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Knihovna Národního muzea - Knihovna Kinských

Bibliothek des Nationalmuseums - Bibliothek der Fürsten Kinský


Adresse. Staromestské námestí 12, 110 00 Praha 1 - Staré Mesto

Unterhaltsträger. Národní muzeum [Nationalmuseum]
Funktion. Historische Adelsbibliothek.
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Benutzung nur nach Vereinbarung mit der Direktion der Bibliothek des Nationalmuseums (s. Eintrag dort). - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche Anmeldung bei der Direktion der Bibliothek des Nationalmuseums erforderlich. - Die Bibliothek liegt in der Stadtmitte am Altstädter Ring im Palais Kinský. U-Bahnverbindung (Metrolinie A) bis Station Staromestská; Fußwegnähe (ca. 250 m). - Parkmöglichkeiten beschränkt.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Kinský-Bibliothek wurde von Fürst Ferdinand Johann Nepomuk Kinský (1781-1812) begründet, der 1805 zu diesem Zweck 18.353 Bücher von dem Mannheimer Buchhändler und Antiquar August Heinrich Lafontaine (1758-1831) kaufte. Er gründete damit eine neue Familienbibliothek, da die alte Kinský-Majoratsbibliothek 1777 der neuen öffentlichen k.k. Universitätsbibliothek in Prag übergeben worden war. Sie findet sich heute als Sondersammlung in der Nationalbibliothek der Tschechischen Republik (s. Eintrag dort). Im Ankauf der Bücher in Mannheim spiegelt sich sowohl sein bibliophiles Interesse als auch sein Interesse an der Französischen Revolution und ihren Ideen, deren Gegner Kinský war. Durch diesen Ankauf entstand eine von Beginn an umfangreiche Bibliothek, die der Fürst 1812 durch einen weiteren Kauf von Werken mit einem Schwerpunkt bei Buchgraphik von demselben Mannheimer Buchhändler sowie durch andere regelmäßige Anschaffungen erweiterte.

1.2 Die Bibliothek wurde in zwei Räumen des Palais am Altstädter Ring untergebracht und mit prachtvollem Mobiliar ausgestattet. Berühmt wurde sie unter Fürst Rudolf Kinský (1802-1836), ein Mäzen tschechischer Gelehrter und Schriftsteller sowie ein patriotisch gesinnter Adliger, der sie zu einer Nationalbibliothek der tschechischen Schriftsteller ausbauen wollte. Dieses Vorhaben konnte aber wegen seines frühen Todes nicht verwirklicht werden. Die Bibliothek wurde bis zum Ende des 19. Jhs ergänzt, vor allem durch den fürstlichen Bibliothekar Joseph Erwein Folkmann (>1816), der auch Genealoge der Familie Kinský war. In den Jahren 1921 bis 1936 wurde die Bibliothek der tschechischen Bibliotheksfachschule vermietet, nach 1945 wurde sie verstaatlicht. Seit 1950 steht sie unter der Verwaltung der Bibliothek des Nationalmuseums in Prag.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Das letzte Bücherverzeichnis aus dem Jahre 1904, das für Erbschaftsverhandlungen von Zdenek Tobolka angefertigt wurde, gibt einen Bestand von 32.972 Büchern und 1911 Bdn mit Kunstwerken und Buchgraphik an (s. u. 3). Der Bestand, der fast ausschließlich vor 1900 erschienen ist, umfaßt neben 84 neueren Hss. und 36 Inkunabeln (vorwiegend lateinischen), ca. 1000 Titel aus dem 16. Jh, ca. 5000 aus dem 17. Jh, ca. 10.000 aus dem 18. Jh und ca. 15.000 aus dem 19. Jh. Das deutschsprachige Schrifttum ist mit ca. 8000 Bdn (25 Prozent) vertreten.

