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 Nationalbibliothek(St.Petersburg):Bestandsgeschichte
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Rossijskaja nacional'naja biblioteka

Russische Nationalbibliothek

2. BESTANDSBESCHREIBUNG (2.325 - 2.437)

Zeitungen

2.325 Bei einem Gesamtbestand von 558.000 Zeitungstiteln (Stand: 1998) liegen 375.000 Titel in russischer Sprache, 72.640 Titel in ukrainischer, 10.425 Titel in weißrussischer Sprache und 42.825 Titel in Fremdsprachen vor. Von den 310 näher zu betrachtenden Zeitungen befinden sich 125 Titel in der Abteilung für Polygraphie, 101 in der Rossica-Abteilung, 45 in der Abteilung für Zeitungen und 39 in der fremdsprachigen Zeitschriftenabteilung. Sechs Titel entfallen auf das 17. Jh, 76 auf das 18. Jh und 228 auf das 19. Jh. 228 Titel (ca. 70 Prozent) erschienen im deutschen Sprachgebiet, und zwar 34 in Berlin, 27 in Leipzig, 30 in Wien, 13 in Hamburg, 7 in Dresden, 6 in München und je 4 in Breslau, Nürnberg und Gotha. Die übrigen erschienen in sonstigen Städten des deutschsprachigen Raumes sowie in deutscher Sprache im Baltikum und in Rußland.

2.326 Von den 28 Zeitungen aus Riga sind die frühesten die Rigaschen Anzeigen von allerhand ... Sachen, welche mit Genehmigung eines hochedlen und hochweisen Rath bekannt gemacht werden (1761-1852), der Rigascher Anzeiger ...welche mit hoher obrigkeitlicher Bewilligung bekannt gemacht werden (1826-1852), die Rigische Politische Zeitung (1793), der Geist der Journale (1809), hrsg. von August von Kotzebue sowie die Nicht-politische Zeitung für Deutsch-Russland (1826-1827, 1830-1832).

2.327 Sechzehn Zeitungen erschienen in St. Petersburg, darunter die St. Petersburgische Zeitung (1729-1914, lückenhaft), fortgeführt als Petrograder Zeitung (1914-1916, mit Beiblättern), St. Petersburger Herold (1876-1914), fortgeführt als Petrograder Herold (1914-1915, mit Beilagen), Nordische Presse (1870-1874) und St. Petersburgische Senats-Zeitung (1800-1826). Neun Zeitungen wurden in Mitau [Jelgava] publiziert, darunter die Mitausche Zeitung (1773-1850, lückenhaft), das Kurländische Provinzialblatt (1810-1811) und die Allgemeine Deutsche Zeitung für Russland-Mitau (1811-1831). Aus Dorpat [Tartu] liegen 7 Zeitungen vor, darunter die Dorpatsche Zeitung (1789, 1814-1875); die Neuen inländischen Blätter (Dorpat 1813) und das Dorpater Tagesblatt (1862-1864).

2.328 Aus Reval [Tallinn] stammen 5 Zeitungen, darunter die Revalische Wöchentlichen Nachrichten (1772-1825), die Esthona (Reval 1828-1830) und die Estländische Gouvernements-Zeitung (1853-1869). Außerdem enthält der Bestand Zeitungen aus Moskau, Saratov, Odessa, Narva, Pernau [Pärnu] und Libau [Liepaja]. Darunter sind die Moskausche Zeitung (1811-1812), Moskauer Zeitung (1864-1865), Moskauer Deutsche Zeitung (1870-1914), Saratowsche Deutsche Zeitung (1864-1866) und Odessaer Zeitung (1863-1914). Insgesamt haben etwa 75 deutschsprachige Zeitungen russische und baltische Verlagsorte. Das entspricht 24,2 Prozent des Bestandes an historischen Zeitungen.

2.329 Etwa 15 Zeitungen wurden in deutscher Sprache in den USA und in westeuropäischen Ländern (außer Rußland) publiziert, darunter Die Tafelrunde (Washington 1870-1872), die Österreichisch Amerikanische Zeitung (New York, Philadelphia und Chicago 1886), Patriotischer Frauen Bazar zum Besten der Verwundeten, sowie der Witwen und Waisen der gefallenen deutschen Krieger (New York 1870, Nr. 1-3). In Bulgarien erschien das Bulgarische Echo (Sofia 1895), in Italien Adria. Süddeutsches Centralblatt für Kunst, Literatur und Leben (Triest 1838) und in Ungarn Pester Loyd (Pest 1870-1875, 1879). Deutschsprachige Zeitungen erschienen auch in Rumänien und Polen. Im historischen deutschen Sprachgebiet erschienen zudem 13 Zeitungen in französischer Sprache und eine Zeitung in tschechischer Sprache. Unter den französischsprachigen Zeitungen aus Berlin finden sich Gazette de Berlin (1775-1776), Gazette française de Berlin (1796-1798), Gazette littéraire de Berlin (1764-1775), Gazette ou le conservateur littéraire de Berlin (1792-1793), Journal de Berlin ou nouvelles politiques et littéraires (1740-1741) sowie La Russie (1880). In tschechischer Sprache ist die Zeitung Vlast (Berlin 1898, 1902) vorhanden.

2.330 Die Vorläufer der Zeitungen waren Meßrelationen, die die Besucher von Messen mit Berichten und Dokumenten zu gesellschaftlichen Themen informieren sollten. Begründer der Meßrelationen war der österreichische Wissenschaftler und Schriftsteller Michael Eytzinger (von Aitzing), von dem die Relatio Historica, dess so sich nach dem Abschied der Cöllnischen zusammenkunft, von wegen Niederlendischen Pacification gehalten (Köln 1583) vorliegt. Diese Ausgabe sowie eine weitere des folgenden Jahres waren schnell vergriffen und veranlaßten Verleger in Köln und in Frankfurt, ähnliche Druckschriften zu veröffentlichen. So erschien u. a. Historicae Relationis Continuatio Warhafftige Beschreibunge aller fürnemmen ... von Tag zu Tag verfasset und gestellt Durch Jacobum Francum ... (o. O. 1593). Bis zu seinem Tode 1598 gab Eytzinger anläßlich jeder Frankfurter Messe einen Band mit dem Titel Relatio Historica heraus, von denen mehrere (1588-1596) vorliegen. Einige Verleger begannen in dieser Zeit, ähnliche Drucke anläßlich der Frankfurter und Leipziger Messen zu publizieren. So finden sich für den Zeitraum 1588 bis 1625 Ausgaben der Relationes von Jacob Francus, Jacob Frame und Sigismund Latomus im Bestand.

2.331 Bei der Rekatalogisierung zweier Sammelbände aus dem fremdsprachigen Bestand stellte sich heraus, daß sie alte deutsche Zeitungen aus dem Zeitraum 1618 bis 1634 enthielten (ohne Titel). Die Ausgabe des Jahres 1619 beginnt mit den Worten Continuatio der wochentlichen Zeitungen von Johannes Evangelistae 1618 biss wider Johannes Babtistae 1619 gelibtes Gott. Der Erscheinungsort der Zeitungen von 1618/1619 ist vermutlich Frankfurt a. M., für 1633/1634 Stuttgart. Bei der Stuttgarter Zeitung finden sich einige Nummern der Ordentlichen wochentlichen Post-Zeitung (1633-1634). In den Sammelbänden wurden zudem 2 Nummern der Mercurij Ordinari Zeitung (Nr. 221-222, Oktober bis November 1631) entdeckt, die in deutschen Bibliotheksbeständen selten zu finden sind.

2.332 Die frühesten deutschen Zeitungen werden in der Abteilung Polygraphie aufbewahrt. Als Beispiel sei die Leipziger Zeitung vom 24. April 1660 genannt mit dem Titel Wieder kommende Nachrichten über Kriege und Welthandel (auch 1717, 1720-1721, 1731, 1734-1735, 1738, 1740-1754, 1756, 1768-1774, 1792). Hier findet sich auch die älteste Berliner Zeitung, die Vossische Zeitung: Königlich privilegierte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen (1709-1771, lückenhaft). Zu früheren Zeitungen aus dieser Abteilung gehören Wiennerisches Diarium (Wien 1708, 1709), Wienerisches Diarium oder Nachrichten von Staats-, vermischten und gelehrten Neuigkeiten (Wien 1747, 1770-1771) und Der Biedermann (Leipzig 1727-1729). Gelegentlich befindet sich dieselbe Zeitung teils in der Abteilung Polygraphie, teils in der Zeitungsabteilung, so die Berlinische Nachrichten (1742-1828, lückenhaft, und 1829-1871). Die Allgemeine Zeitung, die in Stuttgart, Ulm, Augsburg und seit 1882 in München erschien und wegen ihrer Informationsfülle eine führende Position unter den deutschen Zeitungen einnahm, wird in der Zeitungsabteilung für Zeitungen (1798-1810) und in der Abteilung Polygraphie (1813-1900) aufbewahrt.

2.333 Einige Zeitungen sind in der Abteilung für fremdsprachige Zeitschriften aufgestellt, darunter die Neue Freie Presse. Morgenblatt (Wien 1865-1897, lückenhaft). Sämtliche Zeitungen, die in Rußland erschienen, werden in der Abteilung Rossica aufbewahrt. Einen großen Anteil machen universelle und gesellschaftspolitische Zeitungen aus (260 Titel, ca. 80 Prozent). Genannt seien hier Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger (Berlin 1822-1900, lückenhaft); Spenersche Zeitung (Berlin 1742-1873, lückenhaft); Neue Preußische Zeitung (Berlin 1819-1879, lückenhaft); Berliner Tagesblatt (Berlin 1879-1901, lückenhaft); Münchener Allgemeine Zeitung (München 1798-1915, lückenhaft) und Kölnische Zeitung (Köln 1870-1875).

2.334 Andere Zeitungen (ca. 50 Titel) tfallen auf die Bereiche Handel, Industrie, Ökonomie und Finanzen, z. B. das Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel (Leipzig 1834-1916), die Rigasche Börsen- und Handels-Zeitung (Riga 1870-1895), die Berliner Börsen-Zeitung (Berlin 1874), die Industrie-Zeitung (St. Petersburg 1877- 1896, lückenhaft), das Amtsblatt zur Wiener Zeitung und Central Anzeiger für Handel und Gewerbe (Wien 1874, Nr. 147-242) sowie die Land- und Forstwirtschaftliche Zeitung (Riga 1886-1905).

2.335 Des weiteren liegen vor Zeitungen aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Bildung, darunter Allgemeiner Litterarischer Anzeiger, oder Annalen der gesammten Litteratur ... (Leipzig 1796-1801), die Leipziger Literatur-Zeitung (Leipzig 1803-1834), die Allgemeine Theaterzeitung: Original-Blatt für Kunst, Literatur, Musik, Mode und geselliges Leben (Wien 1836 und 1844), die Zeitung für Literatur und Kunst (Riga 1811-1812), die Österreichischen Blätter für Literatur und Kunst (Wien 1844-1845), die Allgemeine Schul-Zeitung für das gesamte Unterrichtswesen (Jena 1863-1881), die Deutsche Universitäts-Zeitung (Leipzig 1848), das Morgenblatt für gebildete Leser (Stuttgart und Tübingen 1807-1851, lückenhaft), Erfurtische gelehrte Nachrichten (Erfurt 1754-1755) und Niedersächsische Nachrichten von gelehrten neuen Sachen (Hamburg 1829-1831).

2.336 Als Beispiele humoristischer und illustrierter Zeitungen seien genannt die Holzhof-Zeitung (Dorpat 1882); Der junge kikeriki: Humoristisches Volksblatt (Wien 1884, Nr. 139); die Ehestands-Zeitung oder Flitterwochen-Blatt (Mitau 1863); der Berliner Krakehler (Berlin 1848-1849) sowie Über Land und Meer (Stuttgart 1858-1914). Aus dem Bereich der Militärzeitungen liegen u. a. vor die Deutsche Kriegerzeitung (Leipzig 1848, Nr. 1-2; 1849 Nr. 1), die Militärische Zeitung (Wien 1855) und Der Russische Invalide oder die Kriegs-Zeitung (St. Petersburg 1813-1821). Unter den religiösen Zeitungen finden sich die Neue Evangelische Kirchenzeitung (Berlin 1878, Nr. 10 und Nr. 44; 1879 Nr. 2), das Rigasche Kirchenblatt (Riga 1764-1770, 1872-1915) und das St.-Petersburger Evangelische Sonntagsblatt (St. Petersburg 1852-1913). An medizinischen und juristischen Zeitungen seien erwähnt Medizinische Zeitung Russlands (St. Petersburg 1844-1859) sowie Juristische Literatur-Zeitung (Halle und Leipzig 1799-1801).

Rozina Rozalija Naumovna

Druckgraphik

2.337 Zur Zeit umfaßt die ausländische Druckgraphik des 15. bis 20. Jhs mehr als 355.000 bibliographische Einheiten. Graphik des 15. Jh bis 19. Jhs, die im historischen deutschen Sprachgebiet oder in deutscher Sprache in anderen Ländern gedruckt worden ist, ist in nahezu allen Sammlungen vorhanden. Sie umfaßt 13.746 bibliographische Einheiten, darunter 13.284 Einblattdrucke und Lithographien. Besonders umfangreich sind deutsche historische Stiche in der Hauptsammlung. Dort sind ausländische Stiche seit dem 19. Jh nach nationalen Schulen und innerhalb der Schulen chronologisch geordnet. Zusätzlich ist die Hauptsammlung in Porträts, Länder- und Städteansichten sowie thematische Stiche unterteilt. 460 Titel machen Stich-, Lithographie- und Photographiealben sowie Alben mit verschiedenen polygraphischen Techniken aus. Der Großteil der Alben wird im Bestand fremdsprachiger Drucke aufbewahrt und dort beschrieben.

2.338 Die historische deutsche Druckgraphik beträgt 13.746 Titel (3,8 Prozent des ausländischen Bestandes), davon 62 Inkunabeln, 817 Titel aus dem 16. Jh, 3484 aus dem 17. Jh, 4768 aus dem 18. Jh und 4615 aus dem 19. Jh. Im historischen deutschen Sprachgebiet wurden 9329 Titel in deutscher Sprache, 3489 in lateinischer, 239 in französischer, 23 in englischer, 6 in russischer, 4 in italienischer und je ein Titel in niederländischer und griechischer Sprache gedruckt. Außerhalb dieses Sprachgebiets wurden 654 Titel in deutscher Sprache verfaßt. Die Zahl der Graphiken wurde anhand der Kataloge ermittelt, ebenso die Zahl gebundener Druckwerke.

2.339 Die Porträtsammlung umfaßt 10.928 Titel (80,6 Prozent), davon 116 Titel aus dem 16. Jh, 3132 aus dem 17. Jh, 4695 aus dem 18. Jh, und 2985 aus dem 19. Jh. Die Porträtblätter werden in der Sammlung von D. A. Rovinskij (4857 Stiche aus dem 16. Jh bis zur ersten Hälfte des 19. Jhs), in der Hauptsammlung (1796 Stiche des 16. bis 18. Jhs), in der Sammlung ausländischer Porträts (1260 Stiche und Lithographien, überwiegend aus dem 18. und 19. Jh), in der Sammlung von Gustav Laddey (2330 Stiche und Lithographien, vorwiegend 19. Jh) und in der Sammlung Galerie Peters des Großen (26 Stiche und Lithographien des 17. bis 19. Jhs) aufbewahrt. Der Rest verteilt sich auf andere Bestände.

2.340 In allen Sammlungen dominieren Bildnisse von Kaisern, Königen und Herzögen. Besonders bemerkenswert im Germanica-Bestand sind zu Lebzeiten erschienene Bildnisse deutscher Humanisten, Reisender, Gelehrter und Männer des öffentlichen Lebens. Aus dem 16. Jh stammen Porträts von Albrecht Dürer, z. B. Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen (1524), sowie zwei Porträts des deutschen Humanisten Philipp Melanchthon von Dürer (1526) und Heinrich Aldegrever (1540) sowie ein Selbstbildnis von Aldegrever (1503). Das 17. Jh ist mit Kupferstich-Porträtisten wie Domenico Gustos, Wolfgang Bartholomäus, Philipp Kilian, Johann Dürr, Jacob Sandrart und Moritz Lang vertreten. Aus dem 18. Jh stammen die Stiche von Johann Martin Bernigeroth (1670-1733; mehr als 200 Bl.), Johann Christoph Susang (ca. 200 Bl.) sowie von Elias Christoph Heiss, Johann Kenkel und Bernhard Vogel. Unter den Lithographien des 19. Jhs sind von Interesse die Bildnisse russischer Aristokraten, die Ludwig Wagner in den vierziger und fünfziger Jahren in Karlsruhe anfertigte. An Alben seien genannt Bibliotheca chalcographica hoc est virtute et eruditione clarorum virorum imagines ... (Heidelberg und Frankfurt a. M. 1669); Sachsens Fürsten in wohlgetroffenen Bildnissen von Friedrich Rossmäsler (Leipzig 1819); Eduard Hau, Sammlung von Portraits der Professoren an der kaiserlichen Universität zu Dorpat (Dorpat 1837) und Bildnisse berühmter Deutscher (Leipzig 1850-1857).

2.341 Die Sammlung mit Ansichten von Städten und Ortschaften umfaßt 1069 Titel (7,8 Prozent). Auf das 16. Jh entfallen 9 Titel, auf das 17. Jh 54, auf das 18. Jh 72 und auf das 19. Jh 934. Vorwiegend finden sich Ansichten deutscher Städte, darunter Hamburgs (1628) sowie Ansichten von Leipzig, Dresden, Augsburg und Graz, die von Lukas Schnitzer in den Jahren 1665 bis 1667 gestochen wurden. Umfangreich vertreten sind auch Ansichten Bremens aus dem 18. Jh und der ersten Hälfte des 19. Jhs mit Stichen von Wolfgang Christoph Anton Mayr, Daniel Albert Emsting sowie mit Lithographien von Adolf Dreyer und Johann Bremermann. Bemerkenswert sind Ansichten von St. Petersburg und Moskau, die deutsche Stecher und Lithographen im 18. Jh und am Anfang des 19. Jhs angefertigt haben. Die zweite Hälfte des 19. Jh ist mit Verlagsserien und Ansichtsalben Deutschlands, Italiens, Frankreichs sowie der USA von Johann Gabriel Friedrich Poppel, Albert Paune und Friedrich Geißler vertreten.

2.342 Graphik zu historischen Themen beläuft sich auf 278 Titel historische Germanica (2 Prozent vom Gesamtbestand). Aus dem 16. Jh stammen 98 Titel, aus dem 17. Jh 16, aus dem 18. Jh 24 und aus dem 19. Jh 139 Titel. Unter den Stechern des 16. Jhs zu Sujets der Alten Geschichte ist Jost Amman mit der Serie Neue Livische Figuren, darinnen die gantze Romische Historien künstlich begriffen und angezeigt (Frankfurt a. M. 1573) zu erwähnen. An Drucken zur deutschen Geschichte verdienen Erwähnung die Serie der von Holztafeln des 16. Jhs gedruckten Holzschnitte wie Der Triumphzug Kaiser Maximilians (Wien 1777); das handkolorierte Turnier Buch Herzogs Wilhelms IV. von Bayern von 1510-1518. Facsimile nach dem Original Manuscript herausgegeben von Franz Reichardt (München 1880) und das Album der Proklamierung des deutschen Kaiserreiches im Schlosse zu Versailles 18. Januar 1871 (Berlin 1871) mit Originalphotographien. Auch zu Rußland finden sich zahlreiche Graphiken, z. B. der der Thronbesteigung Katharinas II. gewidmete Kupferstich Das Volck ruft einig aus, Chatrin die Zweite lebe ... (J. M. Will, Augsburg 1762). Ferner liegen vor 3 kolorierte Alben mit Stichen von Christian Gottfried Geissler, darunter Mahlerische Darstellungen der Sitten, Gebräuche und Lustbarkeiten bey den russischen, tatarischen, mongolischen und anderen Völkern im russischen Reich (Leipzig 1804). Darüber hinaus finden sich 110 Bilderbogen aus der Zeit des Krimkrieges (1853-1856), aus dem Verlag Oehmigke und Riemschneider in Neuruppin.

2.343 Das Kriegswesen betreffen 16 Titel (0,1 Prozent) aus dem 19. Jh. Dazu gehören Alben zu Militäruniformen Europas, darunter das seltene Album Die vorzüglichsten Rüstungen und Waffen der K.K. Ambrasen-Sammlung (Wien 1859-1862, mit Originalphotographien).

2.344 Die Gruppe Kunst betreffen 1346 Titel, darunter 76 zur Architektur (0,6 Prozent). Auf das 17. Jh entfallen 8 Titel, auf das 18. Jh 29 und auf das 19. Jh 39 Titel. Von Interesse sind Bauzeichnungen, Entwürfe und architektonische Details aus dem 17. und 18. Jh von Susanna Sandrart, Johann Ulrich Stapf und Johann August Corvinus. An Alben seien genannt Paul Decker d. Ä., Civil-Bau-Kunst (Nürnberg 1711); Entwürfe zu Kirchen, Pfarr- und Schul-Häusern, hrsg. von der Königl. Preuss. Ober-Bau-Deputation (Postdam 1852) sowie das Wiener Façaden Buch: 1860-1890 (Wien 1892). Die Alben der Museumssammlungen (Galeriewerke) umfassen 54 Titel (0,4 Prozent), darunter 4 aus dem 18. Jh und 50 aus dem 19. Jh. Vorhanden sind Alben, Abbildungen und lithographische Reproduktionen aus Kunstsammlungen Deutschlands, z. B. Die Gemälde-Gallerie des Königlichen Museums in Berlin: in Lithographien der vorzüglichsten Gemälde derselben (Berlin 1840-1845). Im späten 19. Jh dominieren Alben mit phototypischen Abbildungen (Lichtdruck) und photomechanischen Abbildungen, z. B. Die Schätze der großen Gemälde-Galerien Englands (Leipzig 1882-1886). Bemerkenswert sind auch Alben mit Reproduktionsgraphik der zweiten Hälfte des 18. Jhs, z. B. Recueil d'Estampes gravées d'après les tableaux de la galerie et du cabinet de ...comte De Brühl (Dresden 1754).

