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Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz - Stiftung der Älteren Linie des Hauses Reuß

Adresse. Sommerpalais im Greizer Park, 07961 Greiz
Telefon. (03661) 70 58 15
Bibliothekssigel. <Gz 1>

Unterhaltsträger. Landratsamt Greiz
Funktion. . Spezialbibliothek mit Schausammlung; Museumsbibliothek.
Sammelgebiete. Historische Bibliothek: Literatur der französischen Aufklärung, Belletristik der Goethezeit. - Museumsbibliothek: Allgemeine kunstgeschichtliche Literatur, insbesondere zur Graphik, Karikatur und Satire; satirische Literatur, in Auswahl Literatur zur Regionalgeschichte und zur Geschichte der Reußen.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung während der Öffnungszeiten des Museums: Dienstag bis Sonntag (April bis September) 10-17 Uhr, (Oktober bis März) 10-16 Uhr. Leihverkehr: über Stadt- und Kreisbibliothek Greiz.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung empfehlenswert. Bahnstrecke Gera-Plauen, Fußwegnähe (ca. 10 Minuten) vom Bahnhof Richtung Zentrum, das Sommerpalais befindet sich im Greizer Park an der Weißen Elster. A 4 (E 40), Ausfahrt Gera, B 92; A 9 (E 51), Ausfahrt Schleiz, B 94; A 72 (E 441), Ausfahrt Reichenbach. Parkplätze am Elsterufer, 5 Minuten Fußweg.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung, ein Spezialmuseum für Buchkunst und Graphik, hat ihr Domizil im Greizer Sommerpalais, einem kleinen frühklassizistischen Sommerschloß, das von 1779 bis 1789 unter Heinrich XI. Reuß älterer Linie (1722-1800, Regent seit 1743, 1778 in den Reichsfürstenstand erhoben) als " Maison de la belle retraite" erbaut wurde. Es ist von einem großräumig angelegten, durch englische Vorbilder geprägten Landschaftspark umgeben, der in der zweiten Hälfte des 19. Jhs nach Plänen des Gartengestalters Eduard Petzold (1815-1891), Meisterschüler des Fürsten Hermann von Pückler-Muskau (1785-1871), angelegt wurde.

1.2 Die Bibliothek wurde zu Anfang des 18. Jhs begründet, doch legte vermutlich schon Graf Heinrich VI. Reuß ä. L. (1649-1697), General-Feldmarschall und Held in der Schlacht von Senta (11. September 1697), den Grundstock zur späteren Obergreizer Hofbibliothek, die seit 1747 von Heinrich XI., einem Freund der Künste und Wissenschaften und " Liebhaber rarer und alter Bücher", großzügig ausgebaut wurde. Seit 1747 ließ er sich alle wichtigen Ausgaben und Neuerscheinungen der französischen Literatur von der Leipziger Filiale des Amsterdamer Verlages Arkstée und Merkus besorgen, der als erste ausländische Firma in Leipzig eine Niederlassung eröffnet hatte. Er verlegte vor allem Gesamtausgaben französischer Autoren (Molière, Racine, Montesquieu), die in Greiz vorhanden sind. Heinrich XI. vereinigte die erworbenen Werke zu einer " Bibliothek des 18. Jhs", wie es sie in dieser Geschlossenheit kaum ein zweites Mal gibt.

1.3 Sein als Anhänger des Pietismus bekannt gewordener Schwiegervater Heinrich XXIV. von Reuß-Köstritz jüngerer Linie (1681-1748) unterstützte ihn bei dem Aufbau der Büchersammlung. Die Lektüre dieser gräflichen Familie war, wie aus seiner Korrespondenz hervorgeht, vorwiegend geistlicher Art. Eingehende Strafgelder benutzte der fromme Graf zur Anschaffung von Bibeln, Gesangbüchern und Erbauungsschriften, um sie unter die Einwohner zu verteilen.

1.4 1768 starb die Untergreizer Linie aus und das Territorium gelangte an Heinrich XI., der von 1769 bis zu seinem Tode die Bibliothek systematisch ausbaute. Etwa bis zur Mitte des 19. Jhs wurde sie durch die nachfolgenden Generationen der älteren Linie Reuß ergänzt.