2.2 Der zeitliche Schwerpunkt der Sammlung einschließlich der Germanica liegt im späten 18. und frühen 19. Jh. Inhaltlich überwiegen Werke zur Geschichte, Politik, Technik und Philosophie, vor allem der vorrevolutionären in Frankreich, sowie Ausgaben der Klassiker der Weltliteratur. Aus den sechziger Jahren des 19. Jhs, in denen die Familie Kinský mit dem böhmischen Adel sympathisierte, findet sich eine Reihe von Broschüren zur österreichischen Innenpolitik. Die Sammlung zur Französischen Revolution stammt aus dem Nachlaß einer Pariser Buchdruckerei, die der Mannheimer Buchhändler Lafontaine erworben und 1805 dem Grafen Kinský verkauft hatte. Sie umfaßt alle gedruckten Sitzungsprotokolle des Nationalkonvents, politische Schriften aus den Jahren 1787 bis 1804 und seltene Zeitschriften. Bemerkenswert sind die typographisch wertvollen Drucke wie die 48-zeilige Bibel von Johannes Fust und Peter Schöffer (Mainz 1492), 36 Bodoni-Drucke und 64 Didot-Drucke. Außerdem seien eine Reihe von lateinischen Petrarca- und Erasmus-Ausgaben erwähnt sowie Erstausgaben von Jan Amos Komenský (Comenius), Voltaire und Etienne Cabet, dessen sozialistische Werke vollständig vorliegen.

2.3 Im einzelnen entfallen auf Bibliographien 72 Titel (davon 10 deutschsprachige); auf Memoiren 127 Titel (9 deutschsprachige); auf Geschichte 1120 Titel (224 deutschsprachige); auf Romane und Novellen ca. 1200 Titel (ca. 300 deutschsprachige); auf die Abteilung Dichter ca. 730 Titel (ca. 180 deutschsprachige); auf die Naturgeschichte ca. 390 Titel (ca. 100 deutschsprachige); auf Mineralogie 138 Titel (36 deutschsprachige); auf Chemie 41 Titel (7 deutschsprachige); auf Mathematik und Physik 416 Titel (ca. 80 deutschsprachige); auf Theologie ca. 850 Titel (170 deutschsprachige); auf Gewerbekunde mit den Unterabteilungen Handwerke ca. 270 Titel (54 deutschsprachige); Ökonomie ca. 280 Titel (ca. 60 deutschsprachige) und Handel ca. 50 Titel (14 deutschsprachige). 1.1

2.4 Die übrigen Abteilungen gliedern sich in Philologie mit ca. 380 Titeln (davon ca. 80 deutschsprachige); römische und griechische Klassiker mit ca. 400 Titeln (ca. 80 deutschsprachige); Theater mit ca. 240 Titeln (ca. 60 deutschsprachige); Literatur mit ca. 220 Titeln (45 deutschsprachige); Künste und Altertümer mit ca. 350 Titeln (ca. 70 deutschsprachige); Jurisprudenz mit 412 Titeln (82 deutschsprachige); Politische Wissenschaften mit ca. 1540 Titeln (ca. 440 deutschsprachige); Medizin mit ca. 480 Titeln (120 deutschsprachige); Pädagogik mit ca. 160 Titeln (ca. 40 deutschsprachige); Philosophie mit ca. 550 Titeln (140 deutschsprachige); Länder- und Völkerkunde mit den Unterabteilungen Reisen mit ca. 700 Titeln (ca. 180 deutschsprachige) und Geographie mit ca. 280 Titeln (ca. 70 deutschsprachige) sowie Statistik mit ca. 80 Titeln (ca. 20 deutschsprachige). Es folgen Belletristik mit ca. 280 Titeln (45 deutschsprachige), Militaria mit ca. 280 Titeln (70 deutschsprachige) und Polymathie mit 520 Titeln (ca. 130 deutschsprachige).

2.5 Die graphischen Bestände und die Bestände zur Kunst umfassen insgesamt 1854 Bde Buchgraphik und 780 Titel zur Kunst, davon 160 deutschsprachige. Die Bestände verteilen sich auf die Untergruppen Ansichten einzelner Städte und Reisen, Architektur, Historisches, Kostüme, Meister und Sammlungen (zu verschiedenen Schulen, Galerien, Museen), Militärisches, Pferde, Jagd, Monumente und Altertümer, Naturkunde und Anatomie, Porträts, Vermischtes und Zeichenschulen.

