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Bibliotheken in Niedersachsen

Historische Entwicklungen

Das Bundesland Niedersachsen in seiner heutigen Gestalt entstand erst nach dem Zweiten Weltkrieg. In seinen Kerngebieten ist es jedoch ein Land, das auf eine mehr als tausendjährige Geschichte zurückblicken kann. Es geht in seinen Ursprüngen auf das Stammesgebiet der Sachsen zurück, die ihre Herrschaft vom 2. bis zum 7. Jahrhundert in Nordwestdeutschland ausdehnten. Unter ihrem Stammesfürsten Widukind wandten sie sich immer wieder in Aufständen gegen die fränkische Herrschaft. Nach der Zeit der sächsischen Könige und Kaiser im 10. und 11. Jahrhundert erlebte das sächsische Stammesherzogtum mit dem Sturz des Welfenfürsten Heinrich des Löwen 1180 seinen Niedergang.

Es begannen regionale Sonderentwicklungen. An der Küste hatten sich bereits seit dem frühen Mittelalter die Friesen ihre Eigenständigkeit bewahrt. Im Nordwesten begrenzte ein starkes, selbständiges Bauerntum die Adelsherrschaft stärker als in anderen Gebieten Deutschlands. Die westfälischen Lande Braunschweig und Lüneburg zerfielen in einzelne Territorien. Daneben entstanden zahlreiche kleinere Territorien wie die Fürstentümer Oldenburg und Schaumburg, die Fürstbistümer Hildesheim und Bremen-Verden oder die Freien Reichsstädte Bremen und Goslar. Um 1300 wurde zum erstenmal die Bezeichnung Niedersachsen für das Gebiet von der Schelde bis zur Elbe gebraucht. Der 1512 gebildete Niedersächsische Reichskreis war eine für das deutsche Wahlkaisertum wichtige staatsrechtliche Einheit. In der Reformation wurden die meisten Gebiete protestantisch.

Im Jahre 1692 erhielt das Haus Hannover die Kurfürstenwürde. Von 1714 bis 1837 bestimmte die Personalunion mit Großbritannien den Verlauf der hannoverschen Geschichte. Im 18. Jahrhundert erwarb das Kurfürstentum das Fürstentum Celle, die Herzogtümer Bremen und Verden, das Land Hadeln und die Grafschaft Bentheim. Die napoleonischen Kriege brachten nur eine kurzfristige Unterbrechung dieses ansonsten kontinuierlichen Prozesses der Machterweiterung. Auf dem Wiener Kongreß erlangte das 1814 zum Königreich erhobene Hannover die Herrschaft über die Gebiete Ostfriesland, Osnabrück, Hildesheim, Goslar, das Emsland und das Untereichsfeld. Damit stieg das Königreich Hannover zur dominierenden Macht im Nordwesten Deutschlands auf. Der Deutsche Krieg von 1866 beendete die Eigenstaatlichkeit Hannovers, es wurde von Preußen annektiert. Bestrebungen zur Wiederherstellung der hannoverschen Souveränität blieben jedoch weiterhin wach.

Auch nach dem Sturz der Monarchien nach dem Ersten Weltkrieg blieb Hannover preußische Provinz. Die auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsen liegenden Staatsgebilde Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe existierten weiter. 1924 scheiterte ein Volksbegehren zur Bildung eines selbständigen Landes Hannover. Erst als nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges mit dem Deutschen Reich auch Preußen von den Siegermächten zerschlagen wurde, erhielt die frühere Provinz Hannover 1946 wieder die staatsrechtliche Stellung eines Landes. Im gleichen Jahr wurde durch Verordnung der britischen Militärregierung aus den Ländern Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe das neue Land Niedersachsen gebildet.

Die Bibliotheksgeschichte Niedersachsens ist Ausdruck dieser Strukturen. [1] Eine kontinuierliche und bis in die heutige Zeit führende Bibliotheksentwicklung setzte bereits in vorreformatorischer Zeit ein. Es handelt sich dabei zum einem um Sammlungen in Klöstern und bischöflichen Dombibliotheken, die in Niedersachsen jedoch nicht die Bedeutung erlangten wie im Süden und Westen Deutschlands, zum anderen um städtische Ratsbibliotheken. Meist umfaßten die Sammlungen bis ins 17. Jahrhundert hinein nur wenige hundert Bände. Mit der Reformation verloren viele Klöster ihre Funktion. Einige wurden aber auch in protestantischer gide weitergeführt, teilweise unter Wahrung der Tradition und Beibehaltung der Bibliotheken. So wurde das Kloster Ebstorf 1565 in ein adliges Damenstift umgewandelt, der Buchbestand allerdings seitdem nur noch in geringem Maße vermehrt, so daß der Charakter einer Klosterbibliothek erhalten blieb. Im späten 16. Jahrhundert erfolgte auch die Reformierung des Klosters Loccum, das unter einem protestantischen Abt weitergeführt wurde. Nach Verlusten im Dreißigjährigen Krieg setzte dort ein kontinuierlicher Bestandsaufbau ein, vor allem durch Übernahme privater Stiftungen und Nachlässe. Bedeutend war die Privatbibliothek des Abtes Gerardus Molanus (Gerhard Wolter von der Mülen, 1633 -1722), Professor für Theologie und Philosophie in Rinteln, die sich heute in der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover befindet. Einzelstücke gelangten in die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Um 1800 erfolgte mit der Einstellung eines Bibliothekars eine Öffnung für nicht-theologische Wissensgebiete, wobei aber weiterhin bei Neuanschaffungen als Hauptbenutzerkreis die Kandidaten des Predigeramtes verstärkt berücksichtigt wurden.

Auch die heute in der Stadtbücherei Hameln untergebrachte ehemalige Bibliothek des Schiller-Gymnasiums geht auf eine Kloster- oder Stiftsbibliothek aus vorreformatorischer Zeit zurück. Als Benutzer war neben Priestern und Vikaren auch die städtische Oberschicht zugelassen. Als nach der Reformation die Mehrzahl der Vikare und Kanoniker das Stift verließ, nahmen sie Teile der Bibliothek mit. Evangelische Prediger bauten die Sammlung jedoch weiterhin aus. Im frühen 19. Jahrhundert wurden die alte Stiftsbibliothek, jetzt Ministerialbibliothek genannt, und eine Schulbibliothek vereinigt. Die heutige Dombibliothek Hildesheim entstand vor allem durch Zusammenführung von drei ehemals selbständigen Bibliotheken, von denen sich zwei bis in vorreformatorische Zeit zurückführen lassen. Eine erste Blüte erlebte sie gegen Ende des 17. Jahrhunderts mit der Stiftung von Martin Bever (1625 -1681). Eine zweite Quelle der heutigen Dombibliothek war die Bibliothek des Bischöflichen Gymnasiums Josephinum, die wiederum Sammelbecken säkularisierten Klostergutes war. Drittens schließlich ging die Bibliothek des Bischöflichen Predigerseminars Hildesheim in die Sammlung ein.

Den ebenfalls bis in vorreformatorische Zeit zurückgehenden Bibliothekstypus der Ratsbibliothek, aus der sich in der Folgezeit Wissenschaftliche Stadtbibliotheken entwickelten, repräsentieren die Stadtbüchereien Hannover und die Ratsbücherei Lüneburg. Die 1440 durch die Stiftung Konrad von Sarstedt ins Leben gerufene "Bibliotheca senatus" als Vorläufer der heutigen Stadtbüchereien Hannover ist die zweitälteste Stadtbibliothek Deutschlands. Nach dem Übertritt der Stadt zum Protestantismus im Jahre 1533 fiel mit der Bibliothek der Minoriten säkularisiertes Klostergut an die Bibliothek. Seit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert kamen Werke aus der Großen Lesegesellschaft und der Societätsbibliothek hinzu. Das 19. Jahrhundert war eine Epoche der Reorganisation, in der verschiedene kirchliche, schulische und private Sammlungen in die Bibliothek integriert wurden. Dabei war man bestrebt, sämtliche Buchbestände aus städtischem Besitz zusammenzufassen. Erhebliche Kriegsverluste (ca. 100.000 Bände) erlitt die Sammlung durch eine Bombe im Jahre 1943.

Die Ratsbücherei Lüneburg fand in vorreformatorischer Zeit als Arbeitsbibliothek für Rat und Verwaltung in einem Raum des Rathauses Aufstellung und Verwendung. Ende des 17. Jahrhunderts war sie in schlechtem Zustand. Erst nach einer Maßregelung der Stadt durch den Celler Landtag beschloß diese die Öffnung der Bibliothek für die städtische Bevölkerung, richtete eine feste Bibliothekarsstelle ein und sorgte für laufende Erwerbungen. Daneben ermöglichten weiterhin zahlreiche Stiftungen den Ausbau der Sammlung und eine sprunghafte Erweiterung der Bestände. Im 19. Jahrhundert erfuhr die Bibliothek bedeutende Zuwächse aus der Auflösung der Lüneburger Ritterakademie und durch die Übernahme der Bibliothek des Rektors des Michaelis-Gymnasiums Johann Nicolaus Niclas (1733 -1808). Hinzu kamen Werke aus einem Leseverein und der Volksbücherei.

Aus dem 16. Jahrhundert stammen acht Bibliotheken. Bis auf die Reformationszeit geht die Kirchen-Ministerial-Bibliothek in Celle zurück, die zunächst aus der Privatbibliothek der Braunschweig-Lüneburger Herzöge bestand, um 1582 durch die Bibliothek des Generalsuperintendenten des Fürstentums Lüneburg ergänzt wurde und bereits wenige Jahre später mit einem festen Etat versehen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Nach 1650 geriet sie allerdings als herzogliche Einrichtung zunehmend in Vergessenheit. Bei der Auflösung der Celler Hofhaltung und der Verlegung des Regierungssitzes nach Hannover im frühen 18. Jahrhundert blieb sie in Celle. Die Celler Stadtgeistlichen betrachteten sich nunmehr als Eigentümer der Sammlung, bauten sie weiter aus und vermachten ihr ihre Nachlässe. Um 1736 übernahm sie die Funktion einer Öffentlichen Bibliothek für die Stadt, hundert Jahre später erhielt sie durch die Vereinbarung mit dem Historischen Leseverein Zuwachs aus dessen Beständen. Insgesamt war die Bibliotheksentwicklung im 19. Jahrhundert durch Diskontinuität in Anschaffung und Verwaltung gekennzeichnet; um die Mitte des Jahrhunderts setzte ein Niedergang ein. 1909 wurden sogar Teile des Altbestandes an die Bibliotheken in Berlin, Göttingen sowie an den Herzog von Cumberland verkauft. Die Inflation zehrte den Rest des Vermögens auf. Erst seit 1960 wird die Sammlung wieder in beschränktem Maße ausgebaut.

Ein ähnliches Schicksal hatte die Bibliothek des Ulrichsgymnasiums in Norden. Auch sie ist, wie die Kirchen-Ministerial-Bibliothek in Celle, eine fürstliche Gründung, die um 1566/67 durch Graf Edzard II. von Ostfriesland im Zuge der Auseinandersetzung von Lutheranern und Reformierten erfolgte. Als im 17. Jahrhundert die Schülerzahlen sanken, verlor die Schule ihre Bedeutung. Ihr Buchbestand geht fast ausschließlich auf Stiftungen von ehemaligen Schülern, Lehrern und Honoratioren zurück. Das heutige Ubbo-Emmius-Gymnasium in Leer wurde von Graf Johann von Ostfriesland 1584 als reformierte Lateinschule gegründet. Unter ihrem ersten Rektor, dem friesischen Historiographen Ubbo Emmius, wurde sie zur führenden Bildungsanstalt des reformierten Teils Ost- und Westfrieslands sowie der Provinz Groningen, geriet aber schon bald in die konfessionellen Auseinandersetzungen. Aufgrund geringer Etatansätze konnte die Bibliothek nur langsam ausgebaut werden. Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts übernahm sie eine Reihe von Schenkungen, durch die wertvolle ältere Werke in die Bibliothek gelangten.

Die ebenfalls bis in die Reformationszeit zurückreichende Marktkirchenbibliothek in Goslar erlebte eine ähnliche Entwicklung. Gegründet aus dem Nachlaß des Halberstädter Klerikers Andreas Gronewalt (ca. 1508 -1541), aus Stiftungen von Pfarrern der Marktkirche, Schenkungen des Rates und von Privatpersonen, wuchs sie in wenigen Jahren auf über 500 Titel. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde sie nicht weiter ausgebaut und geriet in Vergessenheit, so daß ihr Bestand am Ende des 18. Jahrhunderts die gleiche Größe wie um 1757 hatte. Erst um 1936 konnte sie nach der Übernahme der umfangreichen Privatsammlung eines Lehrers einen größeren Zuwachs verzeichnen. Die heute im Mariengymnasium in Jever befindliche Bibliothek wuchs aus verschiedenen Sammlungen zusammen. Die ältesten Teile dieser sogenannten Marienbibliothek stammen aus dem Nachlaß von Remmer von Seediek (ca. 1500 -1557), des Kanzlers des im frühen 16. Jahrhundert noch unabhängigen Jeverlandes, [2] die bedeutendsten Werke aus der Sammlung der Fürsten von Anhalt-Zerbst, der Herren des Jeverlandes von 1667 bis 1815. Hinzu kamen Schenkungen von Rektoren, ehemaligen Schülern und Jeveraner Bürgern. Erst im 19. Jahrhundert wurden gezielt Werke für den schulischen Gebrauch angeschafft. Als 1818 das Jeverland dem Großherzogtum Oldenburg zugesprochen wurde, kamen Teile des Bestandes in die heutige Landesbibliothek Oldenburg. Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stand die Bibliothek den Gebildeten als quasi-öffentliche Einrichtung zur Verfügung.

Die 1559 gegründete heutige Johannes a Lasco Bibliothek Große Kirche Emden ist die älteste Bibliothek Ostfrieslands. Der Bibliothek kommt eine umso größere Bedeutung zu, als im ostfriesischen Raum keine landesherrliche Sammlung oder größere Adelsbibliothek überliefert ist. Sie ist hervorgegangen aus der Büchersammlung der evangelisch-reformierten Gemeinde Emdens. Den Grundstock legte der Büchernachlaß, den der Emder Kirchenälteste Gerhard tom Camp († 1559) zur Ausbildung der Prediger hinterließ. Zur gleichen Zeit wurde Emden zu einem der bedeutendsten Zentren des reformierten Buchdrucks. Bereits in der Schenkungsurkunde stand die Forderung, daß die Bibliothek "ad usum publicum", zum öffentlichen Gebrauch bestimmt sein solle. Was zunächst als Predigerbibliothek für die reformierten Pastoren Emdens begann, entwickelte sich schnell zu einer auch aus Nachlässen Emder Honoratioren gespeisten öffentlichen Bibliothekseinrichtung. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts umfaßte die Sammlung bereits etwa 1000 Titel, darunter viele Bände, die mit Marginalien belegen, wie eng Emden und Ostfriesland in das Beziehungsgeflecht der Reformation eingebunden waren. So finden sich Eintragungen von Erasmus von Rotterdam, dem polnischen Theologen und Humanisten Johannes a Lasco, Philipp Melanchthon, Heinrich Bullinger, Martin Bucer und anderen.