2.345 Die Bildende Kunst zählt 113 Titel (0,8 Prozent), darunter aus dem 18. Jh 3 und aus dem 19. Jh 110 Titel. Vorwiegend sind Alben des 19. Jh vorhanden, die kunstgeschichtlichen Themen und dem Schaffen einzelner Künstler gewidmet sind, z. B. Kupferstiche und Holzschnitte alter Meister in Nachbildungen (Berlin 1899), Rembrandt-Galerie: Eine Auswahl von hundert Gemälden Rembrandts (Stuttgart 1886) und Intermezzi componiert, radiert ... von Max Klinger (Nürnberg 1880). Graphik zu einzelnen Gattungen und Motiven umfaßt 930 Titel. Besonders umfangreich sind Stiche mit religiösen Motiven (402 Titel oder 2,9 Prozent), davon tfallen 53 Titel auf das 15. Jh, 120 auf 16. Jh, 78 auf das 17. Jh, 69 auf das 18. Jh und 80 auf das 19. Jh.

2.346 Wertvoll sind die Holzschnitte und Stiche des 15. bis 17. Jhs. An frühen Drucken liegen Werke unbekannter Meister vor wie Das Jüngste Gericht, Der heilige Hieronymus, Die Madonna in der Glorie mit Engeln, weiterhin Stiche aus der Serie Das Leiden Christi von Martin Schongauer, von Abrecht Dürer Simon bezwingt den Löwen (1498), Der heilige Georg zu Pferde, Das Große Leiden Christi (1497-1511), Das kleine Leiden Christi (1508-1512) und Marienleben (1494-1514). Das 16. Jh ist mit Stichserien wie Das Leben Jesu Christi, Die Geschichte des Joseph von Georg Pencz und Doctrina, vita et passio Jesu Christi von Hans Leonhard Schäufelein vertreten. Aus dem 17. Jh sind Stiche von Lucas Kilian aus der Serie Sanctuarum Christianorum zu nennen. Die meisten Stiche und Lithographien des 18. und 19. Jhs sind Reproduktionen von Gemälden. Besonders häufig sind Werke von Georg Friedrich Schmidt und Johann Gotthard von Müller. Im Albenbestand werden auch Werke des 16. und 17. Jhs aufbewahrt, so Jost Ammans Icones Evangeliorum, das ist künstliche Figuren (Frankfurt a. M. 1587), Christoph Weigels Biblia ectypa. Bildnüßen auß Heiliger Schrifft des Alt- und Neuen Testaments (Augsburg 1695) und Johann Bunos Bilder-Bibel (Hamburg 1680).

2.347 Stiche zu mythologischen Motiven umfassen 98 Titel (0,7 Prozent), davon aus dem 16. Jh 9 Titel, aus dem 17. Jh 57, aus dem 18. Jh 17 und aus dem 19. Jh 15. Zu erwähnen sind Das Meerwunder (15. Jh) von Albrecht Dürer, Blätter der Serie Die Fahrten des Herkules von Heinrich Aldegrever (16. Jh), Parnassus cum imaginibus Musarum Deorumque ... von Johann Theodor de Bry (Frankfurt a. M. 1601) und das Album Hercules ethnicorum ex variis antiquitatum ... von Laurentio Begero (Berlin 1705). Stiche zu allegorischen Motiven umfassen 83 Titel (0,6 Prozent), davon entfallen 39 Titel auf das 16. Jh, 18 auf das 17. Jh, 23 auf das 18. Jh und 3 auf das 19. Jh. Genrestiche belaufen sich auf 104 Blätter (0,8 Prozent). Auf das 16. Jh entfallen 10 Titel, auf das 17. Jh 13, auf das 18. Jh 32 und auf das 19. Jh 49 Titel. In dieser Gruppe sind die Stiche des 16. Jhs von besonderem Interesse, z. B. Die drei Bauern von Albrecht Dürer und Blätter der Reihe Die Hochzeittänzer von Heinrich Aldegrever sowie Stiche von Hans Beham und Heinrich Ulrich.

2.348 Landschaftsstiche belaufen sich auf 110 Titel (0,8 Prozent), davon ein Titel aus dem 16. Jh, 31 aus dem 17. Jh, 38 aus dem 18. Jh und 40 aus dem 19. Jh. Als Besonderheiten finden sich ein Stich von Hans Sebald Lautensack (16. Jh) sowie Werke von Matthäus Merian, Jonas Umbach (17. Jh), Johann Balzer (18. Jh), Benedikt Peringer (Anfang des 19. Jh) und Carl Krüger (1880). Tierdarstellungen sind mit 45 Titeln (0,3 Prozent) vertreten. Aus dem 15. Jh stammt ein Titel, aus dem 16. Jh und 17. Jh stammen jeweils 2, aus dem 18. Jh 24 und aus dem 19. Jh 16 Titel. Zu nennen sind als ältester Holzschnitt aus dem 15. Jh Die liegende Hirschkuh, aus dem 16. Jh Dürers Stich Das Große Pferd und aus dem 17. Jh Johann Heinrich Roos' Stich Der Esel und die Schafe. Vorhanden sind auch Stiche des 19. Jhs von Adam Bartsch nach Zeichnungen von Roos.

2.349 Illustrationen literarischer Werke betragen 88 Titel (0,6 Prozent). Aus dem 15. Jh stammen 8 Titel, aus dem 16. Jh 2, aus dem 17. Jh 21, aus dem 18. Jh 34 und aus dem 19. Jh 23 Titel. Hervorzuheben sind 8 Illustrationen zur Ausgabe von Sebastian Brandts Stultifera Navis, hrsg. von Johann Bergmann von Olpe (Basel 1494); die Illustrationen von Daniel Nikolaus Chodowiecki zu Georg Christoph Lichtenberg, Handlungen des Lebens sowie Illustrationen zu Tragödien Shakespeares, wie Coriolanus (Berlin 1784). Bei den Alben finden sich Johann Ulrich Kraus' Die Verwandlungen des Ovidii (Augsburg, um 1700), Bilderatlas zur Geschichte der deutschen Nationalliteratur, bearb. von Gustav Könnecke (Marburg 1887) und Dante in der deutschen Kunst, hrsg. von G. Locella (Dresden 1890).

2.350 Graphik zur angewandten Kunst machen 53 Titel (0,4 Prozent) aus. Auf das 17. Jh entfallen 2 Titel, auf das 18. Jh 4 und auf das 19. Jh 47. Vorhanden sind Stiche mit Mustern für Schmuckstücke von Daniel Hailer (17. Jh) sowie mit Verzierungen für Möbel und Kutschen von Franz Habermann (18. Jh). Im Albenbestand überwiegen Ausgaben des ausgehenden 19. Jhs. Besondere Erwähnung verdient das Album Aus den Blättern für Kunstgewerbe: In Federzeichnung ausgeführt von B. Thürlemann (Wien 1870), dessen 8 Bände den Erzeugnissen aus Glas, Metall, Textil und Keramik gewidmet sind sowie Phototypie-Alben zu Metallarbeiten. Unter den Werken zu Möbeln ist das Phototypie-Album Möbel und Zimmereinrichtungen der Gegenwart (Berlin 1848) von besonderem Interesse . Die Ornamentstichsammlung beläuft sich auf 29 Titel (0,3 Prozent). Aus dem 16. Jh stammen 2 Titel, aus dem 17. Jh 7, aus dem 18. Jh 10 und aus dem 19. Jh 10. Hier überwiegt die Buchornamentik unbekannter Meister. Es liegen aber auch eine Holzschnitt-Vignette von Heinrich Aldegrever (16. Jh) vor und Ornamentstiche des 18. Jhs von Anton Nicolaus Gutwein, Josef Leopold und Johann Ulrich Klaus. Wertvolle Quellen zur Ornamentsgeschichte stellen Alben dar, z. B. Thürlemanns 270 originelle Decorations-Motive aus allen Kunstepochen (Zürich 1889) oder Cornelius Gurlitts Das Barock- und Rococo-Ornament Deutschlands (Berlin 1885).

2.351 Kostümstiche umfassen 48 Titel (0,3 Prozent), davon 5 aus dem 17. Jh, 17 aus dem 18. Jh und 26 aus dem 19. Jh. Aus dem 17. und 18. Jh liegen z. B. vor Habitus praecipuorum populorum, hrsg. von Hans Weigel (Ulm 1639) und Johann Martin Bernigeroth, Neu und aufrichtig tdeckte Gebräuche der Freymaurer bey ihren Versammlungen (Leipzig 1745). Aus dem 19. Jh sind Alben mit Stichen und Lithographien zur Kostümgeschichte vorhanden, z. B. Jacob Heinrich von Hefner-Alteneck, Trachten des christlichen Mittelalters: Nach gleichzeitigen Kunstgedenkmalen (Frankfurt a. M. und Darmstadt 1840-1854) sowie zu Volkstrachten, z. B. Albert Kretschmer, Deutsche Volkstrachten (Leipzig 1870). Graphik zum Theater ist mit 43 Titeln (0,3 Prozent) vertreten, davon 33 Titel aus dem 17. Jh, einer aus dem 18. Jh und 9 aus dem 19. Jh. Besondere Erwähnung verdienen Stiche der Reihe Theatralische Darstellungen aus der Oper Il pomo d'oro (17. Jh) von Mathäus Küsel und das Album Die Meininger (Hamburg 1890) von Christian Wilhelm Aller.

Exlibris-Sammlung Vladimir A. Briliant

2.352 In den sechziger Jahren des 20. Jhs leitete Vladimir Aleksandrovic Briliant (1883-1969) in der Bibliothek die Kartenabteilung und war einer der führenden Mitglieder des Leningrader Exlibrisvereins. Seine Sammlung umfaßt 2000 Exlibris. Ausländische Exlibris des 16. bis 19. Jhs, die in traditionellen Techniken angefertigt wurden, sind zahlreich vertreten. Von besonderem Interesse sind Arbeiten deutscher, französischer und englischer Meister, die selten in anderen russischen Exlibris-Sammlungen zu finden sind. Aus dem 17. Jh stammen 5 Exlibris, aus dem 18. Jh 79 und aus dem 19. Jh 32. In erster Linie sind hier Exlibris mit Darstellungen von Besitzerwappen unbekannter Stecher vertreten. Unter den namentlich bekannten Arbeiten des 18. Jhs sind hervorzuheben Exlibris der Meister Martin Tyroff, Peter Fehr, Johann Adam Schmutzer und Johann Heinrich Wicker. Bekannt und hoch geschätzt von Sammlern sind Exlibris des Dresdener Theologen Moritz Karl Christian Woog (angefertigt von Christian Friedrich Böthius, um 1725), des Senators Zacharias Konrad von Uffenbach (angefertigt von Johann Ulrich Kraus, um 1710), des Hofarztes des polnischen Königs Stanisav August Poniatowski, Philipp Heinrich Beckler (angefertigt von Johann Striedbeck, Mitte des 18. Jhs) und des Diakons der Hl. Elisabeth-Kirche in Breslau Hieronimus Scholz (angefertigt von Johann Bartholomäus Strahowski, um 1780). Die Exlibris-Sammlung ist zwar systematisch geordnet und signiert, aber in Katalogen und Karteien bisher nicht verzeichnet.

Ol'ga I. Rudakova

Musikdrucke

2.353 Bei einem Gesamtbestand von etwa 390.000 Einheiten umfaßt die Notenabteilung (s. o. 1.91-1.98) ca. 13.000 fremdsprachige, vor 1900 erschienene Notendrucke, die im deutschen Sprachgebiet und z. T. auch in anderen Ländern publiziert wurden. Die Erhebung der Bestandszahlen erfolgte anhand der Kataloge und Karteien sowie teilweise durch Auszählung am Regal.

2.354 Der chronologische Schwerpunkt des Bestandes liegt in der zweiten Hälfte des 19. Jhs (ca. 12.000 Titel). Der Rest des Bestandes verteilt sich auf 3 Drucke des 16. Jhs, 29 des 17. Jhs, 260 des 18. Jhs und 142 aus der ersten Hälfte des 19. Jhs. Die Notendrucke des 18. Jhs erschienen überwiegend in Wien (Verlag Artaria & Co., 70 Titel), in Berlin (Verlag J. J. Himmel, ca. 60 Titel) und in Offenbach (Verlag J. André, ca. 40 Titel). Mit einzelnen Ausgaben sind die Leipziger Verlage Gottlob Immanuel Breitkopf und Bernhard Breitkopf (5), Breitkopf & Härtel (2) und der Mannheimer Verlag Gölz (3) vertreten. Bei den Musikalien aus der ersten Hälfte des 19. Jhs sind die Verlage Breitkopf & Härtel (Leipzig, 33 Drucke), J. André (Offenbach, mehr als 20), N. Simrock (Bonn, 18), Köhnel (Leipzig, 9) und B. Schott (Mainz, 8) vertreten.

2.355 Von den Notendrucken der ersten Hälfte des 19. Jhs sind 83 außerhalb des deutschen Sprachgebietes erschienen, die meisten davon in Moskau (35 Drucke, in den Verlagen Brücker 8, L'Echo Musicae 5, Grösser 4) und in St. Petersburg (40 Drucke, davon in den Verlagen Brieff 3, Klever 6, Paez 8, Bernard 6). Der umfangreiche Bestand aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs weist verschiedene deutsche Druckorte auf und läßt nur kleinere Schwerpunkte erkennen, z. B. bei Leipzig (20, u. a. Arnoldische Buchhandlung, Mitrofan Belaieff, W. Benicke, Breitkopf & Härtel, E. Eulenburg, C. F. Peters); Berlin (10, Bote & Bock, M. Schlesinger, N. Simrock); Hamburg (6, J. A. Böhme, G. D. Rahter, F. Schuberth) und Dresden (5, Bauer, C. F. Meser, J. Seeling). Die außerhalb des deutschen Sprachgebietes veröffentlichten Notendrucke dieses Zeitraums sind vorwiegend in Moskau (Julij Grösser, Aleksandr Bogdanovic Gutheil u. a.) und St. Petersburg (A. Bütter, A. Johansen, P. Soikin u. a.) erschienen, aber auch in Dorpat, Mitau, Riga, Breslau, Tiflis und Kopenhagen.

2.356 An frühen Titeln sei genannt Ulrich Burkhards Hortulus musices practice ... (Leipzig 1518) und Zacharias Schaeffers Eadem epitaphia musicis modis quinquarum vocum (Tübingen 1593). Unter den 29 Titeln aus dem 17. Jh finden sich Kirchengesangbücher und musiktheoretische Schriften, überwiegend in lateinischer Sprache. Erwähnt seien Descartes' Musicae compendium (Frankfurt a. M. 1695), Nicolaus Gengenbachs Musica nova ... (Leipzig 1626) und die anonym veröffentlichte Manuductio ad cantum choralem Gregoriano Moguntinum ... (Mainz 1672).

2.357 Die Vokalmusik ist im Bestand aus dem 18. Jh mit 90 Titeln vertreten. Darunter finden sich Lieder, Duette, Canzonette, Cavatinen und andere Singweisen, u. a. von Haydn, Vicente Martin y Soler, Gioseffo Millico, Mozart, Giovanni Païsiello, Ignaz J. Pleyel, Antonio Salieri, Sperontes (pseud. Johann Sigismund Scholze) und Joseph Weigl. Vorhanden sind zu Lebzeiten der Komponisten erschienene Drucke, so von Giovanni Païsiello (1741-1816) Scena e duetto (Aristea Megacle) (Offenbach [1793]) und von Muzio Clementi (1752-1832) Due Canzonette (Wien [1792]). Interessante französischsprachige Ausgaben sind das Journal d'Apollon pour [chant et] forte piano contenant romances, airs, rondeaux, ariettes, ouvertures etc. Dédié aux dames (Hamburg 1798-1804, 151 Hefte in 2 Bdn) und Recueil des airs français de différens opéras nouveaux, hrsg. von J. J. Hummel (Berlin ca. 1793).

2.358 Der Bestand aus der ersten Hälfte des 19. Jhs enthält ca. 50 deutsche Ausgaben von Vokalmusik, darunter Werke von Beethoven, Giovanni Baptista Farinelli, Ferdinand Franzl, Johann Nepomuk Hummel, Mozart, Vincenzo Righini, Peter von Winter und Niccolo Antonio Zingarelli. Hinzu kommen ca. 50 Drucke (Lieder, Romanzen, Arien aus populären Opern), die außerhalb des deutschen Sprachraumes erschienen sind, so Christian Friedrich Hasses Der Pilgersmann oder Die Reise an den Caucasus durch die Tartarische Steppe (St. Petersburg 1816).

2.359 Die in der zweiten Hälfte des 19. Jhs erschienene Vokal- und Chormusik umfaßt ca. 3500 Einheiten (Lieder, Romanzen, Arien und andere Genres), darunter Werke von Franz Schubert (mehr als 220 Drucke), Robert Schumann (mehr als 120) und Mozart (ca. 40). Bemerkenswert sind Vokalwerke in 12 Bdn aus der Sammlung Collectio operum musicorum Batavorum ... mit Werken von Deutschrussen wie Friedrich Kilz, Otto Kloos, O. K. Klem, Emilia Klinder, Eberhard Liewen, P. Lipke, Maximilian Karlovic Lippold, Eduard Ludwig Libe, Andrej Alekseevic Oppel, Pavel Augustovic Pabst, Christian Genrichovic Paufler u. a., die in Rußland in deutscher und russischer Sprache publiziert wurden. Die Sammlung enthält einen an Zar Nikolaus I. adressierten Brief. Mehr als 140 Romanzen und Lieder wurden unter dem Titel Mogucaja Kucka [Der mächtige Haufen], einer Vereinigung von Komponisten, in Rußland und Deutschland bis 1900 gedruckt.

2.360 Werke für Kammerensembles (60 Titel des 18. Jhs) liegen vor von Christian Ferdinand Abel, Johann Georg Albrechtsberger, Johann Anton André, Wilhelm Friedrich Ernst Bach, Franz Benda, Luigi Boccherini, Samuel Dietrich Große, Adalbert Gyrowetz, Haydn, Johann A. Just, Anton Kammell, V. Martin y Soler, Georg Mezger, Mozart, Giovanni Batista Noferi, Vaclav Pichl, Ignaz J. Pleyel, Johann Friedrich Reichardt, Franz Anton Rosetti und Johann Baptist Wendling. Zu Lebzeiten der Komponisten erschienen Haydns Ouverture à 2 violons, 2 obois, 2 fagots, flûte, 2 cors, viole et basse (Wien [1785]) und V. Martin y Solers Deux quatuors pour 2 violons, alte et violoncelle (Wien 1787). Die in der ersten Hälfte des 19. Jhs erschienenen Notendrucke für Kammerensembles (10 Titel) stammen von Johann Anton André, Johann Bliesender, Carl Andreas Goepfert, Franz Anton Hoffmeister und Albert Jakob Steinfeldt. Aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs kommen ca. 200 Titel hinzu (u. a. von Beethoven, Ignacy Feliks Dobrzynski, Ernest Gillet und Mozart).

2.361 Orchesterwerke wie Sinfonien, Ouvertüren und Serenaden des 18. Jhs sind mit 45 Ausgaben vertreten, darunter Werke von Johann Anton André, Giacomo Conti, Haydn, Mozart, Ignaz J. Pleyel und Antonio Salieri. Zu Lebzeiten der Komponisten erschienen Mozarts Symphonie und Favoritgesänge aus der Oper Die Hochzeit des Figaro (Berlin [1790]) und Haydns Trois symphonies (Berlin [1784]). Die Orchestermusik der ersten Hälfte des 19. Jhs ist mit 47 Drucken von Ouvertüren und Sinfonien von Johann Anton André, Beethoven, Luigi Cherubini, Muzio Clementi, Christoph Willibald Gluck, Haydn, August Heinrich Hummel und Franz Krommer vertreten. Die Sammlung enthält weiterhin ca. 250 Orchesterwerke aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs.

2.362 Unter den Opernpartituren, Klavierauszügen von Opern, Musikdramen und Singspielen (25 Titel des 18. Jhs) befinden sich Christoph Willibald Glucks Iphigénie en Tauride (Berlin [nach 1779]) und dessen Orpheus (Berlin [1779]), Ferdinando Pa"ers Camilla (Bonn [1799]), Anton Schweizers Elysium (Königsberg 1774), Mozarts Die Entführung aus dem Serail (Mainz [1785]), Luigi Cherubinis Lodoiska (Wien [1791]) und Johann Anton Andrés Gesang zur Elmire (Berlin 1782). Die Werke von Gluck, André, Mozart und Cherubini sind zu Lebzeiten der Komponisten erschienen.

2.363 Aus der ersten Hälfte des 19. Jhs sind 13 Opernpartituren und Klavierauszüge von Opern erhalten. Darunter sind 6 im Bonner Verlag N. Simrock gedruckte Titel: Daniel François Esprit Aubers Die Stumme von Portici [1828], Mozarts Idomeneo re di Creta ossia Ilia ed Idamante [1805], Ferdinando Pa"ers Achilles [1802-1803], Eloise et Abelard [1803] und Griselda [1803] und Rossinis Il conte Ory [1829]. Weitere Werke von Rossini wie Elisabeth Königin von England [1819] und Othello oder Mohr von Venedig [1820] sind im Verlag Breitkopf & Härtel in Leipzig erschienen, ferner im Mainzer Verlag Schott Ricciardo e Zoraide [vor 1830]. Genannt seien auch Le chapitre second von Jean Pierre Solié (Hamburg: Mees [o. J., vor 1810]) und Antigone von Vincenzo Righini (Leipzig: A. Köhnel 1806). Der Bestand aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs thält über 700 Opernpartituren und Klavierauszüge aus Opern, z. B. von Wagner, Albert Lortzing, Riccardo Drigo, Victor Ernst Nessler, Mozart, Cesar Cui, Rimskij-Korsakov und Cajkovskij. Das Genre Operette ist durch Werke von Sydney Jones, Franz von Suppé, Karl Millöcker u. a. vertreten.

2.364 Die Klavierwerke aus dem 18. Jh (20 Drucke) setzen sich zusammen aus 6 für das Klavier komponierten Stücken (Bach 5 und Georg Joseph Vogler eins) und 14 Klavierbearbeitungen von Opernouvertüren von V. Martin y Soler, Mozart, Sebastiano Nasolini und Giovanni Païsiello. Die 8 bis 1850 erschienenen Klavierwerke stammen von Ferdinand Beyer, Muzio Clementi, Johann Baptist Cramer, G. F. Körner, Karl Anton Reichel, Johann Friedrich Taubert und Johann Baptist Vanhal. Hinzu kommen 30 außerhalb des deutschen Sprachgebietes herausgegebene Klavierwerke (Walzer, Polkas, Märsche).

