FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Bibliothek des Berliner Missionswerkes

Adresse. Georgenkirchstraße 70, 10249 Berlin [Karte]
Telefon. (030) 24344134/140,

Unterhaltsträger. Berliner Missionswerk
Funktion. Spezialbibliothek kirchliche Mitarbeiter und wissenschaftlich Interessierte.
Sammelgebiete. Missionswissenschaft, weltweite Ökumene, Themen der Dritten Welt.

Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek (ältere Bestände nur im Lesesaal benutzbar). Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 9.30-12 Uhr, 13-16 Uhr, Freitag 9.30-12.00, 13-14 Uhr. Leihverkehr: kirchl. Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiermöglichkeit.
Hinweise für anreisende Benutzer. Telefonische Anmeldung empfehlenswert. Busverbindung vom Hauptbahnhof (Linie 240), vom Bahnhof Zoologischer Garten (Linie 200), Tram vom S-Bahnhof Alexanderplatz (Linie M5) bis Haltestelle Friedrichshain (Königstor). Kaum Parkmöglichkeiten. Besonderheit: Seit 1999: -räumliche Zusammenlegung mit der Zentralbibliothek des Konsistoriums der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz -Auslagerung des Archivbestandes in das Landeskirchliche Archivzentrum Berlin, Bethaniendamm 29, 10997 Berlin, Tel.: (030)225045-0

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 1824 wurde die Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden (ab 1908 als Berliner Missionsgesellschaft) gegründet. Ursprünglich sollte sie der Unterstützung anderer Missionsgesellschaften dienen, doch bereits 1829 konnte ein eigenes Missionsseminar eröffnet werden, und 1833 entsandte man die ersten Missionare der Gesellschaft nach Südafrika. Später wurden China (1882) und Ostafrika (1891) als weitere Missionsfelder übernommen. Bei der Missionsgesellschaft und im Missionsseminar existierten eigene Bibliotheken.

1.2 Die Bibliothek des Berliner Missionshauses entstand aus dem Wunsch, die eigene literarische Produktion zu sammeln. Von Anfang an, besonders seit dem Direktorat von Hermann Theodor Wangemann (1865-1894), entfaltete die Missionsgesellschaft eine rege literarische Tätigkeit. Dabei handelte es sich sowohl um Zeitschriften und Traktate (erbauliche Schriften über die Missionstätigkeit) als auch um größere Berichte und Abhandlungen von Missionaren und Mitarbeitern in der Heimat. Dazu kamen umfangreiche Veröffentlichungen der Missionare, die sich als Sprachforscher, Ethnographen, Übersetzer und als Verfasser von Schulbüchern betätigten. 1889 wurde von der Gesellschaft ein eigener Verlag für ihre Veröffentlichungen gegründet.

1.3 Daneben sammelte die Bibliothek grundlegende Werke zur Missionstheologie und Missionsgeschichte, ebenso Veröffentlichungen, die sich mit den Missionsgebieten beschäftigten. Ferner wurden Veröffentlichungen anderer Missionsgesellschaften aufgenommen, z. T. Geschenke der Verfasser, wie Widmungsvermerke ausweisen. Anderes kam aus Nachlässen der Missionsdirektoren und -inspektoren. Das älteste Verzeichnis von 1911 weist etwa 1500 Titel und 300 laufende Zeitschriften auf.

1.4 Die Bücherei des Missionsseminars war breiter angelegt. Da die künftigen Missionare sowohl eine gründliche theologische Ausbildung bis hin zu den biblischen Ursprachen als auch eine gute Kenntnis der Missionsgebiete haben sollten, umfaßte die Bücherei sowohl theologische Literatur, philosophische und pädagogische Werke, Klassiker in verschiedenen Sprachen als auch geographische, ethnographische und medizinische Literatur. Spezielle Missionsliteratur nahm den wichtigsten Platz ein. Über den Umfang der Bücherei im 19. Jh läßt sich wenig ermitteln. In einem Verzeichnis von 1939 sind etwa 3500 Bde aufgeführt. Aus dem ursprünglichen Bestand wurde nach 1945, als die Ausbildungsarbeit nicht mehr weitergeführt wurde, die medizinische Literatur sowie ältere Literatur zur Kirchengeschichte, Exegese und Praktischen Theologie abgegeben.

