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Vorwort zum Regionalteil

Sachsen-Anhalt ist das einzige tatsächlich neue Bundesland, dessen Territorialgeschichte nicht bis in das Mittelalter zurückreicht. Davon ausgenommen ist das kleine Land Anhalt mit der späteren Hauptstadt Dessau, das im 13. Jahrhundert aus einer Harzgrafschaft entstand. Den größten Teil des Landes macht die frühere preußische Provinz Sachsen mit der Hauptstadt Magdeburg aus, die ihrerseits erst 1815 aus völlig unterschiedlichen Regionen gebildet wurde. Die Beschreibung der Bestände bezieht sich auf die heutigen Grenzen, wie sie seit 1990 festgelegt wurden, als sich die Bezirke Halle und Magdeburg erneut zum Land Sachsen-Anhalt vereinigten, an der Ost- und Südgrenze allerdings gegenüber 1952 mit einigen Gebietsänderungen. Das Land Sachsen-Anhalt besteht nunmehr aus den drei Regierungsbezirken Magdeburg, Halle und Dessau mit der Landeshauptstadt Magdeburg.

Das wechselnde Auf und Ab im Verlauf der Geschichte, die Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaft, Siedlungskultur, Bildung, Wissenschaft und Kulturgeschichte prägten die Entwicklung. Für mehr als ein Jahrhundert war dieses Territorium eine der Kulturlandschaften, aus dem sich das frühmittelalterliche Deutsche Reich herausbildete. Hier entstanden beachtliche Zentren geistiger Macht in Bischofssitzen, Stiften und Klöstern als Ergebnis der Ostkolonialisierung. Fünf Jahrhunderte später sollte diese mitteldeutsche Region zum Ausgangspunkt der deutschen Reformation und zum Brennpunkt des Bauernkrieges werden.

All das beeinflußte das Bibliotheksland Sachsen-Anhalt entscheidend, begründete Traditionen und hinterließ in einer Reihe von Bibliotheken bemerkenswerte Sammlungen. Bei einigen noch bestehenden Bibliotheken reichen die Anfänge bis ins Mittelalter zurück, viele verdanken ihre Existenz der Reformation.

Die Redaktion Neue Bundesländer bei der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz stellt in ihrem letzten Band des Handbuches eine Auswahl von 62 Bibliotheken des Landes Sachsen-Anhalt mit historischen Beständen vor. In der Übersicht über die Bibliotheken Sachsen-Anhalts wird darüber hinaus auf einige weitere Standorte hingewiesen und auf erhaltene Restbestände historischer Sammlungen aufgelöster Bibliotheken in noch existierenden sogenannten Wirtsbibliotheken aufmerksam gemacht.

Die praktische Arbeit für die Beschreibung der historischen Buchbestände in Sachsen-Anhalt wurde Ende 1990 aufgenommen. Die ab Frühjahr 1989 an der Deutschen Staatsbibliothek von der Redaktion unternommenen Bemühungen galten zunächst einem Handbuch der historischen Buchbestände der DDR, in enger Zusammenarbeit konzipiert mit der Redaktion des Handbuches für die damalige Bundesrepublik Deutschland in Münster. Die politischen Ereignisse mit ihrem großen Tempo beeinträchtigten jedoch dieses Unternehmen, das zunächst bescheiden vom Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der DDR als Forschungsvorhaben an der Deutschen Staatsbibliothek unterstützt wurde. Bereits im Frühjahr 1990 übernahm die Volkswagen-Stiftung in großzügiger Weise die materielle Förderung des Handbuches für die neuen Bundesländer.

Zu Beginn ihrer Tätigkeit stand vor der Berliner Redaktion die Aufgabe, eine möglichst effektive Arbeitsorganisation zu finden. An den Trägerbibliotheken für die Regionalen Zentralkataloge, die die Neuerwerbungen wissenschaftlicher Bibliotheken an ausländischen Zeitschriften und Monographien der jeweiligen Region erfaßten und an die Zentralkataloge ausländischer Literatur der Deutschen Staatsbibliothek meldeten, wurden Anfang 1990 regionale Arbeitsstellen des Handbuches gebildet. So entstanden zunächst fünf Regionalredaktionen und eine lose Arbeitsgruppe für die Erarbeitung von Einträgen evangelischer Kirchenbibliotheken mit historischen Buchbeständen.

Für das Gebiet des wiederbegründeten Landes Sachsen-Anhalt wurde eine Regionalredaktion an der Universitäts- und Landesbibliothek Halle gebildet. In Herrn Erhardt Mauersberger konnte ein engagierter Redakteur gewonnen werden. Herr Dr. Konrad von Rabenau und Herr Dr. Uwe Czubatynski halfen auch für Sachsen-Anhalt mit der Erarbeitung von Einträgen einiger evangelischer Kirchenbibliotheken mit bedeutenden historischen Buchbeständen. Nach einer ersten Präsentation des Handbuch-Projektes auf einer von der Berliner Redaktion im Oktober 1989 in der Deutschen Staatsbibliothek durchgeführten Konferenz kam es bereits am 7. November 1989 zu einer Beratung mit den Fachreferenten an der Universitäts- und Landesbibliothek in Halle über die Ziele und Anforderungen an die Handbucheinträge. Leider bildete diese Beratung aus verschiedenen Gründen nicht den erwarteten Auftakt für die vielfältigen Arbeiten, die zur Beschreibung des historischen Buchbestandes in Sachsen-Anhalt nötig wurden. Trotz des großen Engagements des Regionalredakteurs kam es zu Schwierigkeiten und zu Verzögerungen bei der Abfassung von Einträgen, so daß seit Mitte 1997 Frau Dr. Waltraut Guth, noch während ihrer Tätigkeit als Regionalredakteurin des Handbuches für den Freistaat Sachsen, Herrn Erhardt Mauersberger tatkräftig in seiner Redaktionsarbeit unterstützt hat.