2.365 Der Notenbestand aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs setzt sich fast zur Hälfte aus Klavierwerken zusammen (mehr als 5000 Einheiten), darunter Originalwerke von Anton Diabelli, Ladislav Dussek, Paul Gilson und Emil Sauer. Ein beachtlicher Teil der Sammlung entfällt auf Ausgaben der großen Meister, insbesondere auf Johann Sebastian Bach (mehr als 400 Drucke), Johann Strauß (Sohn; ca. 350), Johann Strauß (Vater; ca. 80), Franz Schubert (mehr als 40) und Robert Schumann (ca. 30). Erwähnenswert ist auch die in Riga bei F. W. Seezen herausgegebene Reihe Am Clavier (1890-1894). Der Komponist, Pianist und Pädagoge Muzio Clementi ist mit 2 Gesamtausgaben und einigen Sonatenbänden vertreten (in Leipzig erschienen); der Komponist Louis Köhler mit 20 Etüdenausgaben und Bearbeitungen von Werken anderer Komponisten. Von Johann Baptist Cramer liegen einige Neuauflagen der Etüden vor.

2.366 Der Bestand enthält weiterhin theoretische Literatur und praktische Anleitungen zum Klavierspiel, u. a. von Sigismund Lebert. Edward MacDowell ist mit ca. 20 in Deutschland gedruckten Werken vertreten. In kleinerer Zahl sind Klavierwerke von Felix Mendelssohn-Bartholdy, Richard Wagner, Ignaz Moscheles, Adam Ore und Joseph Strauß vorhanden. An russischen Komponisten seien genannt Milij Balakirev, Aleksandr Borodin, Cesar Cui, Modest Mussorgskij, Nikolaj Andreevic Rimskij-Korsakov, Sergeij Tancev, Petr Il'ic Cajkovskij, Aleksandr Skrjabin und Feliks Michajlovic Blumenfeld.

2.367 Neben den Original-Klavierwerken liegen zahlreiche Bearbeitungen, Transkriptionen und Arrangements vor. Hervorzuheben sind vierhändige Arrangements von Johann Doebler (Berlin 1893) und Bearbeitungen, Phantasien, Potpourris nach Opernmelodien von Gaetano Donizetti, in Leipzig, Hamburg, Berlin, Mainz und Wien erschienen. Hinzu kommen populäre Bearbeitungen Richard Kleimichels von Werken Richard Wagners und Anton Grigorevic Rubinsteins. Im Bestand finden sich auch Paraphrasen und Potpourris über Opernmotive von Theodor Kullak und G. W. Marx sowie Bearbeitungen für Pianoforte von Vjaceslav Laub.

2.368 Die Orgelmusik ist mit 3 Werken des 18. Jhs vertreten: Johann Georg Albrechtsbergers Douze fugues (Berlin o. J.), Gründliche Anweisung für Composition (Leipzig 1790) und Inganni (Leipzig o. J.). 100 Orgelwerke stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs, darunter A. S. Ritter, Zur Geschichte des Orgelspiels (Leipzig 1884); Die Orgel, ihre Aufgabe und Lage in den katholischen Kirchen (Münster 1868) und Carl Puittis Sonate g-moll: Für die Orgel, op. 22 (Leipzig 1891). Des weiteren finden sich Theodor Forchhammer, 15 Passions-Vorspiele für die Orgel (Leipzig 1890); die Sammlung Hundert neue Orgelstücke zur Uebung und für den kirchlichen Gebrauch, hrsg. von Johann Paul Schuhmacher (Stuttgart 1864); Carl Geissler, Das praktische Orgelspiel für die Kirche (Hamburg und Leipzig 1853) sowie Pedal-Übungen für die Orgel, hrsg. von Heinrich Cesar (St. Petersburg und Leipzig 1887).

2.369 Für Violine liegen 10 Drucke des 18. Jhs vor, darunter Werke von Wilhelm Friedrich Ernst Bach, Federigo Fiorillo, Johann Baptist Vanhal, Giacomo Conti; ein weiterer Druck betrifft das Violoncello, Carlo Grazianis Six sonates: A violoncello et basso (Berlin [1776]). Aus der ersten Hälfte des 19. Jhs stammen ein Werk von Charles Auguste Bériot und eine Violinschule von Louis Spohr. Mit weiteren ca. 1000 Bestandseinheiten aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs sind Noten für Streichinstrumente vertreten. Zu den Komponisten zählen Sebastian Lee, Alois Mayer, Erik Meyer-Helmund, Mozart, Rimskij-Korsakov und Schubert. Ferner sind Bearbeitungen, Transkriptionen und Arrangements für Streichinstrumente im Bestand, z. B. Transkriptionen der Walzer und Nocturnes Chopins für Violoncello von Karl Jul'evic Davydov sowie Fantasien nach Motiven der beliebtesten Opern für Violine und Pianoforte von Jean Baptiste Singlée (in Deutschland publiziert).

2.370 Im Bereich Kirchenmusik, Kantaten und Oratorien besitzt die Abteilung aus dem 18. Jh Niccolò Jommellis Miserere e psalmo 50 di Davide (Leipzig 1796), Les psaumes de David (Berlin 1702), Georg Philipp Telemanns Beytrag zur Kirchenmusik (Königsberg 1795), 3 Werke von Georg Joseph Vogler, Der 132-te Psalm, Salve Regina, Postquam implet (alle in Offenbach bei J. André erschienen), Jirí Antonin Bendas Lephalus und Aurore (Leipzig [1781]) und Jean Baptist Vanhals Trauergesang bey dem Tode Josephs des Zweiten (Wien 1790).

2.371 Auf Kirchenmusik entfallen weiterhin 8 Drukke aus der ersten Hälfte des 19. Jhs, darunter August Ferdinand Häsers Salve Regina (Leipzig [1819]), Niccolo Jommellis Confirma hoc Deus (Wien [1805]), Musica sacra quae cantatur quotannis per hebdomadam sanctam Romae ... (Leipzig [1808]), Antonio Peregrino Benellis Piano d'Elpino per la morte d'Egle: Cantata pastorale (Leipzig [1816]), Haydns Ariane dans l'Isle de Naxos (Erstausgabe Bonn 1810, zweite Ausgabe 1811) sowie Ferdinando Pa"ers L'amor timido (Leipzig 1807) und Europa in Creta (Leipzig 1808). Aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs stammen 400 Notendrucke zur Kirchenmusik, u. a. Werke von Bach, Haydn, Händel und Mozart. Nennenswert sind auch Werke weniger bekannter Komponisten, z. B. vierstimmige Choräle von H. Immertal (1859, 1877), Weihnachtslieder in russischer und deutscher Sprache von G. Niemann (Moskau 1895), zwei Kirchenwerke des österreichischen Kaisers Leopold I. (Wien, um 1890) und Vasilij Aleksandrovic Zdanovs Geistliche Musikwerke (Leipzig 1894, 1897, 1898).

2.372 Darüber hinaus seien aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs ca. 50 Werke für Blasinstrumente erwähnt, darunter H. Kling, Leichtfassliche practische Schule für Oboe (Moskau 1888) und Schule für Fagott (Moskau 1888). 40 Germanica-Titel behandeln musikwissenschaftliche Literatur. Es finden sich u. a. J. C. Hauff, Theorie der Tonsetzkunst (Frankfurt a. M. 1863-1874) und Friedrich Wilhelm Schütze, Beispielbuch zur dritten Auflage des practisch-theoretischen Lehrbuchs der musikalischen Composition (Dresden und Leipzig 1862).

Ol'ga V. Radionova

Abteilung für Bibliothekswissenschaft

2.373 Die Abteilung zur Bibliothekswissenschaft wurde im Jahre 1939 gebildet, mit dem Ziel, die fachliche Ausbildung auf dem Gebiet der Bibliothekswissenschaft, Bibliographie und Buchkunde zu gewährleisten. Der Gesamtbestand umfaßt 105.000 bibliographische Einheiten, darunter 8000 Bde in Fremdsprachen. Der deutsche historische Bestand beläuft sich auf 109 Titel, 3 Titel entstammen dem 18. Jh, 106 Titel dem 19. Jh.

2.374 Der Bestand umfaßt Bücher, Broschüren, Zeitschriften und Reihen zur Bibliothekswissenschaft sowie Bibliographien auf dem Gebiet des Bibliothekswesens in russischer, belorussischer, ukrainischer Sprache und in westeuropäischen Sprachen. Druckorte sind vornehmlich Aachen, Bamberg, Berlin, Brünn, Darmstadt, Dresden, Erlangen, Essen, Frankfurt a. M., Hannover, Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck, München und Wolfenbüttel. Vorhanden sind auch einzelne in Wien und Bern gedruckte Werke. Aus dem 18. Jh stammen 3 Titel, darunter Anleitung für angehende Bibliothekare und Liebhaber von Büchern (Augsburg 1786); Versuch einer praktischen Abhandlung von Einrichtung der Bibliotheken, mit besonderer Rücksicht und Anwendung auf die Klosterbibliotheken (Augsburg 1788) und Johann Bacmeister, Versuch über die Bibliothek und das Naturalien und Kunst-Kabinet der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg. Aus dem Französischen (St. Petersburg 1777).

2.375 Im Bestand aus dem 19. Jh finden sich Drucke zur Geschichte, zum Aufbau und Betrieb öffentlicher Bibliotheken, Universitäts-, Volks- und Privatbibliotheken einzelner Länder. Vorhanden sind auch Schriften zur Theorie und Praxis der Bibliothekswissenschaft, zur Katalogisierung und zum Bestandsaufbau sowie Adreßverzeichnisse von Bibliotheken. Erwähnt seien Friedrich Adolf Ebert, Geschichte und Beschreibung der Königlichen Öffentlichen Bibliothek zu Dresden (Leipzig 1822); Julius Petzholdt, Handbuch deutscher Bibliotheken (Halle 1853); J. J. Seizinger, Theorie und Praxis der Bibliothekswissenschaft: Grundlinien der Archivswissenschaft (Dresden 1863) und Karl Folte, Geschichte der Salzburger Bibliotheken (Wien 1877). Darüber hinaus liegen vor Friedrich Ritschl, Die Alexandrischen Bibliotheken unter den ersten Ptolemäern und die Sammlung der Homerischen Gedichte durch Pisistratus, nach Anleitung eines plantinischen Scholions (Breslau 1838) und Julius Petzholdt, Anzeiger der Bibliothekswissenschaft (Dresden 1849).

2.376 Die Sammlung mit Ausgaben der Kaiserlichen Öffentlichen Bibliothek ist gesondert aufgestellt. Sie beläuft sich auf ca. 5000 Titel (einschließlich moderner Ausgaben). Fremdsprachige Ausgaben umfassen 102 Titel, davon 27 in deutscher Sprache. Diese Sammlung enthält Berichte, Statuten der Bibliothek, Wegweiser, Informationen für Benutzer, methodische Instruktionen, Kataloge einzelner Bibliothekssammlungen, Gesamtverzeichnisse und Gesamtkataloge der fremdsprachigen Periodika. Darüber hinaus finden sich Karten, Noten, bibliographische Handbücher, Monographien zum Bibliothekswesen sowie Bibliographien und Abhandlungen zur Geschichte des Buches. Genannt seien Nachricht von denen in der Hochgräflich-Zaluskischen Bibliothek sich befindenden raren polnischen Büchern, hrsg. von Johann Daniel Janocki (Dresden und Breslau 1747-1749, 1753); Joseph Andreas Zaluski, Nachricht von Herrn Joseph Andreas Zaluski gemachten Stiftung der Öffentlichen Warschauer Bibliothek (Warschau 1762) und Wegweiser der Kaiserlich-Öffentlichen Bibliothek zu St. Petersburg (St. Petersburg 1860).

2.377 Von Rudolf Minzloff liegen vor Eine alte Bücherei: Salle de la Bibliothèque Impériale de St. Pétersbourg (St. Petersburg 1858); Beschreibung einiger Prussica der Kaiserlichen Öffentlichen Bibliothek (St. Petersburg 1858) sowie Der Dubletten-Verkauf der Kaiserlichen Oeffentlichen Bibliothek (St. Petersburg 1850). Weiter seien genannt Bernhard Dorn, Die Sammlung von morgenländischen Handschriften, welche die Kaiserliche Öffentliche Bibliothek im Jahre 1864 von Hrn V. Chanykow erworben hat (St. Petersburg 1865) und Ein Nachtrag zu Schnurrers Bibliotheca Arabica aus den Schätzen der Kaiserlichen Öffentlichen Bibliothek (St. Petersburg 1853). Weitere deutschsprachige Darstellungen stammen z. B. von Eduard von Muralt, so Notiz über die ältesten polnischen Bibeln der Kaiserlichen Öffentlichen Bibliothekae (St. Petersburg 1856); Beschreibung zweier aus dem 8-ten und 9-ten Jahrhundert herrührenden Handschriften der Kaiserlichen Öffentlichen Bibliothek (St. Petersburg 1848) sowie dessen Catalogus codicum Bibliothekae Imperialis Publicae grecorum (St. Petersburg 1840). Genannt sei auch Avraam Jakovlevic Harkavy und H. L. Strack, Catalogue der Hebräischen Bibelhandschriften der Kaiserlichen Öffentlichen Bibliothek zu St. Petersburg (St. Petersburg 1875).

Anastasija G. Georgievskaja

Literatur in den Sprachen der Länder Asiens und Afrikas

2.378 Zu Beginn des Jahres 1996 betrug der Gesamtbestand der Abteilung 205.000 Monographien, 5873 Zeitschriften- und 426 Zeitungstitel in allen Sprachen des ausländischen Orients, einschließlich Jiddisch und Iwrith (Neuhebräisch). Davon liegen ca. 25.000 Titel in westeuropäischen Sprachen vor. 4595 Titel (3 Prozent) sind bis 1900 erschienen, davon entfallen auf das 16. Jh 93 Titel, auf das 17. Jh 519, auf das 18. Jh 935 und auf das 19. Jh 3050. 4331 Titel wurden im ehemaligen deutschen Sprachgebiet publiziert, 268 Titel in anderen Ländern, davon 159 in Rußland (vornehmlich St. Petersburg).

2.379 Der im deutschen Sprachgebiet gedruckte Bestand ist überwiegend deutschsprachig (1905 Titel: 16. Jh 3 Titel, 17. Jh 16, 18. Jh 165, 19. Jh 1721). In Latein liegen 1196 Titel vor (16. Jh 84, 17. Jh 440, 18. Jh 441, 19. Jh 231), in Französisch 52 Titel (17. Jh 5, 18. Jh 7, 19. Jh 40), in Englisch 74 Titel (19. Jh), in Spanisch 4 (19. Jh), in Russisch und Italienisch je 3 (19. Jh) und in sonstigen europäischen Sprachen 7. Ferner besitzt die Abteilung in Iwrith 1238 Titel (16. Jh 2, 17. Jh 41, 18. Jh 300, 19. Jh 895) und in Jiddisch 33 Titel (17. Jh 2, 18. Jh 10, 19. Jh 21). Periodika des 19. Jhs in deutscher Sprache sind mit 17 Titeln (255 Jgn, 1552 Nummern) vertreten.

Arabistik

2.380 Die Sachgruppe enthält vor allem Ausgaben des 18. und 19. Jhs in deutscher und lateinischer Sprache. Der älteste Titel ist zugleich das erste äthiopische Buch, gedruckt von dem deutschen Theologen Johannes Potken mit eigens angefertigten Lettern: Psalterium et Canticum et alia cantica biblica Aethiopice ... (Rom 1513). Die Literatur zum Islam umfaßt 43 Titel, 12 davon sind Koran-Übersetzungen (16. Jh: 2 Titel in Latein, 2 in Deutsch; 17. Jh: ein Titel in Latein; 18. Jh: 2 Titel in Latein, 2 in Deutsch; 19. Jh: 3 Titel in Latein). Nennenswert sind al-Koran (Straßburg 1540), Al-Coranus s. Lex islamitica Muhammedis ... (Hamburg 1694) und al-Coranus (Leipzig 1768), hrsg. von J. F. Froriep. Zur Islamforschung sind 31 Titel vorhanden (18. Jh 3 Titel in Latein; 19. Jh 5 Titel in Latein und 23 in Deutsch). Als Beispiele seien genannt Adrian Relands Zwey Bücher von der Türckischen oder Mohammedischen Religion (Hannover 1727), Heinrich Ferdinand Wüstenfelds Das Leben Muhammed's nach Muhammed Ibn Ishâk ... (Göttingen 1860) und Gustav Weils Historisch-kritische Einleitung in den Koran (Bielefeld 1844).

2.381 Die arabische Sprache betreffen 84 Titel. Darunter finden sich 50 Grammatiken und Lehrbücher (17. Jh: 6 Titel in Latein; 18. Jh: 8 in Latein, 2 in Deutsch; 19. Jh: 10 in Latein, 22 in Deutsch, 2 in Französisch). Von besonderem Interesse sind Petrus Kirsteins Grammaticae arabicae liber (Breslau 1608), Franciszek Meninski, Thesaurus linguarum orientalium Turcicae, Arabicae, Persicae ... (Wien 1680-1687), Johann Christian Clodius' Theoria et praxis linguae Arabicae ... (Leipzig 1729) sowie Georg Heinrich August Ewalds Grammatica critica linguae Arabicae cum brevi metrorum doctrina (Leipzig 1831-1833).

2.382 Lesebücher und Chrestomathien sind mit 14 Titeln vertreten (17. Jh: ein Titel in Latein; 18. Jh: 2 in Deutsch; 19. Jh: 4 in Latein, 7 in Deutsch). Vorhanden sind u. a. Ernst Friedrich Carl Rosenmüllers Arabisches Elementar- und Lesebuch (Leipzig 1799) und Andreas Oberleitners Chrestomathia Arabica: una cum glossario Arabico-Latino (Wien 1824). Wörterbücher sind mit 20 Titeln vertreten (17. Jh einer, 18. Jh 11), u. a. Georg Wilhelm Freytags Lexicon Arabico-Latinum (Halle 1837) und Adolf Wahrmunds Handwörterbuch der arabischen und deutschen Sprache (Gießen 1877).

2.383 An historischen Textausgaben liegen 214 Titel vor. Davon sind 37 Titel des 19. Jhs Übersetzungen mittelalterlicher arabischer Poesie ins Deutsche (15 Titel), ins Lateinische (17) und ins Französische (einer). Zu nennen sind G. W. Freytag (Hrsg.), Kitab Ibn Zuhair (Bonn 1822); J. Viller (Hrsg.), Tarafa (Bonn 1822) und Joseph von Hammer-Purgstall (Hrsg.), Ibn al-Farid (Wien 1854). Deutsche und lateinische Übersetzungen von Prosawerken sind mit 44 Titeln vertreten (17. Jh einer, 18. Jh 6, 19. Jh 7). Erwähnt seien Tausend und eine Nacht in der Übersetzung von Talander (Leipzig 1730-1743) und Locmani Fabulae et plura loca ex codicibus maximam partem historicis selecta, hrsg. von G. W. Freytag (Bonn 1823).

2.384 Zur Geschichte der arabischen Literatur liegen 39 Titel vor (17. Jh einer, 18. Jh 4, 19. Jh 34), u. a. Gustav Weils Die poetische Literatur der Araber vor und unmittelbar nach Mohammed (Stuttgart 1837) und Joseph von Hammer-Purgstalls Literaturgeschichte der Araber (Wien 1850-1855). Zur Untergruppe Arabische Geschichte zählen 51 Titel (18. Jh 11, 19. Jh 37), vor allem in lateinischer und deutscher Sprache. Bemerkenswert sind Abulfedas Annali moslemici, hrsg. von Johann Jacob Reiske (Leipzig 1778), Monumenta antiquissimae historiae Arabum, hrsg. von Johann Gottfried Eichhorn (Gotha 1775) und Abulfedae Historia anteislamica, hrsg. von H. O. Fleischer (Leipzig 1831).

2.385 Der naturwissenschaftliche Bestand der Arabistik (43 Titel) verteilt sich auf die Fächer Geographie (29 Titel), Mathematik (einer), Astrologie (7 Titel; 16. Jh 4 Titel, 17. Jh einer, 19. Jh 2), Medizin (4 Titel; 17. Jh einer, 19. Jh 3) und Veterinärwesen (2 Titel, 19. Jh). Es liegen u. a. vor Al-Buvatris, astrologi diligentissimi. Liber Genethliacus, hrsg. von Joachim Heller (Nürnberg 1549) und Essenz der Rechenkunst von Mohammed Beha-eddin ben Alhossain aus Amul, hrsg. von G. H. G. Nesselmann (Berlin 1843).

2.386 An Katalogen zu Handschriften-Sammlungen sind 190 Titel vorhanden (17. Jh 96, 18. Jh 26, 19. Jh 68), darunter Albrecht Kraffts Die arabischen, persischen und türkischen Handschriften der Kaiserlich-königlichen orientalischen Akademie zu Wien (Wien 1842). Darüber hinaus enthält der Bestand Beschreibungen von Handschriften von bedeutenden Orientalisten wie Wilhelm Ahlwardt, Gustav Flügel oder Joseph Aumer.

Hebraica- und Judaica-Sammlung

2.387 Die Sammlung umfaßt jüdische Literatur, hauptsächlich in textkritischen Ausgaben, einen umfangreichen Bestand traditioneller religiöser Literatur sowie wissenschaftliche Hebraica und Judaica (einschließlich Periodika) aus ganz Europa. Bei der Eröffnung der Kaiserlichen Öffentlichen Bibliothek waren bereits Werke zur Hebraistik in Latein und Iwrith vorhanden. Ein Teil der Bücher stammt aus den Sammlungen der Grafen Zauski (s. o. 1.3). Einige Titel zur Hebraistik gelangten 1836 mit der Privatbibliothek des Grafen P. K. Suchtelen (s. o. 1.2) in die Bibliothek. Einzelne Exemplare wurden von Privatpersonen geschenkt.

2.388 Der Bestand umfaßt 2590 bibliographische Einheiten, die vor 1901 im deutschen Sprachgebiet erschienen sind. Davon sind 432 Titel deutsch, 815 lateinisch, 10 englisch, 5 französisch und 8 russisch. 1238 Titel liegen in Iwrith vor, 33 in Jiddisch, 33 in Syrisch, 12 in Samaritanisch und 4 in Ladino (Spanisch-Jüdisch). 23 weitere Titel wurden außerhalb des deutschen Sprachgebiets gedruckt. Der gesamte Periodikabestand stammt aus dem 19. Jh. Von den Zeitschriften sind 61 Nummern (10 Jge) in deutscher Sprache, 238 Nummern (52 Jge) in Iwrith und 80 Nummern (2 Jge) in Jiddisch erschienen. Bei den Zeitungen liegen 36 Nummern (2 Jge) in Iwrith vor.

2.389 Bibelausgaben (Altes und Neues Testament) sind mit 294 Titeln vertreten (16. Jh 3, 17. Jh 26, 18. Jh 42, 19. Jh 223). Vergleichsweise zahlreich vorhanden sind Editionen in Iwrith (16. Jh eine, 17. Jh 12, 18. Jh 32, 19. Jh 161); in kleinerer Anzahl liegen jiddische, samaritanische und ladinische Ausgaben vor. Nennenswert sind eine Biblia hebraica (Frankfurt a. M. 1692), Die Tora, die Propheten und die Hagiographia in der deutschen Übersetzung von Moses Mendelssohn (St. Petersburg 1852), Der Brief Pauli an die Hebräer mit rabbinischem Kommentar (Berlin 1858) und Hagiographia posteriora denominata Apocrypha, hrsg. von Emisit Seckel und Isaac Frenckel (Leipzig 1850).

