prozent), aus dem 18. Jh 210 Titel (36 Prozent), aus dem 19. Jh 52 Titel (8,5 Prozent) und aus der ersten Hälfte des 20. Jhs 6 Titel (ein Prozent). Etwa 36 Prozent der Titel sind ohne Jahresangabe im Standortkatalog verzeichnet. Sprachlich handelt es sich fast ausschließlich um lateinische (70 Prozent) und deutsche (30 Prozent) Werke.

2.375 Der Bestand enthält neben Standardwerken auch seltene Schriften zur böhmischen Kirchengeschichte, vornehmlich Erstausgaben des 17. und 18. Jhs. Es überwiegen Werke katholischer Autoren aus der Zeit der Gegenreformation (z. B. von Bohuslav Balbín, Johannes Tanner, Tomáš Jan Pešina, Maxmilián Vetrovský), bedingt durch die jesuitische Geschichte der Bibliothek. Vorhanden sind jedoch auch Drucke von Jan Amos Komenský (Comenius) und Werke aus der Zeit der Aufklärung.

2.376 Einen Schwerpunkt bilden wertvolle Werke über Jan Hus, beispielsweise zwei Exemplare der seltenen Ausgabe Des heiligen Merterers Magi. Joan. Hussen IIII. brieffe aus dem gefengnis im Concilio zu Costnitz an die Behmen schrieben (o. O. o. J.), die mit einer Vorrede Martin Luthers veröffentlicht wurde, ferner Ioannis Hus, et Hieronymi Pragensis, confessorum Christi historia et monumenta ... (Nürnberg 1558), von Christian Walpurger Hussus combustus, non convictus (Leipzig 1624) und die anonym erschienene Lebensbeschreibung Leben, Lehre, Wandel und Tod des um Jahr 1415 lebendig verbrannten Johann Huss (Rom 1784) von Johann H. Wolf sowie die Lebensbeschreibung des Magister Johannes Hus von Hussinecz (Prag 1789) von Augustin Zitte.

2.377 Bei den zahlreichen Comeniana ist Ratio disciplinae ordinisque ecclesiastici in Unitate Fratrum Bohemorum (o. O. 1633) bemerkenswert, das nur in drei Exemplaren erhalten ist. Weiterhin finden sich Comenius-Drucke wie z. B. Synopsis Historica persecutionum Ecclesiae Bohemicae (Leyden 1647, o. O. 1648), De bono unitatis et ordinis (Amsterdam 1660, Genf 1661), Historia fratrum Bohemorum (Halle 1702), Kurz-gefaßte Kirchen-Historie der Böhmischen Brüder (Schwabach 1739) sowie Erste Liebe (Frankfurt und Leipzig 1743). Hier findet sich auch Johannes Lassitius' (Jan Lasicki, 1534-1600) De ecclesiastica disciplina, moribusque et institutis Fratrum Bohemorum memorabilia continens (Amsterdam 1660), an dem Komenský mitarbeitete; ferner die Bohemische Confession ... (Nürnberg 1621) sowie Werke von Johann Christoph Koecher und Aegidius Sexstetter zur Geschichte der Unität der Böhmischen Brüder.

2.378 Unter den Schriften der Gegenreformation überwiegen jesuitische Autoren, wie z. B. der böhmische Patriot Bohuslav Balbín (1621-1688), darunter Diva Wartensis (Prag 1655) und Diva Montis Sancti ... (Prag 1665) sowie über das Leben des ersten Prager Erzbischofs Arnošt z Pardubic (Ernst von Pardubitz, 1297-1364) Vita Venerabilis Arnesti (Prag 1664). Interessant ist auch die in deutscher Sprache verfaßte Lebensbeschreibung Leben Bohuslaw Aloys Balbins ... (o. O. [Prag] 1788) von Stanislav Vydra. Von dem böhmischen Gegenreformator Tomáš Pešina z Cechorodu liegt das Werk über den Prager St.-Veits-Dom Phosphorus septicornis (Prag 1673) vor sowie von Johannes Tanner Vir apostolicus seu vita et virtutis R. P. Alberti Chanowsky ... (Köln [1660], Prag 1688). Andere kirchliche Barock-Autoren, so z. B. Jan Ignác Dlouhoveský (1638-1701), Johann Höffel und Jan Jirí Stredovský (Sacra Moraviae historia sive vita SS. Cyrilli et Methodii, Sulzbach 1710), sind mit ihren Werken vertreten, darunter viele Marienwerke oder Werke über die böhmischen Heiligen. Eine ganze Reihe von Werken ist dem böhmischen Nationalheiligen Jan Nepomucký (Johannes von Nepomuk, † 1393) gewidmet. Es gibt Schriften zu seiner Kanonisierung, die noch vor der Kanonisierung erschienen sind (Wien 1721, Rom 1725), lateinische und deutsche Sammelbände zur Kanonisierung (Prag 1729) sowie die Bulle von Benedikt XIII. Christus Dominus (Rom und Prag 1729), ferner einige barocke Lebensbeschreibungen von Johannes von Nepomuk einschließlich der Ausgaben von Bohuslav Balbín (Augsburg 1725 und 1729). Der Bestand enthält weiterhin die deutsche Verteidigung des Johannes von Nepomuk von Johann Thomas Berghauer, Apologia oder Schutz-Schrifft für den heiligen Joanne Nepomuceno (Dillingen 1730).

2.379 Ebenfalls vorhanden sind die polemischen Schriften des Jesuiten Maxmilián Vetrovský (1660-1737), u. a. gegen Calvin und Luther (beide Prag 1724). Bedeutend für die böhmische Geschichtsschreibung ist Josef Bonaventura Piters lateinische Lebensbeschreibung Vita Sancti Guntheri (Brünn 1762). Der böhmische Theologe und Historiker der Barockzeit Jan Florian Hammerschmid ist mit der lateinischen Lebensbeschreibung von Johannes dem Täufer und dem Apostel Andreas sowie mit der Geschichte der Wischehrader Kirche (Prag 1700) vertreten.

2.380 Werke der Aufklärung sind u. a. repräsentiert durch den Prager Professor für Kirchengeschichte Caspar Royko mit Geschichte der grossen allgemeinen Kirchenversammlung zu Kostnitz (Bde 1-2, Wien und Graz 1782-1783; Bde 3-4, Prag 1784-1785) und Christliche Religions- und Kirchen-Geschichte (Prag 1789-1795). Interessant sind die fiktiven Gespräche von dem Reformpriester Kosmas Schmalfus Johann Hus an den Kaspar Royko aus der Sprache des Elisium ... (Kostnitz 1783). Aufklärungsschriften zur Kirchengeschichte liegen vor vom Vizerektor des Prager Josephinischen Seminars L. Chrysostomos Pfrogner, von dem böhmischen Theologen Václav Fortunát Durych De origine templi Salvatoris (Prag 1771) über den Paulanerorden in Böhmen, ferner Werke vom böhmischen Historiker und Piaristen Gelasius Dobner (1719-1790) und von Johannes Marian Mika, der Bernard Bolzanos Lehrer war. Man findet die Predigten von Hilarius Litomerický (Hilarius von Leitmeritz, 1413-1469), dem Gegner des hussitischen und utraquistischen Erzbischofs Jan Rokycana (* um 1395-1471), sowie einen Disput hrsg. von Nicolaus Adauct Voigt. Die berühmte Chronik Vita Sancti Wenceslai (Prag 1766) liegt ebenfalls vor.

2.381 Ergänzend finden sich Werke zur Geschichte einzelner Orden und Klöster in Böhmen und Mähren, so beispielsweise Geschichte der Benediktinerabtei in Brevnov von Mangold Ziegelbauer (Köln 1740), Die Geschichte des Benediktiner-Stiftes zu Raygern in Mähren (Prag 1829), ferner die Ordensgeschichte der Jesuiten von Matej Tanner Societatis Jesu apostolorum imitatrix ... (Prag 1694) sowie zahlreiche Verzeichnisse aus böhmischen Klöstern im 19. Jh (z. B. der Prämonstratenser in Strahov und Teplá [Tepl], der Benediktiner in Brevnov und Emmaus, der Franziskaner, Augustiner-Eremiten, Kreuzherren mit dem Roten Stern und Kapuziner).

Jan B. Lášek

Abteilung 52 - Rhetorica et Poesis nationalis

2.382 In der Abteilung der Rhetorik und Nationalpoesie sind 3014 Titel in 18.452 Bdn versammelt (Formate A-I). Die verhältnismäßig große Bandzahl erklärt sich durch zahlreiche Zeitschriften, die der Abteilung teilweise ohne systematischen Bezug zugegliedert wurden. Im Standortkatalog sind für etwa ein Fünftel der älteren Werke keine Angaben zum Erscheinungsjahr verzeichnet. Der zeitliche Schwerpunkt liegt in der ersten Hälfte des 20. Jhs (ca. 66 Prozent). Die Titel des 19. Jhs machen ca. 11 Prozent aus, die des 18. Jhs ca. 2 Prozent und des 17. Jhs ca. 0,6 Prozent. Das 16. Jh ist mit 6 Titeln vertreten.

2.383 Etwa 53 Prozent der Titel liegen in deutscher Sprache vor. An zweiter Stelle steht Ungarisch, bedingt durch zahlreiche Zeitschriften des 20. Jhs, an dritter Stelle Latein. Es folgen Russisch, Französisch, Italienisch, Polnisch, Englisch und Ukrainisch. Einzelne Titel liegen in Esperanto vor. Übersetzungen tschechischer Autoren in Fremdsprachen sind selten vertreten.

2.384 Inhaltlich war diese Abteilung ursprünglich der Beredsamkeit und Nationalpoesie vorbehalten. So finden sich z. B. Ludwig Helmbolds Monosticha (o. O. 1588), von D. Krinitus z Hlavácova Davidis ...psalmi septem ... (Prag 1591), Illustrium poetarum flores (Basel 1599), Poëmata varia (Köln 1631), Oratio dominica (Köln 1634), Symbola Divina et Humana Pontificum Imperatorum, Regum (Frankfurt 1652), Bohuslav Balbíns Examen Melissaneum (Prag 1663) und sein Quaesita oratoria, Ultimus liber (Leipzig 1687), Laurent de Cellières Ars metrica (Dillingen 1682), Zacharius Lemnichens Tractatus de Chria in gratiam Rhetoricae Candidatorum (Prag 1683, 1698, 1705, 1715 und 1721), Sebastianus Labes Sales epigrammatici ... (Prag 1685), Parnassus illustratus (Prag 1685), Klopstocks Oden (Hamburg 1771), Pragerblättchen. Ein Tagblatt (Prag 1785), Johann F. E. Albrechts Briefsteller für Kinder und Erwachsene (Prag 1793), Musa bohema-catholica adveniente Pragam ... (Prag 1798) sowie Blumenlese aus dem teutschen Dichtergarten ... (Prag 1843) und Volksmärchen aus Böhmen (Breslau 1853). Später wurde die inhaltliche Ausrichtung immer breiter, zum Teil auch unsystematisch durch die Eingliederung von Werken, die anderen Abteilungen der Nationalbibliothek nicht zugeordnet werden konnten.

2.385 Bei der unsystematischen Erweiterung der Abteilung kamen Titel hinzu wie beispielsweise Christliche Kinder-Lehr (Prag 1721), Theater der Deutschen (Berlin 1768-1784), Johann Ferdinand Opitz' Der Köcher, ein Recept für mein krankes Vaterland (o. O. 1782), Gesetzbuch der modernen Spiele ... (Wien 1795), Bibliothek für die gebildete Lesewelt (Leipzig 1803-1804), Handwörterbuch für Seelenmalerey zum gemeinnützigen Gebrauch (Wien 1804), Bilderbuch für Kinder (Rumburg 1806-1818), Erinnerungen an merkwürdige Gegenstände und Begebenheiten ... (Wien 1822-1864), ferner National-Kalender für die deutschen Bundesstaaten auf das Jahr ... (Stuttgart 1823-1839), Karnevals-Almanach auf das Jahr 1830 (Prag 1830) und Tänze des 15. bis 17. Jahrhunderts (Berlin 1875).

2.386 Später wurden auch fremdsprachige Periodika aus dem tschechischen Gebiet hier zusammengetragen, vornehmlich Zeitungen, Zeitschriften, Almanache, Kalender und Schematismus-Handbücher. Bei den Zeitschriften überwiegen Titel zu Ökonomie, Handwerk und Gewerbe, Gilden und bestimmten beruflichen oder gesellschaftlichen Gruppen. Als Beispiele in deutscher Sprache seien genannt Neu verfertigter Wirthschafts-Kalender (Prag 1722-1794), Prager Intelligenzblatt (Prag 1777-1811), Kaiserlich-Königliche Prager Oberpostamtzeitung (Prag 1781-1814), die Monatsschrift Apollo (Prag 1793-1797), Postbüchel für das Jahr ... (Prag 1802-1916), Intelligenzblatt (Heidelberg 1808-1872), Neuer Prager Hauskalender für Stadt und Land auf das Jahr ... (Prag 1832-1865), Die Grenzboten (Leipzig 1846-1878), Pressburger Zeitung (1851-1920), Pilsner Bote (1854-1869), Der Wanderer (Wien 1855-1868), Der Freimütige (Bodenbach 1874-1878), Rumburger Zeitung (1865-1938), Trautenauer Wochenblatt (1868-1944), Prager Actionaer (1869), Pilsner Reform. Zeitschrift für Politik (Pilsen 1870-1899), Prager Börsenkorrespondenz (1871-1899), Krumauer Intelligenz-Blatt. Organ für Industrie ... (Krumau 1871-1891) und Gemeinde-Zeitung von der Ober-Eger (Asch 1873-1880).