Die Bibliothek belegt zugleich die Bedeutung Emdens in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts als politische, wirtschaftliche und religiöse Drehscheibe für den nordwestdeutschen Raum. Über Johannes a Lasco (1499 -1560), der von 1542 bis 1549 gesamtostfriesischer Superintendent der evangelischen Kirche Ostfrieslands war und dessen Name die Bibliothek seit 1993 trägt, kam die Bibliothek des Erasmus nach Emden, von der sich heute aber nur noch drei Bände im Bestand befinden. Neben einzelnen gezielten Erwerbungen durch den Kirchenrat wurde die Große Kirche vor allem durch die Übernahme diverser Privatbibliotheken bereichert: im 16. und 17. Jahrhundert durch Sammlungen von Theologen und Emder Bürgern. War die Bibliothek im frühen 17. Jahrhundert in der faktisch autonomen Stadtrepublik Emden gemeinsam von Stadtrat und Magistrat als öffentliche Einrichtung ausgebaut worden, so trat in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Periode der Stagnation ein. Erst nach 1800 widmete man sich ihr erneut, nunmehr unter alleiniger kirchlicher Führung. Im 20. Jahrhundert kamen als bedeutende Sammlungen die Bibliothek des ehemaligen Königlichen Konsistoriums in Aurich und die des Emder Historischen Vereins hinzu. Seit 1991 wird die Sammlung zu einer wissenschaftlichen Bibliothek und Forschungsstätte für den reformierten Protestantismus und für die Konfessionsgeschichte der Frühen Neuzeit ausgebaut.

Die heutige Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel geht in ihren Ursprüngen auf Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg (1528 -1589) zurück. Er gründete Mitte des 16. Jahrhunderts mit der Bibliotheca Julia die erste herzogliche Wolfenbütteler Bibliothek. Um die Klosterbibliotheken seines Herzogtums vor den Folgen der von ihm 1568 eingeführten Reformation zu schützen, gliederte er die Buchbestände der Klöster Wöltingerode, Steterburg, Dorstadt, Heiningen, Marienberg bei Helmstedt, Lamspringe und Amelungsborn in seine fürstliche Sammlung ein. Sein Sohn, Heinrich Julius (1564 -1613), setzte diese Politik fort, wodurch nicht nur mittelalterliche Handschriften aus dem Herrschaftsbereich der Braunschweiger Herzöge sondern auch Inkunabeln und Frühdrucke aus niedersächsischem Besitz in die Bibliothek gelangten. Bedeutenden Zuwachs erhielt sie vor allem durch den Erwerb des Nachlasses des protestantischen Theologen Mathias Flacius Illyricus (1520 -1575).

Mit der Gründung der Helmstedter Universität 1574 mußte dort für eine geeignete Studienbibliothek Sorge getragen werden. 1588 erhielt die Bibliothek das Pflichtexemplarrecht auf alle in Helmstedt gedruckten Bücher. Erheblich forciert wurde der Ausbau mit der Überweisung der herzoglichen Bibliothek von Wolfenbüttel nach Helmstedt im Jahre 1618. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gelangten die Büchersammlungen des Benediktinerklosters St. Ludgeri und des Zisterzienserklosters Michaelstein in die Bibliothek. Nach der Auflösung der Universität durch Napoleons Bruder Jérôme im Jahre 1810 fiel der größte Teil der Bibliotheca Academiae Juliae zurück an die inzwischen von Herzog August dem Jüngeren neu begründete Wolfenbütteler Bibliothek. Eine große Zahl von Bänden mußte an die Universitätsbibliothek Göttingen abgegeben werden, eine kleinere ging an die Universitäten Marburg und Halle; weitere Werke wurden an die Herzogliche Bibliothek in Wolfenbüttel und die Universität Braunschweig abgetreten. In Helmstedt brach die Entwicklung der Bibliothek nach diesem Aderlaß ab. Zuwachs erhielt sie nur noch aus der Helmstedter Akademischen Lesegesellschaft und aus Nachlaßbibliotheken.

Die Wolfenbütteler Bibliotheca Augusta war ursprünglich die Privatsammlung von Herzog August zu Braunschweig-Lüneburg (1579 -1666). Bereits in seiner frühesten Jugend legte der manische Büchersammler den Grundstock zu einer Bibliothek. Bei seinem Tod war die Sammlung auf über 130.000 Titel in ca. 40.000 Bänden angewachsen und wurde als größte Privatbibliothek ihrer Zeit und achtes Weltwunder gefeiert. Die Bibliothek dieses fürstlichen Sammlers, in dessen Hand Erwerbung, Katalogisierung und Aufstellung lagen, spiegelt in ihrem Inhalt die universalen Kenntnisse und Interessen ihres Besitzers wider. Ein Netz von bezahlten Agenten erwarb für ihn aus verschiedenen Teilen des Reiches alte und neue Drucke sowie Handschriften. Die Sammlung stand allen Gebildeten offen. Die historischen und philologischen Bestände der Bibliothek wurden im 18. Jahrhundert vor allem durch Büchersammlungen von Angehörigen des Herzogshauses erweitert und in ihrem Charakter geprägt. Hier ist besonders die Bibliothek Herzog Ludwig Rudolphs (1671 -1735) mit über 10.000 gedruckten Bänden und 328 Handschriften zu nennen. Mit wenigen Ausnahmen sind diese fürstlichen Sammlungen im 18. Jahrhundert entstanden und enthielten die Literatur ihrer Zeit. Insgesamt übernahm die Wolfenbütteler Bibliothek etwa 36.000, zum überwiegenden Teil in französischer Sprache gedruckte Bände aus diesen Fürstenbibliotheken. In diesen nach dem Vorbild von Universalbibliotheken angelegten Privatsammlungen nahmen historische und theologische Werke eine dominierende Stellung ein, Bücher naturwissenschaftlicher Disziplinen, der Mathematik und der Medizin traten dahinter zurück.

Außer den erwähnten Fürstenbibliotheken haben Büchersammlungen von Gelehrten im 18. Jahrhundert, besonders aber im 19. Jahrhundert die Bestände erweitert. Auch sie überstiegen ebenso wie die Fürstenbibliotheken zahlenmäßig die laufenden Erwerbungen aus dem geringen Etat von ca. 200 Reichstalern. Diese Zugänge stellten wertvolle Ergänzungen älterer Literatur dar, denn auf diese Weise wurden auch Bestandsgruppen ausgebaut, die bisher weitgehend unberücksichtigt geblieben waren. Im 18. und 19. Jahrhundert blieben infolge des geringen Anschaffungsetats die laufenden Erwerbungen zahlenmäßig weit hinter den geschenkten oder vom Herzog überwiesenen Büchern zurück. Es wurde verstärkt historische Literatur erworben (einschließlich Reisebeschreibungen und Numismatica). Erst mit Lessings Amtszeit als Bibliothekar (1770 -1781) dominierten wieder literarische und kunsthistorische Werke. Bei den laufenden Erwerbungen des 18. Jahrhunderts handelte es sich zum einen um zeitgenössische Literatur, daneben aber auch nicht selten um Bücher aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.

Nach 1871 verlor die Bibliothek zunehmend den Anschluß an die wissenschaftliche Entwicklung. Beim Bestandsaufbau blieben Fachwissenschaften wie Theologie, Jurisprudenz, Medizin und die Naturwissenschaften weitgehend unberücksichtigt. Durch diese Beschränkungen war es allerdings möglich, die allgemeinen Wissenschaften, wie Literaturgeschichte, Literatur, besonders aber die allgemeine und deutsche Geschichte sowie die Kunstgeschichte einigermaßen zu vervollständigen. Einen Ausgleich erfuhr die Bibliothek wiederum durch die Übernahme einer größeren Zahl geschlossener Sammlungen. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts wirkte sich vor allem der Streit um das Eigentumsrecht zwischen dem Herzoghaus und dem Land Braunschweig negativ aus, der dazu führte, daß die Bibliothek einer finanzschwachen Stiftung unterstellt wurde. Nachdem die Bibliothek in die Verantwortung des Landes überführt worden war, erfolgte eine Rückbesinnung auf ihre fürstliche Tradition, indem etwa ab 1950 wieder auf die universale Anlage der Sammlung ebenso wie auf kostbare Werke Wert gelegt wurde. Gleichzeitig baute man ein neues Sammelgebiet auf: die Malerbücher, große bibliophile Drucke mit Originalgraphik vor allem französischer Provenienz, die zu einer eigenen Sammlung "Ars librorum" erweitert wurden. Der Ausbau der Bibliothek zu einer Forschungsstätte für europäische Kulturgeschichte seit 1969 verlangte die Anschaffung der wichtigsten deutschen und fremdsprachigen älteren und modernen Forschungsliteratur zu allen historischen Disziplinen mit den Bezügen zum Mittelalter und zur Frühen Neuzeit. Dabei wird versucht, die größten Lücken in den Beständen zu schließen. Dem dient auch die Erwerbung geschlossener Bibliotheken und Sammlungen. Seit 1990 ist die Bibliothek am Projekt "Sammlung Deutscher Drucke 1450 -1912"{ beteiligt, in dessen Rahmen sie die Literatur des 17. Jahrhunderts möglichst vollständig erwerben und erschließen soll.

Im 17. Jahrhundert liegen die Anfänge von neun Bibliotheken. Die heutige Niedersächsische Landesbibliothek Hannover wurde 1665 als Hofbibliothek in Hannover durch Herzog Johann Friedrich von Braunschweig-Lüneburg (reg. 1665 -1676) gegründet. Sie geht auf ältere Privatsammlungen von Mitgliedern der Welfendynastie zurück, die der Herzog aus Schloß Celle nach Hannover überführen ließ, als er seinen Regierungssitz von dort in das Leineschloß verlegte. Hier war die Bibliothek neben dem Schloß und dem Barockpark Herrenhausen, dem Hoforchester und der Operntruppe sowie der Gemäldegalerie ein weiterer Baustein seines kulturellen Gesamtprogramms. Schon bald entwickelte sich seine private Schloßbibliothek zur offiziellen Regierungs- und Hofbibliothek. Die Anschaffungen spiegeln die persönlichen Bildungsinteressen des Fürsten (Klassische Literatur, Philosophie), seine religiöse Überzeugung (Theologie, Johann Friedrich war zum Katholizismus konvertiert) sowie absolutistische Bedürfnisse (Architektur, Militärwesen) wider. Außerdem nahm sie die Funktion einer Behördenbibliothek wahr (mit Beständen zu Geschichte, Staats- und Rechtswissenschaften). Zahlreiche Bücher kaufte Johann Friedrich selbst auf seinen Reisen, der Rest wurde über Agenten im Ausland erworben. Zwischen 1676 und 1716 war Gottfried Wilhelm Leibniz Hofbibliothekar, ab 1691 war er zudem mit der Leitung der Bibliotheca Augusta in Wolfenbüttel betraut. Auf ihn gehen richtungsweisende Ideen für den Ausbau der Sammlung zu einer Universalbibliothek mit kontinuierlicher Buchanschaffung, für die Erschließung durch Kataloge und für die liberale Benutzung zurück, auch wenn die Bibliothek selbst noch lange Jahre eine typische Fürstenbibliothek blieb. Mit dem 1692 erfolgten Aufstieg des Landes Braunschweig-Lüneburg zum Kurfürstentum Hannover und der ab 1714 bestehenden Personalunion mit dem Königreich Großbritannien wurde die politische und wirtschaftliche Basis für einen großzügigen Ausbau der Büchersammlung gelegt. Ende des 17. Jahrhunderts und zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden zudem zahlreiche Privatsammlungen von hannoverschen Verwaltungsbeamten und Gelehrten übernommen. Hinzu kamen immer wieder fürstliche Büchersammlungen der Welfendynastie.

In König Georg II. von Großbritannien-Hannover (reg. 1727 -1760) fand die Bibliothek einen ihrer großzügigsten Förderer. Er richtete einen festen jährlichen Anschaffungsetat ein, während bisher für Neuanschaffungen jeweils nur von Fall zu Fall Geldbeträge bewilligt worden waren. Auch nach seinem Regierungsantritt in Großbritannien führte er seine bibliophile Privatsammlung in Hannover fort und vermachte sie in mehreren Teilen der dortigen Bibliothek. Gleiches gilt für die Bibliothek seiner Gemahlin, Königin Caroline (1683-1737), und wie zuvor schon für die Bibliothek König Georgs I. von Großbritannien-Hannover (reg. als Kurfürst 1698, als König 1714 -1727). Die genannten Sammlungen bereicherten die Bibliothek vor allem um zahlreiche englische Drucke. Erst die Sammlung Georgs III. blieb in England und bildete den Grundstock der Bibliothek des Britischen Museums, der heutigen British Library. Ab 1736 bekam die Hannoveraner Bibliothek das Vorkaufsrecht bei allen Buchauktionen innerhalb des Landes Hannover, ein Jahr später erhielt sie von der Zensurstelle Belegexemplare aller Druckerzeugnisse des Landes. Diese Zuweisung wurde 1828 in ein Pflichtexemplarrecht umgewandelt. Um 1720 wurde die Sammlung auch zur öffentlichen Benutzung freigegeben und führte den Namen Königliche öffentliche Bibliothek. Die napoleonische Besetzung brachte eine kurzzeitige Stagnation. Nach den Befreiungskriegen wurde das Kurfürstentum zum Königreich erhoben, kehrte in die Personalunion mit Großbritannien zurück und wurde auf dem Wiener Kongreß gebietsmäßig vergrößert. Dies stärkte auch die finanzielle Basis der Bibliothek. Die im 18. Jahrhundert primäre Erwerbungsart, die Übernahme geschlossener Privatbibliotheken, trat zunehmend hinter dem kontinuierlichen Ankauf von Neuerscheinungen zurück. Die Regierungsbibliothek wurde in verstärktem Maße Öffentliche Wissenschaftliche Bibliothek.

