FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
Home
HomeRegionen:Stadtregister:Abkürzungen
Volltextsuche:

trunkiert

BenutzerprofilLogin
Impressum
 Home > Europa > Tschechische Republik > Boehmen > Karlovy Var [Karlsbad]

Karlovarské muzeum - knihovna

Karlsbader Museum - Bibliothek


Adresse. Zámecký vrch 22, 360 01 Karlovy Vary
Telefon. (017) 322 44 33
Telefax. (017) 322 44 34

Unterhaltsträger. Okresní úrad Karlovy Vary [Bezirksamt Karlovy Vary]
Funktionen. Öffentlich zugängliche Spezialbibliothek zur Geschichte Karlsbads und der Region; Dienstbibliothek für Museumsmitarbeiter.
Sammelgebiete. Literatur über das westböhmische Kurortdreieck und das Erzgebirge; allgemeine Geschichte; Kunst; Natur- und Geisteswissenschaften.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8-12 Uhr. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.

Technische Einrichtungen für den Benutzer.' Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche Anmeldung mit Angabe der gewünschten Literatur erforderlich. - Busverbindung vom oberen Bahnhof (Linie 13) bis Haltestelle Lázne III, Fußwegnähe (ca. 7 Minuten). - Von Prag E 48 bis Karlovy Vary. Parkmöglichkeiten vor dem Museumsgebäude. PKW-Anfahrt direkt zum Museum ist nur mit Erlaubnis der Stadtverwaltung möglich.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 In Karlsbad existierten zu Beginn des 19. Jhs drei Bibliotheken: die Stadtbibliothek, die Öffentliche Leihbibliothek und die Volksbibliothek. Die längste Tradition hat die Stadtbibliothek, die von Anfang an als Sammlung der Karlsbader Regionalliteratur mit wissenschaftlichem Anspruch konzipiert war. Ihr Begründer war der Karlsbader Chronist und Geschichtsschreiber, Dechant August Leopold Stöhr (1764-1831). Bis 1825, als Stöhr der Stadt 10 ältere und zeitgenössische Werke schenkte und damit den Grundstock für eine Rathausbibliothek legte, war im Karlsbader Rathaus kein gedrucktes Buch über die Stadt vorhanden. Der Stadtbeamte Karl Hoyer begann daraufhin, systematisch die neuere regionale Literatur zu sammeln und im Rathaus aufzubewahren. 1828 erwarb Stöhr zwei wertvolle Alte Drucke über Karlsbad und schenkte sie ebenfalls der Rathausbibliothek.

1.2 Stöhrs Neffe, der Arzt Dr. Rudolf Mannl (1812-1863), sammelte ebenfalls intensiv Karlsbader Literatur. Sein Leben lang bemühte er sich um die Förderung und Erweiterung der Rathausbibliothek, auch durch Geschenke aus seiner eigenen Sammlung. 1855 setzte er die Unterbringung der schnell anwachsenden Sammlung in einem eigenen Bücherschrank im Ehrenraum des Rathauses durch. Mannl erbte zahlreiche Bücher von Stöhr und Jean de Carro (1770-1857). Er vermachte sie später gemeinsam mit seiner eigenen Bibliothek der Stadtbibliothek und dem entstehenden Museum. Die Idee, ein Karlsbader Museum zu gründen, war zu Beginn der sechziger Jahre des 19. Jhs aufgekommen.

1.3 Eine große Bereicherung der Karlsbader Stadtbibliothek stellten die Nachlässe von Jean de Carro, H. Bermann und Eduard Hlawaczek dar. Da die Bibliothek immer mehr Platz in Anspruch nahm, wurde sie im Kurhaus (heute Kurhaus III) untergebracht, wo sich auch das neugegründete Stadtmuseum von Karlsbad befand. 1871 katalogisierte A. Schlosser den Bestand. Als Schlosser 1876 nach Prag versetzt wurde, übernahm der Lehrer Anton Frey seine Stelle, nach dessen Tod Dr. Karl Ludwig (1866-1931). Unter seiner Leitung verzeichnete die Stadtbibliothek den größten Zuwachs. Nach 1900 zählte ihr Bestand über 9000 Titel in mehr als 14.000 Bdn.