2.387 Seit 1900 wurden vermehrt deutschsprachige Publikationen gesammelt, woraus eine umfangreiche Sammlung überwiegend aus den zwanziger bis vierziger Jahren resultierte. Zahlreiche Quellen deutscher regionaler Zeitschriften und Zeitungen des 20. Jhs stammen aus dem Gebiet des Sudetenlandes. Zugegliedert wurden vereinzelt auch Zeitschriften und Zeitungen anderer ethnischer Minderheiten in der Tschechoslowakischen Republik. Als weiteres besonderes Sammelgebiet dieser Abteilung prägte sich periodische balneologische Literatur heraus, zumeist aus den bekannten tschechischen Bädern und Kurorten, die das Gesellschafts- und Bäderleben dokumentieren und Verzeichnisse berühmter Kurgäste beinhalten, so die Franzensbader Kurliste (1806-1835), Karlsbader Kurliste (1832-1932), Marienbader Liste (1835-1918), Teplitzer Badeliste (1837-1911), Curliste von Iohannisbad (1856-1928), das Wochenblatt für Karlsbad (1861-1893), Marienbader Wochenblatt (1873-1878), Karlsbader Badeblatt (1878-1938), Marienbader Tageblatt (1892-1917) und Franzensbader Tageblatt (1898-1938). Dieser Teil des Bestandes bringt die Abteilung mit den Abteilungen 18 und 48 in Verbindung, in denen ebenfalls die Balneologie beschrieben ist.

Pavel Pohlei

2.388 In die Abteilung fanden ihren Weg auch Theaterstücke und Opernlibretti aus dem 17. und 18. Jh. Die älteste Gruppe der jesuitischen Theatralien umfaßt ca. 400 Synopsen (Synopses comediarum melodrammatum collegiis Societate Jesu) in verschiedenen Sprachen (lateinische, lateinisch-deutsche, lateinisch-tschechische oder lateinisch-deutsch-tschechische). Die Autoren der Stücke blieben zumeist anonym. Sie wurden von den Jesuitenschülern zu religiösen Feiertagen, Schulfeiern oder anderen Festlichkeiten zwischen 1558 und 1764 aufgeführt. Dann wurden sie per Regierungsbeschluß verboten. Als Sujet dienten Christi Leiden, Heiligenlegenden oder mittelalterliche Themen. Zu dieser Sammlung liegt eine Hilfskartei vor.

Anna Fechtnerová

Abteilung 53 - Bibliotheca hebraica nationalis

2.389 Der Bestand enthält Hebraica (in Hebräisch herausgegebene Werke) und Judaica (Werke mit judaistischer Thematik in anderen Sprachen). Er zählt 480 Titel (in 668 Bdn) aus dem 16. bis 19. Jh, die vorwiegend in Prag erschienen sind. Im 16. Jh wurden 3 Titel, im 17. Jh 49, im 18. Jh 47, die übrigen Titel im 19. Jh herausgegeben. Vorwiegend handelt es sich um Hebraica (ca. 80 Prozent); Judaica liegen in deutscher (ca. 15 Prozent) und lateinischer Sprache (ca. 5 Prozent) vor. Seit dem 19. Jh sind hebräische Ausgaben oft von einer parallelen Übersetzung oder einem Kommentar in Judendeutsch begleitet. Damit erhöhen sie den Gesamtbestand der Germanica in der Abteilung auf ca. 50 Prozent.

2.390 Die drei ältesten Werke aus dem 16. Jh zählen zur humanistischen Verlagsproduktion: Moses Kimchi, Rudimenta hebraica (1520); Ruach ha-Chen. Physica hebraea Rabbi Aben Tybbon ... von Joannes Isaac (Levita) (Köln 1555) und ein lateinisches Schriftenkonvolut von M. Joannes Fortius Hortensius (Prag 1570). Der Großteil des Bestandes ist charakteristisch für eine klassische judaistische Bibliothek des 19. Jhs mit traditioneller und zeitgenössischer jüdischer Literatur. Er ist systematisch gegliedert in die Untergruppen traditionelle jüdische religiöse Literatur (das Alte Testament, Talmud, Midraschim-Erläuterungen); rabbinische Literatur (Kommentare, religiös-rechtliche Schriften); Liturgie (Gebetbücher, liturgische Sammelbände); Religionsphilosophie; Ethik; Mystik; Linguistik (einschließlich Grammatiken, Lehr- und Wörterbücher); Literatur der Haskala (jüdische Aufklärung) und Belletristik.

2.391 Die Mehrzahl der Titel aus der ersten Hälfte des 19. Jhs stammt aus Prager Druckereien, vornehmlich aus der von Moses Israel Landau (1788-1852). Landaus Ausgaben repräsentieren sowohl die einheimische Literaturproduktion als auch den Einfluß von Aufklärungsschrifttum in der jüdischen Kultur. Das gilt nicht nur für die zeitgenössischen Werke des 19. Jhs, sondern auch für die klassischen Werke einschließlich der religiösen Grundlagenwerke des Judaismus, die oft mit einem Kommentar oder einer parallelen Übersetzung ins Judendeutsch erschienen, so z. B. die Ausgabe von Moses ben Maimon-Maimonides in einer Bearbeitung von Moses Mendelssohn Schewa Perakim ha-Rischonim Schel Sefer Millot ha-Higgajon le-ha-Rambam (Prag 1805).

2.392 Die religiöse Literatur schließt verschiedene Bücher des Alten Testaments mit Übersetzungen ins Judendeutsch von Moses Mendelssohn ein, die in der Prager Druckerei Moses Israel Landau von 1824 bis 1839 erschienen. Gleichfalls erschienen bei Landau Ausgaben des Talmud (Prag 1830-1834 und 1839-1844). Rabbinische Literatur ist im Bestand am umfangreichsten vertreten, und zwar sowohl mit Ausgaben der mittelalterlichen Autoren als auch mit Werken bedeutender Persönlichkeiten der jüdischen Kultur, die zwischen 1750 und 1850 in den böhmischen Ländern tätig waren. Von den klassischen Autoren rabbinischer Literatur sind beispielsweise vertreten Jom Tow Lipman Mühlhausen, Maimonides und Jakob Weil in Prager Ausgaben aus dem 18. Jh.

2.393 Zur Liturgie liegen größtenteils Gebetbücher für den Alltag und für Feiertage vor, z. B. Ausgaben der Pessach-Haggada und Sammelbände der Bußgebete (Selichot) mit parallelen Übersetzungen in Judendeutsch, ab Mitte des 19. Jhs auch in Deutsch. Interessant sind Gebete für Herrscher, darunter Herzensgefühl und Gebet der sämtlichen Judenschaft in Prag ... an dem allerfeyerlichsten Krönungstage ... Kaiser Leopold des II. ... (Prag 1791), Gebete für Trauer-Gottesdienste für Kaiser ... Franz I. (Prag 1835) in hebräischer und deutscher Sprache sowie eine Volksausgabe der Segenssprüche in Hebräisch und Judendeutsch (Prag 1708).

2.394 Vergleichsweise geringer ist die religiös-philosophische, ethische und mystische Literatur. Von den wichtigen Werken der Kabbala liegen Ausgaben des mittelalterlichen Buches Sohar und das Werk Moses Cordoveros (1522-1570) vor: Sefer Schiwim Tikkune ha-Sohar sche-Chibber R. Schimon ben Jochai ... (Amsterdam 1706); Sohar Chadasch (Amsterdam 1701); Moses Cordovero, Pardes Rimmonim (Koretz 1786) und von den Prager Kabbalisten Schabtaj Scheftl Horowitz (1565-1619) Schefa Tal (Hanau 1612, Frankfurt/Oder 1719) und von Jesaia Horowitz (1560-1630) Sefer Schne Luchot ha-Berit (Frankfurt/Oder 1717).

2.395 Philologische, hebraistische und orientalistische Studien sind in dieser Abteilung überraschend umfangreich. Sie umfassen Abhandlungen über die hebräischen, aramäischen (chaldäischen) und syrischen Sprachen, seltener über das Judendeutsch. Grammatiken und Lehrbücher liegen zu diesen Sprachen vor. In der älteren Periode waren unter den Autoren viele Lehrer für hebräische Sprache an der Prager Universität (vor allem Jesuiten), im 19. Jh jüdische Gelehrte und Lehrer der jüdischen Schulen. Demgemäß liegen in verschiedenen Sprachen verfaßte Lehrwerke vor. Der älteste Titel dieser Untergruppe ist ein Schriftenkonvolut des Magisters der Prager Universität im 16. Jh, Joannes Fortius, in lateinischer Sprache (Prag 1570). Lateinisch sind auch Grammatiken, Wörter- und Lehrbücher von Autoren aus den Reihen der Jesuiten-Hebraisten, die im 18. Jh an der Prager Universität unterrichteten, so Franciscus Haselbauer (1677-1756), Fundamenta Grammatica duarum praecipuarum linguarum Orientalium, scilicet: Hebraicae et Chaldaicae cum appendice de idiotismo Germanico Judaeorum ... (Prag 1742); Franciscus Zelený (1721-1766), Institutiones linguae sanctae (Prag 1756); Franz Demuth (1730-1804), De antiquitate linguae Chaldaicae, seu Syricae (Prag 1764); Leopold Tirsch (1733-1788), Fundamenta sacrae linguae ad nonus lectionis Hebraeae in Universitate Carolo-Ferdinandae Pragensi ... (Prag 1766); Handlexicon der jüdisch-deutschen Sprache ... (Prag 1782) und Grammatica Hebraea ... (Prag 1784).

2.396 Mit der Entwicklung des jüdischen Schulwesens in Prag zur Zeit der Aufklärung sowie nach der Emanzipation der Juden im Jahre 1867 wurde eine Reihe von hebräischen Lehrbüchern für die Schüler der jüdischen Schulen herausgegeben. Die Autoren waren Lehrer und Aufklärer, die mit ihren Werken an klassische jüdische Grammatiken wie die von Elia Levitas (1468-1549) anknüpften. Von den Abhandlungen und Lehrbüchern seien genannt Juda Jeiteles, Mevo hallaschon vel fundamenta grammatica linguae chaldaicae (Prag 1813); Markus Klauber, Chinuch Jalde Jisrael (Prag 1817, eine seltene Bilderfibel mit Äquivalenten in Hebräisch und Judendeutsch); Moses Israel Landau, Rabbinisch-aramäisch-deutsches Wörterbuch ... (Prag 1819-1824), Schrift und Sprache der Hebräer (Prag 1822) und Marcus Ottenfeld, Hebrejská cítanka pro první školní rok - Hebräisches Lesebuch für das erste Schuljahr (Prag 1895), das im selben Jahr in einer deutschen und polnischen Ausgabe erschien.

2.397 Eng mit der Periode der jüdischen Aufklärung (Haskala) verknüpft sind die Werke von Mitgliedern der Prager Familie Jeiteles (Juda, Aaron, Baruch), von Peter Beer (1758-1838), Moses Israel Landau (1788-1852), Salomon Jehuda Rapoport (1790-1867), Wolfgang Wessely (1801-1870) und S. I. Kaempf (1813-1892). Sie hatten einen bedeutenden Anteil an der Entwicklung des jüdischen Schulwesens und der Wissenschaft des Judentums in Prag. Ihre Schriften wurden in Hebräisch, Judendeutsch und Deutsch verfaßt und gedruckt. Beispielsweise liegen vor Peter Beers Sefer Toldot Jisrael (Prag 1796 und 1831), Markus Fischers Toldot Jeschurun. Geschichte der Juden unter der Regierung Mohadis und Imam-Edris, Könige von Mauretanien (Prag 1817), Salomon Jehuda Rapoports Erech Millin (Prag 1852) und Wolfgang Wesselys Netiw Emuna. Biblischer Katechismus (Prag 1856). Zu dieser Untergruppe gehören auch Biographien führender Persönlichkeiten aus der Geschichte der israelitischen Kultur in den böhmischen Ländern, so z. B. über den Arzt und Aufklärer Jona Jeiteles oder über berühmte Rabbiner wie Eleasar Fleckeles und Akiba Eger (S. I. Kaempfs Biographie des Herrn Akiba Eger, o. O. 1838).

2.398 Die dem Umfang nach kleine Untergruppe der Belletristik thält Werke in allen Weltsprachen; bei den Werken des 19. Jhs überwiegt jedoch die deutsche Sprache. Nach traditioneller jüdischer Auffassung zählen zur Belletristik auch Fabeln, Reisebeschreibungen, phantastische Erzählungen und Poesie. Vorhanden sind weiterhin literarische Bearbeitungen jüdischer Sagen, Legenden und romantischer Erzählungen in deutscher Sprache, die in der Reihe Sippurim (Prag 1858-1864) erschienen.