2.390 Unter den Mischna-Ausgaben (69 Titel, 17.-19. Jh), die überwiegend in Iwrith vorliegen, finden sich Aboda zara: Der Mischnatraktat Götzendienst (Leipzig 1888), Schabbath: Der Mischnatraktat Sabbath (Leipzig 1890), beide herausgegeben und kommentiert von Hermann L. Strack. Die Talmud-Ausgaben umfassen 299 Titel (17. Jh 13, 18. Jh 92, 19. Jh 194) und liegen neben Iwrith in Latein und Deutsch vor. Zu nennen sind Complectaneorum Talmudicorum libri duo (Leipzig 1670); Massechet, Bava batha. Recognitum a Marino (Berlin und Frankfurt a. M. 1736); Massechet, Nidah. Recognitum a M. Marino (Berlin und Frankfurt a. M. 1738) und Le Talmud de Babylone in der Übersetzung von Abbé L. Chiarini (Leipzig 1831). An Midrasch-Ausgaben sind 23 Titel (18. Jh einer, 19. Jh 22) vorhanden, an Arraga-Ausgaben 24 Titel (18. Jh 2, 19. Jh 22).

2.391 Rabbinische Werke sind mit 278 Titeln vertreten (16. Jh einer, 17. Jh 24, 18. Jh 110, 19. Jh 143). Zu nennen sind Hermann Klügers Ueber Genesis und Composition der Halacha-Sammlung Edujot (Breslau 1895) und Leopold Dukes' Zur rabbinischen Spruchkunde (Wien 1851).

2.392 Die jüdische Philosophie betreffen 64 Titel (17. Jh 13, 18. Jh 17, 19. Jh 34), davon 38 in Iwrith. Vorhanden sind bei den Germanica z. B. Der Commentar des Rabbi Moses Narbonensis ...zu dem Werke More Nebuchim des Maimonides, hrsg. von J. Goldenthal (Wien 1852) sowie Mose H. Lussatto, Philosoph und Kabbalist (Leipzig 1840).

2.393 Auf die Erbauungsliteratur entfallen 102 Titel (17. Jh 2, 18. Jh 19, 19. Jh 81). Zu nennen sind Machsor, Die sämtlichen Festgebete der Israeliten mit beigeordnetem Texte und deutscher Übersetzung (Wien 1893) sowie Joseph Karo, Der Schulchan Aruch oder die vier jüdischen Gesetz-Bücher (ins Deutsche übertragen von Heinrich Georg F. Löwe, Hamburg 1839). Die Sammlung von Gebetbüchern umfaßt 156 Titel (18. Jh 15, 19. Jh 141).

2.394 Die Geschichte des jüdischen Volkes behandeln 44 Titel (18. Jh 11, 19. Jh 33), darunter Heinrich Ewalds Geschichte Ezra's und Heiligherrschaft in Israel bis Christus (Göttingen 1852). Über Judaismus, Christentum und andere Religionen liegen 48 Titel vor (16. Jh einer, 17. Jh 13, 18. Jh 11, 19. Jh 23). Vorhanden sind u. a. Isaac Marcus Josts Geschichte des Judentums und seiner Secten (Brünn 1857-1859), Gustav Dahlmanns Christentum und Judentum (Leipzig 1898) sowie Peter Beers Geschichte: Lehren und Meinungen aller bestandenen und noch bestehenden religiösen Sekten der Juden (Brünn 1822-1823). 30 weitere Titel betreffen religiöse Bräuche und Rituale (16. Jh einer, 17. Jh 2, 18. Jh 5, 19. Jh 22), darunter z. B. Rituale für die beiden Abende des Überschreitungs-Festes, nebst Beifügung aller Gebräuche (Wien 1860).

2.395 An Lehrbüchern für den Sprachunterricht liegen 17 Titel (19. Jh) vor, davon 16 in Iwrith und einer in Deutsch. Es handelt sich um Z. Lerners Kurzgefasstes Lehrbuch der hebräischen Sprache für israelitische Schulen (Leipzig 1859).

2.396 Zur Gruppe der wissenschaftlichen Hebraica gehören 179 Titel (16. Jh 5, 17. Jh 12, 18. Jh 50, 19. Jh 112), u. a. Johannes Buxtorfs Thesaurus grammaticus linguae sanctae hebraeae (Basel 1651), Jakob Altinks Fundamenta punctationis linguae sanctae (Frankfurt a. M. 1730), Hermann Leberecht Stracks Prolegomena critica in Vetus Testamentum Hebraicum (Leipzig 1873) sowie Abraham Berliners Über den Einfluß des ersten hebräischen Buchdrucks auf den Cultus und die Cultur der Juden (Frankfurt a. M. 1896).

2.397 Der Bestand zur Schönen Literatur, Poesie und Volkskunst umfaßt 68 Titel (17. Jh 6, 18. Jh 13, 19. Jh 49). Zu nennen sind die Sammlung einiger rabbinischer Oden nebst einigen freyen Uebersetzungen von Karl Anton (Braunschweig 1753), Jüdisch-deutsche Volkslieder aus Galizien und Russland von Gustav Dahlmann (Berlin 1891) sowie Die Form der hebräischen Poesie von Ernst Meier (Tübingen 1853).

2.398 Die Gruppe Bibliographie zählt 57 Titel (17. Jh 4, 18. Jh 15, 19. Jh 38). Erwähnt seien Moritz Steinschneiders Catalogus librorum in Bibliotheca Bodleiana (Berlin 1852-1860) sowie Julius Fürsts Bibliotheca Judaica (Leipzig 1849-1863). Auf die Naturwissenschaften entfallen 6 Titel (18. Jh 2, 19. Jh 4), darunter Opuscula medica ex monumentis arabum et ebraeorum von Johann Jacob Reiske und Johann Ernst Faber (Halle 1776).

Indologie

2.399 Die frühesten indologischen Publikationen der Abteilung sind Grammatiken von in Indien tätigen christlichen Missionaren, u. a. Bartholomaeus Ziegenbalg (1682-1719), Grammatica Damulica (Halle 1716) und Benjamin Schultze (1689-1760), Grammatica Hindostania (Halle 1745). Vorhanden sind auch vier mit indischen Lettern in Halle gedruckte Übersetzungen von Benjamin Schultze ins Hindustanische, darunter Compendiaria Alcorani refutatio Indostanice (Halle 1744) und Psalterium Davidis in linguam Indostanicam (Halle 1747), sowie ins Tamilische, Johann Arndts Libellus precum religiosissimarum (Halle 1749-1750) und De vero Christianismo (Halle 1751). Alle genannten Missionsdrucke stammen aus der Bibliothek von P. K. Suchtelen (s. o. 1.2).

2.400 Der Bestand aus dem 19. Jh umfaßt 430 Titel deutscher Indologen, hauptsächlich zur Sanskrit-Philologie. 33 Prozent aller nicht-russischen Ausgaben zur Indologie bis 1900 sind in Deutschland erschienen. 116 Titel behandeln das Alte Indien, so Über Sprache und Weisheit der Inder von Friedrich Schlegel (Heidelberg 1808), Indische Altertumskunde von Christian Lassen (Bonn 1847-1867) sowie Akademische Vorlesungen über indische Literaturgeschichte von Albrecht Weber (Berlin 1852).

2.401 Weitere 112 Titel sind sprachwissenschaftliche Werke zum Sanskrit (Grammatiken, Lexika, Lehr- und Lesebücher), darunter Radices sanscritae von Friedrich August Rosen (Berlin 1827), Glossarium Sanscritum (Berlin 1847) und Ausführliches Lehrgebäude der Sanscrita-Sprache (Berlin 1827) von Franz Bopp sowie Panini's acht Bücher grammatischer Regeln von Otto von Böhtlingk (Bonn 1839-1840). Unter den in St. Petersburg erschienenen Sanskrit-Germanica findet sich Otto von Böhtlingks und Rudolph Poths Sanskrit-Wörterbuch (1853-1875).

2.402 Übersetzungen und Originalausgaben der altindischen Literatur in Sanskrit sind mit 113 Titeln vertreten. Erwähnenswert sind Mahabharata, hrsg. von Franz Bopp (Berlin 1824), Valmiki. Ramayana, hrsg. von August Schlegel (Bonn 1829-1846), Anthologia Sanscritica, hrsg. von Christian Lassen (Bonn 1838), Rigveda, in der Übersetzung von Friedrich Max Müller (Leipzig 1856) und Atharva Veda samhita, hrsg. von Rudolph von Roth (Berlin 1856).

2.403 Die Kulturgeschichte, Philosophie und Religion des Alten Indien betreffen 83 Titel. Unter den bibliographischen Schriften (6 Titel) finden sich Johann Gildemeisters Bibliothecae Sanscritae (Bonn 1847) und der Catalogus catalogorum: An alphabetical register of Sanskrit works and authors von Theodor Aufrecht (Leipzig 1891-1903).

Sinologie

2.404 Die deutsche sinologische Literatur ist mit 31 Titeln vertreten (16. Jh eine, 18. Jh eine, 19. Jh 29). 26 Titel liegen in deutscher Sprache, 5 in lateinischer vor. 30 Titel wurden im deutschen Sprachgebiet gedruckt, einer in St. Petersburg.

2.405 Die Sammlung enthält 5 Grammatiken, darunter Georg Gabelenz' Chinesische Grammatik mit Ausschluss des niederen Stiles und der heutigen Umgangssprache mit drei Schrifttafeln (Leipzig 1881), sowie 3 Wörterbücher (u. a. Christian Mentzels Sylloge minutiarum lexici Latino-Sinico characteristici, Nürnberg 1685). Vorhanden sind weiterhin die große Enzyklopädie der chinesischen Kultur des 18. Jhs, Gujin-tushu-jicheng, und ein vollständiges zwanzigbändiges Glossar der japanischen Sprache.

2.406 An Übersetzungen von Werken der chinesischen Literatur liegen vor Haoh Kioh Tschwen. Ein chinesischer Roman (Leipzig 1766), und Neue und alte Novellen der chinesischen 1001 Nacht. Deutsch von Eduard Griesbach (Stuttgart 1880). Ferner enthält der Bestand 3 Übersetzungen des Schi-king, des Klassikers der epischen Literatur der Shang (Yin)-Zeit (1766-1122 v. Chr.), z. B. Schi-king. Das kanonische Lieder Buch, aus dem Chinesischen übersetzt von Victor von Strauss (Heidelberg 1880) und Schi-king oder Chinesische Lieder, gesammelt von Konfuzius (Krefeld 1844). Hinzu kommen 6 Übersetzungen der konfuzianischen Traktate Tchong-yong aus der kanonischen Schriftenreihe Ssu schu, u. a. Konfuzius' Tchong-yong der unwandelbare Seelengrund, aus dem Chinesischen übersetzt von Reinhold Plaenckner (Leipzig 1875). Der taoistische Traktat des Lao-tse, Tao-te-king liegt in einer Übersetzung von Victor von Strauss vor (Leipzig 1870).

2.407 Zur chinesischen Geschichte finden sich 3 Titel, darunter Litterae patentes imperatoris sinarum Kang-hi. Sinice et latine. Cum interpretatione R. P. Ignatii Koegleri (Nürnberg und Altdorf 1802). Hinzu kommen die Bibliographie von V. Andreae und Johann Geiger, Han-tse-wen-fa-choukouang-tsong-mou. Bibliotheca sinologica. Übersichtliche Zusammenstellung als Wegweiser durch das Gebiet der sinologischen Literatur (Frankfurt a. M. 1864) und der Katalog von Johann Heinrich Plath Über die Sammlung chinesischer Werke der Staatsbibliothek aus der Zeit der D. Han Wei (Han Wei thsung schu) (München 1868). Außerdem sind 2 Titel zur Geschichte der chinesischen Literatur und Sprachwissenschaft, einer zur tibetischen (Isaak Jacob Schmidts Tibetisch-Deutsches Wörterbuch, St. Petersburg 1841), sowie ein Titel zur Numismatik vorhanden.

2.408 Die Gruppe enthält auch historische Germanica zum Alten Orient (157 Titel), zur Iranistik (180), zur Turkologie (44) und zur Orientalistik allgemein (222). Nennenswert sind Paul Haupts Akkadische und sumerische Keilschrifttexte (Leipzig 1822) und das Compendiosum Lexicon Latino-Turcico-Germanicum ... von Johann Christian Clodius (Leipzig 1730).

Afrikanistik und Äthiopistik

2.409 Die Sachgruppe enthält 74 historische Germanica (17. Jh 12, 18. Jh 4, 19. Jh 58), von denen 7 Ausgaben in afrikanischen Sprachen erschienen sind. Der erste Erforscher des Zentral-Sudan, Heinrich Barth, ist mit der Sammlung und Bearbeitung centralafrikanischer Vokabularien (Gotha 1862-1866) vertreten, Richard Lepsius mit der Nubischen Grammatik mit einer Einleitung über die Völker und Sprachen Afrikas (Berlin 1880). Zu den im Zusammenhang mit der christlichen Missionstätigkeit in Afrika entstandenen Werken gehören Übersetzungen biblischer Texte und Katechismen in afrikanischen Sprachen, die hauptsächlich vom Baseler Missionsverein in Stuttgart herausgegeben wurden. Aus dem 17. und 18. Jh sind Schriften des Gründers der europäischen Äthiopistik, Hiob Ludolf (1624-1704), erhalten, u. a. seine Grammatica linguae Amharicae (1698), das Lexicon Aethiopico-Latinum (1699), die Historia Aethiopica (1681, mit Kommentar 1691) sowie zwei Ausgaben des äthiopischen Psalteriums (1699, 1701). Alle Werke wurden in Frankfurt a. M. gedruckt. Im Bestand des 19. Jhs sind Schriften bedeutender Orientalisten vertreten, u. a. von Franz Prätorius und August Dillmann.

Zeitschriften

2.410 Unter den 17 Zeitschriftentiteln in deutscher Sprache befinden sich die Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft (Leipzig 1846 ff.), die Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes (Stuttgart 1857-1864), die Orientalische Bibliographie, hrsg. von August Müller und Ernst Kuhn (Leipzig und Berlin 1888-1928, lückenhaft) und Indische Studien, hrsg. von Albrecht Weber (Leipzig 1850-1898).

Bibliothek Ignatij Julianovic Krackovskij

2.411 Die 1974 durch testamentarische Schenkung in den Besitz der Abteilung übergegangene Privatbibliothek des russischen Arabisten Ignatij J. Krackovskij (1883-1951) wurde als geschlossene Sammlung separat aufgestellt. Krackovskijs wissenschaftlicher Nachlaß umfaßt fast alle Gebiete der Arabistik von der mittelalterlichen arabischen Literatur, Sprachwissenschaft und Geographie bis zur modernen arabischen Literatur. Den größten Teil der Sammlung erwarb Krackovskij während seiner wissenschaftlichen Expedition in den Orient in den Jahren 1908 bis 1910. Weitere Bücher wurden von ihm und seiner Frau, V. A. Krackovskaja, ebenfalls Professorin für Orientalistik, im Verlauf mehrerer Jahre gesammelt, wie Eintragungen der Erwerbungsorte und -jahre in den Bänden bezeugen. Die Sammlung umfaßt zahlreiche Schenkungs- und Widmungsexemplare von Monographien und Sonderdrucken seiner Kollegen und Schüler. Viele Bände weisen Marginalien des Sammlers auf, z. B. Bemerkungen, Ergänzungen und bibliographische Verweisungen, gewöhnlich in der Originalsprache.

2.412 Die mit 19.994 bibliographischen Einheiten umfangreiche Sammlung beinhaltet wissenschaftliche Literatur zur Orientalistik, Ausgaben literarischer Texte in Originalsprachen oder Übersetzungen sowie Periodika. Die ab dem 16. Jh bis zur Mitte der siebziger Jahre des 19. Jhs erschienenen Titel liegen in 44 verschiedenen orientalischen und europäischen Sprachen vor. Darunter befinden sich 435 Germanica (16. Jh 3, 17. Jh 7, 18. Jh 18, 19. Jh 407), von denen 425 im deutschen Sprachgebiet publiziert wurden. Weitere 20 Titel wurden in Riga, Tartu [Dorpat] und St. Petersburg gedruckt. Insgesamt liegen 306 Titel in deutscher Sprache vor, 70 in Latein, 20 in Englisch, 28 in Arabisch, 9 in Französisch und jeweils einer in Italienisch und Niederländisch.

2.413 Den inhaltlichen Schwerpunkt bildet die arabische Philologie. Von 164 Bdn sind 63 Lexika, Grammatiken, Lehr- und Lesebücher. Zu nennen sind Andreas Sennerts Arabismus h. e. praecepta Arabicae linguae ... (Wittenberg 1658), Georg Wilhelm Friedrich Freytags Lexicon Arabico-Latinum (Halle 1830-1837) und Adolf Wahrmunds Praktisches Handbuch der neuarabischen Sprache (Gießen 1861).

2.414 Der Bestand an arabischer Poesie und Prosa einschließlich der Märchen aus 1001 Nacht umfaßt 65 Bde. Der Diwan des Abù Nuwâs, des größten lyrischen Dichters der Araber, liegt in der Bearbeitung von Alfred von Kremer vor (Wien 1855), Friedrich Rückert übersetzte und kommentierte die Hamâsa oder die ältesten arabischen Volkslieder (Stuttgart 1846), die von Abù Temâm gesammelt worden waren. Das Werk Tausend und eine Nacht: nach einem Ms. aus Tunis wurde von Maximilian Habicht herausgegeben (Breslau 1824-1843).

2.415 Literaturhistorische und -kritische Schriften über einzelne arabische Schriftsteller sind mit 36 Titeln vertreten, darunter Wilhelm Ahlwardts Über Poesie und Poetik der Araber (Gotha 1856), Theodor Nöldekes Beiträge zur Kenntnis der Poesie der alten Araber (Hannover 1864) und Otto Loths Über Leben und Werke des Abdullah Ibn al-Mu'tazz (Leipzig 1882).

2.416 Die arabische Geschichte betreffen 66 Bde, u. a. Heinrich Ferdinand Wüstenfelds Geschichte der Fatimiden-Chalifen nach arabischen Quellen (Göttingen 1881), Alfred von Kremers Culturgeschichte des Orients unter den Chalifen (Wien 1875-1877) und Gustav Weils Geschichte der Chalifen (Mannheim 1846-1851).

2.417 Koranübersetzungen ins Deutsche oder Lateinische und Schriften zum Studium der verschiedenen Aspekte der muslimischen Religion umfassen 66 Bde. So liegen z. B. vor Der Koran oder insgemein so genannte Alcoran des Mohammeds (Lemgo 1746), Corani textus arabicus, hrsg. von Gustav Moritz Renslob, (Leipzig 1867), Adrian Relands De religione mohammedanica (Trier 1717) und Heinrich Ferdinand Wüstenfelds Das Leben Muhammed's (Göttingen 1858-1860).

2.418 Die Naturwissenschaften sind in der Bibliothek mit 28 Titeln zur Geographie und Medizin vertreten. Zu nennen sind Jacub's geographisches Wörterbuch, hrsg. von Heinrich Ferdinand Wüstenfeld (Leipzig 1866-1873, unvollständig), Georg Jacobs Studien in arabischen Geographen (Berlin 1891-1892) und die Die aethiopische Übersetzung des Physiologus, hrsg. von Fritz Hommel (Leipzig 1877).

2.419 Gedruckte Kataloge zu den in Bibliotheken und Museen Europas vorhandenen orientalischen Handschriften sind mit 20 Titeln vertreten. Genannt seien Boris Andreevic [Bernhard] Dorns Das asiatische Museum der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg (St. Petersburg 1846), Ludwig Carl Wilhelm Pertschs Die arabischen Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha (Gotha 1878-1892) und Wilhelm Ahlwardts Verzeichniss der arabischen Handschriften der Königlichen Bibliothek zu Berlin (10 Bde, Berlin 1887-1899).

2.420 Hinzu kommen 3 Periodika-Titel, die Berichte über die Verhandlungen der kgl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig: Phil.-Hist. Classe (Bd 14, 1862), Minerva: Jahrbuch der gelehrten Welt 6 (1897) und die Orientalische Bibliographie (1887, 1890-1900).

Vladimir I. Fortov

Jurij P. Vartanov

Valerija V. Bakaljuk

Zentrale Bibliographische Auskunftsbibliothek

2.421 Der Bestand, der laufende und retrospektive Nachschlagewerke zu allen Wissensgebieten enthält, ist durch ein hauseigenes Schema nach Sachgebiet und Format aufgestellt. Zur Zeit beläuft sich der Bestand auf ca. 730.000 Bde und gliedert sich in einen in- und einen ausländischen Bereich. Die inländischen Drucke umfassen mehr als 540.000 Bde. Es finden sich bibliographische Verzeichnisse, Kataloge der größten Bibliotheken, Gesamtkataloge, Verzeichnisse der Neuerscheinungen, Personalbibliographien, Enzyklopädien, Lexika sowie biographische und bibliographische Handbücher. Darüber hinaus liegen linguistische, terminologische und orthographische Lexika vor sowie Zitatenwörterbücher, statistische Handbücher, Führer zu einzelnen Ländern, Städten, Museen und Archiven sowie Adreßbücher Moskaus und St. Petersburgs.

2.422 Die andere Hälfte des Bestandes bilden Periodika, darunter Zeitschriften, Kataloge und Bulletins mit Neuerscheinungen. Erwähnung verdient auch die Sammlung offizieller Jahrbücher, die von 1836 bis 1917 in 89 Gouvernements und Gebieten publiziert wurden. Der fremdsprachige Teil beläuft sich auf ca. 190.000 Bde (Stand Januar 1996). Er besteht im wesentlichen aus Enzyklopädien, Fachhandbüchern sowie laufenden und retrospektiven nationalen und internationalen Bibliographien Europas und Amerikas. Historische Germanica umfassen dabei 748 Titel in 1948 Bdn.

2.423 Aus dem 17. Jh stammen 9 Titel, davon 7 deutschsprachige und je einer in lateinischer und altgriechischer Sprache. Auf das 18. Jh entfallen 47 Titel, davon 39 in deutscher, 3 in lateinischer, 2 in französischer und einer in englischer Sprache. Bei 2 Titeln handelt es sich um deutschsprachige Drucke nicht-deutscher Provenienz. Auf das 19. Jh entfallen 692 Titel, davon sind 618 in deutscher, 15 in französischer, 8 in englischer, 6 in italienischer und einer in lateinischer Sprache. Insgesamt 22 Titel liegen auf Russisch vor (vornehmlich russisch-deutsche Lexika). Weitere 22 Titel sind deutschsprachige Drucke nicht-deutscher Provenienz.

