FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Blatná [Blatna]

Schloßbibliothek

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Schloß Blatna erwarb im Jahre 1798 Wenzel Karl Freiherr Hildprandt von und zu Ottenhausen (1747-1803), ein unternehmerisch tätiger Adeliger, der u. a. den Blatnaer Großgrundbesitz modernisierte und eine der ersten Zuckerfabriken in Böhmen gründete. Im Schloß richtete er eine Bibliothek ein, wobei er vor allem landwirtschaftliche Literatur und Schriften zur Industrieproduktion sammelte. Diese Bibliothek wurde durch eine Sammlung Alter Drucke aus dem Besitz seiner Gemahlin Anna Baronin Kavanagh de Borries (1748-1824) ergänzt. Als Erzieher ihres Sohnes Franz de Paula (<

 *1771) wirkte zwischen
1809 und 1818 Jan Evangelista Purkyne (1787-1869), ein bedeutender tschechischer Naturwissenschaftler und Physiologe. Er förderte die Schloßbibliothek ebenso wie ein weiterer Erzieher, der spätere Direktor der Bibliothek des Prager Nationalmuseums, Antonín Jaroslav Vrtáko (1815-1892). Zum Buchbestand haben auch Franz de Paulas Tochter Antonie (*1800) und andere Mitglieder der Familie beigetragen, vor allem Robert (1824-1889) und Ferdinand Hildprandt (1863-1936). Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Bibliothek unter die Verwaltung des Nationalmuseums in Prag. 1992 wurde sie an die Familie Hildprandt zurückgegeben.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Der Gesamtbestand von 13.179 Bdn thält 3 Hss., 6 Drucke des 16. Jhs, 5066 Drucke des 17. und 18. Jhs mit Schwerpunkt im 18. Jh und ca. 6000 Bde des 19. Jhs. Der Bestand gliedert sich in eine Alte Bibliothek (fast ausschließlich mit Alten Drucken) und eine Neue Bibliothek (ca. 800 Alte Drucke und Werke des 19. Jhs). Etwa 65 Prozent des älteren wie des neueren Teils der Bibliothek sind deutschsprachige Werke.

2.2 Die sogenannte Alte Bibliothek thält naturwissenschaftliche Literatur aus der zweiten Hälfte des 18. Jhs, Schrifttum über Industrie und Manufakturen, über die Bearbeitung landwirtschaftlicher Produkte und über das Finanzwesen sowie mathematische und physikalische Werke. Nennenswert sind u. a. Johannes Colerus, Oeconomia ruralis et domestica (Mainz 1645-1651) und die Berliner Beyträge zur Landwirthschaftswissenschaft (Berlin 1791) sowie zur Biologie Gottfried Benedict Schmiedleins Einleitung in die nähere Kenntnis der Insectenlehre (Leipzig 1786). Historische Publikationen befassen sich mit der Geschichte Böhmens und anderer Länder Europas. Aus dem 18. Jh liegen z. B. vor Franz Dominicus Haeberlins Neueste Teutsche Reichs-Geschichte (Halle 1774-1785), die Geschichte der Stadt Königgrätz (Prag 1780) und Otto Steinbachs Diplomatische Sammlung aus dem Archive des Cisterzienserstifts Saar in Mähren (Prag 1783). Kleinere Bestandsgruppen sind der Philatelie und der Philosophie gewidmet. Im philosophischen Bestand finden sich Kants Werke in Königsberger und Rigaer Ausgaben des 18. Jhs. Hinzu kommen Belletristik, exotische Reisebücher, juristische und theologische Literatur.

2.3 Die sogenannte Neue Bibliothek thält vor allem ökonomische Literatur, landwirtschaftliche Publikationen, Schematismen, Zeitschriften und Bücher über die industrielle Verarbeitung von Lebensmitteln, über Maschinen der Lebensmittelindustrie und hauptsächlich über die Zuckerindustrie. Im Zusammenhang mit der Landwirtschaft steht auch Schrifttum zum Gartenbau, das sich neben pomologischen und geologischen sowie weiteren naturwissenschaftlichen Werken findet. Historische Werke konzentrieren sich auf die Geschichte Böhmens, hauptsächlich in tschechischer Sprache, und schließen auch Werke zur böhmischen Literatur mit ein. Hinzu kommt ein umfangreicher Bestand an politischer Literatur, insbesondere zur böhmischen Frage, zum Nationalismus, zur Politik Österreich-Ungarns und zum österreichischen Ausgleich mit Ungarn, ferner anonyme Kleinschriften und Betrachtungen über die Monarchie und den Parlamentarismus. Neben zeitgenössischer Belletristik, u. a. englischen Romanen in Tauchnitz-Ausgaben, finden sich auch Kataloge von Kunstsammlungen, Auktionskataloge, Wörterbücher, Grammatiken und Reiseführer. Separate Gruppen bilden Zeitschriften und ein Bestand an Klaviernoten aus der Zeit um 1900.

Standortkatalog [erstellt 1962]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Lifka, Bohumír: Zámecké a palácové knihovny v Cechách. Prehled historicko-topogafický [Schloß- und Palaisbibliotheken in Böhmen. Eine historisch-topographische Übersicht]. In: Ceský bibliofil [Der tschechische Bibliophile] 6 (1934) S. 49

Lifka, Bohumír: Zámecká knihovna v Blatné [Die Schloßbibliothek in Blatna]. In: Blatná. Státní hrad, mesto a okolí [Blatna. Staatliche Burg, Stadt und Umgebung]. Praha 1953, S. 22-23

Kneidl, Pravoslav: Knihovna Národního musea v Praze [Die Bibliothek des Nationalmuseums in Prag]. Praha 1959, S. 134

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Mašek, Petr: K historickým knihovním fondm [Zu historischen Buchbeständen]. In: Marie Mzyková (Hrsg.): Navrácené poklady. Restitutio in integrum [Zurückgegebene Schätze]. Praha 1994, S. 157 [Ausstellungskatalog]

Stand: Februar 1995

Petr Mašek


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.