2.399 Die Abteilung enthält fast ausschließlich Monographien; Zeitschriften sind nur marginal vertreten. Genannt seien aber zwei deutschsprachige Periodika der Aufklärung: Jüdisch-deutsche Monatsschrift (Prag 1802) und Homiletische Monatsschrift für Rabbiner, Prediger und Religionslehrer (Prag 1868). Der von Markus Fischer herausgegebene Almanach Historisches Taschenbuch für Israeliten und Israelitinnen auf das Jahr 1814 (Prag 1814) liegt ebenfalls vor.

Jirina Šedinová

Abteilung 54 - Bibliotheca bohemica

2.400 Einen grundlegenden Bestandteil der Bibliotheca nationalis (s. o. 1.27) machen Drucke in tschechischer und slowakischer Sprache aus. Es handelt sich in dieser Abteilung um die vollständigste Sammlung der tschechischen und slowakischen Drucke aus dem Gebiet der Tschechischen Republik, die fortlaufend ergänzt wird. Der Bestand bis 1860 befindet sich im Tresorraum der Abteilung für Handschriften und Alte Drucke. Die Anzahl der Titel im Standortkatalog aus der Zeit vom 16. Jh bis zum Ende des 19. Jhs beträgt ca. 18.000 Signaturen für mehr als ca. 45.500 Bde aus der Zeit bis 1900. Die Bandzahl läßt sich nicht genauer bestimmen, da auch die weit über das Jahr 1900 fortlaufenden Periodika hier eingeordnet sind. Während die anderen Abteilungen der Bibliotheca nationalis mit fremdsprachigen Bohemica nach Fächern thematisch geordnet sind (s. o. Abteilungen 45-53) und erst sekundär nach Formaten, ist die Abteilung 54 nicht thematisch gegliedert. Neben Originalliteratur und Periodika liegen hier auch Übersetzungen aus anderen Sprachen, einschließlich der deutschen, aus verschiedenen Gattungen vor, wie z. B. der wissenschaftlichen und theologischen Lehr- und Ausbildungsliteratur. So finden sich z. B. Bibeln, Postillen, Kanzionale, Gebetbücher, Katechismen, Chroniken, Drucke der Unität der Böhmischen Brüder (vornehmlich aus Kralice [Kralitz]), Comeniana, juristische und medizinische Literatur aus ältester Zeit bis zur Gegenwart in tschechischer und slowakischer Sprache. Seit Beginn der neunziger Jahre des 20. Jhs wurden die Erwerbungen der Abteilung 54 ausgeweitet. Zusätzlich werden hier auch die fremdsprachigen nicht-tschechischen und nicht-slowakischen einheimischen und ausländischen Bohemica und Slovacica gesammelt.

Vlasta Faltysová

Abteilung 55 - Kalender [Kalendáre]

2.401 In dieser Abteilung sind Kalender und Diarien aus dem 17. Jh bis zur ersten Hälfte des 20. Jhs versammelt. Insgesamt liegen 2270 Titel in 14.583 Bdn vor (Formate A-K). Einen geringen prozentualen Anteil haben die ältesten Titel aus dem 17. Jh (ca. 0,17 Prozent) und 18. Jh (ca. 0,44 Prozent); Titel aus dem 19. Jh machen ca. 15 Prozent aus und aus dem 20. Jh ca. 84 Prozent. Sprachlich dominiert Tschechisch mit ca. 42 Prozent, gefolgt von Deutsch (26 Prozent), Slowakisch und Ungarisch (je ca. 11 Prozent), Serbokroatisch (3,5 Prozent) und Russisch (ca. 2 Prozent). Mit jeweils weniger als einem Prozent vertreten sind Lateinisch, Französisch, Italienisch, Ukrainisch, Weißrussisch, Polnisch, Slowenisch, Sorbisch, Rumänisch und Finnisch. Andere Sprachen haben zusammen einen Bestandsanteil von 0,65 Prozent.

2.402 Zu den ältesten deutschsprachigen Titeln gehören ein Newer und Alter Schreib-Kalender (Nürnberg 1662) von Hermann de Werwe, ein Neuer Schreib- und Haus-Kalender (Prag 1688-1700) sowie ein Neu und alter Haus-Wirtschafts und Schreibkalender (Breslau 1697 und 1734). Aus dem 18. Jh liegen weiterhin vor ein Neu verfertigter Wirtschaftskalender (Prag 1710-1873), Merckwürdiger Historien-Kalender (Brüx 1730), Neuer Wirtschafts- und Canzeley Calender (Prag 1741), Neuverfertigter Gartenkalender (Prag 1770-1795), Neuer historischer Kalender (Prag 1777-1789), Österreichischer Schreib-Calender auf das Jahr 1779 (Krems 1779), Haushaltungs-Kalender 1792 (Berlin 1792) sowie ein Neuer Prager Kalender für alle Stände (Prag 1847-1911). Mit 99 vorhandenen Bänden ist der Wirtschaftskalender (Prag: Haase 1807-1911) der umfangreichste.

2.403 Im 19. Jh beginnt die Spezialisierung der Kalender auf gesellschaftliche, wissenschaftliche und berufliche Interessengruppen. Dies schlägt sich auch in der Bestandszusammensetzung nieder. So besitzt die Abteilung z. B. Almanach für die Badegäste zu Teplitz 1802 (Teplitz 1802), Hundertjähriger Hauskalender 1805 (Prag 1805), Witterungskalender für das Jahr ..., hrsg. von A. David (Prag 1805-1818), Neuer Kalender von A. David (Leitmeritz 1817-1898), Neuester mährischer und schlesischer Hausfreund 1844 (Brünn 1844), Kinder-Kalender (Wien 1846), Allgemeiner Schreib-, Haus- und Wirtschaftskalender (Leitmeritz 1846-1862), Deutscher Volkskalender auf das Jahr 1851 und ...1852 (Leipzig 1850-1851), Samuel Wolf Pascheles' Illustrierter Prager israelitischer Volkskalender (Prag 1874-1934), Deutsch-böhmischer Vereinskalender (Prag 1887-1894) sowie der Deutsche Hauskalender (Prag 1853-1885).

2.404 Der Charakter der Kalender ist durchaus verschiedenartig, so sind in manchen Exemplaren Kalender mit Adreßbüchern vereinigt (z. B. im Adressenbuch der kgl. Hauptstadt Prag, hrsg. von Lehmann, 1859), in anderen Fällen handelt es sich eher um Schematismen (z. B. beim Neuen Hof- und Staats-Almanach 1880, Wien 1880). Bemerkenswert ist auch die Vielzahl der Bezeichnungen für die Kalender, so erschienen sie als Tagebuch, Vormerkbuch, Hausfreund, Pilger, Bote, Jahrbuch, Jahreslauf, Jahrkreis, Jahresbote u. a. In deutscher Sprache liegt zudem eine Zahl von Kriegskalendern aus dem Ersten Weltkrieg vor.

Pavel Pohlei

Abteilung 56 - Schematismen [Schematismy]

2.405 In der Abteilung sind vielfältige Verzeichnisse und Schriften zusammengefaßt, die die Personal- und Ämterstruktur von Institutionen, Behörden und dem Militär auflisten. Hinzu kommen statistische Handbücher, Adreßbücher, professionelle Verzeichnisse, Indices, Almanache, Kalender, Führer, Amtsberichte der Städte sowie verschiedene Anzeiger und Berichte. Sie umfaßt 312 Titel in 914 Bdn (Formate A-E). Die ältesten Schriften stammen aus dem 18. Jh (1,6 Prozent), die Schwerpunkte liegen im 19. Jh (42 Prozent) und in der ersten Hälfte des 20. Jhs (ca. 54 Prozent). Ohne Jahresangabe im Standortkatalog sind mehr als 2 Prozent der Titel.

2.406 Die deutsche Sprache ist mit etwa 80 Prozent am häufigsten vertreten, weit weniger die tschechische Sprache mit 3 Prozent. Es folgen Englisch (2,6 Prozent), Lateinisch und Ungarisch (je 2 Prozent), Französisch und Russisch (je ein Prozent). Weniger als ein Prozent der Titel liegt in Italienisch, Niederländisch, Polnisch, Serbokroatisch und Esperanto vor. Die Materialien betreffen hauptsächlich Institutionen in böhmischen und mährischen Städten, aber auch Städte in der Slowakei, z. B. Aš [Asch], Bratislava [Preßburg], Brno [Brünn], Broumov [Braunau], Ceská Kamenice [Böhmisch Kamnitz], Ceská Lípa [Böhmisch Leipa], Decín [Tetschen], Frýdlant [Friedland], Jihlava [Iglau], Karlovy Vary [Karlsbad], Kraslice [Graslitz], Krásná Lípa [Schönlinde], Liberec [Reichenberg], Litomerice [Leitmeritz], Mariánské Lázne [Marienbad], Moravská Ostrava [Mährisch Ostrau], Moravský Krumlov [Mährisch Schönberg], Most [Brüx], Olomouc [Olmütz], Opava [Troppau], Plzen [Pilsen], Praha [Prag], Rumburk [Rumburg], Teplice [Teplitz], Trutnov [Trautenau], Ústí nad Labem [Aussig] und Vrchlabí [Hohenelbe]. Weitere Schematismen liegen vor aus Breslau, Warschau, Wien und Frankfurt a. M.

2.407 Die deutschsprachigen Schematismen stammen in den meisten Fällen aus österreichischen und böhmischen Städten, darunter der Schematismus der k.-k. Instanzien, Ämter ... (Wien 1775), der Hof- und Staats-Schematismus (Wien 1776), Schematismus für das Königreich Böheim (Prag 1789-1851), Österreichischer Militz-Almanach (1790-1917) in bemerkenswerten 118 Bdn, Schematismus für das Markgrafthum Mähren und Herzogthum Schlesien auf das Jahr ... (Brünn 1811, 1837 und 1840), Prager Adressenbuch für Handel und Gewerbe (Prag 1893), Handbuch der Prager privaten Bürger-Corps (Prag 1847), Hof- und Staats-Handbuch des österreichischen Kaiserthumes (Wien 1844-1918), Rangliste der Stabs- und Oberoffiziere des 38. L. I. Regiments (Wien 1857), Adressbuch für Prag, Karolinenthal ... (Prag 1889) sowie ein Allgemeines Adressenbuch der kgl. Hauptstadt Prag ... (Prag 1875-1878).

Pavel Pohlei

Abteilung 57 - Programme und Jahresberichte der Hoch- und Mittelschulen [Programy a výrocní zprávy vysokých a stredních škol]

2.408 Die Abteilung enthält Berichte und Veröffentlichungen der Universitäten, anderer Hoch- und Mittelschulen sowie Schulnachrichten, Jahresberichte und Programme der Gymnasien, Mittel- und Fachschulen. Insgesamt liegen einer Stichprobe und Hochrechnung gemäß 3525 Titel aus dem Zeitraum 1573 bis 1951 vor; der Schwerpunkt liegt allerdings deutlich im 19. Jh. Die Reihen sind in vielen Fällen lückenhaft und auch nicht durchlaufend numeriert. Sprachlich setzt sich die Abteilung zu 75 Prozent aus deutschen und zu 10 Prozent aus lateinischen Veröffentlichungen zusammen; die restlichen 15 Prozent verteilen sich auf Tschechisch, Slowakisch, Ungarisch, Italienisch, Polnisch, Serbokroatisch und Ukrainisch. Ältere Jahrgänge aus dem 16. und 17. Jh tragen in der Regel einen lateinischen und einen deutschen Titel.

2.409 In der Abteilung sind 29 deutsche Universitäten und Hochschulen mit ihren Veröffentlichungen vertreten. Zu den ältesten Beständen zählen hier die Veröffentlichungen der Schlesischen Friedrich-Wilhelms Universität Breslau (1706-1944) mit 451 Bdn, Veröffentlichungen der Königlich Bayerischen Friedrich-Alexander Universität Erlangen (1782-1944) mit 135 Bdn, Veröffentlichungen der Albert-Ludwigs Universität Freiburg im Breisgau (1769-1944) mit 369 Bdn, Veröffentlichungen der Hessischen Ludwigs-Universität Giessen (1663-1944) mit 283 Bdn, Veröffentlichungen der Georg-August-Universität Göttingen (1737-1944) mit 372 Bdn, Veröffentlichungen der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (1616-1943) mit 360 Bdn, Veröffentlichungen der Martin Luther Universität Halle-Wittenberg (1623-1943) mit 586 Bdn, Veröffentlichungen der Friedrich Schiller Universität Jena (1592-1951) mit 357 Bdn, Veröffentlichungen der Christian-Albrechts-Universität Kiel (1666-1943) mit 304 Bdn, Veröffentlichungen der Albertus-Universität Königsberg (1573-1944) mit 104 Bdn, Veröffentlichungen der Universität zu Leipzig (1676-1943) mit 1021 Bdn, Veröffentlichungen der Universität zu Rostock (1669-1943) mit 466 Bdn, Veröffentlichungen der Eberhard-Karls-Universität Tübingen (1752-1943) mit 468 Bdn und Veröffentlichungen der Königlichen Julius-Maximilianus Universität Würzburg (1777-1943) mit 195 Bdn.