1.4 1884 zogen das Museum und die Bibliothek in die zweite Volksschule (später J. A. Komenský-Schule), 1899/1900 in die erste Volksschule auf der Helenen-Höhe um. Die größte Bestandserweiterung für die Stadtbibliothek war der Büchernachlaß des Ratsherrn und Arztes Dr. Gallus Hochberger (1803-1901), der der Bibliothek 12.000 Bücher vermachte, vorwiegend balneologische Literatur. In der Sammlung befinden sich zahlreiche Werke über Karlsbad und andere westböhmische Bäder, außerdem philosophische und politische Werke. Ein damals vorhandenes Konvolut politischer Flugblätter und Verordnungen aus den Jahren 1830 bis 1900 ist nicht erhalten geblieben.

1.5 Der Bestand wurde 1927 durch den Kauf der Sammlung regionaler Literatur von Dr. Karl David Becher bedeutend vermehrt. Wegen Raummangels wurde damals ein Teil der Stadtbibliothek gemeinsam mit dem Archiv im Gebäude des Gymnasiums (heute Grundschule am Nábrezí Jana Palacha) aufbewahrt. Neben den ersten Schriften über Karlsbad (z. B. von Wenzeslaus Payer von Elbogen, Fabian Sommer u. a.) gehörten zu den wertvollsten Schriften der Stadtbibliothek handschriftliche und gedruckte Verzeichnisse der Kurgäste, sogenannte Kurlisten, die die Entwicklung des Karlsbader Kur- und Badewesens dokumentieren.

1.6 Im Jahre 1935 wurde die Stadtbibliothek als Bestandteil des Museums und des Archivs in der Roosevelt-Straße untergebracht. 1944 verpackte man die Bücher in Kisten und deponierte sie z. T. im Gebäude der heutigen Kunstgalerie. Nach dem Krieg wurden die Bücher und Sammlungen 1947 zunächst in das Gebäude der heutigen Bezirksbibliothek gebracht. 1949 wurde die Privatbibliothek von Anton Pittroff inkorporiert, die seit 1854 aufgebaut wurde und Alte Drucke sowie Handschriften, hauptsächlich aber zeitgenössische Literatur über Karlsbad enthält. Zu einer Aufteilung des Buchbestandes zwischen dem Museum und dem Archiv kam es 1949. Die Museumsbestände mit ihrer Bibliothek wurden auf den Schloßberg in zwei ehemalige Kurpensionen verbracht, wo 1950 eine neue Dauerausstellung eingerichtet wurde. Nach dem Abbruch eines dieser Gebäude (1967/68) zog die Bibliothek in das Gebäude des Karlsbader Stadtmuseums auf dem Schloßberg um.

1.7 Das Stadtmuseum übernahm 1963 die Verwaltung des Museums in Jáchymov [St. Joachimsthal] und 1966 des Museums von Zlutice [Luditz]. Die Sammlungen des Joachimsthaler Museums einschließlich der wertvollen Bibliothek der Lateinschule wurden 1975 übernommen (s. u. 2.7-2.8), die des Luditzer Museums 1972/73 einschließlich der nicht inventarisierten Alten Drucke (236 Bde). Die Bibliotheken des Stadtmuseums, des Joachimsthaler und des Karl-Marx-Museums in Karlsbad wurden 1977 vereinigt. Von Ende 1978 bis Juni 1979 wurde deshalb eine Revision des gesamten Buchbestandes durchgeführt, verbunden mit einer Inventarisierung und Profilierung der genannten Bibliotheken. Ausgesonderte Bücher, z. B. Dubletten und Bände, die im Museum keine Benutzung finden konnten, wurden verschiedenen Institutionen (Museen, Volksbüchereien, Antiquariaten) angeboten. Publikationen, für die kein Interesse bestand, und veraltete Fachliteratur verschiedener Disziplinen wurden ausgeschieden. Im Laufe des Jahres 1979 wurde der Bestand thematisch klassifiziert und mit einer neuen systematischen Bearbeitung begonnen.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Bestand umfaßt 19.450 Bde, darunter 1150 Alte Drucke vom 16. Jh bis zur Mitte des 19. Jhs. Der deutschsprachige Bestand macht annähernd die Hälfte aus und verteilt sich auf das 16. Jh mit 16 Bdn, auf das 17. Jh mit 85, auf das 18. Jh mit 832 und 13 Hss., auf das 19. Jh mit 3452 und 37 Hss., auf das 20. Jh (bis 1914) mit 1038 und auf das 20. Jh (nach 1914) mit 3536 Bdn.