Der Untergang des Königreiches Hannover im Deutschen Krieg 1866 und seine Annexion durch Preußen im gleichen Jahr entzogen der Bibliothek ihre Funktion als Landesbibliothek. Zudem wurde sie in den Eigentumsstreit zwischen dem preußischen Staat und der depossedierten Welfendynastie um das Krongut des Königreiches hineingezogen. Als Folge wurde der Personalstand drastisch reduziert, der Bucherwerb kam zeitweilig ganz zum Erliegen. Ein Kompromiß wurde erst 1893 gefunden, in dem sich beide Seiten wenigstens zur Zahlung von wenn auch nur geringen Unterhaltszuschüssen verpflichteten. 1897 konnte als weitere größere Erwerbung die Provinzialbibliothek der Hannoverschen Landstände übernommen werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem die Bibliothek über 10.000 Bände verlor, kam die vormals Königliche Bibliothek in die Obhut des neu gegründeten Landes Niedersachsen und wurde zur Niedersächsischen Landesbibliothek. Auch wurde eine Lösung der noch immer ungeklärten Eigentumsfrage gefunden, indem das Welfenhaus gegen eine finanzielle Abfindung auf alle Ansprüche an der Bibliothek verzichtete. Der Pflichtexemplarbereich wurde auf die neuen Landesteile Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe ausgedehnt. Mit der Übernahme der Buchbestände mehrerer aufgelöster Behördenbibliotheken konnten die Kriegsverluste an juristischer Literatur weitgehend kompensiert werden. 1969 erhielt die Landesbibliothek schließlich die Zuständigkeit als Forschungsbibliothek für die geistes- und rechtswissenschaftlichen Fachbereiche der Technischen Hochschule Hannover.

Im 17. Jahrhundert liegen auch die Ursprünge von vier Schulbibliotheken. Die Geschichte dieser Schulen läßt sich zwar teilweise viel weiter zurückverfolgen, doch verfügten sie erst seit der Mitte des 17. Jahrhunderts gesichert über Büchersammlungen, die neben den meist nur geringen Geldmitteln ihrer Träger vor allem auf Nachlässen und Stiftungen von Honoratioren, Lehrern und Schülern basierten. Während die Bibliothek des 1648 gegründeten Gymnasium Ernestinum in Celle und die Bibliothek des 1642 von Jesuiten errichteten heutigen Windthorst-Gymnasiums in Meppen eine gewisse Kontinuität in ihrer Bestandsgeschichte aufweisen, gibt es bei den anderen beiden Sammlungen jeweils einen Bruch im frühen 19. Jahrhundert. Das auf eine Gründung von Fürst Ernst von Schaumburg (1569 -1622) zurückgehende heutige Gymnasium Ernestinum in Rinteln hat seinen Ursprung in der 1610 eingerichteten Academia Ernestina, die 1621 in den Rang einer Volluniversität erhoben und nach Rinteln verlegt wurde. Eine Büchersammlung wurde aber erst ab 1644 aufgebaut (zum Verbleib der etwa 9000 Bände umfassenden Privatsammlung des in Rinteln tätigen Professors für Theologie und Philosophie Gerardus Molanus s. Kloster Loccum). Bereits 1809 wurde die Entwicklung abgebrochen, als die Universität durch Jérôme, den König von Westfalen, aufgehoben wurde. Teile der Sammlung mußten an die Universitätsbibliothek Göttingen abgegeben werden. Die 1817 anstelle der aufgelösten Universität gegründete Höhere Schule, das jetzige Gymnasium Ernestinum, mußte weitere 2200 Bände an die Universität Marburg abtreten. Auch das jetzige Gymnasium Georgianum in Lingen, das, basierend auf einer bereits seit langem bestehenden Lateinschule, 1680 gegründet und 1697 durch eine "Akademie" ergänzt wurde, erlebte nur eine kurze Blütezeit, die nach 1750 wegen sinkender Studentenzahlen abbrach und 1819 zu einer förmlichen Aufhebung durch die preußische Regierung führte. Erst mit der Neugründung eines Gymnasiums im Jahre 1820 konnte wieder an diese Tradition angeknüpft werden.

Ein genaues Gründungsdatum läßt sich für die Landschaftsbibliothek in Aurich nicht angeben. Aufgrund von Besitzvermerken und handschriftlichen Einträgen läßt sie sich bis auf die Zeit um 1600 zurückverfolgen, als sich die ostfriesischen Stände gegenüber dem Landesherrn als zweites politisches Machtzentrum konsolidierten. Bis ins gesamte 18. Jahrhundert blieb die Landschaftsbibliothek eine reine Gebrauchsbibliothek von geringem Umfang zur Unterstützung der täglichen Geschäfte der Administratoren der Landstände. Neben staatswissenschaftlichen Werken wurde landeskundliche und landesgeschichtliche sowie historische Literatur erworben. Mit dem Aussterben des ostfriesischen Fürstenhauses im Jahre 1744 - seine Bibliothek wurde 1746 verauktioniert - und der Annexion des Landes durch Preußen im Jahre 1744 verlagerte sich die Aufgabenstellung auf wirtschaftliche und kulturelle Gebiete. König Friedrich II. bemängelte das Fehlen einer Öffentlichen Bibliothek, als deren Grundstock die Landschaftsbibliothek dienen sollte. Statt dessen wurde 1764 die sogenannte Regierungsbibliothek gegründet, die sich heute in der Bibliothek der Ostfriesischen Landschaft befindet. Hinzu kamen die etwa 12.000 Titel umfassende Privatbibliothek des ersten preußischen Regierungspräsidenten Christoph Friedrich von Derschau (1714 -1799) und der Altbestand des Auricher Gymnasiums.

Die Hofbibliothek der Fürsten von Schaumburg-Lippe in Bückeburg läßt sich bis in die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen. Zuvor waren von landesherrlicher Seite eine Landesdruckerei in Stadthagen und die Universität Rinteln gegründet worden. Die Sammlung hatte zu keiner Zeit einen rein repräsentativen Charakter, vielmehr waren die persönlichen und häufig gelehrten oder wissenschaftlichen Bedürfnisse ihrer Besitzer für den Bestandsaufbau maßgebend. Viele Bücher wurden auf den Reisen der Fürsten oder über Agenten erworben, aber auch über die Integrierung von Gelehrtenbibliotheken wie etwa der 500 Bände umfassenden Sammlung des Professors der Rintelner Universität Thomas Abbt (1738 -1766) wuchs die Sammlung. In den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts wurden die verschiedenen Privatbibliotheken der Landesherren zur Schaumburg-Lippischen Hofbibliothek vereinigt und die gebildete Öffentlichkeit zur Benutzung zugelassen. Die Erfordernisse der Landesverwaltung, das Ziel der Hebung von Landwirtschaft und Gewerbe sowie die Förderung des Erziehungswesens schlugen sich in der Bestandspolitik nieder. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Bibliothek der Militärakademie der Festungsinsel Wilhelmstein im Steinhuder Meer in die Sammlung überführt. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Abdankung des Fürsten blieb die Bibliothek zwar noch bis Ende der zwanziger Jahre geöffnet, es wurden aber kaum noch Neuanschaffungen getätigt. 1930 wurde sie geschlossen; es wurde sogar erwogen, sie aufzulösen und größtenteils zu verkaufen.

Die Bibliothek und das Kupferstichkabinett des Herzog-Anton-Ulrich-Museums in Braunschweig gehen auf die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg zurück, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts das herzogliche Kunst- und Naturalienkabinett zu einem öffentlichen Museum umgestalteten. Diese Sammlung von Kupferstichen wurde ergänzt durch entsprechende Stücke aus der Wolfenbütteler Herzoglichen Bibliothek. Dabei wurden die illustrierten Werke zur Kunstgeschichte, Topographie, Architektur und Technik sowie zum Theaterwesen ebenso wie die anderen Objekte des Museums als Kunstschätze und nicht als Bibliotheksgut betrachtet. Daneben erfolgte der Aufbau einer Handbibliothek für die Mitarbeiter des Museums. Einen Rückschlag erlebte die Sammlung 1806 mit der Plünderung des Museums und der Fortführung vieler Stücke durch Napoleon, die zum Teil erst nach Jahrzehnten zurückkehrten, sowie dem sinkenden Interesse des Herzoghauses an einem weiteren Ausbau der Bestände. Ebenfalls in Braunschweig befindet sich die 1690 gegründete Bibliothek im heutigen Predigerseminar. Sie vereinigte als Grundbestand Bücher des 1568 mit Einführung der Reformation aufgehobenen Zisterzienserklosters Riddagshausen, der ehemaligen Klosterbibliothek Walkenried und Schenkungen der Herzöge in Braunschweig-Wolfenbüttel, die auch während des gesamten 18. Jahrhunderts für den weiteren Ausbau der Sammlung sorgten. 1810 wurde das Predigerseminar durch die westfälische Regierung im Zuge der Säkularisation aufgegeben und die Bibliothek auseinandergerissen; Teile kamen in die Universitätsbibliothek Göttingen, später in die Herzogliche Bibliothek Wolfenbüttel. Erst 1836 wurde das Seminar - zunächst in Wolfenbüttel - neu gegründet.

Im 18. Jahrhundert liegen die Anfänge von ebenfalls neun Bibliotheken. Bereits bei der Gründung der Universität Göttingen im Jahre 1734 widmete das hannoversche Ministerium der Universitätsbibliothek besondere Aufmerksamkeit. Der stetige Einfluß des Staatsministers Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen (1688 -1770) war ein wichtiger Garant für den Ausbau der 1737 eröffneten Bibliothek zu einer modernen Gebrauchsbibliothek. Den Grundstock bildeten drei Sammlungen: die Nachlaßbibliothek des Großvogtes Joachim Hinrich von Bülow (1650 -1724), Dubletten der Königlichen Bibliothek zu Hannover und die Bibliothek des Gymnasium illustre, so daß sich der Anfangsbestand bereits auf ca. 12.000 Bände belief. Dreiunddreißig Jahre später kam die Bibliothek des Architekten Johann Friedrich Armand von Uffenbach (1687 -1769) mit über 2300 Bänden hinzu. Während andere Bibliotheken auf gelegentliche Zuwendungen aus der Staatskasse angewiesen waren und infolgedessen keine kontinuierliche Anschaffungspolitik betreiben konnten, erhielt Göttingen einen festen Etat von 400 Talern. Die Höhe des Etats war zwar gering, wurde aber durch die großzügige Förderung durch den Staatsminister zumeist erheblich überschritten. Von Anfang an wurden laufende Erwerbungen und zur Ergänzung von Bestandslücken auch antiquarische Werke angekauft. Hinzu kam ausländische Literatur, die unmittelbar aus den Ursprungsländern über Buchhändler und diplomatische Vertreter bezogen wurde. Schließlich pflegte die Bibliothek mit einer Vielzahl von wissenschaftlichen Gesellschaften und Institutionen Schriftentausch. Außerdem bestanden vor allem in den ersten Jahrzehnten persönliche Verbindungen der leitenden Bibliothekare zu Verlegern, Buchhändlern und Gönnern der Bibliothek. Insgesamt ist der Bestandsaufbau von Kontinuität und Gleichmäßigkeit der Anschaffung über größere Zeiträume hinweg gekennzeichnet, er folgte den Erwerbungsprinzipien einer Wissenschaftlichen Universalbibliothek und berücksichtigte alle Fächer.

Als besonderer Glücksfall erwies sich die Berufung des Professors für Klassische Philologie und Altertumskunde Christian Gottlob Heyne (1729 -1812) zum Leiter der Bibliothek, die in seiner Amtszeit einen großen Aufschwung nahm. Seine praktischen Erfahrungen, sein Organisationstalent und nicht zuletzt sein von Anfang an gutes Verhältnis zu Münchhausen prägten den Ausbau Göttingens zur gelehrten Gebrauchsbibliothek. Nach seinen Grundsätzen hatte die Bibliothek im Prozeß der Forschung die Funktion, durch gezieltes Sammeln die wichtigsten Quellen und Darstellungen, die den Fortschritt der Wissenschaften dokumentierten, als Arbeitsinstrument für die Forschung bereitzustellen und so wiederum zu deren Fortentwicklung beizutragen. Potenziert wurde diese Wirkung durch die enge Verbindung mit den seit 1739 erscheinenden Göttingischen Gelehrten Anzeigen als international angesehenem Rezensionsorgan, das Heyne redigierte und dessen Rezensionsexemplare die Bibliothek zur Verfügung stellte.

Mit der Ausrichtung der Universität an der Programmatik der Aufklärung und an der im 17. Jahrhundert aufkommenden Wissenschaftsbewegung kristallisierten sich Schwerpunkte heraus. Auf ihnen konnten im 20. Jahrhundert die Förderprogramme der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft und später der Deutschen Forschungsgemeinschaft aufbauen. Es handelt sich vor allem um den englischen, später ausgeweitet auch den nordamerikanischen Kulturkreis, bedingt durch die dynastischen Verbindungen zwischen Hannover und England. In der Folge entwickelte sich die Bibliothek zum wichtigsten Sammelbecken englischsprachigen Schrifttums in Deutschland. Hinzu kamen die Naturwissenschaften, die eine große Bedeutung in den Forschungen des Göttinger Universitätsbetriebs einnahmen, die Geographie und die Geschichte. Schließlich sind der slawische Kulturkreis und die Orientalistik zu nennen. Gleichfalls wurden systematisch alte Drucke, vor allem Inkunabeln, gesammelt. Neben dem gezielten Bestandsaufbau über einzelne Erwerbungen durch Kauf und Geschenk erhielt die Bibliothek weiterhin ganze Sammlungen, wie etwa 7000 Bände aus der Privatbibliothek des Juristen Georg Christian Gebauer (1690 -1773) oder die vor allem Inkunabeln umfassende Sammlung von 700 Titeln des Hofrates und Geheimen Kanzleisekretärs Friedrich Wilhelm von Duve (1707 -1785). 1791 übernahm sie die Buchbestände der aufgelösten Deutschen Gesellschaft in Göttingen. Diese gezielte Erwerbungspolitik führte zu einem rasanten Anwachsen der Buchbestände und machte Göttingen schnell zu einer der wichtigsten Bibliotheken Europas. Aus den etwa 12.000 Bänden des Gründungsjahres waren um 1812 bereits ca. 160.000 Bände geworden.

Einen ersten Einbruch erlebte die Bibliothek infolge der Wirren der napoleonischen Zeit. Auch nach der Wiederherstellung des Landes Hannover 1814 erreichte der Etat nicht wieder seine alte Höhe. Zudem ließen sich die guten Beziehungen zur hannoverschen Verwaltung nicht wieder aufbauen, so daß Sondermittel ausblieben. Mit dem 1866 erfolgten Anschluß Hannovers an Preußen verschlechterte sich die Lage weiter, war Göttingen doch jetzt statt der bisher einzigen Landesuniversität nur noch eine von zehn Hochschulen. Erst 1905 besserte sich die Etatsituation. Einen zusätzlichen Ausgleich schuf die Ausweitung der Tauschbeziehungen mit Universitäten, Akademien und wissenschaftlichen Gesellschaften des In- und Auslandes. [3] Die Literatur des Königreiches Hannover erhielt die Bibliothek durch das 1828 übertragene Pflichtexemplarrecht. Zwei der Schwerpunkte der Bibliothek, die Mathematik mit den Naturwissenschaften sowie der englische Kulturkreis, konnten weiterhin großzügig durch Sonderfonds des Mathematikers Felix Klein und des amerikanischen Bankiers John Pierpont Morgan ausgebaut werden, bis der Erste Weltkrieg das Vermögen vernichtete.