2.410 Die Tätigkeit deutscher Universitäten ist zudem gut dokumentiert durch Jahresberichte, Jahrbücher, Vorlesungsverzeichnisse, Statuten, Gesetze und Verordnungen, Chroniken, Feier- und Trauerreden, Antritts- und Abschiedsreden, Personalverzeichnisse, theologische Thesen, Gratulationen, Berichte, Festschriften, Prospekte, Einladungen sowie Verzeichnisse der ernannten Doktoren.

2.411 Bei den Mittelschulprogrammen dominieren deutsche Mittel- und Fachschulen, ergänzt durch Gymnasien auf dem heutigen Gebiet von Böhmen, Mähren, der Slowakei und teilweise auch von Polen sowie dem historischen Österreich-Ungarn. Deutsche Mittelschulen und Gymnasien sind vertreten u. a. aus Berlin, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hannover, Kiel, Stralsund und Tübingen. Die ältesten Titel sind Nachricht des Gymnasiums Altenburg (1640-1648), Programm des Gymnasiums Annaberg (1647-1885), Jahresbericht der Königlichen Studienanstalt Basel (1668-1914), Programm des Friedrichs-Gymnasiums Frankfurt a. d. Oder (1677-1915), Programm des Danziger Gymnasiums (1680-1763), Programm des Gymnasiums Albertinum zu Freiburg (1682-1915), Jahresbericht des Gymnasiums in Augsburg (1753-1880) und Programm des Gymnasiums in Ansbach (1780-1915). Berliner Mittelschulen sind durch Veröffentlichungen von 29 Schulen vertreten, von denen als älteste genannt seien Jahresbericht des Friedrichs Gymnasiums (und Realschule) (1657, 1658, 1672, 1706-1800, 1857-1915), Jahresbericht über das Königliche Friedrich Wilhelms Gymnasium Berlin (1797-1915) und Jahresbericht über das Friedrich-Werdersche Gymnasium in Berlin (1778-1915).

Pavel Pohlei

Abteilung 58 - (nicht belegt)

Abteilung 59 - Musikalien [Hudebniny]

2.412 Noch zu Beginn des 20. Jhs waren die Musikalien in den Hauptbestand der Universitätsbibliothek nach Fachabteilungen eingeordnet. Erst 1923 wurde mit der Gründung einer selbständigen Musikabteilung (s. o. 1.79 ff.) eine eigene Signatur (59) für die Musikalien eingerichtet. Ihr Bestand zählt heute ca. 65.776 Titel (ca. 110.000 Bde) Notendrucke, ca. 220 Titel Faksimileausgaben von Musikquellen, 5516 Titel zeitgenössische Abschriften von Musikwerken (einschließlich ca. 100 Autographen) sowie eine Korrespondenzsammlung mit 450 Einheiten und ist in gesonderten Katalogen verzeichnet (s. u. 3.2). Die Notendrucke bilden den jüngeren Teil des Musikalienbestandes und sind nach Formaten (A-G) in 7 Gruppen gegliedert. Von den 65.776 Titeln entfallen 60 Prozent auf das 20. Jh, 34 Prozent auf das 19. Jh und 5,5 Prozent auf das 18. Jh. Aus dem 16. und 17. Jh stammen weniger als 0,5 Prozent handschriftliche und gedruckte Quellen. Die Angaben beruhen auf der statistischen Bearbeitung einer Stichprobe und auf Hochrechnungen. Da der überwiegende Teil der Musikalien des 18. und teilweise auch des 19. Jhs nicht datiert ist, wurde ihre chronologische Einordnung anhand von Verlagsverzeichnissen, Meldungen der zeitgenössischen Presse oder vergleichbaren datierten Musikalien vorgenommen.

2.413 Eine genaue sprachliche Analyse der Notendrucke ist schwer durchzuführen, da im Hinblick auf Autor, Herausgabe- und Druckort sowie Sprache des Begleittextes oft verschiedene Nationen und Sprachen eine Rolle spielen. So ist beispielsweise folgender Druck eines tschechischen Autors mit einem französischen Titelblatt aus einem deutschen Verlag keine Ausnahme: Jan Ladislav Dusík (Dussek), Rondeau pour le pianoforte ... (Leipzig: Breitkopf & Härtel o. J.). Unter den historischen Titeln überwiegen insgesamt Musikalien, die im deutschen Sprachgebiet erschienen sind. Viele der nicht im deutschen Sprachraum gedruckten Musikalien haben neben dem deutschen auch einen fremdsprachigen Begleittext, z. B. in lateinischer (vornehmlich bei geistlicher Musik), französischer, italienischer, englischer, tschechischer Sprache oder in anderen slawischen Sprachen. In etwa gliedern sich die Notendrucke in 40 Prozent in tschechischer, 30 Prozent in deutscher, 10 Prozent in lateinischer, je 5 Prozent in französischer, italienischer und glischer und ebenfalls 5 Prozent in anderen Sprachen.

2.414 Der Bestand der Notendrucke hat inhaltlich ein universales Gepräge. Er enthält Kirchenmusik ebenso wie alle Gattungen der weltlichen Musik, darunter Orchester-, Kammer-, Klavier-, Opern- und Operettenmusik, Lieder und weitere vokal-instrumentale Musikwerke bis hin zu Salon-, Militär- und populärer Musik. Es liegen Partituren vor, Particella, Stimmbücher, Partien, Klavierauszüge, Kanzionale, Liederbücher, Vokal-Partituren, Tabulaturen für Laute, Gitarre und Orgel, Schulen für bestimmte Instrumente und weitere Spezialwerke.

2.415 Unter den Drucken des 16. und 17. Jhs dominiert geistliche Musik mit lateinischem Text, oft aus berühmten Druckereien. Es handelt sich um aufwendig gestaltete und gedruckte, reich verzierte und prachtvoll gebundene Bände mit Dedikationen, teilweise auch mit zeitgenössischen handschriftlichen Inschriften, die auf den ursprünglichen Eigentümer oder auf andere Provenienzen schließen lassen. Wertvoll ist beispielsweise der Druck Liber selectarum cantionum (Augsburg 1520; RISM B/I, 1520 (4)) mit vier- bis sechsstimmiger Renaissancemusik von Josquin Des Près (ca. 1440-1521), Jean Mouton (ca. 1460-1522), Jacob Obrecht (1450/51-1505) und Heinrich Isaac (ca. 1450-1517). Aus dem 16. Jh finden sich z. B. Joachim a Burck (1546-1610), Harmoniae sacrae ... (Nürnberg 1566; RISM A/I, B 4954); Orlando di Lasso (1532-1594), Sacrae cantiones ... (Nürnberg 1564; RISM A/I, L 779) und Antonio Scandello (1517-1580), Naive und lustige Weltliche Deudsche Liedlein ... (Dresden 1570; RISM A/I, S 1151). Aus dem 16. Jh stammen weitere Drucke Orlando di Lassos, Repräsentant der franco-flämischen Epoche und Hofkomponist am Münchner Hof mit seinen Motetten, seiner Messe und weiterer geistlicher Musik: Patrocinium musices ... (München 1573-1576; RISM A/I, L 857; A/I, L 873; A/I, L 874; A/I, L 877; A/I, L 885). Aus dem 17. Jh besitzt die Abteilung das Tabulatur Buch (Straßburg 1607) als Orgeltabulatur, das das Repertoire mehrerer Renaissance-Komponisten enthält. Ferner liegt ein Prager Druck des Meisters der polyphonischen Komposition und Hoforganisten der Kaiserkapelle von Rudolf II., Carl Luython (1557-1620), vor; es ist das Liber I Missarum (Prag 1609) mit reich verziertem Titelblatt und musikalisch-ikonographischer Ausstattung der Initialen (RISM A/I, L 3119).

2.416 Notendrucke des 18. und 19. Jhs sind in einer großen Anzahl vertreten, darunter auch die beliebtesten Arrangements für Salon- und Hausmusik. Die Klavierliteratur des kulminierenden Klassizismus ist umfangreich, so besitzt die Abteilung z. B. Haydns OEuvres complettes (Leipzig o. J.) und Beethovens Sonaten und andere Werke für das Pianoforte (Stuttgart 1877-1878). Umfangreich vertreten sind auch im Ausland herausgegebene Werke tschechischer Komponisten, wie z. B. Jan Krtitel Vanhal (1739-1813), VI Sonatine pour le Clavecin ... (Wien o. J.); Leopold Kozeluh (1747-1818), Sonate à 4 Mains pour le Clavecin ... (Wien o. J.) und die in Wien undatiert herausgegebenen 36 Fugen für das Piano-Forte und Trente six Fugues pour le Piano-Forté von Antonín Rejcha (1770-1836). Klavierauszüge beliebter und damals aufgeführter Opern, verschiedene Arrangements von Ouvertüren und den bekanntesten Arien für Piano (zu 2 und 4 Händen) und für weitere Instrumentalbesetzungen liegen in Erstausgaben vor. Erwähnt seien z. B. Mozarts La Clemenza di Tito (auch mit deutschem Titel, Leipzig 1795) und Idomeneo Re di Creta (Leipzig o. J., mit einem Stich von Jan Berka), Beethovens Fidelio. Eine große Oper ... (Wien o. J.), Rossinis Ouverture ... aus der Oper Der Türke in Italien (Wien o. J.), von Webers Ouverture zur Oper Oberon ... (o. O. o. J.) sowie Joseph Weigls Sammlung der beliebtesten Ouverturen (Prag o. J. [ca. 1830]).

2.417 Umfangreich vertreten ist das beliebte Genre Kammermusik, besonders durch Trios, Quartette und Quintette für Streicher und Bläser. Meister dieses Genres wie Mozart, Haydn oder Beethoven sind gut vertreten, selten hingegen sind die Oratorien dieser Komponisten für Kammerbesetzung, wie z. B. Haydns Die Schöpfung, ein Musikalisches Oratorium (Wien o. J.) in einem Arrangement des tschechischen Komponisten Antonín Vranický (1761-1820).

2.418 Vom Ende des 19. Jhs liegen in erster Linie Gesamtausgaben bedeutender Komponisten vor wie beispielsweise Bach (Leipzig 1851-1900), Beethoven (Leipzig 1862-1888), Mozart (Leipzig 1876-1905), di Lasso (Leipzig o. J.), Palestrina (Leipzig 1874-1907) und Johann Hermann Schein (Leipzig 1901 ff.). Vornehmlich aus dem 18. und 19. Jh finden sich Schulen für Instrumente oder Gesang (insgesamt 1064 Titel des 18. bis 20. Jhs, davon ca. 100 Titel Germanica). Bemerkenswert sind z. B. Chirologia Organico-Musica ... (Nürnberg 1711), Johann Baptist Lassers Vollständige Anleitung zur Singkunst (München 1798), Anweisung das Fortepiano zu spielen nach dem Französischen von Pleyl et Dussek (Braunschweig o. J.) und Peter Peyschas Gesang-Lehre zum Gebrauche an Gymnasien und Realschulen (Brünn 1860).

2.419 Gedruckte Lieder sind ebenfalls zahlreich vorhanden (darunter auch Volkslieder) mit Begleitstimme für Piano und für andere beliebte Instrumente. Erwähnt seien u. a. Allerhand Oden und Lieder (Lübeck 1650), Musikalisches Blumenkörbchen ... (Prag o. J.) und Der Saenger ... (Prag 1831). Auch die erste gedruckte Sammlung tschechischer Volkslieder Ceské národnj pjsne. Böhmische Volkslieder (Prag 1825) mit einer kolorierten Lithographie von Antonín Machek findet sich.

2.420 In der Abteilung finden sich zudem einige Werke, die laut RISM selten sind, wie z. B. Carl A. F. Westenholz (1736-1789), Die Hirten bey der Krippe zu Bethlehem (Riga 1774; RISM A/I, W 946), oder sogar Unikate wie Peter von Winters (1754-1825) Duett für Sopran und Tenor Wenn mir dein Auge strahlet aus der Oper Das unterbrochene Opferfest (Wien o. J.; RISM A/I, W 1562). Der Druck ist mit dem Stempel Prag bei Marco Berra versehen. Außerdem liegen vor Daniel Steibelts (1765-1823) Trois Sonates pour le Pianoforte ... (Wien o. J.; RISM A/I, S 5205) und Johann Rudolf Zumsteegs (1760-1802) Die Feuerfarbe fürs Forte-Piano (Hamburg und Altona o. J.; RISM A/I, Z 602).

2.421 Die Produktion deutscher Verlagshäuser ist gut repräsentiert, so liegen u. a. Drucke vor aus Augsburg (Grimm & Wirsung); Berlin (J. J. Hummel, Winter, Trautwein, Bureau des arts et d'industrie); Bonn (N. Simrock); Braunschweig (Mus. Magazin auf der Höhe); Leipzig (F. Hofmeister, A. Kühnel, Breitkopf & Härtel, Peters); Mainz (B. Schott); München (A. Berg); Nürnberg (K. Gerlach, J. Bergs Erben, Lochner); Offenbach (Johann André); ferner aus Frankfurt, Gotha, Lübeck, Regensburg und Straßburg. Drucke aus Wiener Verlagshäusern sind besonders vom Ende des 18. und aus der ersten Hälfte des 19. Jhs vertreten, so von Artaria & Co., Giovanni Cappi, Anton Diabelli, Haslinger, Franz Anton Hoffmeister, Tranquillo Mollo, Senefelder, Steiner, Torricella u. a. Einen wichtigen Raum nehmen berühmte Prager Musikverleger ein wie Marco Berra (1784-1853) und sein Nachfolger Jan Hoffmann (1814-1849), weiterhin die Buchhändler und Verleger Jan Bohumír Calve († 1805), Josef Jan Polt (†1842), Josef Rudl (1841-1917) und Emanuel Starý (1843-1906).