2.424 Die Gruppe Allgemeine Enzyklopädien und Nachschlagewerke beläuft sich auf 18 Titel in 176 Bdn (9 Prozent des Germanica-Bestandes). Aus dem 18. Jh ist Johann Heinrich Zedlers Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste (Halle und Leipzig 1732-1750) erwähnenswert. Aus dem 19. Jh seien genannt: Brockhaus Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände (Leipzig 1833-1836); Brockhaus Conversations-Lexicon (Leipzig 1882-1887); Das Grosse Conversations-Lexicon für die gebildeten Stände (Hildburghausen 1840-1855) und Meyers Konversations-Lexicon (Leipzig und Wien 1896-1901). Vorhanden sind auch Herders Conversations-Lexicon (Freiburg i. Br. 1882) und Pierers Konversations-Lexicon (Berlin und Stuttgart 1883-1893).

2.425 An allgemeinen Bibliographien liegen 5 Titel in 108 Bdn vor (5,5 Prozent). Erwähnenswert sind Christian Gottlieb Jöchers Allgemeines Gelehrten-Lexicon (Leipzig 1750-1751) und Johann Christoph Adelungs und Heinrich Wilhelm Rotermunds Fortsetzung und Ergänzungen zu Christian Gottlieb Jöchers Allgemeinem Gelehrten-Lexicon (Leipzig 1784-1819). Hinzu kommen Johann Georg Meusels Lexicon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller (Leipzig 1802-1816) sowie Johann Georg Meusels Das gelehrte Teutschland im neunzehnten Jahrhundert (Lemgo 1808-1829).

2.426 Die Gruppe Deutsche Nationalbibliographie beläuft sich auf 11 Titel in 142 Bdn (7,2 Prozent). Aus dem 17. Jh ist der Catalogus universalis pro nundinis Francofurtensibus vernalibus, de anno ...1620-1649 (Frankfurt a. M. 1620-1649) bemerkenswert. Darüber hinaus sind vorhanden Georg Wolfgang Panzers Annalen der ältern deutschen Literatur (Nürnberg 1788-1805), Allgemeine Bibliographie für Deutschland (Leipzig 1836-1846), Johann Wilhelm Heinsius' Allgemeines Bücher-Lexicon (Leipzig 1812-1894), Christian Gottlob Kaysers Vollständiges Bücher-Lexicon (Leipzig 1843-1877), Karl Wilhelm Ludwig Heyses Bücherschatz der deutschen National-Literatur des XVI. und XVII. Jahrhunderts (Berlin 1854) und Kirchhoff's Bücher-Katalog (Leipzig 1856-1861). Weiterhin liegen vor Hermann Hoppes Katalog der deutschen Literatur 1801-1868 (St. Petersburg 1871), Hinrich's Bücher-Catalog (Leipzig 1875-1896) und Karl Georgs Schlagwort-Katalog (Hannover 1889-1900/1).

2.427 Zur Schweizerischen Nationalbibliographie ist ein Titel in 35 Bdn (1,5 Prozent) vorhanden: Bibliographie der schweizerischen Landeskunde (Bern 1893-1912). Die Österreichische Nationalbibliographie ist ebenfalls mit einem Druck vertreten: Bibliographisches Centralorgan des österreichischen Kaiserstaates (Wien 1859). An Bibliographien zu mehreren Ländern ist Theophilus Georgis' Allgemeines europäisches Bücherlexicon (Leipzig 1742-1753) nennenswert.

2.428 An Bibliographien zu Inkunabeln und Rara liegen 9 Titel in 42 Bdn (2 Prozent) vor. Erwähnenswert sind Ludwig Hains Repertorium bibliographicum (Stuttgart 1826-1838) und die dazugehörigen Registerbände (Leipzig 1891) von Konrad Burger. Vorhanden sind Verlagskataloge von Rosenthal in München, z. B. Ludwig Rosenthal, Incunabula xylographica et chalcographica (München 1892); Incunabula typographica (München 1900) sowie von David Clément, Bibliothèque Curieuse, Historique et Critique, ou Catalogue Raisonné de Livres Dificiles à Trouver (Göttingen, Hannover und Leipzig 1750-1760). Von Georg Wolfgang Panzer liegt vor Annales typographici (Nürnberg 1793-1803). Von Interesse ist auch der Catalogus librorum ab Jo. Casp. Thor-Specken collectorum (Zerbst 1735) und Johann Georg Theodor Graesse, Trésor de livres rares et précieux ou nouveau dictionnaire bibliographique (Dresden 1859-1867). Darüber hinaus gehören zu dieser Sachgruppe Franz Heinrich Reusch, Der Index der verbotenen Bücher (Bonn 1883-1885) und Emil Ottokar Weller, Die ersten deutschen Zeitungen (Stuttgart und Tübingen 1872).

2.429 Lexika belaufen sich auf 49 Titel in 120 Bdn (6 Prozent). An historischen Wörterbüchern seien genannt: Jakob und Wilhelm Grimms Deutsches Wörterbuch (Leipzig 1854-1899); Albert Gombert, Nomenclator amoris oder Liebeswörter (Straßburg 1883) sowie Johann Christoph Adelungs Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart (Wien 1811). Vorhanden sind Wörterbücher von Daniel Sanders, J. Windekilde, Moritz Heyne, August Lübben und Christoph H. F. Walter, Karl Schiller sowie von Johann Gottfried Ludwig Kosegarten und Albert Heintze. Die Dialektwörterbücher betreffen den Osnabrücker Dialekt (hrsg. von Johann Christoph Strodtmann), den westfälischen (hrsg. von Friedrich Woeste), den mecklenburgischen, den tirolischen (hrsg. von Johann Baptist Schöpf) sowie den groningenschen Dialekt (hrsg. von H. Molema). Breit vertreten sind Spezial-Lexika wie Synonymwörterbücher (u. a. von Daniel Sanders, Franz Tetzner), etymologische Wörterbücher (Heinrich Meidinger, Friedrich Kluge), Fremdwörterbücher (Daniel Sanders, Johann Christian August Heyse), Sprichwörterbücher (Karl Friedrich Wilhelm Wander), Frequenzwörterbücher (Friedrich Wilhelm Kaeding) und Zitatenwörterbücher (Daniel Sanders). Vorhanden sind zahlreiche zweisprachige und mehrsprachige Lexika, u. a. das etymologische Wörterbuch der rumänischen Sprache von Alexandre de Cihac, Dictionnaire d'etymologie dacoromane. Élements latins comparés avec les autres langues romanes (Frankfurt 1870-1879).

2.430 Eine eigene Gruppe bilden deutsch-russische und russisch-deutsche Wörterbücher. Erwähnenswert sind Lexika von Emil Partitsky, Deutsch-Ruthenisches Handwörterbuch (Lemberg 1867); Z. Koiranskijs Neues Deutsch-Russisches und Russisch-Deutsches Taschenwörterbuch (Leipzig 1887); Friedrich Wilhelm Booch-Arkossys und Adam Freys Hand-Wörterbuch der russischen und deutschen Sprache (Leipzig 1871) und N. Lenstroem, Russisch-deutsches und deutsch-russisches Wörterbuch (Mitau 1871; deutsch-russischer Teil, Sondershausen 1895). An mehrsprachigen Lexika ist u. a. vorhanden Eduard Bobriks Allgemeines nautisches Wörterbuch: Mit Sacherklärungen; Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Italienisch, Schwedisch, Dänisch, Holländisch (Leipzig 1850).

2.431 Bibliographien zur deutschen Literatur und zur Weltliteratur liegen mit 30 Bdn (1,5 Prozent) vor, z. B. Allgemeines Repertorium der Literatur für die Jahre 1791 bis 1795, hrsg. von Johann Samuel Ersch (Weimar 1799-1800); Allgemeines Repertorium der Literatur für die Jahre 1796-1800 (Weimar 1807); Oskar Ludwig Bernhard Wolff, Enzyclopädie der deutschen National-Literatur oder biographisch-kritisches Lexicon der deutschen Dichter und Prosaisten (Leipzig 1835-1837 und 1846-1847) und Johann Georg Theodor Graesse, Handbuch der allgemeinen Literaturgeschichte (Dresden und Leipzig 1845-1850). Darüber hinaus finden sich Ludwig von Lancizolle, Chronologisch-bibliographische Übersicht der deutschen Nationalliteratur im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert (Berlin 1846); Franz Brümmer, Lexicon der deutschen Dichter und Prosaisten ...bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (Leipzig 1884) sowie dessen Lexicon der deutschen Dichter und Prosaisten des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart (Leipzig 1885). An Personalbibliographien seien genannt Ludwig Unflads Die Schiller-Literatur in Deutschland (München 1878), Die Goethe-Literatur in Deutschland (München 1878) sowie dessen Die Shakespeare-Literatur in Deutschland (München 1880). Von Interesse ist auch Louis Paul Betz, La littérature comparée. Essai bibliographique (Straßburg 1900).

2.432 Zur Geschichte und zu den historischen Hilfsdisziplinen sind 32 Titel in 158 Bdn (oder 8 Prozent) vorhanden. Zur Weltgeschichte liegen 5 Titel in 21 Bdn vor, darunter Jacob Christoph Iselin, Neu-vermehrtes Historisches und Geographisches Allgemeines Lexicon (Basel 1726-1744); Burcard Gotthelf Struve, Bibliotheca historica (Leipzig 1782-1804); Johann Ernst Ehregott Fabri, Enzyclopädie der historischen Hauptwissenschaften und deren Hülfs-Doctrinen (Erlangen 1808); Johann Samuel Ersch, Literatur der Geschichte und deren Hülfswissenschaften seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die neueste Zeit (Amsterdam und Leipzig 1813) und Bibliotheca historica, hrsg. von W. Mülchner und E. Ehrenfeuchter (Göttingen 1862-1882).

2.433 Die deutsche Geschichte betreffen 5 Titel in 9 Bdn, so Ernst Goetzinger, Reallexicon der deutschen Altertümer (Leipzig 1885); Wilhelm Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter (Berlin 1885-1886); Friedrich Christoph Dahlmann, Quellenkunde der deutschen Geschichte (Berlin 1885-1886); Eduard Baldamus, Verzeichniss aller in Deutschland mit Bezug auf den Krieg erschienenen Bücher, Karten und Pläne (Reudnitz und Leipzig 1870-1871) und Johann Pohler, Die Literatur der wichtigsten preußischen und deutschen Kriege des 19. Jahrhunderts (Kassel 1890). Zur Geschichte einzelner deutscher Territorien liegen 7 Titel in 10 Bdn vor, so Eduard Alberti, Register über die Zeitschriften und Sammelwerke für Schlesw.-Holstein-Lauenburg: Geschichte (Kiel 1873); Hermann Grotefend, Verzeichniss von Abhandlungen und Notizen zur Geschichte Frankfurts (Frankfurt a. M. 1885); Wilhelm Heyd, Bibliographie der Württembergischen Geschichte (Stuttgart 1895-1896); Adam Goerz, Mittelrheinische Regesten: oder chronologische Zusammenstellung des Quellenmaterials für die Geschichte der Territorien der beiden Regierungsbezirke Koblenz und Trier (Koblenz und Trier 1876-1886); Arthur Poelchau, Die livländische Geschichtsliteratur im Jahre 1883-1901 (Riga 1884-1902) und Gabriel Rudolf von Sinner, Bibliographie der Schweizergeschichte (Bern und Zürich 1851). Von Interesse ist auch P. Ristelhuber, Bibliographie alsacienne 1870 (Straßburg 1870-1873).

2.434 Bei den historischen Hilfsdisziplinen sind vor allem Werke zur Genealogie bemerkenswert, so Johann Siebmacher, Grosses und allgemeines Wappenbuch (Nürnberg 1856-1914); Leopold von Ledebur, Adelslexicon der Preussischen Monarchie (Berlin 1855-1858) sowie zur Archäologie von August Mau, Katalog der Bibliothek des Kaiserlich-Deutschen archäologischen Instituts in Rom (Rom 1900-1902). Zur Numismatik liegen vor Johann Leitzmann, Bibliotheca numaria (Weissensee 1867) und Johann Christoph Rasche, Lexicon universae rei nummariae veterum et praecipue Graecorum ac Romanorum (Leipzig 1785-1795). Die Drucke zur Antike zählen 6 Titel in 21 Bdn (1 Prozent), z. B. Classische Biographie oder die Leben und Charaktere aller classischen Autoren (Halle 1767-1768) und August Pauly, Real-Encyklopädie der classischen Alterthumswissenschaft (Stuttgart 1894-1943). Zur antiken Mythologie findet sich Wilhelm Heinrich Roschers Ausführliches Lexicon der griechischen und römischen Mythologie (Leipzig 1884), und zur griechischen Literaturgeschichte Samuel Friedrich Wilhelm Hoffmanns Bibliographisches Lexicon der gesamten Literatur der Griechen (Leipzig 1838-1845).

2.435 Die Drucke zur Theologie belaufen sich auf 6 Titel in 44 Bdn (2,2 Prozent), darunter Thesaurus librorum rei catholicae (Würzburg 1848-1850); Johann Evangelista Stadler, Vollständiges Heiligen-Lexicon, oder Lebensgeschichte aller Heiligen, Seligen ...in alphabetischer Ordnung (Augsburg 1858-1882); Johann Jacob Herzog, Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (Hamburg 1854-1868); Franz Xaver Kraus, Real-Encyklopädie der christlichen Alterthümer (Freiburg 1882-1886) und Eduard Riehm, Handwörterbuch des biblischen Altertums (Leipzig 1884). Literatur zur Philosophie und Pädagogik ist mit 5 Titeln in 17 Bdn vertreten, darunter Eduard Grisebach, Edita und Inedita Schopenhaueriana (Leipzig 1888) und Johann Samuel Ersch, Literatur der Philologie, Philosophie und Pädagogik (Leipzig 1822). Von Johann Daniel Schulze ist vorhanden Literatur-Geschichte der sämmtlichen Schulen und Bildungsanstalten im Deutschen Reiche (Weißenfels und Leipzig 1804), von Karl Adolf Schmid Encyklopädie des gesammten Erziehungs- und Unterrichtswesens (Gotha 1859-1887) und von Paul Hintzelmann Almanach der Universität Heidelberg für das Jubiläums-Jahr 1886 (Heidelberg 1886).

2.436 Werke zur Kunst belaufen sich auf 9 Titel in 53 Bdn (2,7 Prozent), darunter Catalogue des tableaux et dessins du cabinet de J. M. de Birkenstock (Wien 1810), Georg Kaspar Nagler, Neues allgemeines Künstler-Lexicon (München 1835-1852) und Die Monogrammisten (München und Leipzig 1858-1878) sowie Hermann Alexander Müller und Hans Wolfgang Singer, Allgemeines Künstler-Lexicon (Frankfurt a. M. 1895-1922). Zur Kostümgeschichte liegt von dem Frankfurter Antiquar Joseph Baer die Costümkunde aller Völker und Zeiten (Frankfurt a. M. 1894) vor; zur Musik finden sich Hermann Mendel und August Reissmann, Musikalisches Conversationslexicon (Leipzig 1877-1891); Ernst Ludwig Gerber, Neues historisch-biographisches Lexicon der Tonkünstler (Leipzig 1812-1814); Carl Friedrich Whistling, Handbuch der musikalischen Literatur (Leipzig 1845) sowie Hugo Riemann, Opern-Handbuch (Leipzig 1887).

2.437 Bibliographische Werke zu den Naturwissenschaften, zur Wissenschaftsgeschichte allgemein und zu wissenschaftlichen Gesellschaften umfassen 10 Titel in 264 Bdn (13,5 Prozent), darunter Jeremias David Reuss, Repertorium Commentationum a societatibus litterariis editarum (Göttingen 1801-1821); Johann Samuel Ersch, Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste (Leipzig 1818-1889); Bibliotheca historico-naturalis et physico-chemica ... (Göttingen 1851-1888); Julius Victor Carus, Bibliographia zoologica (Leipzig 1896-1912) und Otto Dammer, Chemisches Handwörterbuch (Stuttgart, Berlin und Leipzig 1892). Weiterhin finden sich Otto Luegers Lexikon der gesammten Technik (Stuttgart und Leipzig 1894-1899), James Sheridan Muspratts Theoretische, praktische und analytische Chemie, in Anwendung auf Künste und Gewerbe (Braunschweig 1888-1922) und Johann Christian Poggendorff, Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1863-1898). Erwähnenswert ist zudem Naturae Novitates. Bibliographie neuer Erscheinungen aller Länder auf dem Gebiete der Naturgeschichte und der exacten Wissenschaften (Berlin 1879-1900).

Valentina A. Savelova

Emanuil L. Poljakov

Abteilung 73 - (nicht belegt)

Abteilung 74 - Bibliothek des Vereins Lotos [Knihovna spolku Lotos]

2.469 Der Prager wissenschaftliche Verein Lotos entstand 1848 als Naturhistorischer Verein Lotos auf Initiative des Arztes und Naturwissenschaftlers Friedrich Kolenati (1813-1864). Obwohl von Beginn an sowohl deutsche als auch tschechische Naturwissenschaftler Mitglieder waren - darunter neben Studenten und Dozenten auch Lehrer, Beamte und Adlige -, blieb Deutsch die Sprache der Vereinstätigkeit und der Vereinsabhandlungen. 1909 wurde der Verein umbenannt in Deutscher naturwissenschaftlich-medizinischer Verein für Böhmen Lotos. Nach und nach entstand eine Bibliothek, die durch Geschenke von Mitgliedern und Mäzenen, aber vor allem durch Austausch von Publikationen mit heimischen und ausländischen wissenschaftlichen Vereinigungen zusammengetragen wurde. Mit der Tätigkeit des Vereins sind viele bedeutende deutsche Wissenschaftler verbunden, z. B. der Physiker Ferdinand Lippich, die Zoologen Karl Isidor Cori und Ludwig Freund, der Botaniker Günther Beck von Mannagetta, der Chemiker Julius Lothar Meyer, der Physiker Philipp Frank, der Mathematiker Georg A. Pick, der Geophysiker Leo Wenzel Pollak sowie der Paläontologe und Geologe Adalbert Liebus. Unter den korrespondierenden und Ehrenmitgliedern waren Ernst Mach und Albert Einstein.

2.470 Die wichtigste Zuwachsquelle für Periodika war der Tausch, vornehmlich gegen die vereinseigene Zeitschrift Lotos, die unter verschiedenen Titeln von 1851 bis 1943 erschien. 1895 hatte der Verein 154 Tauschpartner, 1909 waren es 176 und 1941 bereits 293. Der Bestand der Vereinsbibliothek erweiterte sich recht schnell: 1895 umfaßte er mehr als 4000, 1909 mehr als 7000 und 1928 mehr als 20.000 Bde. 1921 wurden die Bibliothek des Akademischen Vereins deutscher Naturhistoriker und die Bibliothek der aufgelösten Physiokratischen Gesellschaft in Böhmen inkorporiert, was auch eine wichtige Bestandsbereicherung bedeutete. Berichte über die Bibliothek, über den Schriftentausch sowie Zuwachsverzeichnisse sind in der Zeitschrift Lotos veröffentlicht. 1888 wurde hier auch der erste Katalog der Bibliothek publiziert (s. u. 3.4). Während des Zweiten Weltkrieges war die Tätigkeit des Vereins erheblich eingeschränkt. 1940 übergab er seine Bibliothek mit ca. 6000 Bdn der damaligen National- und Universitätsbibliothek als Depositum. Auf Beschluß des Innenministeriums der Tschechoslowakischen Republik vom 18. Oktober 1950 wurde die Tätigkeit des Vereins offiziell beendet. Die Bibliothek ging in den Besitz der Universitätsbibliothek über, wo sie bis heute - allerdings nicht mehr vollständig - als Sondersammlung separat aufgestellt ist. Noch während des Krieges wurde die Sammlung neu katalogisiert und durch einen alphabetischen Zettelkatalog erschlossen (s. u. 3.2). Der Bestand wurde auch in den Generalkatalog eingearbeitet, die Periodika in den alphabetischen Zeitschriftenkatalog.

2.471 Der Standortkatalog verzeichnet 1388 Titel in 14.850 Bdn (Formate A-D) zu den verschiedensten Gebieten der Naturwissenschaften wie Geologie, Mineralogie, Paläontologie, Geophysik, Geographie, Klimatologie, Meteorologie, Botanik, Zoologie, Physiologie, jedoch weniger zu Physik und der Mathematik. Den größten Anteil haben naturwissenschaftliche Zeitschriften sowie Abhandlungen wissenschaftlicher Vereine, Gesellschaften und Institutionen. Vorhanden sind Periodika aus dem Gebiet Deutschlands und des ehemaligen Österreich-Ungarn, ferner einige Publikationen aus Amerika und Asien. Neben der deutschen Sprache ist Englisch am häufigsten vertreten. Fast alle Titel des Bestandes stammen aus dem 19. und 20. Jh (bis 1945), nur 14 Titel (40 Bde) gehen auf das 18. Jh zurück, z. B. Werke bedeutender Naturwissenschaftler wie Réaumur, Linné, Johann Friedrich Gmelin und Alessandro Volta. Die Werke von bedeutenden böhmischen Wissenschaftlern liegen ebenfalls vor, so von Ignaz von Born, Johann Thaddäus A. Peithner von Lichtenfels und Jaroslav Schaller. Jan Švejda

Emilie TeÜínskß

Abteilung 75 - Bibliothek Bernard Bolzano [Knihovna Bernarda Bolzana]

2.472 Der Philosoph, Theologe und Mathematiker Bernard Bolzano (1781-1848) war von 1805 bis 1819 als Professor für Religionswissenschaft an der Prager Universität tätig. 1819 wurde er seines Lehrstuhls enthoben, lebte fortan, von Freunden unterstützt, vorwiegend auf dem böhmischen Land und widmete sich der wissenschaftlichen Arbeit. Seine Privatbibliothek hinterließ Bolzano dem Grafen Leo Thun von Hohenstein (1811-1888), der zuvor seine Bücherkäufe finanziell unterstützt hatte.