1.5 Über den Zusammenhang der beiden Bibliotheken ist nur wenig zu ermitteln. Sicher ist, daß sie eigene Systematiken besaßen und getrennt verwaltet wurden, die Missionsbibliothek durch einen Missionsinspektor, die Seminarbibliothek durch einen Seminarinspektor unter Assistenz eines Seminaristen. Offensichtlich wurde ein gemeinsamer Stempel benutzt, obwohl viele der alten Exemplare überhaupt nicht gestempelt sind. Ob beide Bibliotheken in einem Raum aufgestellt waren, ist nicht mehr festzustellen. Eine Beschreibung von 1882 erwähnt nur einen kleinen, bereits überfüllten Bibliotheksraum. Mit wachsendem Bestand dürften sie getrennt untergebracht worden sein. Da das Missionsseminar während des Zweiten Weltkrieges geschlossen wurde, vereinigte man nach 1945 beide Bibliotheken zur Bibliothek der Berliner Missionsgesellschaft.

1.6 Durch die politische Entwicklung nach 1945 war es nicht mehr möglich, von Ost-Berlin aus Missionare auszusenden und zu betreuen. Das führte 1952 zur Gründung einer Zweigstelle in Berlin-West, die 1972 in das Berliner Missionswerk umgewandelt wurde. Dort wurden in bescheidenem Maße Bücher für die Arbeit erworben sowie einige Nachlässe auch mit älterer Literatur übernommen. Nach der Vereinigung von Berliner Mission und Berliner Missionswerk (1991) wurden diese Bücher in die Bibliothek der Berliner Mission überführt und dort als Sonderbestand behandelt.

1.7 Die Übernahme der Bibliothek der Orientmission, die von Pastor Dr. Johannes Lepsius (1858-1926) begründet wurde, brachte der Bibliothek 1966 einen Zuwachs an Literatur über den Nahen Osten sowie eine Reihe alter Textausgaben in arabischer, türkischer, armenischer und in verwandten Sprachen. Dieser Bestand wurde in den Gesamtbestand eingefügt.

1.8 Die Berliner Mission im Ostteil der Stadt machte in den sechziger Jahren eine Wandlung durch. Man suchte die engere Verbindung zu den landeskirchlichen Institutionen und öffnete sich dem ökumenischen Anliegen. Dazu wurde das Ökumenisch-Missionarische Amt (später Ökumenisch-Missionarisches Zentrum) gegründet und ein Ökumenisches Institut eingerichtet. Damit kam zu den traditionellen Sammelschwerpunkten die Sammlung ökumenischer Literatur hinzu. 1991 übernahm das Berliner Missionswerk die Trägerschaft der Bibliothek. Die meisten Arbeitszweige wurden aus dem alten Missionshaus in den Westteil der Stadt verlagert; Bibliothek und Archiv blieben am alten Ort und wurden neu untergebracht.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Bei einem Gesamtbestand von etwa 50.000 Bdn (Bücher und Zeitschriften) stammen 3704 Titel und 96 Zeitschriften aus der Zeit vor 1900: 6 aus dem 16. Jh, 43 aus dem 17. Jh, 164 aus dem 18. Jh und 3491 aus dem 19. Jh, meist aus der zweiten Hälfte. Die Auszählung erfolgte am Regal.

2.2 Die meisten Titel sind in deutscher Sprache (2734). Daneben gibt es vor allem englische (271), französische (63) und holländische (32) Schriften. Sonstige europäische Sprachen sind nur gering vertreten (33). Da ein Teil der Bibliothek aus der Seminarbibliothek stammt, erklärt sich der hohe Anteil an alten Sprachen (147 lateinische, 135 griechische, 66 hebräische Titel).

2.3 Das Interesse der Missionsgesellschaft galt auch den Veröffentlichungen in den Sprachen der Missionsgebiete, wobei es sich häufig um Arbeiten der Missionare (Bibelübersetzungen, Gesangbücher, Katechismen, Wörterbücher, Schulbücher u. a.) handelte. Bei den ostafrikanischen Sprachen ist der Anteil an älteren Titeln gering, da Ostafrika erst 1891 Berliner Missionsgebiet wurde: 11 in Swahili, 10 in sonstigen ostafrikanischen Sprachen (Bena, Saramo, Konde). Größer ist der Bestand an Schriften in südafrikanischen Sprachen: Afrikaans 12, Bantusprachen (vor allem Tswana, Pedi, Sotho, Venda, Xhosa [Kafir] und Zulu) 82 Titel. Ausgaben in südwest- und westafrikanischen Sprachen (Herero, Dualla, Fanwe, Benge u. a.) machen 31 Titel aus. In vorderasiatischen Sprachen - eingebracht durch die Bestände der Lepsius-Mission sind 34 Titel vorhanden (3 armenische, 6 türkische, 4 syrische, 3 persische, 18 arabische). Indien ist mit 15 Titeln in Hindustani, 9 in Hindi, 2 in Malayalam und 2 in Sanskrit (Grammatiken) vertreten. Aus dem südpazifischen Raum (6 Titel) sind 4 in Gutscherati und je einer in Samoanisch und in der Sprache von Neupommern).