2.422 Historische Musikalien in Faksimileausgaben, die sowohl von großer Bedeutung für Musikforscher als auch für den Schutz des historischen Bestandes sind, liegen in 220 Titeln vor. Es finden sich beispielsweise Faksimiles der Autographen von Bach, Beethoven, Brahms, Haydn, Chopin, di Lasso, Monteverdi, Mozart, Schönberg, Schubert, Telemann, Wagner, von Weber und vielen anderen. Bemerkenswert sind auch die Faksimiles von Peter Schöffers Liederbuch ... (Mainz 1513, repr. München 1909 nach dem einzigen belegten Exemplar in der Königlichen Hof- und Staatsbibliothek zu München) und Johann Samuel Beyers (1669-1744) Primae lineae musicae vocalis ... (Freiberg 1703, repr. Leipzig 1977).

2.423 Neben den Notendrucken und Faksimiles besitzt die Abteilung ca. 5516 Titel zeitgenössische Abschriften von Musikwerken des 18. und 19. Jhs (Signatur 59 R,r; nach Formaten geordnet). Die Abschriften belegen die Beliebtheit einiger Musikgenres und -stücke in jener Zeit und die Häufigkeit der Aufführungen, nach denen sie oft unmittelbar angefertigt wurden. Unter den namhaften Komponisten finden sich W. A. Mozart, Haydn, J. Myslivecek, A. Rejcha, Smetana und Dvorák. In dieser Handschriftensammlung werden auch etwa 100 musikalische Autographen aufbewahrt.

2.424 Die von der Zahl der Stücke kleine, inhaltlich aber sehr interessante Sammlung der Korrespondenz (Signatur 59 L) enthält etwa 450 Dokumente berühmter Persönlichkeiten der internationalen Musikwelt. Neben Korrespondenz von Komponisten sind auch die Briefe von Musiktheoretikern, Publizisten, Musikern und Interpreten erhalten, so beispielsweise von Berlioz, Brahms, Mahler, E. Hanslick, Wagner, Smetana, Dvorák, Josef Suk u. a.

Zuzana Petrášková

Abteilung 60 - Bibliothek Jaroslav Vlcek [Vlckova knihovna]

2.425 Jaroslav Vlcek (1860-1930) war ein bedeutender positivistischer Literaturhistoriker und -kritiker sowie Professor für tschechische und slowakische Literatur an der Karls-Universität in Prag. Im Jahre 1921 bot er dem Ministerium für Schulwesen und Volksbildung einen Teil seiner Büchersammlung zum Kauf an. Die für seine wissenschaftliche Arbeit nützlichen Bücher behielt er bis zu seinem Tod im Jahre 1930, dann wurden auch sie der damaligen Universitätsbibliothek übergeben. Jaroslav Vlcek war bekannt für seine grundlegenden Arbeiten zur tschechischen und slowakischen Literatur. Nach dem Ersten Weltkrieg war er als Sektionsleiter des slowakischen Ministeriums für Schulwesen und in den Jahren 1919 bis 1930 als Verwalter der Matica slovenská tätig. Aus dieser Büchersammlung übernahm die Universitätsbibliothek 3487 Titel in 5607 Bdn und garantierte Professor Vlcek, sie in einer Sondersammlung aufzubewahren. Duplikate ohne Eigentumsvermerke wurden an die Universitätsbibliotheken in Bratislava [Preßburg] und Brno [Brünn] abgegeben. Etwa 20 Bde wurden der Slowakischen Museumsgesellschaft [Muzeálná slovenská spolocnost] in Martin geschenkt. Die Prager Universitätsbibliothek behielt nur 914 Titel in 1125 Bdn (ungefähr ein Viertel). Es handelt sich vornehmlich um Unikate der Slovacica und um seltene Werke tschechischer und fremdsprachiger Autoren. Die Sammlung ist im Tresorraum aufgestellt (nach den Formaten A-F).

2.426 Die Sammlung umfaßt einen Druck des 16. Jhs, 5 Titel des 17. Jhs (ca. 0,6 Prozent), 39 Titel des 18. Jhs (ca. 4,3 Prozent) und 649 Titel des 19. Jhs (71 Prozent). Vom Beginn des 20. Jhs stammen 143 Titel (ca. 15,6 Prozent); aus der Zeit nach 1914 finden sich 52 Titel (ca. 5,7 Prozent) und ohne Jahresangabe 25 (ca. 2,7 Prozent). Sprachlich gesehen haben tschechische und slowakische Drucke mit insgesamt 755 Titeln (ca. 82,6 Prozent) den größten Anteil. Die deutsche Sprache folgt mit 132 Titeln (ca. 14,4 Prozent), die lateinische mit 11 (ca. 1,2 Prozent). Weniger als ein Prozent Anteil haben Russisch (6 Titel), Spanisch und Ungarisch (jeweils 3), Polnisch (2) sowie Kroatisch und Katalanisch (jeweils ein Titel).

2.427 Bei den Alten Drucken des 16. und 17. Jhs dominieren sprachliche Bohemica und Slovacica. Inhaltliche Schwerpunkte liegen bei Religion, Recht, Rechtschreibung, Lehrbüchern und Schulwesen. Zahlreiche Drucke des 18. Jhs aus Böhmen, Ungarn und der heutigen Slowakei sind sprachwissenschaftliche Werke, Sprachlehrwerke sowie Schriften historischen, kunsthistorischen und philologischen Inhalts. Werke zu den Naturwissenschaften, zur Medizin, Geographie und Landwirtschaft sowie Nachschlagewerke ergänzen den Bestand aus dem 18. Jh. Wörterbücher und sprachwissenschaftliche Werke mit Bezug zur deutschen Sprache liegen hauptsächlich aus dem 19. Jh vor. In der Sammlung finden sich beispielsweise von Josef Dobrovský Deutsch-Böhmisches Wörterbuch (Prag 1802, 1821), von Karel Ignác Thám Deutsch-böhmisches-phraseologisches Nationallexikon oder Wörterbuch (Prag 1814), von Juraj Palkovic Böhmisch-deutsch-lateinisches Wörterbuch (Prag 1820, Preßburg 1821) und von Josef Chmela Lateinisch-böhmisch-deutsches Wörterbuch nach J. J. G. Schellers Etymologischer Grundlage (Königgrätz 1830). Werke deutscher Autoren zu Literatur und Kunst liegen aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs vor, darunter Otto Brahms Heinrich von Kleist (Berlin 1885), Karl Tomascheks Schiller's Wallenstein (Wien 1886), Paul Hagemanns Heinrich Heine (Berlin 1886), Immanuel Schmidts Byron im Lichte unserer Zeit (Hamburg 1888), Rudolf Kelterborns Hans Holbein (Leipzig 1897) und Karl Vosslers Poetische Theorien in der italienischen Frührenaissance (Berlin 1900). Vom Ende des 18. Jhs stammt Christoph Martin Wielands Gedanken von der Freyheit über Gegenstände des Glaubens zu philosophieren (Leipzig 1789).

2.428 Werke tschechischer und slowakischer Autoren zu verschiedenen Themenbereichen liegen auch in deutschen Übersetzungen vor. Zahlreich vorhanden sind historische Titel, insbesondere zum Magyarismus, und Titel zu slawischen Sprachen, darunter von Johann von Fejes Die Herrscher als Beyspiel für Unterthanen (Wien 1811), Ján Caplovic z Jasenové Slavonien und zum Theil Croatien (Pest 1819), František Palacký Würdigung der alten böhmischen Geschichtsschreiber (Prag 1830) und seine Geschichte von Böhmen (Prag 1845-1874), Matej L'udovít Šuhajda Der Magyarismus in Ungarn (Leipzig 1834), Samuel Hojc Apologie des ungarischen Slawismus (Leipzig 1843) und L'udovít Štúr Das 19. Jahrhundert und der Magyarismus (Wien 1845). Zur französischen Geschichte besitzt die Abteilung von M. L. Alphonse de Lamartine de Prat Geschichte der französischen Revolution (Stuttgart 1850) und Eine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der französischen Republik (Stuttgart 1850) in Übersetzungen aus dem Französischen. Zum Bereich Sprache und Literatur liegen u. a. vor Josef Dobrovskýs Lehrgebäude der böhmischen Sprache (Prag 1819), Antonín Jaroslav Puchmajers Lehrgebäude der russischen Sprache (Prag 1820) und Ján Kollárs Über die litterarische Wechselseitigkeit (Pest 1837). Die Bestände aus dem 19. Jh ergänzen Zeitungen und Zeitschriften.

Dagmar Kukucová †

Abteilung 61 - (nicht belegt)

Abteilung 62 - Geographische Karten [Zemepisné mapy]

2.429 Bis zum Anfang des 20. Jhs waren die Landkarten und Atlanten in der damaligen Universitätsbibliothek in den einzelnen Abteilungen aufgestellt, vor allem aber in der Abteilung 19 für die Geographie. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde dann eine Kartensammlung konstituiert, der 1947 mehr als 5000 Karten aus der Periode 1550 bis 1850 aus der Prager Lobkowicz'schen Bibliothek (s. u. Abteilung 65) zugegliedert wurden. Zudem umfaßt sie mehr als 8000 weitere inventarisierte Karten (vorwiegend aus der zweiten Hälfte des 19. und ersten Hälfte des 20. Jhs) und 10.000 unbearbeitete Einheiten. Diese Kartensammlung wurde durch Pflichtexemplare, Ankauf, Tausch, Konfiskate sowie einzelne Exemplare aus anderen Bibliotheksabteilungen erweitert. In den fünfziger Jahren des 20. Jhs wurde sie teilweise katalogisiert; andere Teile blieben bis heute unbearbeitet.

2.430 Nach 1951 sollten auf Beschluß des damaligen Ministeriums für Schulwesen, Wissenschaften und Kunst wichtige Landkarten in die Staatliche Kartensammlung [Státní sbírka mapová] überführt werden. Dieses Vorhaben wurde aber nur teilweise realisiert. Der Bestand in der Nationalbibliothek wechselte mehrmals seinen Standort; lediglich von 1945 bis 1957 war er für die Öffentlichkeit zugänglich. Bis Ende der siebziger Jahre wurde er noch vor allem durch gesetzliche Pflichtexemplare erweitert, während gleichzeitig Dokumente kartographischen Charakters auch in anderen Abteilungen der Bibliothek gesammelt wurden. So ist der Gesamtbestand vor allem durch seine Verschiedenartigkeit geprägt. Aufbewahrt bleiben alle Exemplare bis 1800 in der Abteilung für Handschriften und Alte Drucke - für die Bohemica Exemplare bis 1860 -, während der neuere Teil nach und nach zur Bearbeitung und Bewahrung den zuständigen Abteilungen der Nationalbibliothek übergeben wird. Die Lobkowicz'sche Sammlung bleibt als Ausnahme bis auf weiteres als Gesamtheit bestehen.

2.431 Inhaltlich überwiegen Publikationen zu den historischen böhmischen Ländern, der ehemaligen Monarchie Österreich-Ungarn sowie zu Gebieten des heutigen Deutschlands in General- und Spezialkarten. Es handelt sich um allgemeine geographische und topographische Karten, thematische Karten, Pläne von Städten, geographische und thematische Atlanten sowie um Schul-, Militär- und touristische Karten. Die Sammlung enthält auch einige Exemplare dreidimensionaler plastischer Karten. Handschriften sind nur in Ausnahmefällen vertreten. Vorhanden sind beispielsweise Jirí Matej (Georg Matthäus) Vischers Karte Österreichs Archiducatus Austriae Inferioris Accuratissima Geographica Descriptio (Augsburg 1670), Franz Anton Schraembls Neueste Generalkarte von Deutschland in XXV Blättern (Wien 1797), Adrian von Riedls hydrologischer Strom Atlas von Baiern (München 1806) sowie weitere Dokumente dieser Art, einschließlich der Projektdokumentation zum Bau des Donau-Oder-Schiffahrtskanals am Ende des 19. Jhs.

2.432 Die Lobkowicz'sche Kartensammlung umfaßt eine Reihe bedeutender kartographischer Werke, z. B. niederländische Kollektionen aus der zweiten Hälfte des 16. Jhs einschließlich einiger Karten von Abraham Ortelius. Erhalten sind die Beschreibung des Hochlöblichen Fürstenthum Obern und Nider Bayern (o. O. 1579) sowie Kartenkollektionen von Tobias Conrad Lotter, Johann Baptist Homann und Charles Hubert A. Jaillot. Unter den wenigen erhaltenen Atlanten der Lobkowicz'schen Sammlung finden sich See- und Marineatlanten aus dem 17. und 18. Jh, z. B. aus Amsterdamer oder Pariser Produktion. Unter den Darstellungen der böhmischen Länder sind verschiedene Ausgaben von Jan Kryštof (Johann Christian) Müllers Böhmen-Karten (Augsburg 1720, Paris 1757 und spätere Ausgaben), weiterhin die Carte chorographique et militaire de la partie de Saxe et de la Bohème (Leipzig 1778) sowie selbstverständlich zahlreiche Karten der böhmischen Länder, Regionen und Domänen aus der ersten Hälfte des 19. Jhs, z. B. von Joseph Karl Kindermann (Wien 1802), Carl Schütz (Wien 1807), František Jakub J. Kreybich (Charte vom Königreiche Böheim, Nürnberg 1807), Friedrich Schmoll (Wien 1809), Kryštof (Christoph) Passy (Maehren und oesterreichisch Schlesien, Brünn 1810) u. a.