2.473 Im Jahre 1849 schenkte Graf Thun die Sammlung dem Wendischen Seminar zum Hl. Peter [Luzický seminßr] in Prag unter der Bedingung, daß sie in das Eigentum der Prager Universitätsbibliothek übergehen sollte, falls das Wendische Seminar aufgelöst würde. 1849 wurde Bolzanos Bibliothek im Wendischen Seminar mit Signaturen versehen und katalogisiert. Dabei entstanden zwei Bandkataloge die 1849 insgesamt 2437 Bde verzeichneten (s. u. 5, M. Medovß). Das Wendische Seminar wurde 1922 wegen finanzieller Schwierigkeiten nach Bautzen verlegt. Im November 1922 wurde die nicht mehr vollständige Bibliothek Bolzano, die damals 2067 Bde zählte, der Öffentlichen und Universitätsbibliothek in Prag übergeben, die 1924 gleichfalls die Buchbestände des Wendischen Seminars übernahm (7517 Bde). Die Bibliothek des Wendischen Seminars blieb jedoch nicht als selbständige Sammlung erhalten. Nach ihrer Katalogisierung in den zwanziger und dreißiger Jahren wurden die Bücher in den Bestand der Universitätsbibliothek eingegliedert.

2.474 Nach Quellenangaben (s. u. 5, M. Medovß) zählte 1957 der Restbestand der Bibliothek Bolzano noch 752 Bde, da Werke ihren Inhalten gemäß in verschiedene Abteilungen der Universitätsbibliothek eingereiht worden waren. Von 1957 bis 1960 wurde der Bestand dann weitgehend rekonstruiert und bibliothekarisch neu bearbeitet. Katalogisiert wurden insgesamt 2087 Bde (Formate A-C, 1342 Signaturen; s. u. 5, H. Rybßkovß) in einem alphabetischen Zettelkatalog sowie im Generalkatalog der Nationalbibliothek. Bolzanos Bibliothek wird als eigene Abteilung und als Präsenzbestand im Tresorraum der Abteilung für Handschriften und Alte Drucke aufbewahrt. Eine wertvolle Sammlung der Briefe Bolzanos an seinen Schüler und Freund FrantiÜek Príhonský (1788-1859) wurde 1960 dem Literaturarchiv des Museums für böhmische Literatur [Pamßtník nßrodního písemnictví] übergeben, wo der handschriftliche Nachlaß Bolzanos aufbewahrt wird.

2.475 Aus dem 16. Jh liegen 24 Drucke vor, aus dem 17. Jh 18. Zu den ältesten Werken zählen Sophokles' Tragoediae septem (Frankfurt 1555), Melanchthons Corpus doctrinae Christianae (Leipzig 1561), Nikolaus Rensbergers Astronomia Teutsch (Augsburg 1568) und ein Konvolut fünf lateinischer astronomischer Schriften aus der Zeit von 1564 bis 1573, das auch Georg Peurbachs Theoricae novae planetarum (Basel 1569) einschließt. Abgesehen von den ältesten Drucken stammen ein Drittel des Bestandes aus dem 18. Jh, zwei Drittel aus der ersten Hälfte des 19. Jhs.

2.476 Etwa 80 Prozent des Bestandes sind deutschsprachige Werke; der Rest sind lateinische (ca. 15 Prozent), französische, italienische, englische, griechische sowie tschechische Werke. Zahlreich finden sich deutsche Übersetzungen aus dem Französischen und Englischen. Die meisten Drucke sind in Deutschland erschienen (ca. 70 Prozent), die restlichen in den historischen böhmischen Ländern (ca. 10 Prozent), in Österreich, der Schweiz, Italien, den Niederlanden und Frankreich.

2.477 Die Hauptsammelgebiete Bolzanos waren die Philosophie und die Theologie, die jeweils etwa ein Drittel des Bestandes mit ca. 700 Bdn ausmachen. Die Mathematik ist mit ca. 200 Bdn (10 Prozent) vertreten. Physik, Astronomie und andere Naturwissenschaften machen zusammen ebenfalls ca. 10 Prozent aus. Weitere vertretene Fächer sind Geschichte, Ökonomie, Recht, Sprachwissenschaft mit Sprachlehrbüchern, Grammatiken und Wörterbüchern sowie Belletristik.

2.478 In der umfangreichen Gruppe Philosophie sind nahezu alle namhaften europäischen Philosophen vertreten. So liegen Werke vor von Aristoteles, Erasmus von Rotterdam, Leibniz, Christian Wolff, Kant, Hegel, Johann Friedrich Herbart, Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Herder, Schleiermacher, Friedrich Eduard Beneke, John Stuart Mill und Rousseau. Wilhelm Traugott Krugs Allgemeines Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften nebst ihrer Literatur und Geschichte (Leipzig 1827-1829) findet sich als umfangreiches Nachschlagewerk. Der Philosophiegeschichte gewidmet sind Schriften von Johann Gottlieb Buhle, Johann Eduard Erdmann, Immanuel Hartmann Fichte und Julius Schaller.

2.479 Zur Logik besitzt die Bibliothek u. a. Werke von Carl Friedrich Bachmann, Alexander Gottlieb Baumgarten, Johann Gottfried Kiesewetter, Johann Gebhard Ehrenreich Maass, Christian Ernst Reinhold und Christian Lebrecht Rösling. Unter den Autoren zur Ethik finden sich z. B. Vincenzo Gioberti, Gustav Hartenstein, Johann Gottfried Kiesewetter, Christoph Meiners und Franz Volkmar Reinhard; zur Ästhetik z. B. Charles Batteux, FrantiÜek TomßÜ Bratranek, Johann August Eberhard, Wilhelm Hebenstreit, August Kahlert, Georg Friedrich Meier, Johann Georg Sulzer und Christian Hermann Weisse. Zur Psychologie liegen Werke vor von Gustav Theodor Fechner, Johann Georg Heinrich Feder, Johann Gebhard Ehrenreich Maass; zur Pädagogik von Johann Bernhard Basedow, Johann Christoph Döderlein, Jacob Frint, Christian Gottfried Junge, Alois Klar, August Hermann Niemeyer, Christian Gotthilf Salzmann und Theodor Schmiedel. Eine Reihe von Werken betrifft die Sozialethik sowie die Staats- und Rechtsphilosophie, darunter Werke von Karl Friedrich Bahrdt und Friedrich Julius Stahl. Mit dem Sozialismus und Kommunismus befassen sich Franz Poland, Johann Peter Romang, Lorenz von Stein und die anonyme Schrift Eigenthum in Gefahr (Bern 1843). Unter vielen Kleinschriften verdient Friedrich Engels' Schelling und die Offenbarung (Leipzig 1842) Aufmerksamkeit.

2.480 In den Beständen zur Theologie finden sich verschiedene Ausgaben des Alten und Neuen Testaments in deutscher, lateinischer und griechischer Sprache, zudem Schriften über die biblische und Religionsgeschichte, u. a. von Johannes Baptist Alzog, Johann Christian Wilhelm Augusti, Leonhard Bertholdt, Giovanni Lorenzo Berti, Johann Lorenz von Mosheim und Heinrich Eberhard Gottlob Paulus. Exegetische, apologetische, katechetische und homiletische Literatur ergänzt die Bestände. Vertretene Autoren sind Augustinus, Thomas von Aquin, Thomas a Kempis, Ignaz von Loyola, Franz Xaver, Peter Canisius, Luther, Melanchthon, Franz von Sales, Nicolas Malebranche, Gottfried Wilhelm Leibniz, Christian Wolff, Jacques Bénigne Bossuet, David Hume, Lessing, Moses Mendelssohn, Benedict Stattler, François René de Chateaubriand, Hugues F. R. de Lamennais, Georg Friedrich Seiler, Schleiermacher und Johann Peter Romang.

2.481 Bei den theologischen und philosophischen Werken sind die zu Bolzanos persönlichen Interessenschwerpunkten, wie z. B. zu Fragen der Unsterblichkeit der Seele, der göttlichen Offenbarung und der Willensfreiheit, umfangreich vorhanden. Eine Reihe der Bücher und Broschüren sind Erläuterungen oder Kritiken von Lehren einzelner Philosophen und Theologen aus seiner Zeit wie Kant, Fichte, Herder, Hegel und Schelling. Bei den Schriften unorthodoxer Religionskritiker finden sich die von Anton Günther, Georg Hermes und Daniel Friedrich Strauss. Ausgesprochene Gegner der religiösen Tradition sind vorhanden mit Karl Friedrich Bahrdt, Pierre Bayle, Ludwig Feuerbach, Claude Adrien Helvétius, Paul Heinrich D. von Holbach (unter dem Pseudonym Jean Baptiste de Mirabaud) und Thomas Paine.

2.482 Ebenfalls bemerkenswert sind Bolzanos mathematische und naturwissenschaftliche Bestände. Zur Mathematik sind u. a. vorhanden Abraham Gotthelf Kästners Anfangsgründe der Mathematik (Göttingen 1769-1794), Georg Simon Klügels Mathematisches Wörterbuch (Leipzig 1830-1831) mit beiden Supplementen von Johann August Grunert (1833, 1836) und eine Reihe von Werken bedeutender Mathematiker wie Euklid, Descartes, Newton, Leonhard Euler und Colin MacLaurin in Ausgaben des 18. Jhs. Zahlreiche Werke liegen zur mathematischen Analysis vor, zumeist von Zeitgenossen Bolzanos wie Augustin Louis Cauchy, Antoine Augustin Cournot, Andreas von Ettingshausen, Johann Albrecht Eytelwein, Silvestre François Lacroix, Joseph Louis Lagrange, Johann Tobias Mayer, Martin Ohm und Johann Friedrich Pfaff. Werke zur Geometrie, Wahrscheinlichkeitsrechnung, Kombinatorik und Zahlentheorie finden sich ebenfalls. Zur Physik, Astronomie und Naturphilosophie gehören u. a. Werke von Andreas von Baumgartner, Ruggiero Giuseppe BoÜkovic, Leonhard Euler, Jacob Friedrich Fries, Franz Cassian Hallaschka, Claude Adrien Helvetius, Paul Heinrich D. von Holbach, Johann Heinrich Lambert, Johann Joseph von Littrow und Newton, darunter seine Philosophiae naturalis principia mathematica in einer unvollständigen kommentierten Ausgabe von Jan Tesßnek (Prag 1780).

2.483 Zur Belletristik liegen weniger umfangreiche Bestände vor: deutsche Klassiker wie Klopstock, Goethe, Schiller und Wieland sind vertreten, griechische und römische Klassiker in griechischen und lateinischen Originalen sowie eine kleine Sammlung italienischer Belletristik und Dramen in Ausgaben des 17. und 18. Jhs, die wahrscheinlich aus dem Nachlaß von Bolzanos Vater stammt. Mit ihren in deutscher oder lateinischer Sprache verfaßten Abhandlungen sind u. a. die Tschechen Josef Dobrovský, FrantiÜek Palacký, Karel Borivoj Presl, Jan Evangelista Purkyne und Stanislav Vydra vertreten.

2.484 Von Bolzanos intensiven Studien zeugen zahlreiche eigenhändige kritische Randbemerkungen in vielen Büchern, insbesondere in den Werken seiner Gegner Jacob Frint und Wilhelm Traugott Krug. Von Bolzanos eigenen Werken sind vor allem das Lehrbuch der Religionswissenschaft (Sulzbach 1834) und die Wissenschaftslehre (Sulzbach 1837) handschriftlich kommentiert. Insgesamt liegen 16 seiner 39 bis 1851 erschienenen Werke vor. Bolzanos Bibliothek stellt eine reichhaltige Quelle zum Studium seiner persönlichen Interessen und Anschauungen dar. Zudem gibt sie in einzigartiger Weise Aufschluß über die philosophischen und religiösen Strömungen, die in der ersten Hälfte des 19. Jhs in Böhmen Beachtung fanden. Jan Švejda

Sondersammlungen Handschriften [Rukopisy]

2.485 Die Handschriftensammlung umfaßt mehr als 8500 Bde. Sie ist nach einer eigenen Klassifikation in 27 Abteilungen (MS I-XXVII) gegliedert. Die ursprüngliche Klassifikation vom Beginn des 19. Jhs basierte auf einem sprachlichen Prinzip in 17 Abteilungen (MS I-XVII); für die fortlaufenden Erwerbungen ist sie bis heute erhalten geblieben. Seit 1918 werden geschlossen übernommene Sammlungen oder ganze Bibliotheken als selbständige Einheiten bewahrt; hieraus resultieren die Abteilungen MS XVIII-XXVII. Zusätzlich zu diesen Abteilungen sind unter ihren ursprünglichen Signaturen 62 Handschriften aus der Bibliotheca Kinskyana, die Sammlung der griechischen Papyri, Handschriften auf Palmblättern, das Adalbert Stifter-Archiv sowie Depositen aufgestellt, z. B. die Handschriften aus der Raudnitzer Lobkowicz'schen Bibliothek im böhmischen Nelahozeves [Mühlhausen a. d. Moldau] (s. Eintrag dort) und aus einigen Klosterbibliotheken. Viele Handschriften aus aufgehobenen Klöstern wurden zu Beginn der neunziger Jahre des 20. Jhs restituiert und zurückgegeben; die Abteilung XXVII ist seitdem nicht mehr belegt.

2.486 Alle Handschriften werden in den Tresorräumen der Abteilung für Handschriften und Alte Drucke aufbewahrt. Sie sind nicht im Generalkatalog der Nationalbibliothek verzeichnet, jedoch größtenteils in gedruckten Sonderkatalogen und Spezialverzeichnissen (s. u. 3.2 und 5). Die meisten lateinischen Handschriften werden im Katalog von Josef Truhlßr verzeichnet (2836 lateinische Codices aus dem 7. bis 19. Jh), darunter das illuminierte Evangeliar romanischen Ursprungs Kodex VyÜehradský, das angeblich Kaiser Heinrich IV. dem ersten böhmischen König Vratislav II. im Jahre 1085 zur Krönung schenkte, und die lateinische Version der Chronik des Konstanzer Konzils Ulrich von Riechenthals aus der zweiten Hälfte des 15. Jhs. Der deutsche Philologe Walter Dolch registrierte in seinem Katalog für die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften (1909) 217 Einheiten deutsche Handschriften aus der Zeit vom 9. bis zur Mitte des 16. Jhs. Zu den jüngeren Erwerbungen zählen z. B. die Autographen des Professors an der Prager Universität Karl Heinrich Seibt (1735-1806), darunter seine Vorlesungen über die theoretische Erziehungskunst und die Sittenlehre (beide 1771). 432 tschechische Codices (einschließlich tschechischer Handschriften aus der Bibliothek Kinský) verzeichnet der Katalog von Josef Truhlßr (1906). Weitere 150 Einheiten enthält der gedruckte Katalog von Milada Svobodovß (1996). 1997 wurde mit der EDV-Bearbeitung der Handschriften begonnen.

2.487 Zu den selbständigen Sammlungen gehört eine wertvolle Sammlung orientalischer Handschriften in verschiedenen Sprachen mit mehr als 1200 Bdn (ca. 460 Bde Indisch, 300 Bde Türkisch, 200 Bde Arabisch, 150 Bde Persisch) in der Abteilung XVIII. Die ursprünglich eher kleine Sammlung wurde in den dreißiger Jahren des 20. Jhs durch Ankäufe vergrößert, u. a. durch 208 Handschriften aus der Istanbuler Bibliothek des türkischen Politikers Ahmed Vefik Pascha (1818-1891) und aus den Bibliotheken der Prinzen des Osmanischen Reiches. Mit der Bearbeitung der Sammlung der orientalischen Handschriften wurde begonnen, ein Inventar der arabischen Handschriften ist auf CD-Rom erschienen (Prag 1999).

2.488 Von den weiteren selbständigen Sammlungen seien in der Abteilung XIX Handschriften aus der Thun-Hohensteiner Schloßbibliothek in Decín [Tetschen] genannt, gegründet von Graf Johann Joseph Anton von Thun-Hohenstein (1711-1788) in der Mitte des 18. Jhs. Einen Teil der Sammlung bildet die Bibliothek der Grafen von Lamberg, die reich an kulturhistorischen deutschen und französischen Werken aus dem 17. und 18. Jh ist (s. Eintrag Kvasice [Kwassitz] 1). In den Jahren 1933/34 kaufte die damalige Universitätsbibliothek in Prag 147 der 288 Bde Handschriften von einem Prager Antiquar, darunter historisch wertvolle und zumeist deutschsprachige Handschriften des Professors der Prager Universität FrantiÜek Martin Pelcl (1734-1801). Weitere Gesamtheiten bilden in der Abteilung XX 34 Bohemica-Handschriften, die in den Jahren 1936/37 aus der Bibliothek des österreichischen Benediktinerklosters in Admont gekauft wurden, sowie in der Abteilung XXII 333 größtenteils wertvolle Hungarica und Slovacica in ungarischer und lateinischer Sprache aus der Bibliothek Kubelík (Széll) (s. o. Abteilung 66).

2.489 Erst mit der Prager Lobkowicz'schen Bibliothek (s. o. Abteilung 65) kamen illuminierte Handschriften deutschen Ursprungs in die Nationalbibliothek (Handschriftenabteilung XXIII). Ihr reicher Handschriftenbestand (1157 Bde) enthielt auch Codices aus dem schwäbischen Prämonstratenserstift in Weißenau, z. T. aus dem 12. und 13. Jh. Aus dieser Sammlung stammt auch der einzige Palimpsest-Codex im Besitz der Nationalbibliothek. Zu diesen Handschriften existieren nur gedruckte Teilverzeichnisse, beispielsweise zu den mittelalterlichen deutschen Handschriften (s. u. 5, P. Lehmann) sowie zu den Handschriften in griechischer und in romanischen Sprachen (Abteilung XXV) (s. u. 5, V. Cerný).

2.490 Eine weitere Einheit in der Abteilung bilden 26 Bde Handschriften vom Anfang des 15. bis zum 18. Jh, die zur Schenkung der Stadtbibliothek in Zittau gehörten (s. u. 2.559 ff.). Selbständig und außerhalb der Abteilungen wird die Sammlung Papyri Wessely Pragenses in Schachteln aufbewahrt, deren Grundstock von dem österreichischen Philologen Carl Wessely (1860-1931) im Jahre 1904 in Kairo und Paris zusammengetragen wurde. Heute umfaßt die Sammlung 7000 griechische Papyri, von denen zu den wertvollsten 50 Briefe persönlicher Korrespondenz des Verwalters der Kaiserdomäne in Theadelphia Herónein aus dem 3. Jh n. Chr. zählen. Zu dieser Sammlung liegt ein gedruckter Katalog vor.

2.491 Die Handschriftensammlung Prager Adalbert Stifter-Archiv wird ebenfalls gesondert aufbewahrt und enthält den literarischen Nachlaß des in Böhmen geborenen Schriftstellers Adalbert Stifter (1805-1868), den die Universitätsbibliothek im Jahre 1945 im Zusammenhang mit der Auflösung der Deutschen Akademie der Wissenschaft zu Prag in ihren Bestand aufnahm. Das Archiv umfaßt etwa 2,5 Regalmeter Archivalien, u. a. Stifters literarische Werke, seine Korrespondenz sowie Bilddokumente. Wissenschaftlern wird das Studium des Materials über Faksimiles ermöglicht. Zur Sammlung liegt ein gedruckter Katalog vor (s. u. 3.2, A. Hofman).

Miroslava Hejnovß

Bibliotheca Kinskyana

2.492 Die Bibliothek der Grafen Kinský hat einen bedeutenden Anteil am historischen Bestand der Nationalbibliothek. Sie umfaßt drei Sammlungen: die Majoratsbibliothek des Grafengeschlechts Kinský (Bibliotheca maior genannt, s. u. 2.497 ff.), die persönliche Bibliothek des Grafen FrantiÜek Josef Kinský (Bibliotheca minor, s. u. 2.509 ff.) sowie seine gesonderte Bibliothek der militärischen Literatur (Bibliotheca militaris, s. u. 2.522 ff.). Die größte dieser drei Sammlungen ist die Majoratsbibliothek, die die drei Grafen FrantiÜek Josef (1739-1805), Ferdinand (1738-1806) und Filip Josef d. J. (1741-1827) im Jahre 1777 der neuen Universitätsbibliothek in Prag zur Verwaltung übergaben, um der Universität und der Öffentlichkeit zu dienen. Die Bibliothek Kinský blieb jedoch weiterhin Eigentum des Grafengeschlechts. Zur Bedingung wurde gemacht, daß sie für die Öffentlichkeit zur Präsenzbenutzung zugänglich sein, als ein selbständiges Ganzes aufbewahrt, in gutem Zustand erhalten und in ihrem Bestand weder durch Verkauf noch durch Tausch vermindert werden sollte. So konnte die Sammlung als Einheit bewahrt werden.

2.493 Filip Josef Kinský d. Ä. (1700-1749, böhmischer Kanzler 1738-1747), ein Patriot mit zahlreichen Beziehungen zu Gelehrten und Gegnern des Jesuitenordens, entschied kurz vor seinem Tode, die Majoratsbibliothek im Interesse des Vaterlandes zu allgemeinem Nutzen zu bringen. Er wollte in Prag zur Bildung und Erziehung der adeligen Jugend und als Gegengewicht zum Jesuitenkollegium eine Ritterakademie eröffnen, der die Bibliothek dienen sollte, scheiterte jedoch am jesuitischen Widerstand. Die Majoratsbibliothek umfaßte insgesamt 8738 Bände, 172 Broschüren in 14 Kartons sowie 10 Pakete ungebundene Bücher. Vertreten waren verschiedene Wissensgebiete, in besonders großer Zahl medizinische und juristische Dissertationen. Vor ihrem Umzug nach Prag war sie in Niederösterreich auf Schloß Matzen (bei Manhartsberg) in 6 Räumen untergebracht, die mit den großen lateinischen Buchstaben A-F bezeichnet waren (mit entsprechenden Signaturen). Im Schloß Matzen oblag die Bibliotheksverwaltung dem Benediktiner Oliverius Legipontius (1698-1750). Bei der Aufstellung machte man keine Unterschiede zwischen Handschriften, Inkunabeln und anderen Drucken. Die Bücher waren großenteils in Leder oder Pergament gebunden. Kleinschriften wurden in Kartons und Paketen aufbewahrt und blieben unbearbeitet. Das Eigentum des Geschlechts Kinský wurde auf den Titelblättern einheitlich mit einem runden Stempel mit dem Monogramm K B versehen; einige Bücher tragen noch aus älterer Zeit das Supralibros oder Exlibris des Geschlechts. In jedem Buch wurde zudem vermerkt Inscriptus Catalogo Bibliothecae fidei-comissarii Kinskianae.