1.5 Eine bedeutende Erweiterung erfuhr die Schloßbibliothek 1841 durch die Überführung des Nachlasses der Prinzessin Elizabeth (1770-1840), dritte Tochter des Königs Georg III. von Großbritannien und Irland (1738-1820, reg. seit 1760, seit 1814 König von Hannover) und spätere Landgräfin von Hessen-Homburg. Sie vermachte ihre wissenschaftlichen und künstlerischen Sammlungen ihrer Lieblingsnichte Caroline von Hessen-Homburg (1819-1872), Gattin Heinrichs XX. Reuß ä. L. (1794-1859, reg. seit 1836), darunter 1200 englische Schabkunstblätter, Karikaturen, Landkarten, Stadtansichten des 16. bis 18. Jhs, Kupferstichalben in Imperialfolio und Klebebände in handverzierten Ledereinbänden.

1.6 Da Elizabeth und ihre Schwester durch die englische Aufklärung und das englische Geschichtsdenken geprägt waren, erlangten die Schriften von Shaftesbury, Bolingbroke, Hume und Gibbon bestimmenden Einfluß. Die beiden Schwestern erarbeiteten eine illustrierte englische Geschichte in 2 Bdn (abgeschlossen 1812); das Werk wuchs im Laufe der Jahre auf 10 Foliobände an (die später aus konservatorischen Gründen wieder vereinzelt wurden). Elizabeth war selbst buchbinderisch tätig, das von ihr benutzte Buchbinderwerkzeug hat sich z. T. erhalten und ist im Museum ausgestellt. Der wertvolle Nachlaß brachte die " Atmosphäre der englischen Romantik" nach Greiz.

1.7 1847 enthielt die Bibliothek laut Petzholdt (Adressbuch 1848) 14.000 Bde. Sie stand unter der Direktion einer der oberen Hofchargen. Diejenigen, die sie zu benutzen wünschten, hatten dazu die Erlaubnis des Fürsten einzuholen. 1893 gibt Schwenke unter Berufung auf Petzholdt den Gesamtbestand mit etwa 15.000 bis 20.000 Bdn an.

1.8 Am 1. April 1920 stieß der Historiker Friedrich Schneider (1887-1962) als Verwalter des neu gegründeten Archivs auf die Fürstliche Bibliothek, die damals " fast niemandem" mehr bekannt war. Ganz dem Charakter einer repräsentativen deutschen Hofbibliothek entsprechend war sie zugleich Kunstsammlung und Archiv, sie enthielt außer zahlreichen Kunstgegenständen Bücher, Hss., Landkarten, Kupferstiche, eine Siegel- und Autographen-Sammlung des deutschen und europäischen Adels und Urkunden aus dem 16. bis 19. Jh. Auf Schneiders Ersuchen besichtigte Hans Wolfgang Singer (1867-1957) vom Kupferstichkabinett Dresden im Juni die Greizer Sammlungen und erstellte ein Gutachten, woraufhin er mit der wissenschaftlichen Katalogisierung der Kupferstichsammlung betraut wurde.

1.9 Im Gefolge der Novemberrevolution in Thüringen und des Auseinandersetzungsvertrages von 1919 kam es am 8. Februar 1921 in Greiz zu einem gütlichen Vergleich zwischen dem Fürstenhaus Reuß ä. L. und der Landesregierung des Volksstaates Reuß, vertreten durch den Rechtsanwalt William Oberländer (1869-1946), Vorsitzender der Landesregierung von Reuß ä. L. Danach gingen die früher in den Kapellenräumen des sogenannten Oberen Schlosses aufbewahrte Hofbibliothek (über 10.000 Bde) und die dazugehörige Kupferstichsammlung als Stiftung vom Fürstenhaus an den Staat über. Die für letzteren daran geknüpften und für alle Rechtsnachfolger bindenden Bedingungen sahen vor, daß die Sammlung ungeteilt und dauernd in Greiz zu verbleiben habe und den Greizer Bürgern zugänglich sein müsse. Sie war an einem würdigen Platz aufzubewahren, ihrer kulturellen Bedeutung entsprechend angemessen zu pflegen und zu unterhalten und nach Möglichkeit von einer aus Greiz stammenden Persönlichkeit zu betreuen. Zum ersten Verwalter der Stiftung wurde der Schriftsteller und Kunstsammler Gottfried Doehler (1863-1943) berufen.