Jan Sobotka

Abteilung 63 - Bibliothek Svatopluk Cech [Knihovna Svatopluka Cecha]

2.433 Die Bibliothek aus dem Nachlaß des tschechischen Dichters und Schriftstellers Svatopluk Cech (1846-1908), in dessen Gedichten die Tradition der tschechischen Verserzählung des 19. Jhs kulminierte, wurde im Jahre 1928 von seiner Schwester Zdenka Cechová der damaligen Universitätsbibliothek übergeben. Die Sammlung zählt 1895 Titel in 3265 Bdn (Formate A-E). Etwa 80 Prozent der Titel stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs, ca. 20 Prozent vom Anfang des 20. Jhs. In tschechischer Sprache liegen etwa 80 Prozent der Titel vor, in deutscher 11 Prozent, in russischer, französischer und in anderen Sprachen jeweils 3 Prozent.

2.434 Bei der Belletristik sind sowohl Titel der tschechischen Literatur als auch der Weltliteratur (im jeweiligen Original oder in tschechischer Übersetzung) vorhanden. Weitere vertretene Bereiche sind Literaturgeschichte, Linguistik, Sprachlehrbücher und Wörterbücher, Kunst (mit Ausstellungskatalogen), Ethnographie, tschechische und Weltgeschichte, Geographie einschließlich Reisebeschreibungen, Landwirtschaft, Kalender sowie Gedenkbücher und Jahresberichte von Schulen, Vereinen und Organisationen. Gesamtausgaben deutscher Autoren im Original liegen vor von Heine, Schiller, Schopenhauer und Friedrich Spielhagen. Von den deutschsprachigen, in Böhmen herausgegebenen Werken seien genannt Nikolas Tomeks Handbuch zu dem großen Katechismus aus den besten Religionsbüchern (Prag 1832) und Johann Roths Auszug aller im Königreich Böhmen bestehenden Verordnungen und Gesetze (Prag 1817-1819, Teile 1-12). Den Bestand ergänzen 40 Titel vorwiegend tschechischer Zeitschriften, darunter eine vollständige Reihe der Zeitschrift des Böhmischen Museums Casopis Musea Království ceského (1832-1905).

Jirí Vacek

Abteilung 64 - Amerikanische Masaryk-Abteilung [Americké oddelení Masarykovo]

2.435 Die Sammlung wurde von dem in New York ansässigen Rechtsanwalt Frederick L. Hackenburg (*1887) und von dem tschechoslowakischen Konsul in New York Jaroslav Novák (*1884) im Jahre 1930 gegründet, aus Anlaß des 80. Geburtstages des Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik, Tomáš Garrigue Masaryk (1850-1937). Die Sammlung umfaßt 1783 Titel in 1847 Bdn (Formate A-L): 97 Prozent der Titel sind im 20. Jh und 3 Prozent im 19. Jh (vorwiegend in der zweiten Hälfte) erschienen; nur ein Titel stammt aus dem 18. Jh (William Winterbothams An Historical, Geographical, Commercial and Philosophical View of the United States of America, New York 1796). Alle Werke liegen in englischer Sprache vor. Inhaltlich beziehen sie sich auf die Politik, Volkswirtschaft und Kulturgeschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, manche von ihnen behandeln die amerikanische Literatur und Kunst, einschließlich der Werke amerikanischer Künstler des 19. Jhs. Die letzten Neuerwerbungen stammen von 1949; seitdem ist die Abteilung geschlossen.

Jirí Vacek

Abteilung 65 - Prager Lobkowicz'sche Bibliothek [Prazská Lobkowiczká knihovna]

2.436 Die Bestände gehen auf die historische Adelsbibliothek des Fürstengeschlechts Lobkowicz in Roudnice nad Labem [Raudnitz] zurück, insbesondere auf die am Ende des 18. Jhs von der Zweiglinie Horín-Melník begründete Bibliothek. Die ursprüngliche Provenienz läßt sich bei einer Reihe von Büchern anhand der Einbände und Inschriften zweifelsfrei identifizieren. Die Entstehung und die historische Entwicklung sowie die Bestandszusammensetzung dieser Sammlung unterscheiden sich grundlegend von denen der Raudnitzer Lobkowicz'schen Bibliothek, die heute als eine der größten Adelsbibliotheken der Tschechischen Republik in Nelahozeves [Mühlhausen a. d. Moldau] aufbewahrt wird (s. Eintrag dort).

2.437 Die Prager Lobkowicz'sche Bibliothek stellt eine Sammelbibliothek dar, in die einige bedeutende Bibliotheken aus Adels-, Kloster- und Privatsammlungen vom Ende des 18. und Anfang des 19. Jhs eingingen. Gründer der Bibliothek war Fürst August Antonín Josef z Lobkowicz (1729-1803), ehemaliger kaiserlicher Gesandter am spanischen Hof in Madrid. Bei seiner Heimkehr nach Prag brachte er 1777 eine bemerkenswerte Zahl spanischer Drucke mit, darunter eine bibliophile Ausgabe des Don Quijot (Madrid: Joaquín Ibarra 1780). Die spanischen Bücher wurden zunächst in die Bibliotheken in seinem Prager Palais und in den verschiedenen regionalen Familiensitzen eingegliedert.

2.438 Fürst August Antonín Josef war stets um die Erweiterung seiner Bibliothek bemüht. Als Bestandteil der Mitgift seiner Gemahlin Marie Ludmila (1738-1790), geb. Gräfin Cernín (Czernin) z Chudenic, kam ein Teil der Bibliothek Czernin in das Eigentum Lobkowicz. Später kaufte der Fürst den Großteil der Bibliothek von Vojtech Prokop Czernin (1726-1777) mit mehr als 5000 Bdn Alter Drucke und 200 Handschriften. Czernins Bibliothek, deren Bücher ein vergoldetes heraldisches Supralibros auf dem Einband trugen, zählte zu den wertvollsten Adelsbibliotheken des 17. und 18. Jhs. Fürst Antonín Isidor z Lobkowicz (1773-1819), Sohn von Fürst August Antonín Josef, kaufte einige weitere Bibliotheken hinzu, beispielsweise 1809 die des deutschen Publizisten und Staatsmanns Friedrich von Gentz (1764-1832) mit einem Bestandsschwerpunkt bei Werken zur Französischen Revolution, weiterhin 1815 die Privatsammlung des Landesadvokaten und Syndikus der Prager Universität, Tomáš Antonín Putzlacher (1724-1815?), der ein bekannter Literat und Bibliophiler seiner Zeit war. Die Bibliothek Putzlachers umfaßte mehr als 10.000 Alte Drucke und Handschriften sowie mehr als 21.000 Bde späterer Drucke, überwiegend Bohemica, darunter u. a. Werke zur Geschichte der Karls-Universität und zum Kollegium im Klementinum. Teilweise handelt es sich um Unikate, so bei einigen gedruckten Dissertationen verschiedener Fachgebiete, Kleinschriften zum Dreißigjährigen Krieg sowie einer Sammlung von Landtagsartikeln, Kalendern und Patenten. Bereits seit Ende des 18. Jhs war in der Bibliothek ein ständiger Bibliothekar angestellt. Von 1790 bis 1829 war Martin Kohout und seit 1829 Felix Valois Beutel von Lattenberg tätig.

2.439 August Longin z Lobkowicz (1797-1842), der einige Zeit Statthalter in Galizien war, erweiterte die Bibliothek um zahlreiche Polonica. Nach dem Tod von Graf František Josef von Sternberg-Manderscheid (1763-1830), einem Bibliophilen und Kunstliebhaber, kaufte er etwa zwei Drittel von dessen Bibliothek (ca. 8000 Bde), die aus den verschiedenen Sternbergschen Bibliotheken des 17. und 18. Jhs stammten. Viele Bände tragen das Supralibros des Geschlechts Sternberg sowie einige handschriftliche Eigentumsvermerke von Familienmitgliedern. Mit dieser Bibliothek kam eine größere Zahl deutscher illuminierter Handschriften aus dem 11. und 12. Jh aus den schwäbischen Prämonstratenserklöstern Weißenau und Schussenried hinzu sowie ein Teil der zerstreuten Bibliothek des Grafen Manuel Teles da Silva Tarouca (Emmanuel Tellez de Sylva-Tarouca, 1696-1771).

2.440 Im Jahre 1833 erfuhr die Bibliothek des Prager Fideikommisses einen weiteren Zuwachs durch den Ankauf von ca. 700 Büchern und einer größeren Sammlung von Kupferstichen aus dem Eigentum des Grafen Adolf von Pötting (*1769) sowie 1835 durch die Sammlung des Juristen und klassischen Philologen Michael Schuster (1775-1834, Professor der Prager Universität). Sie enthielt eine seltene Sammlung griechischer und römischer Klassiker sowie eine Reihe von Inkunabeln und Handschriften. Nach dem Tod von Fürst August Longin im Jahre 1842 zählte die Bibliothek insgesamt ca. 22.300 Titel in 45.000 Bdn (ohne die Handbibliothek des Fürsten Antonín Isidor). Die erhaltenen Kataloge aus dieser Zeit nennen 606 Titel in 899 Bdn bei den Handschriften und 17.658 Alte Drucke in 35.023 Bdn (s. u. 3.4). Ob diese Kataloge tatsächlich den gesamten Buchbestand der Bibliothek verzeichnen, ist jedoch fraglich. Neuerwerbungen wurden später auf Dedikationsexemplare, Gelegenheitsdrucke oder Publikationen des Kulturvereins Matice ceská beschränkt.

2.441 Die Bibliothek war zusammen mit den Sammlungen der Kupferstiche, der topographischen Karten und anderer Kunst- und Naturgegenstände bis zum Verkauf an den Tschechoslowakischen Staat im Jahre 1928 im Fürstenpalais Lobkowicz auf der Kleinseite in Prag in 6 Räumen aufgestellt. Im Jahre 1922 erlitt sie Verluste infolge eines Brandes im Palais. Danach wurde der gesamte Buchbestand bis in die dreißiger Jahre in der Öffentlichen und Universitätsbibliothek deponiert (heute Nationalbibliothek), bevor es zu einer Aufteilung kam. Die Universitätsbibliothek in Prag konnte alle Handschriften und Inkunabeln übernehmen und durfte zudem auch bevorzugt Drucke auswählen. Die genaue Zahl der übernommenen Drucke ist nicht bekannt, da im Archiv keine entsprechenden Unterlagen vorliegen. Auch im Reservebestand der Nationalbibliothek wurde eine bisher nicht näher bestimmte Anzahl unbearbeiteter Bücher aus dieser Provenienz Lobkowicz entdeckt, vornehmlich Kleinschriften und mehrbändige Werke. Aufgrund ihrer historischen Provenienz oder zeitgenössischen Einbände wertvolle Dubletten kamen in die damals neueröffneten wissenschaftlichen Bibliotheken in Brno [Brünn] und Bratislava [Preßburg], ein anderer Teil ging an die Staatliche wissenschaftliche Bibliothek in Olomouc [Olmütz] (s. Eintrag dort). Einzelne Werke wurden auch in Antiquariaten zum Verkauf angeboten. Durch diese Aufteilung wurde die wertvolle Buchsammlung in ihrer Gesamtheit auseinandergerissen, so daß das historische Studium der einheimischen und europäischen Buchkultur des 18. und 19. Jhs anhand ihrer Bestände erheblich erschwert ist.

2.442 Der Handschriftenbestand (1157 Bde) wird in der Abteilung für Handschriften und Alte Drucke der Nationalbibliothek aufbewahrt (Signatur MS XXIII A-H). Er wurde in der Zwischenzeit nicht neu bearbeitet, so daß nur einige gedruckte Teilverzeichnisse existieren, z. B. für mittelalterliche deutschsprachige Handschriften, Handschriften aus der Klosterbibliothek Weißenau und romanische Handschriften (s. u. 5, V. Cerný F. Schulte; E. Wenzel). Mit einer auf eine Dauer von etwa 10 Jahren angelegte Katalogisierung wurde Mitte 1995 begonnen. Die mehr als 300 Inkunabeln aus der Lobkowicz'schen Bibliothek wurden in den Inkunabelbestand der Nationalbibliothek eingegliedert (s. o. Abteilungen 39-44) und werden gleichfalls in der Abteilung für Handschriften und Alte Drucke aufbewahrt. Eine inhaltliche Beschreibung dieses Komplexes liegt bisher nicht vor. Gegenwärtig erfolgt eine Neukatalogisierung im Rahmen der Inkunabelbearbeitung in der Nationalbibliothek (s. u. 3.2).