2.4 Ein Sonderfall sind die chinesischen Bücher. Abgesehen von 12 in Europa gedruckten Wörterbüchern und Sprachlehren verfügt die Bibliothek über eine reiche Sammlung an Schriften in chinesischer Sprache, die in China gedruckt wurden (ca. 300 Titel). Der Bestand ist bisher nicht erschlossen, dürfte aber aus dem Ende des 19. Jhs und dem Beginn des 20. Jhs stammen. Neben Ausgaben chinesischer Klassiker (etwa 100) handelt es sich vor allem um Schulbücher aus chinesischen Missionsschulen (etwa 100) und Bibeln, Bibelteile, Kommentare zur Bibel, Gesangbücher und religiöses Schrifttum. Da die Entstehungszeit nicht sicher festgestellt ist, sind die Zahlen bei der Gesamtzahl nicht berücksichtigt.

2.5 Die Systematik der Bibliothek (nach 1970 neu angelegt) umfaßt zehn Hauptgruppen. Auf die Gruppe Ökumene entfallen 7 Titel. Die Gruppe Allgemeines schließt Philosophie und Pädagogik ein und umfaßt aus diesen Gebieten 103 Titel aus dem 19. Jh. Zur Bibelwissenschaft, deren Altbestand nach 1945 sehr reduziert wurde, zählen noch 103 Titel, vor allem Bibelkommentare (9 Titel aus dem 17. Jh, 21 aus dem 18. Jh, 73 aus dem 19. Jh). Unter den Beständen zur Kirchengeschichte (378 Titel; 2 aus dem 16. Jh, 9 aus dem 17. Jh, 26 aus dem 18. Jh, 341 aus dem 19. Jh) finden sich Kirchenväter-Ausgaben, die Lutherausgabe von Walch und Veröffentlichungen aus der Zeit des Pietismus. Die Abteilung Praktische Theologie umfaßt vor allem Predigten und Erbauungsschriften, vornehmlich aus dem 19. Jh, aber auch aus der Zeit des Pietismus (233 Titel; einer aus dem 16. Jh, 6 aus dem 17. Jh, 40 aus dem 18. Jh, 186 aus dem 19. Jh).

2.6 Die Bestände zur Religionswissenschaft sind gering (94 Titel aus dem 19. Jh). In der Systematischen Theologie liegen 2 Titel aus dem 16. Jh vor, 4 aus dem 17. Jh, 10 aus dem 18. Jh und 326 aus dem 19. Jh, insgesamt 342, vor allem Dogmatiken und Moraltheologien.

2.7 Bei den 1595 Titeln der Missionsabteilung, dem größten Teil des historischen Bestandes, handelt es sich vornehmlich um Werke des 19. Jhs (15 Titel aus dem 18. Jh). Neben grundlegenden Abhandlungen sind in der Gruppe Grundprobleme der Missionstheologie (404 Titel) auch 13 Traktatreihen von Missionsgesellschaften mit Beginn im 19. Jh eingestellt. Die Gruppe Missionarischer Dienst umfaßt 433 Titel (6 aus dem 18. Jh). Sie befassen sich mit Missionsgeschichte und praktischer Missionsarbeit. Den größten Anteil hat die Gruppe Missionsgebiete (576 Titel, 8 aus dem 18. Jh), die neben Berichten aus den Missionsländern auch Reisebeschreibungen und ethnographische Untersuchungen aufweist. Die Gruppe Missionsbiographien (Biographien von Missionaren und von Christen aus den Missionsgebieten) umfaßt 182 Titel (einer aus dem 18. Jh).