1.10 Auf seinen Vorschlag hin wurden Kupferstichsammlung und Bibliothek in das Sommerpalais überführt, nach seinen Angaben wurde die stilgerechte Museumseinrichtung angefertigt. Durch Oberländers Unterstützung war es am 20. August 1922 möglich, im Greizer Sommerpalais ein neues Kunstmuseum, die " Stiftung der Älteren Linie des Hauses Reuß", feierlich einzuweihen und am 5. November 1922 der Öffentlichkeit zu übergeben. Doehler hatte bis zu seinem Tod 1943 die Leitung des Mu seums inne.

1.11 1920 wurden Teilbestände der Fürstlichen Gymnasial- und Landesbibliothek Gera übernommen, die 1608 aus der städtischen Kirchenbibliothek entstanden war, die dann der Geraer Schulgründer Heinrich Posthumus d. J. Reuß (1572-1635, reg. seit 1595) zur Schulbibliothek bestimmte und ausbauen ließ.

1.12 1922 wurde im Ausstellungsbereich die " Schaubibliothek" eingerichtet, damals eine Besonderheit im thüringischen Bibliotheks- und Museumswesen. Für die Wahl des neuen Standortes waren in erster Linie Einbandgestaltung und Format bestimmend, inhaltliche Gesichtspunkte traten dagegen zurück. In zehn großen Bücherschränken und einem Kabinettschrank sind kostbare, reich verzierte und vergoldete Ledereinbände zu sehen, die den Besuchern eine Vorstellung von der einstigen Fürstlich Reußischen Obergreizer Hof- und Schloßbibliothek vermitteln sollen.

1.13 Von 1946 bis 1956 leitete der Jenaer Professor Friedrich Schneider, inzwischen auch als Dante-Forscher bekannt geworden, das Museum. Die während des Zweiten Weltkrieges geschlossene Ausstellung wurde am 15. Januar 1950 wieder eröffnet. Schon ab 1946 in den Sammlungen tätig, war Alfred Hornbogen (1894-1980), ursprünglich Lehrer für Deutsch, Geschichte und Erdkunde, von 1956 bis 1960 Leiter des Museums. Er machte u. a. die frühen Baseler Drucke und die illustrierten Molière-Ausgaben in der Öffentlichkeit bekannt. Sein Nachfolger wurde 1960 der Kunsthistoriker Werner Becker (1924-1984), der von 1971 bis 1983 Direktor der Staatlichen Museen Greiz (1990 wieder getrennt) war.

1.14 Seit den sechziger Jahren wurde der Bestand durch Literatur aus der Zentralstelle für wissenschaftliche Altbestände in Berlin ergänzt, es wurden kunstwissenschaftliche Werke, illustrierte französische und englische Bücher des 19. Jhs und des beginnenden 20. Jhs übernommen. Die historisch gewachsenen Bestände wurden in der Folgezeit als abgeschlossene Sammlung behandelt. Die Museumsbibliothek dagegen, speziell das Sachgebiet Kunst (1993 etwa 4500 Bde), wurde laufend ergänzt, die Anschaffung allgemeiner Nachschlagewerke sowie die Erwerbung satirischer Werke und Karikaturenbände angestrebt.

1.15 Der aus ehemals fürstlichem Besitz stammende umfangreiche Fundus an Karikaturen des 17. bis 19. Jhs veranlaßte Werner Becker 1975, das Greizer " Satiricum" als eine eigene Abteilung des Mu seums ins Leben zu rufen. Sie entwickelte sich zu einer der größten Spezialsammlungen zeitgenössischer Karikaturen (Buchbestand 1993 etwa 3000 Bde).

1.16 Die Bestände der Greizer Bücher- und Kupferstichsammlung stehen der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung, sie werden außerdem für Ausstellungen im eigenen Haus oder in anderen Museen genutzt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Gesamtbestand der Greizer Bücher- und Kupferstichsammlung beträgt etwa 35.000 Bde. Der (am Regal ausgezählte) historische Bestand umfaßt 14.493 Titel, die etwa 25.000 Bdn entsprechen (70 Prozent des Gesamtbestandes): 16. Jh 351 (2,5 Prozent des historischen Bestandes), 17. Jh 862 (5,9 Prozent), 18. Jh 8454 (58,3 Prozent), 19. Jh 4826 (33,3 Prozent).