2.494 Der alphabetische Katalog ist in 2 verschiedenen Exemplaren erhalten: Bibliothecae Catalogus Illustrissimae Familiae Kinskyanae 1778 auf 145 Blättern (Signatur IX B 11) und Catalogus Bibliothecae Kinskyanae authores exhibens ordine alphabetico auf 237 Blättern (nicht signiert). Im Gegensatz zum ersten wurde der zweite Katalog vollendet. Im Jahre 1846 ließ die Universitätsbibliothek eine neue erweiterte Abschrift des Katalogs anfertigen, in der Handschriften und Drucke getrennt aufgenommen wurden. Hinzu kam die Registrierung bisher nicht bearbeiteter Broschüren sowie ungebundener Bücher, so daß diese Abschrift die beste Vorstellung über die einstige Majoratsbibliothek ermöglicht. Des weiteren wurde 1844 ein Katalog der Dissertationen Brevis Catalogus seu Index Dissertationum academicarum Bibliothecae Kinskyanae maioris von der Universitätsbibliothek ausgearbeitet, der im ersten Teil die medizinischen Dissertationen aufführt und im zweiten Teil die juristischen.

2.495 Noch vor dem Umzug der Fideicommiss-Bibliothek Kinský nach Prag im Oktober 1777 entschloß sich Graf FrantiÜek Josef als böhmischer Patriot mit deutscher Erziehung und als Aufklärer, auch seine persönliche Bibliothek der Prager Universitätsbibliothek pro usu publico zu spenden. Die Schenkung bestätigte er auf dem in deutscher Sprache verfaßten Bücherverzeichnis am 20. September 1777. Sie umfaßte 881 Bde und wurde der Majoratsbibliothek als Abteilung G angegliedert. Zur besseren Unterscheidung beider Sammlungen wurde die Majoratsbibliothek Bibliotheca maior und die persönliche Bibliothek FrantiÜek Josef Kinskýs Bibliotheca minor genannt. Neben dem Inventarverzeichnis aus dem Jahre 1777, das sich im Staatlichen Zentralarchiv Prag [Stßtní ústrední archiv Praha] befindet, wurde die Bibliothek kurz nach der Übernahme noch in zwei weiteren alphabetischen Bandkatalogen katalogisiert.

2.496 FrantiÜek Josef Kinský war aktiv in der habsburgischen Armee, wurde 1779 zum Direktor und 1785 zum Oberdirektor der Militärakademie in Wiener Neustadt ernannt. Er studierte die Entwicklung verschiedener militärischer Bereiche und sammelte Literatur mit militärischer Thematik. Er wünschte, den Bestand der Universitätsbibliothek in Prag um Militaria zu erweitern. Mit seiner Schenkung im Jahre 1781 begründete er als dritte der Kinský-Bibliotheken, die Militaris-Sammlung, die damals 376 Bde enthielt und als Abteilung H angegliedert wurde. Die Sammlungen der Bibliothek Kinský sollten innerhalb der Universitätsbibliothek geschlossene Abteilungen sein ohne Bestandserweiterungen, doch die Bibliotheca militaris wurde als einzige Militaria-Abteilung der Universitätsbibliothek bis Ende 1950 erweitert. (Über die Kinský-Bibliotheken s. u. 4.2, Z. Tobolka; Kataloge s. u. 3.2 und 3.4).

Bibliotheca Kinskyana maior

2.497 Die Bibliothek umfaßt mehr als 5900 Titel (ca. 8700 Bde) in 6 Abteilungen (A-F). Es handelt sich meist um Alte Drucke, doch liegen auch Inkunabeln und Handschriften vor. Bei den Alten Drucken entfallen auf das 16. Jh ca. 6 Prozent (359 Titel), auf das 17. Jh nahezu 70 Prozent (4152 Titel) und auf das 18. Jh 19 Prozent (1139). Ohne Bezeichnung des Erscheinungsjahres im Standortkatalog oder ohne Angabe zum Jahr sind annähernd 5 Prozent (291 Titel). Zur Sammlung gehören 5 Inkunabeln in 3 Bdn (Drucke aus Rom, Venedig und Nürnberg 1481), die in der Inkunabelsammlung der Nationalbibliothek aufgestellt sind (s. o. Abteilungen 39-44). Die Handschriften (insgesamt 62), vor allem lateinische, aber auch deutsche, tschechische und italienische, sind in den Tresorräumen der Nationalbibliothek aufbewahrt. Eine Auszählung und Hochrechnung nach Sprachen ergab, daß Latein mit 71 Prozent vertreten ist, Französisch mit ca. 15 Prozent und Deutsch mit ca. 7 Prozent. Weitere Sprachen sind z. B. Italienisch, Spanisch, Griechisch und Tschechisch.

2.498 Die inhaltliche Vielfalt der Sammlung ist beträchtlich. Vorhanden sind Lehr- und Unterhaltungswerke, wissenschaftliche sowie populäre Bücher, zahlreiche Dissertationen, vornehmlich medizinische (in der Abteilung D) und juristische (in der Abteilung F), ferner juristische Gebrauchsliteratur für die administrative Leitung der Domäne. Wissensgebiete sind u. a. Theologie und Philosophie, Geschichte, Medizin sowie naturwissenschaftliche, technische, didaktische und ökonomische Werke, ferner Memoirenliteratur und Belletristik.

Vlasta Faltysovß

2.499 Die meisten Autoren theologischer Schriften in der Bibliotheca maior sind katholischer Konfession, nur einige wenige Schriften befanden sich auf dem Index verbotener Bücher. Beim Großteil handelt es sich um polemische Schriften aus der Reformations- und Aufklärungszeit. Unter den wenigen protestantischen Autoren (Milton u. a.) finden sich Werke mit antikatholischer Polemik wie beispielsweise Heinrich Bullingers Widerlegung der Bullen des Papst Pii des V. im Jar Christi 1568 wider ...Elizabetham Königin in Engelland ...ausgegangen (o. O. 1578), eine posthume Übersetzung aus dem Lateinischen. Die Bibliothek enthält überdies Schriften der Aufklärungsvorläufer Pierre Bayle und Samuel von Pufendorf.

2.500 Außer patristischen Schriften liegen auch Barockausgaben philosophischer und kritischer Werke vor. Einerseits finden sich polemische katholische Schriften, wie Veit Erbermanns Iusta expostulatio cum Lutheranis doctoribus ... (Würzburg 1663) oder das anonyme Werk Jansenismus omnem destruens Religionem (Köln 1693), andererseits z. B. Blaise Pascals Les provinciales ... (Köln 1684). Die philosophische Literatur ist weniger zahlreich vertreten. Erwähnt seien z. B. Michael Gottlieb Hansch, Theoremata metaphysica ex philosophia Leibnitiana selecta ... (o. O. 1725) und das Werk des Gegners Wolffs Joachim Lange, Bescheidene und ausführliche Entdeckung der falschen und schädlichen Philosophie ... (Halle 1724). Lokale Bedeutung hatte Benedikt Bayers Caelum philosophicum ... (Prag 1721).

2.501 Umfangreich ist die Predigtliteratur sowie die propagandistische Literatur vorwiegend böhmischer jesuitischer Herkunft, z. B. Johannes Tanners Societas Jesu usque ad sanguinis et vitae profusionem militans ... (Prag 1675). Von der homiletischen Literatur in lateinischer Sprache seien genannt die Werke von Anastasius Pragensis, Radius paupertatis (Prag 1669), Georgius Crugerius (Krüger), Primi menses Januarius et Februarius ... (LitomyÜl 1668) und Johann Tauler, Conciones de tempore ... (Köln 1697). Ferner liegt Missionsliteratur vor, vorwiegend in französischer Sprache.

2.502 Unter den juristischen Schriften finden sich neben einigen grundlegenden Sammlungen (z. B. Bernhard van Espen, Ius ecclesiasticum universum, Köln 1702) einige Ausgaben des Codex Justinianus und des Sachsenspiegels, einige Lehrbücher, Übersichten und Handbücher des Römischen und des Kirchenrechts (z. B. Heinrich Canisius, Summa Iuris Canonici ... contracta, Antwerpen 1628) sowie theoretische Schriften (z. B. Samuel von Pufendorf, Les devoirs des hommes et des citoyens, Berlin 1696) und lateinische Kommentare (z. B. Samuel Friedrich Willenberg zu Grotius, Sicilimenta juris gentim prudentiae ex libris Hugonis Grottii ... Leipzig 1712). Bei den meisten Titeln zum Recht handelt es sich um kasuistische Handbücher, wie z. B. Johann Theodor Sprengers Opuscula Iuridica ... (Frankfurt 1668). Spezielle Monographien sind z. B. Christoph von Hagen, Tractatus de usu usurarum ... (Wittenberg 1663), über das Versatzrecht Victor Kornelius Brederodes Eurematica sive Cautelae ... (Frankfurt 1682) und weiterhin über die Femegerichte Marquard Freher De secretis iudiciis olim in Westphalia usitatis (Heidelberg 1610), ferner Reinhard Bachofen von Echt, Tractatus de Pignoribus et hypothecis ... (Frankfurt und Rostock 1656). Eine Quellensammlung zum Rechtsstudium stammt von Melchior Goldast, Imperatorum ...S. Imperii Theutonici recessus, constitutiones ...Tom III. (Frankfurt a. M. 1673).

2.503 Die historischen Werke behandeln die Geschichte von der Antike bis zu den Zeitgenossen. Darunter sind Einführungen und Grundlagenwerke, z. B. Johann Burkhardt Menckes Méthode pour étudier l'histoire (Leipzig 1714), Justus Scaligers Opus de emendatione temporum (Köln 1629) und zahlreiche Genealogien der Habsburger (z. B. Johann Jacob Fugger, Spiegel der Ehren des Ertz-Hauses Oesterreich ..., Wittenberg 1668). Französische und andere Sammlungen historischer Quellen (z. B. Philipp Jacob Spener, Illustriores Galliae stirpes, Frankfurt 1689) wurden nicht systematisch zusammengetragen und kamen eher beiläufig in die Sammlung. Zu den allgemeinen historiographischen Werken gehört Johann Sleidan, De quatuor summis Imperiis libri tres (Leyden 1631 und 1669).

2.504 Mit der allgemeineren Geschichte der Habsburgermonarchie befaßte sich der Jesuit Franciscus Wagner in Historia Leopoldi Magni Caesaris Augusti (Augsburg 1719-1731; Teil 2). Des weiteren liegen vor Breve Chronicon Arctoae partis Germaniae et vicinarum gentium ab a. 1581 usque ad 1587 (Wittenberg 1587) und David Chytraeus, De dictis et factis Alphonsi regis Aragonum ... (Wittenberg 1585). Die Geschichte anderer europäischer Länder ist mit Einzelwerken vertreten. Über die belgische Geschichte schreibt Hugo Grotius (Annales et historiae de rebus Belgicis, Amsterdam 1658), über die Regierung Heinrichs VII. in England Bacon (Historia regni Henrici septimi Anglie Regis, Amsterdam 1662), über die Konklave nach dem Tod Papst Klemens X. am 22. Juli 1676, Conclave per la morte di Clemente (Köln 1677) sowie über das spanische Reich im Mittelmeerraum Tommaso Campanellas De monarchia Hispanica (Frankfurt 1686). Speziellere historische Werke betreffen die böhmische Geschichte. So liegt in der Sammlung die tschechische Erstausgabe von Vßclav Hßjek z Libocan, Kronyka Czeskß (Prag 1541) vor. Zu den wichtigen Werken protestantischer Geschichtsschreiber zählen z. B. Jacques Lenfant, Histoire du Concile de Constance (Amsterdam 1714) und Adam Friedrich Glafey, Pragmatische Geschichte der Cron Böhmen (Leipzig 1729).

2.505 Die Regionalliteratur in der Zeit des Barock ist hauptsächlich mit Werken zu Böhmen und Preußen vertreten, von denen Bohuslav Balbíns Diva Wartensis ... in der Erstausgabe (Prag 1655) genannt sei. Interessant ist der erste ausführliche Führer über kirchliche Kunstdenkmäler in Prag, Jan Florian Hammerschmids Prodromus gloriae Pragenae (Prag 1723), ferner Historia Rerum Prussicarum, das ist warhaffte und eigentliche Beschreibung des Landes Preussen ... (Zerbst 1592) von Caspar Schütz. Auch Sebastian Münsters Cosmographei (Basel 1556) fehlt nicht.

2.506 Sehr zahlreich ist die zeitgenössische, meist fremdsprachige Memoirenliteratur, z. B. Antoine Auberys Mémoires pour l'histoire du Cardinal Duc de Richelieu (Köln 1667) Ambassade du Mareschal de Bassompierre en Espagne l'an 1621 und ...en Suisse l'an 1625 (beide Köln 1668). Nicht uninteressant ist eine politische Apologie von Joannes van Oldenbarnevelt, die kurz vor der Hinrichtung des Autors erschien, Mysteria Hollandica ... (Reims 1618). Stephan Gerlach d. Ä. verfaßte ein Reisebuch und gleichzeitig ein diplomatisches Tagebuch aus seiner Mission in der Türkei für Maximilian II. und Rudolf II. in den Jahren 1573 bis 1578, das von Samuel Gerlach herausgegeben wurde (Tage-Buch, Frankfurt 1674).

2.507 Im Bereich der Belletristik liegen ausschließlich klassische Werke vor, vor allem die damals verfügbaren römischen und zahlreiche griechische sowie zeitgenössische Autoren. Es finden sich französische Gesamtausgaben von Racine (Paris 1697), Molière (Amsterdam 1675-1684), Montaigne (Amsterdam 1659) u. a. Bemerkenswerte deutsche Werke sind jedoch nicht vorhanden.

2.508 Die Lehrliteratur ist inhaltlich breit gefächert. Verhältnismäßig zahlreich sind medizinische Werke, so z. B. Hippokrates' Aphorismen in der griechisch-lateinischen Ausgabe (Den Haag 1664), ferner botanische, technische, didaktische und ökonomische Werke. Vorhanden sind auch die Schriften von Thomas Sydenham, Marcello Malpighi oder Vesalius' berühmte Anatomie (Leyden 1725). Unter den didaktischen Werken sind Jan Amos Komenskýs Ianua linguarum ... (Prag 1669) und Bohuslav Balbíns Verisimilia humaniorum disciplinarum (Prag 1666). Die naturwissenschaftlichen Beschreibungen sind ebenfalls zahlreich; vorhanden sind z. B. Georg Franck von Franckenaus Flora Francica als ein Teil aus dem Lexicon Plantarum (Straßburg 1685), Conrad Gesners Fischbuch (Zürich 1578) übersetzt aus dem Lateinischen, Georg Agricolas De re metallica libri XII (Basel 1657) sowie Johann Hartmanns Praxis chymiatrica (Genf 1682). Die Ökonomie ist mit einer lateinischen Übersetzung von Johann Colers Haushaltungsbuch Oeconomia ruralis et domestica ... (Mainz 1645 und 1656) vertreten.

Vladislav Kotek

Bibliotheca Kinskyana minor

2.509 FrantiÜek Josef Kinskýs persönliche Bibliothek enthält 475 Titel in 881 Bdn aus den Jahren 1521 bis 1799 mit einem Schwerpunkt bei Werken aus dem 18. Jh. Auf Werke des 16. Jhs entfallen 4 Titel, auf das 17. Jh 20 (4,2 Prozent) und auf die erste Hälfte des 18. Jhs 80 (16,9 Prozent). Besonders zahlreich sind Werke der vierziger Jahre des 18. Jhs vertreten, deren Bestellung noch möglich war, als Kinský mit dem Aufbau seiner Bibliothek begann. Den Kern des Bestandes bilden Werke der Periode 1751 bis 1780 mit 288 Titeln (60,6 Prozent). Auf Werke aus der Zeit von 1781 bis 1799 entfallen 47 Titel (9,9 Prozent); bei den übrigen 36 Titeln (7,6 Prozent) konnte das Erscheinungsjahr nicht ermittelt werden. Die Kinskyana minor ist bezeichnend für eine Bibliothekseinheit, die innerhalb kurzer Zeit durch die intensive Sammeltätigkeit ihres Gründers entstand. Nach den Erscheinungsjahren der Bücher kann man annehmen, daß F. J. Kinský den Bestand auch noch erweiterte, nachdem er ihn der damaligen Universitätsbibliothek bereits geschenkt hatte.

2.510 Die Kinskyana minor ist eine Bibliothek der Aufklärung. Deutsche Titel machen 48,8 Prozent aus, mehr als ein Viertel ist in französischer Sprache (27 Prozent); es folgen lateinische (19 Prozent), italienische (4 Prozent) und englische Drucke (1,2 Prozent). Unter den Erscheinungsorten dominieren Städte in Norddeutschland (z. B. Leipzig, Berlin, Jena) und in der Schweiz. Es finden sich nur wenige Drucke aus Österreich. Die französische Literatur wurde oft in Den Haag oder Amsterdam verlegt.

2.511 Die Zusammensetzung des Bestandes spiegelt die Interessen ihres Gründers wider, die vornehmlich bei der Pädagogik, der Mathematik und Architektur sowie den Naturwissenschaften lagen. Von Bedeutung ist die moderne und von der Aufklärung geprägte Orientierung der Sammlung. Sie zeigt sich sowohl in der starken Vertretung typischer zeitgenössischer Fächer (z. B. Morallehre, Sozialanthropologie, Agrikultur) und in den Publikationsformen (z. B. wissenschaftliche und politische Zeitschriften, Briefe) als auch in der Auswahl der Autoren. Besonders umfangreich ist die französische Aufklärungsliteratur aus der zweiten Hälfte des 18. Jhs einschließlich der französischen Enzyklopädie, aber auch die deutsche Aufklärungsliteratur ist vertreten (z. B. mit Werken von Wolff und Wieland). Bemerkenswert ist das Interesse an England, obwohl die betreffenden Werke teils in französischen und deutschen Übersetzungen vorliegen.

2.512 F. J. Kinskýs eigene Werke, vor allem zur Pädagogik, sind erwartungsgemäß vorhanden. Über die Hofmeister (Prag 1776) stellt eine Ergänzung zu seinen Erinnerungen über einen wichtigen Gegenstand von einem Böhmen (Prag 1773) über die Erziehung der Adelsjugend dar. Ferner findet sich im Bestand die Wiener Ausgabe seiner gesammelten Schriften (1785-1787). Andere böhmische, österreichische und französische Schriften zur Pädagogik sind ebenfalls vertreten, wie z. B. von Ferdinand Kindermann (von Schulstein) Nachricht von der Landschule zu Kaplitz in Böhmen (Prag 1774). Unter 21 Lehrbüchern sind 11 für die Theresianische Militärakademie in Wien bestimmt, an deren Erstellung Kinský beteiligt war.

2.513 Mit den pädagogischen Interessen hängen auch die Werke zur Morallehre, Sozialpsychologie und Sozialanthropologie zusammen. Erwähnt sei hier Johann Georg Zimmermanns Vom Nationalstolze (Zürich 1768). Die zeitgenössische deutsche Philosophie repräsentieren die Werke von Christian Wolff und aus älterer Zeit die von Leibniz, z. B. Theodicee (Hannover und Leipzig 1763). Mit der Pädagogik in Zusammenhang stehen philologische Werke, darunter viele französische Lehr- und Wörterbücher, sowie Grammatiken, wie die Grammatica Linguae Bohemicae (Prag 1672) von dem böhmischen Philologen und Sprachpuristen des 17. Jhs Vßclav Jan Rosa, oder etwa Johann Christoph Gottscheds Vollständigere und neuerläuterte Deutsche Sprachkunst (Leipzig 1762) und Johann Christoph Adelungs Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuches der hochdeutschen Mundart (Leipzig 1774-1786). Recht umfangreich ist die Sammlung der religiösen und theologischen Literatur mit polemischen Schriften, Predigten sowie Werken, die das josephinische Verständnis der Kirche vertreten.

2.514 Die historische Sammlung enthält neben Ausgaben antiker Autoren auch Titel der Barockzeit, wie Franz Christoph Khevenhuellers Annales Ferdinandei (Leipzig 1721-1726) oder Historia de ducibus ac regibus Bohemiae aus den Miscellanea Balbíns (Prag 1735). Zeitgenössische Bohemica sind die Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Münzen (Prag 1771-1787) des böhmischen piaristischen Geschichtsschreibers und Numismatikers Nicolaus Adauct Voigt (1733-1787) sowie Ignaz von Borns, Voigts und Pelcls biographisches Lexikon Effigies virorum eruditorum atque artificum Bohemiae et Moraviae (Prag 1773), ferner eine Übersicht über die böhmische Geschichte von FrantiÜek Pubicka, Chronologische Geschichte Böhmens (Leipzig 1770-1773). Kinskýs Interesse für die Englische Geschichte dokumentieren die Werke von Pierre Joseph d'Orléans (Histoire des révolutions d'Angleterre, La Haye 1729) und Richard Bulstrode (Memoirs and reflections upon the Reign and Government of King Charles the I. and King Charles the II., London 1721). Das Interesse für die Geschichte des amerikanischen Kontinents vor der europäischen Kolonisation ist durch die Werke Samuel Engels, Essai sur cette question: quand et comment l'Amérique a-t-elle peuplé ... (Amsterdam 1767) und Cornelius de Pauws Recherches philosophiques sur les Américaines (Berlin 1768-1769) belegt. Im Bestand finden sich auch historische Werke von Herrschern, so die Memoiren von Friedrich II. von Preußen (Berlin 1767), ferner die Werke renommierter europäischer Historiker des 18. Jhs, ein Auszug aus dem historischen Wörterbuch von Pierre Bayle (Berlin 1765) und Burkhard Gotthelf Struves Einleitung zur deutschen Reichs-Historie (Jena 1745).

2.515 Die meist anonym erschienene historische Publizistik hat einen beachtlichen Anteil an der Sammlung. Darunter sind etwa 2 Flugschriften zu Sturz und Hinrichtung des dänischen Ministers Johann Friedrich Struensee: Gespräch in dem Reiche der Toten (Kopenhagen 1772) und Bekehrungsgeschichte des ...Johann Fr. Struense von Balthasar Münter d. Ä. (Leipzig 1773). Zur aktuellen politischen Literatur gehören Betrachtungen, z. B. der Vergleich Eberhardt August von Zimmermanns Frankreich und die Freistaaten von Nordamerika verglichen ... (Berlin 1795), oder politische Allegorien, z. B. L'Espion Chinois (Köln 1765).

2.516 Verbunden mit den historischen Werken ist die Beschreibung deutscher Bibliotheken, wie z. B. der in Stuttgart (Fondation d'une bibliothèque publique ..., Stuttgart 1765). Ferner finden sich Journale wissenschaftlicher Gesellschaften und politische Zeitschriften. Geographische Literatur ist in der Sammlung nicht umfangreich vertreten; unter einigen Atlanten, Topographien und Reiseberichten findet sich z. B. der Reiseführer von Johann Koenig (John King), The true English Guide for Germans (London 1758).