Zusätzlich zu den laufenden Erwerbungen konnten weiterhin geschlossene Sammlungen eingearbeitet werden. So wurden 1827 von der Königlichen Bibliothek in Hannover 2200 medizinische Drucke des 15. bis 18. Jahrhunderts überwiesen, 1853 erhielt die Bibliothek ca. 3500 Bände der aufgelösten Ritterakademie in Lüneburg, 1914 Teile der herzoglichen Bibliothek, der späteren Kirchen-Ministerial-Bibliothek Celle, so daß trotz schwieriger Rahmenbedingungen die Bestände bis 1914 auf 620.000 Bände anwuchsen. 1933 konnte die 1700 Bände umfassende Sammlung des Mathematikers Carl Friedrich Gauß (1777 -1855) mit naturwissenschaftlich-technischen Werken des 18. und 19. Jahrhunderts erworben werden. Da die Bibliothek im Zweiten Weltkrieg nur geringe Verluste erlitt, wurden Göttingen bei der Neuordnung des Bibliothekswesens zahlreiche Sondersammelgebiete zugewiesen. Als letzte größere Stiftung erhielt sie 1953 etwa 1000 Drucke der Reformationszeit aus der Oskar-und-Ilse-Mulert-Stiftung (Oskar Mulert, 1881 -1953). Seit 1990 betreut die Bibliothek im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft "Sammlung Deutscher Drucke" das 18. Jahrhundert. Neben der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel verfügt das Land Niedersachsen damit über eine weitere Institution, die an diesem von der Volkswagen-Stiftung initiierten Projekt einer segmentierten deutschen Nationalbibliothek teilnimmt.

Die heutige Universitätsbibliothek Braunschweig wurde 1748 gegründet, drei Jahre nachdem das Collegium Carolinum seinen Lehrbetrieb aufgenommen hatte. Sie ist damit die älteste Bibliothek einer Technischen Universität oder Hochschule in Deutschland. Der Grundbestand an Büchern bildete eine von Abt Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem, dem Berater Herzog Karls I. und geistigem Vater des Carolinums, persönlich getroffene Auswahl aus der Bibliothek des Herzogs Ludwig Rudolph von Braunschweig-Lüneburg (1651 -1735) in Blankenburg. Die Reorganisation des Collegium Carolinum in eine Technische Hochschule schlug sich auch im Bestandsaufbau der Bibliothek nieder. Da die Bibliothek bis Mitte des 19. Jahrhunderts auf einen geregelten Etat verzichten mußte, wuchsen die Bestände nur langsam, größeren Zuwachs brachten vor allem Stiftungen. So übernahm die Bibliothek 1815 Bücher aus dem Bestand der Riddagshäuser Klosterbibliothek, 1816 Teile der Bibliothek der aufgelösten Universität Helmstedt und 1886 den Buchbestand des Vereins für Naturwissenschaft. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab man allerdings aus Platz- und Geldmangel oder weil Bestände nicht dem Profil einer Technischen Hochschule entsprachen, vieles an andere Bibliotheken ab, z. B. an die Herzogliche Bibliothek in Wolfenbüttel, oder verkaufte Bestände. Im Zweiten Weltkrieg gingen der überwiegende Teil der Dissertationen und die gesamten Patentschriften und Normblätter verloren. Auch im 20. Jahrhundert gelangten verschiedene geschlossene Sammlungen in die Bibliothek, so die Bibliotheken der Braunschweiger Wissenschaftlichen Gesellschaft und der Pädagogischen Hochschule mit einer Kinderbuchsammlung.

Die vermutlich aus säkularisiertem Klostergut der Reformationszeit aufgebaute alte Gräflich Oldenburgische Bibliothek in Varel ging 1751 bei einem Brand fast vollständig verloren. Erst unter Herzog Peter Friedrich Ludwig (1755 -1829) entstand das Bedürfnis, in Oldenburg, wohin inzwischen die Residenz verlegt worden war, eine neue Bibliothek aufzubauen. Sie sollte einerseits den Bedarf der höfischen Administration an Fachliteratur decken, andererseits das kulturelle Leben der entstehenden Residenz beleben. Dem Herzog gelang es 1790, als Grundstock die ca. 22.000 Bände umfassende, universal und zugleich bibliophil ausgerichtete Bibliothek des hannoverschen Hofrates Georg Friedrich Brandes (1719 -1791) als Grundstock zu erwerben. Zur Bestandsvermehrung erhielt die Bibliothek einen festen Etat; der Öffentlichkeit wurde Zugang gewährt. Seit 1805 wurden Vereinbarungen mit Lesegesellschaften geschlossen, um Druckwerke kostengünstig erwerben zu können. Daneben wurden zur Bestandsabrundung gezielt Privatbibliotheken erworben, häufig mit Unterstützung durch großherzogliche Finanzmittel. Ab etwa 1840 erfolgte zudem ein planmäßiger Bestandsaufbau durch den Kauf aktueller Literatur über den Buchhandel. Dabei wurde zwar am Ideal der Universalität festgehalten, die Geisteswissenschaften hatten aber ein deutliches Übergewicht. 1926 wurde die Bibliothek in den Rang einer Landesbibliothek erhoben. Das seit 1933 geltende Pflichtexemplarrecht, das später an die Niedersächsische Landesbibliothek in Hannover abgegeben werden mußte, bewirkte einen verstärkten Ausbau der Oldenburgensien. Der Altbestand hat den Zweiten Weltkrieg relativ gut überstanden, obwohl die Bibliothek bei einem Luftangriff 1943 ca. 10.000 Bände verlor.

Die im Oberlandesgericht Celle befindliche Sammlung ging aus der Stiftung des Konsistorial- und Kirchenrats Christian Ulrich Grupen (1692 -1767) hervor. 1743 überließ Grupen seine Sammlung und einen Kapitalfonds dem damaligen Oberappellationsgericht zum weiteren Ausbau. Seitdem wird sie durch Neuanschaffungen aus den Stiftungsgeldern vermehrt, seit 1918/19 allerdings nur noch auf den nicht-juristischen Wissensgebieten. Die Celler Albrecht-Thaer-Bibliothek ging aus der im Jahre 1764 gegründeten Königlichen Hannoverschen Landwirtschafts-Gesellschaft zu Celle hervor. Zur Erweiterung ihrer Bibliothek war man auf den Schriftentausch mit anderen Gesellschaften und auf Mitgliedsbeiträge angewiesen. Die Bibliothek diente im 20. Jahrhundert als Grundstock für die Landwirtschaftsgesellschaft in Hannover, kam aber nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zurück nach Celle. Das heutige Domgymnasium in Verden ist zwar schon 1578 nachweisbar, doch wurde eine Bibliothek erst nach 1798 eingerichtet. Da ihr keine finanziellen Mittel zur Verfügung standen, konnte die Sammlung nicht erweitert werden. Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts richtete man einen jährlichen Etat zum weiteren Ausbau der Bibliothek ein. Einen bescheidenen Zuwachs erhielt sie durch die Übernahme zweier Privatbibliotheken, der des Verdener Bürgermeisters und Historikers Christoph Gottlieb Pfannkuche (1785 -1868, 2000 Bände) und der des Syndikus der Stadt, Friedrich Lang (1778 -1859).

Drei weitere Sammlungen wurden im 18. Jahrhundert begründet, haben heute aber nur noch musealen Charakter, da sie nicht weiter ausgebaut werden: Es handelt sich um die Bibliotheken in Bad Gandersheim, das Depositum Münster in Hildesheim und die Klosterbibliothek St. Marienberg in Helmstedt. Die heute im Predigerseminar in Braunschweig verwaltete Stiftsbibliothek Gandersheim wurde 1721 durch die btissin Elisabeth Ernestine Antonie (1681 -1766), Herzogin von Sachsen-Meiningen, eingerichtet und hatte zunächst universalen Charakter. Mit der Aufhebung des Klosters durch den König von Westfalen, Jérôme, im Jahre 1810 brach die Weiterentwicklung der Stiftsbibliothek ab. Große Teile der Sammlung nahm die letzte Dechantin Caroline Ulrike Amalie von Sachsen-Coburg-Saalfeld 1811 als Abfindung nach Coburg mit, wo sie sich heute in der dortigen Landesbibliothek befinden. Auch eine weitere adlige Privatbibliothek stammt aus diesem Jahrhundert, die der erstmals Ende des 18. Jahrhunderts belegten Linie Grothaus der Grafen von Münster. 1988 kamen Teile dieser Privatsammlung als Depositum an die Universitätsbibliothek Hildesheim. Das bereits seit dem 12. Jahrhundert bestehende Augustinerchorfrauenstift St. Marienberg in Helmstedt wurde mit Einführung der Reformation 1569 in ein evangelisches Damenstift umgewandelt. Die älteren Teile der Bibliothek gehen auf Nachlässe ehemaliger Priorinnen, Konventualinnen oder Privatpersonen zurück. Nach Gründung der Universität Helmstedt mußten Bücher an die dortige Universitätsbibliothek abgegeben werden. Da zwischen 1872 und 1940 eine Höhere Privatschule für Mädchen im Klostergebäude untergebracht war, wurden auch Werke zu Unterrichtszwecken angeschafft, die teilweise 1989 an das Georg-Eckert-Institut in Braunschweig weitergegeben wurden.

Das 19. Jahrhundert verzeichnet mit 16 der heute noch bestehenden und im Handbuch vertretenen Bibliotheken einen deutlichen Anstieg an Bibliotheksgründungen. Gleichzeitig zeigt sich vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts eine zunehmende Differenzierung der Bibliothekstypen; es treten neue Bibliotheksformen und vermehrt Spezialsammlungen hinzu. 1831 wurde in Hannover eine Höhere Gewerbeschule gegründet; sie war die Vorläuferin der Polytechnischen Schule (ab 1847) und damit der Technischen Hochschule Hannover (ab 1879). Ihre Bibliothek sollte zunächst nur die für die Erfüllung der Lehraufgaben notwendige Literatur bereitstellen. Neben dem regulären Ankauf von Büchern gelang es, zwei bedeutende Sammlungen zu übernehmen: 1901 die Architektursammlung Karl Albrecht Haupt mit 1500 Bänden und 1918 die fast 14.000 Bände des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Hannover. Hinzu kamen die Sammlungen des Gewerbevereins und der Naturhistorischen Gesellschaft, so daß die Bibliothek rasch anwuchs. Da sie im Zweiten Weltkrieg im Gegensatz zu den anderen Technischen Hochschulen keine Verluste verzeichnete, wurde 1959 in Hannover die Technische Informationsbibliothek als Institution von überregionaler Bedeutung gegründet, die mit der Universitätsbibliothek eine organisatorische Einheit bildet.

Die heutige Universitätsbibliothek Clausthal entstand 1810 durch Erlaß des westfälischen Finanzministers als Bibliothek der Bergschule (ab 1864 Bergakademie, seit 1968 Universitätsbibliothek). Den Grundbestand bildeten die Sammlungen der Eisenhüttenbibliothek in Zellerfeld und die Bergamtsbibliothek in Goslar. Bestimmend für die Bucherwerbungen waren der Bergbau im weitesten Sinne und die Ausbildung des berg- und hüttenmännischen Nachwuchses. Einen bedeutenden Zuwachs erlangte die Akademiebibliothek mit einer umfassenden theologischen Privatbibliothek aus dem 18. Jahrhundert. Zeitweilig war der Bergschule eine Forstschule angegliedert, so daß auch die Disziplinen Botanik, Zoologie, Forst- und Jagdwirtschaft gepflegt wurden. Diese Bestände wurden jedoch 1844 mit Verlagerung der Forstschule nach Hannoversch Münden abgegeben und befinden sich heute in der Bibliothek der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Universität Göttingen.

Die Stadtbibliothek Braunschweig zählt aufgrund ihrer Bestände zu den Wissenschaftlichen Stadtbibliotheken, obwohl sie erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet wurde. Sie sollte vor allem Brunsvicensien - Literatur über Stadt und Region Braunschweig - umfassend sammeln. Daneben sollten im Braunschweigischen erschienene und von Braunschweigern verfaßte Werke erworben werden. Bei ihrer Gründung im Jahre 1861 führte sie zwei große Buchbestände zusammen, die sich schon seit langem in städtischem Besitz befanden, die ehemalige Privatbibliothek des Braunschweiger Juristen Johann Camman (1584 -1649) und die im Gefolge der Reformation entstandene Bibliothek des Geistlichen Ministeriums mit ca. 3500 Bänden Theologica des 16. bis 18. Jahrhunderts. Mit der Übernahme dieser beiden Bestände war der genannte Sammelauftrag bereits erweitert und erstreckte sich bald auf die gesamten Geisteswissenschaften sowie auf die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Diese Entwicklung setzte sich fort, da immer wieder umfangreiche geschlossene Sammlungen von Privatpersonen und Institutionen integriert wurden, darunter die Bibliothek einer Lesegesellschaft, des Herzoglich Braunschweigischen Offizierskorps, des Braunschweiger Wilhelm-Gymnasiums sowie der Nachlaß des Mitbegründers der Deutschen Sozialdemokratie Wilhelm Bracke. Das ebenfalls 1861 gegründete und lange Zeit mit der Stadtbibliothek organisatorisch verbundene Stadtarchiv Braunschweig gab 1996 den überwiegenden Teil seiner historischen Buchbestände an die Stadtbibliothek ab.

Unter den Gründungen von Schulbibliotheken ist die des 1801 eingerichteten Jacobson-Gymnasiums in Seesen von besonderer Bedeutung, da sie die einzige überkommene Sammlung einer bedeutenden jüdischen Reformschule in Norddeutschland ist. Im 20. Jahrhundert wurden allerdings Teilbestände an die Jüdischen Gemeinden in Braunschweig und Hannover sowie die Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen abgegeben. Vermutlich im Jahre 1810 wurde im Amandus-Abendroth-Gymnasium in Cuxhaven eine Schulbibliothek aus Stiftungsmitteln eingerichtet, während der Grundstein für die Bibliothek des Stader Gymnasium Athenaeum im Jahre 1823 gelegt wurde. Bei letzterer handelte es sich allerdings nur um eine kleine Sammlung von griechischen und lateinischen Klassikern sowie Erbauungsliteratur, die in den ersten zwanzig Jahren in der Wohnung des Konrektors Platz fand. Der Bestand konnte durch die Übernahme der Privatbibliothek eines ehemaligen Lehrers um über ein Drittel erhöht werden. Das Problem bei den beiden letztgenannten Schulbibliotheken war, daß nach einer anfänglichen Finanzhilfe keine weiteren Mittel zu einem kontinuierlichen Bestandsaufbau bereitgestellt wurden.