2.2 6437 Titel sind deutschsprachig (44,4 Prozent; 16. Jh 133, 17. Jh 265, 18. Jh 2760, 19. Jh 3279), in Französisch liegen 6056 Titel vor (41,8 Prozent; 16. Jh 7, 17. Jh 81, 18. Jh 4718, 19. Jh 1250), in Latein 1403 (9,7 Prozent; 16. Jh 197, 17. Jh 476, 18. Jh 635, 19. Jh 95), in Englisch 355 (2,4 Prozent; 17. Jh 22, 18. Jh 243, 19. Jh 90) und in weiteren Sprachen insgesamt 242 (1,7 Prozent; 16. Jh 14, 17. Jh 18, 18. Jh 98, 19. Jh 112).

Systematische Übersicht

2.3 Die Büchersammlung enthält historische und naturwissenschaftliche Werke, Enzyklopädien und Literaturzeitungen, Reisebeschreibungen und illustrierte Bücher, Veröffentlichungen über Architektur und Gartenkunst, vor allem aber eine bedeutende Sammlung von Werken der französischen Aufklärung. Im späten 18. Jh kamen Schriften zur Französischen Revolution dazu.

2.4 Die Systematikgruppe Geschichte mit 2325 Titeln (16,1 Prozent; 16. Jh 39, 17. Jh 212, 18. Jh 778, 19. Jh 1305) wurde von Werner Querfeld beschrieben (s. u. 5). Als Beispiele für die älteren Bestände nennt er u. a. das Stammbuch Oder Erzölung aller namhaffter unnd inn Teütschen Historien berümpter Fürsten, Graffen, unnd Herren Geschlechter von Andreas Hoppenrod (Straßburg 1570; Provenienz Elizabeth), die Illustre Stemma Ruthenicum, Das ist, Gräfl. Reuß-Plauische Stamm-Tafel von Peter Beckler (" Gedruckt zu Schleitz, Bey Wolffgang Adrian Werthern, 1684"; Provenienz Heinrich VI.), die Vollständige Teutsche Reichs-Historie von Burcard Gotthelf Struve (Jena 1732) und das Teutsche Staats-Archiv von Johann Jacob Moser (Hanau 1751-1752). Dazu zählen weiterhin Werke aus der Zeit der Französischen Revolution ( z. B. ein Sammelband " Jacobinisme" über geheime Verbindungen, 1795-1816) und der Befreiungskriege sowie Biographien und Memoiren. Die Geschichte Friedrichs des Großen. Geschrieben von Franz Kugler, gezeichnet von Adolph Menzel ist als vierundzwanzigteiliges Lieferungswerk (Leipzig 1856) vorhanden.

2.5 Die Gruppe Theologie umfaßt 1317 Titel (9,1 Prozent; 16. Jh 53, 17. Jh 108, 18. Jh 707, 19. Jh 449) und enthält Bibelausgaben, Schriften biblischen Inhalts, Kirchengeschichte, belehrende Schriften, theologische Bekenntnisschriften, Predigten, Andachten, Gesang- und Gebetbücher sowie hebräische Schriften. Innerhalb der " überaus gut bestellten" theologischen Abteilung sind einige Bibeln besonders bemerkenswert: 1745 gelangte die Biblia En Lengua Espanola (Amsterdam: Gillis Ioost [1616?]), deren Übersetzung durch in Amsterdam lebende portugiesische Juden finanziert worden war, in die Hände Heinrichs XXIV., der einen Geraer Bankier mit der Besorgung beauftragt hatte. Hervorzuheben sind weiterhin die Biblia interprete Sebastiano Castalione (Basel: Oporino 1554), die Heinrich XXIV. 1745 seinem " jüngsten lieben Schwiegersohn" Heinrich XI. übereignete, die Biblia sacra ex Sebastiani Castellionis Interpretatione eiusque postrema recognitione (Leipzig: Walther 1728), die illuminierte Biblia (Wittenberg: Lufft 1534; mit Holzschnitten von dem Monogrammisten MS) mit den Wappen des reußischen Hauses auf dem Innendeckel und die Lufft-Bibel von 1545 (einige der Bibeln stammen aus der Geraer Gymnasialbibliothek); ferner La sainte bible (Den Haag 1743-1748) und Le nouveau testament (Amsterdam 1741), letztere in rotem Saffian gebunden. Bogatzkys Güldnes Schatz-Kästlein der Kinder Gottes (Halle 1753) erhielt Heinrich XVI. zu seinem 3. Geburtstag am 30. August 1762 zum Geschenk.