2.6 Die buchgraphische Sammlung umfaßt Werke von Dürer, Rembrandt, Boiseul, Prestel, Schmidt, Wille, Schön, Hollar, Strange, Cornel, Vischer, Vorstermann, Rainaldi, Porporati u. a. Reich ist der Bestand an Ansichtswerken europäischer Palastbauten (meist italienischer und französischer), an naturwissenschaftlichen Ansichtswerken (Boch, Levaillant, Sebas, Bulliard), an Atlanten (200 Titel) und kartographischen Werken, Plänen militärischer Einrichtungen sowie Werken zur Bildenden Kunst. In allen Bereichen sind Werke aus deutschen Druckorten vertreten. Erwähnt sei außerdem die Sammlung der Verlagsproduktion des Hauses Matice ceská in tschechischer Sprache aus dem 19. Jh.

3. KATALOGE

Alphabetischer Verfasserkatalog

[hschr. (schwer lesbar); in Zettelform aus dem 19. Jh; von Joseph Erwein Folkmann im 19. Jh angelegt; gegliedert in 1. Bücher, 2. Kunstwerke und Buchgraphik]

Katalog der Fürstlich Kinský'schen Bibliothek, aufgestellt im Fürstl. Hause in Prag Nr. 606 auf der Altstadt, aufgenommen und verglichen von 1851 bis 1853, seit dem teilweise ergänzt und vermehrt.

[hschr. Bandkatalog; alphabetischer Verfasserkatalog; wahrscheinlich eine Übertragung eines älteren Kataloges; verzeichnet nicht die buchgraphische Sammlung]

Inkunabelkatalog

[in Zettelform mit Kurztitelvermerken; als Grundlage zum Ms. für einen gedruckten Katalog; enthält 36 Titelaufnahmen]

Katalog der Fürstlich Kinský'schen Bibliothek nach Wissenschaften zusammengestellt

[hschr. Sachkatalog; von Bibliothekar J. E. Folkmann; 4 Bde]

Zettelkatalog der Fürstlich Kinsky'schen Bibliothek in Prag in Kästen

[hschr.; datiert 1900; Kasten 1-76, Fach 1-7, Nr.1-11.819]

Verzeichnis der Druck- und Kunstwerke der zum Ferdinand Fürst Kinsky'schen Substitionsvermögen bestimmten Bibliothek im Prager Palais NC. 606-I. Standortkatalog bearbeitet von Dr. Zdenko V. Tobolka. Prag 1904

[mschr.; verzeichnet 32.972 Bde Bücher und 1911 Bde Kunstdrucke und Buchgraphik]

Die Kataloge werden in der Bibliothek im Palais Kinský aufbewahrt. Die Inkunabeln werden in einem Inkunabelkatalog der Bibliothek des Nationalmuseums verzeichnet (z. Z. im Druck).

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Folkmann, Josef Erwein: Die gefürstete Linie des uralten und edlen Geschlechts Kinský. Ein geschichtlicher Versuch. Prag 1861

Knihovna Kinských [Die Kinský-Bibliothek]. In: Rodinná kronika [Familien-Chronik] 5 (1864) S. 46

Tobolka, Zdenek Václav: Die Fürstlich Kinský'sche Bibliothek in Prag. In: Mitteilungen des Österreichischen Vereins für Bibliothekswesen 9 (1905) S. 21

Tobolka, Zdenek Václav: Bibliothéka knízat Kinských v Praze [Die Bibliothek der Fürsten Kinský in Prag]. In: Zlatá Praha [Goldenes Prag] 22 (1905) S. 465

Vrchotka, Jaroslav: Knihovna Kinských [Die Kinský-Bibliothek]. In: Knihovna Národního musea v Praze [Die Bibliothek des Nationalmuseums in Prag]. Praha 1959, S. 53

Stand: März 1999

Jaroslav Vrchotka


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.