Vier kirchliche Bibliotheken gehen auf das 19. Jahrhundert zurück. Um für die Aus- und Weiterbildung der Geistlichen die notwendige Literatur bereitzustellen, wurden von evangelischer Seite die Predigerbibliotheken in Hildesheim (1816) und Stade gegründet (1840). Ihr Grundbestand geht, wie bei den Schulbibliotheken, auf einmalige anfängliche Zahlungen sowie Spenden einzelner Geistlicher zurück. Die von Ludwig Harms (1808 -1865) gegründete Hermannsburger Missionsanstalt erhielt neben einer Druckerei und einer Buchhandlung 1859 auch mehrere, zunächst getrennt aufgestellte Büchersammlungen für die Ausbildung der Missionare. Sie wuchsen vor allem durch die Überlassung von Privatsammlungen einzelner Missionare. Auf katholischer Seite diente die 1859 mit dem Bischöflichen Priesterseminar eingerichtete Diözesanbibliothek in Osnabrück der Literaturversorgung der in Ausbildung befindlichen Theologen.

An Museumsbibliotheken sind die gegen Ende des Jahrhunderts eingerichteten Bibliotheken im Kestner-Museum Hannover (1884) und im Bomann-Museum in Celle (1892) zu nennen. Besondere Erwähnung wegen ihrer Geschlossenheit verdienen die Bestände des Kestner-Museums in Hannover, die sich fast ausschließlich aus der Privatsammlung der Familie Kestner und der Friedrich Georg Hermann Culemanns zusammensetzen. In beiden Fällen wurden die Bibliotheken thematisch auf die Bedürfnisse der Museen abgestimmt. Hinzu kommen vier Spezialbibliotheken: Seit 1847 wuchs die Sammlung des Historischen Vereins für Geschichte und Landeskunde in Osnabrück fast ausschließlich durch Schriftentausch mit anderen Institutionen oder durch Schenkungen von Vereinsmitgliedern. Da der Verein über keine geeigneten Räumlichkeiten für die Aufstellung der Bibliothek verfügte, wurden die Bücher zunächst verstreut bei den einzelnen Vorstandsmitgliedern aufbewahrt. Erst mit der Neugründung des Niedersächsischen Staatsarchivs 1869 ergab sich die Möglichkeit, die Bestände hier geschlossen unterzubringen. 1854 wurde die Bibliothek der Navigationsschule in Leer eröffnet, die heutige Abteilungsbibliothek Seefahrt der Fachhochschule Ostfriesland in Emden. Das schon länger bestehende Oberbergamt in Clausthal richtete erst 1868 eine Bibliothek ein, die die Sammlung der ehemaligen Oberberg- und Salzwerksdirektion in Kassel, die frühere Bergwerks-Bibliothek in Hannover und die Buchbestände der hessischen und hannoverschen Berg- und Hüttenwerke zusammenführte. Durch die Übernahme der ca. 3000 Bände umfassenden Privatbibliothek des Berghauptmanns und Direktors des Oberbergamtes Adolf Achenbach erfuhr die Sammlung eine entscheidende Bereicherung. Der Literaturversorgung der Ritterschaft des Fürstentums Lüneburg diente die ebenfalls im 19. Jahrhundert gegründete Sammlung in Celle.

Das 20. Jahrhundert verzeichnet nochmals 17 Neugründungen von Bibliotheken mit historischen Buchbeständen. Es handelt sich dabei um zahlenmäßig kleine Sammlungen, die sich allerdings durch einen hohen Spezialisierungsgrad auszeichnen. Während die 1973 gegründeten Universitätsbibliotheken Osnabrück und Oldenburg selbst über keine gewachsenen historischen Bestände verfügen, sondern ausschließlich als moderne Gebrauchsbibliotheken zu charakterisieren sind, konnte in einzelnen Fällen doch ein geschlossener Bestand an älterer Literatur erworben werden. Die erst im September 1970 eingerichtetete Bibliothek der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Universität Göttingen greift auf historische Bestände aus der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründeten Forstschule in Clausthal und einer ähnlichen Sammlung in Melsungen zurück, die 1868 zunächst in der Forstakademie in Hannoversch Münden zusammengeführt worden waren. [4]

Die 1976 eingerichtete Wissenschaftliche Bibliothek des Stadtarchivs Hildesheim verwaltet neben der ursprünglichen Archivbibliothek die wertvollen Altbestände der Stadtbibliothek und die Bücher der St. Andreas-Kirche und des Andreas-Gymnasiums, die bis auf das 15. Jahrhundert zurückgehen. Regional- und landesgeschichtliche Werke versammeln die Bibliotheken im Niedersächsischen Staatsarchiv in Stade sowie die Harzbüchereien in Bad Harzburg und Goslar, die von den örtlichen Stadtbüchereien verwaltet werden.

Bei fünf Bibliotheken handelt es sich um Sammlungen in Museen: Die Bibliothek des Wilhelm-Busch-Museums in Hannover und die des Hoffmann-von-Fallersleben-Museums in Wolfsburg, beide 1937 gegründet, sind Spezialsammlungen zu Leben und Werk der genannten Personen. Die Harzsammlung des Oberharzer Bergwerksmuseums in Clausthal-Zellerfeld wird seit 1982 von der Stadtbibliothek verwaltet. Hinzu kommen die Bibliotheken im Ostpreußischen Jagd- (heute Landes-)Museum in Lüneburg (gegr. 1958) und im Deutschen Pferdemuseum in Verden (gegr. 1930).

Die Wehrbereichsbibliothek II in Hannover wurde zwar erst 1956 eingerichtet, ihre Ursprünge reichen aber bis ins 18. Jahrhundert zurück, da sie Bestände aus ehemaligen Hannoverschen Militärbibliotheken vereinigt (Ingenieurbibliothek, Artilleriebibliothek, Kavallerieschulbücherei, Kriegsschulbücherei, Wehrkreisbücherei XI). Hinzu kommen Bestände anderer, im Zweiten Weltkrieg vernichteter Militärbibliotheken. An weiteren Spezialsammlungen seien genannt: Die Bibliothek des Niedersächsischen Landesinstituts für Bienenkunde in Celle (gegr. 1927) als Spezialbibliothek für Imkerei, die Bibliothek des Georg-Eckert-Instituts für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig (gegr. 1951), die 1979/80 als Handbibliothek für die Mitarbeiter des Nordostdeutschen Kulturwerks ins Leben gerufene Nordost-Bibliothek in Lüneburg sowie das Gesangbucharchiv der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Hannover (gegr. 1967). Wie bei vielen Spezialbibliotheken erfolgt der Bestandsaufbau in hohem Maße über Geschenke, Belegexemplare sowie durch Übernahme von Nachlässen. Die Sammlungen dienen in erster Linie als Arbeitsinstrumente für die Forschung der Institute. Hinzu kommt als Privatbibliothek die Spezialsammlung für Schachliteratur von Egbert Meissenburg in Seevetal.

Im Zweiten Weltkrieg mußten die Bibliotheken in Niedersachsen Verluste hinnehmen, wenn auch nicht so gravierende wie die Bibliotheken in anderen Regionen. Vor allem die Stadtbüchereien Hannover erlitten Einbußen durch die Vernichtung von etwa 100.000 Bänden, vor allem neuere Werke. [5] Die Universitätsbibliothek Göttingen verlor etwa 60.000 Bände Zeitungen, Parlamentsakten und Dubletten bei einer Explosion im Auslagerungsbergwerk Volpriehausen, bei der auch etwa 12.500 Bände der heutigen Bibliothek der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Universität Göttingen vernichtet wurden. Auch die Landesbibliothek Oldenburg wurde während des Krieges von Bomben getroffen. Durch rechtzeitige Evakuierung der Bestände überstand die Sammlung den Zweiten Weltkrieg jedoch fast unbeschadet, nur etwa 10.000 Bände wurden vernichtet. Die Landesbibliothek Hannover verlor ebenfalls ca. 10.000 Bände. Die Monographien und Zeitschriften der Technischen Universität Braunschweig konnten zwar ohne größere Verluste (ca. 5000 Bände) über den Krieg gerettet werden, etwa ein Viertel der Dissertationen und die gesamte Patentschriften- und Normblattsammlung sowie die Kataloge wurden jedoch zerstört. Allen übrigen Bibliotheken gelang es, ihre Altbestände ohne größere Verluste in die Zeit nach 1945 hinüberzuretten. In vielen Fällen brachten unsachgemäße Lagerung und Diebstahl weitere Einbußen. Den größten Verlust der Nachkriegszeit verursachte im Jahre 1959 ein Brand in der Ratsbücherei in Lüneburg, der ca. 9000 Bände des 16. bis 18. Jahrhunderts vernichtete, wobei die verbliebenen Teile durch Hitze und Löschwasser erheblich beschädigt wurden.

Fast alle Bibliotheken besitzen Kataloge, wenn auch mit unterschiedlichem Erschließungsgrad. In überregionalen Verzeichnissen wie dem Niedersächsischen Zentralkatalog und der Zeitschriftendatenbank (ZDB) sind die zehn größten, aber auch zahlreiche mittlere Sammlungen (insgesamt 26) ganz oder teilweise vertreten. Sie repräsentieren über 90 Prozent der insgesamt ca. 1,4 Millionen vor 1900 erschienenen Titel. Sie sind dem überregionalen Leihverkehr angeschlossen; alle übrigen Bestände sind nur vor Ort benutzbar. Seit kurzem ist damit begonnen worden, die Titel der großen Bibliotheken in den Katalog des Gemeinsamen Bibliotheks-Verbundes (GBV) der Länder Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen einzuarbeiten.

Typologie der Bibliotheken

Die Bibliothekslandschaft Niedersachsen umfaßt im Handbuch 70 Bibliotheken mit einem historischen Bestand von über 2 Millionen Titeln. Sie gliedern sich in ca. 11.000 Inkunabeln, ca. 150.000 Titel des 16. Jahrhunderts, über 350.000 Titel des 17. Jahrhunderts, 370.000 des 18. Jahrhunderts und 825.000 Titel des 19. Jahrhunderts (ohne Sondersammlungen). Da einzelne Sammlungen bisher nicht vollständig erschlossen sind, die Katalogsituation teilweise keine differenzierten Aussagen über die chronologische Gliederung zuläßt (z. B. bei der Bibliothek der Ostfriesischen Landschaft in Aurich, der Wehrbereichsbibliothek II in Hannover, der Dombibliothek in Hildesheim, der Nordost-Bibliothek in Lüneburg, der Bibliothek des Gymnasium Ernestinum in Rinteln und der Bibliothek des Domgymnasiums in Verden) oder Sondersammlungen wie Dissertationen und Disputationen, Gelegenheits- und Amtsdruckschriften bei den Auszählungen für die Handbuch-Einträge nur summarisch erfaßt wurden (z. B. in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen und in der Landesbibliothek Oldenburg), müssen die genannten Zahlen für die chronologische Schichtung der historischen Bestände als Mindestangaben betrachtet werden.

Landes-, Universitäts- und Hochschulbibliotheken, Wissenschaftliche Forschungs- und Regionalbibliotheken

Die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek in Göttingen [6] in ihrer Funktion als Wissenschaftliche Allgemeinbibliothek für das Land Niedersachsen besitzt 564.000 vor 1900 erschienene Titel, darunter umfassende Bestände zur Philologie, Geschichte, Theologie, Geographie, darunter ca. 8000 Itinerare, sowie zur Rechtswissenschaft mit einer einzigartigen Sammlung deutscher und lateinischer juristischer Gutachten. Hinzu kommen etwa 2300 Zeitschriften und Reihen, fast 34.000 historische Kartenblätter und Atlanten, 7000 Schulprogramme sowie mehrere 100.000 Dissertationen.

Die Niedersächsische Landesbibliothek in Hannover hat als Universalbibliothek mit wissenschaftlichen, kulturellen und musealen Aufgaben zugleich die Funktion der Regionalbibliothek für Niedersachsen. Sie übernimmt zudem für die Technische Universität Hannover die Zuständigkeit für die Literaturversorgung in den Fachbereichen der Humaniora. Sie verfügt über etwa 275.000 vor 1900 erschienene Schriften, darunter umfangreiche Bestände zur Geschichte, Literaturgeschichte und Philologie, Theologie und Rechtswissenschaft. Hinzu kommen ca. 6000 Karten, etwa 30.000 Wappen, 650 Porträts, 800 Ortsansichten und 1400 Münzporträts. Erwähnt werden müssen auch etwa 30.000 Kleinschriften. Für die Niedersachsen-Sammlung wird auf der Grundlage des Pflichtexemplarrechts größtmögliche Vollständigkeit angestrebt. Weitere spezielle Sammelgebiete betreffen die Literatur von und über Leibniz, die Freimaurer, die deutsche Geschichte und Kultur in Ostmitteleuropa und Osteuropa, Personal- und Memorialschriften sowie Leichenpredigten (17.000), Gelegenheitsdrucke von Opernaufführungen, Libretti (ca. 650), Schulprogramme (12.000) sowie Einbände.

Die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel als die bedeutendste ehemalige landesherrliche Sammlung ist seit 1969 zu einer außeruniversitären Forschungs- und Studienstätte für europäische Kulturgeschichte ausgebaut worden. Sie ist eine selbständige Einrichtung des Landes Niedersachsen und nimmt zugleich Aufgaben einer Regionalbibliothek wahr. Sie verbindet bibliothekshistorische Arbeit mit wissenschaftlicher Forschung, darüber hinaus erfüllt sie museale Aufgaben. Sie repräsentiert heute die Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts in seltener Vollständigkeit. Sie verfügt über etwa 350.000 Drucke, die vor 1830 erschienen sind, darunter 3500 Inkunabeln, 80.000 Drucke aus dem 16. Jahrhundert und 150.000 Drucke aus dem 17. Jahrhundert. Hinzu kommen als Sonderbestände 30.000 Blatt Porträtstiche, 37.000 Leichenpredigten, 2200 Karten und seltene Musikalien.

Die ca. 118.000 Titel historischen Bestand umfassende Landesbibliothek Oldenburg ist eine Universalbibliothek mit wissenschaftlichen und kulturellen Aufgaben. Als Regionalbibliothek für Nordwest-Niedersachsen dient sie seit 1974 auch der Literaturversorgung der Universität Oldenburg. Ihr Schwergewicht liegt auf den Geisteswissenschaften sowie der Geschichte und Landeskunde Nordwestdeutschlands, vor allem des Oldenburger Landes. Die geisteswissenschaftlich orientierte Bibliothek der Ostfriesischen Landschaft in Aurich deckt mit fast 21.000 Titeln an historischem Bestand als Wissenschaftliche Regionalbibliothek die Literaturversorgung für den ehemaligen Regierungsbezirk Ostfriesland.