2.6 Auf Naturwissenschaften entfallen 733 Titel (5,1 Prozent; 17. Jh 23, 18. Jh 414, 19. Jh 296). Die Physik ist im 18. Jh am stärksten vertreten (56 Titel; 19. Jh 25), die Botanik betreffen 40 Titel (19. Jh). Von den reich illustrierten naturwissenschaftlichen Werken verdient die großformatige Pomona Britannica von George Brookshaw (London: Bensley 1812) an erster Stelle genannt zu werden. Dieses Standardwerk des englischen Obstbaues enthält 90 farbige Aquatinta-Tafeln (Künstler nicht bekannt) von faszinierender Farbigkeit, über 250 Fruchtsorten sind in ihrer natürlichen Größe dargestellt. Die Phytanthoza iconographia Oder Eigentliche Vorstellung Etlicher Tausend ... Pflantzen von Johann Wilhelm Weinmann (Regensburg 1737-1745) und die Histoire naturelle des oiseaux d'Afrique von François Levaillant (1805-1808) sind bei aller wissenschaftlichen Exaktheit von hohem ästhetischen Reiz. Von Christian Cay Lorenz Hirschfeld besitzt die Bibliothek die Theorie der Gartenkunst (Leipzig 1775) und den Gartenkalender auf das Jahr 1789 (Braunschweig: in der Schulbuchhandlung). Aus dem Gebiet der Physik sind die illustrierten Leçons de physique experimentale des Abbé Nol(l)et (Amsterdam 1754-1765) zu nennen, aus dem der Medizin die Erste Eröffnung des wahrhafftigen Schlüssels ... derer menschlichen Leibes-Gebrechen (Leipzig 1724), die als eine Art " erste Hilfe" gedacht war.

2.7 Die Gruppe " Geographie und Reisen" enthält 221 Titel (1,5 Prozent; 17. Jh 13, 18. Jh 146, 19. Jh 62). Darunter finden sich aus dem großen Reisewerk des niederländischen Kupferstechers Theodor de Bry (1528-1598), Amerika oder die Neue Welt, die ersten 5 Bde ( u. a. Admiranda narratio fida tamen, Brevis narratio ..., Frankfurt a. M. 1585-1595), die eindrucksvolle Szenen aus dem Indianerleben überliefern; ferner die dritte Ausgabe des Theatrum Europaeum des Frankfurter Kupferstechers und Verlegers Matthäus Merian (20 Bde, Frankfurt a. M. 1662-1734 und Jubiläumsband 21 von 1738), die Histoire générale des voyages (16 Bde, Paris, später Den Haag, 1746-1758) und die Voyage pittoresque des isles de Sicile, de Malte et de Lipari von Jean Houel (Paris 1782-1787).

2.8 Die Rechtswissenschaft ist mit 392 Titeln vertreten (2,7 Prozent; 16. Jh 7, 17. Jh 92, 18. Jh 282, 19. Jh 11), darunter Jacob Döplers Theatrum poenarum ... Oder Schau-Platz Derer Leibes- und Lebens-Straffen (Teil 1, Sondershausen 1693, Teil 2, Leipzig 1697) und Christian Thomasius' Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige ...

Gedancken und Errinnerungen über allerhand auserlesene Juristische Händel (Halle, Teil 1, 1723 [2. Auflage]-4, 1721). Von dem zeitweilig in Ebersdorf lebenden Juristen Johann Jacob Moser ist u. a. die Staats-Historie Teutschlandes (Jena, später Frankfurt a. M. 1743-1744) vorhanden, das Corpus iuris civilis liegt in einer Ausgabe von Georg Christian Gebauer und Georg August Spangenberg (Göttingen 1776) vor, der Code Napoléon stammt aus der Regierungsbibliothek zu Greiz (Köln 1808).

2.9 Die Deutsche Bibliothek (deutschsprachige schöngeistige Literatur) umfaßt 1533 Titel (10,6 Prozent; 17. Jh 10, 18. Jh 433, 19. Jh 1090). Darunter befinden sich Almanache und Taschenbücher (64 Titel, 18. und 19. Jh), Schriften von Goethe, Schiller, Herder, Wieland und Lessing (360 Titel). Zu erwähnen ist Das Römische Carneval von Goethe (Weimar und Gotha 1789) mit Illustrationen von Georg Melchior Kraus.