2.517 Marginal vertreten ist die juristische Literatur, z. B. Johann Georg Schlossers Vorschlag und Versuch einer Verbesserung des Teutschen Bürgerlichen Rechts (Leipzig 1777), und die ökonomische Literatur mit einigen Schriften über die Agrikultur.

2.518 In der Aufklärungsliteratur von 1760 bis 1780 stellt die Belletristik einen interessanten Teilbestand. Kinský besaß in seiner Bibliothek Johann Jacob Bodmers Lessingische unäsopische Fabeln (Zürich 1760) und Magnus Gottfried Lichtwers Aesopische Fabeln (Wien 1773). Repräsentativ ist die Sammlung der deutschen Aufklärungsliteratur mit Gedichten von Friedrich von Hagedorn (Hamburg 1771), Lustspielen von Lessing (Berlin 1770), Schriften von Salomon Gessner (Zürich 1770-1772) und Christian Fürchtegott Gellert (Leipzig 1769). Bemerkenswert sind die populären Autoren der Zeit, z. B. Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker von Christoph Friedrich Nicolai (Frankfurt und Leipzig 1775-1776) und ein Komplex von 9 Werken Wielands (Leipzig 1770-1773). Ins Deutsche übersetzt ist Laurence Sternes Leben und Anschauungen Tristram Shandys (Berlin 1774). Außerdem finden sich Werke bedeutender französischer Autoren.

2.519 Die persönlichen Interessenvorlieben Kinskýs lagen im naturwissenschaftlichen Bereich. Die allgemeine Naturwissenschaft und Naturphilosophie betrifft Johann Georg Sulzers Unterredungen über die Schönheit der Natur (Berlin 1770). Vielfältig ist die Auswahl von Werken über die unbelebte Natur, besonders die Mineralogie (darunter Athanasius Kirchers Mundus subterraneus, Amsterdam 1764-1765), die Montanliteratur und Literatur zur Chemie. Die Zoologie ist mit Schriften über Fossilien vertreten. Die Botanik ist weniger umfangreich, doch finden sich Linnés Philosophia Botanica und Systema naturae (beide Wien 1763 und 1770). Insgesamt liegen 24 Titel zur Mineralogie, Geologie, Chemie und zum Bergbau vor, 15 zur Zoologie und Paläontologie, 4 zur Botanik, 5 zur Medizin und 7 zur allgemeinen Naturwissenschaft.

2.520 Nicht weniger intensiv war Kinskýs Interesse für Physik, Astronomie und Mathematik einschließlich Geometrie. Erwähnt seien Leonhard Eulers Lettres à une princesse d'Allemagne sur divers sujets de physique et philosophie (Leipzig 1770) und Die Kunst der Navigation von Pedro de Medina (La Rochelle 1563). Von den zeitgenössischen Bohemica ist die Historia Matheseos (Prag 1778) von Stanislav Vydra interessant. Die Astronomie wird durch die Werke von Jean Bernoulli (Berlin 1771-1779) repräsentiert. Insgesamt liegen 16 Titel zur Physik, 12 zur Mathematik, 9 zur Geometrie und 4 zur Astronomie vor.

2.521 Die Architektur ist gut vertreten. Zu den klassischen Werken gehört das älteste Buch der Sammlung, De architectura libri decem von Vitruvius (Mailand 1521-1525). Außerdem findet sich die Originalausgabe der Regeln der fünf Ordnungen von Vignola (Augsburg 1654). Die Auswahl reicht bis hin zu Architekten des 18. Jhs wie Johann Kleinhardt (Verschiedene Beywerke zu Auszierung deren Rissen und Plans, Prag und Lissa 1772). Es finden sich außerdem Bücher über die Malerei sowie Graphik-Alben (z. B. von Giuseppe Vasi und Johann Kaspar Füssli). Zdenek Hojda

Bibliotheca Kinskyana militaris

2.522 Als hoher Offizier der habsburgischen Armee befaßte sich Graf F. J. Kinský mit Fragen der Militärgeschichte in Theorie und Praxis. Im Laufe seiner Karriere baute er sich eine Bibliothek mit Militärliteratur auf, die 376 Bde vom 16. bis 18. Jh umfaßte. Sie betreffen die verschiedenen Bereiche des Heeres, z. B. die Infanterie, Kavallerie, Artillerie, deren Organisation, Bewaffnung, Ausrüstung, Ausbildung und Kriegführung. Zu den ältesten Schriften gehört u. a. Leonhard Fronspergers Kriegsbuch (Frankfurt 1596) über die Organisation der Landsknechte.

2.523 Die umfangreichste Untergruppe betrifft die Festungsarchitektur und Fortifikationslehre in Theorie und Praxis. Vorhanden sind neben zahlreichen italienischen theoretischen Schriften auch Werke französischer, niederländischer und deutscher Autoren. Von den Niederländern sei genannt Menno von Coehoorn, Nouvelle fortification, tant pour un terrain bas et humide, que sec et élevé ... (Wesel 1706), von den Deutschen Johann Peter Eberhard, Vorschläge zur Verbesserung der Kriegsbaukunst (Halle 1766).

2.524 In der Bibliothek findet sich auch technische und mathematische Literatur, vor allem zur militärischen Technik. Weniger umfangreich sind die Werke zur Artillerie. Genannt sei Christoph Friedrich von Geisslers Neue curieuse und vollkommene Artillerie ...Nebenst einem kleinen Anhang von Lust-Feuer-Wercken, wie auch Schiff-Brücken ... (Dresden 1718). Speziell die Feldchirurgie betrifft Instruction für die bey den Kaiserl. Königl. Armeen, und in den Feldspitälern angestellten Feld-Chirurgen (Wien 1774).

2.525 Theoretische Abhandlungen über Kriege, Kriegskunst und Kriegspraxis fehlen ebenfalls nicht. Vorhanden sind u. a. Werke wie Melchior Andreas von Trotha, Kriegs Tractat, Oder Beschreibung wo im Fall ein grosser Herr Krieg führen müsse ... (Magdeburg 1672); Charles Joseph Ligne, Mélanges militaires, literaires et sentimentaires (Wien 1795-1805) und Friedrich Leopold Klipstein, Versuch einer Theorie des Dienstes der leichten Truppen (Darmstadt 1799). Die Werke bekannter europäischer Heerführer sind u. a. vertreten durch Giorgio Basta, Le gouvernement de la cavallerie legiere ...in die französische Sprache von Jean Theodore de Bry übertragen (Hanau 1614). Zur Kriegsgeschichte seien genannt Elias Reusner, Stratagematographia sive Thesaurus bellicus suscipi ... (Frankfurt 1609) und Louis Felix Keralio, Geschichte des letzten Krieges zwischen den Russen und den Türken (Leipzig 1778), aus dem Französischen übersetzt.

2.526 Kinský ergänzte seine Sammlung durch eine sehr große Anzahl von geographischen Karten, Plänen, Schlachtplänen, Stadtansichten sowie Darstellungen der Belagerung von Städten und Festungen. Dieses Material ordnete er thematisch und ließ es binden. Die Bände tragen folgende Titel: Pläne und Abbildungen zu verschiedenen Städten, Festungen, Schlachten und Belagerungen; Pläne zu dem Feldzug in den Jahren 1690-1693 in Holland; Pläne, Carten, Prospecte zu den russisch-türkischen und österreichisch-türkischen Kriegen 1787-1791 und Figuren zu Johann Faulhabers Ingenieurs-Schul gehörig. Andrej Romanßk

Bibliotheca Tychoniana [Knihovna Tychona Brahe]

2.527 Die Bibliotheca Tychoniana ist der größte heute erhaltene Teil der Privatbibliothek des dänischen Astronomen Tycho Brahe (1546-1601). Sie umfaßt mehr als 110 Drucke und 5 Handschriften in 52 Einzel- und Sammelbänden. Die Geschichte der Bibliothek ist ausführlich beschrieben worden (s. u. 5, F. Kleinschnitzovß 1933; s. u. 4.2, V. Thoren 1990). Doch auch der Bestand dokumentiert seine Geschichte in bemerkenswerter Weise selbst durch die zahlreichen handschriftlichen Notizen von Tycho Brahe, seinen Mitarbeitern, Schülern und später auch von Bibliothekaren. Tycho Brahe begann bereits als vierzehnjähriger Student seine Privatbibliothek aufzubauen. Der Bestandsaufbau läßt sich zum einen anhand der erhaltenen Korrespondenz (s. u. 4.2, W. Nordlind; F. R. Friiss), zum anderen anhand von Tychonis Brahe Dani Opera omnia (Bde 6-8; Epistolae, hrsg. von Johann Ludwig Dreyer, Kopenhagen 1913-1929) nachvollziehen.

2.528 Als Sohn einer hohen Adelsfamilie sollte er Recht und Medizin studieren. Die ersten Bücher, die er anschaffte, belegen aber seine wirklichen Vorlieben für die Astronomie und Naturwissenschaften; es waren Libellus de sphaera (Wittenberg 1558) von Johannes de Sacrobosco, De medenis humani corporis malis Enchiridion (Basel 1559) von Petrus Bayrus und De herbarum virtutibus elegantissima poesis (Basel 1559) von Aemilius Macer Veronensis. Sie sind in einem Sammelband eingebunden mit prächtig verziertem weißem Ledereinband und den gepreßten Initialen T. B. 1560. Zudem erwarb Tycho Brahe die Cosmographia (Antwerpen 1540 und 1545) von Petrus Apianus. Der Ankauf der astronomischen Bücher begann unmittelbar nach der partiellen Sonnenfinsternis vom 21. August 1560. Insbesondere kaufte er die Ephemerides ... verschiedener Autoren und die preußischen Tafeln Prutenicae tabulae coelestium motuum (Tübingen 1551) von Reinholdus Erasmus (dieses Buch trägt Spuren sehr häufiger Benutzung und viele Randbemerkungen von Tycho Brahe). Später kaufte Tycho Brahe noch ein Exemplar dieser Tafeln mit eigenhändiger Widmung des Autors und ließ es luxuriös in weißes Leder einbinden mit eingeprägtem eigenen Porträt und vermerkte auf dem Titelblatt Est manus Reinholdj emj Pragae anno 1601 mense Junio. Almagest von Claudius Ptolemaeus (Omnia quae extant opera praeter geographiam, Basel 1551) kaufte Tycho Brahe aus dem Besitz von Johann Pratensis 1560 für 2 Joachimsthaler. Auf dem Titelblatt findet sich die Notiz Emptus Haffniae 2 Joachimicis 1560 Ultimo Nouembris. Die zahlreichen Marginalien gehen auf verschiedene Personen zurück.

2.529 Im Jahre 1575 besuchte Tycho Brahe die Frankfurter Buchmesse, um Werke über den 1572 neuentdeckten Stern Cassiopeia zu erwerben und sie mit seinen eigenen, soeben veröffentlichten Beobachtungen und Interpretationen zu vergleichen. Später schickte er seine Mitarbeiter zur Frankfurter Buchmesse, um Werke über Astronomie zu erwerben. Weitere Bücher kaufte er auf Reisen nach Basel, Venedig, Augsburg und Regensburg im Laufe desselben Jahres. Als Gast bei der Krönung Rudolfs II. in Regensburg traf Tycho Brahe erstmals persönlich den Prager Gelehrten TadeßÜ Hßjek z Hßjku (Thaddaeus Hagecius, 1525-1600), der ihm eine Abschrift des Comentariolus von Georg Joachim Rhaeticus widmete. Im Jahre 1576, als mit dem Bau der Sternwarte Uranienborg begonnen wurde, ließ Tycho Brahe seine Bücher einheitlich binden. Der Großteil der Bibliothek in Uranienborg stammt aus den ersten Jahren nach 1576. Von den Schülern und Mitarbeitern sind vor allem der Mathematiker Paul Wittich (ca. 1555-1587) aus Kassel und der Astronom Longomontanus (Christian Sørensen, 1562-1647) aus Kopenhagen zu nennen, die mehrere Bücher Tycho Brahes handschriftlich glossierten. Das Werk Commentarius in C. Plinii de naturalia librum secundum von Jacob Ziegler (Basel 1531) wurde für Tycho Brahe von seinem Assistenten Johann Aurilaber für ein Faß Bier aus Rostock gekauft, was durch einen Randvermerk belegt ist: Hunc librum Magnus Bartolinus emit ab J. A. nomine Tychonis Brahe una Tonna Cervisiae Rostochiensis.

2.530 Tycho Brahe organisierte seine Bibliothek so, daß jeweils bis zu 6 kleinere Druckwerke von gleichem Format zu einem Sammelband gebunden wurden. Der originale Ledereinband ist braun mit goldenem Porträt- und Wappenstempel oder mit den Initialen T. B. O. und der Jahreszahl 1576, 1580 oder 1582 versehen. In den Ecken sind 4 Sternchen angebracht. Sieben Exemplare sind in weißem Pergament eingebunden, teilweise reichlich verziert und mit goldenen Mittelstempeln ausgestattet; einige von ihnen repräsentieren die hohe Schule der Renaissance-Buchbinderkunst. Man kann heute nur vermuten, wie groß der ursprüngliche Umfang der Bibliothek war, da leider kein zeitgenössischer Katalog erhalten ist. Sie beinhaltete höchstwahrscheinlich alle Werke Tycho Brahes und außerdem alle Bücher aus der Produktion seiner eigenen Buchdruckerei auf Hven, die im Jahre 1584 gegründet wurde. Als sicherer Beweis gelten Erwähnungen der Bücher in der Korrespondenz Tycho Brahes, und die Liste von W. Nordlind nennt 32 Werke, von denen 7 im Klementinum identifiziert werden können. Von seinem Freund Thadeus Hagecius besaß er wahrscheinlich dessen gesamte Werke, doch finden sie sich heute nicht mehr im Bestand.

2.531 Nach dem Tode Fredericks II. im Jahre 1588 verlor Brahe allmählich die Gunst des dänischen Hofes, so daß er 1597 Hven verließ und zunächst zu Heinrich von Rantzau (1526-1599) auf dessen Schloß in Wandsbek bei Hamburg zog und hier das Buch Astronomiae instauratae mechanica (Wandsbek 1598) schrieb. Über Wittenberg ging er 1599 auf Einladung Kaiser Rudolfs II. nach Böhmen. Später kam seine Bibliothek nach Prag in das Curtius-Haus, das Rudolf II. für Brahe und seine Familie kaufte und in dem auch Schüler und Mitarbeiter wohnten. Von ihnen sind u. a. Johannes Kepler (1571-1630), Christian Longomontanus (1562-1647), Willem J. Blaeu (1571-1638) und Franz Gansneb Tengnagel (1573-1636), Brahes Schwiegersohn, bekannt.

2.532 Tycho Brahes plötzlicher Tod am 24. Oktober 1601 unterbrach nicht nur die wissenschaftliche Arbeit und den Umbau des Hauses in eine Sternwarte, sondern ließ auch die Familie mit 6 Kindern und die Mitarbeiter mittellos zurück. Die großen astronomischen Instrumente und das Beobachtungsmaterial wurden auf Befehl Kaiser Rudolfs II. beschlagnahmt. Erst dann wurde der Preis für den kaiserlichen Ankauf in Höhe von 20.000 Talern festgesetzt (statt der verlangten 100.000), von denen die Hinterbliebenen nur einen Bruchteil erhielten. Den verschuldeten Angehörigen blieben noch kleinere Instrumente und die Bibliothek zum Verkauf. So konnte vermutlich der Sammelband mit Vittelius' De ratione projecti Radiorum Libr. X. (Nürnberg 1585) und A. Dürers Geometriae libri III (Paris 1582) 1636 von den Jesuiten gekauft werden.

2.533 Im Klementinum wurden die Bücher Tycho Brahes 1642 in einem Katalog verzeichnet (s. u. 3.4), mit dem Vermerk Ex Bibliotheca Tijchoniana versehen und später in den Bestand des Musaeum mathematicum (s. o. 1.30 ff.) eingegliedert. Nach der Auflösung des Jesuitenordens und der Säkularisierung des jesuitischen Besitzes 1773 kamen 19 Bücher aus der jesuitischen Bibliothek in Chomutov [Komotau] in den Besitz des Klementinums. Sie tragen die Notiz Collegij Societis JESU Commotouji Catalogo inscriptus A. sowie eine Jahreszahl zwischen 1671 und 1675. Vier weitere Bände kamen als Stiftungen der auf den Titelseiten vermerkten Privatpersonen ins Klementinum. Bei der Reorganisation der Bibliothek durch Karel Rafael Ungar in den achtziger Jahren des 18. Jhs wurden die Bestände der Bibliotheca Tychoniana verstreut und erst im 20. Jh wieder zusammengeführt. An anderen Aufstellungsorten wurden weitere Werke aus der Bibliotheca Tychoniana gefunden; so befand sich Rudimenta in doctrinam de praedictis natalatiis ex Dn. Henrici Ranzovii Bibliotheca von Paulus Alexandrinus (Wittenberg 1588) in der Sächsischen Landesbibliothek Dresden, das Werk De nova stella anni 1572 von Tycho Brahe in der Schloßbibliothek in Mnichovo HradiÜte [Münchengrätz] (s. Eintrag dort).

2.534 Die Privatbibliothek von Tycho Brahe spiegelt das Interesse dieses vielseitig gebildeten Renaissance-Gelehrten wider, obwohl der hier erhaltene Bestand nur ein Bruchteil ist. Die wichtigsten zeitgenössischen astronomischen Werke sind fast vollständig vertreten, ferner astrologische Schriften, geographische Werke, historische Werke von Heinrich von Rantzau, astronomische Werke von Joseph Justus Scaliger sowie astronomische Werke von Joseph Justus Scaliger sowie linguistische von dessen Vater Julius Caesar Scaliger. Die Bereiche Prosa und Poesie fehlen, obgleich Brahe über gute Kenntnisse der klassischen Literatur verfügte. Im Bestand fehlen auch astronomische und astrologische Schriften von niedrigem wissenschaftlichen Niveau, die damals in großer Zahl auf dem Markt waren. Mit Ausnahme von Dissertationen über Kometen (erschienen in Basel und Heidelberg 1580) besaß Brahe nur die renommierten astronomischen und mathematischen Werke der Zeit.

2.535 Sämtliche Bücher, mit Ausnahme von 2 griechischen Texten, sind in lateinischer Sprache. Es ist allerdings anzunehmen, daß Tycho Brahe ursprünglich auch einige dänische und deutsche Bücher besaß, die in Uranienborg gedruckt wurden. Im heutigen Bestand sind Drucke aus Basel (23), Nürnberg (20), Paris (15), Wittenberg (6), Venedig und Heidelberg (je 5), Frankfurt a. M. (4), Leipzig, Straßburg und Tübingen (je 3), Antwerpen, Bologna, Genf, Prag, Rom und Wien (je 2) sowie je einer aus Freiburg i. Br., Görlitz, Oppenheim, Rostock, Schleswig, Urbino, Verona, Zürich und anderen Orten.

2.536 Astronomie ist im Bestand dominant mit etwa 53 Titeln, gefolgt von Philosophie und Dialektik (16), Mathematik (14) und Astrologie (10). Weniger zahlreich sind Geschichte, klassische Literatur, Physik einschließlich Optik, Geographie, Meteorologie, Grammatik, Metallurgie, Medizin und Botanik sowie Biographien vertreten. Diese Aufteilung ist jedoch keineswegs für den ursprünglichen Bestand maßgebend. Es fehlen im Bestand einige damals wichtige Werke, mit denen Tycho Brahe vertraut war und die in seiner Bibliothek vorhanden gewesen sein müßten, so z. B. im Fach Astrologie die großen astrologischen Werke wie Tetrabiblos von Ptolemäus oder die Werke von Nostradamus. Es ist nicht auszuschließen, daß gerade diese Werke aus dem Nachlaß gut verkäuflich waren.

2.537 Einige Bücher gelangten durch persönliche Beziehungen zu den Autoren in Brahes Sammlung, so z. B. die Werke von Joseph Justus Scaliger und seinem Vater Julius Caesar über Mathematik, lateinische Sprachwissenschaft und Kalender, u. a. J. C. Scaligers De causis linguae latinae libri XIII. ([Genf?] 1584) und J. J. Scaligers M. Verrii Flacci quae extant. Sex. Pompei Festi de verborum significatione libri XX ([Genf?] 1575 und 1584); ferner J. J. Scaligers Cyclometrica elementa duo (Paris 1594) mit einer persönlichen Widmung Viro illustri atque eruditissimo Domino Tychoni Brahe, Dno in Knudstrup et Vraniburgo Josephus Scaliger Jul. Caes. F. D. D. und sein Opus novum de emendatione temporum, in octo libros (Paris 1583) mit einer Bemerkung Brahes über Scaligers Einführung des Gregorianischen Kalenders (Scaliger antiqui correxit tempora Mundi, Quis nunc, Qui mores corrigat, alter erit? O tempora! O mores!). Weitere Beispiele sind die Werke von Pierre de la Ramée Dialectica, Audomari Talaei praelectionibus illustrata (Basel 1585), Liber de moribus veterum Gallorum und Liber de militia C. Julii Caesaris (beide Frankfurt a. M. 1584) oder von Heinrich von Rantzau Catalogus imperatorum, Regum, ac virorum illustrum, qui ortem astrologicum amarunt (Leipzig 1584), Vita et res gestae praestantissimi, nobilis et generosi herois, domini Joannis Rantzovii (Frankfurt a. M. 1567) und Epitaphia aliquot in obium nobilis matronae Anna Walstorpiae ...conscripta (Schleswig 1582). Aus Prag schickte Giordano Bruno sein Werk Camoeracensis acrotismus seu Rationes articulorum phycicorum (Wittenberg 1588), das Brahe offensichtlich nicht schätzte. Mit einer Anspielung auf Brunos Beinamen Nollanus vermerkte er auf der letzten Seite pejorativ: Nullanus, nullus et nihil, Conveniunt rebus nomina saepe suis. Viele handschriftliche Randnotizen finden sich in den Drucken von Kopernicus De revolutionibus orbium coelestium libri IV (Basel 1566) und De libris revolutionum N. Copernici Narratio prima per M. Georgium Joachimum Rheticum scripta (Basel 1566); vermutlich stammen sie aus der Provenienz Paul Wittich. Tycho Brahes Interesse an Chemie (Alchemie), Physik und Metallurgie bezeugen die Bücher von Georg Agricola De ortu et causis subterraneorum libri V (Basel 1558) und De mensuris et ponderibus Romanorum atque Graecorum libri V (Basel 1550). Die Werke Bohemais hoc est De ducibus Bohemicis libri duo (Straßburg 1587) und De regibus bohemicis libri quinque (Straßburg 1587) von Pantaleon Candidus sind in Zusammenhang mit Brahes Plänen zu sehen, sich mit seiner protestantischen Familie in Böhmen dauerhaft anzusiedeln.

Martin Šolc




Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.