Die etwa 30.000 Bände historischen Bestand umfassende Universitätsbibliothek der Technischen Universität Braunschweig geht bis auf die Frühdruckzeit zurück. Über 70 Prozent davon entfallen auf technisch-naturwissenschaftliche Literatur, während die geistes-, wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Bestände kaum erwähnenswert sind. Von besonderer Bedeutung sind neben einer Kinderbuchsammlung ca. 1300 Firmenschriften aus dem späten 19. Jahrhundert, Photographien von Bau- und Kunstdenkmälern öffentlicher Bauten sowie ca. 900 Titel des Sondersammelgebietes Pharmazie. Die nur bis auf das frühe 19. Jahrhundert zurückgehende heutige Universitätsbibliothek Clausthal-Zellerfeld umfaßt etwa 6000 historische Titel, fast ausschließlich aus dem 19. Jahrhundert mit einem Schwerpunkt auf naturwissenschaftlichen Werken, gefolgt von Titeln zum Berg- und Hüttenwesen. Besondere Bedeutung hat hier die getrennt aufgestellte ehemalige Privatbibliothek Calvör (s. u.).

Die Universitätsbibliothek Hannover bildet mit der Technischen Informationsbibliothek in räumlicher und organisatorischer Einheit die Zentralbibliothek der Bundesrepublik für Technik und deren Grundlagenwissenschaften. Sie besitzt umfassende Bestände auf den Gebieten der Ingenieurwissenschaften sowie der Mathematik, Physik und Chemie. Ihr historischer Bestand mit fast 16.000 Titeln ist zum großen Teil praxisorientiert mit Werken, die von anderen Bibliotheken nicht gesammelt wurden. Hinzu kommt in erheblichem Maße sogenannte Graue Literatur, wie Gutachten, Eingaben von Interessengruppen, statistische Berichte etc. Außerdem ist ein umfangreicher Periodikabestand vorhanden.

Die ehemalige Universitätsbibliothek Helmstedt wurde schon 1810 aufgehoben, ihr historischer Bestand seitdem bis auf einige Nachlaßbibliotheken und die Bücher der Helmstedter Akademischen Lesegesellschaft nicht weiter ausgebaut. Trotz Abgabe zahlreicher Werke an andere Bibliotheken, insbesondere an die Herzogliche Bibliothek Wolfenbüttel, umfaßt ihr historischer Bestand noch etwa 13.000 Titel. Es dominieren Theologie, Geschichte und Jurisprudenz. Die Universitätsbibliothek Osnabrück und das Bibliotheks- und Informationssystem der Universität Oldenburg haben durch ihre Gründung in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts naturgemäß keinen gewachsenen Altbestand, verfügen aber über Sondersammlungen mit zusammengehörigen historischen Buchbeständen: die Universitätsbibliothek Osnabrück neben einer germanistischen Spezialsammlung über die Sammlung "Ius commune" mit 1500 Titeln zur Entwicklung des kontinentaleuropäischen Rechts vom 13. bis 17. Jahrhundert und die Sammlung des Instituts für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit über Schäferdichtung und Gelegenheitsschrifttum des 17. Jahrhunderts (ca. 70.000 Titel, häufig unselbständig erschienene Literatur und Reprints). Die Universitätsbibliothek Oldenburg besitzt die etwa 2000 Bände umfassende Leihbibliothek Manitius aus Suhl in Thüringen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, eine etwa 2500 Stücke umfassenden Sammlung englischer Heftromane, Jugendzeitschriften und Comics des 19. Jahrhunderts sowie etwa 650 Bände Kinder- und Jugendbücher des 18. und 19. Jahrhunderts.

Öffentliche Bibliotheken

Die vier Wissenschaftlichen Stadtbibliotheken [7] umfassen neben ihrem universal angelegten historischen Bestand auch in hohem Maße regionales Schrifttum. Mit fast 63.000 vor 1900 gedruckten Titeln ist die Stadtbibliothek Braunschweig die größte Sammlung. Vor 1900 spielten zwar Erwerbungen durch Kauf nur eine geringe Rolle, doch gelangte die Bibliothek durch übernommene Privatbibliotheken und sonstige Geschenke in den Besitz umfangreicher Bestände aus früheren Jahrhunderten, darunter 426 Inkunabeln, etwa 5300 Drucke des 16. Jahrhunderts und fast 13.000 des 17. Jahrhunderts. An getrennt aufgestellten Sondersammlungen sind fast 3000 Karten und Pläne seit dem 16. Jahrhundert, mehrere Privatbibliotheken sowie die Ministerialbibliothek zu nennen. Die Bibliothek versteht sich als geisteswissenschaftliche Allgemeinbibliothek und Regionalbibliothek für Stadt und Region Braunschweig.

Eine weitere umfangreiche Sammlung an Beständen vor 1900 stellen die Stadtbüchereien Hannover mit über 50.000 Titeln, darunter 231 Inkunabeln. Hervorzuheben sind die Sondersammlungen des Gartenbauvereins mit über 700 Titeln des 18. und 19. Jahrhunderts, über 1600 Werke zur niederdeutschen Literatur und Sprache, eine Personalschriftensammlung mit etwa 2300 Kasualpredigten und Gelegenheitsgedichten, ergänzt durch ca. 6800 Porträts, fast 800 Karten sowie eine der größten Musiksammlungen in Deutschland. Die erst im späten 19. Jahrhundert gegründete Stadtbibliothek wurde 1976 mit dem Stadtarchiv zur Wissenschaftlichen Bibliothek des Stadtarchivs Hildesheim vereinigt; sie geht nur über integrierte Sammlungen bis auf die Reformationszeit zurück. Ihr besonderes Gepräge erhält die alle Wissenschaftsgebiete umfassende Sammlung mit ca. 31.000 historischen Titeln durch ca. 4500 Dissertationen des 17. und frühen 18. Jahrhunderts, etwa 3000 Leichenpredigten, umfangreiche Bestände zu Stadt und Regierungsbezirk Hildesheim (1900 Titel) und Niedersachsen (ca. 400 Titel) sowie Reihen von Parlamentsprotokollen.

In der auf vorreformatorischen Buchbeständen fußenden Ratsbücherei in Lüneburg vernichtete ein Brand im Jahre 1959 fast ein Drittel der damals 30.000 Bände des 16. bis 18. Jahrhunderts und zerstörte damit die Geschlossenheit dieser Bibliothek der Renaissance und des Barocks. Ihr universal angelegter historischer Bestand umfaßt heute noch fast 30.000 Titel vor 1900, darunter ca. 1300 Inkunabeln und Postinkunabeln (bis 1530), die in das Verzeichnis Deutscher Drucke des 16. Jahrhunderts aufgenommen wurden. Bemerkenswert ist ein umfangreicher Bestand an Bibeln aus der Sternschen Druckerei in Lüneburg, die für die Ausbreitung der Reformation von besonderer Bedeutung waren, und die getrennt aufgestellten Musikalien mit Drucken und Manuskripten deutscher und italienischer Komponisten der Renaissance und des Frühbarocks, darunter auch Erstausgaben von C. P. E. Bach, Beethoven und Mozart.

Archivbibliotheken

Das Handbuch umfaßt nur drei Archivbibliotheken. [8] Sie erfüllten ursprünglich die Funktion von reinen Hand- und Dienstbibliotheken für die Mitarbeiter des Archivs, stehen aber heute auch der Öffentlichkeit zur Präsenzbenutzung zur Verfügung. Sie wuchsen durch die Übernahme von gedrucktem Schriftgut aus der städtischen Verwaltung und besitzen vor allem für die Landes- und Ortsgeschichtsschreibung wertvolle Bestände, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen und jeweils über die Hälfte der Titel ausmachen. Besonderes Interesse dürfen die von ihnen verwalteten Deposita beanspruchen. Nachdem das Stadtarchiv Braunschweig seine Buchbestände 1996 an die Stadtbibliothek abgegeben hat, finden sich dort nur noch die ehemaligen Sondersammlungen: Adreßbücher, amtliche Drucksachen (1500), städtische und herzogliche Verordnungen (über 500), Leichenpredigten (über 8000), Stadtpläne und Karten (ca. 550) sowie Theaterzettel aus Deutschland und dem Ausland (120.000).

Die Bibliotheksbestände des Niedersächsischen Staatsarchivs Stade wurden im Zweiten Weltkrieg durch einen Brand vernichtet, so daß die Bibliothek heute im wesentlichen eine moderne Gebrauchsbibliothek ist. Einen gewissen Ausgleich für die verlorene Sammlung bieten die getrennt aufgestellten Bestände des Geschichts- und Heimatvereins Stade mit fast 2000 Titeln (davon etwa die Hälfte zu Niedersachsen), die Bibliothek des Landwirtschaftlichen Provinzial-Vereins für den Regierungs-Bezirk Stade mit fast 1000 Titeln zur Landwirtschaft, die Historische Abteilung des Landgerichts Stade mit 860 Titeln juristischer Fachliteratur sowie eine ehemalige juristische Privatbibliothek. Als dritte Bibliothek ist die Sammlung des Historischen Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück mit ca. 3000 Titeln zu erwähnen, die im Niedersächsischen Staatsarchiv in Osnabrück aufbewahrt wird.

Schulbibliotheken

Zwölf Schulbibliotheken [9] in Niedersachsen sind im Handbuch verzeichnet. Vor allem bei den frühen Gründungen konnte kein kontinuierlicher Bestandsaufbau erfolgen, da selten ein fester Etat für Anschaffungen eingerichtet wurde. Sie gehen deshalb fast immer auf Nachlässe und Stiftungen von Honoratioren, besonders aber von Lehrern und Schülern zurück und dienten ursprünglich fast ausschließlich der Literaturversorgung der Lehrer, wurden z. T. aber auch früh für Schüler, in manchen Fällen sogar für interessierte Bürger geöffnet. Die ehemals umfangreichen Sammlungen der Schulprogramme, die über die Provinzialschulkollegien oder den Teubner-Verlag bis zum Ende des Ersten Weltkriegs auf dem Tauschwege verbreitet wurden, sind meist verschollen. Erhalten geblieben sind oft nur die Schulprogramme der eigenen Anstalt, sieht man von den umfangreichen Sammlungen in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel (50.000), in der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover (12.000), in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (7000) sowie der Nordost-Bibliothek in Lüneburg ab. [10] Inhaltliche Schwerpunkte der Schulbibliotheken liegen bei der Klassischen Philologie, der Deutschen Sprache und Literatur sowie der Geschichte, vor allem der Landesgeschichte Niedersachsens. Teilweise wurden Bestände wegen unzureichender Unterbringung oder da sie für den schulischen Einsatz ungeeignet erschienen, an andere Institutionen abgegeben (Jacobson- Gymnasium in Seesen an die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) oder verkauft (Mariengymnasium in Jever).

Mit fast 11.000 Titeln ist die Bibliothek des Mariengymnasiums in Jever die umfangreichste Sammlung. Sie verfügt über eine reichhaltige, auf Ostfriesland und Nordholland bezogene historische Abteilung. Das Jacobson-Gymnasium in Seesen besaß als ehemalige jüdische Reformschule 1927 einen historischen Bestand von 8000 Bänden (heute noch einen Restbestand). [11] Da die Erschließung der Büchersammlung des Rintelner Gymnasiums Ernestinum, die teilweise auf die 1809 aufgehobene Universitätsbibliothek Rinteln zurückgeht, erst in jüngster Zeit begann, sind genaue Angaben zur chronologischen Schichtung und zum Umfang einzelner Systematikgruppen nicht möglich. Es handelt sich um ca. 5300 Bände. Ebensoviel Titel umfaßt die Bibliothek des Schiller-Gymnasiums in Hameln. Etwa 4700 Titel vor allem des 19. Jahrhunderts befinden sich in der Bibliothek des Gymnasium Athenaeum in Stade. Jeweils etwa 3000 Titel an historischen Beständen umfassen die Bibliotheken des Domgymnasiums in Verden, des Ubbo-Emmius-Gymnasiums in Leer und des Windthorst-Gymnasiums in Meppen. In letztgenannter Sammlung finden sich auch einige Inkunabeln sowie ein umfangreicher Bestand an theologisch-religiöser Literatur. Im Gymnasium Georgianum in Lingen befinden sich die beiden getrennt aufgestellten, sich jedoch in ihren Beständen ergänzenden Sammlungen der Bibliothek der ehemaligen Akademie und der Bibliothek des Gymnasiums mit zusammen ebenfalls etwa 3000 Titeln. Das Gymnasium Ernestinum in Celle und das Amandus-Abendroth-Gymnasium in Cuxhaven verfügen beide jeweils über ca. 2500 Titel an Altbestand. Erwähnenswert ist im Abendroth-Gymnasium zudem eine getrennt aufgestellte Spezialsammlung zu Italien, insbesondere zu Rom. Nur ca. 2200 historische Titel besitzt die Bibliothek des Ulrichsgymnasiums in Norden.

Kirchliche Bibliotheken

Das kirchliche Bibliothekswesen in Niedersachsen wird von 14 Bibliotheken repräsentiert. [12] Es handelt sich zumeist um theologische Arbeitsinstrumente für die Aus- und Weiterbildung der Geistlichen. Ihr Grundbestand geht fast immer auf nachgelassene Privatsammlungen von Theologen zurück. Die zahlenmäßig umfangreichste Sammlung ist die Dombibliothek in Hildesheim mit ca. 84.000 Bänden historischem Bestand. Sie ist neben der Diözesanbibliothek Osnabrück die einzige katholische Bibliothek und erst teilweise erschlossen. Der Bestand, der 800 Inkunabeln einschließt, ist zwar universell angelegt, zeigt aber Schwerpunkte bei der katholischen Theologie, der Rechtswissenschaft sowie der Landes- und Bildungsgeschichte. Durch die Übernahme der Bibliothek des ehemaligen Priesterseminars liegen innerhalb der theologischen Fachgruppen Schwerpunkte bei der Praktischen Theologie, der Homiletik, Aszetik und Liturgik. Nicht zuletzt durch die Integration der ehemaligen Bibliothek des Gymnasium Josephinum findet sich auch ein umfangreicher Bestand an philologischen, mathematisch-naturwissenschaftlichen und juristischen Werken sowie zur Geschichte.