2.10 Die Lateinische Bibliothek mit 366 Titeln (2,5 Prozent; 16. Jh 11, 17. Jh 95, 18. Jh 218, 19. Jh 42) enthält überwiegend Ausgaben schöngeistiger klassischer Autoren, darunter einige Drucke der Editiones Bipontinae: Auli Gelii Noctium Atticarum libri XX und Cl. Claudiani Opera (beide 1784).

2.11 Die Französische Bibliothek mit 5449 Titeln (37,6 Prozent; 17. Jh 69, 18. Jh 3989, 19. Jh 1391) hat ihren Schwerpunkt bei der Aufklärungsliteratur des 18. Jhs. Beträchtlich ist auch der Bestand an Memoiren (17. Jh 6, 18. Jh 94, 19. Jh 194). Molières OEuvres in der Pariser Ausgabe von 1734, die durch die 33 Bilder von François Boucher (1703-1770) berühmt wurde und mit der die eigentliche Blütezeit der französischen Buchkunst beginnt, ist ebenso in der Ausstellung zu sehen wie die Prachtausgabe der Fables choisies von Jean de La Fontaine (Paris 1755-1759, illustriert von Jean-Baptiste Oudry). Beaumarchais' Le mariage de Figaro ist in mehreren Ausgaben vorhanden (London 1784, Paris 1785; Paris, Straßburg und Wien 1785); weiterhin Werkausgaben u. a. von Voltaire (OEuvres, Dresden 1748-1754) und Nicolas Boileau Despréaux (OEuvres, Paris 1747, mit Kupfern von Eisen). Die Histoire de l'Académie royale des inscriptions et belles lettres ist von Bd 1 (1736) bis zum Registerband 41 (1780) vorhanden.

2.12 An sogenannten Frühdrucken liegen 387 Titel (2,7 Prozent) aus dem 16. Jh (238) und 17. Jh (149) vor. Von den 238 Werken in lateinischer Sprache sind 22 Prozent (53 Titel) theologischen Inhalts. Die Baseler Drucke wurden von Hornbogen ( s. u. 5) beschrieben, darunter die Opera des Cyprianus (Froben 1521) mit einer Titelumrandung von Ambrosius Holbein und die des Tertullian (Froben 1521) mit Randillustrationen von Hans Holbein.

2.13 Die 1616 Titel umfassende Schaubibliothek (11,1 Prozent; 16. Jh 3, 17. Jh 89, 18. Jh 1403, 19. Jh 121) beinhaltet hauptsächlich französischsprachige Belletristik und Zeitschriftenreihen, die nach optischen Gesichtspunkten ausgewählt wurden. Unter letzteren befinden sich u. a. die Allgemeine Literaturzeitung (Jena, später Halle 1785-1839), das Journal des Luxus und der Moden (1787-1825 mit Lücken), die Acta historico-ecclesiastica (1737-1786) und das Journal des débats et des décrets der Assemblée Nationale (11 Bde, 2. 1. 1790-30. 11. 1790).

2.14 Unter den 145 Zeitschriftentiteln (ein Prozent; 17. Jh 2, 18. Jh 84, 19. Jh 59) befinden sich die von David Fassmann herausgegebenen Gespräche In Dem Reiche derer Todten (Leipzig 1720-1740), Johann David Köhlers wöchentliche Historische Münz-Belustigung (Nürnberg 1729-1750), Der Zuschauer (Leipzig, Bd 2-8, 1740-1743), übersetzt von Luise Adelgunde Gottsched, Rebmanns Neues graues Ungeheuer (Altona 1795-1797), London und Paris (Weimar 1798-1808), Die Zeiten oder Archiv für die neueste Staatengeschichte (Weimar, später Leipzig 1805-1813).