2.2 Werke in lateinischer Sprache, die im deutschen Sprachgebiet erschienen sind, sind durch 4 Inkunabelbände und einen Beiband vertreten; ferner 12 Bde aus dem 16. Jh; 30 Bde (und 21 Beibände sowie ein Beidruck) aus dem 17. Jh; 125 Bde aus dem 18. Jh sowie 141 Bde aus dem 19. Jh. In französischer Sprache sind 43 Bde (mit 21 beigebundenen und 18 angedruckten Werken) aus dem 18. Jh vorhanden. Erst nach 1918 wurden vermehrt tschechische Bücher angeschafft, der Ankauf deutscher Titel jedoch weiterhin fortgesetzt. Bücher in glischer, russischer und in anderen Sprachen sind nur marginal vertreten. Deutschsprachige Werke sind nicht gesondert aufgestellt. Die Bücher sind thematisch ohne Rücksicht auf Sprachen geordnet.

Systematische Übersicht

2.3 Die Sammlung setzt sich aus regionaler Literatur, Schriften zur Balneologie, Geschichte, Heimatkunde, Archäologie, Numismatik, zur Bildenden und angewandten Kunst und zu den Naturwissenschaften zusammen. Hinzu kommen enzyklopädische Literatur und Zeitschriften (entsprechend den Sammelgebieten).

2.4 Unter den Alten Drucken (16. Jh bis 1850) befindet sich eine bedeutende Sammlung lateinischer Dissertationen aus dem Bereich der Medizin (150 Bde). Zum Großteil stammen sie aus dem ersten Drittel des 19. Jhs und wurden in den medizinischen Fakultäten von Prag und Wien ausgearbeitet. Einige ältere Dissertationen aus dem 18. Jh stammen meist aus den Nachlässen prominenter Karlsbader Ärzte des vergangenen Jahrhunderts (Rudolf Mannl, Matthias Forster, Eduard Hlawaczek u. a.). Viele von ihnen tragen Verfasserdedikationen und handschriftliche Eintragungen. Durch eigene Schriften sind z. B. vertreten Dr. Gallus Hochberger, Eduard Hlawaczek, Franz Damm, Franz Mitterbacher und Matthias Forster. Außerdem finden sich Werke von Augustin Pfitzmeyer (später Professor der Orientalistik in Prag), Josef Karl Liebelt aus Horní Slavkov [Schlaggenwald], Karl Fellinghauer (Arzt in Ostrov), Karl Joseph Heidler, der sich um die Entwicklung von Marienbad zum bekannten Kurort verdient machte, und Josef Ernst Ryba (1795-1856), Professor für Augenheilkunde an der Prager Universität. Ryba verfaßte eine Monographie über Karlsbad (1828) und eine Reihe von Beiträgen zu dem von Jean de Carro in den Jahren 1831 bis 1856 herausgegebenen Almanach de Carlsbad. Die Karlsbader Dissertationen sind eine wertvolle Informationsquelle über den damaligen Stand und die Entwicklung der Medizin. Sie geben teilweise auch biographische Hinweise auf Persönlichkeiten, deren Lebenswerk die fortschrittliche Tradition in Karlsbad mitbestimmte.

2.5 Die Sammlung regionaler Literatur umfaßt Publikationen über das westböhmische Kurortdreieck und das Erzgebirge im Hinblick auf Geschichte, Kulturtraditionen, Kunst, Wirtschaft u. a. Sie umfaßt ca. 2250 Titel in etwa 4220 Bdn. Es handelt sich um den von Museumsmitarbeitern, Forschern und Studenten am meisten benutzten Bestand. Den wertvollsten Teil dieser Sammlung stellen die Werke zur Geschichte der Stadt Karlsbad aus dem 16. bis 20. Jh dar.

2.6 Den Grundbestand der balneologischen Literatur bildet die Bibliothek von Dr. Karl David Becher. Sie wurde ergänzt durch Erwerbungen aus dem Bereich des Kurwesens. Gegenwärtig enthält sie etwa 1160 Titel in etwa 1480 Bdn.