Die Johannes a Lasco Bibliothek Große Kirche in Emden ist als Wissenschaftliche Spezialbibliothek für den reformierten Protestantismus zugleich Regionalbibliothek für Emden und Ostfriesland. Ihre etwa 17.000 bis auf die Inkunabelzeit zurückgehenden Titel dokumentieren einen reichhaltigen Bestand zur Reformations- und Konfessionsgeschichte Nordwestdeutschlands, besonders Ostfrieslands und der Niederlande. Zwar ist die Dominanz reformierter Literatur augenfällig, aber auch Luther und Melanchthon sind mit zahlreichen Drucken vertreten. Hervorzuheben ist ferner eine gut ausgebaute Sammlung zur Regionalgeschichte Nordwestdeutschlands, besonders Ostfrieslands und der Niederlande. Daß Ostfriesland und besonders Emden lange Jahre in den niederländischen Wirtschafts- und Kulturraum eingebunden waren, erklärt den hohen Anteil an niederländischen Drucken und Werken zur niederländischen Kultur und Geschichte. Insofern eine Reihe von Nachlässen des 16. bis 20. Jahrhunderts auch heute noch getrennt aufgestellt sind, bietet die Bibliothek zugleich reiches Quellenmaterial für bibliothekshistorische Fragestellungen. Besonderes Interesse darf daneben die erst in jüngster Zeit als Depositum übernommene Bibliothek der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer mit einer ca. 4000 Titel umfassenden Spezialsammlung zur Stadt und Region Emden beanspruchen.

Die Kirchen-Ministerial-Bibliothek in Celle mit ca. 17.000 Titeln an historischem Bestand umfaßt etwa zur Hälfte theologisches Schrifttum seit dem 16. Jahrhundert und weist überdies einen hohen Anteil an Werken zur Geschichte einschließlich der Kirchengeschichte des niedersächsischen Raumes auf, die aus dem Historischen Leseverein zu Celle stammen. Etwa 13.300 Titel besitzt die Klosterbibliothek Rehburg-Loccum. Entsprechend ihrer Zweckbestimmung als Arbeitsinstrument für die Kandidaten des Predigtamtes liegt eine besondere Betonung auf der Praktischen Theologie. Daneben finden sich aber auch umfangreichere Bestände zur Gelehrtengeschichte, Philologie und Pädagogik. Ebenfalls etwa 13.000 Titel stellt die Bibliothek des Predigerseminars in Braunschweig, zu fast 80 Prozent Theologica, davon etwa ein Viertel zur Praktischen Theologie. Erwähnenswert ist ein umfangreicher Bestand an Reformationsschriften in zeitgenössischen Ausgaben, insbesondere Luther-Drucke. Eine größere Gruppe bilden daneben die Helmstedter Theologen des 17. Jahrhunderts sowie Gesangbücher. Die vom Predigerseminar Braunschweig verwaltete Stiftsbibliothek Gandersheim besitzt 610 Titel, vor allem aus den Bereichen Theologie und Jura.

Fast ausschließlich Theologica umfaßt die etwa 11.000 historische Titel zählende Bibliothek des Predigerseminars St. Michael in Hildesheim, die bis auf die Inkunabelzeit zurückgehen. Neben den etwa 8000 vor 1900 gedruckten Theologica beherbergt die Diözesanbibliothek in Osnabrück zusätzlich als Dauerleihgaben oder Deposita eine Reihe von getrennt aufgestellten und katalogisierten Pfarrbibliotheken. Die Stader Predigerbibliothek besitzt ca. 4800 historische Titel, zu 80 Prozent Theologica, darunter eine Sammlung von 175 Gesangbüchern. Die Bibliothek des Evangelisch-lutherischen Missionswerkes in Hermannsburg stellt ca. 2200 Titel für die Ausbildung der Laienprediger, Evangelisten und Missionare.

Der Schwerpunkt der fast 1800 Titel der Marktkirchenbibliothek in Goslar liegt bei Inkunabeln und Drucken des 16. Jahrhunderts. Zu etwa 75 Prozent handelt es sich um theologische Werke. Hinzu kommen eine Gesangbuchsammlung von etwa 1000 Drucken seit dem 16. Jahrhundert und eine Privatbibliothek des 19. Jahrhunderts. Etwa 1000 Titel umfaßt die Bibliothek des Klosters St. Marienberg in Helmstedt, deren Bestand sich zum einen aus der Bibliothek des aufgehobenen Klosters, zum anderen aus einer ehemaligen Schulbibliothek zusammensetzt. Von etwa gleicher Größe ist die Gesangbuchsammlung in der Arbeitsstelle für Gottesdienst und Kirchenmusik der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Hannover. Die mit 220 Titeln vom Umfang her kleinste im Handbuch verzeichnete Sammlung befindet sich im Damenkloster Ebstorf.

Museumsbibliotheken

Die acht Museumsbibliotheken sind, wie die Bibliotheken in Archiven, in erster Linie Dienstbibliotheken, deren Anfänge in kleinen Handbibliotheken liegen. Die Sammelschwerpunkte ergeben sich in der Regel aus Charakter und Sammelauftrag des Museums. Die etwa 4500 historischen Titel des Herzog-Anton-Ulrich-Museums in Braunschweig stellen eine Spezialsammlung zur Kunstgeschichte dar, deren Bedeutung in illustrierten Prachtwerken des 16. bis 18. Jahrhunderts liegt. Unter den historischen Buchbeständen der Bibliothek des Kestner-Museums in Hannover (fast 1200 Titel) ist vor allem die Inkunabelsammlung mit einem reichen Bestand an Einblattdrucken zu erwähnen. Die übrigen Titel sind primär unter druckgeschichtlichen oder buchgestalterischen Kriterien wie Einband und Illustration erworben worden, ergänzt um Werke zur Numismatik.

Die Bibliothek des Bomann-Museums in Celle beherbergt ca. 4000 Bände historischen Bestand mit regionalem Schwerpunkt auf dem Gebiet des ehemaligen Königreiches Hannover, insbesondere dem Fürstentum Lüneburg. Hinzu kommen ca. 500 Landkarten und Pläne des 17. bis 19. Jahrhunderts. Die in der Stadtbibliothek Clausthal untergebrachte Harzsammlung des Oberharzer Bergwerksmuseums stellt mit ihren ca. 1900 Titeln eine Spezialsammlung zum Bergbau und verwandten Bereichen speziell des Harzes dar. Sie wird ergänzt durch fast 1200 Photoplatten des späten 19. Jahrhunderts mit Motiven des Oberharzer Berg- und Hüttenwesens, des Volkslebens und der Topographie von Clausthal und Zellerfeld sowie durch umfangreiche Archivbestände. Die ca. 900 Titel an historischem Bestand des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg gehen zurück auf die Sammlung eines Jagdmuseums. Es dominiert insgesamt Literatur zur Landeskunde und zur Landwirtschaft Ostpreußens. Pferdekundliche Literatur (ca. 800 Titel) findet sich in der Bibliothek des Deutschen Pferdemuseums in Verden.

Bei den Museumsbibliotheken sind außerdem die Sammlungen in den beiden Dichterstätten Niedersachsens zu nennen: die Bibliothek des Wilhelm-Busch-Museums in Hannover und die Bibliothek des Hoffmann-von-Fallersleben-Museums in Wolfsburg. Beide ergänzen die Ausstellungs-Dokumentationen der genannten Literatur-Museen. Sie widmen sich ausschließlich Leben, Werk und literarischem Umfeld der genannten Schriftsteller. Ihre Bibliotheken umfassen jeweils etwa 300 Titel vor 1900, vor allem Erstausgaben, darunter jeweils auch die ehemaligen Privatbibliotheken der Dichter, und werden ergänzt durch Handschriften, Autographen, Briefe sowie Gemälde und Zeichnungen.

Spezialbibliotheken

Die vierzehn niedersächsischen Spezialbibliotheken repräsentieren einen Bibliothekstypus, der erst im 20. Jahrhundert entstand. Die heterogene Gruppe umfaßt Bestände verschiedener Institutionen. Einige weitere Sammlungen, die man zu diesem Typus zählen könnte, wurden bei den Museums- und Archivbibliotheken angeführt, da eine eindeutige Abgrenzung nicht möglich ist. Über 17.000 vor allem juristische Titel finden sich in der Bibliothek des Oberlandesgerichts und der Grupenschen Stiftung in Celle. Die fast 11.000 Titel umfassende Nordost-Bibliothek in Lüneburg ist eine Spezialsammlung zu Kultur und Geschichte der Deutschen im nördlichen Ostmitteleuropa. Von besonderem Wert sind ein umfangreicher Bestand an Schulschriften und historische Landkarten dieser Region. Zudem verwaltet die Bibliothek die Buchbestände der Carl-Schirren-Gesellschaft zur Landeskunde, Kultur- und Geistesgeschichte des Baltikums mit ca. 2000 Titeln. Die Bibliothek des Braunschweiger Georg-Eckert-Instituts für internationale Schulbuchforschung umfaßt ca. 7000 historische Lehr- und Schulbücher, etwa 6100 Titel Militaria besitzt die Wehrbereichsbibliothek II in Hannover. Fast 5000 Titel zu allen Aspekten des Bergbaus bietet die Bibliothek des Oberbergamtes in Clausthal-Zellerfeld. Kleinere Spezialsammlungen finden sich in der Albrecht-Thaer-Bibliothek (fast 2800 landwirtschaftliche Titel), in der Bibliothek der Ritterschaft (ca. 1800 Titel) und im Niedersächsischen Landesinstitut für Bienenkunde in Celle (fast 600 Titel) sowie in den beiden Bibliotheken zum Harz in der Stadtbücherei Goslar (470 Titel) und in der Stadtbücherei Bad Harzburg (241 Titel).

Spezialbibliotheken sui generis sind die vier aufgenommenen Institutsbibliotheken an Hochschulen. Die beiden Sammlungen an der Universitätsbibliothek Osnabrück wurden oben beschrieben. Ca. 4700 historische Titel zu Forstwirtschaft und Jagd besitzt die Bibliothek der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Universität Göttingen. Die ursprünglich nicht als Universitätsinstitut gegründete, heute der Fachhochschule Ostfriesland in Emden zugeordnete Abteilungsbibliothek Seefahrt stellt fast ausschließlich fachbezogenes Schrifttum zur Seefahrt (1000 Titel).

Privatbibliotheken

Zahlreiche Gelehrtenbibliotheken gelangten, wenn auch meist nicht geschlossen, in öffentliche Sammlungen. [13] Neben den im Bestand der genannten Bibliotheken aufgegangenen ehemaligen Privatbibliotheken sind in Niedersachsen 29 noch heute selbständige oder zumeist separat aufgestellte Privatbibliotheken im Handbuch verzeichnet. Drei Adelsbibliotheken haben sich bis auf unsere Zeit erhalten: [14] Die Fürstlich Schaumburg-Lippische Hofbibliothek in Bückeburg umfaßt etwa 40.000 vor 1900 erschienene Bände, darunter einen umfangreichen Bestand zur Geschichte und Literatur, gefolgt von Werken zur Rechtswissenschaft sowie einer Sammlung zur Geschichte des Schaumburg-Lippischen Hauses und zur Rechts- und Verwaltungsgeschichte des Territoriums. Hinzu kommen Gelegenheitsschriften mit zahlreichen Rintelner, Bückeburger und Mindener Drucken. Ergänzt wird die Sammlung durch das Hausarchiv.

Die heute nur noch unvollständig erhaltene Sammlung Barenaue, die ehemalige Privatbibliothek der adligen Familie von Bar, geht auf vorreformatorische Zeit zurück und ist seit 1961 als Dauerleihgabe in der Stadtbibliothek Osnabrück untergebracht. Sie stellt ca. 5000 Bände, von denen fast 3300 Titel vor 1900 gedruckt sind, die sich gleichmäßig auf das 17. bis 19. Jahrhundert verteilen. Da der Bestand verschiedentlich Verluste hinnehmen mußte, sind nur vereinzelt frühere Titel nachzuweisen. Bei etwa einem Drittel des Bestandes handelt es sich um juristische Schriften, davon etwa die Hälfte Dissertationen. Die ebenfalls nicht vollständig erhaltene Sammlung der Grafen von Münster ist seit 1988 als Depositum in der Universitätsbibliothek Hildesheim untergebracht. Sie besteht aus etwa 1500 Titeln des 15. bis 19. Jahrhunderts, insbesondere zur Belletristik, aber auch zu Politik, Staatskunde und Geschichte.

Bei den nicht-adligen, noch heute selbständigen oder getrennt aufgestellten Privatbibliotheken handelt es sich zum überwiegenden Teil um Sammlungen aus dem 19. Jahrhundert und mehr noch dem 20. Jahrhundert. Einzig in der Johannes a Lasco Bibliothek Große Kirche Emden finden sich auch heute noch getrennt aufgestellt Privatsammlungen aus früheren Jahrhunderten. Aus dem 17. Jahrhundert stammen die über 500 Titel umfassende Sammlung des niederländischen Theologen Albert Rizäus Hardenberg (1510 -1574) sowie, als profanes Pendant, die Bibliothek des als Erzieher tätigen Petrus Medmann (1507 -1584) mit über 100 Titeln. Aus dem 17. Jahrhundert ist die Privatbibliothek des Emder Predigers Friedrich Salmuth (1592 -1625) mit 620 Titeln überliefert. Alle drei genannten Bibliotheken enthalten fast ausschließlich Theologica, bei Salmuth treten aber bereits Schriftsteller der Antike und Werke zur Historiographie hinzu. Ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert stammt die über 4000 Titel umfassende Bibliothek des Syndikus der Stadt Emden Dr. jur. Geldericus Crumminga (1590 -1655), von denen fast ein Drittel juristische Fachliteratur darstellt. Ebenfalls getrennt aufgestellt sind in der Lasco-Bibliothek die etwa 450 Gesangbücher des 17. bis 19. Jahrhunderts des Pastors Jasper Goemann (1847 -1919), die über 2100 Bände zur Geschichte Ostfrieslands und der Niederlande des Gymnasialprofessors Dr. Friedrich Nathanael Ritter (1856 -1944) sowie die Bibliothek des Bonner Kaufmanns Johann Philipp Janssen (1917 -1993) mit Schwerpunkten bei der Geschichte, der Geographie mit Reisebeschreibungen sowie der Theologie (ca. 2000 Titel). Die beiden letztgenannten Bibliotheken enthalten dabei bis auf die Inkunabelzeit zurückgehende Drucke.

Auch in der Stadtbibliothek Braunschweig findet sich mit der ehemaligen Privatbibliothek des Juristen und Syndikus der Stadt Johann Camman d. J. (1584 -1649) eine Sammlung aus dem 17. Jahrhundert. Ihre über 9500 Titel seit der Inkunabelzeit beinhalten alle Wissensgebiete. Bei den 1825 Bänden der ehemaligen Privatbibliothek des Dichters Wilhelm Raabe (1831 -1910) handelt es sich vor allem um deutsche Belletristik des 19. Jahrhunderts, häufig um Widmungsexemplare von Zeitgenossen. Hinzu kommen Ausgaben von Raabes Werken und Sekundärliteratur.