2.15 Die von den Reußen angelegte Kartensammlung umfaßt etwa 2500 Landkarten des 16. bis 18. Jhs, die sich auf 30 Atlanten und 250 Einzelkarten verteilen. Hinzu kommen etwa 2000 Karten des 19. Jhs. Die Atlanten stammen aus bedeutenden Verlagen wie Plantin (Antwerpen), Blaeu (Amsterdam), Sanson (Paris) und Homann (Nürnberg). Etwa ein Drittel von ihnen sind Sammelatlanten, die von den Buchbindern nach den Wünschen der jeweiligen Besitzer zusammengestellt wurden. Für jeden Erdteil bzw. für jedes Land finden sich darin Karten von verschiedenen Offizinen, damit sich der Beschauer ein möglichst genaues " Weltbild" verschaffen konnte. Der erste bedeutende gedruckte Gesamtatlas Theatrum orbis terrarum (Antwerpen: Plantin 1584) stammt von Abraham Ortelius (1527-1598). Der Atlas des französischen Kartographen Nicolas Sanson d'Abbéville (1599-1677), Cartes générales de toutes les parties du monde (Paris 1664; Provenienz Gymnasialbibliothek Gera), vergegenwärtigt durch seine sachliche Klarheit den Rationalismus Descartes'. Zu erwähnen ist auch das Werk des deutschen Geographen Philipp Cluever, Introductio in universam Geographiam (Braunschweig 1672), in dem schon bildlich die Kugelgestalt der Erde demonstriert wird. Der Atlas des enfans (Amsterdam 1760) ist mit 22 illuminierten Karten ausgestattet.

2.16 Aus der Provenienz Elizabeth (Einbandprägung " E" in Didot'scher Antiqua oder als Schriftzug kursiv) stammen u. a. die beiden Folio-Klebebände Popular Tales (1829) mit Volkssagen vom Rhein, dem Neckar sowie dem Taunusgebirge und Prayers der Königin Elizabeth (1553-1603) mit eingeklebten Kupfern und handgemalten Bordüren (1830), Views of towns, castles, palaces, seats of Nobility and Gentry &c. On the Continent, gestochen von Gaspar Merian (1657), Insignia Magnatum, Comitum et Baronum Angliae (1597) von Gulielmus Dethick, 28 doppelseitig geschmückte Pergamentblätter, die von ihrem Bruder Augustus in Italien erworben wurden; Ariosts Orlando furioso ( o. O. 1636), der auch The life of Ariosto von John Harington enthält; The Psalms of David (Edinburgh 1682), Werkausgaben von Shakespeare, Laurence Sterne und Francis Osborne sowie The seasons von James Thomson (illustrierte Ausgabe; London: Bensley 1797) und The Lament of Tasso von Byron (London 1817). Das Bartolische Tafelwerk über die Marc-Aurel-Säule in Rom ist in 2 Ausgaben vorhanden (1675 und 1704).

2.17 Die Bibliothek des " Satiricums" (etwa 3000 Bde) enthält hauptsächlich Literatur des 20. Jhs.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Gesamtkatalog

[nach PI bzw. RAK, im Aufbau]

Sachkatalog

[nach hauseigener Systematik, im Aufbau; für die Sachgebiete (1) Kunst, (2) Geschichte, (3) Theologie, (4) Recht, (5) Naturwissenschaften, (6) Schöngeistige Literatur (Deutsche Bibliothek, Englische Bibliothek, Französische Bibliothek u. a. Sprachen)]

Alphabetischer Spezialkatalog der Schaubibliothek

[verzeichnet französischsprachige Literatur (ein- schließlich der magazinierten) bis 1799, Zuarbeit zur Bibliographie von Krauss/Fontius (s. u. 5)]

Standortkatalog der Schaubibliothek

Sonderkatalog der Frühdrucke (16./17. Jh)

[standortgebunden, nach dem Alphabet der Druckorte]

Gesamt-Zeitschriftenkatalog [im Aufbau]

Spezialkataloge " Satiricum":

Alphabetischer Katalog

[nach PI bzw. RAK]

Sachkatalog

[nach hauseigener Systematik, getrennt in (1) Literarische Schriften und (2) Darstellungen]

Exlibris-Nachweise

Illustrationsnachweise

[alle modernen Kataloge in Zettelform]

Die Titel sind im Thüringer Zentralkatalog an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) Jena nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Katalog der Gräflichen Bibliothek Reuß-Obergreiz

[3 Bde, verzeichnet 1028 Titel mit etwa 2700 Bdn, entstanden um 1750/1760, Bearbeiter unbekannt]

Katalog, erarbeitet von Gustav von Holleuffer

[2 Bde, entstanden um 1882/1884]

Cathaloguen Sämtlicher in der Bibliothek zu Greiz vorgefundenen Bücher und Manuskripte. Aufgezeichnet im Jahre 1806 von Baron Welling

[Bandkatalog; hschr.]