Der vorliegende Band ist der erste Versuch, eine Gesamtschau des überlieferten historischen Buchgutes von Sachsen-Anhalt zu bieten. Die Einträge wurden an den Originalstandorten erarbeitet. Für die meisten der Bibliotheken, sogar der traditionsreichen, gab es keine Vorarbeiten. Die Quellen mußten erstmals ermittelt und erschlossen werden. Erschwerend kam hinzu, daß einige wissenschaftliche Bibliotheken erhebliche Verluste infolge schwerer Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg sowie durch Beschlagnahmung und Abtransporte von Beständen in den ersten Nachkriegsjahren zu verzeichnen hatten.

Die Redaktion stieß in den meisten Fällen auf ein lebhaftes Interesse bei den zur Mitarbeit am Handbuch eingeladenen Einrichtungen. Aufgrund der veränderten politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Wiedervereinigung war es natürlich auch in Sachsen-Anhalt zu spürbaren strukturellen, fachlichen und personellen Veränderungen im Bibliothekswesen gekommen, so daß sich die Mitwirkung einiger Bibliotheken am Handbuch wesentlich verzögerte. Inzwischen haben sich diese Prozesse im großen und ganzen konsolidiert. Die geschilderten einschneidenden Veränderungen haben dazu geführt, daß die Bibliothekstypen des Landes Sachsen-Anhalt in unterschiedlicher Zahl und Dichte vertreten sind. Ein ungünstiges Erscheinungsbild bieten z. B. die beschriebenen Archivbibliotheken, da infolge von Strukturveränderungen in der Verwaltung sowie der Neugliederung des Archivwesens in den Kreisen und im Bibliothekswesen (Auflösung wissenschaftlicher Stadtbibliotheken) zum Teil erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und nach 1990 nennenswerte historische Bestände in die Dienstbibliotheken der Archive gelangten, für deren Beschreibung es an Dokumenten und genauen Angaben fehlte. Gesonderte und detaillierte Einträge wurden nur von zwei Archivbibliotheken geliefert.

Unter den 62 Bibliotheken des Landes Sachsen-Anhalt, die beschrieben werden, steht die Univer- sitäts- und Landesbibliothek Halle als führende Bibliothek mit ihrem historischen Buchbestand an der Spitze. Außerdem erhielten neunzehn ihrer Zweigbibliotheken als Spezialsammlungen Einträge. Bei den Universitäts- und Hochschulbibliotheken wurden ferner die historischen Buchbestände der Bibliothek des Evangelischen Predigerseminars der Lutherstadt Wittenberg (mit Teilbeständen der ehemaligen Universitätsbibliothek Wittenberg) und der Bibliothek des Francisceums in Zerbst beschrieben. Als herausragend werden die wissenschaftlichen Altbestände der Bibliothek der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle und der als Zweigbibliothek zur Hallenser Universitäts- und Landesbibliothek gehörenden Bibliothek der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft vorgestellt.

Der Band enthält die Einträge von zwei Stadtbibliotheken und drei historischen Schulbibliotheken. Unter diesen sind die Altbestände der Stadtbibliothek Magdeburg, der Hauptbibliothek der Franckeschen Stiftungen Halle und der Landesschule Pforta in Bad Kösen-Schulpforte besonders bemerkenswert. Ferner wurden dreizehn evangelische Kirchenbibliotheken beschrieben, unter denen die Domstiftsbibliotheken Merseburg und Naumburg sowie die Stiftsbibliothek Zeitz durch Alter und Reichtum herausragen. Fünfzehn Museumsbibliotheken sind mit Einträgen vertreten, unter denen sich vier Spezialmuseen und drei Personalgedenkstätten befinden. Die letztgenannten sind die Bibliotheken des Gleimhauses in Halberstadt, des Händelhauses in Halle und der Lutherhalle in Wittenberg. Drei Behördenbibliotheken (Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt und Landesamt für archäologische Denkmalpflege Sachsen-Anhalt in Halle sowie das Evangelische Konsistorium Magdeburg) haben Einträge geliefert. Die Firmenbibliotheken, einst die größte Gruppe der wissenschaftlichen Spezialbibliotheken auf dem heutigen Territorium des Landes Sachsen-Anhalt, konnten nach 1990 nur erhalten bleiben, sofern die Trägerbetriebe weiter existierten, wie z. B. im Falle der Technischen Bibliothek der SKET Schwermaschinenbau GmbH Magdeburg (gegr. 1880), der wissenschaftlichen Bibliothek der Mansfeld AG Eisleben (gegr. 1861) und der wissenschaftlichen Bibliothek der Filmfabrik Wolfen AG (gegr. 1909). Sie haben keine Einträge, sind aber in der Übersicht über die Bibliotheken des Landes vertreten. Das Fortbestehen der Firmenbibliotheken unterliegt zumeist der oftmals unbeständigen wirtschaftlichen Lage des Betriebs.

Allen Mitarbeitern an dem Regionalband Sachsen-Anhalt des Handbuches gilt unser herzlicher Dank. Besonderer Dank gebührt den beiden Redakteuren Herrn Erhardt Mauersberger und Frau Dr. Waltraut Guth.

Berlin, November 1999

Friedhilde Krause


Quelle:Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.