Die umfangreichste Sammlung aus dem 18. Jahrhundert ist die in der Universitätsbibliothek Clausthal-Zellerfeld befindliche Calvörsche Bibliothek, die aus der ehemaligen Privatbibliothek des Theologen Caspar Calvör (1650 -1725) hervorging. Ihr inhaltlicher Schwerpunkt liegt bei der Theologie mit mehr als der Hälfte der etwa 11.250 Titel, darunter ein reicher Bestand an Luther- und Melanchthon-Drucken sowie an Werken zum orthodoxen Luthertum. Außerdem finden sich Leichenpredigten sowie Hochzeits- und Trauergedichte, Dissertationen und Disputationen in großer Zahl. Ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert stammt die ehemalige Bibliothek des Predigers Johann Dietrich Löwensen (1647 -1708) mit ca. 2500 Titeln, davon fast drei Viertel Theologica, die sich heute in den Stadtbüchereien Hannover befindet. Ebenfalls dort untergebracht ist die Sammlung zur niederdeutschen Sprache und Literatur von Martin Börsmann (1851 -1903) mit über 1600 Titeln des 16. bis 19. Jahrhunderts. Sie ist allerdings nicht in ihrem ursprünglichen Bestand erhalten geblieben, sondern gemäß dem Wunsch des Stifters kontinuierlich erweitert worden. In der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen befindet sich, ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert, die Bibliothek des Frankfurter Baumeisters Johann Friedrich Armand Uffenbach (1687 -1769) mit ca. 2800 Titeln des 16. bis 18. Jahrhunderts zur Physik, Mathematik, Architektur und Kunstgeschichte sowie die Bibliothek von Carl Friedrich Gauß (1777 -1855) mit etwa 1700 Titeln des 16. bis 19. Jahrhunderts, eine der wenigen weitgehend noch geschlossen erhaltenen naturwissenschaftlichen Sammlungen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts.

Aus dem 19. Jahrhundert stammt eine der bedeutendsten ehemals privaten Inkunabelsammlungen, die der Buchdruckereibesitzer und Senator für Schulwesen Friedrich Georg Hermann Culemann (1811 -1886) zusammengetragen hat. Sie umfaßt 376 Inkunabeln, davon etwa die Hälfte Einblattdrucke. Sie stellten den Grundstock der Bibliothek des Kestner-Museums in Hannover. Die meisten Bücher wurden an die Stadtbibliotheken abgegeben. Das Niedersächsische Staatsarchiv in Stade übernahm die Sammlung des Kanzleiprokurators und Obergerichtsanwalts Dr. Gottlieb Wilhelm Freudentheil (1792 -1869), die aus fast 1100 juristischen Titeln des 16. bis 19. Jahrhunderts und über 1700 rechtswissenschaftlichen Dissertationen des 17. und 18. Jahrhunderts besteht.

Die in der Universitäts- und Technischen Informationsbibliothek Hannover untergebrachte Architektursammlung des Geheimen Baurats Karl Albrecht Haupt (1852 -1932) umfaßt ca. 1500 Titel vor 1900; hinzu kommen Architekturaufnahmen, Graphiken sowie handschriftliches Material. [15] Das Mariengymnasium in Jever beherbergt die etwa 1200 juristischen und botanischen Bände des 18. und 19. Jahrhunderts des jeverschen Bürgermeisters Georg Heinrich Bernhard Jürgens (1771 -1846). Eine weitere Privatsammlung aus dem 19. Jahrhundert liegt mit ca. 450 vorwiegend theologischen Titeln des 19. Jahrhunderts aus dem Besitz des Superintendenten August Herman Theodor Kuhn (1811 -1894) vor, die in der ehemaligen Universitätsbibliothek Helmstedt zusammen mit dem Nachlaß von ca. 100 juristischen Werken des 19. Jahrhunderts des Oberamtsrichters Franz Kruse (1848 -1912) aufgestellt ist. Schließlich datiert noch die Bibliothek Friedrich Eggers (1819 -1872) in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel mit 150 Erstausgaben und Widmungsexemplaren zeitgenössischer deutscher Literatur aus dem 19. Jahrhundert.

Alle übrigen Privatsammlungen stammen aus dem 20. Jahrhundert und enthalten fast ausschließlich Drucke des 19. Jahrhunderts, davon aus der ersten Hälfte die Bibliothek des Berghauptmanns und ehemaligen Direktors des Oberbergamtes Adolf Achenbach (1825 -1903), der der Bibliothek des Oberbergamtes in Clausthal-Zellerfeld fast 3000 Titel des 19. Jahrhunderts zum Berg-, Hütten- und Salinenwesen mit Schwerpunkt auf der Harzregion hinterließ. Die Lehrerbibliothek des Amandus-Abendroth-Gymnasiums in Cuxhaven beherbergt ca. 320 Titel aus dem 15. bis 19. Jahrhundert aus der Sammlung der Familie Brunswick zu Italien, vornehmlich zu Rom. In der Marktkirchenbibliothek in Goslar befindet sich die ehemalige Bibliothek des Geheimrats und Oberstudiendirektors des Ratsgymnasiums Prof. Dr. Philipp Both (1847 -1936) mit ca. 1000 Bänden an Ausgaben zur Klassischen und Deutschen Philologie aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Eine der bedeutendsten privaten Kinderbuchsammlungen, die Bibliothek von Margarete und Karl Hobrecker (1876 -1949), gelangte in die Universitätsbibliothek der Technischen Universität Braunschweig. Sie umfaßt ca. 14.000 Bände seit dem 19. Jahrhundert. Über 400 Titel zu Polen, insbesondere zu Posen, zählt die ehemalige Privatbibliothek des Lektors Albrecht Heise (1908 -1985) in der Lüneburger Nordost-Bibliothek. Dort befindet sich auch die Sammlung des Mediziners Erik Undritz (1901 -1984) mit fast 1200 Titeln des 16. bis 19. Jahrhunderts zum Baltikum. Die Universitätsbibliothek Osnabrück übernahm die ca. 8000 Bände umfassende Sammlung des Germanisten Richard Alewyn (1902 -1979) mit Erstausgaben der Goethezeit und der Restaurationsepoche. Die Schachsammlung Egbert Meissenburg in Seevetal ist eine private Sammlung von ca. 750 historischen Titeln seit der Inkunabelzeit, die sich mit Schach und anderen Brettspielen befassen.

Die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel nahm im Laufe der Jahre durch Kauf, als Geschenk oder Leihgabe weitere elf ehemalige Privatsammlungen teilweise noch lebender Personen in ihre Bestände als separat aufgestellte Sondersammlungen auf. [16] Sie differieren, was Umfang und Wert angeht, erheblich. Inhaltlich handelt es sich zumeist um deutsche und fremdsprachige Belletristik und Klassikerausgaben, häufig in Erstausgaben, teilweise als Widmungsexemplare und in bibliophilen Einbänden.

Alwin Müller-Jerina

Anmerkungen
[1] Eine Darstellung des niedersächsischen Bibliothekswesens existiert bislang nicht. Ein summarischer Überblick liegt vor von Karl-Heinz Weimann: Niedersachsen. Die Bibliotheksregion. In: Wilhelm Totok und Karl-Heinz Weimann (Hrsg.): Regionalbibliotheken in der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a. M. 1971, S. 65 -68 (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 11). Eine Auswahl von Bibliotheken in Niedersachsen, die über besondere Pretiosen verfügen, bietet: Kostbarkeiten in Bibliotheken Niedersachsens. Zusammengestellt und bearbeitet von Maria Haldenwanger u. a. Hannover 1996 (MB. Mitteilungsblatt der Bibliotheken in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Sonderheft. Heft 100, 1995). Im folgenden wird auf Einzelbelege und die Angabe von Spezialliteratur zu den einzelnen Sammlungen verzichtet. Sie finden sich im allgemeinen Literaturverzeichnis sowie in den betreffenden Handbuch-Artikeln.

[2] Ein weiterer Teil seiner Sammlung befindet sich heute in der Landesbibliothek Oldenburg (s. Eintrag dort, Kap. 1.4).

[3] Im Jahre 1817 wurde in Marburg der Verein der deutschen Universitäten zum Austausch akademischer Gelegenheitsschriften gegründet. Der Schriftentausch erstreckte sich zunächst aber nur auf Dubletten, erst später auf Dissertationen und sonstige akademische Schriften.

[4] Die in Leer befindliche Abteilungsbibliothek Seefahrt der Fachhochschule Ostfriesland in Emden wurde bereits 1854 als selbständige Bibliothek gegründet.

[5] Vgl. für das folgende Georg Leyh: Die deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken nach dem Krieg. Tübingen 1947, S. 56 zur Bibliothek der Technischen Hochschule Braunschweig, S. 97 f. zur Universitätsbibliothek Göttingen, S. 111 -113 zur Landesbibliothek Hannover, S. 114 -116 zu den Stadtbüchereien Hannover, S. 117 -119 zur Bibliothek der Technischen Hochschule Hannover sowie S. 196 zur Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel; ders.: Probleme des Wiederaufbaus im wissenschaftlichen Bibliothekswesen. Hamburg 1947. Auch das Jahrbuch der deutschen Bibliotheken 34 (1950) enthält Angaben über Bücherverluste und Gebäudeschäden.

[6] Zum Typus der Universitätsbibliothek vgl. Michael Knoche: Universitätsbibliotheken. In: Werner Arnold u. a. (Hrsg.): Die Erforschung der Buch- und Bibliotheksgeschichte in Deutschland. Wiesbaden 1987, S. 420 -440

[7] Zum Typus der Stadtbibliothek vgl. Georg Leyh: Die wissenschaftliche Stadtbibliothek. Tübingen 1929; Bernhard Bruch: Die Entwicklung der deutschen Stadtbibliotheken vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen 54 (1937) S. 591 -619; Johannes Langfeldt: Zur Geschichte des Büchereiwesens. In: Handbuch des Büchereiwesens. 1. Halbband. Wiesbaden 1973, S. 57 -786; Wolfgang Thauer, Peter Vodosek: Geschichte der öffentlichen Bücherei in Deutschland. Wiesbaden 1978; Peter Vodosek: Die Erforschung der Geschichte Öffentlicher Bibliotheken. In: Werner Arnold u. a. (Hrsg.): Die Erforschung der Buch- und Bibliotheksgeschichte in Deutschland. Wiesbaden 1987, S. 441 -460; Alois Klotzbücher: Die Stellung der wissenschaftlichen Stadtbibliotheken in der Weimarer Republik. In: Bibliothek. Forschung und Praxis 13 (1989) S. 16 -25

[8] Es war nicht möglich, alle Bibliotheken der Niedersächsischen Staatsarchive in die Beschreibung einzubeziehen, da sie als reine Dienstbibliotheken betrachtet werden. Deshalb finden sich hier nur die Staatsarchive Osnabrück und Stade mit ihren Sonderbeständen.

[9] Zum Typus der Schulbibliothek vgl. Ernst Förstemann: Über Einrichtung und Verwaltung von Schulbibliotheken. Nordhausen 1865; Richard Ullrich: Lehrerbibliotheken der höheren Schulen. In: Wilhelm Reich (Hrsg.): Encyklopädisches Handbuch der Pädagogik. Bd. 5. Langensalza 1906, S. 428 -452; Ernst Förstemann: Benutzung und Einrichtung der Lehrerbibliotheken an höheren Schulen. Praktische Vorschläge zu ihrer Reform. Berlin 1905

[10] Ein umfassendes Verzeichnis bietet Rudolf Klußmann: Systematisches Verzeichnis der Abhandlungen, welche in den Schulschriften sämtlicher an dem Programmtausche teilnehmenden Lehranstalten erschienen sind. 5 Bde. Leipzig 1889 -1916; ein ausführlicher Katalog liegt vor mit Franz Kößler: Verzeichnis der Programm-Abhandlungen deutscher, österreichischer und schweizerischer Schulen der Jahre 1825 -1918. 4 Bde. München 1987, Ergänzungsband 1991

[11] Vergleiche sind mit der ehemaligen Samson-Schule in Wolfenbüttel möglich, deren Bibliothek aber nur noch bruchstückhaft erhalten ist und die deshalb keine Aufnahme ins Handbuch gefunden hat.

[12] Vgl. Bibliotheksführer der evangelischen Kirche in der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin-West. Hrsg. vom Verband kirchlich-wissenschaftlicher Bibliotheken in der Arbeitsgemeinschaft der Archive und Bibliotheken in der evangelischen Kirche. 3., neu bearb. Ausg. Karlsruhe 1982; Hermann Erbacher: Schatzkammern des Wissens. Ein Beitrag zur Geschichte der kirchlichen Bibliotheken. Neustadt 1966

[13] Vgl. die Nachweise im Register. Es werden hier nur Privatbibliotheken genannt, die heute noch selbständig geführt werden und damit einen eigenen Eintrag im Handbuch haben oder in öffentlich zugänglichen Sammlungen getrennt aufgestellt sind. Zum Typus Privatbibliothek vgl. Horst Gronemeyer: Bibliophilie und Privatbibliotheken. In: Werner Arnold u. a. (Hrsg.): Die Erforschung der Buch- und Bibliotheksgeschichte in Deutschland. Wiesbaden 1987, S. 461 -472; Paul Raabe: Gelehrtenbibliotheken im Zeitalter der Aufklärung. In: Werner Arnold und Peter Vodosek (Hrsg.):Bibliotheken und Aufklärung. Wiesbaden 1988,

S. 103 -122; Wolfgang Adam: Privatbibliotheken im 17. und 18. Jahrhundert. Fortschrittsbericht 1975 -1988. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 15 (1990) S. 123 -173. Die Bedeutung der Privatbibliotheken für die Universitätsbibliotheken betont Gotthardt Frühsorge: Zur Rolle der Universitätsbibliotheken im Zeitalter der Aufklärung. In: Werner Arnold und Peter Vodosek (Hrsg.): Bibliotheken und Aufklärung. Wiesbaden 1988, S. 61 -81 (Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens 14)

[14] Weitere Adelsbibliotheken, z. B. des Grafen Bernstorff in Gartow, konnten nicht ins Handbuch einbezogen werden, da die Eigentümer ihre Einwilligung zur Aufnahme nicht erteilten. Zum Typus Fürsten- bzw. Adelsbibliothek vgl. Werner Arnold: Fürstenbibliotheken. In: ders. u. a. (Hrsg.): Die Erforschung der Buch- und Bibliotheksgeschichte in Deutschland. Wiesbaden 1987, S. 398 -419

[15] Weitere Teile seiner Sammlung befinden sich in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (s. Eintrag dort, Kap. 1.26) und im Kunsthistorischen Seminar in Göttingen.

[16] S. Eintrag Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Kap. 2.114 ff.




Quelle:Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.