Katalog der Bibliothek des Fürstlichen Gymnasiums zu Gera. Gera 1871

Rau, Rudolf: Katalog der Fürstlichen Gymnasial- und Landesbibliothek. Gera-Untermhaus 1908

Singer, Hans Wolfgang: Verzeichnis der Greizer Kupferstichsammlung aus der Stiftung der älteren Linie des Hauses Reuß. Berlin 1923

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Büttner, Richard: Geschichte des Fürstlichen Gymnasiums Rutheneum zu Gera. Festschrift zur Feier des 300jährigen Bestehens. Gera 1908 [zur Bibliothek S. 155-159]

Singer, Hans W.: Ein neues Kunst-Mekka in Deutschland. In: Der Kunstwanderer (1920) S. 413-416

Schneider, Friedrich: Die neuentdeckte Greizer Bibliothek. In: Der Kunstwanderer (1920) S. 461-463 (Wiederabdruck 1970)

Doehler, Gottfried: Die Greizer Kupferstichsammlung im Sommerpalais. Greiz 1934 Becker, Werner: Das Sommerpalais zu Greiz und seine Kunstschätze. Greiz 1960 (4., erweiterte Auflage 1983)

Becker, Werner: Ein versäumtes Jubiläum. Zur Entstehungsgeschichte der Kunstsammlung im Sommerpalais. In: Greizer Heimatkalender (1967) S. 46-51

50 Jahre Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz. 2 Teile. Greiz 1970

Becker, Werner: Zum schriftlichen Nachlaß der Begründerin der Greizer Kupferstichsammlung. In: 50 Jahre Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz. Teil 2. Greiz 1970, S. 131-142

Becker, Werner: Zum Umgang mit englischer Kunst der Romantik. Zur Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit der Staatlichen Museen Greiz. In: Neue Museumskunde 26 (1983) Heft 2, S. 125-132

Brandler, Gotthard: 70 Jahre Stiftung der Aelteren Linie des Hauses Reuß, Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz, Sommerpalais. Greiz 1991

Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz, Sommerpalais, Stiftung der Ä. L. des Hauses Reuß. In: Museen in Thüringen. Frankfurt a. M., Gera 1995, S. 95-96

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Becker, Werner: Landkarten aus drei Jahrhunderten. Greiz 1962

Becker, Werner: Die Greizer Landkartensammlung. In: Greizer Heimatkalender (1963) S. 75-77

Becker, Werner: Vom alten Bild der Welt. Leipzig 1969 Hornbogen, Alfred: Aus der Blütezeit des Buchholzschnittes. Basler Drucke des 16. Jhs aus der Greizer Sammlung. Greiz 1954

Hornbogen, Alfred: Molière-Illustrationen von J. M. Moreau le Jeune, Paris 1773. Greiz 1955

Hornbogen, Alfred: Theodor de Bry. Frühe Indianerbilder aus Le Moyne de Morgues Bericht über die zweite Reise René de Laudonnières nach Florida (1562). Greiz 1958

Krauss, Werner; Fontius, Martin: Französische Drucke des 18. Jhs in den Bibliotheken der DDR. [Teil 1.] Bibliographie. [Teil 2.]

Register. Berlin 1970 [verzeichnet Greizer Bestände]

Querfeld, Werner: Die Abteilung Geschichte der Staatlichen Bücher- und Kupferstichsammlung. In: 50 Jahre Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz. Teil 1. Greiz 1970, S. 15-22

Werner, Joachim: Zwei Ausgaben von Bartolis Tafelwerk über die Marc-Aurel-Säule zu Rom. In: ebda, S. 62-66

Faksimiles: Brookshaw, George: Pomona Britannica. Faksimile-Ausgabe. Begleittext von Werner Becker. Leipzig 1975 [in Mappe] Bry, Theodor de: Amerika oder die Neue Welt. [Nachdruck]. Hrsg. von Friedemann Berger. 2 Teile. Leipzig, Weimar 1977-78

Bry, Theodor de: India orientalis. [Nachdruck]. Hrsg. von Friedemann Berger. 2 Teile. Leipzig, Weimar 1979-80 [Faksimile-Ausgaben nach den in Greiz vorhandenen Exemplaren]

Ich schreibe, lese und male ohne Unterlaß ... Elizabeth, englische Prinzessin und Landgräfin von Hessen-Homburg (1770-1840) als Künstlerin und Sammlerin. Bad Homburg v. d. Höhe, Greiz 1995 [Ausstellungskatalog]

Stand: August 1995

Felicitas Marwinski

Marion Gebhardt


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.