2.443 Der Bestand an gedruckten Büchern umfaßt vorwiegend Alte Drucke, darunter einige Unikate. Der Teil der Alten Drucke, der nach der Aufteilung in den Besitz der Nationalbibliothek überging, wurde in den dreißiger Jahren für den Generalkatalog katalogisiert (Signatur 65, Formate A-G). Es handelt sich um ca. 17.000 Titel, darunter etwa 900 Drucke aus dem 16. Jh. Bisher ist die Sammlung in ihrer Gesamtheit nicht katalogisiert oder bearbeitet. Mit einer chronologischen Bearbeitung der Drucke aus dem 16. Jh wurde 1998 begonnen. Die tschechischen Drucke bis 1800 werden in der Nationalbibliographie der tschechischen und slowakischen Drucke verzeichnet, jedoch mit ihren ursprünglichen Signaturen aus dem Prager Palais. Die fremdsprachigen Bohemica werden zudem in der Datenbank Bibliographie der gedruckten fremdsprachigen Bohemica 1500/1800, die in der Hauptbibliothek der Akademie der Wissenschaften in Prag ausgearbeitet wird, aufgenommen. Spanische und portugiesische Alte Drucke, darunter auch einige portugiesische Unikate aus der Bibliothek des Grafen Manuel Teles da Silva Tarouca, registriert das gedruckte Verzeichnis der Hispanica und Portugalica (s. u. 5, V. Cerný). Die Sammlung mit Kleinschrifttum aus der Abteilung für Handschriften und Alte Drucke ist unter der Signatur 65 G aufgestellt und umfaßt etwa 5550 Drucke (darunter interessante Drucke aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges). Sie ist bisher kaum bearbeitet und für den Benutzer schwer zu erschließen. Der Germanica-Anteil beträgt insgesamt schätzungsweise 30 Prozent.

2.444 Die Sammlung geographischer Karten bildet den Bestandteil einer inhaltlich breit gefächerten, zur Zeit aber nicht zugänglichen Kartensammlung (s. o. Abteilung 62). Für den Bereich Buchgraphik bedeutende Werke (zuvor in der Abteilung 61) gingen Ende der vierziger Jahre des 20. Jhs zusammen mit allen graphischen Sammlungen der Nationalbibliothek an die Graphische Sammlung der Nationalgalerie in Prag.

Jaroslava Kašparová

Abteilung 66 - Bibliothek Kubelík (Széll) [Kubelíkova (Széllova) knihovna]

2.445 Im Januar 1928 bot Marianne Kubelíková, geb. Széll dem Ministerium für Kultur und Volksbildung in Prag eine umfangreiche und einzigartige Sammlung von Büchern und Archivalien an. Es war die geerbte Sammlung ihres Adoptivvaters Farkas Széll (1844-1909), dem Juristen, Historiker, Gerichtspräsidenten in Debrecen und Budapest und Büchersammler. Den Grundstock der Sammlung bildet die ebenfalls geerbte Bibliothek von dem ungarischen Aufklärer György Bessenyei (1747-1811).

2.446 Szélls Sammlung (ca. 2716 Titel in 3350 Bdn) wurde 1932 vom Ministerium in der damaligen Öffentlichen und Universitätsbibliothek deponiert und als Sondersammlung im Januar 1932 in die Abteilung 66 (Formate A-L) inkorporiert. Sie wurde großenteils in den dreißiger Jahren inventarisiert und katalogisiert. Aus dem 16. Jh stammen 13 Titel (ca. 0,5 Prozent), aus dem 17. Jh 79 Titel (ca. 3 Prozent), aus dem 18. Jh 973 Titel (ca. 36 Prozent) und aus dem 19. Jh 1503 Titel (ca. 55,7 Prozent). Széll ergänzte die Bibliothek bis zu seinem Tod 1909; aus dem ersten Jahrzehnt des 20. Jhs stammen 52 Titel (ca. 2 Prozent). Ohne Erscheinungsjahr sind 96 Titel (ca. 3,6 Prozent). Die am häufigsten vertretene Sprache in dieser Abteilung ist Ungarisch mit 1667 Titeln (61,3 Prozent). Daneben finden sich 512 deutschsprachige Titel (18,8 Prozent), 435 lateinische (16 Prozent), 49 französische (1,8 Prozent), 39 englische (1,4 Prozent) sowie 7 italienische (0,25 Prozent). Je 2 Titel sind in tschechischer und slowakischer, je einer ist in griechischer, spanischer und rumänischer Sprache vorhanden.

2.447 Neben Werken aus europäischen Verlagen finden sich auch Werke aus nordamerikanischen. Zahlreich vorhanden sind Drucke aus Deutschland und Österreich (mindestens 448 Titel aus mehr als 35 Städten), vor allem aus Wien (205 Drucke), Leipzig (113), Berlin (22), Frankfurt a. M. (19), Nürnberg (14), Hamburg (8), Halle (7), Augsburg und München (je 5), Göttingen, Jena, Ulm und Graz (je 4) sowie aus Hannover und Erlangen (je 2). Weitere Städte sind mit je einem Titel vertreten. Viele deutschsprachige Bücher und Zeitschriften sind in Ungarn erschienen, beispielsweise in Budín [Buda], Pest, Sopron und in einigen siebenbürgischen Städten. Deutschsprachige Drucke erschienen zudem in den früher oberungarischen Städten Bratislava [Preßburg], Košice [Kaschau], Levoca [Leutschau], Bardejov [Bartfeld] und in den Bergbaustädten der heutigen mittleren Slowakei.

2.448 Die Titel in ungarischer Sprache stammen zumeist aus Städten des Ungarischen Königreichs. Es finden sich aber auch Drucke aus deutschsprachigen Städten, vornehmlich aus Wien, Leipzig, Berlin, Halle, Dresden, Nürnberg und Basel. Mehr als 300 Titel sind auf dem Gebiet der heutigen Slowakei erschienen. Zwischen 1918 und 1938 kamen diese territorialen Slovacica als Pflichtexemplare in die Nationalbibliothek. Etwa 200 Titel stammen aus Druckereien in Bratislava, mindestens 50 aus Košice; weitere Titel stammen aus Trnava [Tyrnau] und Levoca. Vorherrschende Sprachen bei den Slovacica sind Deutsch und Ungarisch, daneben finden sich zahlreiche Werke in Latein.

2.449 Inhaltlich hat Szélls Bibliothek vornehmlich hungarologischen Charakter. Die Sammelinteressen ihres Besitzers lagen in erster Linie bei den Fächern Recht, Geschichte, Kultur- und Literaturgeschichte, Philologie, Bibliophilie und ungarische Belletristik. Szélls eigene juridische und kulturhistorische Schriften liegen ebenfalls vor. Einzelne Bücher tragen den Stempel ihres Besitzers Széll Farkas könyvtárábol [Aus der Bibliothek von Farkas Széll]. In vielen Büchern finden sich zudem Widmungen der Autoren, die das bibliophile Interesse Szélls dokumentieren. Von drei Elzevier-Drucken sei Christian Matthiae, Theatrum historicum theoretico-practicum ... (Amsterdam 1656) genannt.

2.450 Auf dem Gebiet der Philologie dominieren Werke der ungarischen Produktion mit Monographien, wissenschaftlichen Studien und Wörterbüchern. Bemerkenswert sind Werke zu damals neu entstandenen Fachdisziplinen der vergleichenden Finno-Ugristik. Hinzu kommen Kleinschriften und Periodika, darunter komplette Jahrgänge historischer ungarischer Zeitschriften. Von den ältesten Werken ungarischer Autoren seien genannt die Arbeiten des Philologen Albert Szenczi Molnár (1574-1639); die erste ungarische Enzyklopädie Magyar Encyclopaedia (Utrecht 1655) von János Apáczai Csere; die Szent Biblia (Ultrecht 1794) des Bibelübersetzers Gáspár Károli; aus dem 18. und 19. Jh Werke des Juristen, Linguisten und Direktors der Wiener Kaiserbibliothek Adam Kollár, des Geschichtsschreibers und Ethnographen Ladislav Bartholomaeides, von Pavel Josef Šafarík Elemente der altböhmischen Grammatik (Prag 1867) sowie Drucke des Ethnographen und Publizisten Ján Caplovic, z. B. Croaten und Wenden in Ungarn (Preßburg 1829). Die Sammlung besitzt zudem drei Werke von Jan Amos Komenský, Janua linguarum reserata aurea ... (Leutschau 1655) parallel in deutscher und lateinischer Sprache, Eruditionis Scholasticae Pars Prima ... (Debrecin 1727) und Musae Patakinae iterum ad Luctum vocatae ...dignissimi ...Sigismundi Rakoci ... (Patakini 1652).

2.451 Deutsche Drucke liegen vor allem zu Geschichte, Geographie einschließlich Reisebeschreibungen, Kulturgeschichte, Recht und Ökonomie vor. Von den ältesten seien genannt Ulrich Tenglers Der neu Leyenspiegel von recht mässiger Ordnunge in burgerlichen und peinlichen Regimenten (Straßburg 1514), Sebastian Münsters Cosmographei (Basel 1550), Hieronymus Oertls Chronica, oder historische Beschreibung aller Kriegsempörungen ... (Nürnberg 1602), Kaspar Maurers Ungarische Chronica (Nürnberg 1664), Sigmund von Birkens Der vermehrte Donaustrand (Nürnberg 1684), Paul Conrad Balthazars Alt und Neu Pannonia (Nürnberg 1686) und Johann Christoph Hahns Neu-vermehrter politischer Nach-Tisch ... (Leipzig 1693). Zahlreiche Werke des 18. Jhs betreffen die Geographie und Geschichte des damaligen Ungarn. Daneben sind aus dem 18. und 19. Jh verschiedene Wörterbücher, Hand- und Lehrbücher sowie Belletristik (Originale und Übersetzungen) vorhanden. Hier finden sich z. B. Goethes Faust (Stuttgart 1868) und Schillers Sämtliche Werke (Graz 1834-1836) sowie weitere Klassiker der Weltliteratur wie Ovid, Horaz, Shakespeare, Swift, Dickens, Montesquieu, Molière, Voltaire und Racine in Ausgaben des 18. und 19. Jhs. Umfangreich ist auch der Bestand an deutschsprachiger regionaler Literatur mit Gelegenheitsschriften und Kalendern aus slowakischen und ungarischen Regionen, in denen die deutschsprachige Bevölkerung dominierte (z. B. aus der Zips oder aus Siebenbürgen).

2.452 Von den deutschsprachigen Zeitschriften seien in Auswahl genannt Murr's Journal zur Kunstgeschichte und zur allgemeinen Literatur (Nürnberg 1775), Ungarisches Magazin (Preßburg 1781-1787), Wiener Zeitschrift (hrsg. von L. A. Hoffman, Wien 1792), Zeitschrift von und für Ungern (Pest 1802-1804), Oesterreichische militärische Zeitschrift (Wien 1820-1821), Revue österreichischer Zustände (Leipzig 1842-1845), Der Spiegel. Zeitschrift für die elegante Welt ... (Pest und Ofen 1847) sowie Der Zeitgeist (Pest 1847-1848).

Dagmar Kukucová †

Julius Bredár

Abteilung 67 - Bibliothek Tereza Koseová-Dubrovská [Knihovna Terezy Koseové-Dubrovské]

2.453 Der Bestand dieser Abteilung wurde 1932 von der Dichterin und Übersetzerin südslawischer Literatur, Tereza Koseová-Dubrovská, geb. Mixová (1878-1951), der damaligen Öffentlichen und Universitätsbibliothek vermacht. Ihre Buchsammlung zählt 1068 Titel in 1322 Bdn und ist nach Formaten aufgestellt (Formate A-D). Etwa 30 Prozent der Titel stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs, etwa 70 Prozent aus dem ersten Drittel des 20. Jhs. Sprachlich dominiert Tschechisch mit 40 Prozent; es folgen Deutsch mit 33 Prozent, Französisch mit 20 Prozent, Englisch mit 5 Prozent und Polnisch mit 2 Prozent.

2.454 Es handelt sich vornehmlich um Titel der Belletristik in Originalen und Übersetzungen ins Tschechische und Deutsche, um Memoiren, philosophische Schriften einschließlich der morgenländischen Philosophie, Reisebeschreibungen, Reiseführer und Werke zur Bildenden Kunst. Aus der Zeit vor 1850 ist nur eine Ausgabe der Werke von Charles Dickens in englischer Sprache vorhanden (Leipzig 1842-1862) sowie als ältestes Werk der Sammlung Johann Jakob von Weingartens Manuductio zum Rechtsprocess bei den Stadtgerichten ... (Nürnberg 1700). Bei den deutschsprachigen Werken dominieren Übersetzungen skandinavischer Belletristik.

Jirí Vacek

Abteilung 68 - Bibliothek Vratislav Cerný [Knihovna Vratislava Cerného]

2.455 Die Privatbibliothek von Dr. Vratislav Cerný (1871-1933), der als Advokat, Förderer von Beziehungen zwischen den slawischen Völkern und Montenegro-Forscher tätig war, wurde aus seinem Nachlaß erworben und 1935 inventarisiert. Sie umfaßt 879 Titel in 1087 Bdn und ist nach Formaten aufgestellt (Formate A-F). Auf das 19. Jh (mit Schwerpunkt in der zweiten Hälfte) entfallen ca. 40 Prozent, auf das erste Drittel des 20. Jhs ca. 60 Prozent. Die vorherrschende Sprache ist Serbokroatisch mit 33 Prozent, gefolgt von Deutsch mit 25 Prozent, Russisch mit 15 Prozent, Tschechisch mit 7 Prozent, Französisch mit 6 Prozent und Italienisch mit 4 Prozent. Den Rest bilden Werke in anderen, vor allem slawischen, Sprachen. Zumeist handelt es sich um Originalausgaben; Übersetzungen sind ausgesprochen selten.