Sondersammlung

2.7 Als Depositum wurde die Bibliothek der Lateinschule aus Jáchymov dem Museum zur Verwaltung übergeben. Die Bibliothek war in der Zeit der ersten Silberfunde in der Region im Jahre 1516 gegründet worden. Unter ihrem Rektor Johannes Mathesius (1532-1540) entwickelte sich die Lateinschule zu einer bedeutenden Bildungsanstalt, in der man großen Wert auf den Lateinunterricht legte. Mathesius führte 1532 den Katechismus in den Unterricht ein. Die Schüler lernten, lateinische Autoren zu lesen, Lateinisch zu sprechen und lateinische Briefe und Verse zu schreiben. Mit älteren Schülern wurden auch griechische Autoren gelesen. Dem Unterrichtsplan gemäß setzten sich auch die Bestände dieser bedeutenden historischen Bibliothek zusammen. Durch Schenkungen und Nachlässe (z. B. 1524 von dem Dominikanermönch Johann Bindmann), auch aus Privatsammlungen, wurde die Bibliothek erweitert, die neben Lehrern und Schülern auch Geistlichen, Ärzten und Bergbaubeamten zugänglich war. Mit einer Reihe von Kettenbüchern (libri catenati) gehört sie zu den bedeutendsten Denkmälern der Renaissance und des Humanismus der wohlhabenden Bergwerksstadt St. Joachimsthal. Insgesamt 353 Titel sind in 259 Konvoluten gebunden, darunter 5 Hss. Die älteste Handschrift ist ein hebräisches Altes Testament aus dem 12. Jh. Die ältesten der 52 Inkunabeln sind eine illustrierte deutsche Bibel (Augsburg: Jodocus Pflanzmann 1475) und der Tractatus urbanorum (Rom 1475).

2.8 Die meisten Titel wurden in verschiedenen europäischen Städten von namhaften Druckern zwischen 1500 und 1600 gedruckt. 156 Titel wurden in Städten des deutschen Sprachgebiets herausgegeben. Die Sammlung enthält theologische, humanistische und praktische Literatur, darunter biblische Schriften, Werke des christlichen Altertums und des Mittelalters, Reformationsschriften, Musik- und Gesangliteratur, philosophische Werke vom Altertum bis zum Mittelalter und zur Reformation. Der jüngste Druck des 17. Jhs ist die Cosmographia von Sebastian Münster (Basel 1629). 1976 wurde mit der Restaurierung des gesamten Bestandes begonnen unter Mitarbeit des Einbandkünstlers Jan Sobota aus Karlsbad. Die Bearbeitung des neuen Katalogs der Bibliothek sowie die Fotodokumentation der Bucheinbände und der Illustrationen wurden vom Karlsbader Museum durchgeführt.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform; nach Autoren und Sachtiteln]

Katalog der Alten Drucke

Sachkatalog

[für die Bestände der regionalen Literatur, Archäologie, Numismatik, Bildenden und angewandten Kunst, Kulturgeschichte und Heimatkunde sowie Enzyklopädien]

Katalog der Zeitschriftenartikel

[verzeichnet ausgewählte Artikel und Abhandlungen aus Zeitschriften]

Katalog der Bibliothek der Lateinschule der Stadt St. Joachimsthal

[in Zettelform; alphabetisch und systematisch]

3.2 Historischer Katalog

Sturm, Heribert: Die Bücherei der Lateinschule zu St. Joachimsthal. Komotau 1929

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Klemm, Paul: Stadtarchiv, Bibliothek, Museum. In: ders.: Heimatkunde der Stadt Karlsbad. Karlsbad 1904, S. 87

Sturm, Heribert: Die Bücherei der Lateinschule zu St. Joachimsthal. Komotau 1929

Museum knihy ve státním zámku a kláštere Zdár nad Sázavou. Katalog [Das Buchmuseum im Staatsschloß und Kloster in Saar. Katalog]. Zusammengestellt von Pravoslav Kneidl. Praha 1958 [zur Bibliothek der St. Joachimsthaler Lateinschule Verweise Nr. 186, 266, 318-320, 322]

Sturm, Heribert: Die Joachimsthaler Lateinschulbibliothek aus dem 16. Jahrhundert. Stuttgart 1964 [mit Katalogteil]

Burachovic, Stanislav: Ojedinelý soubor [Ein einzigartiger Bestand]. In: Lázenský casopis [Kurortzeitschrift] 10 (1976) S. 15

Burachovic, Stanislav: Knihovna [Die Bibliothek]. In: Kroniky a kronikári [Chroniken und Chronikschreiber] 4 (1979) Heft 1, S. 21

Martínek, Jirí: Latinská knihovna mesta Jáchymova [Die Lateinschule der Stadt St. Joachimsthal]. In: Kroniky a kronikári [Chroniken und Chronikschreiber] 6 (1981) S. 18

Urban, Jan: Die Lateinschule und ihre Bibliothek. In: St. Joachimsthal in der Zeit Georgius Agricola. Zur Geschichte einer Bergstadt im 16. Jahrhundert. Schneeberg 1994, S. 34-36

Stand: Juni 1998

Irena Kasková


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.