2.8 Die Textausgaben (675 Titel) enthalten vor allem Bibeln und Bibelteile (309; ein Titel aus dem 16. Jh, 13 aus dem 17. Jh, 31 aus dem 18. Jh, 264 aus dem 19. Jh). Davon sind 75 deutsche Bibeln, 37 hebräische, 38 griechische, 13 lateinische, 41 in sonstigen europäischen Sprachen, 9 Polyglotten. In den Sprachen der Missionsgebiete liegen 96 Titel vor. Daneben umfaßt die Abteilung Gesangbücher (130, davon 104 deutsche) und Katechismen, Erbauungsbücher und Schulbücher der Missionsgebiete (insgesamt 38). Ebenso gehört zur Abteilung die aus der Seminarbibliothek stammende Sammlung von Klassikerausgaben, vor allem griechischer und lateinischer Autoren (198 Titel, davon 8 aus dem 18. Jh).

2.9 Die Sprachwissenschaft (174 Titel, davon 2 aus dem 17. Jh, 3 aus dem 18. Jh) umfaßt Wörterbücher, Grammatiken und Sprachlehren für alte Sprachen (17 lateinische, 24 griechische, 29 hebräische) und für die Sprachen der Missionsgebiete (69 Titel).

2.10 Von den 96 Zeitschriftentiteln stammen 3 aus dem 18. Jh. Ein großer Teil ist bis ins 20. Jh weitergeführt worden. Von den 96 Zeitschriften sind 70 Missionszeitschriften, 2 davon in englischer Sprache; 12 deutsche und eine englische sind allgemeine theologische Zeitschriften. Dazu kommen 13 geographische und philologische Periodika. Nur etwa ein Viertel der Zeitschriften ist vollständig erhalten, vor allem die Zeitschriften der eigenen Gesellschaft und die Standardzeitschriften der Missionswissenschaft, z. B. Allgemeine Missionszeitschrift, Evangelisches Missionsmagazin.

Sondersammlungen

2.11 Durch die Vereinigung von Berliner Missionsgesellschaft und Berliner Missionswerk wurde der Buchbestand des Berliner Missionswerkes an die Bibliothek abgegeben und dort als Sonderbestand aufgestellt. Es existiert ein Bandkatalog mit eigener Systematik. Überwiegend sind es Bücher zu Missionsfragen und Fragen der Dritten Welt. Durch die Übernahme einiger Nachlässe, darunter Bücher von Missionsdirektor Siegfried Knak (1875-1955), finden sich auch 93 Titel aus dem 19. Jh und 5 aus dem 18. Jh.

2.12 1993 übernahm die Bibliothek des Berliner Missionswerkes als Depositum die Privatbibliothek des Kirchenhistorikers Walter Bredendiek (1926-1984) mit ca. 4000 Bdn zur Geschichte, Theologie und Ökumene, vorwiegend aus dem 20. Jh.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Katalog

[nach RAK]

Systematischer Katalog

[zugleich Standortkatalog]

Zettelkatalog der Zeitschriften - alphabetisch

3.2 Historische Kataloge

Katalog der Missionsbibliothek des Berliner Missionshauses. Berlin [1912]; auch in: Jahrbuch der vereinigten nordostdeutschen Missionskonferenzen 1912, S. 81-124

[Systematischer Katalog mit zahlreichen ausländischen Zeitschriften]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Verschiedene Jahrgänge der Missionsberichte der Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden zu Berlin [enthalten Angaben zum Bestandswachstum]

4.2 Darstellungen

Wangemann, Hermann Theodor: Eine Hütte Gottes in der Kaiserstadt. Berlin 1882, S. 14, 19

Richter, Julius: Geschichte der Berliner Mission. Berlin 1924, S. 330, 714

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Bodenstein, Roswitha: Die Schriftenreihen der Berliner Missionsgesellschaft. 1990 [mschr.; enthält geschichtlichen Überblick und Register zu Verfassern, Personen, Orten, Sachgebieten]

Golz, Bettina; Oelsner, Reiner: Church in China. A survey of China-concerning objects existing in the library and in the archives of the Berlin Mission. 1987 [hekt.; Darstellung des älteren und neueren Bestandes der Literatur aus und über China]

Heyden, Ulrich van der: Das Archiv und die Bibliothek der Berliner Missionsgesellschaft eine kaum bekannte Quelle für Ethnologen und Überseehistoriker. In: Archivmitteilungen 42 (1993) S. 1-11

Klemke, Desideria: Die Schriftenreihen der Berliner Mission ihre bibliographische Erschließung. Berlin 1989 [mschr.]

Literatur zu Ostafrika. Auswahlbibliographie der in der Bibliothek vorhandenen Veröffentlichungen. 1991 [hekt.]

Stand: März 1995

Roswitha Bodenstein


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.