2.456 Inhaltlich dominieren Werke zu Cernýs historischem Spezialinteresse an der Geschichte südslawischer Länder, insbesondere Montenegros, des weiteren Werke zur Geschichte des Balkans und zur Widerstandsbewegung gegen die Türken sowie zu Kriegen. Ethnographie, Geographie und Recht sind ebenfalls vertreten. Der älteste deutsche Titel ist gleichzeitig der einzige aus dem 18. Jh; es ist Alberto Fortis Reisebeschreibung von Dalmatien (Bern 1793). Zeitschriften sind in der Sammlung in geringer Zahl vertreten, darunter einige Titel aus Montenegro und eine vollständige Reihe der russischen Zeitschrift Russkaja beseda (Moskau 1856-1860), jedoch keine deutschsprachigen.

Jirí Vacek

Abteilung 69 - (nicht belegt)

Abteilung 70 - Bibliothek der schwedischen, norwegischen und dänischen Schenkungen [Knihovna švédských, norských a dánských dar]

2.457 Den Grundstock bildet eine 1340 Bde umfassende Schenkung der schwedischen Regierung im Jahre 1927, der noch im selben Jahr eine Schenkung von der norwegischen Regierung folgte (234 Bde). Zu Beginn der sechziger Jahre erhielt die Bibliothek eine Schenkung aus Dänemark (248 Bde). Vereinzelte Zuwächse kamen noch später hinzu; die letzten Eintragungen im Standortkatalog stammen aus den Jahren 1983 bis 1985 (s. u. 3.2). Insgesamt umfaßt die Abteilung 1751 Titel in 2793 Bdn (Formate A-F), darunter 1035 Titel in schwedischer Sprache (59 Prozent), 284 in norwegischer (16 Prozent), 222 in dänischer (12,7 Prozent), 161 in englischer (9 Prozent), 22 in deutscher, 18 in französischer, 6 in lateinischer, 2 in spanischer und einer in italienischer (insgesamt 2,8 Prozent in den übrigen Sprachen). Inhaltlich betreffen 1095 Titel in 1972 Bdn (62,5 Prozent) Schweden; 426 Titel in 573 Bdn (24,3 Prozent) Norwegen und 230 Titel in 248 Bdn (13,2 Prozent) Dänemark. Die Werke stammen aus der Zeit von 1820 bis 1980.

2.458 Der schwedische Teil des Bestandes ist inhaltlich am vielseitigsten. Besonders in der ersten Schenkung von 1927 bekam die Bibliothek eine Reihe von repräsentativen Alben, Enzyklopädien, Nachschlagewerken, Editionen und vor allem Kulturzeitschriften, darunter auch Titel des 19. Jhs. Die späteren Zuwächse sind inhaltlich ähnlich strukturiert, doch beginnen die Literaturgeschichte und die Belletristik zu überwiegen. Vorhanden sind Werke zur Geschichte, Kunstgeschichte (einschließlich Sammlungskataloge), Geographie, Literaturgeschichte, schwedischen Philologie, vergleichenden Nordistik (einschließlich einiger Handschriftenkataloge wie z. B. Wilhelm Gödels Katalog över Kungliga Bibliotekets fornisländska handskrifter, Stockholm 1897-1900), Ethnographie, Musikgeschichte sowie schwedische Belletristik.

Zdenek Hojda

Abteilung 71 - Bibliothek František Xaver Šalda [Knihovna F. X. Šaldy]

2.459 František Xaver Šalda (1867-1937), Dichter, Prosaiker, Dramatiker und Übersetzer, gilt als Begründer der tschechischen Literatur- und Kunstkritik. Zudem war er als Professor für die Geschichte der modernen abendländischen Literaturen an der Prager Karls-Universität tätig. Seine Privatbibliothek mit 3412 Titeln in 3759 Bdn vermachte er 1937 der Nationalbibliothek. 76 Bde gingen verloren; der derzeitige Bestand umfaßt 3683 Bde (Formate C-F) und ist in der Abteilung für Handschriften und Alte Drucke aufbewahrt.

2.460 Neben den tschechischen und ins Tschechische übersetzten wissenschaftlichen und belletristischen Werken ist ein recht großer Teil des Bestandes fremdsprachig. Germanica machen annähernd 15 Prozent des Gesamtbestandes aus (490 Titel in 560 Bdn). Zu den Germanica zählen sowohl deutschsprachige Originale als auch fremdsprachige Werke mit deutscher Thematik sowie Übersetzungen ins Deutsche. Übersetzungen liegen vor allem aus dem Englischen, Russischen und Französischen vor sowie aus skandinavischen Sprachen, vereinzelt auch aus dem Lateinischen, Griechischen und Chinesischen.

2.461 Sämtliche Germanica stammen aus dem 19. Jh (vorwiegend aus dem letzten Viertel) sowie aus dem 20. Jh bis 1937. Die Germanica des 19. Jhs zählen mehr als 50 Bde. Hier finden sich literarische Werke von Goethe, Hölderlin, Kleist, Heine, Eduard Mörike, Hebbel, Gottfried Keller, Conrad Ferdinand Meyer, Detlev von Liliencron, Gerhart Hauptmann, Richard Dehmel, Stefan George, Hugo von Hofmannsthal, Thomas Mann, Rainer Maria Rilke u. a. Deutsche Übersetzungen liegen u. a. vor von Dante Alighieri, Jens Peter Jacobsen, Selma Lagerlöf, John Ruskin, George Bernard Shaw, aber auch von Sophokles, Lao-Tse und Li-Tai-Po. Einige Titel enthalten Randbemerkungen des Besitzers.

2.462 Von Šalda verfaßte oder bearbeitete Werke fehlen ebenfalls nicht im Bestand. In seinen kritischen und literaturhistorischen Arbeiten konzentrierte sich Šalda vorwiegend auf die Bohemistik und Romanistik, befaßte sich aber auch mit der deutschen Literatur. So übersetzte er beispielsweise Hebbels Gyges und sein Ring und einige Schriften von Nietzsche. Vermehrt arbeitete er jedoch über Goethe. Sein Interesse an deutscher Ästhetik, Kunstgeschichte, Literaturgeschichte und -theorie sowie Philosophie schlug sich auch in seiner Bibliothek nieder. Neben Kant stehen hier deutsche Ausgaben von Leibniz, Schleiermacher, Wilhelm Dilthey, Freud, Friedrich Gundolf, Heinrich Wölfflin, Julius Meier-Graefe u. a.

Emanuel Macek †

Abteilung 72 - Bibliothek Kamill Resler [Knihovna Kamilla Reslera]

2.463 Ein Teil der Privatbibliothek des Juristen Dr. Kamill Resler (1893-1961) wurde 1988 durch Ankauf seines Nachlasses in einem Prager Antiquariat für die Nationalbibliothek gewonnen. Resler war in Prag als Advokat, Verleger und Sammler von Libri prohibiti tätig. Sein spezielles Interesse galt der okkultistischen Literatur, deren Sammlung in ihrer Gesamtheit ein Unikat darstellt. Sie thält hermetische und esoterische Schriften, Werke zur Schwarzen und Weißen Magie, zu Theurgie und anderen okkulten Wissenschaften; außerdem sind das Hexenwesen, der Satanskult und der Faust-Stoff häufige Themen. Den größten Bestandsanteil haben Magie, Dämonologie, Hexenwesen, Hermetik und Esoterik. Hexenprozesse, die Geschichte der Magie, Schwarze Messen, Vampirismus sowie zahlreiche Dissertationen zu Teilaspekten der Mysterien sind ebenfalls vertreten. Weitere ca. 500 Dokumente aus Reslers Sammlung befinden sich im Besitz des Museums für böhmische Literatur [Památník národního písemnictví] (s. Eintrag dort), darunter Handschriften, Korrespondenz und Aktenmaterial aus seiner Kanzlei.

2.464 Die Bibliothek zählt gemäß dem Erwerbungsverzeichnis insgesamt 398 Titel in 448 Bdn (einschließlich der Duplikate und Konvolute), die nach Formaten und Numerus currens aufgestellt sind. Aus dem 16. Jh stammen 4 Titel, aus dem 17. Jh 20, aus dem 18. Jh 120, aus dem 19. Jh 119, aus dem 20. Jh 55 Titel bis 1918 und 80 nach 1918. Sprachlich handelt es sich um lateinische Schriften (95 Titel aus dem 17. und 18. Jh, vereinzelte aus dem 19. Jh), um deutsche (172 Titel, davon 2 aus dem 16. Jh), um französische (128 Titel, davon einer aus dem 16. Jh) sowie um wenige Schriften in anderen Sprachen (3 Titel, davon ein tschechischer).

2.465 In Reslers Buchbestand haben deutsche Autoren des 16. bis zur Mitte des 20. Jhs den größten Bestandsanteil. Die meisten stammen aus dem 18. und 19. Jh, darunter auch ca. 80 Bde deutscher Autoren in lateinischer Sprache. Die Gesamtzahl der vertretenen deutschen Autoren liegt bei etwa 250. Dementsprechend zahlreich finden sich deutsche Druckorte im Bestand; die am häufigsten vertretenen sind Berlin, Frankfurt a. M., Jena, Leipzig, München und Stuttgart. Weiterhin vertreten sind Dresden, Erfurt, Gotha, Güstrow, Halle, Konstanz, Magdeburg, Mannheim, Paderborn, Regensburg, Tübingen, Weimar, Wiesbaden, Wittenberg und Wolfenbüttel; des weiteren Graz, Wien und Prag.

2.466 Ein seltener deutscher Druck ist Paul Frisius' (Fries Nagoldanus) Des Teuffels Nebelkappen (Frankfurt a. M. 1583) in der Ausgabe von Wendel Hum auf 24 Blättern. Die ältesten Werke stammen aus der ersten Hälfte des 16. Jhs und befassen sich mit dem Hexenwesen, so Ulrich Molitors Hexen Meysterey (Konstanz 1545) mit einer Widmung für Graf Sigmund von Oester. Zwei Schriften stammen aus der zweiten Hälfte des 16. Jhs und befassen sich mit Dämonologie; in lateinischer Sprache ist Joannes Laurentius Ananias' De natura daemonum libri IIII (Venedig: Aldus Manutius d. J. 1581) in der Erstausgabe. Lateinische Schriften finden sich erwartungsgemäß vermehrt im älteren Bestand; so beispielsweise Johann Paul Ipsens Disputatio juris canonici de origine ac progressu processus ... contra sagas (Halle 1712) und Jacobus Bukkys De apparitionibus mortuorum vivis ex pacto factis. Von der abgeredeten Erscheinung nach dem Tode (Danzig 1708, Ragusa [Dubrovnik] 1729). Eine seltene Erstausgabe des 17. Jhs ist Friedrich von Spees Cautio criminalis (Rinteln 1631), in Halbpergament gebunden.

2.467 Auch einige seltene deutschsprachige Schriften liegen vor, z. B. Gustav Roskoffs Geschichte des Teufels (Leipzig 1869), drei Teile von Jacob Sprengers und Heinrich Institoris' Malleus Maleficarum. Der Hexenhammer (Berlin 1906), Der Geist Lurian (Wien und Prag o. J.) sowie Michael Freudius' Gewissens-Fragen von Processen wieder die Hexen ... (Güstrow 1667). Hinzu kommen Schriften von Philander und Kiesewetter. Zur französischen Literatur zählen beispielsweise Delrius' Werke Disquisitionum magicarum (Venedig 1616), Le grand Grimoire (Nimes 1823), Memoire pour le comte de Cagliostro (Paris 1786), von M. Lyonnos Traité de la mythologie (Mannheim 1802) und von Gougenot des Mousseaux Les hauts phénomènes de la magie ... (Paris 1864).

2.468 Umfangreich vertretene Themen sind die Satans- und Teufelsgeschichte, die Zauberei und Magie, Astrologie, Alchemie sowie spezielle okkulte Wissenschaften. Auch seltene kabbalistische Werke liegen vor, z. B. Wolfgang Hildebrands Magia naturalis (Erfurt 1617). Von Johann Christoph Adelungs Geschichte der menschlichen Narrheit oder Lebensbeschreibungen berühmter Schwarzkünstler, Goldmacher, Teufelsbanner ... (Leipzig 1785-1788) liegt der erste, vierte und sechste Teil der Erstausgabe vor; von Odilo Schreger Zu nutzlicher Zeit-Anwendung, zusamm getragener Auszug der merckwürdigsten Sachen (Stadt Hof 1756). Weitere nennenswerte Titel sind Arbatels De magia veterum (Duisburg und Frankfurt 1686), Karl Gräbners Bilder der Wunderkunst (Weimar 1834) und Wilhelm Gottlieb Soldans Geschichte der Hexenprocesse (Stuttgart und Tübingen 1843).

Josef Wolf


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.